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Trankmeister von Hogwarts

Fortsetzung von "Ten forgotten Years" - keine Pairings - ein bisschen Depri
von

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Rätselhafte Ereignisse

Kapitel 11

Rätselhafte Ereignisse

Ein alter Fetzen Pergament

A

lles geht weiter seinen Gang.

Vielleicht weil die neuerlichen Sicherheitsmassnahmen greifen, vielleicht weil Black aufgegeben hat, geschieht vorerst nichts Dramatisches mehr.

Dann ist wieder ein Hogsmeade Wochenende angesagt und ich fürchte, dass der Junge versuchen wird, ins Dorf zu kommen. Es dürfte ihm verdammt sauer ankommen, dass er immer noch im Schloss bleiben muss, wenn seine ganzen Freunde nach Hogsmeade gehen dürfen. Ich fege durch die Gänge und bin auf der Suche nach dem Bengel. Er sollte in seinem Gemeinschaftsraum sein, aber ich bin mir nicht so sicher, dass er den Anweisungen gehorcht. Tatsächlich stolpere ich in einem der Korridore über ihn und es sieht aus, als sei er hier mit Longbottom verabredet gewesen – immerhin darf der auch nicht ins Dorf ... und in mir gellt eine

Alarmsirene los. Natürlich gehe ich sofort auf die beiden los, um sie in ihre Räume zurück zu scheuchen und sie nachhaltig davon abzuhalten, sie so schnell wieder zu verlassen. Potter stammelt etwas von zufälliger Begegnung und Longbottom wirft mir nur zu Tode erschrockene Blicke zu – ich hasse diese ängstlichen Kuhblicke - Verdammt, Junge, hast du denn so gar kein Rückrad? – Wehr dich doch endlich mal!

Potter stand sehr nahe an einer der Statuen, die das Schloss schmücken und ich untersuche sie eingehend. Lagern sie hier Botschaften oder verdeckt sie einen Geheimgang oder was ist mit dem Ding?

Die Jungs trollen sich inzwischen schuldbewusst – was aber eigentlich gar nichts heißt – so sehen sie immer aus, wenn sie es mit mir zu tun bekommen.

Nein, an dieser Statue ist nichts Bemerkenswertes und so mache ich mich wieder in meine Verliese auf und nehme die unsichere Hoffnung mit, dass ich die beiden genug erschreckt habe, dass sie nichts Verbotenes tun – wenigstens für heute.

Dem war wohl doch nicht so.

Zwei Stunden später steht nämlich Draco Malfoy mit seinen Satelliten bei mir ihm Büro und stammelt was von wegen, er habe Potters Kopf bei der Heulenden Hütte gesehen – nur den Kopf, aber wo der sei, könne der Rest auch nicht weit sein, denn er bezweifle, dass Potter enthauptet worden sei – auch wenn er da sicher nichts dagegen hätte. Seine beiden Bodyguards nicken dümmlich, aber eindringlich zu seinen Worten. Die drei Jungs sehen aus, als hätten sie sich im Schlamm gewälzt und ich tippe auf eine Schlägerei, über die sie sicher nicht mit mir sprechen werden. Nun, es muss mir ja nicht aufgefallen sein.

Wie auch immer - ich mache mich so schnell wie möglich auf den Weg zu der Statue, wo ich Potter das letzte Mal gesehen habe, denn in mir ist so ein seltsamer Verdacht aufgekeimt. Tatsächlich finde ich den Bengel genau dort und er sieht noch schuldbewusster aus als üblich. Hat er einen Weg gefunden, um ins Dorf zu kommen? Ich halte es für durchaus möglich, auch wenn ich hier nichts gefunden habe, hat das nur wenig zu besagen – Geheimgänge in Hogwarts sind nicht unbedingt so offensichtlich – sonst wären es ja keine Geheimgänge. Ich fauche den Jungen an und eskortiere ihn in mein Büro – ich will jetzt die Wahrheit wissen.

Was hat er nun schon wieder angestellt?

Ich konfrontiere ihn mit Malfoys Geschichte, aber er meint nur rotzfrech, der habe sicher Halluzinationen gehabt ... wie das denn hätte gehen sollen und er sei in seinem Gemeinschaftsraum gewesen, wie ich es ihm befohlen hätte. Gute Ausrede ... das kann er sonst wem erzählen, aber nicht mir – immerhin habe ich ihn in genau diesem Korridor angetroffen, aus dem ich ihn zuvor verscheucht hatte – für wie dämlich hält mich dieser Bengel eigentlich?

Ich mache ihm harsche Vorwürfe, dass er so leichsinnig ist, wo doch alle Welt ihn schützen wolle, aber er sei ja der berühmte Potter und habe das wohl nicht nötig. Wenn ich ehrlich bin, bin ich nur so wütend, weil mir durch den Kopf zieht, was nicht alles hätte geschehen können, dort unten im Dorf – und ich bin sicher, dass er dort war, auch wenn mir die Beweise fehlen. Seine Geschichte klingt plausibel, auch wenn ich sie ihm sicher nicht glaube.

Er reagiert nicht darauf und schweigt mich einfach nur an – ja, Schwiegen ist eine Waffe, aber sie steht nicht nur mir zur Verfügung, auch dieser Bengel hier vor mir, weis sie sehr gut zu gebrauchen.

Dann eben eine Provokation – James konnte sowas nie widerstehen und sprang immer drauf an – warum also nicht auch sein Sohn? Ich fange an, ebendiesen zu beleidigen und Harry beginnt natürlich sofort seinen heißgeliebten Vater zu verteidigen – endlich eine Stelle, meinen Hebel anzusetzen. Ja, jetzt habe ich ihn wütend gemacht.

Er springt auf und wenn ich nicht sein Lehrer wäre, den er wenigstens in gewisser Weise respektiert und der Macht über ihn hat, dann müsste ich mir jetzt Gedanken darüber machen, dass er auf mich losgehen könnte – von James hätte ich mir schon längst einen Fluch und von Sirius einen Kinnhaken eingefangen. Nun, Harry ist nicht wirklich James und so funkelt er mich nur wütend an und faucht wie ein räudiger Straßenkater. Herrlich diese Wut und wunderbar, dass ich mich nicht davon beeindrucken lasse ... diesen kleinen Machtkampf werde ich gewinnen! Ich liebe es einfach!

Daher erzähle ich ihm soviel von dieser angeblichen Heldentat seines Vaters, als der mich damals vor dem Werwolf gerettet hat, wie ich es kann, ohne ebendiesen zu erwähnen. Ich bin so beleidigend und hämisch, wie nur möglich und etwas von dem Frust der letzten zweieinhalb Jahre fällt von mir ab – es tut gut, den Jungen so klein und schuldig zu sehen. Jetzt habe ich ihn soweit, dass er sich nicht mehr rausreden kann, also fordere ich ihn auf, seine Taschen zu leeren.

Ich kann ihm nur zu genau ansehen, dass er sich am liebsten weigern würde, aber ich habe die nötige Autorität und so gehorcht er schließlich. Halb Zonkos und der halbe Bestand des Honigtopfes kommt zum Vorschein, aber er behauptet stur, Ron habe ihm die Dinge schon vom letzten Besuch mitgebracht ... kann ich so nicht glauben, aber ich habe auch keine echten Beweise für meinen Verdacht.

Dann stolpern meine Augen über einen großen Fetzen Pergament und der ruft mein Misstrauen hervor. Was hat sowas in der Tasche eines Jungen zu suchen? Es passt so gar nicht zu den anderen Sachen. Auf meine Nachfrage meint er, es sei nur ein Fetzen Papier, aber als ich ihm androhe, es zu verbrennen wird er kalkweiß und sieht aus als würde er am liebsten dazwischen springen – verdammt, das ist interessant. Was zum Henker liegt ihm an diesem schmuddeligen Fetzen? Ich werde neugierig.

Der Junge gibt mir natürlich keine Antwort, sondern übt sich mal wieder in eisigem Schweigen. Dann also alleine. Ich kenne eine ganze Menge Methoden, wie man Geheimschriften oder Ähnliches sichtbar macht und ich setze sie rücksichtslos ein. Zuerst tut sich gar nichts – nett, eine kleine Herausforderung – doch als ich nachdrücklicher werde, geschieht doch etwas.

Verschlungene Schriftzeichen erscheinen darauf und beleidigen mich mit ihren Aussagen. Nun, ich bin Beleidigungen gewohnt (auch wenn sie mich echt sauer machen) und etwas anderes daran ist wesentlich interessanter – die Unterschriften:

Moony, Wurmschwanz, Padfoot und Prongs – mit anderen Worten also Remus Lupin, Peter Pettigrew, Sirius Black und James Potter. Dem Bengel sagen diese Spitznamen offensichtlich nichts – mir jedoch umso mehr – was auch immer ich da in Händen halten mag – es gehörte einst den Herumtreibern. Nun, zwei davon sind tot und einer auf der Flucht – hinter eben diesen Bengel her, der mich jetzt so stinksauer anstarrt – aber einer ist hier ganz in der Nähe und ich halte es für eine ausgezeichnete Idee, ihn jetzt gleich in mein Büro zu holen. Mal sehen, wie er sich da rauswindet.

Ich werfe eine Prise Flohpuder in meinen Kamin und zische hinein: „Lupin – auf ein Wort!“

Es dauert keine zehn Sekunden und die schäbige Gestalt des Werwolfs schält sich aus den Flammen.

„Was gibt´s, Severus?“ will er freundlich wissen.

Ich halte ihm den Fetzen unter die Nase und kann sehen, dass er verdammt schnell zu denken beginnt. Natürlich weis er, dass mir diese Spitznamen bekannt sind und er weis auch, warum ich ihn jetzt gerufen habe – immerhin war einer davon der seine. Doch wieviel davon wird er vor dem Jungen sagen? Wieviel hat er dem Bengel bereits erzählt – immerhin hing Harry oft genug bei ihm ab, um den Patronus zu lernen und Lupin ist ein Mensch, der ziemlich viel zu plaudern pflegt – wenn man ihn lässt.

Lupin starrt immer noch auf den Papierfetzen und gibt keine Antwort, also beginne ich etwas von Schwarzer Magie zu faseln, um ihn aus der Reserve zu locken. In dem Zettel ist nicht mehr Schwarze Magie als in einem von Albus dummen Brausebonbons, das ist mir völlig klar – aber es steckt Magie darin, denn er reagiert auf den Benutzer und das könnte er nicht, wenn er nicht magisch wäre – außerdem kribbeln meine Fingerspitzen, wenn ich es anfasse – immer ein sicheres Zeichen für verborgene Magie.

Lupin meint, es sei wohl nur ein Scherzartikel aus dem Zonkos und der Junge nickt heftig. Doch ich erwidere, Harry habe es wohl eher von den Herstellern und werfe Lupin einen stechenden Blick zu. Immerhin ist seine Unterschrift drauf erschienen und so vermute ich, dass der Bengel den Zettel von ihm hat. Der allerdings starrt das Ding so an, als könne er sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie der Junge daran gekommen sein könnte, aber für mich ist es ebenso deutlich, dass er nur zu genau weis, um was es sich bei diesem Fetzen in Wahrheit handelt – und – er wird mir sicher vor dem Jungen keine Auskunft darüber geben – er wird nur plausible Lügen erzählen, da bin ich mir vollkommen sicher, wenn ich ihn mir so ansehe.

Verdammt Lupin, du kommst schon mal wieder in meine Höhle und dann werde ich eine Menge Fragen haben und dir nicht die geringste Chance für Ausreden lassen – das schwöre ich dir!

Plötzlich knallt meine Türe auf und ein atemloser Weasley Junge erscheint. Er keucht was von Zonkos und ewig her, versucht seinen Freund in Schutz zu nehmen – was meinen Verdacht nur erhärtet – wenn Harry nicht mit ihm im Dorf war, woher weis er dann, dass ich ihn zur Befragung hier habe und er in Schwierigkeiten steckt?

Lupin nutzt die Gunst des Augenblicks und lässt das fragliche Pergament in seiner Tasche verschwinden. Meint noch, dann sei ja alles klar und macht sich mit beiden Jungs vom Acker – ich kann nichts dazu sagen, wenn ich mich nicht mal wieder völlig zum Trottel machen will und meinem schlechten Ruf eine neue Fassette hinzufügen will ... die, dass ich keinen Vernunftgründen zugänglich bin ... und das brauche ich wirklich nicht – würde mich ja keiner mehr ernst nehmen. Also mache ich gute Miene zum bösen Spiel und lasse die drei von Dannen ziehen. Verdammt – schon wieder mal vom Werwolf ausgetrickst!


 

Eine zweifelhafte Erklärung

I

ch muss wirklich nicht lange warten, bis der Werwolf wieder mit einer Flasche Wein unter dem Arm vor meiner Tür steht – der Kerl hat echt Mut – oder ist es einfach nur bodenlose Frechheit? Ich lasse ihn mit einem bösen Knurren herein.

„Also?“ will ich wissen, nachdem er sich gesetzt hat und uns Wein eingeschenkt hat.

„Was – also?“ gibt er mit einem ach so unschuldigen Gesichtsausdruck zurück.

„Was ist mit diesem Fetzen? – und glaub nicht, dass ich vergessen habe, wer die Herren Moony, Wurmschwanz, Padfoot und Prongs sind!“

Er winkt ab.

„Wie könntest du auch? Jeder, aber nicht du“, erwidert er trocken. „Ja, der Zettel stammt von uns und er war als dummer Witz gedacht – ich habe nicht die geringste Ahnung wie Harry da dran kommt – er ging noch während unserer Schulzeit – nun – sagen wir mal – verloren.“

Ich schnaube ungläubig.

„Tolle Geschichte – aber warum war der Junge dann so scharf darauf, dass ich den Fetzen nicht verbrenne?“ gebe ich zurück.

Er zuckt mit den Schultern.

„Vielleicht hat er einen gewissen sentimentalen Wert für ihn oder er findet ihn einfach nur spaßig.“

„Weis er, wer diese ehrenwerten Herren sind?“ will ich wissen. „Er sagt nein, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm das glauben kann.“

„Von mir auf jeden Fall nicht“, gibt er zurück und klingt dieses Mal vollkommen ehrlich. „Was hätte ich ihm denn von damals erzählen sollen? Dass wir dauernd gegen die Vorschriften verstoßen haben und dich nach allen Regeln der Kunst fertig gemacht haben – Tolle Geschichte, oder?“

„Du hast ihm wirklich nichts davon erzählt?“ frage ich misstrauisch nach.

„Nee – schon ein wenig über früher, klar – aber davon nichts. Verdammt, Severus, für wie dumm und verantwortungslos hältst du mich? Soll ich Harry von unseren tolldreisten Abenteuern erzählen und ihn auf noch dümmere Gedanken bringen, als er sie ohnehin schon hat?“

Ich brumme unwillig.

„Er war also im Dorf?“ will ich wissen.

Lupin zuckt nur die Achseln. Er wird mir keine eindeutige Antwort geben, wird mir klar, aber ich denke, wenn er das vorhin ehrlich gemeint hat, das mit dem ‚nicht auf dumme Gedanken bringen’, wird er dem Bengel schon das Seine gesagt haben – und – was auch immer ich von dem Werwolf halten mag – er hat durchaus so seine Art, seine Meinung an den Mann zu bringen – so dass es der Betreffende auch wirklich versteht.

„Warum habt ihr damals überhaupt so einen Zettel verzaubert, der alle beleidigt?“ will ich weiter wissen.

Wieder zuckt er sie Schultern.

„Wir waren Jungs“, erwidert er. „Wir fanden es witzig – besonders, weil es immer wieder Leute gab, die sich unsere Hausaufgaben – nun – ausgeliehen – haben und dem wollten wir einen Riegel vorschieben.“

Klingt logisch, aber etwas in seinen Augen sagt mir, dass das nicht die Wahrheit sein kann – doch ich denke, mehr werde ich auch nicht erfahren. Also brumme ich nur unbestimmt. Ich habe in gewisser Weise meine Antworten bekommen, auch wenn sie mich nicht wirklich befriedigen und so beginne ich mal wieder vor mich hin zu schweigen, was den Werwolf heute eindeutig nervös macht.

Lupin trinkt noch seinen Kelch leer und verabschiedet sich dann vom mir, wünscht mir mal wieder freundliche eine ‚Gute Nacht’ und geht.

Doch seine Wünsche gehen nicht in Erfüllung, ich rätsle noch stundenlang darüber, was es mit diesem Fetzen wirklich auf sich haben könnte, das er mir so gar nicht sagen will. Immerhin hat der Junge den Zettel jetzt nicht mehr, Lupin hat ihn und auch wenn es mir lieber wäre, wenn ich ihn selbst in Verwahrung hätte, so bin ich es auch zufrieden, dass Harry das Ding – was auch immer es wirklich sein mag - nicht mehr benutzen kann. Weitere Abstecher ins Dorf werden also hoffentlich in Zukunft unterbleiben – wenigstens solange er keine offizielle Genehmigung dazu hat.

Verdammt – da hütet ihn die gesamte magische Welt, wie einen Augapfel und er zieht einfach los, um sich zu amüsieren – zum Teufel mit den Konsequenzen.

Verdammter Bengel ... hat doch eine ganze Menge von seinem Vater und wenn ich ehrlich bin, dann erinnert er mich auch an den jungen Sirius, der immer so gar nicht die Folgen seiner verrückten Ideen absehen konnte. Nur diese verdammten grünen Augen, die sich heute mal wieder so eindringlich in die meinen gebohrt haben, die hat er von seiner Mutter. Ach verdammt, Lily, meine Elfe, was hast du mir da nur angetan?
 

In der nächsten Zeit ist das Dreamteam ziemlich brav und fällt nicht unangenehm auf – sie wurden sogar beim Lernen gesichtet und von Hagrid erfahre ich weitere Gründe. Inzwischen hat der Prozess gegen seinen Hippogreifen stattgefunden und er hat ihn verloren – das Dreamteam hat ihm versprochen, ihm bei seiner Revision zu helfen. Ich sehe immer noch verdammt schwarz – solche Urteile gegen ‚gefährliche Kreaturen’ werden gewöhnlich nicht aufgehoben, außer unsere ach so mutigen Beamten haben Schiss davor, dem Biest zu nahe zu kommen – dann kann sowas schon mal vorkommen. Aber ich kenne den Henker des Ministeriums – es ist McNair und der war mit mir damals in Slytherin. Ein unangenehmer Bursche, Todesser, aber mit Sicherheit nicht feige – er war immer einer derjenigen, die es liebten zu töten – Folterungen waren nicht unbedingt seine Sache, aber Morde ... da stand er wirklich drauf. Tut mir echt leid, Hagrid, aber ich fürchte dein ‚Beaky’ ist schon Geschichte, auch wenn man so tut, als hättest du noch eine Chance.


 

Pokal

D

as Quidditch Finale rückt näher und die Berechnungen werden immer wilder. Da aber auch die Prüfungen näher rücken, bestehe ich in meinem Unterricht auf erhöhte Aufmerksamkeit und kann ziemlich biestig werden, wenn ich sie nicht bekomme.

Meine Stimmung schwankt heftig (zwischen schlecht drauf, stinksauer und unerträglich gereizt) besonders, weil ich immer noch nicht weis, was die Wahrheit ist. Lupin hat seine Besuche immer noch nicht eingestellt, aber von Black war noch nicht mal ein einziges schwarzes Haar zu sehen. All dass macht mich unruhig und nervös.

Der Werwolf hat sich nicht nur in mein Büro eingeschlichen, es ist ihm auch irgendwie gelungen, das in meiner Gefühlswelt zu tun. Nicht, dass ich ihn wirklich mögen würde, oder ihn gar für einen Freund halten würde, aber wenn er mal drei Tage hintereinander nicht auftaucht, dann ist das schon ein seltsames Gefühl – fast als würde ich seine Gesellschaft vermissen - aber das tue ich nicht ... ich doch nicht ... oder?

Kurz vor dem Finale erscheint Draco Malfoy mit dem roten Abdruck von fünf Fingern in seinem Gesicht in der Großen Halle und ich frage mich, wen er so sehr auf die Palme gebracht hat, dass sowas passiert ist. Er ist eigentlich noch zu jung für Mädchen, aber das sieht schon verdammt nach abgewiesenen Zudringlichkeiten aus. Ich bin neugierig, also spitze ich mal wieder meine scharfen Ohren und bekomme eine Unterhaltung mit. Draco hat sich im Unterricht über die Sache mit Hagrids Greif lautstark lustig gemacht und das Dreamteam kam dazu. Irgendeine Sicherung muss bei der keinen Granger durchgebrannt sein (die steht schon das ganze Jahr unter Strom, wenn ich es recht bedenke) und so hat sie Draco eine schallende Ohrfeige verpasst.

Er hat sie nur nicht verpetzt, weil ihm die Sache entsetzlich peinlich ist ... das Mädel scheint eine recht nachdrückliche Handschrift zu haben ... nun, geschieht ihm recht – es ist nicht nett, sich über das Unglück anderer Leute lustig zu machen.

Da redet der Richtige, Severus, du würdest ja auch gewaltig feixen, wenn sowas jemand passieren würde, den du nicht ausstehen kannst, oder?

Würde ich, aber ich würde ganz genau aufpassen, wer mich dabei hören kann und ich würde sicher nicht den Zorn einer (wenn auch sehr jungen) Frau unterschätzen – eine Frau kann fieser werden als jeder Kerl und das weis ich nicht erst seit ich Bellatrix kenne.

Später erfahre ich noch, dass Miss Ich-weis-alles den Unterricht bei Trelawney hingeschmissen hat und wutentbrannt aus der Klasse gestürmt ist. Nun, ich kann es ihr nicht verdenken, ich halte nichts von Wahrsagen und Todesomen, aber es sieht ihr so gar nicht ähnlich – soweit ich weis, versucht sie alles zu lernen, was ihr die magische Welt zu bieten hat.

Allerdings steht sie dieses Jahr wirklich sehr unter Strom und es geht das Gerücht, dass sie alle Fächer belegt hat, die in Hogwarts angeboten werden ... was ich für schlichtweg unmöglich halte, woher sollte sie denn die Zeit dafür hernehmen – immerhin finden einige Fächer zeitgleich statt und sie hat meines Wissen nach noch nie gefehlt ... wieder mal ein Rätsel, aber so wichtig ist mir das seltsame Verhalten dieser Streberin nicht, dass ich McGonagall danach fragen würde ... wo kämen wir denn da hin? Ich und Interesse für eine Gryffindor zeigen – auch wenn es nur um ihren Unterricht geht – wäre ja noch schöner!

Zu meiner außerordentlichen Freude kommt ein Dauerstreit zwischen Harry und Malfoy dazu – die beiden sind nicht zu haben, wenn sie gemeinsam im Unterricht sind. Ich ziehe Harry Punkte ab und übersehe Dracos Verhalten, solange es nicht zu offensichtlich ist und er uns keine Schande macht. Es liegt wohl an diesem dummen Finale, auf das alle so gespannt sind, denn beide Häuser können beim richtigen Ausgang den Pokal holen. So kommt es zu einigen Sabotageaktionen an den Spielern, aber es erweist sich als unmöglich, die wahren Schuldigen zu ermitteln und weder Minerva noch ich halten allzu viel von Kollektivstrafen – Auch wenn es mich schon sehr reizen würde, einfach dazwischen zu funken, wenn ich ehrlich bin. Und so heizt sich die Stimmung in der Schule immer weiter auf und wir Lehrer können nur ziemlich hilflos auf den großen Knall warten. Zum Glück kommt er nicht, oder erst, als das Finale dann endlich stattfindet.

Am Morgen vor dem Spiel ist es in der Großen Halle noch lauter als sonst und ich wünschte, ich hätte auf das Frühstück verzichtet. Mein Schädel dröhnt und ich kann mich nur gewaltsam davon abhalten, mir die Ohren zuzuhalten, mit Gegenständen zu werfen oder mit einer hallenden Donnerstimme (über die ich durchaus verfüge, wenn ich sie brauche, auch wenn ich es gewöhnlich hasse zu schreien) einfach lautstark „Ruhe!“ zu brüllen.

Lupin sitzt neben mir und er sieht zur Abwechslung mal nicht so aus, als hätte er für den Trubel was übrig. Er war gestern Abend unten bei mir und er hat mir erzählt, was er für die Prüfungen plant.

Keine schlechte Idee, den Kids alle Dunklen Kreaturen vorzusetzen, die er dieses Jahr durchgenommen hat und deren er habhaft werden kann – klingt echt so, als könne das Spaß machen – wenn man seinen Stoff beherrscht, natürlich nur – sonst dürfte es zu einem ziemlichen Alptraum werden.

Allerdings konnte ich mir nicht verkneifen zu fragen, ob er seine Prüfung nicht vielleicht in einer Vollmondnacht ansetzen will, um herauszubekommen, ob die Kids auch mit einem Werwolf fertig werden - Hat mir einen ziemlich beleidigten Blick eingebracht und die trockene Bemerkung, dass sie tatsächlich an Vollmond stattfinden wird, allerdings am Tag.

Doch da war nicht nur Gekränktheit in seinen Augen, da war mehr und ich denke ich, bin mal wieder ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen und habe ihm echt wehgetan. Wollte ich eigentlich nicht – ich wollte nur einen zynischen Witz machen – leider habe ich nie gelernt, wo die Grenze zwischen einem zynischen Witz und echtem Verletzen ist. Aber ich werde mich sicher nicht entschuldigen, wenn er mit meiner Art nicht klar kommt, dann soll er doch von mir wegbleiben ... wäre mir ohnehin lieber ... oder?

Wenigstens plaudert er mich heute nicht voll. Kann sein, dass er wirklich beleidigt ist, kann aber auch sein, dass er einen Kater zu bändigen hat – war gestern doch etwas mehr als sein übliches Quantum – er war so begeistert von seiner Idee und hat sie mir wirklich ausführlichst geschildert, dabei goss er sich immer wieder nach, bis die Flasche leer war – macht nichts – ich trinke ohnehin nie mehr, als ein Glas von dem Zeug und so hat er mir nichts weg getrunken.

Später schließe ich mich der Menge an, die zum Spielfeld hinausströmt und suche mir einen Platz auf den Tribünen. Ich mag Quidditch nicht besonders – hab ich schon erwähnt, oder? – aber dieses spezielle Spiel hat schon was – selten habe ich so ein unfaires Match gesehen – beide Mannschaften kämpfen mit aller Härte.

Gryffindor kann nicht einfach nur so gewinnen - haben die Berechnungen ergeben (die ich offiziell natürlich gar nicht kenne) – sie müssen es mit einem satten Vorsprung tun und so muss Potter Malfoy vom Snatsch ablenken, bis Gryffindor die dazu nötigen Punkte hat ... wirklich nett mit anzusehen, welche Verrenkungen er dazu fliegt.

Malfoy lässt sich ein um das andere Mal von ihm bluffen – dumm von ihm – Potter hat den besseren Besen und er ist (auch wenn ich das nie laut sagen würde) der bessere Flieger. Draco sollte lieber selbst nach dem Ding suchen und hoffen, dass er ihm dann näher ist als Potter und es als erster erwischt. So würde ich es wenigstens machen, aber was verstehe ich schon vom Quidditch? – Ich kenne zwar die Regeln, aber ich habe nie selbst gespielt. Das Match wogt hin und her und es gibt einige wirklich sehenswerte Aktionen.

Wie auch immer – am Ende fängt Harry den Snatsch und das sogar mit dem nötigen Punktevorsprung und Gryffindor holt den Pokal – Shit! Ich bin ganz schön sauer – immerhin hatte ich mich schon darauf gefreut, dass ich Minerva nächstes Jahr wieder ein wenig aufziehen kann ... dass wird ja dann wohl nichts und ihre Stimme, die in meinem inneren Ohr erklingt, macht es auch nicht besser... ‚Abgerechnet wird zum Schluss.’

Ja, meine Gute, das wurde es ... dieses Mal leider nicht zu meinen Gunsten ... aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen ... noch steht der Hauspokal aus.

Dumbledore überreicht Gryffindor den Pokal und das ganze Stadion tobt ... ich habe sicher keinen Grund zu toben (wenigstens keinen freudigen) und so mache ich mich immer noch ziemlich schlechter Laune in meine Verliese auf. Dort kümmere ich mich nochmal um die vorbereiteten Prüfungen und füge noch ein paar gemeine Fragen hinzu.

‚Verdammt, Severus, wer soll denn das wissen? Was sind wir heute mal wieder hinterhältig!’

‚Wenn sie anständig gelernt haben, dann können sie das auch beantworten’, fauche ich wütend meine innere Stimme an.

Die grimmige Befriedigung über diese Gemeinheit ist stärker als meine innere Stimme und so tue ich, was ich für richtig halte. Soll der verflixte Werwolf doch seine Spiel-und-Spaß Prüfung abhalten – ich mache mein eigenes Ding!
 

Die Zeit rinnt dahin und es wird sehr warm.

Ich hasse zwar die Kälte, aber ich habe auch keine besondere Vorliebe dafür, in meinem eigenen Saft zu schmoren und das tue ich im Augenblick. Ich müsste ja nur auf meinen Umhang verzichten, aber das würde meinem Image – das dieses Jahr ohnehin schon schwer angeschlagen ist – nur noch mehr schaden. Also schwitze ich lieber und meine Laune wird immer schlechter – als ob die ohnehin nicht schon seit Monaten mieser als mies wäre.

Diese grässliche Zerrissenheit in mir, unter der ich leide, seit ich weis, dass Lupin hier auftauchen wird, wird immer schlimmer und ich bin schrecklich gereizt ... ich kann noch nicht mal mehr die geringste Höflichkeit gegenüber meinen Kollegen wahren und so gehe ich ihnen lieber aus dem Weg, bevor ich es mir völlig mit ihnen verscherze.

Nur zwei Leute lassen sich davon nicht beeindrucken. Dumbledore und Lupin. Der Alte hält mich mit allem auf dem Laufenden und sorgt dafür, dass ich in meinen Verliesen nicht verhungere, wie er scherzhaft meint – außerdem würde ich ihm gegenüber ohnehin nie wirklich ausfallend werden, dazu weis ich es viel zu sehr zu schätzen, dass er mich mag und mir vertraut – der exzentrische, witzige Alte.

Und Lupin? Der spottet nur, wenn ich es zu weit treibe oder er geht, wenn ich ihn mal wieder zu sehr beleidigt habe – aber er kommt immer wieder. Und das ist auch so ein Problem – ich weis immer noch nicht, ob ich mich über seine Gesellschaft freue, oder ob es mir lieber wäre, wenn er nicht mehr bei mir auftauchen würde. Etwas – sehr tief drinnen in mir – hat angefangen in dem Werwolf sowas wie einen Freund zu sehen. Aber mein Verstand schreit mit einer unüberhörbaren Lautstärke ‚nein’!

Ich konnte noch nie so wirklich auf meine Gefühle hören – sie sind so unsicher und unwägbar – mein Ver-stand ist logischer und ich mag es nun mal, wenn alles seine Ordnung hat, wenn die Antwort einfach ‚Ja’ oder ‚Nein’ ist. Natürlich bin ich nicht so dumm zu glauben, dass die Welt aus Schwarz und Weiß besteht – ich weis, dass es die Grautöne sind, die unser Leben bestimmen, aber ich mag keine Grautöne, auch sie sind so unwägbar ... und da ich selbst auch so eine Art Grauton bin, mag ich mich meistens auch selbst nicht.
 

Dann sind wirklich die Prüfungen da und meine Gedanken fokussieren sich darauf. Diese Aufgabe und dann später auch die Korrekturen nehmen mich völlig in Anspruch.

Potter schlägt sich dieses Mal wirklich schrecklich mit seinem Trank herum und es kommt nur gewaltiger Bockmist raus. Am liebsten würde ich ihn für dieses jämmerliche Stück Arbeit durchfallen lassen, aber dann habe ich ihn noch ein Jahr länger am Hals und Dum-bledore würde nie mitmachen, wenn ich seinen Goldjungen sowas antue.

Nee, Severus, besser nicht, aber ein Schuss vor den Bug muss wirklich sein.

Also tue ich so, als würde ich eine sechs auf seine abgegebene Phiole pinseln und sehe sehr zufrieden, wie er zusammenzuckt. Nun, vielleicht wird er sich dann nächstes Jahr mehr Mühe geben, wenn er so knapp durchkommt. Longbottom schlägt sich für seine Verhältnisse gar nicht so schlecht und ich gebe ihm eine Gnaden Vier. An der Arbeit der kleinen Granger gibt es wie üblich nichts auszusetzen und so gerne ich ihr eine andere Note geben würde, so kann ich nicht anders, als ihr eine Eins zu geben. Es kommt mir sauer hoch, aber sie hat es einfach verdient!

Lupin hat mich mit seiner Ankündigung neugierig gemacht, also mache ich mich mal wieder seit langem in mein geheimes Zimmer auf und halte die Ereignisse im Gelände im Auge. Er hat es wirklich getan und es sieht so aus, als sei es eine Menge Spaß - für die Kids, wenn sie es schaffen – für den Werwolf, wenn es schief geht und ich kann sehen, wie er sich hin und wieder ausschütten will vor Lachen – aber eine Menge Humor hatte er ja schon immer.

Der Potter Bengel schafft es fehlerlos und es sieht fast so aus, als habe Lupin die Prüfung auf ihn zugeschnitten, aber der Weasley Junge versinkt im Sumpf und die kleine Granger springt völlig aufgelöst aus dem Koffer, in dem sich (wie Lupin mir eingehend erklärt hat) ein Boggart befindet.

Was ist wohl die größte Angst der Kleinen? Dass sie in der Bücherei keine Bücher mehr findet? Dass sie nur neun von zehn Punkten für eine Hausarbeit bekommt? Dass ich sie in einen Kessel stecke und zu Sirup einkoche? (Würde ja fein was rauskommen – IQ Lösung oder sowas ähnliches – zu benutzen bei vollkommener Verblödung oder geistiger Verstopfung).

Würde ich nie tun, aber manchmal hat dieser Gedanke schon was, besonders wenn sie mich mal wieder so eindringlich mit Fragen nervt.

Wie auch immer, ich sollte besser zusehen, dass ich wieder nach unten komme, denn ich muss noch die Zutaten für meine letzte Prüfung aufbauen und dazu sollte ich mir genug Zeit nehmen – immerhin betrifft es die Sechste und da braucht man schon so Einiges.

Außerdem brauche ich die letzte Ration Wolfsbann für Lupin, denn heute Abend ist wieder Vollmond und wir haben jetzt schon fast das ganze Jahr ohne Unfall herumgebracht – muss sich ja nicht auf der Zielgeraden ändern. Wahrscheinlich kommt er wieder zu mir runter, wenn er alles erledigt hat und holt sich das Zeug ab.

Der Mond geht jetzt im Sommer erst sehr spät auf und vielleicht haben wir noch etwas Zeit für ein Glas Rotwein. Ja, das ist ein netter Gedanke.

Doch es kommt alles vollkommen anders.


 

Peitschende Weide und Heulende Hütte

E

s wird Abend und meine Laune bessert sich nicht eben, als ich Fudge und McNair über den Weg laufe. Letzter hat seine Axt dabei – echt nette Sache, den Henker zu einer Revision mitzubringen ... aber mit sowas hatte ich schon gerechnet ... besonders, wenn Lucius Malfoy damit zu tun hat ... und der war immer ein so genannter Freund von McNair – ganz im Gegensatz zu mir und so bin ich wirklich nicht böse, als der Henker so tut, als würde er mich nicht kennen. Blödes Gefühl, das diese erneute Begegnung mit der Vergangenheit in mir auslöst.

Die Lust aufs Abendessen ist mir auf jeden Fall vergangen und so gehe ich lieber wieder in mein Büro, um noch eine Portion vom Wolfsbann zu brauen – dieses Mal hatte ich mich ein wenig in der benötigten Menge verschätzt – wenn ich ehrlich bin, experimentiere ich schon das ganze Jahr mit dem Zeug herum und sehe mir jedes Mal Lupins Reaktion an, wenn er es schlucken muss – der Grad wie sehr er sein Gesicht verzieht, sagt mir, wie mies es jedes Mal doch wieder schmecken muss.

Ich selbst kann den Trank ja nicht probieren – schließlich bin ich kein Werwolf und weis der Henker, was das Zeug mit mir anstellen würde – mich vielleicht in eine Fledermaus verwandeln, wie mich die Kids so gerne bezeichnen, wenn sie glauben, ich könne sie nicht hören.

Oh Mann, Severus was sind wir heute mal wieder sarkastisch.

Schließlich bin ich fertig und warte auf Lupins Erscheinen, doch er taucht nicht auf. Also mache ich mich seufzend in sein Büro auf – weis er denn immer noch nicht, wie wichtig das ist oder hat er es über den Spaß, den ihm seine Prüfung wohl gemacht hat, einfach vergessen? Verdammt – es wird schon bald dunkel sein.

Ich will, wie ich es gewohnt bin, einfach in sein Büro stürmen, aber die Türe ist verschlossen. Also murmle ich „Alohomora“ und sie schwingt auf – für so einen Zauber, besonders bei einer so schlecht gesicherten Tür, brauche ich noch nicht mal meinen Stab.

Keine Spur von Lupin und auch auf meine Rufe – er könnte ja schließlich auch in seinen Privaträumen sein (und ich muss ihn wirklich nicht unbedingt im Bett

überraschen) – antwortet keiner. Also sehe ich mich ein wenig um. Vielleicht finde ich ja was, dass mir sagt, wo er abgeblieben ist. Finde ich auch, aber ganz anders, als ich mir das vorgestellt hatte.

Dieser schmierige Pergamentfetzen, wegen dem wir uns vor ein paar Wochen in den Haaren hatten und von dem er behauptet hatte, er sei nur ein alberner Witz, liegt aufgeschlagen auf seinem Schreitisch. Ich werde neugierig und gehe näher heran. Dann glaube ich meinen Augen nicht trauen zu können. Das Pergament stellt sich nämlich als eine Karte von Hogwarts heraus.

Karte...!

Ein Dialog, den ich vor unzähligen Jahren gehört habe kommt mir in den Sinn:
 

Ich bin auf dem Weg nach Hogsmeade und vor mir strolchen Potter, Black und Pettigrew den Weg entlang. Lupin fehlt mal wieder. Wo steckt der Kerl denn nur schon wieder? Ich schleiche ihnen hinterher und will sie belauschen. Nicht ungefährlich, aber ich bin furchtbar neugierig.

„Kam gestern gut, was Prongs?“ gähnt Black.

„Nicht übel, war echt knapp, aber wirklich nicht übel, Padfoot“, gibt Potter zur Antwort.

Auch er scheint müde zu sein.

„Also“, piepst Pettigrew, „das war wirklich verflixt eng…“ er klingt ängstlich.

„Himmel, Wurmschwanz, man kann über den alten Snivellus sagen, was man will, aber mit einem hat er Recht: du bist echt ein entsetzlicher Angsthase!“ meint Black verächtlich.

Potter kichert und gähnt.

„Aber irgendwie hat er auch Recht, man sollte etwas erfinden, was zeigt, wer in Gelände unterwegs ist“, meint er dann nachdenklich.

„Hhm“, erwidert Black, „nicht nur im Gelände, sondern auch im Schloss und nur Eingeweihte sollten es verwenden können…“

„Yeah. Keine schlechte Idee…“

Sie legen einen Zahn zu und ich lasse mich zurückfallen.
 

Der schmierige Zettel hier muss das Ergebnis dieses Gesprächs von damals sein. Eine Karte des Schlosses und seiner Umgebung, inklusive der Personen, die sich darauf bewegen. Ich werfe einen intensiveren Blick darauf und erstarre regelrecht.

Potter, Weasley und die Granger sind im Gelände unterwegs – dort sollten sie sicher nicht sein und ich will schon hinausstürmen und sie ins Schloss scheuchen (mit entsprechendem Punkteabzug natürlich), als mich ein weiterer bewegter Namenszug zum Zusammenzucken bringt: Sirius Black!

Er stürmt auf die Gruppe zu und es entsteht ein gewaltiges Durcheinander. Dann kann ich sehen, wie Black zwei sich überlagernde Namenszüge, von denen ich nur den des Weasley Jungen erkennen kann, von der Gruppe wegzerrt. Die beiden (drei – einer immer noch unleserlich) Namen bewegen sich auf die Peitschende Weide zu und verschwinden darunter. Die zwei anderen Namen folgen ihnen und nach einigem Hin- und Hergehusche sind sie auch dort hinunter gegangen und folgen einem Gang – dem Gang, der zur Heulenden Hütte führt – und es ist Vollmond. Um das alles noch zu toppen, erscheint plötzlich auch noch Lupins Namen in diesem Bereich, den ich beobachte und auch er geht unter die Weide.

Verdammt, die Herumtreiber sind wiedervereint – ich hatte die ganze Zeit Recht ... sie arbeiten zusammen ... der Werwolf und sein alter Freund ... aber was ist mit den Kindern ... was ist mit Harry? Die sind in mehr als nur in Lebensgefahr mit dem Werwolf und dem Askaban Flüchtling dort unten ... und der Werwolf hatte heute keinen Wolfsbann – er ist ein völliges Biest ... er ist mörderisch!

Der Kelch entgleitet meinen erstarrten Fingern und knallt auf den Boden, der Wolfsbann rinnt über die Fiesen ... ich wirble mit fliegenden Roben herum und rausche nach unten und hinaus ins Gelände. Mit langen Schritten fege ich über den Rasen, da fällt mein Auge auf etwas Silbriges – der Tarnumhang, von dem Dum-bledore gesprochen hat – der Junge muss ihn benutzt haben, um aufs Gelände zu schleichen ... schon wieder mal ... was wollte er nur dort?!

Plötzlich kommt mir eine Idee, wie ich vielleicht doch noch die Wahrheit herausfinden kann. Immer noch will etwas in mir nicht glauben, dass Lupin uns alle verraten hat, dass er mit Black unter einer Decke gesteckt hat ... die ganze Zeit ... Und etwas anderes brüllt, dass es genau so gewesen sein muss ... so und nicht anders...!

Wie auch immer - der Tarnumhang bietet mir die Gelegenheit zu lauschen, ohne dass ich dabei gesehen werde. Ich werfe mir das Ding über und bringe die Peitschende Weide zum Erstarren. Dann husche ich in den engen Erdgang hinein.

Hat sich kaum geändert seit damals und ein ungutes Gefühl macht sich in mir breit. Damals hat mich James abgefangen und mich wieder raus gezogen – doch heute wird mich keiner retten, wenn der Werwolf ausbricht ... ich bin auf mich allein gestellt ... wie ich es schon seit so vielen Jahren bin ... aber ich werde mit ihm fertig werden, das weis ich einfach...!

Geh einfach weiter, Severus, oder willst du die Wahrheit etwa nicht in Erfahrung bringen?

Genau das ist es ja, worum es mir geht und so gehe ich weiter. Das untere Zimmer ist voll mit zertrümmerten Möbelstücken, aber sonst ist dort keiner, allerdings dringen Stimmen von oben zu mir herab. Die Heisere des Werwolfs, die Hellen der drei Kinder und jene, die schon lange keiner mehr gehört zu haben scheint – sie klingt ungeübt und rau.

Sirius ... geliebter Feind ... So viele Jahre ... so viele Erinnerungen ... was ist die Wahrheit?

Mein Geist windet sich wie eine Schlange und mein Blut rauscht in meinen Ohren, wie ein Wasserfall. Ja, ich höre Stimmen, aber ich verstehe den Sinn der Worte nicht, zu wirr ist alles in mir. Ich kann mich nur mühsam dazu bringen, die Treppe nach oben zu steigen ... sie knarrt, aber ich bin unsichtbar und keiner wird mich bemerken, dann schwingt die Tür auf und ich kann alles sehen.


 

Geliebter Feind

S

ie stehen alle fünf im Raum und sie sind alle am Leben und so weit ich es erkennen kann auch weitgehend unverletzt. Black und Lupin sind sehr nahe nebeneinander, als stünde nichts zwischen ihnen ... als wären sie noch immer die Freunde von damals ... als sei nicht Black der Schuldige am Tod ihrer anderen Freunde. Sie scheinen eindringlich diskutiert zu haben – die Kinder auf der einen Seite, die beiden Männer auf der anderen ... und ich ... ich auf der dritten - so wie es schon immer war ... und ich will hören ... und ich will sehen ... mich an ihm satt sehen ... Hass und Liebe in einer ungeheueren Intensität durchtoben mich gleichzeitig und ich kann nur hilflos verharren und schauen – ich bin nicht in der Lage auch nur einen einzigen Muskel zu bewegen.

Nein, die Zeit hat es mit Black wirklich nicht gut gemeint ... er sieht aus wie eine wandelnde Leiche ... er ist dürr ... dreckig ... blass ... halb verhungert ... verwahrlost ... sein schwarzes Haar ist lang geworden ... reicht ihm bis zu den Hüften ... ist verfilzt und irgendwie grau, obwohl es immer noch so schwarz ist, wie damals ... seine Augen sind brennende, leere Höhlen und breite dunkle Ringe liegen darunter ... tiefe Falten haben sich in dem einst so hübschen Gesicht eingegraben und er sieht alt aus ... uralt und verbraucht.

Sirius, geliebter Feind ... aber er ist ein Mörder ... und hier sind seine nächsten Opfer ... und der Werwolf ... ist er auf seiner Seite ... oder wo steht er?

Langsam dringt nun das Gespräch an meinen Ver-stand, aber es hilft mir auch nicht viel dabei, meine Gedanken zu ordnen und so höre ich einfach eine Zeit lang nur zu, denn ich fühle mich immer noch so, als habe mich ein heftiger Stunner getroffen.

Lupin redet und meine Aufregung steigt in ungeahnte Höhen. Er erzählt von seiner Verwandlung und ich muss erkennen, dass die Kids wohl inzwischen vom Werwolf wissen ... dann von seinen Freunden damals ... und was sie getan haben, mein Mund klappt auf und ich bringe ihn nicht wieder zu – sie sind alle zu Animagi geworden ... das war es also, was sie damals so sehr vor mir verbergen wollten.

Grundgütiger! Das wäre ein gefundenes Fressen für mich gewesen, das hätte mir sicher den Rauswurf der Herumtreiber garantiert ... illegale Animagi!

Über meine Gedanken habe ich ein ganzes Stück der Geschichte verpasst, aber was ich gehört habe ist auch eine ganze Menge. Ich richte erst meine Aufmerksamkeit wieder ins Hier und Jetzt, als Black sich wieder hören lässt ... nein, das ist nicht mehr seine Stimme, das ist die Stimme einer Leiche aus einer verfallenen Gruft.

Er drängt Lupin, sich zu beeilen und wirft hungrige Blicke auf die Ratte in der Hand des Weasley Jungen – hat er soviel Hunger, dass er das Vieh essen will?

Ja, da ist sicher Hunger in seinen Augen, aber der hat nichts mit den Blicken zu tun, die er auf die Ratte wirft ... um was geht es hier eigentlich? Besser noch ein bisschen weiter zuhören.

Lupin erzählt weiter, von der Karte, die ich heute Abend zum ersten Mal in Funktion gesehen habe und von den Animagi - Wurmschwanz, Padfoot und Prongs ... ja, das waren ihre Spitznamen, aber was hat das mit den Animagi zu tun ... was sollen denn das für Tiere sein?

Dann gibt er zu, dass er Dumbledore von den Animagi hätte informieren sollen ... er hat also Black nicht wirklich geholfen, so wie es klingt, er hat nur nicht alles gesagt, was er wusste ... nun angesichts der Lage, ist auch das keine gute Sache ... er hätte reden müssen ... wir hätten es wissen sollen ... wir haben nach einem Menschen gesucht, aber es war ein Animagus, den wir hätten finden sollen.

Dann fällt mein Namen und ich richte wieder meine Aufmerksamkeit auf die Gruppe. Sirius hasst mich eindeutig noch immer, denn sein Blick wird hämisch und finster, doch Lupin scheint nicht so zu denken. Er gibt sich an einer ganzen Menge Dingen die Schuld und macht sich ziemliche Vorwürfe ... daran hätte er früher denken sollen ... verdammt!

Irgendwie macht es mich wütend, dass ich fast sowas wie einen Freund in ihm gesehen habe und ich verfluche mich selbst ... ich hätte es besser wissen sollen ... ich zähle für ihn nicht das Geringste, wenn Black in der Nähe ist ... ich bin ja nur der schmierige, wertlose Schleimball und das hier ist sein geschätzter, über alles geliebter alter Freund, da spielt es keine Rolle, dass der ein Massenmörder ist.

Verdammt ... verdammt ... verdammt...!

Sollen euch doch die Dementoren fressen ... euch alle beide ... und diese Kinder, die sich das alles so ungerührt anhören, gleich mit.

Und dann kommt das, was den Kessel in mir zum überlaufen bringt ... Lupin erzählt diese jämmerliche Geschichte, was damals unter der Peitschenden Weide geschah ... Sprich dich aus, du Werwolf ... sag ihnen das alles ... sag´s ihnen ... solange kann ich noch warten, aber dann ... dann...

Den letzten Anstoß gibt mir Blacks Satz, ich hätte es nicht anders verdient und die naive Frage des Potter Bengels, ob das der Grund sei, warum ich Lupin nicht leiden kann. Nein, sie ist der Grund, warum ich Lupin nicht traue und ich verachte mich dafür, dass ich beinahe auf seine Freundlichkeit reingefallen wäre.

„Das ist richtig“, fauche ich, werfe den Tarnumhang ab und der Zauberstab liegt in meiner Hand ... ich habe genug gehört – Zeit zum Handeln!

Die Spitze zeigt auf den Werwolf und ich koche vor Wut. Ich erläutere eiskalt, wie und warum ich hierher gekommen bin, beleidige so sehr ich nur kann. Er unterbricht mich, stammelt herum, will erklären, aber da gibt es nichts zu erklären und ich bringe ihn wütend zum Schweigen, drohe beiden mit Askaban – schnarre, fauche, zische und als er immer noch versucht zu erklären, verklebe ich ihm den Mund. Er hat das ganze Jahr schon genug geredet und alles waren nur Lügen ... etwas in mir zerbricht und ich könnte nur noch Schreien - Schreien über meine Dummheit ... meine Leichtgläubigkeit ... meine vergebliche Hoffnung, es könne da doch einen Freund für Severus Snape geben. Es tut weh ... so schrecklich weh und diesen Schmerz will ich an die anderen weiter geben.

Ich fessle den Werwolf so eng mit magischen Stricken, dass er nicht mehr stehen bleiben kann und einfach umfällt (hoffentlich tut es auch so richtig weh). Natürlich will Black ihm sofort zu Hilfe kommen, aber schneller als man es für möglich halten könnte, zeigt mein Stab auf ihn. Vor meinen Augen haben sich rote Schleier gebildet und ich bin noch übler drauf, als damals, als ich mein Zimmer zerlegt habe ... mein Verstand setzt weitgehend aus und ich reagiere nur noch mit meinen Nervenenden. Ich halte ihn im Schach, drohe, dass ich ihn töte ... so wütend, wie ich im Augenblick bin, würde ich es wohl wirklich tun ... auch wenn ... Sirius, geliebter Feind...!

Seine Augen sind so voller Wut und Hass, dass ich erschaudere. Die kleine Granger geht dazwischen und lenkt mich einen Augenblick lang ab. Ich fauche sie an, brülle, will nicht hören, was sie zu sagen hat ... bin keinerlei Vernunftgründen mehr zugänglich ... bin so grenzenlos enttäuscht ... so wütend ... so leer, dass nur noch brennender, alles überwältigender Hass diese Leere ein wenig füllen kann.

Dann fängt Black wieder an, mit mir zu streiten und meine Wut kocht über ... er sagt, er käme mit mir zum Schloss hinauf, wenn ich die Ratte mitnehmen würde. Ratte ... was faselt der da von einer Ratte ... ja, er ist durchgeknallt ... vollkommen verrückt ... Askaban hat ihm sicher das letzte bisschen Verstand geraubt, das er noch hatte ... Nichts da mit Ratte!

Und so drohe ich ihm und auch dem Werwolf wieder mit den Dementoren ... wenn ich selbst noch einen Funken Verstand hätte ... dann würde ich das nicht tun ... ich sollte doch eigentlich wissen, wie ich auf diese Monstren reagiere ... weis doch, dass ich mich ihnen nicht nähern darf ... aber egal, dann bekommen sie mich eben auch ... Hauptsache, sie bekommen auch den Werwolf und Black ... den ich im Augenblick so sehr hasse, dass ich ihm mit meinen Zähnen die Kehle aufreißen könnte und wie ein Vampir sein Blut trinken.

Ich will diese beiden Männer, diese verhassten alten Feinde aufs Gelände hinaus bringen ... will, dass sie sterben ... mehr als nur einfach tot sind ... will, dass sie ihre Seele verlieren, so wie ich die meine so gut wie verloren habe ... weil ich so dumm war ... weil ich wieder einen Freund haben wollte.

Du bist und bleibst ein Narr, Severus ... einfach jämmerlich!

Doch da stellt sich der Potter Bengel dazwischen und will seine Einwände auch noch anbringen. Er bringt mich noch weiter zum Ausrasten ... wenn ich in einer solchen Laune bin, ist es besser, mir nicht zu widersprechen, sich mir nicht in den Weg zu stellen, genau das zu tun, was ich sage oder es kann sonstwas passieren. Ich brülle, fauche, tobe. Der Junge brüllt zurück und macht mich damit noch verrückter.

Dann plötzlich – ein auf mich gerichteter Stab – ein lauter, dreifacher Ruf – ein greller Blitz und ich gehe KO – weis für eine ganze Zeit von nichts mehr...


 

Belangloser Sieg

A

ls ich wieder zu mir komme, bin ich im Freien. Der Mond steht hoch am Himmel und blendet fast mit seinem silbrigen Licht meine Augen, mein Schädel dröhnt und pocht schmerzhaft und verkrustetes Blut verklebt mein Gesicht.

Ich muss verdammt lange bewusstlos gewesen sein, denn alle anderen Beteiligten, bis auf den Weasley Jungen, sind verschwunden. Er ist ebenfalls bewusstlos und wird wohl auch nicht so schnell wieder zu sich kommen – wie mir ein schneller Blick zeigt. Ich überprüfe meinen Körper – viel ist mir nicht zugestoßen, aber dieser dreifache Zauber, auf den ich nicht gefasst gewesen war, hat mich ganz schön heftig umgehauen.

AHHHWOOOHHH!

Verdammt, der Werwolf! Er ist heute nicht harmlos und er streunt durchs Gelände. Wo ist mein Zauberstab? ... nicht da ... verschwunden, aber der Weasley Junge hat den seinen noch und so greife ich rasch danach ... ich brauche nämlich ganz sicher eine Waffe, wenn hier heute sonstwas unterwegs ist. Mein Verstand scheint im Augenblick wieder wie gewohnt zu arbeiten (leichte Schläge auf den Hinterkopf stärken das Denkvermögen - und es fühlt sich so an, als hätte ich so einige davon abbekommen) und so rapple ich mich unsicher und schwindlig auf ... ich muss nachsehen, wo der Junge ist ... und wo Black steckt ... Sofort!

Ich entdecke Spuren im taufeuchten Gras und folge ihnen eilig. Sie führen hinunter zum See. Zuerst stolpere ich über die kleine Granger und rufe eine Trage aus dem Schloss – ich bin ein zu schlechter Verwandler, um eine zu beschwören, aber es geht auch so. Wenige Schritte weiter liegen - wie im Tode vereint - Potter und Black, aber ein schneller Griff an die Halsschlagadern der beiden beweist mir, dass sie noch leben – keine Spur von den Dementoren, aber nur die können drei Menschen in einen solchen Zustand gebracht haben.

Jemand oder etwas muss diese Biester verjagt haben – aber wer? Ich traue dem Jungen zwar einen Patronus zu – hab ihn ja gesehen – aber doch nicht bei einem ganzen Rudel dieser Bestien ... also wer?

Nun, eigentlich ist das im Augenblick egal, ich sollte mich besser um die Leute hier kümmern und sie zum Schloss hinauf bringen. Nun, dann eben keine Dementoren für Black ... wenigstens jetzt noch nicht ... aber Fudge ist noch im Schloss bei Dumbledore und er kann über das Weitere entscheiden.

Ich rufe weitere Tragen herbei und der Zauberstab bockt ein wenig in meiner Hand – nun kein Wunder – immerhin gehört er Weasley. Gott sei Dank ist es ein anderer als letztes Jahr und so habe ich doch die berechtigte Hoffnung, dass er mir nicht die Erinnerung rauben wird, sondern das tut, was ich will.

Als ich die bewusstlosen Körper auf die in der Luft hängenden Tragen schweben lasse, entdecke ich meinen Zauberstab bei Black und nehme ihn mit einen zufriedenen Seufzen wieder an mich. Gut, dann werde ich keine Probleme mehr mit der Magie haben. Ich leite alle drei Tragen übers Gelände und sammle unterwegs noch den Weasley Jungen ein. Dann bringe ich sie zum Schloss hinauf.

Ich habe den Eingang noch nicht ganz erreicht als erneut das Heulen des Werwolfs an meine Ohren dringt. Ich wirble mit erhobenem Zauberstab herum und sehe, wie das Biest ganz kurz in der Nähe von Hagrids Hütte auftaucht und dann mit langen Sätzen im Verbotenen Wald verschwindet.

Ja, Lupin ist wirklich ein gewaltiges Ungeheuer – er ist wild und gefährlich – mörderisch! Das hätte heute Nacht verdammt schief gehen können ... nein, ich kann und darf nicht länger schweigen ... damit würde ich mich genauso schuldig machen, wie Lupin, der über Blacks Animagus schwieg ... die Schüler müssen einfach um die Gefahr wissen ... er muss aus Hogwarts verschwinden ... das Risiko ist einfach zu groß!

Das Tor geht auf und Dumbledore kommt mit Fudge heraus. Beide starren auf die schwebenden Bahren.

„Was ist geschehen?“ kommt es vom Alten, doch Fudge lässt ihn nicht zu Wort kommen.

„Black!“ tönt er. „Sie haben Black erwischt! Großartig, Professor Snape!“

Er schwafelt die ganze Zeit vor sich hin und Dumbledore schafft es gerade eben, dass die Kinder in den Krankenflügel gebracht werden – immerhin ist keins von ihnen bei Bewusstsein. Dann hebt er beschwichtigend die Hand, während Fudge etwas davon plaudert, er werde McNair losschicken, dass dieser die Dementoren holt, damit sie Black küssen können.

„Ich werde Black in Flitwicks Büro einschließen, Minister“, wirft der Alte ein. „Ich will hören, was er dazu zu sagen hat.“

„Das wird nicht nötig sein“, geht Fudge dazwischen. „Er ist ein Mörder – eine Gefahr für jeden anständigen Zauberer und beinahe hätte er sogar den Jungen getötet.“

Doch Dumbledore lässt sich nicht davon abbringen und verschwindet mit Black nach oben.

Was denke ich? Was empfinde ich?

Sirius ... Fudge will, dass diese Bestien ihm die Seele rauben – hat er das verdient? Vor einer Stunde dachte ich noch so – aber jetzt? Black sah so zerstört und elend aus, dass er mir beinahe Leid tat ... aber wenn er Schuld an so vielen Toten trägt (aber in gewisser Weise tue ich das auch, wenn auch nicht durch meine eigenen Hände) ... wenn er den Jungen wirklich ermorden wollte ... aber wollte er das? ... es sah in der Heulenden Hütte nicht unbedingt so aus ... immerhin kam ich zu einem Gespräch dazu und nicht zu einer Schlägerei oder ähnlichem ... unterhält man sich erst, bevor man jemand umbringt? ... ich weis es einfach nicht und auch die Wahrheit kenne ich immer noch nicht.

Und Fudge redet die ganze Zeit auf mich ein und so kann ich auch keinen klaren Gedanken fassen.

„Sie haben ihn gefangen ... Professor ... Orden des Merlin zweiter Klasse würde ich sagen ... wenn ich es drehen kann, den erster Klasse ... Potter wird sich bei ihnen bedanken ... wird genau berichten, wie sie ihn gerettet haben ... Artikel im Tagespropheten...“

Er quasselt und quasselt, aber nach dem Satz mit dem Merlinorden höre ich nicht mehr viel. Ja, das wäre etwas worauf ich stolz sein könnte – endlich müssten mich alle anerkennen und respektieren ... endlich könnte ich auf legale Weise diese Dinge erreichen ... aber Black ... Black wird mehr als nur tot sein ... egal ... das darf mich jetzt nicht berühren ... Großer Merlin ... Grundgütiger ... Oh Gott!

Mein Kopf schwirrt.

Fudge spricht mich auf das Blut an, das ich im Gesicht habe und ich fasle etwas davon, es sei nicht Black gewesen, sondern die Kinder und er habe sie verzaubert – wenigstens versuche ich mir das einzureden – warum hätten sie mich sonst angegriffen? – das hätten sie nie gewagt ... aber warum hat er sie nur verhext und nicht gleich ermordet und warum sollte man mit jemanden diskutieren, den man bereits in seiner Gewalt hat?

Egal, Severus, alles völlig egal. Er wird seine Seele verlieren und du hast endlich deine Rache!

Ein tiefes Gefühl der Befriedigung durchzieht mich, aber ganz tief in mir flüstert etwas sehr traurig und sehr verletzt: „Sirius, geliebter Feind...“

Während dieses Gesprächs haben wir uns dam Krankenflügel genähert, denn der Minister will nach den Kindern sehen und ich folge ihm voller wirrer Gedanken und Gefühle. Ich kann nicht für Black sprechen, will es vielleicht auch gar nicht ... ich rede einfach Fudge nach dem Mund und immer noch schwirrt der Gedanke an den Merlinorden durch meinen angeschlagenen Kopf. Dann fängt er auch noch mit Potter an und meine wirren Empfindungen dem Jungen gegenüber bringen mich dazu, auch über den zu wettern – was anderes würde auch keiner von mir erwarten ... und so benehme ich mich, wie es meinem finsteren Ruf entspricht.

Fudge fragt mich nach den Dementoren draußen am Gelände und ich erzähle soviel ich weis. Dann sind wir am Krankenflügel angekommen und gehen hinein. Der Bengel ist außer sich und will unbedingt mit Dumbledore sprechen, aber Fudge geht schon wieder mit allerlei unsinnigen Blabla dazwischen. Er nimmt Harry nicht für voll ... wie gesagt, ich mag den Jungen nicht – aber ich habe auf die harte Tour gelernt, ihn ernst zu nehmen, auch wenn ich jedes Mal regelrecht aus der Haut fahren könnte, wenn er wieder so ein verantwortungsloses Ding abzieht.

Harry brüllt etwas von wegen Black sei unschuldig und von einer Ratte, die eigentlich Peter Pettigrew gewesen sei. Aber wir alle wissen, dass der seit zwölf Jahren tot ist ... aber Animagi ... Wurmschwanz ... verdammt ... irgendwie ist das logisch ... aber nur, wenn Black ihn damals nicht umgebracht hat ... verdammt ... was zum Henker ist die Wahrheit?!

Ein paar dieser Gedanken kommen auch über meine Lippen, aber ich spreche sicher nicht für Black ... ich mache mich zum Narren, wenn ich Potters Geschichte auch nur im Geringsten bestätige ... verdammt!

Alle reden durcheinander. Potter besteht auf seine Geschichte und wird von der Granger unterstützt ... ich bleibe bei meiner Geschichte und bestehe darauf, dass Black einen Confundus Zauber benutzt haben muss, um die Kinder auf seine Seite zu ziehen und sie zu verwirren, Fudge redet weiter Mist und Poppy bemüht sich, uns alle hinauszuschicken, da die Kinder Ruhe brauchen, wie sie meint.

Bevor alles vollkommen aus dem Ruder laufen kann, erscheint jedoch Dumbledore und scheucht uns alle – inklusive Pomfrey - aus dem Raum. Fudge macht sich auf die Suche nach McNair und ich folge ihm. Ich will einfach im Auge behalten, was geschieht. Ich weis immer noch nicht, was ich Black an den Hals wünsche, aber was auch immer geschieht, ich will dabei sein. Ein winzig kleiner Teil von mir möchte ihn irgendwie retten, aber ich bringe diesen vehement zum Schweigen ... wenn Black tot ist und der Werwolf aus Hogwarts entfernt, dann werde ich wieder meinen Frieden haben und muss mich nicht mehr mit diesen jämmerlichen Erinnerungen herumschlagen ... Ja, ja das wird besser sein!

Mein ganzes Ich ist völlig zerrissen und ich weis nicht, was ich wirklich will, mein Schädel brummt immer noch von den unbehandelten Verletzungen, die ich mir eingehandelt habe und zum zweiten Mal am heutigen Tag funktioniert mein Verstand nicht mehr richtig. Dass Fudge die ganze Zeit auf mich einredet, wenn er nicht gerade McNair Befehle erteilt, macht es auch nicht eben besser. Ich wünschte, ich könnte das alles überschlafen und meine Gedanken ordnen ... hätte die Zeit, das alles zu überdenken und zu einem Entschluss zu kommen ... aber die werde ich nicht haben ... es wird geschehen, was geschehen muss.

Wir gehen zu Flitwicks Büro hinauf und warten dort auf den Henker und die Dementoren. Fudge redet weiter wie ein Wasserfall und ich bemühe mich, angemessene Antworten zu geben. Nebenbei versuche ich mich auf die Gegenwart dieser Ungeheuer gefasst zu machen – vielleicht hilft es mir ein wenig, wenn ich meinen Geist verschließe – immerhin beherrsche ich Occlumentik und die hat mir sogar gegen den Dunklen Lord geholfen, wenn der in meine Gedanken eindringen wollte.

Dann erscheint der Henker mit einem Dementor und auch wenn ich mich geschützt habe, dringt dessen Kälte trotzdem in meine Seele. Ich kann mich zwar vor dieser grässlichen Erinnerungsflut bewahren, aber viel mehr auch nicht. Fudge öffnet die Tür und der Dementor gleitet hinein – ich folge ihm völlig überdreht. Doch das Zimmer ist leer ... ein Fenster steht offen und ... Black ist spurlos verschwunden!

Das ist zu viel ... einfach viel zu viel! Mein Verstand setzt vollkommen aus und ich brülle wie ein Irrer los. Fudge meint, Black müsse appariert sein und das macht mich noch wütender, denn dieser Narr sollte eigentlich wissen, das sowas hier in Hogwarts unmöglich ist und ich brülle noch lauter ... man muss mich im ganzen Schloss hören, aber das ist mir egal ... etwas in mir gibt nach und zerreißt ... der Streß des ganzen Jahres, meine ganzen wirren Gefühle, die ganze Unsicherheit, die ich empfunden habe, brechen aus mir heraus und ich beschuldige alles und jeden, an Blacks Flucht schuld zu sein ... besonders den Potter Bengel, der ja immer mit solchen irren Sachen zu tun hat ... warum nicht auch jetzt ... wer sonst sollte Black geholfen haben ... ja, wer sonst? Lupin streunt immerhin als Werwolf übers Gelände und fällt dadurch bei diesem Thema flach ... Er kann´s diesmal nicht gewesen sein.

Ich eile mit langen Schritten und fliegender Robe wieder in den Krankenflügel, um mich zu überzeugen ... wenn der Bengel noch dort ist ... OK ... aber wenn nicht ... dann fliegt er ... fliegt er von der Schule und das ohne Besen! Der Bengel liegt in seinem Bett und wirft mir einen derartig unschuldigen Blick zu, dass ich mir sicher bin, dass er etwas damit zu tun hatte, auch wenn er jetzt hier ist ... ich kann mir zwar nicht vorstellen wie er das geschafft haben soll, aber ich bin mir sicher, dass...

Ich brülle ihn an und mein Verstand ist immer noch nicht wieder ganz da ... es klingt absolut irrsinnig, was ich ihm da vorwerfe, aber ich kann einfach nicht anders. Dass Fudge immer noch Unsinn von sich gibt, macht mich auch nicht eben vernünftiger. Poppy versucht mich zu beruhigen, Fudge versucht es, aber ich will mich nicht beruhigen ... ich will schreien, brüllen und toben ... ich will es einfach ... will aus diesem verdammten Bengel die Wahrheit herausbringen, will endlich wissen, was hier eigentlich gespielt wurde und immer noch gespielt wird!

Dann geht Dumbledore dazwischen und redet beschwichtigend auf mich ein – sonst kann er mich eigentlich immer beruhigen, aber nicht heute ... ich will mich nicht besänftigen lassen ... ich bin um meine Rache betrogen worden ... um den Orden des Merlin ... um alles, was mir hätte Genugtuung geben können – wie schon so oft in meinem Leben.

Fudge wirft mir Blicke zu, die nur zu deutlich besagen, dass er an meinem Verstand zweifelt ... ehrlich gesagt, tue ich das im Augenblick selbst ... ich bin so sehr außer mir, dass ich einfach wütend herumwirble und mit langen Schritten die Flucht ergreife ... wenn ich hier nicht gleich verschwinde, geht noch etwas zu Bruch ... das halbe Schloss in eine Ruine zu verwandeln, wär echt ne feine Option.

Keiner begegnet mir in den Gängen, als ich wie eine verrückte Fledermaus in meine Räume fliehe ... da haben sie alle Glück, denn heute wäre ich wirklich auf ihr Blut aus gewesen. Mit einem lauten Knall fliegt die Bürotür hinter mir zu und ich werfe mich in meinen Sessel. Ich koche vor Wut und ich muss sie einfach irgendwie loswerden, sonst platze ich.

Black entkommen ... nichts mit dem Orden ... der Bengel hat gewonnen und ich kann es ihm noch nicht mal beweisen ... Lupin als Werwolf im Gelände ... Fudges hirnverbranntes Gequasel ... Dumbledores Gleichmut dem allen gegenüber ... Poppys ‚die Kinder brauchen Ruhe’ ... zu viel ... das ist alles einfach zu viel.

„AAAHHHHRRRGGGHHHH!“

Ein wahnsinniger Schrei bricht sich den Weg aus meiner Kehle frei und erleichtert mich ein wenig. Gleichzeitig bringt er meinen Schädel beinahe zum Platzen und ich sacke in mir zusammen.

Zum Narren gehalten, Severus, schon wieder mal bist du der Dumme, der Böse, derjenige, der an allem Schuld ist ... verdammt, verdammt, verdammt! Es ist gelaufen, du kannst nichts mehr tun, nur noch den Werwolf verpetzen, das ist das Einzige und das ist verdammt wenig, aber du wirst es tun ... wenigstens das, wenn schon sonst nichts!

In meinen Regalen steht eine Flasche mit medizinischem Alkohol, den ich hin und wieder für meine Tränke brauche – sicher nichts, was man so trinken kann, aber das ist mir heute egal ... ich hole mir das Zeug einfach und nehme einen tiefen Schluck. Der Alkohol ist so konzentriert, dass er mir beinahe die Kehle ausbrennt, mir den Atem verschlägt und meine Augen zum Tränen bringt. Ich habe noch nicht mal Zeit, die Flasche wieder zurück ins Regal zu stellen. Das hochprozentige Zeug raubt mir sofort die Besinnung und ich falle einfach um, wo ich stehe und weis von nichts mehr.

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hotepneith
2006-06-24T14:41:52+00:00 24.06.2006 16:41
Eine tolle,psychologische Begründung für das Verhalten von Snape. sehr glaubwürdig.
Und dass ein Zeitumkehrer mit im Spiel war, konnte er ja nun wirklich nicht wissen.


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