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Promise

Weil ich es dir versprochen habe...
von

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Ankündigung und Geständnis

Und wie er befürchtet hatte hätte Joey am nächsten Tag tatsächlich verschlafen, wäre nicht ein tobender Drache ins Zimmer gestürmt, welcher ihm wutentbrannt einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf geleert hatte. Tja, jetzt wusste der Blonde wenigstens für die Zukunft was ihn erwartete, wenn Seto Kaiba seinetwegen drohte zu spät zum Unterricht zu kommen.

Nach schier endlosen Minuten hatte der Brünette es unter Getobe und Gezeter geschafft sein Hündchen durch den gesamten Privatteil der Villa zu scheuchen und schließlich saßen die Beiden im Cabrio und rasten Richtung Schule.

„Ausgerechnet heute, wo wir die ersten drei Stunden die Mathematikprüfung haben musst DU verschlafen!!! Kannst du eigentlich auch nur EINMAL was richtig machen, Köter?!“

„Tut mir ja Leid, Drache, aber nach dem ganzen lernen gestern Nacht war ich einfach todmüde!!!“

„Hättest du mir gestern Nacht keinen Früchteteller gemacht, dann hättest du auch genug Schlaf bekommen!!!“

„Stimmt gar nicht!!! Wenn ich dir nichts zu essen gebracht hätte, dann wäre ich vor Sorge erst recht nicht eingeschlafen!!“

„Das bildest du dir doch bloß ein!!“

„Stimmt nicht! Ich weiß, dass du das nicht kennst, aber ich mag dich!! Und wenn man jemanden mag, dann macht man sich halt Sorgen um denjenigen!!!“

„Ach ja?! Du spinnst doch, Köter!!!“

„Ich weiß, dass ich spinne, aber ich hab dich trotzdem lieb, Se-chan!“, verkündete Joey in einem Tonfall, der soviel wie ‚Ende der Diskussion’ bedeutete. Einen Moment schien es auch so, als hätte er den Streit gewonnen, doch da öffnete Seto erneut den Mund und meinte leise, kaum hörbar: „Ich hab dich auch lieb, Joey...“

„W-Was?! Ehrlich?!“

„...“ Verschüchtertes Nicken.

„...weißt du was? Das von dir zu hören war einer meiner sehnlichsten Wünsche...“, gestand der Kleine und zauberte so ein leichtes Rot auf die Wangen des Firmenchefs.

„Und was sind deine anderen Wünsche?“, fragte er leise und ziemlich peinlich berührt. Als der Blondschopf das merkte strich er einmal hauchzart über die Hand des Brünetten, welche auf der Kupplung lag und hauchte kaum hörbar: „Wenn ich dir das sage, dann würdest du mich vermutlich verachten und rausschmeißen... und das will ich nicht riskieren...“

Seto erwiderte nichts.

Und nur wenige Augenblicke später standen die Beiden auch schon vor der Schule, sprangen aus dem Wagen und liefen, so schnell sie konnten Richtung Klasse.

„Joey!!! Da bist du ja!! Wir dachten schon, du kommst zu spät!!!“, rief Yugi erleichtert als er den Blondschopf sah. Dieser winkte lachend ab: „Was denkst du von mir?! Ich werd doch nicht so blöd sein und am ersten Prüfungstag zu spät kommen!!“

„Übertreib mal nicht, Köter!! WER hat dich aufgeweckt und durch die Villa gescheucht?! WER hat dich in den Wagen gestopft und so schnell wie möglich hierher gescheucht?! Ohne mich wärst du doch immer noch zu Hause und würdest in deinem Bett friedlich schlummern“, zischte der Größere seinem Hündchen von hinten ins Ohr. Dieser schluckte nur schwer, wusste genau, dass der Ältere seinen berühmten Eisblick aufgesetzt hatte. Und als Tea und Tristan leicht zurückwichen war sich Joey sicher, dass Seto stinksauer war. Zögernd und ganz langsam wandte er sich um und blickte den Firmenchef mit zuckersüßem Lächeln an.

„Nicht böse sein, Drache! War ja keine Absicht, dass ich verpenne! Ich hab mir halt Sorgen um dich gemacht.“

„Das ist keine Ausrede!“

„Aber ich musste dir doch noch was zu Essen machen!“

„Das ist auch keine Ausrede, ich hab dich immerhin NICHT darum gebeten!!!“

„Na und? Gib’s zu, du hattest totalen Hunger!!“

„Und wenn schon! Das ist noch lange kein Grund, warum du mitten in der Nacht aufstehst und mir was zu Essen machst!!!“

„Für mich schon!!“

„Die Diskussion hatten wir heute schon mal, und du hast verloren, Köter!!“

„Gar nicht war!!! Wir haben unterbrochen!!!“

„Ich hab trotzdem gewonnen!!!“

„Ach? Und warum?“

„Weil ich das letzte Wort hatte!!“

„Stimmt doch gar nicht!! Ich hatte das letzte Wort!!“

„Das gehörte aber nicht mehr zum eigentlichen Streit!!!“

Ohne auf die Anderen zu achten setzten die Beiden ihren Streit fort, während Yugi, Tea und Tristan sich einen besorgten Blick zuwarfen. Dass Seto und Joey stritten war ja an sich normal, doch dass es dabei um die Gesundheit des Firmenchefs ging war neu. Also mussten sich die Beiden echt miteinander angefreundet haben.

„Ich hätte nie gedacht, dass Joey und Kaiba sich mal wegen SOWAS streiten...“, sprach Tristan seine Gedanken und auch die seiner Freunde laut aus. Synchrones Nicken von Tea und Yugi.

„Aber wenn sie sich anfreunden, dann wird Kaiba zu uns vielleicht auch netter“, fiel dem einzigen Mädchen in der Runde plötzlich ein.

„Wäre schon cool... endlich kein Kaiba mehr, der auf uns rumhackt und uns als Kindergarten bezeichnet“, jubelte auch der Braunhaarige leise. Yugi jedoch hielt sich aus dem Gespräch raus. Er freute sich einfach nur für Seto und Joey, dass die Beiden sich so gut verstanden und hoffte für sie, dass sie sich bald näher kommen würden.

„Da brauchst du nicht hoffen, Yugi, das wird sicher bald passieren...“, hallte Yamis Stimme in ihm wieder und dem Kleinen war gleich klar, dass der Pharao sich in seinem Seelenraum zurückgezogen hatte. Das störte ihn nicht mal wirklich, da just in diesem Moment die Tür aufging, der Lehrer eintrat und alle auf ihren Platz huschten. Ohne viele Worte teilte der Mann die Testbögen aus und liess die Schüler anfangen.
 

Wie erwartet verließ Seto das Klassenzimmer nach einer der drei Stunden. Er hatte keine großen Probleme bei den Aufgaben gehabt und suchte sich jetzt ein leeres Klassenzimmer um dort einige Verträge durchzuarbeiten und seine Firma vielleicht doch noch zu retten. Immerhin hing das alles ziemlich in der Schwebe.

//Fuck... das gibt’s doch nicht!!! Was ist nur passiert, dass es plötzlich solche Probleme gibt?! Verdammt... vielleicht... hat jemand Geld unterschlagen!! Ja, das könnte es sein...//

Seufzend strich der Brünette sich durch die Haare und trommelte nervös mit den Fingern auf der Tischkante rum. Das alles war ziemlich hart für ihn und am Liebsten würde er sich ein paar Drogen spritzen, doch hier in der Schule konnte er das nicht wirklich. Zudem er das weiße Pulver sicher zu Hause versteckt hatte, falls sein blondes Hündchen mal wieder auf die Idee kam rumzuschnüffeln.

„Was soll’s... dann halt ohne...“
 

Zur großen Überraschung des Lehrers war auch Yugi eine halbe Stunde nach Seto mit dem Test fertig. Er gab den Bogen Papier ab, verbeugte sich kurz und verließ gleich danach ebenfalls das Klassenzimmer. Doch im Gegensatz zum eben genannten Firmenchef schlich der Kleine nach draußen, legte sich unter den großen Baum auf dem Schulhof und schloss genüsslich die Augen. Plötzlich ertönte eine ihm sehr bekannte Stimme in seinem Kopf: „Ich muss mit dir sprechen, Aibou...“

„Worüber denn?“

„Über... meine Befürchtungen...“

„Wegen Joey und Kaiba?“

„...“ Yugi konnte das Nicken förmlich spüren.

„Was bedrückt dich, Yami?“, fragte der Kleinere sanft und tatsächlich, der Pharao begann ihm alles zu erzählen.

„Erinnerst du dich noch daran, was ich mit Seth getan habe? Damals, als die Dunkelheit in mir lebte.“

„Ja, das ist etwas, was ich vermutlich niemals vergessen werde. Aber ich hab dir doch schon mal gesagt, dass das nicht deine Schuld war... die Dunkelheit in dir hat Seth Leid zugefügt, nicht du, Atemu!!“

„Ich weiß, Yugi, ich weiß!! Aber das ist noch nicht alles!! Bitte, hör mir zu!!“, flehte der Ältere der Beiden und als sein Hikari nickte begann der Pharao seine Geschichte und die Geschichte von Seth und Jono zu erzählen: „Mein Hohepriester, Kaibas Alterego, hatte es nicht leicht, wie du weißt... und ich hab ihn auch ziemlich gequält, als der dunkle Gott von mir Besitz ergriffen hatte. Doch als Jono auftauchte - ich danke Mahado noch heute dafür - da blühte Seth wieder richtig auf. Es tat ihm gut mit Jono zusammen zu sein und auch, wenn ich des Öfteren versucht habe die Beiden zu trennen, beziehungsweise Jono umzubringen, ich war froh, dass Seth jemanden hatte, der sich um ihn kümmerte...“

Eine Zeit lang herrschte Stille, ehe Yugi hauchte: „Soweit durfte ich deine Gedanken lesen... aber was geschah dann? Wieso Enden deine Erinnerungen an Jonos und Seths gemeinsame Zeit so plötzlich und ohne ersichtlichen Grund? Was verbirgst du vor mir, mein Yami?“

„...“

Es hatte nicht den Anschein, dass der Größere weiter sprechen würde, doch Yugi wusste, dass sein anderes Ich einfach etwas Zeit brauchte, um die alten Erinnerungen aufzurollen und zu verarbeiten. Dann, nach einiger Zeit ertönte erneut die Stimme des Pharaos im Kopf des Jüngeren: „Eines Tages kam ein Junge in den Palast und gab mir meine Erinnerung an die Zeit, in der Dunkelheit in mir lebte, zurück. Dieser Junge nannte sich Shait, und er war der Gott des Schicksals und der Bestimmung in Menschengestalt. Und eben dieser Gott schenkte Jono einen Anhänger, das Auge des Udjat, auch als Horusauge bekannt. Und in diesem Anhänger schlummerte die Macht des Gottes Horus, mit der Jono stark genug war um sich gegen den dunklen Gott Seth und dessen böse Einflüsse zu wehren. Doch wie Seth mir im Nachhinein erzählte hatte Jono durch dieses Schmuckstück auch schreckliche Alpträume...“

Yami hielt einen Moment inne und dachte nach, ehe er mit leiser, fast schon melancholischer Stimme weiter sprach: „Jono träumte von der Dunkelheit, die sich über Ägypten legen würde... er träumte von Menschen und Monster, die miteinander und gegeneinander kämpften... und er träumte von Seth und mir... wie wir uns in einem Meer aus Blut gegenüber standen und ich... Seth... tötete...“

Erschrocken keuchte Yugi auf. Das Joeys Alterego solche Träume gehabt hatte hatte er nicht gewusst, ja noch nicht mal im Entferntesten geahnt. Wie sollte er auch? Yami hatte diese und alle nachfolgenden Erinnerungen für den Kleinen unzugänglich gemacht.

„Und... was geschah dann? Hast du Seth wirklich... ich meine, das geht doch gar nicht... oder?“

Der Pharao seufzte leise und erzählte dann mit leiser Stimme weiter: „Nein, ich habe Seth nicht getötet... ich habe niemanden, außer vielleicht ein paar Sethpriester getötet... aber bevor wir dazu kommen musst du noch etwas wissen. Seth war in einem Alter, in dem er die Weihe zum Horuspriester hätte antreten sollen. Er hat sie auch angetreten, doch wurde er von den Sklaven, welche im Tempel des Horus hausten hintergangen. Sie haben das Siegel des Horus durch das Siegel des Seth ersetzt und als mein Hohepriester eben jenes Siegel eingebrannt bekommen hatte wurde auch die Macht des dunklen Gottes auf ihn übertragen. Seth bat Jono zwar mit ihm zu kommen, doch, obwohl ich ihn töten wollte, hielt Jono zu mir. Er kam zurück in den Palast und nachdem er mich mit Shaits Hilfe von der Dunkelheit in meinem Herzen befreit hatte schlossen wir sogar Freundschaft. Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm...

Wie Jono durch seine Träume schon angekündigt hatte brach eines Tages die Dunkelheit über unserem Land herein. Es waren die Sethpriester, die uns angriffen und mich töten wollten... und somit auch die Macht des Rah...

Und wie Jono es vorhergesagt hatte standen Seth und ich uns im entscheidenden Moment alleine gegenüber... der Rest entweder tot oder bewusstlos. Und wie vorhergesagt kämpften wir, mit aller Macht, die wir hatten. Und irgendwann stand Seth mir gegenüber und war kurz davor, mich zu töten, als...“

„...Jono sich dazwischen geworfen hat, oder?“

„...“ Erneut konnte Yugi das Nicken spüren. Leise und mit bedrückter Stimme fragte er: „Was... ist denn genau passiert?“

„Jono hat sich, wie du schon so richtig erkannt hast, dazwischen geworfen... und Seth hat ihn erwischt anstatt mich. Und der Stich war tödlich...“

„Also überlebte er es nicht?“

„Nein... und Seth war daraufhin am Boden zerstört. Mit seiner letzten Kraft und der gesamten Macht des Udjat-Auges schaffte Jono es die Dunkelheit aus dem Herzen seines Geliebten zu verbannen... dann ist er gestorben... aber erst gab er dem verzweifelten Seth noch das Versprechen, dass sie sich wieder sehen würden.“

„...und du denkst, dass dieses Versprechen jetzt, nach 5000 Jahren, wahr gemacht wurde?“

„Ja, in der Tat... und nachdem, was Joey so erzählt, die Stimmen die er hört, denke ich, dass die Götter noch nicht aufgegeben haben. Weswegen ich auch befürchte, dass der dunkle Gott Seth erneut hinter Seto her ist.“

„Du meinst, er will ihn unterwerfen um dich zu töten?“

„Ja... und wenn Joey und Seto zusammen kommen, dann ist es sicher zu spät...“

„Können wir denn gar nichts tun?!“, fragte Yugi und man hörte ganz klar die Verzweiflung aus seiner Stimme, doch der Pharao schüttelte nur den Kopf ehe er leise und tieftraurig antwortete: „Die Götter haben es verboten. Sie werden uns daran hindern den Beiden zu helfen und ebenso werden sie uns daran hindern ihnen die Geschichte zu erzählen... wir sind vollkommen hilflos...“

Traurig liess auch der Kleinere den Kopf hängen und dachte angestrengt nach, hob ihn jedoch sofort als er schon von weitem Tristan, Tea und Joey auf ihn zukommen hörte. Nach wenigen Minuten waren die Drei auch schon bei ihrem kleinen Freund angekommen und fragten sofort: „Und? Wie war der Test für dich?“

„Eigentlich gar nicht so schwer...“, antwortete der Gefragte lächelnd und versuchte so seine Trauer und Enttäuschung zu verbergen, was ihm vor seinen Freunden auch wirklich zu gelingen schien. Joey liess sich murrend neben Yugi nieder, legte sich rückwärts ins Gras und raunte verärgert: „Ich fand den Test saumäßig schwer!!! Hoffentlich hab ich wenigstens einen Teil richtig, sonst krieg ich ziemlich viel Ärger mit Seto...“

„Ist total ungewohnt, dass du Kaiba einfach so mit dem Vornamen ansprichst“, stellte Tristan kopfschüttelnd fest und Tea und Yugi nickten zustimmend. Doch Joey beachtete das schon gar nicht mehr. Er hatte sich schon oft gefragt, wie es wohl war, wenn er seinen Drachen mit dem Vornamen ansprach... und jetzt durfte er es endlich.

„Leute, ich guck mich mal nach Seto um, OK?“

„Warum willst du denn nach ihm suchen?“, fragte Tea überrascht doch der Blonde meinte nur: „Nja, er hat ja mit mir für den Test gelernt und jetzt wollte ich mal sehen, wie es IHM so ergangen ist... immerhin hat der Drache die ganze Nacht gearbeitet.“

Und ohne, dass seine Freunde noch etwas sagen oder nachrufen konnte war das Hündchen auch schon aufgesprungen und wuselte durch die Gegend um seinen Schatz zu suchen. Doch wie es schien war dieser spurlos verschwunden. Einen Moment lang hielt er inne, dann entschloss er sich jedoch doch etwas zu tun, wofür er sein Leben aufs Spiel setzte... er rief den Brünetten beim Vornamen.

„SEEETOOOOOO!!!!! HEY, SETO, WO BIST DU?! DRAAAAACHEEEEEE!!!!!!!!!”

Und genau wie der Kleine erwartet hatte flog plötzlich eine Tür auf und ein wutentbrannter Seto Kaiba stand Joey gegenüber. Dieser grinste nur fröhlich, deutete auf den Größeren und verkündete überschwänglich: „Gefunden!“

„Verdammt, was soll das, Köter?! Wieso schreist du wie ein Irrer in der Schule herum?!“

„Weil ich dich gesucht hab, Drache!!“

Frech grinsend stellte der Jüngere sich auf die Zehenspitzen und wuschelte dem Brünetten durch die Haaren. Murrend entzog sich der Ältere den Händen des Hundchens und warf ihm einen bösen, eiskalten Blick zu, doch das tat der Blonde nur mit einem Lachen ab.

„Ach, guck nicht so, mein großer, grummeliger Drache! Ich wollte dich lediglich fragen, wies dir beim Test gegangen ist. Immerhin hast du Dummkopf die ganze Nacht gearbeitet“, murrte Joey zum Schluss hin. Seto jedoch verdrehte nur kurz die Augen ehe er sich wieder umdrehte und zurück in die leere Klasse verschwand. Und sein kleines Hündchen trappelte neugierig hinter ihm her.

„Was machst du da?“, wollte er wissen, kaum dass der Andere sich gesetzt hatte.

„Ich arbeite“, war die knappe Antwort, doch damit gab sich Joey nicht zufrieden.

„Und woran?“

„An verschiedenen Unterlagen für die Firma.“

„Und warum machst du das jetzt?“

„Weil ich gerade Zeit hab.“

„Und warum beschäftigst du dich nicht mit was Anderem?“

„Und womit?“

„Mit mir?“

Geschockt sah Seto von seinem Laptop auf, direkt zu Joey der gelangweilt auf einem der Stühle herumwippte. Leise räusperte sich der Firmenchef ehe er kühl und abweisend meinte: „Und wie soll ich mich bitte mit dir beschäftigen?“

„Ein Duell!!!!“

„Und wieso sollte ihm mich mit einem drittklassigen Duellanten wie dir duellieren?“

„Weil ich besser geworden bin!“

„Tja, ich hab aber leider meine Karten nicht da!“

„Und wenn du sie da hättest? Würdest du dich dann mit mir duellieren?“

„Vielleicht...“ Erneut vertiefte Seto sich in seine Arbeit und achtete nicht weiter auf den Jungen, der erneut frech grinsend hinter ihm saß.

„Vielleicht ist keine Antwort! Würdest du oder nicht?“

„Wenn ich meine Karten da hätte...“

„Echt?“

„Mhm...“

„Versprochen?“

„Mhm...“

„Du würdest dich also mit mir duellieren, wenn du deine Karten hier hättest?“

„Ja, verdammt noch mal!!!!“

„Gut!! Dann duellieren wir uns!!“

Genervt sah der Brünette auf und funkelte Joey böse an, als plötzlich die gesamte Farbe aus dem Gesicht des Älteren wich.

//Nein... das ist nicht wahr... das hat er nicht getan... oh, bitte lieber Gott, sag mir, dass er das nicht getan hat!!!//

„Los, komm schon! Du hast es versprochen!“

Ergeben, da er es tatsächlich versprochen hatte schaltete der Größere seinen Laptop ab, schloss ihn und wandte sich dann an den Kleineren. Seufzend nahm er sein Deck aus Joeys Hand, welches dieser anscheinend vorsorglicher weise mitgenommen hatte, begann es zu mischen und ehe er sich versah steckte er mitten in einem Duell mit seinem Hündchen.

Nach ungefähr einer viertel bis halben Stunde hatte der Firmenchef, wie sollte er es auch anders sein, das Duell für sich entschieden und packte ohne jegliches Kommentar sein Deck weg, während Joey jedoch sauer und enttäuscht wegräumte und gleichzeitig leise vor sich hin murrte: „Verdammt... dabei hab ich mich so angestrengt... ich hab so lange an meinem Deck rumgebastelt und erst wieder verloren... das ist nicht fair... das glaub ich einfach nicht!! Wieso kann ich dich nicht besiegen, Seto?!“

„Weil du nur ein drittklassiger Duellant bist, der nur Glück dabei hatte, in den einzelnen Turnieren so weit zu kommen“, antwortete der Gefragte fast schon automatisch und hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt als er den traurigen Blick seines Hündchens sah.

„Das war fies... und es hat richtig wehgetan...“, nuschelte er leise und fand sich im nächsten Moment in Setos Armen wieder. Dieser drückte den Jungen leicht an sich und hauchte in sein Ohr: „Tut mir Leid, Kleiner... das wollte ich nicht... du bist kein drittklassiger Duellant... im Gegenteil, du bist sogar verdammt gut...“

Lächelnd schlang Joey seinerseits die Arme um seinen Drachen, kuschelte sich an ihn und flüsterte glücklich: „Danke, Seto. Es ist schön das ausgerechnet von dir zu hören.“

„Ja, aber glaub nicht, dass das zur Gewohnheit wird, ja?“, murrte der Größere sofort wieder. Joey nickte fröhlich lächelnd, kuschelte sich noch mal fest an Seto ehe er sich von ihm löste und auf seinen Platz ging. Und als hätten die Anderen bemerkt, dass die Beiden reinkommen konnten öffnete sich plötzlich die Tür und alle restlichen Mitschüler plus Klassenlehrer betraten den Raum. Als sich alle eingefunden hatten und es wieder ruhiger geworden war begann der Lehrer zu sprechen.

„Meine lieben Schülerinnen und Schüler!! Ich hab eine wichtige Ankündigung zu machen!! Wie der Direktor mir vor einiger Zeit mitgeteilt hat werden wir am letzten Schultag ein Schulfest veranstalten. Die Klassen, die dieses Jahr keine Prüfungen hatten haben sich bereits daran gemacht alles vorzubereiten, doch auch wir sollen mithelfen!! Deshalb werdet ihr in Gruppen eingeteilt und bei den verschiedenen Klassen aufbauen helfen!!!“

Ein lautes Raunen und Murren ging durch die Klasse und vereinzelt waren auch Wortfetzen wie ‚Gemein’, ‚Unfair’ oder ‚Betrug’ aufzuschnappen. Joey jedoch dachte nicht mal daran loszuschimpfen, saß einfach auf seinem Platz und bedachte den Lehrer mit tödlichen Blicken. Dieser ignorierte die Blicke gekonnt, wandte sich wieder an seine Unterlagen, die er auf dem Schreibtisch ausgebreitet hatte.

Während er ein paar weitere Ankündigungen machte seufzte Seto gequält auf. Das war doch nicht war! Er hatte schon genug mit seiner Firma und den Prüfungen zu tun und jetzt auch noch den anderen Klassen bei vorbereiten helfen? Die Lehrer hatten doch alle zusammen einen an der Waffel! Leise murrend richtete er seinen Blick aus dem Fenster als ein kleines Papierkügelchen auf seinem Tisch landete. Langsam faltete er es auf und las die Worte seines Hundchens, welcher ihm die Papierkugel auf den Tisch geworfen hatte.
 

»UNSRE LEHRER HABEN DOCH ECHT EINEN AN DER WAFFEL!!!!!!!!!!!!! Nicht genug, dass wir mit’m Lernen kaum noch nachkommen, nein, jetzt müssen wir den anderen Klassen auch noch helfen!!! Können die das nicht selber machen?! Aber ich sag besser nix zum Lehrer, sonst lässt er mich noch nachsitzen, und da hab ich echt keinen Bock drauf... wie siehst du das, Drache?«
 

Nachdenklich hob der Ältere eine Augenbraue an, kritzelte jedoch schnell eine Antwort und schickte das Papier zurück an den Absender.
 

»Beschwer dich nicht, wir können hier sowieso weg sobald der Kerl seine Ankündigungen vorgetragen hat!! Ich fahr dich dann übrigens sofort nach Hause und muss dann weiter in die Firma, werd vor heute Abend nicht mehr kommen.«
 

Verdutzt starrte Joey auf das Papier, murrte leise ehe er in größter Eile etwas kritzelte und die Papierkugel anscheinend mächtig verärgert direkt an Setos Hinterkopf knallte. Verwirrt nahm der Beschossene die Kugel, entfaltete sie und las die empörten Worte des Jüngeren.
 

»Spinnst du, Seto?! Du wirst auf keinen Fall in die Firma fahren!!! Du hast gestern verdammt wenig geschlafen und sonst musst du doch auch noch für die Prüfungen lernen und wie wir anderen beim Aufbauen helfen!!!! DU ÜBERARBEITEST DICH NOCH, VERDAMMT!!!!!!!!!!!!!!«
 

Verwundert kratzte der Brünette sich am Kinn, las sich den Zettel immer und immer wieder durch. Natürlich hatte er bemerkt, dass er sich seit einiger Zeit viel besser mit Joey verstand und er hatte auch bemerkt, dass es ihm gut tat sich dem Jungen anzuvertrauen... doch dass dieser sich solche Sorgen um ihn machte war einfach nur zu Schön um wahr zu sein.

Doch vermutlich mochte er ihn einfach nur als guten Freund... und irgendwie war das auch ziemlich schön für den Größeren.

Als der Lehrer mit seinem Vortrag am Ende war erhoben sich die einzelnen Schüler und machten sich wieder auf den Weg. Joey wartete noch auf seine Freunde und natürlich musste demnach auch Seto warten. Und kaum waren Yugi, Tea und Tristan bei dem Blonden und dem Brünetten, machten sich die Fünf auch schon auf den Weg – und ernteten dabei viele, verwunderte Blicke. Wer hätte auch jemals ahnen können, dass ausgerechnet der große Seto Kaiba jemals mit dem ‚Kindergarten’ durch die Schule laufen würde.

Das war schon ein richtiger Blickfang.

Beim Cabrio angekommen liess Joey sich freudig summend auf dem Beifahrersitz nieder und schaltete mit einem Knopfdruck das Radio ein, kaum dass Seto den Wagen gestartet hatte.

„Also, Leute, wir sehen uns morgen!!!“, verabschiedete der Blondschopf sich von seinen Freunden. Diese nickten nur und Yugi entgegnete: „Bis dann! Und vergiss nicht, auch, wenn wir morgen keine Prüfung haben, lern ein bisschen!!!“

„Ja ja, keine Angst. Ich mach das schon!!“

„Dann ist ja gut. Man sieht sich, ihr Beiden!“

„Ciao Leute!“

Und als auch der Fahrer einmal kurz Gebrummt hatte legte eben dieser den ersten Gang ein, trat aufs Gas und raste zusammen mit seinem Hündchen davon. So schnell sie bei dem Verkehr eben konnten rasten sie Richtung Kaiba-Villa. Irgendwann fragte Joey jedoch plötzlich: „Warum musst du eigentlich immer soviel in der Firma arbeiten? Kannst du nicht einfach jemand anstellen, der das für dich macht?“

„Ich bin der Chef der Kaiba Corporation. Denkst du wirklich, ich kann einfach so jemanden einstellen, der MEINEN Job macht?! Dann müsste ich dieser Person blind vertrauen und das kann und will ich nicht! Also halt dich aus meinen Angelegenheiten raus!!“, schloss der Ältere das Gespräch ab und nur ein paar Minuten später kamen die Beiden bei der Villa an. Ohne große Worte ‚schmiss’ Seto sein Hündchen aus dem Wagen, verabschiedete sich kurz ehe er erneut aufs Gas stieg und davonraste. Murrend wandte der Kleinere sich ab und trat in die Villa. Der Hausbesitzer hatte dem Blondschopf gleich am selben Tag, an dem er zu den Kaibas gezogen war einen Hausschlüssel gegeben, sodass dieser immer nach Hause konnte, auch, wenn Seto und Mokuba mal nicht da waren. Vorsicht ist bekanntlich besser als Nachsicht.

Seufzend schritt Joey in die große Villa, warf seine Schulsachen in eine Ecke und pflanzte sich ins Wohnzimmer um dort in aller Ruhe fernzusehen.

//Ich lern später... wenn Seto wieder da ist...//

Nur, was der Junge nicht bedachte war, dass der Firmenchef erst mitten in der Nacht nach Hause kam, als alles andere im Haus schon schlief, inklusive seinem Hündchen.



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