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Trankmeister von Hogwarts

Fortsetzung von "Ten forgotten Years" - keine Pairings - ein bisschen Depri
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Hauptquartier

Kapitel 18

Hauptquartier

Ein weiterer Ruf

K

aum sind sie Kinder aus Hogwarts verschwunden, wird es einerseits sehr ruhig, andererseits sehr geschäftig. Albus beginnt sofort, den Phönixorden neu zu organisieren. Er spricht auch vor der Zaubererver-sammlung, wie er es mir bereits angekündigt hatte, doch das hat nicht den gewünschten Erfolg.

Es ist die Rede von Panikmache, davon, dass der Alte senil geworden wäre und Fudge leidet plötzlich unter dem Wahn, dass Dumbledore seinen Posten will. Albus hat eine Menge Ehrenämter in unserer Gesellschaft, da er aber nicht aufhören will, über die Rückkehr des Dunklen Lords zu reden, erkennt man ihm einfach eins nach dem anderen ab, um ihn in Misskredit zu bringen und ihn unglaubwürdig zu machen – es heißt auch, er würde langsam senil werden.

Ich könnte vor Wut darüber brüllen und würde am liebsten ins Ministerium stürmen, um gewissen Leuten etwas Verstand einbläuen (was aus verschiedenen Gründen wirklich keine gute Idee wäre), aber der Alte lächelt nur fein und meint, das alles würde ihn nicht stören, solange man ihn nicht aus den Schokofrosch Karten nimmt – na, der hat vielleicht einen Humor.
 

Es dauert nicht lange und mein Mal brennt erneut. Der Dunkle Lord ruft mich und ich gehorche natürlich. Mit-ternacht, ein nebliges Moor, dunkle Gestalten im Kreis ... die hohe, kalte Stimme, die wieder von ruhmreichen Zeiten spricht, aufpeitscht ... Illusionen verspricht.

Er ruft einzelne Todesser zu sich und gibt ihnen Aufträ-ge. Viel kann ich nicht verstehen, denn er spricht sehr leise, allerdings sieht es so aus, als wolle er einfach seine Organisation neu ordnen und sich sonst vorerst weitge-hend bedeckt halten. Kann ich verstehen – damals zähl-ten seine Anhänger nach hunderten. Heute hat er je-doch nicht mehr als ein gutes Dutzend. Neue Todesser müssen gefunden und eingeschworen werden, die Loya-lität der Alten muss überprüft werden – zu viele haben sich damals darauf berufen, dass sie unter dem Imperi-us gestanden hätten und so gut wie keiner hat nach dem Verbleib des Dunklen Lord wirklich geforscht.

Darüber ist er natürlich nicht erfreut und setzt seine Foltersitzungen, die bei seiner Wiedergeburt begonnen haben, rege fort. Jeder bekommt etwas ab – länger oder kürzer – als Warnung oder als Strafe.

Dann ruft er mich zu sich hin. Ich werde kalt, mache dicht und gebe ihm die Huldigung, die er so sehr haben will. Ich bemühe mich, nicht zu sehr zu kriechen – das hat es mir damals auch ermöglicht, alleine mit meinen Tränken bei ihm durchzukommen – wohldosierte Ehrer-bietung und diensteifriger, aber stolzer Gehorsam.

„Giftmischer“, zischt er mich an. „Deine Tränke – ich nehme an, deine Hände sind in diesen dreizehn Jahren wieder verheilt“ – Damit hätte ich rechnen sollen, dass er mir meine Ausflucht von damals vorwirft – Ich ver-beuge mich leicht (ich knie ohnehin vor ihm) und murmle „Ja, mein Lord – immer zu Diensten.“

„Gut, gut“, zischt er. „Das will ich doch hoffen – für dich, mein lieber Giftmischer – will ich das doch sehr hoffen. Wie auch immer, du wirst wieder für mich brauen ... Veritaserum - ein Gift, das nicht nachweisbar ist und umgehend wirkt – ein weiteres, das langsam und unter großen Schmerzen tötet und noch einiges mehr...“ Er zieht ein Pergament aus seiner Robe und hält es mir hin. „Da hast du eine Liste und sieh zu, dass es nicht zu lange dauert, das könnte mich veranlassen an deiner Treue zu zweifeln – in spätestens einem Monat, will ich das alles haben...“

„My Lord“, murmle ich. „Ein paar von den Sachen werde ich erfinden müssen...“

„Unterbrich mich nicht“, faucht er mich an. „Ich will die Sachen in einem Monat haben, damit ich meine Pläne fortführen kann ... Ich mag es nicht, wenn man mir wi-derspricht – Crucio!“

Sofort wälze ich mich unter entsetzlichen Schmerzen am Boden, aber ich lasse nicht zu, dass mir auch nur ein einziger Laut entkommt. Nein, es ist besser, vor dem Dunklen Lord keine Schwäche zu zeigen.

„Verstanden!“ zischt er mich an, nachdem er endlich den Fluch wieder aufgehoben hat.

„Ja, mein Lord, danke mein Lord“, murmle ich und ver-beuge mich erneut.

Nein, ich brauche heute sicher nicht noch mehr von sei-nen Nettigkeiten.

„Dann verschwinde jetzt und halte dich bereit – schon bald werde ich weitere Aufträge für dich haben.“

„Natürlich, mein Lord“, murmle ich und meine Stimme ist heiser geworden.

Ich sollte wirklich schnell von hier verschwinden, denn ich kann spüren, wie sich die Nachwirkungen des Cru-ciatus mal wieder durch meinen Körper wälzen wollen.

„Verschwinde, Giftmischer – ans Werk!“ zischt er erneut und ich appariere.

Kaum bin ich an meinem Geheimgang angekommen, breche ich zusammen und kann eben noch hinein tau-meln, bevor mich die Nachwirkungen des freundlichen Folterfluchs umwerfen. Ich winde mich in dem dunklen Tunnel und es ist als wolle ich mir selbst alle Knochen brechen, alle Muskeln zerfetzen und alle Adern zum Platzen bringen. Ich bin absolut hilflos und nur froh, dass mich hier keiner sehen kann – so schwach, so hilf-los, so jämmerlich.

Ich weis nicht, wie lange es dauert, bis sich mein Körper beruhigt und ich wieder atmen kann, meine Umgebung wieder deutlich erkennen kann. Noch habe ich das Lin-derungsmittel gegen diese üblen Nachwirkungen nicht, aber ich weis, dass auch eine heiße Dusche helfen kann. Also rapple ich mich mühsam auf die Beine und wanke den langen Tunnel entlang in mein Schlafzimmer.

Ich lasse diese widerliche schwarze Todesserhaut in ei-nem Geheimfach im Schrank verschwinden und der Rest meiner Kleidung fällt einfach zu Boden, wo ich gehe und stehe. Mit schleppenden Schritten taumle ich ins Bad und schaffe es gerade noch unter meine Brause, als mich schon wieder ein Anfall überrollt. Das heiße Was-ser prasselt auf mich herab und besänftigt die krei-schenden Muskeln ein wenig. Trotzdem winde ich mich wie eine überrollte Schlange im Duschbecken.

Hör auf ... hör auf ... Oh Gott, so hör doch auf...!

Wirklich nett, dass man von diesem Fluch noch länger was hat, ihn noch Stunden später erneut genießen darf. Verdammt – was auch immer dieses Monster von mir will – der Linderungstrank ist wichtiger. Immerhin sind Ferien und ich habe jede Menge Zeit, was auch immer zu erforschen.

Ja, auch die Sachen, die der Dunkle Lord von mir haben will, aber auch die jeweiligen Gegenmittel dazu. Er darf die Tränke immer erst bekommen, wenn ich was gegen ihre Wirkung unternehmen kann. Und der Alte muss Bescheid wissen – über das, was gesprochen wurde, über das, was ich tun soll, über das, was ich dagegen tun werde, aber nicht über das, was mir zugestoßen ist.

Immer noch liege ich im Duschbecken und lasse das hei-ße Wasser auf mich herunter prasseln. Ich bin müde, sehr müde, habe in der letzten Woche nur sehr wenig Schlaf gefunden. Mein Magen knurrt, aber ich bin nicht wirklich hungrig und Appetit habe ich schon gar keinen – Nee, es kommt echt nicht gut, dem Dunklen Lord ge-genüber zu stehen, das trägt nicht eben zum allgemei-nen Wohlbefinden bei. Egal – ich hab´s geschworen und ich werde tun, was ich tun muss ... was auch immer es kostet ... ich bin nicht wichtig ... aber das Wohl unserer Welt, das Wohl des Jungen ist es.

Irgendwie döse ich ein und werde erst wieder wach, als das Wasser beginnt kühler zu werden. Ich muss weit über eine Stunde hier gelegen haben, denn solange bleibt gewöhnlich das Wasser warm. Also rapple ich mich hoch, krame nach einem Handtuch und reibe mich trocken. Ein Blick auf die Uhr beweist mir, dass es noch mitten in der Nacht ist.

Ich bin müde, so müde, aber ich bin mir sicher, jetzt nicht schlafen zu können, doch ich wage es nicht, jetzt schon mit dem Brauen anzufangen – meine Hände zit-tern so sehr, dass ich fast das Handtuch nicht halten kann, ganz zu schweigen von einem Messer, das ich zum Zuschneiden der Zutaten brauche – ich würde mir nur in die Finger hacken.

Ich werfe mir meinen Morgenmantel über und wanke in mein Büro – ich brauche dringend ein wenig Torture-Ex, sonst bekomme ich heute gar nichts mehr auf die Reihe. Natürlich weis ich, dass es keine gute Idee ist, das Zeug schon wieder zu schlucken, aber so lange ich keine Al-ternative habe, muss es einfach so gehen. Verdammte Nebenwirkungen!

Ein paar Tropfen von diesem Trank in eine Tasse heißen Tee – ich muss sie mir von Dobby bringen lassen, ich kann noch nicht mal einen Kessel Wasser aufbrühen, ohne mir das Zeug über meine bebenden Finger zu kip-pen. Der Elf erscheint und bringt mir wortlos das Ge-wünschte, aber er hat noch ein paar belegte Brote aufs Tablett gepackt und macht mich auf diese Art sicher, dass er mich genau im Auge behält.

Kaum hat er alles abgestellt, ist er auch schon wieder verschwunden – gut, ich könnte jetzt wirklich keinen plappernden, nervösen Elfen ertragen.

Ich brauche beide Hände, um etwas von der heißen Flüssigkeit in einen Becher zu kippen und meine Zähne, um die Phiole aufzubekommen. Ja, ich brauche sicher etwas, das mich am Funktionieren hält. Jetzt sind zwar Ferien und ich kann wenigstens den Unterricht verges-sen, aber es wird mit Sicherheit ein sehr arbeitsintensi-ver Monat werden – besonders, weil der Dunkle Lord mir angekündigt hat, mich schon bald wieder zu rufen – wenn er mir jedes Mal einen Cruciatus vergönnt (und da bin ich mir so gut wie sicher), dann muss ich einfach ein Gegenmittel haben – er bringt mich um, wenn ich nicht rechtzeitig fertig bin und Ausflüchte wird er sich sicher keine anhören wollen – selbst nicht, wenn sie be-gründet sind ... verdammtes, unmenschliches Monster!

Auch den Becher kann ich nur mit beiden Händen he-ben und es ist schwer, ihn an meine Lippen zu bringen, ohne mir das heiße Zeug drüber zu kippen. Verdammt, wenn mich das jedes Mal so übel mitnimmt, dann weis ich nicht, wie ich auch nur die nächsten Wochen über-stehen soll, geschweige denn das nächste Jahr.

Die Brote liegen vor mir, doch ich kann mich nicht

überwinden davon zu essen. Mein Magen ist kalt und klamm (trotzt des heißen Tees) und windet sich alleine bei dem Gedanken, etwas in sich aufzunehmen – gleich-zeitig knurrt er vor Hunger und zieht sich schmerzhaft zusammen.

Besser mal wieder ein paar Würfel braunen Zucker – schmecken mir zwar nicht besonders, liefern aber Ener-gie und die brauche ich dingend, wenn ich nicht über kurz oder lang zusammenklappen will – so ziemlich das Letzte, was ich will oder auch nur brauchen kann – ich kann mir nicht die geringste Schwäche erlauben – we-der vor Voldemort (der bringt mich um) noch vor Dumbledore (der verbietet mir zu tun, was ich einfach tun muss), noch vor irgendeinem anderen (man würde mich auslachen oder in Mitleid ertränken – ich hasse beides).

Ich habe mich hinter meinem Schreibtisch niedergelas-sen und wärme meine klammen Hände an dem heißen Becher. Mir ist sehr kalt – noch kälter, als ich es ohnehin gewohnt bin und mir drängt sich der Verdacht auf, dass das vom Cruciatus kommen könnte. Sicher, es gibt Be-richte über die Unverzeihlichen Flüche, aber die sind we-der besonders ausführlich noch recht fundiert – das meiste sind Gerüchte und Mutmaßungen und die nützen mir weniger als gar nichts. Nichts ist verhängnisvoller und gefährlicher, als falsche oder unvollständige Infor-mationen, wenn man einen komplexen Trank brauen oder gar erfinden will.

Was weis ich über diese Nachwirkungen, was kann ich an mir selbst beobachten?

Nun, ich weis, dass Harry den Fluch abbekommen hat und danach nichts mehr davon spürte. Ich weis auch, dass ebendieser Fluch Nevilles Eltern in den Wahnsinn getrieben hat. Des Weiteren weis ich, dass ich unter grässlichen Krämpfen und unkontrolliertem Zittern lei-de, wenn ich den Fluch abbekommen habe und es ist mir kälter als kalt – und Schmerzen, jede Menge Schmerzen. Dann gibt es Gerüchte, dass der Cruciatus zu Nervenschäden führen kann, wenn man ihm zu oft ausgesetzt ist. Verlust des Tastsinns, Verlust der Mus-kelkontrolle, bis hin zur absoluten Bewegungslosigkeit und dem Ende jeglichen körperlichen Empfindens – au-ßer grässlichen Schmerzen. Nette Aussichten – echt nett – eine bewegungslose, nicht fühlende, aber immer noch denkende und schmerzempfindende Masse zu werden ... man kann dem allen dann noch nicht mal mehr selbst ein Ende setzten. Mich schaudert bei diesem Gedanken und ich schwöre mir, mich umzubringen, bevor es so weit mit mir kommt – solange ich es noch selbst kann.

Ja, von diesem schnell wirkenden, nicht nachweisbaren Gift, werde ich mir für den Notfall eine Phiole voll ab-zweigen. Alles kann ich ertragen, aber das nicht – im-mer noch denken zu können, aber nicht mehr handeln – für alles, was auch immer, Hilfe zu brauchen und ei-gentlich gar nicht mehr zu sein.

Nein, nicht mit mir ... nicht mit Severus Snape!

Ich werde mir etwas zusammenstellen, was das verhin-dern kann – ich werde noch gebraucht ... man (beson-ders Dumbledore) verlässt sich auf mich. Ich werde auch mein Wissen über Medikunde auffrischen müssen, denn ich kann keinen um Hilfe bitten, wenn ich hier in einem solchen jämmerlichen Zustand ankomme ... kann mir nicht leisten, dass jemand – wer auch immer – zu viele oder die falschen Fragen stellt.

Meine Gedanken kreisen und schließlich döse ich an meinem Schreibtisch ein – wie schon so oft.


 

Schnippische Bemerkungen

D

umbledore erhält von mir den Bericht, den ich ihm versprochen habe. Natürlich spreche ich nicht über den Cruciatus, den ich mir eingehandelt habe – das muss er wirklich nicht wissen - auch wenn es mich einiges an Kraft und Konzentration kostet, das Zittern meiner Hände vor ihm zu verbergen. Er brummt zustimmend zu meinen Ausführungen und macht sich eifrig Notizen, wen er auf was ansetzten will.

„Wir haben ein Hauptquartier“, meint er, als ich zu En-de bin. „Sirius hat dem Orden sein Elternhaus zu diesem Zweck angeboten – es steht leer, nachdem seine Mutter vor ein paar Jahren gestorben ist und da er somit der letzte der Blacks ist, gehört das Haus nun ihm.“

„Halten sie das für eine gute Idee, Sir?“ werfe ich ein. „Man könnte uns aufspüren, wenn wir uns immer am selben Ort treffen.“

Er brummt und nickt.

„Das war auch der Grund, warum wir das letzte Mal kein Hauptquartier hatten“, erwidert er. „Aber das alte Stadthaus der Blacks ist sehr gut geschützt. Es liegt je-der nur erdenkliche Schutzbann darauf und ich habe es noch persönlich mit dem Fidelius Zauber gesichert und damit ist dieser Ort so sicher wie Hogwarts. Und es ist nicht schlecht, eine Sammelstelle für Informationen zu haben.“

„Wo steht das Haus eigentlich?“ will ich wissen. „Wenn sie es mir sagen können.“

„Ja, ich werde es dir sagen, denn du wirst auch vor dem Orden Berichte abliefern müssen – ich will dich dieses Mal offiziell dabei haben.“

„Und wenn wieder ein Verräter im Orden ist?“ murmle ich skeptisch. „Das wäre mehr als nur gefährlich und das nicht nur für mich.“

„Das lässt sich nie ganz ausschließen“, murmelt der Alte. „Doch dieses Mal habe ich den Eid noch bindender ges-taltet, als das letzte Mal – du hast vollkommen Recht, wir brauchen sicher keinen zweiten Wurmschwanz.“

Ich brumme zustimmend. Nein, das brauchen wir be-stimmt nicht.

„Also – wo?“

„Grimmauld Platz 12 in London“, gibt er zurück. „Du kannst nicht hinein apparieren, aber du kannst durchs Feuer gehen.“

Ich knurre unwillig.

„Ja klar – ich tauche dort durchs Feuer auf und Black verflucht mich, bevor ich auch nur die Asche aus meiner Robe geklopft habe – na sicher.“

Der Alte lacht leise in sich hinein.

„Ja – ja, das könnte ich mir durchaus vorstellen. Doch ich denke, Remus wird ihn davon abhalten.“

„Der ist also auch dort – die alten Herumtreiber wieder innig vereint“, knurre ich unwillig.

„Sie sind alte Freunde, Severus und das weist du ganz genau. Außerdem kann Remus nirgendwo mehr hin – es ist vollkommen mittellos.“

Ich zucke nur die Achseln, als wolle ich sagen, dass mich das nicht kümmert. Doch das ist nicht ganz richtig. Wahrscheinlich habe ich ihm vor über einem Jahr den letzten bezahlten Job vermasselt, den er bekommen konnte, denn bei dem ganzen politischen Durcheinan-der in der letzten Zeit, wurde ein Gesetz zur Ächtung von Werwölfen angestrengt. Es kam zwar nur in einer abgeschwächten Version durch, aber viele unserer Leute sind trotzdem nicht bereit, einen Werwolf einzustellen und so kann ich mir gut vorstellen, das Lupin pleite ist – Vermögen hatte er meinem Wissen nach ohnehin nie.

„Geben sie ihm wieder den Verteidigungsjob?“ will ich wissen.

„Ich würde“, erwidert er. „Aber aus zwei Gründen ist das nicht möglich. Unsere Schule steht unter Beobachtung des Ministeriums, weil ich darauf beharrt habe, dass Voldemort zurückgekehrt ist. Ich kann keinen Werwolf einstellen – man würde uns Auroren oder Beobachter auf den Hals hetzen und das ist das Letzte was wir brauchen. Und, bevor du fragst – Nein, ich werde dir den Job nicht geben, jetzt weniger als je zuvor – ich könnte mir vorstellen, dass Voldemort mehr als nur un-gehalten wäre, wenn einer seiner Todesser Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterrichtet.“

Ich knurre unwillig, nicke aber bitter – nee, das wäre dem Dunklem Lord sicher nicht recht.

„Der andere Grund ist, dass Remus sich um Sirius küm-mern will“, fährt der Alte fort. „Dem geht es nämlich nicht eben gut. Immer noch die Nachwirkungen seiner langen Haft in Askaban und er muss sich jetzt in seinem Elternhaus versteckt halten, da er ja noch immer ge-sucht wird – und das passt ihm so gar nicht.“

„Kann ich mir vorstellen“, murmle ich kaum hörbar.

Natürlich weis ich, dass Sirius sein Elternhaus ebenso gehasst hat, wie ich das meine. Wenn ich mir vorstelle, ich wäre im Rabennest und hätte keine Chance, die Hütte zu verlassen – na danke, da kann ich mir wesent-lich schönere Dinge vorstellen.

„Das Haus ist ziemlich verseucht“, fährt Albus fort. „Wir werden es reinigen müssen.“

„Verseucht?“ erwidere ich,

„Alle möglichen Dunklen Kreaturen, jede Menge Ungezie-fer und ich weis nicht, was an da so alles dunklen Arte-fakten in diesem Haus herumliegt – wenn man die Black Familie kennt, ist da so Einiges denkbar.“

„Brr!“ erwidere ich nur. „Sie erwarten doch nicht von mir, dass ich mich einer Putzkolonne anschließe?“

Er lacht leise.

„Nein, Severus, das erwarte ich sicher nicht – ich denke, dass du mit diesen Tränken genügend beschäftigt sein wirst.“

Ich nicke nur. Ja, damit werde ich wirklich genug zu tun haben. Ich habe bereits ein paar alte Rezepte her-ausgesucht, aber ich werde so Einiges daran verändern müssen und ich werde die so entstandenen Tränke an Versuchstieren testen müssen – viel Arbeit.

„Gut, mein Junge“, meint er der Alte in meine Gedanken hinein. „Das erste Treffen findet morgen Abend statt und ich erwarte dein Kommen.“

„Ich werde da sein – insofern mich kein Ruf ereilt“, gebe ich zurück und freue mich sicher nicht darauf, die bei-den Herumtreiber wieder zu sehen.

Ich habe vorletztes Schuljahr genug unter meinen Ge-fühlen gelitten – das brauche ich nicht nochmal – ganz abgesehen davon, dass ich es mir kaum leisten kann, aus der Ruhe gebracht zu werden oder irgendwelchen wirren Gedanken nachzuhängen. Ich brauche meinen ganzen Verstand, um einfach nur am Leben zu bleiben und meinen Aufgaben nachkommen zu können. Nun, vielleicht wenn ich meine sarkastischste Maske aufsetz-te und mich hinter Hohn und Zynismus verstecke, kann ich damit klar kommen, ohne dass ich weitere schlaflose Nächte davon bekomme.

Lupin dürfte meine Art ja inzwischen gewohnt sein,

aber ich denke, dass ich Black damit aus dem Konzept bringen kann – wenn er auf mich sauer ist, dann wird er nichts vermuten, was ich nicht will, dass er davon weis. Wenn ich ihn schwach anmache, wird er mit mir streiten und das soll mir nur Recht sein. Dürfte ein net-tes Ventil für mich werden, wenn ich sowas tun kann. Nun, wenn man es recht bedenkt, sind das wirklich net-te Aussichten.

Albus hat mich nur schweigend angeschaut und mich meine Gedanken wälzen lassen.

„Wirst du Ärger machen?“ will er wissen, als habe er jeden einzelnen davon verfolgt.

Ich zucke die Achseln.

„Vielleicht ein bisschen“, erwidere ich. „Nicht viel – aber ich werde mir nichts von den beiden gefallen lassen – nie wieder, Albus, nie wieder.“

„Es hat dir weh getan – vorletztes Jahr“, meint er, als kenne er die Antwort nur zu genau.

Wieder zucke ich die Achseln.

„Ja“, gebe ich knapp zurück. „Es hat mir mal wieder nur zu deutlich gezeigt, dass ich keinem – außer ihnen – ver-trauen darf. Ich bin zu unwichtig, als dass ich jemand anderem etwas bedeuten könnte. Lupin war so nett zu mir, so freundlich, kam immer wieder hier runter ... und ich begann zu glauben, dass er ein Freund sein könnte ... doch dann tauchte Black wieder auf und überzeugte ihn von seiner Unschuld – und ich war sofort uninteres-sant geworden.“

„Severus“, unterbricht mich der Alte. „Ich hab dir schon damals gesagt, dass man mehr als nur einen Freund haben kann.“

Ich winke ab.

„Das ist nicht mehr relevant. Ich kann es mir nicht leis-ten, Freunde zu haben – jetzt schon gar nicht mehr, da ich wieder in den Diensten des Dunklen Lords stehe – ich würde erpressbar werden und das kann keiner von uns riskieren.“

„Aber ich fürchte, du wirst gerade jetzt Freunde brau-chen“, wirft er ein.

Wieder winke ich ab.

„Ich komme schon alleine klar“, entgegne ich. „Bin ich ja schon immer, Sir.“

Er seufzt schwer.

„Wie auch immer“, erwidert er. „Ich werde immer für dich da sein, mein Junge, wenn du mich brauchst.“

„Danke“, meine ich einfach.

Aber in Wahrheit weis ich, dass ich sein Angebot nicht annehmen werde, weil ich es nicht darf, weil ich es nicht kann – auch wenn ich es vielleicht manchmal möchte – es ist keine Option. Ich könnte nicht mehr tun, was ich tun muss, wenn ich mich Albus anvertraue – er würde es mir verbieten – eben weil er mich mag.

„Nun gut“, fährt er fort. „Dann überlasse ich dich dei-nen Aufgaben – bis morgen Abend um acht dann.“

„Ja, Sir“, erwidere ich nur.

Er lächelt mich freundlich an und verlässt mein Büro. Nun gut, dann weiter mit meinen Tränken.

Das Veritaserum ist nicht besonders schwer und gehört zu meinen Standardtränken. Aber wie muss ein Gegen-mittel beschaffen sein? – und ich brauche dieses Zeug mehr als nur dringend, denn ich bin mir mehr als nur sicher, dass ich der Erste sein werde, der das Veritase-rum zu Schmecken bekommt.

Ich finde ein paar Hinweise in ein paar alten Büchern, aber das sind nur Ansätze und ich bin mir sicher, dass diese Testtränke bestenfalls wirkungslos und schlimms-ten Falls sogar giftig sind. Wie auch immer, dann eben meine eigene Version. Ich gehe nochmal das Rezept für das Serum durch und suche zu jeder Zutat einen Anta-gonisten - gewöhnlich gibt es den, doch leider sind eini-ge davon giftig. Weitere Möglichkeiten liegen dann in Ersatzstoffen, die aber hin und wieder noch giftiger sind. Nicht eben einfach, aber mehr als nur interessant.

Schon am selben Abend sehe ich mich in der Lage, einen Versuchstrank anzusetzen – Brauzeit zehn Tage. Nun ja, lässt sich nicht ändern. Nebenbei braue ich ein paar der einfacheren Gifte, die der Dunkle Lord von mir haben wollte – die, wo ich bereits über die Gegenmittel verfü-ge. Ich beabsichtige, ihm das Zeug bereits zu übergeben, wenn er mich das nächste Mal ruft. Ich muss Boden gut machen und ich bin mir sicher, dass er mir nicht traut – wahrscheinlich traut er keinem - aber ich bin für ihn eine besondere Gefahr, eben weil ich hier in Hogwarts bin – Dumbledore so nahe und der ist der einzigem den er je gefürchtet hat, auch wenn er ihn am liebsten als alten Narren betitelt.

Ich schätze er geht dieses Risiko nur ein, weil er sich Informationen von mir verspricht – wie ich sie ihm schon damals gebracht habe – falsche und mit dem Al-ten genau abgesprochene Informationen. Ja, ich werde sicher alle Pluspunkte brauchen, die ich beim Dunklen Lord nur sammeln kann. Es wird wieder mal eine schlaflose Nacht, aber das stört mich nicht. Ich bin mehr als nur schwer beschäftigt und so ticken die Stun-den nur so an mir vorbei – gut, dass ich auch nicht so-viel Schlaf brauche – na ja, wenigstens bin ich es ge-wohnt, nur wenig und schlecht zu schlafen.

Als die Gifte vor sich hin köcheln, beginne ich mir Auf-zeichnungen für das Linderungsmittel zu den Nachwir-kungen des Cruciatus zu machen – ein bisschen was vom alten Rezept fällt mir wieder ein, aber ich bin mir sicher, etwas wesentlich Stärkeres zu brauchen, so oft wie ich den Fluch inzwischen abbekommen habe (zwei mal bei nur zwei Treffen).

Ich kann es mir wirklich nicht leisten, tagelang hilflos zu zittern oder mich gar vor Schmerzen zu krümmen und zu winden. Der Torture-Ex hilft nur sehr begrenzt und er macht auf Dauer auch süchtig.

Ich gehe den Trank in allen Einzelheiten durch und su-che nach Ersatzstoffen – ich weis, welche Bestandteile die Sucht auslösen, aber es sind leider genau die, die am stärksten gegen den Schmerz wirken. Ich brauche ein Muskelrelaxahns, verbunden mit etwas, das die über-reizten Nervenbahnen wieder beruhigt, dann eine Zu-tat, die das Zittern besänftigt und eine, die die Schmer-zen stillt.

Kompliziert – aber mehr als nur interessant und eine echte Herausforderung. Ich mache mir zu jedem einzel-nen Punkt Notizen über Zutaten und Ersatzstoffe, mit Querverweisen zu Ingredienzien, die nicht harmonieren oder sich sogar aufheben. Ich brauche die ganze Nacht, um ein Rezept zusammen zu bekommen, das einigen Erfolg verspricht.

Doch bevor ich zu brauen beginne, rufe ich Dobby, da-mit er mir meinen Kaffee bringt. Ich bin so sehr be-schäftigt, dass ich die Müdigkeit kaum wahrnehme,

aber ich weis, dass ich einfach einschlafen werde, wenn ich jetzt kein Koffein bekomme.

Der Elf bringt mir das Gewünschte und hat ein komplet-tes Frühstück mit auf das Tablett gepackt. Verdammt – das kleine Wesen bemuttert mich und das kann ich nicht leiden. Aber bevor ich dazu einen bösen Kommen-tar abgeben kann, ist der Elf auch schon wieder ver-schwunden. Na ja, dann eben ein paar Hörnchen – er hat es sicher nicht böse gemeint. Sie sind noch ofen-warm und riechen sehr lecker, außerdem liefern sie mir die Energie, die ich jetzt dringend brauche.

Nachdem ich gefrühstückt habe, gehe ich wieder zu meinen Kesseln und sehe nach, wie weit die Gifte sind. Sie haben sich zu meiner Zufriedenheit entwickelt und ich kann ein paar davon bereits abfüllen. Dann die Kes-sel reinigen – sehr sorgfältig und genau – ich habe schon vor Jahren schlechte Erfahrungen mit unsaube-ren Kesseln gemacht und bin seitdem zum Sauberkeits-fanatiker geworden.

Ich hole mir die Zutaten, die ich für meinen Linderungs-trank zu nutzen gedenke. Zuschneiden, raspeln, zer-quetschen. Der Gedanke, dass ich Ratten brauchen wer-de, um ihn zu testen – dürfte nicht schwierig sein, wel-che zu fangen. Habe ich schließlich schon oft genug ge-tan, wenn ich geforscht habe.

Ich hoffe nur, dass es nicht allzu lange dauern wird, diesen Trank herzustellen, denn ich bin mir ziemlich sicher, mir auch beim nächsten Todessertreffen wieder einen freundlichen kleinen Cruciatus einfangen werde. Allerdings habe ich nur wenig Hoffung, ein Mittel zu finden, das spätere Nervenschädigungen abfangen kann – wäre ja zu schön, um wahr zu sein.

Der ganze Tag vergeht in derselben Betriebsamkeit und ich bekomme so einige Tränke fertig. Gegen halb acht erinnere ich mich daran, dass mich Albus im Haupt-quartier erwartet. Eine schnelle Dusche – Albus muss nicht wissen, dass ich nicht geschlafen habe und tod-müde bin – frische Kleidung und ich bin bereit zu gehen.

Er hat Recht, dass es keine gute Idee wäre, durchs Feuer zu gehen. Also benutzte ich meinen Geheimgang nach Hogsmeade und appariere von dort aus nach London.
 

Grimmauld Platz 12 – Ein verkommenes Stadthaus, das sich aus dem Nichts schält, als ich näher herangehe, schmutzig-grau und mit abblätternder Farbe bedeckt. Blinde Fensterscheiben und eine Aura, die es nicht eben angenehm macht, es zu betreten. Wenn ich ehrlich bin, kann ich Sirius verstehen, dass er nicht gerne hier ist – da sind ja meine Verliese direkt noch wohnlich dagegen. Ich benutze den Türklopfer, der wie eine Schlage ge-formt ist und Lupin öffnet mir.

„Ah hallo, Severus“, begrüßt er mich mit dieser Freund-lichkeit, die ich bei ihm noch nie richtig einordnen konnte.

Ich knurre nur. Viel mehr ist auch nicht möglich, denn irgendwer hat begonnen zu kreischen, als würde er ge-foltert oder ermordet werden. Lupin wirft mir einen schiefen Blick zu und seufzt schwer, dann winkt er mich nach drinnen, denn Worte wären wohl kaum zu verste-hen gewesen.

In der Einganghalle bemerke ich Black, der damit be-schäftigt ist, einen alten Vorhang über ein lebensgroßes Porträt einer schwarzhaarigen Frau zu werfen, die mich irgendwie an Bellatrix Lestrange erinnert – kein Wun-der – sie ist Sirius Cousine und so denke ich, dass es sich bei diesem Bild um seine Mutter handeln muss – Beson-ders, weil sie etwas von ‚Schande meines Fleisches’ kreischt, bevor Sirius sie endgültig abdecken und damit zum Schweigen bringen kann.

Lupin winkt mich wortlos zu einer Treppe, die in die Küche hinunter führt und dort wird mir klar, was Albus mit ‚putzen’ gemeint hat. Das hier ist ein Paradies für jegliches Ungeziefer und Menschen können hier sicher nur in äußerst beschränkten Umfang leben, wenn sie sich nicht alles und sonstwas einfangen wollen.

„Setz dich, Severus“, meint Lupin immer noch freund-lich. „Magst du Tee oder was? Die anderen werden auch bald da sein.“

Ich knurre nur und schüttle den Kopf.

„Mein Gott, Mann, bist du immer noch sauer?“ will er wissen, aber er bekommt wieder keine Antwort.

„Grundgütiger, Severus, wir müssen einfach zusammen-arbeiten oder Voldemort wird gewinnen.“

Wieder knurre ich nur.

„Vielleicht will er das ja“, kommt es von Black, der gera-de die Küche betritt. „Snivellus stand ja schon immer auf schwarze Magie und er hat ja schon mal für Voldy gearbeitet.“

Ich werfe ihm einen glühenden Dolchblick zu.

„Aber jetzt tue ich das nicht mehr, Black. Nicht, dass ich mich vor dir rechtfertigen müsste. Dumbledore vertraut mir und das wird dir und allen anderen genügen müs-sen.“

Auch er knurrt und murmelt etwas von einem ‚schleimi-gen Pilz, der nicht so schnell seine Sporen verliert’, was ihm einen finsteren Blick mit steiler Stirnfalte von Lupin einbringt, doch er sagt nichts dazu.

„Beleidigen konntest du ja schon immer gut, nicht wahr, Black?“ knurre ich. „Aber du musst ja auch nicht deinen Arsch riskieren – du kannst ja warm und sicher in dei-nem Elternhaus sitzen und hier Hausputz betreiben – wirklich dringend nötig und dafür braucht man sicher auch eine ganze Menge Mut – stimmt´s?“

Nun, wenn er auf mich losgeht, dann bekommt er es eben mit gleicher Münze von mir zurück. Lupin seufzt angenervt und schüttelt den Kopf.

„Sirius ... lass das...“ murmelt er.

Ich kann es hören, aber Black hat bereits auf Durchzug gestellt und schaut mich mit einem mörderischen Blick an. Nein, es hat sich nicht das Geringste geändert – wir machen beide genau dort weiter, wo wir vor zwanzig Jahren aufgehört haben.

„So was von kindisch“, brummt Lupin, aber bevor das Ganze ausufern kann, sind bereits weitere Personen im Anmarsch.

Er muss sie reinlassen und Black muss sich wieder um das kreischende Bild kümmern. Ich habe mir einen Platz in einer dunklen Ecke gesucht und beobachte, wer hier so ankommt. Es wundert mich nicht, dass auch Minerva dabei ist. Immerhin ist sie Albus rechte Hand und je-mand muss sich auch um die Schule kümmern, wenn der Alte so viele andere Dinge im Kopf hat – auch wenn jetzt Ferien sind, gibt es immer noch eine Menge zu tun. Mad-Eye hinkt herein und ich erschaudere – nein, das ist nicht der Mann, der mir das letzte Jahr zur Hölle gemacht hat – er sieht nur genauso aus und das reicht mir, um innerlich zusammen zu zucken.

Verdammt, Severus, was bist du doch schreckhaft geworden!

Arthur und Molly Weasley, samt Sohn Bill kommen an und die sind mir wesentlich angenehmer als die restli-chen Anwesenden. Denn kurz nach ihnen taucht auch noch Mundungus Fletcher auf und stinkt wie ein ganzes Fass Whiskey – Grundgütiger – was will Albus blos mit einem solchen Subjekt?

Noch ein paar Leute erscheinen und die meisten kenne ich nur dem Namen nach und weis nicht, was es mit ihnen so genau auf sich hat. Ich war das erste Mal nicht im Phönixorden, auch wenn ich für den Alten spi-oniert habe, daher kannte ich so gut wie keine Mitglie-der und war auch nie bei einer Versammlung dabei. Ich denke, Albus hielt es für zu gefährlich, bekannt zu ma-chen, dass ich sein Spion bin – immerhin wusste er, dass damals ein Maulwurf im Orden war, auch wenn er nicht wusste wer.

Wie auch immer – als Letzter taucht der Alte auf und eröffnet die Versammlung. Er lässt uns einen äußerst bindenden Eid sprechen (bei Merlin und im Namen un-serer Vorfahren) und lässt sich dann Informationen ge-ben. Black hat sich mir gegenüber niedergelassen und funkelt mich an – ich funkle zurück und lasse ihm unter meinem Atem ein paar freundliche Beleidigungen zu-kommen. Nee, Mann, ich werde sicher nicht ausrasten und mich hier zum Affen machen, aber schauen wir mal, wie lange du dich beherrschen kannst – du Aska-banflüchtling.

Der Alte erklärt inzwischen, wer von uns aus welchen Gründen hier ist. Sirius, weil er unschuldig ist und die Möglichkeit sucht, sich zu rehabilitieren. Lupin, weil er schon immer gegen die dunklen Mächte gekämpft hat, gerade weil er ein Werwolf ist. Ich, weil ich einst den falschen Weg eingeschlagen hatte und nun als Spion für die Seite des Lichts arbeite (er spricht nicht über die Sa-che mit dem ‚wieder gut machen’ aber es ist deutlich zwischen den Zeilen zu hören, wenn man weis, worauf zu achten ist). Mundungus als Verbindungsmann zur Halbwelt und den Ganoven (na gut, wenn das so ist, kann ich seinen Gestank ertragen – in diesen Kreisen erfährt man so Einiges). Molly und Arthur, weil es ihnen um ihre Kinder geht und weil sie denken, dass Dumble-dore Recht hat. Und ein paar andere, weil sie schon das erste Mal dabei waren.

Arthur meint, er habe mit ein paar Auroren und ver-trauenswürdigen Ministeriellen gesprochen und ein paar davon seien bereit, Albus zu glauben und nicht der Version der Ereignisse, die das Ministerium verbreiten lässt (er spricht in diesem Zusammenhang sogar von Zensur und diffamierender Stimmungsmache). Er werde die Leute das nächste Mal mitbringen.

Molly und ihr Sohn nicken nur zu seinen Worten und einen Augenblick lang, habe ich den Eindruck, dass bes-ser keiner auf die dumme Idee kommen sollte, sich mit Molly anzulegen – die Frau ist gefährlich, wenn es um ihre Brut geht – die reinste Harpyie.

Ich gebe in gesetzten Worten, meine Informationen wei-ter, ohne von Folter oder den Giften zu sprechen – Albus weis Bescheid und die anderen müssen das nicht wissen – besser so. Nicht jeder würde verstehen, warum ich derartige Dinge tun muss, warum ich diesem Teufel die-nen muss, um unsere Welt zu schützen. Spion zu sein bedeutet auch, alles zu tun, um unerkannt zu bleiben – und sei es zu foltern und zu morden (wobei ich mir alles andere als sicher bin, dass ich dazu in der Lage wäre). Sie würden mir misstrauen und mich verachten, wenn sie wüssten, was bei diesen Treffen wirklich geschieht ... kann ich mir nicht leisten – schließlich muss ich weiter-hin der finstere, schlechtgelaunte, aber im Grunde ge-nommen harmlose Lehrer bleiben, der die Kinder unter-richtet.

Es fällt mir ziemlich schwer, so ungerührt blose Tatsa-chen zu berichten und es kommt mir sauer hoch, immer noch Blacks finsteren Blicken ausgesetzt zu sein. Ich bin kaum zu Ende, als mein Mal zu brennen beginnt. Ich suche Dumbledores Blick, deute auf meinen linken Un-terarm und murmle: „Ich muss los!“

Er nickt nur. Wenige Sekunden später bin ich vor dem Haus und appariere nach Hogsmeade. Ich brauche mei-ne Todesserkluft und die Gifte. Es dauert viel länger, als es mir lieb sein kann und als ich zum Treffpunkt appa-riere, sind die anderen bereits versammelt – natürlich ist auch Voldemort da und ich weis, was mir blüht und dass mich noch nicht mal die vorsorglich mitgebrachten Gifte davor retten können.


 

Cruciatus und andere Nettigkeiten

E

s ist wirklich verdammtes Pech, das auch der Dunkle Lord bereits am Treffpunkt ist (manchmal lässt er sich ein wenig Zeit, um den Erwartungsdruck bei seinen Gefolgsleuten zu steigern und darauf hatte ich auch heute gehofft).

„Und wieder kommst du spät, Giftmischer“, zischt er mich an. „Ich dachte, du hast es verstanden...“

„Mein Lord“, versuche ich mich zu verteidigen. „Es ging leider nicht schneller. Ich muss erst die Apparati-onsgrenze des Schlosses verlassen und...“

„Dann musst du eben schneller laufen, Giftmischer“, faucht er. „Vielleicht sollte ich dir ein wenig Ansporn dafür geben – Crucio!“

Na dann, auf ein Neues. Der Fluch trifft mich und ich beginne mich unter grässlichen Schmerzen am Boden zu wälzen, beiße mir die Lippen blutig, damit kein Laut über sie dringt. Ich höre das erregte Keuchen der ande-ren Todesser – sie lieben es einfach, wenn sie einer klei-nen Folterung zusehen können.

„Also, Giftmischer“, zischt er und hebt nach einer schie-ren Ewigkeit den Fluch endlich wieder auf. „Was hast du zu berichten?“

„Mein Lord“, keuche ich und versuche genügend Spei-chel in meinem Mund zu sammeln, damit ich deutlich sprechen kann.

Dann verbeuge ich mich zur Sicherheit tief vor ihm.

„Rede“, faucht er mich an.

„Der alte Narr versucht Leute zu sammeln, aber er hat keinen großen Erfolg damit. Keiner glaubt ihm, denn die Berichte in den Medien widersprechen seiner Version der Ereignisse...“

„Er ist also erfolglos mit seiner kleinen Revolte gegen das Ministerium“, zischt er kalt. „Nun, was nicht ist, kann ja noch werden. Was noch Giftmischer?“

„Das hier, mein Lord“, keuche ich und ziehe den Beutel mit den vorbereiteten Giften heraus. „Ein paar sind be-reits fertig.“

„So, so, mein lieber Giftmischer – wie eifrig du doch dei-nem Herrn und Meister dienst.“

War es ein Fehler die Gifte so schnell bereit zu haben? Verdammt, früher wäre es ihm Recht gewesen, aber er hat sich verändert und ich kann ihn nicht mehr so recht einschätzen.

„My Lord“, murmle ich und verbeuge mich erneut. „Mei-ne größte Freude ist es, euch zu dienen.“

War das zu schleimig? Wird er mir das abnehmen? Sei-ne todbleichen Spinnenfinger fahren in den Beutel und die Phiolen klirren leise und irgendwie bösartig.

„Das sind nur einfache Gifte“, zischt er, nachdem er den Inhalt überprüft hat. „Was ist mit den anderen Sachen, die ich haben wollte?“

Na der hat vielleicht Humor – ich bin zwar ein Zaube-rer, aber trotzdem an die Zeit gebunden – solche Tränke dauern eben so lange, wie sie dauern.

„Die sind am Brauen, My Lord“, erwidere ich leise. „Doch sie benötigen noch eine gewisse Zeit, um zu eurer Zu-friedenheit zu wirken.“

„Was ist mit dem Veritaserum?“ drängt er mich.

„Noch neunzehn Tage, My Lord“, gebe ich zurück. „Ich habe sowas nicht auf Vorrat – es ist verboten.“

So eine Lüge, aber ich kann ihm wohl kaum sagen, dass ich meinen Vorrat für seinen eingeschleusten Todesser verwendet habe. Gleichzeitig habe ich meinen Geist ver-schlossen, da er gewöhnlich erkennen kann, wenn je-mand lügt und das ist das Letzte, was ich jetzt brauche.

„Nun gut“, murrt er. „Aber vielleicht brauchst du einen weiteren kleinen Ansporn, Giftmischer?“

‚Ach komm schon, du Monster’, denke ich mit bitterem Gal-genhumor. ‚Ein Cruciatus pro Tag reicht doch, oder’?

„Verprügelt ihn, aber brecht ihm keine Knochen!“ ruft der Dunkle Lord seinen anderen Anhängern zu.

Die lassen sich das nicht zweimal sagen und gehen auf mich los. Der Cruciatus, der noch immer in meinen Kno-chen steckt, verhindert, dass ich mich gegen sie wehren kann, ja, dass ich mich auch nur ein wenig aufrichten kann. Heftige Tritte treffen mich im Rücken, in den Bauch und in die Seiten. Jemand packt mich am Kragen und eine Faust kracht in mein Gesicht, bringt meine Nase und meinen Mund zum Bluten – meine Lippen tun das ohnehin schon seit einiger Zeit. Meine Nieren be-ginnen einen Irischen Reel zu pfeifen und mein Magen ist dankbar, leer zu sein.

Ich weis nicht, wie lange sie mich zusammenschlagen, aber irgendwann ertönt die Stimme des Dunklen Lord und er ruft: „Genug!“

Sie lassen mich wie einen Sack Abfall liegen und ich kann mich nicht mehr bewegen, ohne vor Schmerzen zu stöhnen, doch diese Genugtuung will ich ihnen nicht geben. Als wäre ich wirklich nicht mehr als ein Haufen Müll, spricht Voldemort ungerührt weiter und ich ver-suche aufzunehmen, was er sagt. Etwas über eine Pro-phezeiung, die er unbedingt haben will, sie sei die einzi-ge Waffe gegen den verdammten Jungen – er könne nicht weiter machen, solange Potter noch lebt, dann die Angebote seiner Getreuen, diesen doch ins Jenseits zu befördern.

Doch er lehnt ab – zum einen wolle er es mit eigener Hand tun und zum anderen müsse er erst den ganzen Inhalt dieser Prophezeiung kennen, denn sie sei es wohl gewesen, die ihn immer wieder daran gehindert habe, den Jungen zu töten. Und der Bengel sei sicher dieses Kind aus der Prophezeiung, das die Macht habe den Dunklen Lord zu überwinden.

Prophezeiung? - Ist sie der Grund, warum Albus den Jun-gen so sehr schützt und ihm alles durchgehen lässt? Könnte gut sein. Ist das der Grund, warum ich ihren Inhalt nicht kenne – dass der Alte mit Voldemorts Rück-kehr gerechnet hat? Dass er wusste, dass ich wieder für ihn beim Dunklen Lord spionieren würde und es so bes-ser für uns alle ist, wenn ich nichts, aber auch gar nichts davon weis?

Der Alte ist ein brillanter Stratege und weis, wie man plant und Dinge einschätzt – also sind das wahrschein-lich genau seine Gründe – nun, ich werde ihn sicher nicht danach fragen, denn es ist wirklich besser, nichts zu wissen.

Voldemort spricht weiter, weist Aufgaben zu, gibt An-weisungen – ‚nur nicht auffallen’ ist die Devise, solange Potter noch lebt. Gut, dann ist der Bengel wenigstens halbwegs in Sicherheit und etwas in mir atmet erleich-tert auf.

Ich weis nicht, wie lange der Dunkle Lord noch redet, denn mich durchtoben irrsinnige Schmerzen und ich versuche, sie mit aller Gewalt zu unterdrücken – ich kann es mir wirklich nicht leisten, Schwäche zu zeigen und so verkneife ich mir jeden Laut. Ich bewege mich nicht und verschmelze regelrecht mit der Dunkelheit – konnte ich schon immer recht gut und die schwarze Todesserkluft erleichtert das nur noch – ist ja auch ihr Sinn und Zweck – und auch einer der Gründe, warum ich mich so gerne in Schwarz kleide.

Viel erfahre ich allerdings nicht mehr, es ist nur das übliche pathetische Gewäsch über Reinblütigkeit und Unsterblichkeit, über Macht, Ruhm und Ehre. Ich kenne es auswendig und fand es schon vor zwanzig Jahren einfach nur jämmerlich. Doch auch von diesen Gedan-ken lasse ich mir nichts anmerken und hoffe nur, dass er bald genug gequasselt hat.

Doch es dauert noch bis weit nach Mitternacht, bis dem so ist. Dann endlich hebt er die Versammlung auf und sie apparieren. Dem Himmel sei Dank – viel länger hätte ich nicht mehr durchgehalten. Ich will ebenfalls appa-rieren, doch da sucht sich mal wieder dieser verdammte Fluch seinen Weg durch meinen Körper und bringt mich dazu, hilflos um mich zu schlagen und mich schmerz-verkrümmt und stöhnend über den Boden zu wälzen.

Nein, die Todesser haben mir keine Knochen gebrochen, aber ich bin am ganzen Leib grün und blau und kann jetzt die dadurch verursachte Pein so richtig schön ge-nießen – Verdammt!

Es dauert eine halbe Ewigkeit, bis die Krämpfe nachlas-sen und eine ganze, bis ich genug Kraft gesammelt ha-be, um nach Hause zu kommen.


 

Erneute Heilversuche

I

ch schaffe es nicht, auf meinen eigenen Beinen durch den Tunnel zu kommen und überlege bereits, ob ich nicht hier irgendwo meinen Besen lagern sollte, aber das ist wohl keine so gute Idee, denn ich bin ein schlechter Flieger und wenn ich es so zerschlagen versu-chen würde, würde dabei sicher was Schönes rauskom-men.

Wie auch immer – ich schleppe mich gebückt durch den Erdgang, stütze mich an den feuchten Wänden ab und brauche für den guten Kilometer fast eine Stunde. Hin und wieder breche ich auch zusammen und muss mich verschnaufen. Mein rechter Arm fühlt sich wie gelähmt an und meine linke Schulter scheint ausgekugelt zu sein, denn auch dieser Arm gehorcht mir kaum. Mein Magen windet sich in üblen Krämpfen und ich würde sicher kotzen, wenn ich was drinnen hätte – ist aber nicht der Fall. Meine Nieren brennen wie reine Säure und ich bin mir sicher, dass ich Blut pissen werde, sollte ich je wieder dazu in der Lage sein.

Endlich erreiche ich mein Schlafzimmer und kann auf mein Bett krabbeln – die Klamotten los zu werden ist jenseits von allem, also werfe ich mich einfach auf die Matratze ... und dann weis ich von nichts mehr – wahr-scheinlich bin ich doch endlich ohnmächtig geworden.

Als ich wieder zu mir komme, liege ich am Bauch und kann mich kaum bewegen. Mein ganzer Körper brüllt vor Schmerzen und das ist es auch, was mich geweckt hat – das und ein brennender Durst und das dringende Bedürfnis meine Blase zu entleeren. Irgendwie schaffe ich es, mich aus dem Bett zu wälzen, aber der Weg ins Bad ist jenseits von allem.

Ich falle auf meinen ausgekugelten Arm, keuche vor Schmerz auf, etwas in mir lässt einfach aus und ich pis-se mich voll wie ein kleines Baby. Peinlich? Kann schon sein, aber das soll jetzt mein kleinstes Problem sein, es brennt und pocht auf jeden Fall schrecklich. Für Pein-lichkeiten bleibt mir da echt keine Zeit. Meine Finger zupfen kraftlos an meinem Umhang und ich kann ihn ablegen. Ich winde mich über den Boden auf das Regal zu, wo ich meine Tränke gelagert habe – tief genug, um auch dann dran zu kommen, wenn es mir so dreckig geht wie jetzt. Bei weitem noch nicht alles fertig, was ich in Zukunft brauchen werde – dann muss es eben wieder das Torture-Ex tun und eine Portion Murtlap Essenz – vorzugsweise in einem heißen Bad – wenn ich es irgendwie dorthin schaffe, wenn ich irgendwie aus meinen Klamotten raus komme.

Das Torture-Ex tut seine Pflicht und ich kann mich wie-der ein wenig besser bewegen. Als erstes die Kleidung ablegen - mein ausgekugelter Arm protestiert lautstark - Was kann ich dagegen tun? Ich kann schließlich kei-nen um Hilfe bitten.

Irgendwie schaffe ich es, mich am Türsturz festzuklam-mern und mit einem schnellen Ruck das Gelenk wieder in die Pfanne zu zwingen – erlesene Schmerzen und ich jaule auf. War nicht zu verhindern, aber es fühlt sich an, als sei es wieder ziemlich OK.

Nun, dann ins Bad – meine ächzenden Muskeln verlan-gen das ziemlich lautstark. Ich hinke gebeugt hinüber. Die Murtlap Essenz halte ich beinahe verkrampft in der Hand. Mein Blick fällt in den Spiegel und ich erschaude-re. Um meine Augen haben sich schwarze Blutergüsse gebildet, die an einen Pandabären gemahnen und das eingetrocknete Blut um meinen Mund erinnert an einen grotesken Clown. Echt pervers, wie ich aussehe. Mein Haar steht in alle Richtungen ab und ist steif von Erde und Blut.

Leg dich in die Wanne, Severus, das wird dann schon wieder.

Ich handle danach. Es fällt mir schwer, hinein zu stei-gen, denn auch meine Beinmuskeln haben ziemlich un-liebsame Bekanntschaft mir harten Stiefeln gemacht. Ich leere die ganze Phiole mit der Murtlap Essenz in das heiße Wasser. Das heißt, ich werde auch davon wieder was machen müssen, aber egal – ich brauche ohnehin noch eine ganze Menge Tränke. Auf einen mehr oder weniger kommt es jetzt echt nicht mehr an.

Das Wasser entspannt mich ein bisschen und ich begin-ne wieder die Müdigkeit zu spüren, die in den Stunden zuvor vom Adrenalin vertrieben worden war. Mein kur-ze Bewusstlosigkeit hat nur wenig daran geändert. Meine Hand tastet träge nach einem Schwamm und ich beginne mir Blut, Schweiß und Dreck vom Körper und aus den Haaren zu waschen.

Verdammt – wird das jetzt jedes Mal so enden?

Immerhin bin ich nicht der Einzige, der sowas abbe-kommt – aber ich denke, ich bekomme das Meiste ab. Ja, es sieht wirklich so aus, als wolle der Dunkle Lord seinen Frust an seinen Anhängern ablassen, weil er es noch nicht wagen kann, in die Öffentlichkeit zu treten und so andere Opfer zu finden. Braucht er das so drin-gend, dass andere durch ihn leiden? Gibt ihm das seine Macht? Oder wenigstens den Anschein davon, Macht zu haben?

Ach Shit, wenn ich Recht habe, dann ist der Dunkle Lord nicht furchtbar mächtig, sondern nur furchtbar jämmerlich und pervers.

Was denkst du da Severus, der Dunkle Lord jämmerlich? Er ist der mächtigste Schwarze Magier unserer Zeit!

Macht? Was ist das für eine Art von Macht, die man nur erhält, wenn man andere unterdrückt und schin-det? – Eine jämmerliche Macht, die sich aus dem Leid anderer Menschen speist.

Muss ich ihn denn dann wirklich fürchten?

Nun, vielleicht nicht so, wie ich es bisher getan habe. Seine Grausamkeit, seine Selbstherrlichkeit, seinen Wahnsinn – das ja, denn die sind gefährlich - lebensge-fährlich. Aber das, was früher seine Macht war?

Hatte er wirklich so große Macht, wie alle denken, oder war es nur seine Skrupellosigkeit, die ihn zu dem mach-te, was er war?

Nun, das sind wohl eher Fragen für einen anderen Tag. Ich werde auf jeden Fall sehr vorsichtig sein müssen und sehr klug und bedacht handeln müssen, damit ich tun kann, was ich tun muss. Ein wohldosierte Mischung aus Gehorsam, Demut und eigenen Ideen – das ist es, was ich brauchen werde, um vor ihm zu bestehen – und Glück, damit ich nicht erwischt werde.

Shit, Severus, seit wann glaubst du an Glück?

Tue ich auch nicht, aber Albus tut es und der weis es gewöhnlich besser.

Mein Gedanken kreisen, verwirren sich, meine Müdig-keit überwältigt mich und ich schlafe ein.

Als ich wieder wach werde, ist das Wasser eiskalt und es dämmert bereits. Allerdings sind die meisten Schmerzen verschwunden und ich komme ohne größere Probleme aus der Wanne. Ich friere und halte es für eine gute

Idee, mich heiß abzubrausen, bevor ich den Tag begin-ne. Der heiße Strahl massiert meine verhärteten Mus-keln und lockert sie ein wenig. Mein Körper ist von oben bis unten grün, violett und schwarz, aber ich kann kei-ne größeren Schwellungen spüren, als ich die Blutergüs-se vorsichtig abtaste – die Murtlap Essenz hat gewirkt und das Schlimmste verhindert.

Nun, die spielen ohnehin keine Rolle, denn meine weite Kleidung verbirgt sie. Allerdings sollte ich sehen, was ich mit meinem Gesicht machen kann, denn das würde sicher Fragen herausfordern, die ich weder beantworten kann noch will.

Ein Blick in den Spiegel zeigt mir, dass meine Lippen bereits wieder weitgehend verheilt sind und nur noch ein wenig Heilsalbe brauchen könnten. Meine Nase blu-tet auch nicht mehr und sie war glücklicher Weise auch nicht gebrochen. Sie ist nur ein bisschen dicker als üb-lich, aber das fällt kaum auf und so genau schaut mich ohnehin keiner an – immerhin bin ich alles andere als sehenswert.

Die beiden Veilchen um meine Augen bereiten da ein wenig mehr Probleme – wenn ich ein Muggel wäre, würde ich das mit einer dunklen Sonnenbrille lösen, aber ich bin ein Zauberer und eine solche Brille würde dann zu noch mehr Fragen führen als diese Veilchen allein. Nun vielleicht, wenn ich eine Art Make-up an-rühre und es drüber pinsle? Gewöhnlich halte ich nichts von sowas – nicht bei den Mädels und noch weniger bei einem Mann, aber außergewöhnliche Ereignisse erfor-dern außergewöhnliche Maßnahmen – und ich sollte wirklich was tun, denn ich muss unbedingt noch heute Albus Bericht erstatten.

Wie auch immer, das hat noch ein paar Stunden Zeit und ich werde sehen, was ich bis dahin tun kann. Als erstes wären allerdings saubere Kleidung, noch ein paar opportune Heiltränke und ein wie auch immer geartetes Frühstück angesagt. Ich habe seit gestern Vormittag mal wieder nichts mehr gegessen und es ist höchste Zeit etwas daran zu ändern, wenn ich nicht früher oder spä-ter einfach zusammenklappen will – Nicht mal ich komme vollkommen ohne Nahrung aus. Dobby er-scheint mit einer Auswahl meiner Lieblingsspeisen, als ich ihn rufe und enthält sich jeglichen Kommentars, als er mich zu Gesicht bekommt. Kaum hat er alles abgelie-fert, ist er auch schon wieder verschwunden. Verflixt, dieser Elf ist beinahe so gut wie Pixi.

Nachdenklich mache ich mich über das Essen her und mein Magen ist mir sehr dankbar für diese ungewöhnli-che Rücksichtnahme.

Wie auch immer, der Tag hat eben erst begonnen und es wartet noch mehr als genug Arbeit auf mich. Vielleicht sollte ich wirklich als erstes was gegen mein malträtier-tes Gesicht tun und dann den Alten aufsuchen.


 

Berichte

I

ch kümmere mich um meine zerschlagene Visage – wirklich, bei sowas habe ich so gar keine Übung,

aber es geht schon - und mache mich auf den Weg zu Albus – Ich muss dann doch recht gute Arbeit geleistet haben, denn ihm fällt nichts auf.

„Mein Junge“, begrüßt er mich. „Was bringst du für Neuigkeiten?“

„Der Dunkle Lord ist hinter etwas her, das er als Pro-phezeiung bezeichnet, die irgendwie mit dem Potter Bengel zu tun hat. Ich vermute, es ist diese Sache, über die sie nie mit mir reden wollten und jetzt verstehe ich den Grund dafür. Was ich nicht weis, kann ich auch nicht ausplaudern.“

Er seufzt leise und wirft mir ein schiefes, entschuldigen-des Lächeln zu.

„Ich bin froh, dass du es verstehst, Severus – und – ja, das ist es worüber ich nicht sprechen wollte. Es hat wirklich mit Harry und Voldemort zu tun, aber keiner von beiden darf im Augenblick etwas davon erfahren. Der Junge nicht – er würde durchdrehen, denn es ist einfach zu hart für einen Menschen in seinem Alter. Und der Dunkle Lord nicht, denn es würde ihn in sei-nem Wahn nur bestätigen – Mehr kann ich dir im Au-genblick nicht dazu sagen.“

Ich winke ab.

„Schon verstanden, Sir und es ist OK.“

„Gut“, fährt er fort. „Ich werde die Leute des Ordens darauf ansetzten, diese Sache zu schützen. Sie wäre eine unsagbar gefährliche Waffe in Voldemorts Hand – Was hast du noch in Erfahrung gebracht?“

„Er und seine Todesser werden sich ziemlich bedeckt halten, solange das Problem Harry nicht im Sinne des Dunklen Lords gelöst wurde. Er hat weitere Angriffe auf den Jungen verboten, denn er will ihn höchstpersönlich erledigen und er ist der Meinung, das erst erfolgreich tun zu können, wenn er den Inhalt der Prophezeiung kennt. Das heißt, der Junge ist wohl im Augenblick in Sicherheit, wobei ich natürlich nicht sagen könnte, wie geduldig der Dunkle Lord sein wird. Er hat sich sehr verändert. Er war früher schon skrupellos und mordlüs-tern, aber jetzt hat er eine geradezu wahnsinnige Ader bekommen. Er ist unberechenbar und traut niemand mehr – nicht, dass er früher recht vertrauensselig gewe-sen wäre.

Ich fürchte, ich werde einer der Ersten sein, der mein Veritaserum zu kosten bekommt – gefolgt von den ande-ren Todessern, wenn ich ihn richtig einschätze. Er ist mehr als nur stinksauer, dass ihn keiner gesucht hat, dass keiner seine Wiedergeburt vorbereitet hat und es passt ihm sicher auch nicht, dass sich die meisten seiner Todesser hinter ‚das war ich nicht, das war der Imperi-us’ oder ‚ich doch nicht – mein Ruf ist makellos’ ver-steckt haben.

Dass sie frei waren und er sich machtlos irgendwo am A... der Welt verstecken musste. Ja, er ist wütend und er lässt seine Wut an seinen Anhängern aus...“

Ich stoppe im mitten Satz, beinahe hätte ich zu viel ge-sagt und ich bemühe mich, nicht zu schwer und auffäl-lig zu schlucken.

„Er foltert euch“, wirft der Alte ein. „Harry hat sowas erzählt.“

Ich nicke.

„Nicht so wild – damit komme ich schon klar – und er braucht mich für die unterschiedlichsten Zaubertränke – also habe ich einen gewissen Wert für ihn und das schützt mich einstweilen.“

Keine echte Lüge, aber auch alles andere als die Wahr-heit – nur insoweit, dass ich wohl nicht so schnell um-gebracht werden werde – darauf hoffe ich wenigstens.

„Gut“, erwidert der Alte und scheint meine Ausflüchte als Wahrheit zu akzeptieren. „Wie weit bist du mit den Gegenmitteln?“

„Der Dunkle Lord hat bereits ein paar gewöhnliche Gifte von mir erhalten – ich hielt es für eine gute Idee, ein paar Pluspunkte bei ihm zu sammeln.

Natürlich nur Gifte, für die ich bereits Gegenmittel ha-be. Das Veritaserum dauert ohnehin noch drei Wochen und ich erwarte bis dahin ein Gegenmittel – oder besser gesagt etwas zur Vorbeugung zu haben. Ich vertraue auf meine Occlumentik, aber das hilft mir gar nichts, wenn er das Serum bei mir einsetzt. Ich werde ihm auf jeden Fall nichts in die Hand geben, gegen das ich nichts in der Hinterhand habe.

Allerdings drängt die Zeit und ich muss mich ranhalten. Ich habe keine Ahnung, wie oft er mich zu rufen ge-denkt, doch da er hauptsächlich Tränke und Informati-onen von mir will, hoffe ich, dass es nicht zu oft sein wird.“

„Du warst früher nie bei diesen anderen Aktionen dabei, oder?“ will Albus wissen.

Ich schüttle unbestimmt den Kopf.

„Dabei schon, Sir“, erwidere ich und es fällt mir schwer darüber zu reden. „Aber nie der ausführende Part – das waren immer die anderen Todesser – wobei ich mir heu-te noch Vorwürfe mache, einfach daneben gestanden zu sein und nur zugesehen zu haben.

Ich hätte mich einmischen müssen – diese Menschen retten müssen...“

„Das ist lange her, mein Junge“, gibt er zurück. „Du konntest nichts tun, es hätte dich sicher das Leben ge-kostet.“

„Was ist denn mein Leben schon wert? Doch sicher nicht mehr, als das dieser anderen Zauberer und Muggel,

oder?“

Er brummt unbestimmt.

„Da sprichst du ein komplexes Thema an“, meint er. „Man kann nicht Leben gegeneinander aufwiegen – je-des einzelne hat seinen speziellen Wert und ist einzigar-tig und unwiederbringlich.“

„Richtig“, gebe ich leise zurück. „Wo habe ich dann das Recht, mein Leben auf Kosten der Leben anderer zu schützen? Das ist nicht richtig – ich muss versuchen, diese Menschen zu retten – egal, was es mich kostet...“

„Und die Informationen, die du mir lieferst, retten viele Leben und haben es auch damals schon getan“, erwidert er und versucht mich zu besänftigen.

Ich bin ziemlich wütend auf mich selbst und hasse mich für meine damalige Passivität.

„Hat er bereits wieder Leute ermorden lassen?“ fragt Dumbledore weiter.

„So weit ich weis noch nicht – Jedenfalls nicht mehr seit seiner Wiedergeburt – Cedric war bisher der Letzte“, gebe ich zurück. „Ich denke, er will sich noch bedeckt halten, wo doch das Ministerium so freundlich ist, seine Rückkehr zu ignorieren – Er wäre dumm, etwas anderes zu tun – und er ist nicht dumm, auch wenn er vollkom-men wahnsinnig ist.“

Der Alte brummt zustimmend und nickt.

„Was hast du ihm erzählt?“

„Dass sie versuchen, Anhänger zu sammeln, aber wegen der Dementi des Ministerium kein Glück damit haben“, entgegne ich.

„Gut“, erwidert er. „Aber wie lange wird er dir das noch glauben?“

„Solange, bis seine ersten Aktionen scheitern und keine Auroren dafür verantwortlich sind – denke ich.“

„Also vorerst“, meint er nachdenklich und ich nicke.

„Dann sage ich dir jetzt, was du ihm das nächste Mal erzählen kannst“, fährt er fort.

Und er gibt mir die Storys, die ich brauchen werde, um den Dunklen Lord zufrieden zu stellen.

„Ich überlasse es deiner Klugheit, wann du ihm was sa-gen willst“, endet er.

„Wohl dosiert“, murmle ich. „Und nicht zu viel auf ein-mal, aber auch nicht zu wenig.“

„Genau“, gibt er zurück. „Und, mein Junge, pass auf dich auf – ich möchte dich nicht verlieren – und nicht nur, weil du mein wichtigster Spion bist – mir liegt et-was an dir als Mensch und ich möchte, dass du immer daran denkst.“

„Danke, Sir“, gebe ich leise zurück. „Das bedeutet mir wirklich sehr viel.“

Das stimmt nicht so ganz – es bedeutet mir alles!

„Noch was?“ will er wissen.

„Nein, Sir, das war´s vorerst“, entgegne ich. „Ich werde mich jetzt wieder um meine Tränke kümmern – ich weis nicht, wie lange er sich noch gedulden wird – davon hat er nämlich nicht mehr besonders viel – von der Geduld.“

„Nun gut, mein Junge, dann tu, was du für richtig hältst“, erwidert er freundlich und zustimmend.

Ich nicke und verabschiede mich.

Ja, es gibt noch viel zu tun, bevor ich einem neuen Ruf folgen möchte und das hat nicht unbedingt nur mit Gif-ten und Gegengiften zu tun. Ich weis nämlich nicht, wie lange ich noch mit den Cruciatus Folgen klar kommen werde. Sie werden von Mal zu mal schlimmer und kommen immer länger und häufiger.

Wie auch immer, ich gehe in mein Büro und mache mich an die Arbeit.

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hotepneith
2006-06-24T16:57:32+00:00 24.06.2006 18:57
Doppelspion zu sein ist wirklich ein hartes Brot.
Und dann auch noch bei einem offenkundig völlig Wahnsinnigen. Dazu kommen die "lieben alten Freunde" auf der anderen Seite, die es einem auch nicht gerade einfacher machen...


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