Zum Inhalt der Seite

Trankmeister von Hogwarts

Fortsetzung von "Ten forgotten Years" - keine Pairings - ein bisschen Depri
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Boggarts und harsche Worte

Kapitel 9

Boggarts und harsche Worte

Auf ein Neues

D

ie letzten drei Ferienwochen vergehen wie im Flug und schneller als man „Expelliarmus“ sagen kann (für mein Gefühl) ist auch schon wieder der erste September da. Ich habe mich in gewisser Weise damit abgefunden, dass Lupin hier auftauchen wird, aber dass das mit einem gewissen Knalleffekt geschieht, kommt mir dann doch recht sauer hoch.

Der Alte hatte mir ja gesagt, dass Dementoren um das Schulgelände stationiert werden, aber wir hatten nicht damit gerechnet, dass diese Wesen auch den Hogwarts Express durchsuchen werden. Noch weniger hatte ir-gendwer damit gerechnet, dass Potter so empfindlich auf die Dementoren reagiert, dass er einfach umkippt. Eine Eule von Lupin erreicht uns, noch bevor der Zug in Hogsmeade einfährt und Albus holt Minerva und mich zu einem dringenden Gespräch in sein Büro.

„Dieser Narren vom Ministerium“, meint er und man kann nur zu deutlich hören, dass er schrecklich aufge-bracht ist. „Jetzt lassen sie schon einen Zug voller Schulkinder von diesen Bestien durchsuchen ... ich kann es einfach nicht fassen ... sowas von verantwortungs-los!“

„Sir“, versuche ich ihn so weit zu beruhigen, dass er er-zählen kann, was wirklich in dem Brief steht, den er so eindringlich vor unseren Augen schwenkt. „Was ist im Zug geschehen?“

Minerva nickt eindringlich zu meinen Worten, auch sie will eine Antwort. Ich habe den Alten noch nie so außer sich gesehen – noch nicht mal am Tag als Voldemort verschwunden war.

„Der Junge, er ist ohnmächtig geworden und der De-mentor ist auf ihn losgegangen. Remus ist dazwischen gegangen und hat das Ungeheuer mit einem Patronus Zauber verjagt.“

„Warum reagiert der Junge nur so heftig auf die De-mentoren?“ will Minerva wissen.

„Ich bin mir nicht sicher“, erwidert Albus. „Aber ich denke, da sie in der Lage sind, die übelsten Erinnerun-gen einer Person in ihr Gedächtnis zu rufen, könnte es durchaus sein, dass Harry den Mord an seinen Eltern durchlebt – ich bin mir wirklich nicht sicher, denn er war ja damals noch sehr klein.“

„Oh Gott“, stöhnt Minerva. „Was sollen wir nur mit dem Jungen machen, wenn er so heftig auf die Dementoren reagiert? Er ist im dritten Jahr und er wird mit den an-deren nach Hogsmeade gehen wollen – dann muss er an den Dementoren vorbei, wenn er das Gelände verlässt.“

„Ich hoffe“, werfe ich ein. „Und das meine ich jetzt wirk-lich nicht böse, Minerva, dass seine Verwandten die Ge-nehmigung nicht unterschrieben haben.“

Sie wirft mir einen durchdringenden Blick zu, nickt dann aber und seufzt schwer.

„Ja“, murmelt sie. „Das hoffe ich auch.“

„Fudge hat sowas erwähnt, dass Harry ihn gebeten hät-te, das Formular zu unterschreiben – er hat sich natür-lich geweigert und ich denke, wir können davon ausge-hen, dass der Junge keine Erlaubnis hat“, kommt es vom Direktor.

„Dann werden wir verdammt gut aufpassen müssen, dass er nicht wieder irgendwelche Alleingänge unter-nimmt“, brumme ich nachdenklich und sehe mich mal wieder auf den Fersen des Jungen – na bestens – wir mögen uns nicht, aber ich will auf ihn aufpassen und er wird das sicher wieder in den falschen Hals kriegen, wenn er es mitbekommt, wovon ich ausgehen kann ... ach Shit!

„Da bin ich ausnahmsweise mal ganz deiner Meinung, Severus“, kommt es von Minerva.

Albus nickt nur.

„Du hast Recht, mein Junge, aber übertreib es nicht“, fordert er mich auf.

Ich brumme nur ein wenig unwillig. Nicht übertreiben? Bei den Dingern, die der Junge jedes Jahr dreht? Unter-treiben, wäre wohl der bessere Ausdruck, wenn es um Harry Potter geht – man kann gar nicht vorsichtig ge-nug sein.

„Minerva?“ wendet sich Albus an die Hauslehrerin von Gryffindor. „Würdest du den Jungen in Empfang neh-men und überprüfen, wie sehr er wirklich unter dieser heimtückischen Attacke gelitten hat?“

„Selbstverständlich“, erwidert sie und macht sich auf den Weg.

„Lupin hat sich also mit einem Dementor angelegt“, brummle ich und denke, dass er nun nicht unbedingt Lorbeeren dafür bekommen muss, den ‚Jungen, der lebt’ gerettet zu haben – ganz abgesehen davon, dass ich ihn irgendwie beneide, dass er einen Patronus rufen kann und ich nicht.

„Hat er und er hat mit Sicherheit das Richtige getan“, gibt der Alte zurück. „Oder denkst du anders?“

Ich knurre leise und winke ab.

„Bitte, Severus, fang keinen Streit mit Remus an“, erin-nert er mich an mein Versprechen.

Wieder winke ich ab.

„Wenn er nicht anfängt, werde ich mich zu benehmen wissen, aber erwarten sie nicht, dass ich freundlich zu ihm bin, Sir.“

Er seufzt leise.

„Nun, mein Junge, dann will ich mal das Beste hoffen“, entgegnet er und wirft mir einen beschwörenden Blick zu. „Lass uns nach unten zum Willkommensfest gehen.“

Ich nicke nur und folge ihm nach unten in die Große Halle. Der Zug muss inzwischen angekommen sein, denn die höheren Jahrgänge haben sich bereits an den Haustischen versammelt – keine Spur vom Potter Ben-gel, aber der hat wohl ein Gespräch mit Minerva – und zweifelsohne auch mit Poppy, wenn er wirklich umge-kippt ist. Wie auch immer, Lupin hat bereits am Lehrer-tisch Platz genommen und ich muss mich mit aller Macht zwingen, einfach weiter zu gehen, als ich seiner gewahr werde.

Verdammt – Dumbledore hat Recht gehabt – gut gegan-gen kann es ihm sicher nicht sein. Seine Kleidung ist schäbig, wenn auch sauber geflickt, das Gesicht sieht immer noch um Jahre jünger aus, als er wirklich ist, aber eine grenzenlose Müdigkeit liegt in seinen Zügen – kein Wunder, erst gestern war Vollmond und er kann sicher nicht den Tag verschlafen haben, wenn er im Hogwarts Express war und sich dort mit den Demento-ren angelegt hat.

Ich gehe mit meinen üblichen langen Schritten zu mei-nem Platz, der direkt neben Lupin ist und so habe ich Zeit, ihn genau zu mustern. Er trägt sein Haar jetzt viel länger, als er es als Junge hatte, allerdings ist sein schiefes Grinsen immer noch dasselbe.

„Severus?!“ kommt es überrascht von ihm, als ich mich auf meinem Platz niederlasse. „Bist du das wirklich?“

„Heute früh war ich es jedenfalls noch, Lupin“, knurre ich unwillig und hoffe, dass er keine weiteren Fragen mehr stellen wird.

„Ich wusste nicht, dass du an Hogwarts unterrichtest“, fährt er jedoch ungerührt fort und in mir kommt die Erinnerung hoch, dass er schon immer gerne und für meinen Geschmack zu viel geredet hat.

Ich werfe ihm einen finsteren Blick zu und hoffe, ihn so zum Schweigen zu bringen, doch er lächelt mich immer noch mit diesem schiefen Grinsen an – manche Dinge scheinen sich nie zu ändern und die Vergangenheit treibt mal wieder dicht unter der Oberfläche meiner Gedanken – doch ich will mich jetzt sicher nicht damit befassen.

„Welches Fach gibst du?“ fragt er dennoch weiter.

„Rate mal, Lupin“, knurre ich. „Die Verteidigungskünste hast du dir ja geschnappt.“

Er wirft mir einen fragenden Blick zu und versteht wohl nicht so ganz, warum ich ihm so unfreundlich begegne. Nun, für mich ist es ein ganz schöner Haufen, der da auf mich zukommt. Erinnerungen an meine eigene Ju-gend, der Werwolf, ausgerechnet ein Herumtreiber, der mir den Job wegnimmt, den ich schon seit dreizehn Jahren haben will, der Werwolf, diese Freundlichkeit, die er mir entgegenbringt und die ich einfach nur für unecht halten kann – warum sollte ausgerechnet Lupin zu mir freundlich sein? – ach ja – bevor ich´s vergesse – der Werwolf!!!!

„Also, was unterrichtest du, Severus?“ drängt er. „Oder soll ich raten?“

Ich knurre ihn leise an und meine Augen werfen Dolche auf ihn, aber er scheint nicht besonders beeindruckt davon zu sein.

„Zaubertränke“, entgegne ich knapp.

Ich habe wirklich keine Lust auf eine Unterhaltung und endlich ist mal das Glück ein wenig auf meiner Seite, denn die Auswahlzeremonie beginnt und Lupin hält endlich den Mund. Der Hut singt sein neues Lied wie jedes Jahr, aber ich höre ihm kaum zu. Ich bin viel zu sehr in meine Gedanken verstrickt und dass der Wer-wolf seinen Platz ausgerechnet neben mir hat, macht es nicht eben besser.

Es sind zu viele Dinge, die mir die Herumtreiber damals angetan haben, als dass ich das so einfach verzeihen könnte – auch wenn Lupin nur selten daran beteiligt war, wenn ich ehrlich bin – so ist er trotzdem Teil mei-ner Erinnerungen und die sind wirklich nicht eben an-genehm.

Inzwischen werden bereits die neuen Schüler in ihre Häuser gewählt und so kann ich weiter meinen Gedan-ken nachhängen, ohne dass es auffällt – meine Kollegen sind es ohnehin gewohnt, dass ich recht schweigsam bin und es interessiert wohl auch keinen, was mir durch den Kopf geht.

Lupin...

Ja, die Jahre haben es sicher nicht gut mit ihm gemeint. Er sieht so verdammt schäbig aus, aber wenn ich es recht bedenke, dann kann er keine richtige Arbeit ge-habt haben – wer würde schon einen Werwolf einstellen – es sei denn Dumbledore? Tut mir der Werwolf viel-leicht Leid? Nee, sicher nicht – er ist wohl selbst dran Schuld, dass er gebissen wurde und zum Monster wur-de.

Dieses gutmütige Lächeln ... aber er ist eine gefährliche, ja mörderische Bestie – ich weis es nur zu genau, da kann er noch so freundlich lächeln und noch so nett tun. Es ist mir verdammt unangenehm, so nahe neben ihm zu sitzen ... echt!

Trotzdem kann ich es nicht lassen, ihn aus den Augen-winkeln zu beobachten. Seine Hände zeigen, wie dünn, ja geradezu dürr er sein muss, auch wenn es seine flat-ternde Kleidung verbirgt. Sein Haar hat mehr graue Strähnen bekommen, als es seinem Alter entsprechen würde – er ist, soweit ich weis, ein bisschen älter als ich und ich habe noch keine grauen Haare, auch wenn mein Gesicht viel älter wirkt – hat es ja schon immer. Dunkle Schatten unter den Augen des Werwolfs, aber auch die kenne ich zur Genüge von mir selbst – Schlaflo-sigkeit ... schläft er auch schlecht oder schlaucht ihn seine Verwandlung so sehr?

Nun vielleicht sollte ich ihn doch als Versuchskaninchen für meinen Wolfsbann ansehen – und ich werde wohl noch so ein paar Einzelheiten daran ändern, um wirk-lich sicher zu gehen, dass er keinen Schüler beißt (und auch keinen Lehrer, was das betrifft – und schon gar nicht mich! Die Vorstellung, selbst zum Monster zu werden, ist einfach zu grässlich).

Inzwischen hat Dumbledore mit seiner Ansprache be-gonnen und warnt die Kids vor den Dementoren – das übliche Blabla, das inzwischen alle schon auswendig kennen sollten (bis auf die Erstklässler natürlich), aber sie vergessen das wohl über den Sommer nur zu gern und müssen jedes Jahr aufs Neue daran erinnert wer-den. Nun, manche haben eben an Stelle eines Gehirns einen Schweizer Käse.

Dann erscheint das Essen vor uns und Lupin sieht es wohl als seine Berufung an, weiter mit mir Konversati-on zu betreiben. (Natürlich hat der Alte ihn den Kids vorgestellt und ebenso natürlich ohne die geringste Er-wähnung der Gefahr, die von diesem offensichtlich so gutmütigen Mann ausgeht – Nun ich werde ein Auge auf ihn haben, das ist so sicher, wie nur was.)

„Du gibst also Tränke?“ knüpft er an seinen vorherigen Beinahemonolog an.

„Ja“, brumme ich ohne die geringste Freundlichkeit in der Stimme.

„Das heißt, du wirst dieses Zeug für mich brauen?“ fragt er weiter.

‚Dieses Zeug’ – na wenigstens ist er klug genug, den Trank nicht beim Namen zu nennen, auch wenn die Be-legschaft zum größten Teil über ihn Bescheid weis – we-nigstens diejenigen, die schon damals an der Schule wa-ren, als wir noch Schüler waren.

„Ja, ich werde dir ‚dieses Zeug’ brauen“, brumme ich unwillig.

„Danke, Severus“, gibt er zurück. „Ich weis das wirklich zu schätzen.“

„Bild dir nichts ein, Lupin“, murre ich. „Ich tue es nur, um sicher zu gehen, dass du es auch wirklich nimmst ... und du weist nur zu genau, warum mir das so wichtig ist, oder?“

Meine Stimme ist ziemlich scharf geworden und sein unglücklicher Blick zeigt mir, dass er wirklich nur zu genau weis, auf was ich mich beziehe.

„Severus“, murmelt er. „Ich...“

„Lass es, Lupin“, zische ich. „Lass es einfach, ja ... ich brauch keine dummen Ausreden ... und ich hab das si-cher nicht vergessen.“

Ich klinge so gefährlich, dass ich ihn damit zum Schweigen bringe und er einfach seine Mahlzeit been-det, ohne nochmal das Wort an mich zu richten – was mir nur zu Recht ist.


 

Überlegungen im Verließ

D

as Festmahl ist vorbei und ich habe mich in meine sicheren Räume verzogen – hier wird mich keiner stören und ich kann in Ruhe nachdenken. Ich war nicht eben freundlich zu Lupin dort oben in der Großen Halle – nee, echt nicht – noch unfreundlicher, als ich es gewöhnlich zu meinen Kollegen bin.

Ja, er ist älter geworden, aber irgendwie ist er immer noch der Junge von damals und auch wenn ich ihm un-vorbereitet auf der Straße begegnet wäre, hätte ich ihn sofort erkannt. Schon alleine dieses schiefe Grinsen hät-te mir gesagt, dass es Lupin sein muss – ja, dieses Grin-sen – es ließ eine Unmenge Erinnerungen in mir wieder wach werden ... viele ... verdammt viele ... zu viele?

All diese kleinen und größeren Schandtaten, die sie mir angetan haben – und für die ich mich immer gerächt habe – wenn ich ehrlich bin ... nur diese letzte Sache ... das Ding unter der Peitschenden Weide ... da steht die Rache immer noch aus – schon seit fast zwanzig Jahren.

Verdammt – aber es war nicht Lupins Schuld – das weis ich nur zu genau – es war die hirnverbrannte Schnaps-idee von Black und von Black ganz allein.

Ich habe mich in meinem Schlafzimmer in meinen Sessel fallen lassen und starre in meinen Kamin. Es ist kalt hier unten und so habe ich ein kleines Feuer entzündet. Jetzt flackern die gelbroten Flammen vor meinen Augen und formen Gesichter – Gesichter, die Toten gehören, Gesichter, die Lebenden gehören ... Erinnerungen.

Verdammt – als hätte es nicht gereicht, dass ich mich jetzt schon das dritte Jahr mit Potters Sohn rumschla-gen muss (und mit Lilys Augen in seinem Gesicht) – jetzt ist auch noch Lupin wieder aufgetaucht und auch Black könnte hier in der Nähe sein, könnte hier im Schloss auftauchen. Ach Shit – Verdammt!

Ich weis nicht, was ich tun würde, wenn mir Black wirk-lich über den Weg läuft ... Entflohener Gefangener ... Mörder ... Verräter ... Ach Shit ... Sirius, geliebter Feind ... Was wird überwiegen, wenn wir uns gegenüberste-hen sollten ... der Hass ... die Liebe ... Vergangenheit oder Gegenwart?

Es ist schwer zu sagen, was ich im Augenblick denke und noch schwerer zu sagen, was ich empfinde. Aber mit Gefühlen war ich ja noch nie gut.

Meine Gedanken kreisen.

Plötzlich klopft es an der Bürotür.

Wer will jetzt noch was von mir? Dumbledore? Eher nicht. Er hat heute schon alles zu mir gesagt, was zu sagen war. Aber wer dann? Ich muss zugeben, dass ich ein wenig neugierig bin – anderseits habe ich keine Lust, mich mit wem auch immer zu befassen – aber wenn es wirklich der Direktor ist, dann sollte ich besser aufmachen – es könnte ja was Wichtiges sein.

Es klopft erneut.

Wer auch immer es ist – er scheint sein Anliegen für wichtig zu halten. Ich erhebe mich seufzend aus mei-nem Sessel und gehe in mein Büro hinaus, öffne die Tür und starre wie gelähmt auf die Person, die davor steht ... Es ist Remus Lupin.

„Was willst du, Lupin?“ fauche ich ihn an und er hat den Anstand zusammen zu zucken.

„Severus...“

„Was willst du von mir?“ knurre ich. „Unsere alte Be-kanntschaft erneuern ... da gibt es nichts zu erneuern ... wir waren nie auch nur Bekannte, ganz zu schweigen von Freunden ... du warst immer der Herumtreiber und ich immer der hässliche Schleimball, der schmierige Snivellus...“

„Severus“, fährt er mir ins Wort. „Das ist doch schon so lange her ... können wir nicht Frieden machen ... nach all den Jahren ... wir sind doch jetzt Kollegen.“

„Wenn es nach mir gegangen wäre, dann wärst du nie nach Hogwarts zurückgekommen ... ich weis was du bist und ich weis, wie gefährlich du bist, da kannst du noch so freundlich und gutmütig tun, du bist...“

„Sag´s nicht“, murmelt er und wirft mir einen traurigen Blick zu. „Ich weis, was ich bin ... nur zu genau ... denkst du, ich wäre es, wenn ich eine Wahl hätte?“

„Oh keine Sorge, Lupin“, zische ich ihn an. „Ich werde dir diesen Trank brauen und ich werde ganz genau auf-passen, dass du ihn auch trinkst ... ich will nicht, dass hier ein Monster durchs Schloss schleicht und Unschul-dige anfällt.“

Ich habe mit meinem Körper die Türe blockiert und Lu-pin steht wie ein armer Sünder davor. Sein Blick ist noch trauriger geworden und wenn ich ehrlich bin, dann bricht er mir fast das Herz – das, was davon in meiner Brust noch übrig ist. Aber ich bin nicht bereit, etwas – und sei es diesen treuen Dackelblick – an mich heran kommen zu lassen. Ich kann keine Gefühle brau-chen, kann nichts brauchen, was mich wieder an diesen jämmerlichen Jungen erinnert, der ich damals war ... nichts von alle dem.

„Kannst du denn nicht vergessen oder wenigstens ver-geben?“ flüstert er und seine hellbraunen Augen bohren sich in meine Schwarzen, aber ich lasse nicht zu, dass dieser Blick etwas in mir berührt – Ich lasse es nicht zu!!!!

„Nein“, knurre ich. „Nein, das kann ich nicht und das werde ich auch nicht ... verschwinde besser Lupin, bevor ich die Geduld mit dir verliere.“

Plötzlich hebt er eine Flasche Rotwein und meint leise: „Ich dachte, wir könnten die Differenzen beilegen und vielleicht ein Glas miteinander trinken, Severus.“

„Träum weiter ... das Einzige, was wir miteinander zu tun haben werden, ist dieser Trank und jetzt ver-schwinde ... es ist spät und ich will ins Bett.“

Er schüttelt traurig den Kopf und lässt die Flasche wie-der unter seiner Robe verschwinden.

„Denk darüber nach, Severus“, sagt er sehr leise und bedrückt. „Vielleicht ein anderes Mal...“

„Es wird kein anderes Mal geben, wenigstens nicht, wenn es nach mir geht“, knurre ich. „Komm nicht wie-der hier runter ... ich sorge schon dafür, dass du nicht zur Bestie wirst, aber mehr will ich nicht mit dir zu tun haben.“

Er schüttelt den Kopf und macht sich auf den Weg nach oben. Ich schließe die Tür, doch bevor ich das noch zu Ende bringen kann, höre ich noch diese heisere, leise Stimme: „Schlaf schön, Severus.“

Ich schlage die Tür heftig zu und lehne mich mit dem Rücken dagegen, als würde ich damit alles dort draußen aus meiner privaten Welt ausschließen können, doch es gelingt mir nicht ... vor meinem inneren Auge schim-mert immer noch die Flasche Rotwein.

Ich mag zwar keinen Alkohol, aber die Geste war wirk-lich freundlich. Nein, es wird keinen Frieden zwischen uns geben ... ich kann nicht ... ich will nicht ... er ist ein gottverdammter Werwolf!!!

Aber er ist auch immer ein anständiger Kerl gewesen ... der an-ständigste der Herumtreiber ... und er selbst hat dir nie was getan ... das waren immer die anderen drei.

Aber er hat mir auch nie geholfen ... hat die anderen nie aufgehalten ... noch nicht mal als er Vertrauensschüler war ... wo er es hätte tun müssen.

Was denkst du denn? Dass er sich auf deine Seite stellt und gegen seine Freunde?

Aber es wäre gerecht gewesen!

Er war noch ein Junge und er wäre allein gewesen, wenn die Her-umtreiber nicht zu ihm gehalten hätten.

Ich war auch nur ein Junge und ich war auch allein ... so verdammt allein.

Immer noch lehne ich an meiner Türe und kann mich nicht aufraffen, wo anders hin zu gehen. Die Gedanken sind so verdammt schwer und ich kann sie mit keinem teilen ... kann mich nur mit mir selbst streiten und so seufze ich schwer, stoße mich von dem dunklen Holz ab und schleiche geradezu in mein Schlafzimmer hinüber.

Ich bin müde, aber ich bin mit ebenso sicher, dass ich jetzt noch nicht werde schlafen können. Diese schweren Gedanken kreisen immer noch durch meinen Kopf und mein ansonsten ach so brillantes Gehirn nutzt mir gar nichts, wenn es um solche Dinge geht.

Gebt mir die Aufgabe einen schwierigen Trank zu brau-en oder Nachforschungen anzustellen, Informationen zu sammeln und ich werde Erfolg haben ... aber stellt mich vor zwischenmenschliche Beziehungen oder gar Gefühle und ich versage jämmerlich.

Warum war ich eigentlich so unfreundlich zu Lupin? Wenn ich ganz ehrlich bin, dann weil ich ihn eigentlich für anständig halte und ihn sogar irgendwie – nun – mag...

Aber ich will keinen mehr an mich heranlassen ... es tut zu weh, einen Freund zu verlieren ... und ich weis nicht, ob ich Lupin wirklich vertrauen kann ... weis nicht, ob er wieder über mich lachen wird ... mich lächerlich ma-chen wird ... mir was weis ich was antun wird ... ich weis es einfach nicht – und was auch immer ... er hatte immer einen recht trockenen und treffenden Humor und es tut verdammt weh, ausgelacht und verspottet zu werden.

Nie wieder leiden, weil ich jemand mag ... nie wieder leiden, weil ich es wagte zu lieben.

Liebe mag es für andere Menschen geben, nicht jedoch für Severus Snape ... nein, keine Zuneigung oder gar Liebe für den Trankmeister von Hogwarts.

Es tut weh ... schrecklich weh ... allein diese Gedanken auch nur zu denken, schmerzt so verdammt übel. Es ist viel besser, alle anzufauchen und zu verjagen, als wie-der so zu leiden ... einfach meine kalte Maske aufsetzen und alle von mir weg zu scheuchen.

Ja, das wird so besser sein.

Ich seufze schwer und setze mich bequemer in meinen Ledersessel ... nein, mein Bett lockt mich heute mal wie-der so überhaupt nicht, auch wenn ich bis zum Umfal-len müde bin. Mit einer trägen Handbewegung rufe ich mir meine Decke vom Bett zu mir herüber und wickle mich hinein. Hier ist es immer ein wenig kalt, selbst wenn ein Feuer brennt.

Warum will ich keine Versöhnung? Warum will ich kei-nen Frieden mit Lupin machen? Denn er hat Recht ... es ist schon verdammt lange her ... und ich weis, dass er nicht die Schuld daran trug ... eigentlich an keiner von dieser Begebenheiten ... immer nur dabei, aber nie der Initiator. Ach verdammt!

Es war Black ... Blacks Schuld, diese Sache unter der Peitschenden Weide ... und auch ein paar von den ande-ren Dingen ... manches ging auch von James aus und gar nicht so wenig von Wurmschwanz. Aber nie war es Lupin. Trotzdem ich kann nicht ... ich will nicht ... wenn ehrlich bin, wage ich es nicht.

Verdammt, Severus, du bist wirklich ein Feigling, wenn es um sol-che Dinge geht!

Meine Gedanken rennen wie eine Ratte in einem Lauf-rad und langsam verwirren sie sich und ich schlafe ein.
 

Ein paar Tage später spricht mich Hagrid beim Abend-essen an und hat eine äußerst schuldbewusste Miene aufgesetzt.

„Da Buckbeak...“ setzt er an.

„Was ist mit deinem Greifen?“ fordere ich ihn auf weiter zu sprechen.

„Dea hod am Malfoy weh to ... aba da Depp is selm z´schuid ... i hob eam g´sagt, dass ea eam ned b´leidig´n deaf ... und dea Trottl sogt zu eam, dassa a schiachs Viech ist ... und ... und da Beaky hod eam an Schnobi in seim Arm eini ghaut ... jetzad is ea im Kranknflügl ... da Malfoy moan i...“

„Das gibt Ärger mit Lucius, Hagrid“, gebe ich leise zu-rück. „Der wird dich anzeigen.“

„I woas ... hod ea scho ... aba da Dumbledore hod füa mi g´red ... und i ko weida an Lehra macha ... grossa Mo da Dumbledore ... aba da Beaky ... do werd´s a Vahan-dung gebm.“

Der große Mann weint beinahe und ich weis wie sehr er an jedem einzelnen seiner Biester hängt.

„Tut mir leid, Hagrid“, erwidere ich. „Ich habe nicht den geringsten Einfluss auf Lucius Malfoy und Draco wird tun, was Lucius ihm sagt.“

„Do hob i gar ned dro denkt, i woit da nua de G´schichtn vazähln.“

Er zieht ein gigantisches Taschentuch aus seiner Tasche und schnaubt sich hinein – wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, ein Drache mit Schnupfen säße neben mir – der kann auch nicht lauter sein. Ich würde ihm wirklich gerne helfen, aber ich kenne Lucius nur zu gut ... der mit seinem Reinblütergefasel ... natür-lich kann er es nicht leiden, wenn ein Halbriese seinen Sohn unterrichtet und so ein Zwischenfall kommt ihm gerade Recht, dass er sich mal wieder in Hogwarts ein-mischen kann.

Und Draco? Der schlachtet seine Verletzung in den nächsten Tagen und Wochen gehörig aus ... der kleine Bastard ... trotzdem sorge ich dafür, dass Potter und Weasley ihn in meinem Unterricht unterstützen ... ich werde mir immer sicherer, dass ich Lucius nochmal dringend brauchen werde ... Verdammt!

Es ist sonst wirklich nicht meine Art, Wehleidigkeit zu unterstützen und wenn es nicht ausgerechnet Draco wäre ... jeden anderen hätte ich sein Zeug selber schneiden lassen. Grundgütiger ... diese Slytherins! Was sind wir doch für opportunistische Bastarde!


 

Geierhut und Damenkleid

E

s dauert nicht lange und ich muss mir selbst Recht geben – man kann Lupin nicht trauen!

Es wird unter den Schülern und auch unter den Lehrern getuschelt und weil ich wirklich sehr gute Ohren habe, bekomme ich mit, um was es geht. Lupin hat im Unter-richt Boggarts durchgenommen.

Diese dunklen Wesen haben die freundliche Eigenschaft sich in das zu verwandeln, was ihr Gegenüber am meis-ten fürchtet (bei mir war es früher mein Vater, der alte Bastard, aber ich denke, heute wäre es wohl der Dunkle Lord, doch ich weis es nicht, denn ich bin ewig keinem mehr von diesen Wesen begegnet). Es war wohl so, dass Lupin sich für meine hämische Bemerkung über Longbot-toms Fähigkeiten (ich hatte ihn gewarnt, dem Jungen auch nur das Geringste zuzutrauen – und das vor ver-sammelter Mannschaft) gerächt hat.

Der Boggart, den Lupin im Lehrerzimmer aufgetrieben hatte, verwandelte sich in meine Person, als er Neville gegenüberstand – ich wusste, dass der Junge vor mir Angst hat – immerhin gehe ich genug auf ihn los, weil ich will, dass er sich zur Wehr setzt und nicht was auch immer hilflos gegenüber steht (man kann darüber strei-ten, ob das die richtige Methode ist, aber es ist nun mal die meine), aber dass ich seine größte Furcht bin, wusste ich nicht.

Lupin fiel nichts Besseres ein, als dem Jungen zu sagen, wie er seine größte Furcht lächerlich werden lassen kann (das ist nun mal der Weg, mit einem Boggart fertig zu werden). Er ließ den Jungen meiner Gestalt die Kleidung seiner Großmutter anziehen ... samt grünem Kleid, roter Handtasche, mottenzerfressenem Fuchspelz und Geierhut ... na klar ... er hat es geschafft, mich damit vor der gan-zen Schule zum Gespött zu machen.

Bin ich sauer? Könnte man so sagen ... sauer ... na ja ... wenn ich ehrlich bin, könnte ich Lupin dafür stehend freihändig erwürgen. Da arbeite ich jahrelang daran, dass meine Schüler mich respektieren und Lupin schafft es in einer einzigen Doppelstunde die ganze Anstren-gung zu ruinieren ... Verdammt ... verdammt noch eins!

Und dann kommt auch schon wieder der Vollmond näher ... er braucht den Trank sieben Tage lang ... eine Woche vor seiner Verwandlung ... Ich muss ihm das Zeug schon bald bringen. Gewöhnlich genieße ich es wirklich, kom-plexe Tränke zu brauen, aber dieses Mal werde ich von Zutat zu Zutat, die ich in den Kessel werfe, immer wü-tender. Ich werde mir nichts von ihm gefallen lassen ... nicht mehr ... ich bin kein kleiner Junge mehr, der relativ hilflos einer Übermacht gegenüber steht ... gut, ich bin immer noch allein ... aber das ist Lupin jetzt auch.

Ich werde ihn weder verprügeln noch verhexen, noch werde ich etwas Falsches mit seinem Trank machen (ich habe echt keine Lust, dass der Werwolf hier rumstreunt und die Kinder frisst) ... aber ich werde ihm die Meinung sagen und das so deutlich, dass er nie wieder auf eine so dumme Idee kommt ... und da dachte ich, er wäre an-ständig.

Schon am selben Abend tauche ich mit der ersten Portion Wolfsbann in seinen Räumen auf.

„Lupin“, schnarre ich. „Dein Trank.“

„Danke, Severus“, erwidert er und lächelt mich freundlich an.

Dieses Lächeln lässt mich nur noch wütender werden und ich koche ohnehin schon seit drei Tagen auf kleiner Flamme vor mich hin.

„Trink lieber das Zeug und grins nicht so blöd“, zische ich ihn an. „War ja mal wieder ne echte Glanzleistung, mich vor der ganzen Schule zum Trottel zu machen ... gut ge-macht, Lupin, wirklich echt Klasse ... ein Frauenkleid und einen alten Hut mit einem mottenzerfressenen Geier ... komisch Lupin, echt witzig ... aber der alte Snivellus war ja schon immer für einen Lacher gut, nicht wahr?

Sieben Jahre lang habt ihr euch über mich kaputt ge-lacht ... aber du brauchst nicht glauben, dass du jetzt so weiter machen kannst ... ich bin kein kleiner Junge mehr, weist du ... und du hast deine Freunde nicht mehr hinter dir ... außer du hast vor, Black ins Schloss zu lassen, da-mit er dir hilft, mit mir fertig zu werden ... ich bin mir sicher, dass du mit ihm unter einer Decke steckst ... hast du ja schon immer, in mehr als nur einer Hinsicht ...

aber täusch dich nicht ... ich werde auch mit euch beiden fertig ... ich habe keine Angst, es mit einem stinkenden Werwolf aufzunehmen und mit einem halbverhungerten Ausbrecher, dem die Dementoren wohl so ziemlich die Seele aufgefressen haben dürften...“

Ich habe gesprochen, ohne Luft zu holen und ließ ihn nicht zu Wort kommen. Zuerst hat er nur fein gelächelt, aber bei meinen letzten Sätzen werden seine Augen furchtbar traurig und ich spüre, dass ich ihm damit ver-dammt weh damit getan habe, dass ich gesagt habe, die Dementoren hätten an Blacks Seele genagt – er war einst sein Freund, aber ist er das auch heute noch? Vorwerfen kann ich es ihm auf jeden Fall. Ich wirble herum und ver-lasse mit langen Schritten das Büro.

„Trink das Zeug, Lupin“, werfe ich mit einem hämischen Unterton über meine Schulter zurück und sichere mir damit auch noch das letzte Wort. „Ich weis nämlich durchaus, wie man mit einem Werwolf fertig wird, weist du ... sei also besser vorsichtig.“

Wieder in meinen eigenen Räumen zurück, mache ich mir Gedanken darüber, ob ich in meiner Wut nicht zu weit gegangen bin. Sein Blick war wirklich schrecklich verletzt und wenn ich ehrlich bin, hat er mich ganz schön tief getroffen.

‚Lass dich nicht davon berühren’, denke ich. ‚Mach dir keine Illu-sionen über andere Menschen – keiner mag dich und jeder findet es gut, über dich zu lachen, wenn dir was auch immer zustößt.’

Nein, ich darf das alles wirklich nicht an mich heranlas-sen, denn es tut mir zu weh und ich will mir nicht mehr wehtun lassen. Darum habe ich mich an Lupin gerächt, aber irgendwie ist mir das noch nicht genug – diese hell-braunen Augen, die sich vorwurfsvoll in die meinen bohrten, haben etwas in mir getroffen, von dem ich nicht gedacht hätte, dass noch irgendwer dran kommen könnte.

Ich will jegliches Mitgefühl, jegliche Zuneigung in mir ersticken, die dieser Blick vielleicht hätte hervorrufen können, jegliche positiven Gefühle. Also nehme ich mir vor, dass wenn ich Lupin vertrete noch deutlichere Worte finden werde, als die, die ich eigentlich geplant hatte ... nein, ich will alles in mir ersticken, was ich an freundli-chen Gefühlen für diesen Mann hegen könnte ... auch wenn ich weis, dass es ihm in den letzen Jahren sicher nicht gut gegangen sein kann und er mir ehrlich gesagt Leid tut.

‚Mitleid mit einem Werwolf, Severus?’ meldet sich eine kleine hämische Stimme in mir. ‚Du bist wirklich nicht mehr zu retten – echt jämmerlich, das.’

‚Nein, nein sicher nicht’ – versuche ich sie zum Schweigen zu bringen – aber ich weis, dass das nicht ganz der Wahrheit entspricht.

Etwas in mir, das ich schon lange Jahre tot und begra-ben glaubte, sehnt sich nach einem Freund ... und ich wäre schon damals gerne ein Freund der Herumtreiber gewesen ... aber das ist doch alles nur ein kindischer Traum ... es gibt keine Freunde mehr für mich ... schon gar nicht diesen Werwolf, der mich mal wieder zum Trot-tel gemacht hat ... Ach Shit!

Es zerreißt mich schon wieder mal.

Vielleicht war es auch nur Lupins Rache dafür, dass ich keinen Frieden mit ihm schließen wollte und nur harsche Worte für ihn übrig hatte. Aber ich konnte nicht anders ... zu viele Dinge, zu viele Jahre stehen zwischen uns. Er hat die Hand zur Versöhnung ausgesteckt und ich habe ihn mit verdammt gemeinen Worten abgewiesen ... ich konnte nicht anders.

Verdammt, warum kann ich nicht anders sein ... warum kann ich nicht vergessen und warum zum Henker – wenn ich das schon nicht kann - kann ich dann nicht wenigs-tens verzeihen ... Dinge verzeihen, die wirklich schon

ewig her sind und für die er nicht wirklich was kann?

Ich weis nicht, was ich tun würde, wenn Lupin heute wieder mit einer Flasche Wein vor meiner Türe stehen würde. Etwas in mir würde ihn gerne hereinlassen, ein Glas mit ihm trinken und ein wenig plaudern. Aber der Mensch, der ich jetzt schon seit so vielen Jahren bin – dieser kalte, bittere, zynische Bastard – ist zu sowas ein-fach nicht fähig. Nur keinen an sich heranlassen ... sich von nichts berühren lassen ... keine Gefühle ... kalt ... leer... und - einsam ... verdammt!

Wieder sitze ich in meinem Schlafzimmersessel und star-re in die Flammenzungen meines Kamins. Bilder ... Ge-sichter ... Erinnerungen... Träume...? Hoffungen...? Nein, sowas habe ich nicht mehr. Ich bin nur Vergangenheit ... nicht Zukunft ... bestenfalls bin ich Jetzt ... Lebe nur von einem Tag zum anderen, habe keine Pläne außer dem, einfach weiter zu machen, den Jungen zu schützen und Dumbledore nicht zu enttäuschen.

Wenn das so ist ... so leer ... warum mache ich denn dann nicht einfach Schluss? Es ist so leicht ein Gift zu brauen (muss ich noch nicht mal – es stehen genügend giftige Substanzen oder auch fertige Gifte in meinen Regalen) ... so verdammt leicht. Aber wenn ich das tue, kann ich nichts mehr ändern ... und ich kann es sicher nicht mehr gut machen... und das habe ich mir geschworen ... Es wie-der gut zu machen.

Plötzlich packt mich eine brennende Wut, die nichts mit Lupin zu tun hat, sondern nur mit mir ganz allein. Ich greife nach meiner Teeasse, die neben mir am Tisch steht und werfe sie mit aller Gewalt gegen die nächste Mauer. Sie geht mir einem sehr zufrieden stellenden Klirren zu Bruch. Schade, dass nicht mehr davon rum stehen ... das hat jetzt ziemlich gut getan ... dann vielleicht ein Tinten-fass ... Klirr ... rote Tinte rinnt eine kahle Wand hinunter - so rot wie Blut. Und plötzlich gibt es für mich kein Hal-ten mehr und ein roter Schleier legt sich über meine Au-gen. Ich werfe alles, was mir unter die Finger kommt ge-gen die Wände, die mich umgeben ... mich schützen ... mich einsperren ... mich in mir selbst einsperren.

Ich bin wie in einem Rausch ... ich wüte und tobe ... brül-le nicht vorhandene Personen an ... Verfluche Lupin, ver-fluche Potter (den alten, wie den jungen), verfluche Black ... verfluche alles und jeden, was mir auch nur im Ge-ringsten in die Quere gekommen ist.

Als sich der rote Schleier vor meinen Augen wieder senkt, kann ich nur noch gewaltige Scham und eine ganze Menge Selbsthass empfinden ... ich habe mein ganzes Schlafzimmer verwüstet. Tinte trieft von den Wänden, meine Matratze liegt am Boden, bedeckt von verschlungenen und teilweise zerfetzten Decken und Laken. Die schwarzen Samtvorhänge vor meinem Bett habe ich herunter gerissen und ebenfalls zerfetzt. Meine Bücher liegen drunter und drüber am Boden und bunte Tinte ist in die alten Seiten gesickert.

Ich schäme mich für mich selbst und über diesen so sinnlosen Ausbruch, auch wenn ich jetzt wieder ruhiger bin, hat es nicht wirklich was an meinen wirren Gedan-ken geändert und ich bin einer Lösung um keinen Schritt näher gekommen. Den ganzen Rest der Nacht verbringe ich damit, mein Zimmer wieder in Ordnung zu bringen und mich für meinen so sinnlosen Ausraster zu verfluchen. Erst im Morgengrauen werfe ich mich todmüde und ohne mich auszuziehen auf mein Bett und kann tatsächlich noch eine gute Stunde schlafen, bevor es Zeit für mich ist, wieder meiner Arbeit nachzugehen. Auf ein Frühstück in der Großen Halle kann ich heute dankend verzichten und so lasse ich mir von den Haus-elfen nur ein Kanne extrastarken Kaffee bringen.


 


 

Vertretung

K

urz darauf ist wirklich Vollmond.

Ich habe Lupin die folgenden Rationen seines Tranks kommentarlos gebracht und er hat sich jedes Mal freundlich bei mir bedankt ... und ich strafte ihn mit eisigem Schweigen. Ich war mir nicht sicher, was mir aus dem Mund purzelt, wenn ich versuche, was zu sagen. Einerseits habe ich es ihm noch lange nicht ge-nug heimgezahlt ... andererseits ... noch so einen Wut-anfall, wie nach dem letzten Mal, brauche ich sicher nicht ... es kleben immer noch Tintenreste an meiner Schlafzimmerwand ... also halte ich besser die Klappe ... was meine Laune auch nicht eben verbessert.

Als ich ihm den letzten Trank vor seiner Verwandlung bringe, hält Lupin mich allerdings auf.

„Du übernimmst doch morgen meinen Unterricht?“ fragt er rhetorisch nach – Dumme Frage er muss es wis-sen, das ich das tun werde ... nun nicht alle Klassen, denn ich habe auch noch meine eigenen Stunden, aber zwei davon schon. Ich brumme nur unwillig.

„Das sollte doch wohl klar sein“, zische ich in einem Tonfall, der ihn daran hindern soll, auch nur noch ein einziges weiteres Wort zu sagen.

„Die vierte und die siebte oder?“ fragt er dennoch weiter und scheint doch tatsächlich ein Gespräch in Gang bringen zu wollen – nun, ich will das sicher nicht.

„Ja“, knurre ich.

Er kramt auf meinem Schreibtisch herum und reicht mir ein paar Pergamente herüber.

„Was ist das?“ will ich wissen.

„Das, was ich für diese Stunden geplant hatte – ich nehme an, du wirst Verteidigung unterrichten und nicht nur die Klassen beaufsichtigen.“

„Was sollte ich denn sonst unterrichten“, brumme ich. „Wahrsagen vielleicht?!“

Er wirft mir einen durchdringenden Blick zu und seine Augen funkeln verschmitzt.

„Nee ... Trelawney siehst du nun wirklich nicht im Ge-ringsten ähnlich“, gibt er zurück und grinst mich schief und ziemlich spöttisch an.

„Übertreib’s nicht Lupin, ich hab nur sehr wenig Geduld mit irgendwelchen dummen Witzen.“

„Wann hat man dir deinen Humor amputiert?“ spottet er weiter und sein Grinsen wird schiefer.

Ich habe die Papiere entgegen genommen, jetzt balle ich meine Faust darum und das Pergament reißt ein. Er hat es schon wieder geschafft ... er hat mich auf die Palme gebracht ... ich wirble herum – meine Robe bauscht sich hinter mir - dann verlasse ich mit langen Schritten das Büro und die Tür schlägt mit einem lauten - und sehr befriedigenden - Knall hinter mir ins Schloss ... ein leises gutmütiges Lachen folgt mir und macht alles noch schlimmer.

‚Na warte, Lupin’, denke ich mir. ‚Ich werde nicht deinen Mist unterrichten – ich werde verdammt gründlich über Werwölfe refe-rieren!’

Warum muss er mich auch schon wieder verspotten? Er hatte schon immer einen so verdammt trockenen Hu-mor und konnte nie seine Klappe halten ... Ach Shit ... Verdammt!
 

Wie ich es mir vorgenommen habe, spreche ich bei mei-ner Vertretung mit eindringlichen Worten über Werwöl-fe. Woran man sie erkennt, woher sie kommen, wie man zu einem Werwolf wird und nicht zuletzt, wie man diese Bestien tötet. Früher oder später wird es sicher irgend-wem auffallen, dass Lupin immer am Tag nach Voll-mond krank ist ... wie es auch mir als Junge aufgefallen ist ... Irgendwer wird die Gefahr erkennen und an seine Eltern schreiben und die werden dafür sorgen, dass Lu-pin wieder gehen muss ... Und dann ist diese Gefahr vorbei ... keiner kann Black mehr helfen, den Jungen zu töten ... und ich kann wieder meinen Frieden finden, weil ich nicht dauernd an die Vergangenheit erinnert werde.

Es ist mir eigentlich egal, ob Lupin Arbeit hat oder was er tut ... wenn er es nur nicht hier in Hogwarts tut ... hier, in dem einzigen Zuhause, das ich kenne. Er raubt mir den geringen Frieden, den ich trotz des Potter Ben-gels in den letzten beiden Jahren finden konnte ... nimmt mir den Schlaf und bringt mir Träume ... Träu-me, die mir die Vergangenheit zeigen ... all die kleinen Spitzen ... all die Beleidigungen ... all die Demütigungen ... Verdammt! – Und auch der blutrünstige Werwolf geistert mal wieder fröhlich durch diese Träume.

Was habe ich getan, dass ich nicht einfach meine Ruhe haben kann? Nun gut (oder viel mehr schlecht), ich war ein Todesser ... durch meine Gifte und Tränke wurden so einige Menschen krank oder kamen sogar ums Leben und dafür habe ich noch lange nicht genug gebüßt ... habe es noch längst nicht wieder gut gemacht – aber sowas?

All das macht mich immer wütender und gereizter ... was sich in meinem Unterricht niederschlägt. Ich erklä-re kaum noch ... fordere nur korrekte Arbeit ... und be-komme Wutanfälle, wenn jemand eine Explosion verur-sacht oder gar einen Kessel schmilzt. Braucht mich nicht zu wundern ... das sind Kinder und keine Trankmeister und selbst bei denen geht auch Mal das eine oder ande-re schief. Doch ich kann mich nicht dazu bringen, mehr zu erklären – ich will nicht reden, alles was ich sage ist hämisch und gemein ... ich kann einfach nicht anders ... alles in mir kocht und brodelt wie ein Kessel kurz vor dem Überlaufen.

Lupin wollte mit mir Frieden machen, aber ich nicht mit ihm ... und das liegt mir jetzt quer im Magen. Ver-dammt, ich bin einfach zu stolz, den ersten Schritt zu machen ... ich wüsste nicht wie ... und ich habe Angst, mich bei einem entsprechenden Versuch bis auf die Kno-chen zu blamieren ... die ganze Schule lacht ohnehin immer noch über diesen verfluchten Boggart.

Der Werwolf bemüht sich immer noch freundlich zu mir zu sein – wenigstens, wenn andere es hören können, aber ich bin mir nicht sicher, ob das ernst ist oder ob er das nur tut, damit ich ihm weiter seinen Trank braue. Nun, da braucht er sich keine Sorgen zu machen, das tue ich ohnehin – zu unserer aller Sicherheit ... und au-ßerdem habe ich es Dumbledore versprochen. Ich würde den Alten nie enttäuschen – eher würde ich bei dem Ver-such sein Vertrauen zu rechtfertigen draufgehen.


 

Einbruch an Halloween

D

ie Zeit vergeht und meine Laune wird immer mieser und mieser – ich kann mich selbst noch weniger ausstehen, als ich es für gewöhnlich tue. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich Lupin einfach ignoriere – was gar nicht so einfach ist, da ich ja am Lehrertisch neben ihm sitze und Dumbledore von mir verlangt, dass ich wenigstens einmal am Tag in der Großen Halle zum Es-sen erscheine (ich schätze er hat meine Appetitlosigkeit bemerkt und will auf seine Art verhindern, dass ich ver-hungere) oder ob ich mit Lupin Frieden schließen soll – was mir vollkommen gegen den Strich geht – ich kann ihm das einfach nicht verzeihen (weder seinen trocke-nen Humor von heute, noch sein Lachen von damals) – es wäre vernünftig und das weis ich auch ... aber wenn es um solche Dinge geht, kann ich einfach nicht ver-nünftig sein.

Halloween kommt und damit das erste Hogsmeade Wo-chenende für die Kids. Minerva erzählt mir so nebenbei, dass Potter wirklich keine Genehmigung hat und wir atmen beide erleichtert auf – auch wenn es bei Minerva ziemlich heimlich geschieht und bei mir mit einem et-was hämischen Unterton.

Wie auch immer, wenigstens wird Black keine Möglich-keit bekommen, Potter im Dorf zu erwischen – und es gab einen Zeitungsbericht, Black sei hier in der Nähe gesichtet worden (gleichzeitig soll er in Wales, London und York gewesen sein – aber was soll´s – die Möglich-keit, dass er wirklich in der Nähe ist, besteht).

Die Kids gehen ins Dorf hinunter und ich erhasche einen Blick auf Potter, der sich ziemlich bedripst wieder auf den Weg nach oben in seinen Gemeinschaftsraum macht – gut, dann wird er in Sicherheit sein. Ich folge ihm unauffällig, da ich den bösen Verdacht habe, er konnte auf Abwege geraten und daher bekomme ich mit, dass Lupin ihn in sein Büro holt.

Was die wohl miteinander zu bequatschen haben?

Ich werde neugierig. Immerhin war Lupin ein Freund von Harrys Vater ... ich würde so einiges dafür geben, bei dieser Unterhaltung Mäuschen spielen zu können. Moment mal ... kann ich ja ... wenn ich mich ein biss-chen beeile ... in ein paar Tagen ist schon wieder Voll-mond und er muss seinen Wolfsbann haben ... dann heute eben etwas früher ... das Zeug steht in meinen Räumen bereit. Also nichts wie runter in mein Büro und den Tank geholt.

Ich eile wieder die Treppen hinauf und innerlich gratu-liere ich mir zu meiner guten Idee. Ich klopfe an (ge-wöhnlich fege ich einfach hinein, aber ich weis ja, dass der Junge da drinnen ist und da sollte ich besser die üb-lichen Höflichkeitsregeln wahren) und der Werwolf bit-tet mich in sein Büro.

Tatsächlich sitzt Harry auf einem Stuhl und scheint eine interessante Unterhaltung mit Lupin geführt zu haben, denn seine Augen haben einen eigenartig fragenden und nachdenklichen Ausdruck angenommen. Sieh einer an, der Bengel versucht zu denken – hätte ich ihm nicht zugetraut, dass er das kann.

Mein Gott, Severus, was sind wir heute mal wieder zynisch!

Ich gebe Lupin den Kelch mit dem Trank und weise ihn mit unhöflicher Stimme darauf hin, dass er ihn am bes-ten so schnell wie möglich trinken sollte (das Zeug wirkt wirklich besser, wenn er ihn heiß zu sich nimmt – weni-ger Nebenwirkungen und er schmeckt nicht ganz so grässlich – was mir eigentlich egal ist – er muss den Trank schließlich ohnehin trinken, wie widerlich auch immer er schmeckt).

Er stimmt zu und meint noch, er habe Harry seinen Grindelow gezeigt – interessiert mich nicht die Bohne, aber ich gebe mir Mühe und bleibe so ziemlich höflich ... aber ich traue ihm einfach nicht ... und schon gar nicht, wenn der Junge in der Nähe ist.

Ich werfe den beiden zweifelnde Blicke zu und mache mich lieber rückwärts wieder davon. Nun, herausgefun-den über was die beiden gesprochen haben, habe ich nicht, aber dass sie gesprochen haben, ist mir eindeutig klar ... diese etwas unüberlegte Aktion hat ein ungutes Gefühl in mir hinterlassen. Fast so, als wären die Her-umtreiber wieder an der Schule ... Harry sieht seinem Vater einfach zu ähnlich und ihn dann in ein Gespräch mit Lupin vertieft zu sehen ... ach verdammt ... diese grünen Augen!

Ich habe mich wieder in mein Büro verzogen und grüble vor mich hin. Vielleicht sollte ich mit Dumbledore reden, aber was sollte ich ihm denn sagen?

‚Ich hab da ein ungutes Gefühl, Sir’?

Lupin hat mich damit zwar verspottet, aber er hat Recht, das würde dann doch verdammt nach Trelawney klingen. Es ist ja noch nichts geschehen und ich habe keine Beweise für was auch immer. Doch das ändert sich am Abend nach dem Halloween Festmahl.

Es ist wie jedes Jahr und ich mag solche Massenveran-staltungen immer noch nicht. Also werfe ich schlecht gelaunte Blicke um mich und versuche jede Fröhlichkeit mit einem finsteren Gesichtsausdruck im Keim zu ersti-cken ... sonst wirkt das meistens, aber bei solchen Festen nie und ich weis eigentlich gar nicht, warum ich es trotzdem immer wieder versuche.

Ein träger Gedanke, dass ich mal wieder zum Fest in Hogsmeade gehen könnte, windet sich durch mein Ge-hirn ... mal sehen ... aber irgendwie fehlt mir auch der Antrieb dazu und außerdem ist in den letzten beiden Jahren immer an Halloween etwas Ungutes geschehen. Zuerst dieser Bergtroll, der durchs Schloss streunte und dann letztes Jahr Filchs versteinerte Katze ... beinahe warte ich schon darauf, was denn dieses Mal los sein wird - und ich habe Recht.

Kaum hat Dumbledore das Fest beendet und die Kinder sind dabei, sich in ihre Schlafsäle zurückzuziehen, ent-steht Unruhe vor dem Porträt der Fetten Dame, die den Schlaf der Gryffindors bewacht. Ich eile den Rufen fol-gend nach oben. Eine dicke Traube aus Lehrern und Schülern ballt sich vor dem zerfetzten Bild und die Be-wohnerin ist verschwunden. Dumbledore ist eben dabei zu versuchen Informationen aus Peeves raus zu bringen – na dann viel Spaß – der Poltergeist ist gewöhnlich nicht besonders kooperativ – außer er bekommt damit seinen hämischen Lacher.

„Hat ein übles Temperament – dieser Sirius Black“, ke-ckert er nach einigem Drängen von Dumbledores Seite heraus.

Dann geht alles sehr schnell. Der Alte lässt die Hausleh-rer ihre Schüler aus den Schlafsälen in die Große Halle führen und sorgt dafür, dass sie dort schlafen können. Sofort danach lässt er uns unsere Bereiche nach Black durchsuchen.

Verdammt, Mann, ob ich nun einst in dich verknallt war oder nicht, wenn ich dich erwische, dann wirst du dir wünschen, die Dementoren hätten in Askaban wirk-lich deine Seele gefressen, denn das wäre noch freund-lich gegen das, was ich dann mit dir anstelle. Wie kannst du ... wie kannst du es wagen ... hier einzudrin-gen ... in mein Zuhause ... in meine Sicherheit ... meine Ruhe? Wie kannst du es wagen, hinter dem Sohn deines besten Freundes her zu sein ... und mir damit mein Le-ben schwer zu machen, weil ich doch geschworen habe, den Bengel zu schützen?

Und wie – zum Henker – bist du hier überhaupt rein gekommen? Hat der Werwolf dir geholfen? ... Hatte ich recht ... steht er immer noch hinter dir, obwohl du Schuld am Tod der Potters bist ... steckte er schon da-mals mit dir unter einer Decke? Dumbledore sagt nein ... aber auch der Alte kann sich mal irren ... er ist dann doch immer so verdammt vertrauensselig ... immerhin vertraut er auch mir ... und das tut sonst keiner.

Und wieder stellt sich mir diese verdammte Frage:

Was - zum Henker - ist die Wahrheit?

Trotzdem, wenn ich Black erwische, werde ich erst han-deln und es dann anderen überlassen, die Fragen zu stellen, wenn noch etwas übrig sein sollte, dem man Fragen stellen kann...

Meine ganze Wut verpufft wirkungslos, denn ich finde nicht die geringste Spur von Black und so kehre ich in die Große Halle zurück, wo Dumbledore auf unsere Be-richte wartet. Ich teile ihm meine erfolgslose Suche mit und er meint, er hätte es auch nicht anders erwartet – so dumm sei Black nicht. Wieder bringe ich meine Ein-wände gegen Lupin ins Spiel (ohne Namen zu nennen, denn immerhin kann ich nicht sicher sein, dass die Kids wirklich schlafen), aber er wiegelt ab.

Er würde ihm vollkommen vertrauen, erwidert er nur. Verdammt, Albus, warum glaubst du immer nur so sehr an das Gute in jedem Menschen und gibst jedem eine zweite Chance? – Sogar jemand so Zweifelhaften wie mir, was das betrifft?

Nun, er wird sich kaum vom meinem Misstrauen über-zeugen lassen und so brumme ich nur unwillig vor mich hin und nehme mir vor, das Schloss auf eigene Faust genaustens zu durchsuchen. Immerhin gibt es ein paar Geheimgänge, die nach draußen führen ... wie der in meinem Schlafzimmer ... den sollte ich wohl als erstes kontrollieren.

Gedacht, getan. Doch ich finde nicht das geringste An-zeichen dafür, dass irgendwer hier gewesen wäre, der hier nichts zu suchen hat. Nun, dann eben weiter durchs Schloss und jeden Geheimgang durchsucht, der mir bekannt ist – und seit dem letzten Jahr, kenne ich wirklich eine ganze Menge – immerhin war ich da ja auf der Suche nach der Kammer des Schreckens. Das Einzi-ge, was bei meiner Suche rauskommt ist eine weitere schlaflose Nacht, Müdigkeit und eine ganze Menge hilf-lose Wut im Bauch – ich hasse dieses elendigliche Ge-fühl!

Immerhin ist nun selbst dem Dümmsten klar, dass Black wirklich in der Nähe ist und es werden höchste Sicher-heitsvorkehrungen getroffen.

Verdammt, das war schon letztes Jahr zu wenig!

Dazu kommt auch noch, dass Dumbledore am nächsten Tag grimmig darüber schimpft, dass es ihm kaum mög-lich war, die Dementoren vor den Toren der Schule zu halten – sie hatten sich der Suche anschließen wollen. Nett, echt nett ... das wäre vielleicht was gewesen, wenn die bei den Schülern auch noch hysterische Anfälle ver-ursacht hätten – wir hatten mit der Suche genug zu tun, als dass wir uns auch noch damit hätten abgeben können, heulende und vor Angst zitternde Kinder zu beruhigen – ganz abgesehen davon, dass mir sowas nun wirklich nicht liegt.


 

Doch noch diese Bestien

D

ieses Mal ist selbst Minerva der Meinung, der Junge solle besser kein Quidditch spielen, auch wenn sie sich furchtbar darüber aufregt, ihren Sucher zu verlieren und sich eingehend beim Frühstück darüber auslässt. Nun, meine Meinung ist hinreichend bekannt und ich halte es für besser, dieses Mal nichts dazu zu sagen, denn sonst heißt es nur wieder, ich würde dem Potter Bengel sein Vergnügen nicht vergönnen. Tue ich eigent-lich ja auch nicht, wenigstens nicht so wirklich, auch wenn ich zugeben muss, dass er ein großartiger Sucher ist – allerdings würde ich das nie laut sagen ... die Grün-de sind wohl hinlänglich bekannt, oder?

Später erfahre ich, dass Minerva ein eindringliches Ge-spräch mit Harry hatte und ihm dabei mitgeteilt hat, dass Black hinter ihm her ist.

„Stell dir vor, Severus“, erzählt sie mir im Lehrerzimmer, als ich mich mal wieder dort aufhalte (mein Büro ist entsetzlich verqualmt, weil mir ein Trank daneben ge-gangen ist – braucht mich eigentlich nicht zu wundern, so gereizt, wie ich in letzter Zeit bin – das kann ja nur zur Unaufmerksamkeit führen – der Wolfsbann ist mir ein bisschen angebrannt und das stinkt mehr als nur scheußlich). „Der Junge wusste bereits, dass Black ihn töten will – Arthur Weasley hat es ihm gesagt.“

Ich brumme nur unbestimmt, als wolle ich damit sagen, dass mich nur wenig interessiert, was mit dem Bengel nun schon wieder ist – nur Albus weis von meinem Schwur und ich werde mir vor Minerva sicher keine sol-che Blöße geben.

„Und?“ frage ich nach. „Arthur wird schon wissen, was er tut – auch wenn er ein wenig Muggel verrückt ist, so ist er doch alles andere als dumm.“

„Severus, der Junge hat nicht die geringste Angst vor diesen Tatsachen. Ist das nun Mut oder sträflicher Leichtsinn?“ meint sie und geht nicht auf meinen Kom-mentar zu Arthur ein.

Ich zucke die Schultern.

„Beides, denke ich“, erwidere ich unbestimmt. „Was ist nun mit dem Quidditch?“

„Dachte ich mir´s doch, dass dich das besonders interes-siert“, schnaubt sie mich an.

Ich winke genervt ab – warum müssen mir nur alle im-mer die schlimmsten Absichten unterstellen?

„Er wird spielen, Severus“, entgegnet sie bestimmt.

„Nun, dann weis ich wenigstens auf was ich mich ein-stellen muss“, knurre ich und zeige nicht im Geringsten, dass mich ihre Anschuldigung getroffen hat.

Mit Minerva konnte ich mich schon immer erstklassig ein wenig streiten, ohne dass einer von uns ernsthaft beleidigt gewesen wäre, aber für einen Augenblick bin ich grenzenlos froh, dass Lupin jetzt nicht hier ist – das hätte mir wirklich nicht in den Kram gepasst.

„Wir werden es deinen Schlangen zeigen“, murmelt sie. „Dieses Mal wird der Pokal in meinem Büro stehen.“

„Wir werden sehen Minerva, wir werden sehen“, ent-gegne ich ruhig.

Die letzten sieben Jahre stand das Ding nämlich in mei-nem Büro und ich hatte immer wieder das Vergnügen, sie damit aufzuziehen. Sie schnaubt mich nochmal an und erhebt sich majestätisch – kann sie verdammt gut, die alte Gryffindor Löwin.

„Ja, Severus, das werden wir ... aber abgerechnet wird am Schluss.“

Damit fegt sie aus dem Raum und ich kann mir ein et-was heimtückisches Grinsen nicht verkneifen ... ja, ich liebe es, die gute Minerva ein wenig aufzuziehen.

Ein paar Tage bevor das erste Spiel der Saison wirklich stattfindet, tauchen meine Slytherins bei mir im Büro auf und Flint teilt mir mit einem gespielt traurigen Ge-sichtsausdruck mit, dass sie nicht spielen könnten, da ihr Sucher immer noch verletzt sei ... ach ja, dieser An-griff von Hagrids Hippogreif.

Ich halte das für einen echten Vorwand, um nicht spie-len zu müssen – Poppy ist einfach eine zu gute Medihe-xe, als dass Dracos Arm nicht schon längst wieder ver-heilt wäre – andererseits kann ich es den Kids nicht ver-denken, dass sie zur Zeit nicht spielen wollen – es regnet nämlich Knarls und Kniesel und man kann regelrecht darauf warten, wann ein Gewitter losbricht und so schnell wird sich das Wetter auch nicht bessern. Also stimme ich ihnen zu – ich will uns wirklich nicht die Chancen auf den Pokal ruinieren – und teile Minerva mit, dass wir nicht spielen werden. Sie seufzt schwer, aber Sprout ist nur zu gerne bereit ihre Huffelpuffs in die Arena zu schicken – na bitte, kein größeres Problem. Allerdings ist die Gryffindor Mannschaft alles andere als zufrieden ... das tut mir aber Leid.
 

Doch bevor es wirklich soweit ist, ist wieder Mal Voll-mond und ich kann endlich den Gryffindors im dritten Jahr klar machen, was für ein Monster ihr hochge-schätzter Lupin doch ist – natürlich wieder ohne zu sa-gen, was ich wirklich weis – Andeutungen müssen ge-nügen, denn ich hab es Dumbledore versprochen.

Dass Harry mit Verspätung auftaucht, kommt mir gera-de Recht, um ihn mal wieder anzuzischen und Gryffin-dor ein paar Punkte abzuziehen. Sie sind völlig außer sich und fragen mir über Lupin Löcher in den Bauch – sie scheinen sich wirklich um ihn Sorgen zu machen – mir doch egal ... ich mache mir sicher keine. Ich schnappe noch schärfer als gewöhnlich und betone die Gefahr durch Werwölfe. Die ganze Klasse ist ziemlich gereizt und schwerer zu handhaben, als in meinem ei-genen Unterricht. Ich versuche Lupin schlecht zu ma-chen und ziehe über seine Unterrichtsmethoden her, behaupte, sie seien mit dem Stoff sträflich weit hinten – was in gewisser Weise auch stimmt, aber dafür kann Lupin nur wenig – das haben in den letzten beiden Jah-ren Quirrell und Lockhart verbockt und ich sollte mich eher wundern, wieviel er bereits wieder aufgeholt hat – aber das würde ich natürlich nie zugeben ... zugeben, dass der Werwolf ein erstaunlich guter Lehrer ist – wäre ja noch schöner!

Es gelingt mir sogar, dem Weasley Jungen Nachsitzen aufzubrummen ... er war aber wirklich zu unverschämt ... auch wenn ich zugeben muss, dass es nicht eben nett von mir war, der Granger Punkte abzuziehen, weil sie als einzige Bescheid wusste – aber ich kann ihre vorlau-te Streberei einfach nicht ausstehen. Die Kids stehen kurz vor dem offenen Aufruhr und mir bleibt nur, ihnen eine Unmenge an Hausaufgaben aufzubrummen – wo-bei ich zum ersten Mal auf die Neugierde und Lernwut der Granger setze – wenn die nicht herausfindet, dass Lupin ein Werwolf ist, dann findet es keiner raus.

Grundgütiger, bist du heute mal wieder mies und zynisch drauf, Severus!

Aber manchmal kriege ich einfach zu viel und dann ha-be ich nur dieses eine Ventil, wenn ich nicht wieder mal meine Räume verwüsten will ... und das reicht mir noch vom letzten Mal.
 

Dann ist wirklich der Tag des Spieles da und das Wetter ist noch übler geworden. Ich bin wirklich nicht böse, nicht beim Spiel anwesend sein zu müssen – ich hasse es wirklich nass zu werden...

Dachte ich – denn Dumbledore besteht auf meine Anwe-senheit – zur Sicherheit, wie er meint. Also begebe ich mich seufzend auf meinen Tribünenplatz und verberge mich unter meiner Kapuze. Viel ist ohnehin nicht zu se-hen, denn ein dichter Regenvorhang lässt alle Einzelhei-ten verschwimmen. Nun, das ist sicher kein Grund ein solches Spiel abzusagen und so steigen die Mannschaf-ten schon bald in die Höhe.

Es sind wirklich nur undeutliche Wischer zu sehen, als die Spieler im Stadion hin und her flitzen. Wirklich eine tolle Idee in diesem Regen ein Quidditch Spiel anzuset-zen und jetzt fängt auch noch ein Gewitter an – na wie wunderbar – und ich werde immer nasser und nasser und friere scheußlich. Dass meine Laune auch immer mieser wird, brauche ich wohl nicht erst zu betonen.

Warum ist es denn hier nur so kalt? – Gut, das Wetter ist wirklich scheußlich, aber so eisig war es doch noch nicht, als ich mich hier hingesetzt habe, oder?

Dann plötzlich geht alles sehr schnell. Potter stürzt un-vermittelt aus dreißig Meter Höhe neben seinem Besen vom Himmel, Dumbledore spricht neben mir einen Zau-ber aus, der den Sturz des Jungen bremst – aber das al-les bekomme ich nur so nebenbei mit, denn plötzlich muss ich am eigenen Leib erfahren, was Potters Sturz verursacht hat. Es wird eiskalt um mich herum, in mir, in meinem Kopf, in meiner Seele ... irgendwie bin ich nicht mehr ganz bei mir...

...‚du gehörst mir, und ich werde dir etwas geben, damit du das auch nicht vergisst’, ertönt die Stimme meines Vaters, des alten Bastards, in meinem Kopf...

...der Schmerz unzähliger Vergewaltigungen, die Demü-tigung, die Schmach ... durchtoben mich erneut, als würde es eben gerade geschehen...

...jede kleine und größere Gemeinheit, die mir je ange-tan wurde, steht vor meinem geistigen Auge, als würde es erneut geschehen...

...Hieratus beiläufiger Tod – als würde man eine Fliege erschlagen ... mein Dunkles Mal wird auf meinem Un-terarm – in meine Seele – eingebrannt ... ich muss mei-nen verwesten Vater – den alten Bastard - im Hinter-garten begraben...

Ich weis nicht, wie lange es dauert ... Sekunden ... Stun-den ... Ewigkeiten...? Plötzlich spüre ich die Ausstrah-lung eines unglaublich mächtigen Patronus, der an mir vorbei fegt und diese grässlichen Visionen zum Ver-schwinden bringt. Erst jetzt wird mir wirklich klar, wa-rum Potter im Zug das Bewusstsein verloren hat und jetzt vom Besen gefallen ist ... das ist schrecklicher als alles, was ich mir bis dahin vorstellen konnte ... ich ha-be wirklich schon üble Dinge gesehen und auch über-standen, aber sie so geballt mitzubekommen ... Au Shit!

Wie auch immer – das Spiel ist vorbei und Huffelpuff hat gewonnen. Potter wurde in den Krankenflügel ge-bracht – schon wieder Mal – ich hatte mich schon ge-fragt, wie lange es dieses Jahr wohl dauern wird – und der Rest der Mannschaft ist ihm gefolgt.

Dumbledores Zorn hat die Dementoren vertrieben, aber wenn ich ehrlich bin, zittere ich immer noch, ohne auch nur das Geringste dagegen tun zu können. Ohne dass mich jemand beachtet, verziehe ich mich in meine Ver-liese und mir fällt nichts Besseres ein, als ein heißes Bad zu nehmen – mir ist kalt bis auf die Knochen und das liegt nicht nur an meinen völlig durchnässten Roben.

Ich werfe meine Klamotten ab und sehe zu, dass mir wieder warm wird. Gewöhnlich bade ich nur selten, weil es mir einfach immer zu viel Aufwand ist, aber heute ist es wirklich angebracht. Sicherheitshalber kippe ich noch ein paar äußerliche Heiltränke hinein – ich will nicht schon wieder eine Erkältung bekommen. Meine Haut kräuselt sich in der Kälte der Verliese und auch mein Bad ist nicht eben warm. Seufzend lasse ich mich ins heiße Wasser sinken und wenigstens äußerlich wird es mir wieder wärmer – doch die klamme Kälte in mei-nem Inneren bleibt bestehen.

Verdammt ... ich hätte nicht die geringste Chance gegen die Dementoren gehabt, wenn sie es auf mich abgesehen gehabt hätten und sich nicht nur an den allgemeinen Emotionen gemästet hätten. Ein Patronus ... ich lache bitter auf ... ja, klar ... einfach so ‚Expecto Patronum’ und weg sind sie ... Wo sollte ich dafür nur die guten Erinne-rungen hernehmen? – Ich habe einfach keine – jeden-falls keine, die dafür mächtig genug wären.

Es wird besser sein, wenn ich diesen Biestern nie wieder zu nahe komme ... und da habe ich einst befürchtet, nach Askaban geschickt zu werden und dort zu ver-schimmeln ... ich wäre schon nach ein paar Stunden verreckt und nicht langsam dort vermodert ... sie hätten wirklich keine große Mühe mit mir gehabt.

Und Black war zwölf Jahre dort ... und hatte dann im-mer noch die Kraft, auszubrechen. Ist er soviel stärker als ich? Ich bezweifle es ... er war ein genialer Magier, aber er hatte auch immer Rückendeckung ... wahr-scheinlich hat er jede Menge schöne Erinnerungen dar-an, wie er mich fertig gemacht hat ... na toll, jetzt zieht er auch noch Nutzen daraus, dass wir ständig im Clinch miteinander lagen und er mich regelmäßig fertig ge-macht hat.

Hätte meine Laune in den letzten paar Monaten nicht schon ihren Tiefstpunkt erreicht gehabt, so würde sie jetzt ganz sicher dorthin sinken. Das ist alles so un-gerecht ... und ich friere noch immer, obwohl das nahe-zu kochende Wasser meine blasse Haut gerötet hat. Wie kann man innerlich warm werden? Soll ich ein Glas Whiskey trinken? - das macht manchmal warm ... aber ich hasse das Zeug – ich mag überhaupt keinen Alkohol außer Butterbier ... dann vielleicht das ... warmes But-terbier hebt auch manchmal die Stimmung und wärmt innerlich.

Egal – ich lasse mich noch tiefer in meine Wanne sinken, so dass nur noch mein Gesicht an der Luft ist. Mein Haar treibt auf dem öligen Wasser und die Wärme dringt etwas tiefer in mich ein. Ich seufze erneut. Wie gerne hätte ich jetzt jemand, mit dem ich ein wenig re-den könnte – dieser verdammte Angriff belastet etwas in meinem Inneren doch sehr, aber ich bin es gewohnt, mit meinen Problemen immer alleine fertig zu werden.

Und mit wem sollte ich denn auch schon reden?

Mit Dumbledore? - Der hat genügend eigene Probleme – besonders, weil auch der Junge mal wieder verletzt wurde – und an dem liegt ihm unendlich viel – wofür er auch seine Gründe hat – auch wenn er sie mir nur ober-flächlich nennt – sein gutes Recht, aber er macht mich mit seinem Schweigen neugierig.

Mit wem sonst könnte ich sprechen?

Mir fällt niemand ein, aber ein paar freundliche hell-braune Augen erscheinen vor meinem inneren Auge.

Wem gehören die?

Grundgütiger – der Werwolf ... ach Shit, der ist so unge-fähr der Letzte (nun da gibt es vielleicht ein paar, mit denen ich noch weniger reden würde, aber nicht allzu viele), dem ich meine Probleme und Gedanken anver-trauen würde ... er würde sich schief lachen und die ganze Schule wüsste binnen kürzester Zeit, dass ich noch nicht mal mit einem Dementor fertig werde ... nee, ich klappe genauso zusammen, wie ein gewisser drei-zehnjähriger Bengel ... na toll ... damit würde ich den letzten Rest an Respekt verlieren, den ich hier in der Schule noch genieße.

Minerva? - Die würde mich anschauen wie ein Troll und nichts verstehen ... die ruht viel zu sehr in sich selbst, als dass ihr ein solches Ungeheuer etwas antun könnte ... auch wenn ich die Frau wirklich schätze und mir als Junge immer heimlich gewünscht habe, meine eigene Mutter wäre ein bisschen mehr wie sie gewesen und nicht diese schwache, weinende, hilflose Kreatur.

Uns sonst? - Hagrid mag ich zwar eigentlich recht gern, aber der wird sicher nicht mit mir über Dementoren reden wollen – immerhin hatte er letztes Jahr ein paar Monate mit ihnen zu tun, als er verhaftet worden war. Nee, es gibt echt keinen, an den ich mich wenden könn-te und es bleibt mir nichts anderes übrig, als wie üblich alleine damit fertig zu werden.

Das Wasser ist inzwischen abgekühlt und ich halte es für eine gute Idee, meine Wanne zu verlassen. Kein

Abendessen heute – ich fühle mich nicht so wirklich in der Lage, in die Große Halle hinauf zu gehen – außer-dem befürchte ich, dass man mir den Schrecken ansehen kann, der mir immer noch in allen Gliedern sitzt und auch mein Magen ist nicht wirklich so, als könne er Speisen vertragen – der würde nur den Aufstand proben und mir würde es mal wieder schlecht werden – nee, brauche ich echt nicht.

Ich seufze schon wieder und wickle mich in meinen Morgenmantel – dann ein schneller Wink und das Feuer in meinem Schlafzimmer beginnt zu brennen. Eine Kan-ne Tee ist auch schnell fertig – das muss für heute rei-chen. Mein Magen knurrt unwillig vor sich hin, aber er begnügt sich dann doch mit der warmen Flüssigkeit – er ist es schon lange gewohnt.

Ich fühle mich schon wieder mal so verdammt einsam, wie ich da so an meinem Feuer sitze. Doch dann rufe ich mich zur Ordnung.

‚Es gibt keine Freunde für dich, Severus’, murmle ich vor mich hin. ‚Keinen, außer Hieratus und der ist schon dein halbes Leben lang tot und es bringt sicher nichts, sich in Selbstmitleid zu suhlen.’

Wieder überfluten mich die Bilder aus meiner Vergan-genheit, aber zur Abwechslung sind sie nicht mal wirk-lich schlecht. Unzählige Schachpartien mit meinem Freund ... Der Sommer in seinem Landhaus ... unser Camping in Yorkshire ... tausend kleine Gefälligkeiten, die er mir erwiesen hat. Doch das ist alles schon so lan-ge vorbei ... so unendlich lange...

Nein, heute habe ich keine Freunde mehr ... ich will auch keine mehr haben, denn ich könnte es einfach nicht ertragen, sie wieder zu verlieren ... also besser erst keine Freundschaften mehr zu schließen ... ja, das wird besser sein für Severus Snape.

Die Erinnerungen an Hieratus haben die Kälte in mei-nem Inneren ein wenig verjagt, auch wenn sie mich mal wieder grenzenlos traurig gemacht haben ... ich würde so verdammt gern ein bisschen über meinen ermordeten Freund weinen, aber ich habe längst keine Tränen mehr. Ja, die Kälte ist ein wenig gewichen, aber mir ist, als sei das, was mich wirklich ausmacht – das, was in mir Liebe und Glück empfinden kann - schon seit vielen langen Jahren vollkommen eingefroren und ich weis nicht, wie ich es wieder auftauen soll ... weis noch nicht mal, ob ich das überhaupt will ... ob ich es wage ... bes-ser kalt und gefühllos, als wieder aus Liebe zu leiden.

Ach Shit!

 



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Hotepneith
2006-06-23T21:53:43+00:00 23.06.2006 23:53
Oh ja, jetzt tut er mir wirklich leid. Armer Severus. Und ich kann mir vorstellen, dass es nciht gerade besser wird, wenn ich mich so an die folgenden Ereignisse erinnere..


Zurück