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東京幻想

Tokyo Illusions (Kapitel 1 - 8 korrigiert)
von

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Videoabend mit Hindernissen

Kirito stand für einige Momente ratlos an der Tür und sah das Häufchen Elend in der Ecke mitleidig an. Das Mädchen schien seine Anwesenheit gar nicht zu bemerken, sondern schniefte und schluchzte nur vor sich hin. Der Sänger seufzte, dann ging er zu ihr rüber und setzte sich neben sie. "Hey", murmelte er und nahm die Studentin in den Arm. "Es tut mir Leid."

Er spürte, wie sie leicht den Kopf schüttelte. "Muss... es nicht...", stammelte sie unter Tränen. "Du konntest... es ja nicht... wissen."

Kirito strich ihr leicht über den Rücken, in der Hoffnung, sie zumindest ein wenig beruhigen zu können. "Bist du deswegen nach Japan gezogen?", fragte er leise.

Es dauerte einen Moment, bis sie reagierte. Sie setzte sich auf und wischte in ihrem Gesicht herum. "Meine Eltern... sind vor einem Jahr bei einem Autounfall gestorben... mein Bruder... auch", schniefte sie. "Luca hat mir damals sehr geholfen… ohne sie wäre ich durchgedreht…" Sie holte tief Luft. "Luca ist mit mir hierher gezogen, weil sie meine beste Freundin ist. Ich hätte niemanden sonst mitnehmen wollen, sie ist alles für mich... seit..." Sie schluchzte erneut.

Der Sänger biss sich auf die Unterlippe, dann nahm er die junge Frau wieder in den Arm. "Shhh...", flüsterte er. "Ist schon okay, ich bin ja da..."

Als sie sich wieder so einigermaßen beruhigt hatte, sah sie ihn mit großen feuchten Augen an. "Danke...", wisperte sie mit halberstickter Stimme. "Wirklich..." Dann stand sie auf um sich das Gesicht zu waschen.

Kirito stand ebenfalls auf und wartete, bis sie fertig war. Dann legte er ihr einen Arm um die Schultern. "Sollen wir? Bevor sich die anderen noch größere Sorgen machen."

Naomi nickte und die beiden gingen wieder ins Wohnzimmer. "Tut mir Leid...", murmelte sie, als sie sich auf eines der Kissen fallen ließ.

Luca schaute ihre Freundin neugierig an und lächelte ihr zu.

Die brünette Studentin fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. "Ist noch was von dem Nachtisch da?"

"Klar", japste Luca glücklich, riss sich von Kohta los und lief in die Küche. Nach wenigen Minuten kam sie mit einer riesigen Schüssel Eis mit Sahne und Schokostreuseln zurück. "Hier, mein Engel."

"Danke." Naomi lächelte zaghaft und setzte sich die Schüssel auf den Schoß, bevor sie anfing zu essen.

Kirito setzte sich hinter Naomi, legte beide Hände auf ihre Schultern und zog sie zurück, damit sie sich bei ihm anlehnte. Dann legte er einen Arm um ihre Taille und sah Luca an. "War außer dem Essen noch etwas für den heutigen Abend geplant?"

"Hmm... eigentlich nicht, wieso?", fragte sie ihn verwirrt.

"Weil meine Kleine hier..." Er deutete mit dem Kinn auf Naomis Kopf. "... ein wenig Ablenkung vertragen könnte, denke ich."

Kohta dachte angestrengt nach. "Habt ihr einen DVD-Player?", fragte er schließlich.

Luca schaute Naomi amüsiert an.

Die Brünette sah ihre Freundin aus dem Augenwinkel an und schluckte ihr Eis runter. "Wir haben einen… irgendwo… und der Fernseher steht glaub ich auch noch in irgendeiner Kiste..."

Der Bassist sah die beiden verwundert an. "Ihr hab die Sachen noch nicht ausgepackt?"

Naomi, die sich gerade wieder einen vollen Löffel Eis in den Mund gestopft hatte, zuckte nur mit den Schultern.

"Wir schauen ja fast nie fern", antwortete die Dunkelhaarige und ging zu einem Schrank, in dem der Fernseher und der DVD-Player noch in Kartons eingepackt standen. "Hmm...ie da raus?"

Kohta grinste und stand auf. "Ich helfe dir, während die beiden Hübschen da zur Videothek gehen und einen schönen Film aussuchen."

Kirito sah seinen Bruder an, dann Luca, schließlich Naomi. Dann nickte er, nahm der Brünetten den Löffel aus der Hand, legte ihn in die Schüssel, die er ihr ebenfalls abnahm und stand auf, um die Schüssel auf den Tisch zu stellen.

Die Musikstudentin sah ihn fassungslos an. "Du nimmst mir mein Frustessen weg?!"

Der Sänger antwortete ihr gar nicht erst, sondern nahm ihre Hand und zog sie hoch. "Komm, wir gehen uns in der Videothek einen Film holen."

Sprachlos folgte sie ihm und blieb dann hinter ihm im Flur stehen.

"Du wirst dir schon deine Schuhe anziehen müssen, oder willst du auf Socken gehen?", fragte er sie grinsend, als sie ihn anstarrte.

Naomi seufzte und zog sich dann ihre Schuhe an. "Bis gleich", rief sie Luca und Kohta zu, bevor sie mit Kirito die Wohnung verließ.

Luca drehte sich belustigt zu Kohta um. "So, Schatz… benimm dich wie ein Mann und mach den Technikkram."

Der Bassist grinste. "Sag mir erst mal, wo ich den Fernseher hinstellen soll."

Sie schaute sich im Wohnzimmer um. "Keine Ahnung?" Sie lächelte ihn lieb an. "Kann der nicht im Schrank stehen bleiben?"

"Habt ihr so was wie einen Fernsehschrank oder so?"

Sie schaute ihn mit großen unschuldigen Augen an. "Einen was?"

Kohta lachte. "Einen kleinen Schrank, wo man den Fernseher draufstellt."

Sie biss sich auf die Lippe. "Ich glaube, der ist noch im Keller."

"Dann sollten wir ihn wohl holen, oder?", schlug der Blonde vor und strich Luca über die Haare.

"Wir beide alleine im dunklen Keller?" Sie machte ein ängstliches Gesicht. "Ich habe Angst vor Kellern."

Der Bassist sah sie verdutzt an. "Habt ihr eine Taschenlampe? Oder Licht im Keller?"

"Eine Taschenlampe." Sie grinste, ging in die Küche und holte die besagte Taschenlampe heraus. Luca fuchtelte mit ihr herum und ging in den Flur, um sich die Schuhe anzuziehen. "Gehen wir?"

Kohta folgte ihr und trat nah an sie heran. "Wenn du ganz dicht bei mir bleibst, passiert dir nichts", flüsterte er ihr ins Ohr.

Sie drehte sich zu ihm um. "Genau davor habe ich ja Angst", erklärte sie frech grinsend.

Er blinzelte sie an, dann legte er seine Hand auf ihre Wange, zog sie zu sich heran und küsste sie. "Ich tu dir schon nichts, keine Sorge", meinte er schließlich.

"Na, wer’s glaubt..." Sie lachte. "Wieso hast du dich eigentlich so gefreut, als ich meinte, ob ihr beiden hier übernachten wollt?"

"Weil ich dann etwas mehr Zeit mit dir verbringen kann?"

"Das ist süß." Sie gab ihm einen langen Kuss. "Du schläfst trotzdem mit Kiri in der Stube."

Der Bassist sah sie eine Weile an, dann nickte er. "Das ist okay."

Die junge Frau begann plötzlich panisch zu kreischen.

Kohta trat erschrocken einen Schritt zurück. "Was ist los? Was hast du?", fragte er in dringlichem Tonfall. "Ich hab doch gar nichts gemacht!"

Sie lief hinter ihn und zeigte mit einem zitternden Finger nach vorne. "Da... da... da... da... eine Kakerlake!", kreischte sie erschrocken und krallte sich in seinem Hemd fest.

Seine Augen weiteten sich, er drehte sich um und legte automatisch beide Arme um die Studentin. "Was?", fragte er, nun selbst einer Panik nahe. "Wo?"

"Schatz… tu was… die ist riesig", japste sie.

Der Bassist sah sich um und schlüpfte dann schnell in seine Schuhe, bevor er Luca bei der Hand packte und sie aus der Wohnung zog. Der Blonde atmete erleichtert auf, als er sich gegen die geschlossene Tür lehnte. "Puh… wir sind in Sicherheit", murmelte er.

Luca schaute nach vorne und huschte sofort vor den kaputten Holzbalken. "Ja…", erwiderte sie verunsichert.

"Huh?" Kohta sah sie fragend an. "Was ist?"

"Nichts...", lächelte sie ihn an.

"Sollen wir dann mal runter und den Fernsehschrank holen?"

"Ja..." Sie kramte in ihrer Hosentasche und blieb geschockt stehen. "Kohta..." Sie sah ihn verstört an.

"Was ist denn?", wollte der Bassist wissen.

"Die Schlüssel sind in der Wohnung."

"Das ist nicht dein Ernst, oder?"

Die Dunkelhaarige schaute ihn verlegen an. "Du hast mich da so schnell rausgezerrt..."

Kohta seufzte. "Dann wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als eben den Schrank hoch zu holen und dann auf meinen Bruder und deine Freundin zu warten."

"Kohta… der Schlüssel für den Keller ist auch an meinem Schlüsselbund", erklärte sie vorsichtig.

Der blonde Bassist setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. "Dann werden wir wohl warten müssen."

"Ich denke schon." Sie setzte sich zu ihm. "Und ich habe mich so auf den Keller mit dir gefreut."

"Echt?" Er legte einen Arm um ihre Schultern.

"Echt", grinste sie ihn an und schmiegte sich an ihn.
 

Als Naomi und Kirito schließlich zurückkamen, sahen sie verwundert Kohta und Luca an, die vor der Wohnungstür saßen. "Was macht ihr da?", fragte die Brünette irritiert.

"Demonstrieren", sagte Luca trocken. "Wonach sieht es denn aus?"

"Ihr habt euch doch wohl nicht etwa ausgesperrt?", grinste Kirito.

"Nein... wir mussten vor einem Angriff fliehen", erklärte Luca ernst. "Dummerweise hat der Feind meinen Schlüssel. Eine Kakerlake... ein riesengroßes fettes Ding!"

Die brünette Studentin musste sich ein Lachen verkneifen. "Was denn? So ein großer starker Mann fürchtet sich vor einer Kakerlake?"

"Nein", verteidigte Luca ihren Freund. "Er hat mich weggezogen, bevor das Vieh mein Bein abbeißen konnte."

Naomi zog ungläubig eine Augenbraue hoch, dann sah sie zu Kirito. "Sieht so aus, als würden wir uns darum kümmern müssen, huh?"

Der Sänger streckte abwehrend die Hände vor sich aus. "Ohne mich!"

Die Musikstudentin verschränkte die Arme vor der Brust. "Also wirklich… tolle Männer seid ihr..." Sie schüttelte seufzend den Kopf und trat auf Luca und Kohta zu. "Ihr müsst schon da weggehen, damit ich die Tür aufschließen kann."

Luca rappelte sich langsam hoch und reichte dem Bassisten die Hand. Dieser nahm sie nur allzu gern an und stand dann ebenfalls auf.

Naomi schloss die Tür auf und betrat die Wohnung. "Also, wo ist jetzt diese tolle Kakerlake?"

"Da vorne." Luca zeigte auf ein winziges kleines schwarzes Insekt, das mit dem Kopf gegen die Stufe ditschte.

"Oh Gott...", schnaubte Naomi lachend. "Die nennst du groß? Da sind ja sogar die bei uns in Deutschland noch größer!"

"Ja...", sagte Luca gekränkt.

Die brünette junge Frau zog sich die Schuhe aus, ging in die Küche und holte ein Glas. Dieses stülpte sie über das arme Insekt und brachte es dann zum Fenster, welches sie öffnete, damit sie die Kakerlake aus dem Glas herausschütteln konnte. "So, Leute! Ihr könnt reinkommen, die Gefahr ist gebannt!", meinte sie theatralisch.

Luca spurtete in die Wohnung, noch im Lauf entledigte sie sich ihrer Schuhe und huschte aufs Sofa. Dann sprang sie wieder runter und ging in den Flur. "Hab was vergessen." Die Dunkelhaarige zog sich die Schuhe wieder an und nahm ihren Schlüssel. "Keller", grinste sie.

"Was wollt ihr denn im Keller?", fragte Kirito verwundert, als er sich die Schuhe auszog.

"Kohta braucht nen Fernsehschrank oder so was für den Fernseher."

Naomi sah die beiden ungläubig an. "Ich hatte eigentlich gedacht, ihr wärt längst fertig."

"Schatz, meine Kellerschlüssel sind wo?"

Die Brünette seufzte. "Am Schlüsselbund, ich weiß." Sie legte eine kleine Tüte auf den Wohnzimmertisch. "Dann holt ihn eben."

Luca nickte ihr lächelnd zu. "Los, du Held", grinste sie Kohta an. "Lass uns in die Dunkelheit gehen."

"Hey, ich habe dich immerhin vor ihr in Sicherheit gebracht", gab der Bassist schmollend zurück, folgte ihr aber.

"Ja, ich weiß", kicherte sie. "Ich sag doch, du bist mein Held."

Naomi grinste, als die beiden die Tür hinter sich schlossen. Dann setzte sie sich auf das Sofa und fing wieder an, ihr Eis in sich hineinzuschaufeln, bevor es vollends geschmolzen war.

Kirito zog eine amüsierte Schnute. "Du und dein Essen", meinte er, bevor er sich neben sie setzte und sie zu sich heranzog.

"Mhmmm", murmelte die Musikstudentin zustimmend und aß in Ruhe weiter. Als sie ihr Eis aufgegessen hatte, stand sie auf und brachte die Schüssel zurück in die Küche, spülte sie aus und ging dann ins Wohnzimmer zurück. "Was meinst du, wie lange die beiden brauchen?", fragte sie den Sänger.

Der zuckte nur unbestimmt mit den Schultern. "Ich hab keine Ahnung", meinte er. Als sich die junge Frau wieder neben ihn setzte, nahm er sie in den Arm. "Und dir geht es jetzt besser?"

Instinktiv lehnte sie ihren Kopf an seine Brust. "Ja", murmelte sie.

Kirito strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und drückte sie an sich. "Dann ist ja gut", meinte er leise.

Naomi rutschte ein wenig herum und machte es sich bequem.

Der Sänger seufzte. "Weißt du... ich... ach, vergiss es..."

Die junge Frau drehte den Kopf, damit sie ihn ansehen konnte. "Nein, was denn?"

Kirito sah sie ernst an. "Ich..." Er stockte wieder. Dann, als ob er es sich plötzlich anders überlegt hätte, legte er ihr eine Hand auf den Nacken, zog sie zu sich heran und küsste sie einfach. Im ersten Moment versteifte sie sich, doch dann legte sie beide Arme um den Hals des Sängers. Der Blonde drückte die junge Studentin leicht zurück, so dass sie beide auf dem Sofa lagen.

Nach einer Weile schob sie ihn ein wenig von sich weg. "Kirito", meinte sie leise. "Warum tust du das?"

Kirito blinzelte sie irritiert an. "Weil ich dich mag?"

"Ernsthaft?"

Er nickte. "Natürlich. Sonst würde ich es nicht sagen." Er sah sie eine Weile an, dann strich er ihr die Haare aus der Stirn und küsste sie wieder.

Luca machte plötzlich die Tür auf und dirigierte Kohta hinein, der ein kleines Fernsehschränkchen trug. Sie stolperte in die Wohnung. "Kohta, pass auf die Stufe auf, ja?", erinnerte sie ihn. "Ich wollte dich eigentlich über einen längeren Zeitraum behalten." Die Dunkelhaarige ging ins Wohnzimmer und blieb plötzlich wie angewurzelt stehen. Sie öffnete den Mund, doch schloss sie ihn wieder, weil ihr zu diesem Anblick nichts einfiel.

Kohta hatte den Fernsehschrank unter den Arm geklemmt und folgte der Designstudentin. "Was ist los?", fragte er, dann sah er zur Couch und ihm klappte der Kiefer runter.

Als sie Kohta hörten, fuhren Kirito und Naomi wie vom Blitz getroffen auf und knallten mit den Köpfen aneinander.

Luca verschränkte die Arme und schaute beide mit hochgezogener Augenbraue an. "Kaum sind Mama und Papa weg… machen die Kinder Unsinn."

"Wir machen keinen Unsinn", fiepte Naomi, während sie sich die Stirn rieb.

Kohta grinste bis über beide Ohren. "Na endlich!", rief er aus. "Endlich gehst du mal ein bisschen ran, Onii!"

Luca stupste ihn in die Seite, als könnte er dadurch alles kaputt gemacht haben.

"Halt bloß die Klappe", knurrte der Sänger und rieb sich ebenfalls die schmerzende Stirn.

Luca drehte sich zu dem Bassisten um. "Naomi wird heute mit Kiri in einem Raum schlafen", flüsterte sie ihm ins Ohr und lächelte.

Der Bassist blinzelte sie irritiert an. "Und wo schlafe ich dann?", flüsterte er zurück. "Oder du?"

Sie zog eine Augenbraue hoch. "Wo wohl?!"

"Bei dir?"

"Nein, Schatz... im Keller bei den Kakerlaken." Sie schaute ungläubig. "Natürlich bei mir."

Kohta trat einen Schritt zurück. "Lass mich bloß mit Kakerlaken zufrieden", sagte er ernst.

"Dann stell nicht solche dummen Fragen."

Er seufzte. "Gut." Dann grinste er wieder und drückte Luca einen Kuss auf die Stirn. "Lass mich jetzt eben den Fernsehschrank abstellen, der wird langsam schwer."

"Ist okay", antwortete sie grinsend und setzte sich in einen Sessel.

Kohta stellte den Schrank ab, gemeinsam mit seinem Bruder stellte er den Fernseher darauf, schloss den DVD-Player und das TV-Gerät an, programmierte alles. "So", meinte er schließlich. "Was habt ihr denn Schönes mitgebracht?"

"Resident Evil", antwortete Naomi. "Horrorfilm", fügte sie hinzu, als Kohta sie verwirrt ansah.

Luca sah sie mit großen Augen an. "Ich mag dich nicht", erklärte sie Naomi ernst. "Ich geh schlafen... gute Nacht, alle zusammen."

"Was?!" Naomi sah Luca irritiert an. "Warum das denn?"

"Ich mag doch keine Horrorfilme", zischte sie ihr auf Deutsch zu.

"Ich weiß", grinste die Musikstudentin. "Deswegen habe ich ja noch zwei andere Filme zur Auswahl mitgebracht", antwortete sie ebenfalls auf Deutsch. "Außerdem ist Resident Evil nicht wirklich gruselig, sondern eher blutig."

"Danke, wenn ich Blut hätte sehen wollen, hätte ich Ryô getroffen, nicht den…" Sie unterbrach sich selbst und nippte an ihrem Tee.

"Den was?", wollte Naomi von ihr wissen.

"Ah nöx...", sagte sie unschuldig und stellte ihre Tasse ab. "Fangen wir an?"

Die Brünette verschränkte die Arme vor der Brust. "Verheimlichst du mir etwa was?"

"Ich wäre für eine Komödie, wenn ihr eine habt", erklärte Luca weiter.

"Luca!"

"Ja?"

"Lenk jetzt nicht vom Thema ab!"

Die Designstudentin drehte sich zu ihrer Freundin um. "Also... der Typ hat mich so auf die Palme gebracht, dass ich einfach nur was zertrümmern wollte... habe mich aber gegen sein Gesicht und für den Balken entschieden", erzählte sie ihr auf Deutsch. "Der hat jetzt einen riesigen Riss und ich muss deswegen morgen zum Hausmeister, zufrieden?"

Naomi sah sie mit großen Augen an. "Hoffentlich wird das nicht zu teuer... ist da sonst noch was passiert?"

"Er hat einen Splitter ins Gesicht bekommen, irgendwo am Auge", fuhr Luca gleichgültig fort. "Und er meinte, ich würde das bereuen. Als hätte ich den Splitter absichtlich in sein Gesicht gedrückt oder so." Sie schüttelte den Kopf und kuschelte sich an Kohta.

Die Musikstudentin seufzte. "Wenn der irgendwas versucht, zeige ich ihn wegen Verletzung der Privatsphäre und Stalking oder sonst was an", gab sie mürrisch zurück.

"Der hat mir glatt ins Gesicht gelogen… dieser Wicht. Ich hasse so was..."

"Ich weiß… er kann ohnehin nicht wirklich etwas tun... wie will er denn bitte beweisen, dass du Schuld an dem Unfall mit dem Splitter hast?", erwiderte ihre Freundin, dann setzte sie sich im Schneidersitz auf den Boden und holte die Filme aus der Tüte. "Also, wir hätten hier Resident Evil, 10 things I hate about you und Die Purpurnen Flüsse."

"Ich will die Dinge...", japste Luca vergnügt. "Den Horrorfilm kannst du wieder schön in die Tüte stecken."

Naomi sah Kohta und Kirito an, woraufhin beide nur mit den Schultern zuckten. Beide hatten den Film noch nicht gesehen, von daher waren sie damit einverstanden.

Die Brünette reichte dem Sänger den Film, damit er ihn einlegen konnte. Sie hatte keine Lust, jetzt direkt wieder aufstehen zu müssen. "Erm...", meinte sie dann, bevor sie die Fernbedienung in die Hand nahm. "Sollen wir nicht erst mal die Gästefutons hier auslegen?"

"Jo, können wir", entgegnete die Dunkelhaarige, stemmte sich an Kohtas Rippen hoch und hopste ins Schlafzimmer. Naomi folgte ihr, um ihr zu helfen. Nachdem sie die Futons ausgelegt hatten, machten es sich die vier bequem.

Der Bassist setzte sich auf einen Sessel und grinste Luca frech an. "Schatz, kuscheln?" Er zog eine Schnute.

Kirito lehnte sich zurück, zog Naomi zu sich heran und legte beide Arme um die junge Frau.

Die Studentin lehnte sich an den blonden Sänger und griff nach der Fernbedienung. "Sagt einfach Bescheid, wenn ihr fertig seid", meinte sie zu dem Bassisten und ihrer Freundin.

Luca schaute Kohta mit erhobener Augenbraue an. "Mit dir? Das muss ich mir aber noch schwer über..." Doch weiter kam sie gar nicht, denn der Bassist packte sie einfach am Handgelenk und zog sie auf seinen Schoß.

"Fertig!", grinste er Naomi zu.

Die Brünette lachte und drückte auf den Startknopf. Kaum hatte der Film angefangen, klingelte auch schon ein Handy. Naomi verdrehte die Augen und stoppte den Film. "Wessen Handy ist das?", seufzte sie.

"Schatz... also, ich mag die Vibration... aber du solltest trotzdem rangehen", erklärte der Bassist.

Luca lächelte leicht verlegen und kramte in ihrer Hose nach dem Handy. "Tut mir Leid."

Kohta lief leicht rosa an. "Schatz... weniger bewegen?", sagte er leise.

Luca nahm ab und nickte dann die ganze Zeit, nach etwa fünf Minuten richtete sie sich plötzlich auf. "Ist das dein Ernst?", fragte sie freudestrahlend. "Oh... Mann... ich liebe dich dafür... wirklich." Sie grinste bis über beide Ohren. "Ja, morgen... nein, ich mache blau... okay... am Supermarkt. Ja... bis dann." Sie legte auf und warf ihr Handy aufs Sofa. "Wir können", erklärte sie grinsend und kuschelte sich wieder an den Bassisten.

"Wer war das?", wollte Naomi wissen, bevor sie wieder auf Play drückte. "Und wieso machst du blau? Du wolltest das doch nie wieder tun."

"Dai!", grinste die Dunkelhaarige. "Und weil ich morgen mit ihm zu dem Designer von Diru fahre… und sie meine Skizzen sehen wollen."

"Na, das ist ja mal cool!", freute sich Naomi für ihre Freundin. "Aber kannst du das nicht nach der Uni machen?"

Luca schüttelte energisch den Kopf. "Nee… die gehen da morgen früh hin."

Kohta biss die Zähne zusammen. "Und wieso sagst du ihm auch noch, dass du ihn liebst?"

"Tja..." Sie kratzte sich verlegen am Hinterkopf. "Das ist so eine Redensart bei uns in Deutschland", versuchte sie sich rauszureden.

"Trotzdem kommt das ein bisschen uncool", kommentierte die Brünette auf Deutsch.

Der Bassist schaute sie ungläubig an. "Aha..." Dann wandte er den Blick zu Naomi.

"Es tut mir Leid?", meinte Luca zu dem Blonden. "Es ist mir nur so rausgerutscht, weil das einfach das beste Geburtstagsgeschenk in meinem ganzen Leben ist."

Kohta stand auf und sie rutschte vom Sessel. "Ich geh Zigaretten holen", erklärte er, zog sich die Schuhe an und ging raus.

Luca starrte ihm verwirrt nach. "Was habe ich denn jetzt wieder falsch gemacht?"

"Dass du das nicht zu Kohta, sondern zu Dai gesagt hast?", schlug Naomi vorsichtig vor. "Vielleicht solltest du mit ihm reden und es erklären?"

Die Designstudentin schaute ihre Freundin verwirrt an. "Wieso hätte ich das zu ihm sagen sollen? Er sagt doch auch immer nur, dass er mich gern hat."

"Du hättest es nur einfach nicht zu Dai sagen sollen, du weißt doch, dass unsere Gebräuche hier nicht so geläufig sind", erwiderte die Brünette. "Erklär es ihm einfach unter vire Augen, seid ein bisschen nett zueinander, dann dürfte es in Ordnung sein, würde ich sagen. Schließlich seid ihr ein Paar, oder nicht?"

Luca verdrehte die Augen. "Ja, ist ja gut." Sie krabbelte vom Boden hoch und schlurfte ins Vorzimmer, wo sie sich die Schuhe anzog. "Bin gleich wieder da." Doch kaum hatte sie die Tür geöffnet, gab es einen dumpfen Schlag und ein "Aua~". Die Dunkelhaarige schaute nach unten.

"Sag mal, willst du mich eigentlich umbringen?", fragte Kohta und hielt sich die Stirn.

Unwillkürlich mussten Naomi und Kirito lachen. "Geht mal ne Runde um den Block und unterhaltet euch in Ruhe", rief die Musikstudentin ihrer Freundin nach, wobei sie einen Arm um Kiritos Hals legte, um vor Lachen nicht umzufallen.

"Ihr wollt doch nur unanständige Dinge machen", erklärte der Bassist und ließ sich von Luca hoch helfen.

"Ich bin nicht so ein Hentai wie du!", gab der Sänger amüsiert zurück und grinste.

"Nein... Onii... du doch nicht..." Er nahm Lucas Hand und zog die junge Frau zum Schlafzimmer. "Wir reden hier... wer weiß, was du der armen Naomi sonst antust."

Kirito schnaubte. "Ich werde ihr schon nicht die Klamotten vom Leib reißen."

"Nein, aber dir. Und dann bekommt sie einen Schock fürs Leben."

Naomi hörte schlagartig auf zu lachen und sah die beiden Musiker abwechselnd mit hochgezogener Augenbraue an. "Ihr... könnt im Schlafzimmer reden, damit wir eure private Unterhaltung nicht mit anhören... schließlich geht das nur euch was an, oder?", meinte sie schließlich langsam.

"Na ja... eigentlich schon... wir sind ja bald eine große glückliche Familie", erwiderte der Bassist grinsend und schubste Luca ins Schlafzimmer, bevor er die Tür hinter sich schloss.

"Na, da würde ich aber nicht zu viel drauf verwetten", murmelte die Brünette auf Deutsch, so dass es niemand außer ihr hören oder verstehen konnte.
 

Als der Bassist die Tür schloss, saß Luca auf ihrem Futon und schmollte ihn an. Kohta setzte sich neben sie und sah die Dunkelhaarige lange an, ohne etwas zu sagen. Die Stille kam der jungen Frau so bedrückend vor, dass sie es nicht mehr aushielt und als erste sprach.

"Kohta... ähm... es tut mir wirklich Leid", entschuldigte sie sich bei dem Blonden.

Der Bassist fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und schaute sie weiterhin an.

"Ich meine... es ist... wir sagen das eigentlich ganz schön oft in Deutschland…" Sie schaute ihn verlegen an. "Es hat nichts zu bedeuten."

Kohta schnaubte. "Du sagst zu einem Mann, der in dich verliebt ist, dass du ihn liebst und es hat nichts zu bedeuten?"

Luca spielte nervös mit einer Haarsträhne. "Ich sage es auch zu Naomi, wenn sie mir eine Freude gemacht hat", verteidigte sie sich. "Und außerdem ist er nicht in mich verliebt." Sie stand auf und funkelte den Blonden von oben an. "Musst du wieder damit anfangen?"

Der Bassist schaute sie ungläubig an. Es gefiel ihm nicht, dass Luca mit dem Gitarristen von Dir en grey befreundet war, meistens entwickelten sich bei einer Freundschaft auch andere Gefühle. "Denkst du nicht, dass er das absichtlich macht?", fragte er sie ruhig, doch schon im nächsten Augenblick wünschte er sich, er hätte es gelassen.

Sie starrte ihn fassungslos an. "Was... was... sag mal, spinnst du, Kohta?"

Er stand auf und verschränkte die Arme. "Ist doch wahr... du bist einfach zu naiv!"

Die Studentin schnappte theatralisch nach Luft und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. "Also, Daisuke ist hinterhältig... habe ich das richtig verstanden?", fragte sie und ging durch das Zimmer. "Und ich... ich bin naiv...?"

Kohta zuckte zusammen. Er hätte doch besser mal seine Klappe halten sollen. Aber es stimmte doch, sie war naiv und zu vertrauensselig. Das sah man doch an ihrer Beziehung.

Die junge Frau riss das Fenster auf und zündete sich eine Zigarette an. Sie brauchte dringend etwas für die Nerven. "Dass du ihm nicht traust, ist mir ehrlich gesagt absolut egal", erklärte sie genervt. "Aber dass du mir nicht vertraust... Kohta... so hat das wirklich keinen Sinn."

Der Bassist schaute verwirrt. "Wie meinst du das jetzt?!", fragte er sie ruhig.

Traurig schaute sie ihn an und biss sich auf die Lippe. "Ich habe dir doch oft genug erklärt, dass ich mit dir zusammen sein will und mit niemandem sonst... auch nicht mit Dai."

Der Blonde ging langsam auf sie zu.

"Aber wenn du mir nicht vertraust und mir auch nicht glaubst, sollten wir es gleich beenden, bevor wir uns nur unnötig gegenseitig verletzen." Luca machte die Zigarette aus, drehte sich zu ihm um und lächelte traurig.

"Ich vertraue dir doch", erwiderte er und nahm sie in den Arm.

"Dann reagier nicht so", schniefte sie ihm an die Brust. "Ich habe mich doch in dich verliebt, nicht in jemand anderen."

Kohta drückte die junge Frau fest an sich und es wurde ganz still in dem Schlafzimmer. Der Streit, den man wahrscheinlich bis nach Hokkaidô gehört hatte, war verklungen.



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