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Trankmeister von Hogwarts

Fortsetzung von "Ten forgotten Years" - keine Pairings - ein bisschen Depri
von

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Das fängt ja gut an

Kapitel 4

Das fängt ja mal wieder gut an

Acht Wochen Atempause

B

ereits am nächsten Tag wird es sehr ruhig im Schloss, da alle Schüler nun für den Sommer nach Hause gefahren sind. Auch ich habe Urlaub, aber ich habe in den letzten Jahren das Schlossgelände bis auf wenige Ausnahmen so gut wie nie verlassen. Nur hier fühle ich mich sicher, nur hier fühle ich mich zu Hause, ja sogar ein wenig willkommen.

Ich streife durch die leeren Gänge und genieße die Ruhe, die so sehr im Gegensatz zum geschäftigen Treiben un-term Schuljahr steht. Nicht viele Lehrer bleiben hier, die meisten haben noch ein anderes Zuhause, wo sie von Verwandten erwartet werden, aber ich habe keine Ver-wandten mehr, von denen ich wüsste und auch keinen Ort zu dem ich gehen könnte oder wollte.

Ein paar von den jüngeren Lehrern machen auch Ur-laub am Meer, doch was sollte ich dort? Ich kann nicht schwimmen und würde mir am Strand nur einen Son-nenbrand holen (ganz abgesehen davon, dass ich mich niemals so gut wie nackt in der Öffentlichkeit zeigen würde) – außerdem ist mir die Dunkelheit lieber – sie kann mich verbergen, sie kann mich beschützen – tut sie ja auch schon seit vielen Jahren.

Dumbledore bleibt allerdings die meiste Zeit über hier im Schloss, wenn er nicht irgendeine Bildungsreise un-ternimmt oder alte Freunde besucht. McGonagall kehrt gewöhnlich so etwa drei Wochen vor Ferienende wieder zurück, weil sie die Schulbriefe schreiben und verschi-cken muss und der Rest des Personals trudelt meistens auf den letzten wieder Drücker ein.

Es gibt also Zeiten, wo ich – abgesehen von den Geistern – völlig alleine im Schloss bin. Es macht mir nicht viel aus, ich bin es gewohnt alleine zu sein und das ist nicht unbedingt davon abhängig, wer sich sonst noch im Schloss aufhält. Natürlich besitze ich immer noch meine Hütte in Yorkshire – wer würde das heruntergekomme-ne Ding auch kaufen wollen? – aber ich war nicht mehr dort, seit damals mit Hieratus und das ist ungefähr fünfzehn Jahre her. Auch dort lauern zu viele Erinne-rungen auf mich und keine einzige davon ist gut.

Ich gehe meine Vorräte an Trankzutaten durch und stelle fest, dass so einige Sachen am Ausgehen sind. Sollte ich wieder besorgen, bevor das nächste Schuljahr beginnt. Es eilt zwar nicht, angesichts der acht Wochen Ferien, die ich noch vor mir habe, aber ich will nicht zu spät in die Winkelgasse gehen, denn dann könnte es sein, dass ich dort meinen Schülern über den Weg laufe und die sind sicher das Letzte, was ich in den Ferien brauche.

Ich nutze die Zeit, um ein paar neue Bücher für die Bib-liothek auszusuchen. Dumbledore lässt dabei jedem Lehrer für sein Fach freie Hand und so kann ich die bes-ten Neuerscheinungen ordern.

Mir ist schon bald langweilig (woher das nur kommt? So habe ich in all den Jahren hier noch nie empfunden) und ich beschließe, schon jetzt meinen Abstecher in die Winkelgasse zu machen, um meine Einkäufe zu erledi-gen. Es hat sich in den letzten Jahren hier nicht viel verändert und ich weis, wo ich meine Zutaten bekom-me. Nichts mehr aus der Nockturngasse, ich will nicht in Versuchung kommen (und schwarze Tränke können verflixt interessant sein – wenn auch fast immer verflixt tödlich), aber ich brauche wirklich jede Menge Zeug aus der Apotheke.

Das bunte Treiben hier muntert mich ein wenig auf und ich beschließe, auf ein Butterbier in den Tropfenden Kessel zu gehen. Tom, der Wirt hat mir vor vielen Jah-ren sehr geholfen und er freut sich jedes Mal wirklich, wenn er mich sieht. Er gehört zu den wenigen Men-schen, die so auf mich reagieren und es ist eine ange-nehme Abwechslung.

„Ah hallo, Professor Snape“, ruft er schon von weitem, als ich den Pub betrete. „Wie geht es ihnen?“

„Danke der Nachfrage, Tom, ganz gut“, erwidere ich, so halbwegs der Wahrheit entsprechend und gehe zum Tresen hinüber.

„Ein Butterbier?“ will er wissen.

„Gerne“, gebe ich zurück.

Da es ziemlich leer im Pub ist, hat Tom Zeit, sich ein wenig mit mir zu unterhalten. Nichts Tiefgehendes na-türlich, aber eine ganze Menge Klatsch und Tratsch und ich habe meinen Spaß daran (auch wenn ich gewöhn-lich nichts von solchen Dingen halte, so hat Tom doch eine einzigartige Weise sowas zu erzählen). Es tut wirk-lich mal ganz gut, etwas anderes als Hogwarts zu se-hen. Tom spricht mich auch darauf an, dass wir wohl schon wieder mal einen neuen Verteidigungslehrer brauchen werden.

„Yeah, Tom“, meine ich. „Wir verschleißen sie wirklich schnell. Ich bin neugierig, wen Dumbledore dieses Mal anschleppt. Seit Professor Asmodeo hatten wir keinen mehr länger als zwei Jahre.“

„Was ist an dem Gerücht dran, dass Du-weist-schon-Wer euren letzten auf dem Gewissen hat?“

„Keine wilden Spekulationen, Tom, darum muss ich sehr bitten“, erwidere ich vorsichtig und er nickt zustim-mend. Ich weis, wenn er verspricht zu schweigen, dann wird er das auch tun. „Es könnte richtig sein und ich befürchte, dass es wirklich stimmt. Doch der Dunkle Lord ist wohl wieder dorthin geflohen, wo er sich schon die ganze Zeit versteckt gehalten hat.“

„Und der Junge? Ich weis, dass er letztes Jahr nach Hogwarts gekommen ist. Er war damals mit Hagrid hier.“

Ich muss natürlich nicht erst fragen, welchen Jungen er meint und es würgt mich zwar beinahe, etwas Gutes über Harry zu sagen, aber Tom hat die Wahrheit ver-dient, wenn auch nur nackte Tatsachen.

„Er hat die Sache ins Reine gebracht und wäre fast da-bei gestorben. Und bitte, Tom, wirklich keine Gerüchte, ja?“

„Sie mögen den Jungen nicht.“

Es ist keine Frage, er hat es natürlich sofort gemerkt.

„Nein Tom, nicht besonders. Wenn er letztes Jahr hier war, dann wissen sie ja wie er aussieht, oder?“

„Ganz genau wie sein Vater“, murmelt der.

„Yeah, wie sein Vater und ich denke, sie wissen, wie ich zu seinem Vater stand, stimmt´s?“

„Sie haben ihn damals dauernd verflucht, als sie so lange krank dort oben im Dachzimmer lagen. Ja, ich denke, ich weis, wie sie zu ihm gestanden haben. Aber Mal ehr-lich Sir, was kann denn der Junge dafür, dass sein Vater ein ganz schöner Mistkerl sein konnte?“

„Das war er manchmal, wenn auch nicht zu den meis-ten Leuten. Nur mich konnte er nicht leiden und das beruhte auf Gegenseitigkeit.“

„Wie auch immer Sir, der Junge kann nichts für den Stress, den sie lange Zeit vor seiner Geburt mit seinem Vater hatten.“

Ich seufze schwer.

„Sie haben ja Recht, Tom. Doch meinen Gefühlen kann ich das nicht klar machen.“

Ich vertraue dem Wirt des Kessels mehr, als sonst je-manden (abgesehen von Dumbledore natürlich), weil er mich damals geschützt hat, als die Auroren Todesser gejagt haben und darum spreche ich mit ihm offener als mit sonst wem.

„Gefühle...“ meint er nachdenklich. „Ja, alter Hass kann verdammt sauer werden und verdammt schwer zu tra-gen, wenn derjenige, den man hasst, nicht mehr dafür erreichbar ist.“

„Sie haben ja so Recht, Tom. Es ist wirklich dumm von mir und ich weis es auch, aber ich komme nicht dage-gen an. Ich bin kein netter Kerl.“

„Vielleicht nicht unbedingt nett, Professor, aber auf ihre Art sind sie schon richtig. Man muss nicht unbedingt nett sein, wenn man das Richtige tut, nein Sir, das muss man nicht sein.“

„Danke, Tom. Es tut gut, mal von jemand so genommen zu werden, wie man eben ist.“

„Keiner kann aus seiner Haut raus und jeder muss tun, was er glaubt tun zu müssen - Noch ein Bier?“

Ich habe über dieser Unterhaltung gar nicht bemerkt, dass ich schon ausgetrunken habe, aber besser nicht, ich vertrage heute auch nicht mehr Alkohol, als früher und trinke daher immer noch nur sehr selten etwas – mein klarer Verstand ist mir außerdem zu wichtig, als dass ich ihn mit was auch immer vernebeln wollte.

„Nein danke, Tom. Eins reicht. Ich werde wieder nach Hogwarts zurückkehren.“

„Kommen sie doch mal wieder vorbei, Sir. Ich freue mich immer, wenn ich sie sehe.“

„Danke Tom, ich lass mich mal wieder blicken“, gebe ich zurück und reise durchs Feuer in mein Verlies zurück.

Mit ziemlich guter Laune – das Gespräch mit Tom hat mir wirklich was abgegeben – räume ich meine frischen Trankzutaten in die Regale. Vielleicht ist es doch nicht so schlecht, wenn man wieder spürt, dass man lebt, auch wenn das in meinem Fall bedeutet, dass ich mich wieder mit längst vergangenen (und vergessen geglaub-ten) Dingen auseinander setzen muss.

Ich erinnere mich an die letzten zehn einsamen Som-mer, wo ich fast die ganze Zeit hier unten verbracht habe und wirklich sechs Wochen lang keinen einzigen Menschen gesehen habe. Vielleicht sollte ich wirklich ein bisschen geselliger werden, aber ich wüsste nicht wie. Wenn Hieratus noch leben würde, dann würde dem schon was einfallen, wie er mich im Sommer hier raus locken kann, doch der ist schon so lange tot und plötz-lich vermisse ich ihn wieder schrecklich.

Alleine macht es keinen rechten Spaß, irgendwo anders abzuhängen. Vielleicht war es auch das Gespräch mit Tom, das mich nun wieder daran erinnert, dass ich auf der ganzen Welt keinen einzigen wirklichen Freund mehr habe – nicht, dass ich je viele gehabt hätte. Die Todesser waren keine und ich mochte die meisten von ihnen noch nicht mal, auch wenn ich sehr viel mit ih-nen zu tun hatte.

Ich fürchte, ich habe in diesen drei Jahren damals nicht allzu viel gedacht oder empfunden. Ich war wie tot. Und erst der Tod meines einzigen Freundes – so pervers das auch klingen mag – hat mich in gewisser Weise wieder lebendig werden lassen. Das und Lilys Hochzeit.

Gedankenverloren krame ich in meinen Regalen herum, blättere alte Bücher durch und schiebe Einmachgläser hin und her. Ich habe heute wieder ein paar schöne Ex-emplare gefunden und suche nun einen geeigneten Platz für sie. Irgendwie befriedigt es mich außerordentlich, die alten Gläser abzustauben und sie im richtigen Winkel wieder auf die Regale zu stellen.

Gegen Abend öffnet sich die Tür und Dumbledore kommt herein. Nanu, ich wusste gar nicht, dass der ü-berhaupt in der Schule ist.

„Ich habe wieder einen gefunden“, meint er und auf meinen fragenden Blick hin. „Einen neuen Verteidi-gungslehrer.“

„Wen?“ frage ich und werde neugierig.

Er hat also wieder einen und ich kann den Job für ein weiteres Jahr abschreiben, aber ich hatte auch nicht damit gerechnet, nicht nach dem Gespräch von vor ein paar Tagen.

„Gilderoy Lockhart, wenn er zusagt, was ich doch sehr hoffe.“

„Grundgütiger – Lockhart? Dieser bücherschreibende Schönling?“

Natürlich kenne ich den Namen. Der Kerl hat eine Un-menge Bücher über seine großartigen Abenteuer ge-schrieben und ich habe sie alle in einer sehr bitteren Art von Amüsiertheit gelesen, nachdem ich zufällig mal

über sein Erstlingswerk gestolpert war und mich - nachdem ich es gelesen hatte – gefragt hatte, wie dumm ein Mensch werden könne und immer noch frei herum laufen darf. Wenn er alles getan hat, was er darin schreibt, muss er ein Genie sein. Ich halte ihn jedoch eher für einen recht begnadeten Selbstdarsteller, denn...

„Du erinnerst dich an ihn?“ will der Alte wissen.

„Ja, Sir“, gebe ich zurück und verziehe mein Gesicht. Ich will ihm sicher nicht gestehen, dass ich die Machwerke dieses blasierten Selbstdarstellers kenne. „Vom Wegse-hen. Er war ein Jahr unter mir in Huffelpuff und er war schon damals nichts als ein narzisstischer Schönling.“

„Nun, wenn man seine Bücher so liest, dann scheint doch einiges an Format gewonnen zu haben. Wie auch immer“, meint er und verzieht jetzt selbst das Gesicht. „Er ist der Einzige, der den Job vielleicht annimmt.“ Und als er meinen Blick sieht. „Nein, Severus, die Gründe sind immer noch dieselben. Ich bekomme nie wieder ei-nen besseren Trankmeister als du es bist, denn du hast deine persönlichen Gründe, dir alle Mühe zu geben und beide Fächer gleichzeitig zu unterrichten, ist für jeden zu viel“, wehrt er geschickt meinen nächsten Einwand ab – er kennt sie in der Zwischenzeit alle und ich denke, ich muss mir schon was Besseres einfallen lassen, wenn ich eines Tages doch noch mal Glück haben will, diesen Job zu ergattern.

„Danke für dieses Lob, Sir“ murmle ich und muss vor mir selbst zugeben, dass ich nur aus Prinzip erneut nachge-fragt hätte.

„Magst du denn dein Fach immer noch so wenig?“ bohrt er ein wenig nach.

„Das ist es nicht, Sir. Es ist eine sehr verantwortungsvol-le Aufgabe und sie fordert mich. Ich mochte schon als Junge Zaubertränke immer besonders gern, aber mir liegen immer noch meine Taten von damals im Magen und ich finde es irgendwie abartig, dass jemand wie ich den Kids diese edle Kunst beibringen soll.“ Vielleicht zieht ja das – nun vielleicht nicht dieses Jahr, aber es werden wohl noch viele folgen und Verteidigungslehrer haben in Hogwarts wirklich keine allzu lange Haltbar-keit. Doch das zieht wohl auch nicht, denn er erwidert:

„Genau das ist mein Grund, dass ich dich immer noch für diesen Job haben will. Wer wüsste besser als du, was man mit Tränken anrichten kann? Wer würde vorsich-tiger damit sein? Wer würde mehr davor warnen, das Falsche zu tun? Du weist um die Konsequenzen und du wirst immer dein Bestes geben, wirst immer wieder, Jahr für Jahr aufs Neue, die Kinder so gut wie nur mög-lich unterrichten. Severus, ich bin nicht blind, ich weis, wie unbeliebt du bist, aber ich muss dir leider sagen, du bist selbst daran Schuld.“

„Ich weis, Sir“, seufze ich. „Aber ich bin wie ich bin und kann nicht aus meiner Haut raus.“

„Schau mal, mein Junge“ - so hat er mich lange nicht mehr genannt und es ist ein eigenartiges, aber gutes Gefühl mal wieder von ihm so genannt zu werden – „Es ist mir egal, wie freundlich oder unfreundlich du bist, solange du nur weiterhin so erfolgreich und brillant unterrichtest, wie du es bisher getan hast. Aber – es tut mir leid, dir das sagen zu müssen – du machst es dir selbst nur unnötig schwer.“

„Ich habe nie gewusst, wie man liebt, Sir“, gebe ich ein wenig unwillig zu – ich spreche nicht gerne über Gefüh-le – noch nicht mal mit den Alten, den ich wirklich sehr gern habe. „Ich habe nie gewusst, wie man freundlich ist und wenn ich es versuche, geht das immer in die Ho-se. Ich kann es einfach nicht. Ich habe es als Kind nicht gelernt und ich fürchte, es ist viel zu spät, das jetzt noch zu lernen.“

„Es ist nie zu spät Severus, aber keiner kann dich zwin-gen, etwas Derartiges auf dich zu nehmen, wenn du es nicht selbst willst. Es tut mir nur Leid für dich, dass du dadurch nie wissen wirst, was es heißt Freunde zu ha-ben und wie schön das sein kann.“

„Doch Sir, das weis ich. Auch wenn er schon lange tot ist, ich hatte einen Freund und ich weis wie weh das tut – selbst heute noch.“

„Ja, das habe ich beinahe vergessen – Hieratus Morch – nicht wahr. Ja, der war sicher dein Freund, wenn wohl auch sonst keiner. Ich nehme es zurück, du weist, was es heißt einen Freund zu haben. Umso schlimmer muss es jetzt für sich sein, dass er tot ist.“

„Ja, Sir und ich weis nicht, ob ich diesen Schmerz noch mal riskieren möchte ... Wer liebt, leidet“, murmle ich noch diesen Satz, der mich beinahe schon mein ganzes Leben begleitet und Dumbledore gibt mir die nur zu be-kannte Antwort: „Aber es ist die Sache wert, mein Jun-ge, das ist sie es immer.“

„Ja Sir, das habe ich früher auch al geglaubt, aber heu-te denke ich, es ist leichter, nicht zu viel an sich heran-kommen zu lassen – es tut zu weh, es auch wieder zu verlieren.“

„Ich werde dich wohl kaum vom Gegenteil überzeugen können, doch es wird der Tag kommen, an dem du es entweder unendlich bereust oder an dem die versteckten Gefühle in dir, dich mit einer derartigen Gewalt über-fallen, dass du nicht weist, was du dagegen tun kannst und sie werden dich unvorbereitet treffen, mein Junge.“

Es klingt, als wisse er nur zu genau, wovon er da redet. Dumbledore ist uralt und er hat wahrscheinlich bereits mehr Dinge wieder vergessen, als die meisten anderen je gelernt haben.

„Das mag so kommen, Sir, aber ich sehe keinen Weg, es zu verhindern, wenn dem so sein sollte.“

„Dann wirst du damit einfach leben müssen, auch wenn ich für dich wünschte, es könnte anders sein - Nun, bis später dann.“

Und er verlässt fröhlich summend mein Büro.

Verrückter alter Vogel...

Nun, dann wird uns wohl im nächsten Jahr Gilderoy Lockhart als Verteidigungslehrer beglücken. Mal sehen, wie lange der durchhält.
 

Die Wochen vergehen und die Hälfte der Ferien ist be-reits vorbei, als Dumbledore mich erneut aufsucht.

„Lockhart hat angenommen“, meint er strahlend als er hereinkommt. „Aber das ist nicht der Grund, warum ich dich sprechen wollte. Es geht um Harry.“

„Was hat der jetzt schon wieder angestellt?“ platze ich heraus und vermute so Einiges.

Der Alte besteht wohl darauf, mich auch dem Laufen-den zu halten, weil er mein Versprechen kennt. Er ist der Einzige, der davon weis und so bekomme ich immer alle Neuigkeiten über den Bengel zu hören.

„Er selbst? Nun, wohl nicht soviel, auch wenn er eine Verwarnung vom Ministerium bekommen hat, weil er Zuhause Magie benutzt hat. Doch meine Informationen besagen, dass ein Hauself der Schuldige war. Wobei ich keine Ahnung habe, wem der gehören mag. Aber das ist auch nicht die Sache, die ich dir eigentlich erzählen wollte.

Die Weasleys Ron, Fred und George haben ihn mit dem Auto ihres Vater von Zuhause rausgeholt. Ich hatte schon befürchtet, mich selbst darum kümmern zu müs-sen, denn die Dursleys hatten ihn eingesperrt und woll-ten ihn nicht mehr nach Hogwarts lassen.“

„Woher wissen sie das?“ platze ich heraus.

„Ich habe so meine Quellen“, gibt er mit einem feinen Lächeln zurück. „Der Junge ist viel zu wichtig...“ wieder Mal bricht er ab, als hätte er zuviel gesagt.

„Ich hoffe, er weis nicht, für wie wichtig sie ihn halten“, brumme ich etwas unwillig. „Das Letzte was wir hier brauchen, ist ein Halbwüchsiger, der sich für die Krone der Schöpfung hält und das auch ausnutzt, weil alle ihn darin bestätigen – nun, ich werde das sicher nicht tun.“

„Harry ist nicht James, Severus, so ähnlich er ihm auch sehen mag. Er ist eine ganz andere Persönlichkeit und ihn treiben auch andere Dinge an. Ich glaube kaum, dass er glücklich darüber ist, dass alle in unserer Welt seine Narbe anstarren, als sei sie das achte Weltwun-der.“

„James hätte das genossen“, brumme ich wieder.

„Dann werde ich dich wohl nicht überzeugen können, den Jungen als das anzusehen, was er ist und nicht als Abbild seines Vaters. Mach es ihm nicht zu schwer, Se-verus, er hat es bei seinen Leuten schon schwer genug, OK?“

„Wenn er sich benimmt, bekommt er mit mir keine Probleme, das verspreche ich, Sir.“

Der seufzt.

„Für wie wahrscheinlich hältst du es, dass er das tut? Er ist nicht James, wirklich nicht, aber er ist ein Mensch, der tut, was er glaubt tun zu müssen und der sich sicher nicht an die Regeln hält, wenn er meint, es wäre an der Zeit etwas zu tun. Das haben wir letztes Jahr doch wohl nur zu deutlich gesehen.“

„Und da muss sogar ich zugeben, dass ich froh bin, dass er es getan hat, auch wenn ich nicht gerade glücklich darüber bin, dass er sich dieser schrecklichen Gefahr ausgesetzt hat. Aber wenn er nicht reagiert hätte, wäre der Dunkle Lord bereits wieder an der Macht.“

„Ich freue mich, dass du wenigstens das einsiehst“, gibt er immer noch lächelnd zurück.

„Ich bin nicht dumm, Sir“, winke ich ab. „Aber bitte sa-gen sie dem Jungen nicht, dass ich das gesagt habe.“

„Nein, natürlich nicht. Du solltest nach all den Jahren eigentlich wissen, dass ich für gewöhnlich unsere Ge-spräche vertraulich behandle.“

„Ja, Sir und danke...“


 

Der Ford in der Weide

A

uch die restlichen vier Ferienwochen vergehen und ich bin bereit für ein neues Jahr. Ich habe mich davor gewappnet, diesen grünen Augen wieder zu begegnen und hoffe, dass ich mich dieses Jahr ein bisschen besser beherrschen kann, nun, da die Überraschung wegfällt – nicht unbedingt wegen dem Jungen – eher wegen meines kaum vorhandenen Seelenfriedens, der doch sehr unter seinem Auftauchen gelitten hat.

Es ist der Anreisetag und ich bin schon wieder mal ein bisschen verärgert, weil da ein Bild von Harry mit – ausgerechnet – Lockhart im Tages Propheten zu sehen war. Das wird seinen Kopf anschwellen lassen wie einen Kürbis, verdammt noch eins.

Doch es kommt noch schlimmer.

Die Kids trudeln ein, aber Ron und Harry sind nicht da-bei, stattdessen steht etwas über einen fliegenden Ford im Abendpropheten und ich zähle eins und eins zusam-men. Kein Ron, kein Harry, die Weasleys haben den Jungen mit einem Ford von Zuhause rausgeholt und nun steht etwas von einem fliegenden Auto in der Zei-tung. Ich kann also bedenkenlos ein ganzes Jahresge-halt darauf verwetten, wer wohl das Auto wohin geflo-gen hat und dabei so unvorsichtig war, sich auch noch sehen zu lassen.

Ich gehe nach draußen ins Gelände und sehe mich um, ob ich nicht etwas entdecken kann. Dieser verdammte Junge! Da ist er noch nicht mal wieder zurück und schon ist er wieder auf Abwegen ... und dieser dämliche Lockhart, der ihn auch noch auf Titelseite der Zeitung bringt. Da tue ich, was ich kann, damit der Kopf des Jungen nicht so aufgeblasen wird, wie der seines Vaters und dieser Trottel posiert mit ihm für ein Zeitungsfoto – da muss der Junge ja auf die dümmsten Ideen kommen.

Ich heize meine Wut eigentlich nur aus einem Grund an, um die Sorge zu verdrängen, die meine Innereien zu-sammenkrampft. Grundgütiger, da fliegen diese beiden Bengel ein Auto durchs halbe Land, werden von einem halben dutzend Muggel gesehen und ganz abgesehen davon sind sie noch viel zu jung, um überhaupt ein Fahrzeug zu bedienen.

Es kann sonst was passieren, dort oben in der Luft. Schon ein Besen kann übel genug werden und dann erst so ein Muggel Gefährt. Meine Phantasie zeigt mir, dass sie abgestürzt oder mit einem dieser Flugdinger der Muggel zusammengestoßen oder einfach in einen Berg gekracht sind. Wilde Sorge durchtobt mich und meine Laune wird immer übler.

Himmel, wenn ich diese beiden als erster erwische, be-kommen sie eine verbale Abreibung, die sie nicht so schnell vergessen, das schwöre ich mir. Den Rest des Jahres werden sie nicht mehr über die Stränge schla-gen. Die werden sich ganz lieb und brav an jede einzel-ne unserer Regeln halten und wenn ich wieder mit ei-nem Rauswurf drohen muss ... Es liegt nicht in meiner Macht, zwei Schüler aus Gryffindor zu relegieren, wenn McGonagall nicht zustimmt und das wird sie in Harrys Fall niemals tun und wenn sie ihn nicht rauswirft, kann sie auch Ron nicht rauswerfen, aber wie schon gesagt – manchmal genügen Drohungen.

Meine langen Schritte haben mich quer über das ganze Gelände geführt, als ich etwas, das verflixt nach so ei-nem Muggel Auto aussieht, im Verbotenen Wald ver-schwinden sehe. Es kommt aus Richtung der Peitschen-den Weide.

Als ich mir das Mistding (ich kann den Baum nicht lei-den, denn ich weis nur zu genau, was - wohl eher wer - sich einst unter seinen Wurzeln verborgen hat) genauer ansehe, erkenne ich, dass sie den Wagen wohl im Baum geparkt haben müssen. Große Rindenstücke hängen an der Weide herunter und mehrere Zweige sind gebro-chen. Geschieht ihr Recht, was ist sie auch immer so gewalttätig?

Sie müssen also angekommen sein. Ich lasse meine Bli-cke übers dunkle Gelände schweifen. In der Auffahrt liegen zwei Koffer und ein paar Meter weiter haben ihre Besitzer ihre Nasen an die Scheiben gepresst. Ich schlei-che mich näher.

„...oder vielleicht ist Snape auch rausgeflogen“, sagt der Weasley Junge gerade. „Ich meine, keiner kann ihn lei-den...“

So, so, rausgeflogen, weil keiner mich leiden kann. Nett, echt nett, na, da kann man´s mal wieder sehen, wie sehr sie mich doch alle lieben (der dumme Spruch tut sehr tief in mir drinnen – dort wo noch ein bisschen was menschliches übrig geblieben ist, das empfinden kann - dann doch verdammt weh, auch wenn ich das noch nicht mal vor mir selbst zugeben will).

„Oder vielleicht“, zische ich (und ein Stein fällt mir vom Herzen. Beide scheinen zwar etwas lädiert zu sein, se-hen aber gesund und munter aus), „wartet er auch dar-auf zu hören, warum sie nicht mit dem Hogwarts Ex-press angekommen sind.“

Es freut mich außerordentlich, das erschrockene und schuldbewusste Zusammenzucken der beiden Jungs zu sehen. Gut, gut, sehen wir doch mal, ob ich euch nicht von weiteren Dummheiten abhalten kann. Ich lasse mein gemeinstes Grinsen aufblitzen (und das gelingt mir wesentlich besser, als ein freundliches Lächeln) und sage einfach: „Kommen sie mit.“

Wie die armen Sünder schleichen sie hinter mir her in die Verliese hinunter. Vor meinem Büro angekommen, öffne ich die Tür und zische die beiden an: „Rein!“

Ach Himmel, ist das schön, sie so klein und schuldig vor mir stehen zu haben. ‚Na wartet, euch werd ich ... jetzt be-kommt ihr alles zurück, was ihr mir damals ... aber halt! Dumbledore und Tom haben Recht, das ist Harry und nicht James, der da mit gesenktem Kopf vor mir steht – er hat mir nie was ge-tan, das war immer nur sein Vater mit seinen Freunden - aber eine Lektion hat der Bengel dennoch verdient.“

„Also“, meine ich mit meiner weichsten, gefährlichsten Stimme. „Der Zug ist also nicht gut genug für den be-rühmten Potter und seinen getreuen Gefolgsmann Weasley ... Ihr wolltet euren großen Auftritt haben, was Jungs?“

Sie versuchen mir stammelnd zu erklären, warum sie das gemacht haben, aber ich lasse sie erst gar nicht zu Wort kommen. Zu sehr genieße ich im Augenblick meine offensichtliche Überlegenheit und zu groß war die Angst, die ich heute um den Jungen ausgestanden habe und zu stark ist die Erleichterung, die ich jetzt empfinde und für die ich mich beinahe schäme. Dafür hat er wirklich eine kleine Lektion verdient.

„Was habt ihr mit dem Auto gemacht?“ will ich mit ei-nem furchterregenden Zischen wissen.

Ich weis natürlich, dass es den Weasleys gehört, doch wer hat es verzaubert? Wenn die beiden dazu in der La-ge sind, würde ich das schon gerne wissen – wer weis, wozu sie dann noch in der Lage sein könnten. Doch ich bekomme keine Antwort, also fahre ich fort.

„Ihr Narren, man hat euch gesehen!“ schnarre ich sie an. „Von Muggel gesehen! Ihr habt die Geheimhaltung unserer Welt in Gefahr gebracht!“

Ich rede mich richtig in Rage und genieße es, meiner Wut – nun beinahe – freien Lauf zu lassen. Es tut ver-dammt gut, mich einmal nicht zurückhalten zu müssen – wenigstens nicht in der Art, wie ich es sonst tue. Diese verflixten grünen Augen in James Potters Gesicht. Doch einen Augenblick lang sehe ich nur noch diese Augen und höre Lilys Stimme in meinem inneren Ohr:

„Severus, ich bitte dich, sei gut zu meinem Jungen.“

‚Ja, ja’, gebe ich in Gedanken zurück, ‚aber er hat einen Anpfiff verdient, meine einzige Liebe. Lily, meine Elfe.’

Ich knalle die Zeitung vor den beiden auf den Tisch und lese ihnen den Artikel vor. Sie beben regelrecht in ihren ausgelatschten Turnschuhen (sie haben beide noch Muggelkleidung an) und ich genieße es, ihre Frucht zu sehen. Hoffentlich lernen sie ihre Lektion. Dann werfe ich Ron vor, dass sein Vater im Ministerium arbeitet und noch dazu in der Abteilung gegen Missbrauch von Muggel Artefakten. Was er sich als dessen Sohn dabei gedacht habe, einen Muggel Wagen zu fliegen.

Er bibbert noch immer und leckt sich die trockenen Lip-pen. Nun, dem dürfte ich genug Angst eingejagt haben. Dann schimpfe ich sie wegen der beschädigten Weide aus – wie gesagt ich habe nicht viel dagegen, dass der Baum was abbekommen hat, aber das brauchen die bei-den ja nicht zu wissen.

Ron versucht erneut, sich zu verteidigen, aber wieder lasse ich ihn nicht zu Wort kommen. Ich drohe ihnen mit einem Rauswurf, wie ich es mir vorgenommen habe und zeige ihnen nochmal mein gemeinstes Grinsen. Das hat heute mal wirklich eine erstaunlich gute Wirkung auf die Jungs, stelle ich erfreut fest, denn beide starren auf ihre Schuhe und können mir nicht in die Augen schauen. Dann kündige ich an, dass ich McGonagall holen werde und fege aus dem Zimmer. Sollen sie ruhig ein wenig in ihrer eigenen Angst schmoren, vielleicht sind sie dann gar genug, um sich das alles ernsthaft zu Herzen zu nehmen.

Ich finde Minerva bei den Erstklässlern und weis sofort, dass auch sie die Zeitung gelesen hat und besorgt war, denn sie wirft mir einen fragend drängenden Blick zu.

„Ich habe die beiden, Minerva“, murmle ich tonlos.

Sie liest es mir regelrecht von den Lippen ab, schnappt sich Flitwick, der gerade vorbeikommt und bittet ihn, sich um alles zu kümmern, dann folgt sie mir.

„Was ist geschehen, Severus?“ will sie wissen und ich erkläre es ihr mit ein paar knappen Worten.

Sie wird abwechselnd kreidebleich und ziegelrot und ich sehe genau, dass sie sich aufs Äußerste beherrschen muss, um sich weder zu sehr aufzuregen, noch um in Tränen auszubrechen. Inzwischen kenne ich die gute Minerva nämlich ziemlich gut. Diese Härte und Strenge, die sie immer nach außen hin zeigt, sind nicht echt. Ihr liegt das Wohl jedes einzelnen Schülers am Herzen und ich bin mir sicher, dass sie sich heute noch größere Sor-gen um die Jungs gemacht hat als ich.

Mit einem inneren Lächeln bemerke ich, wie sie ihre Gesichtszüge zu ihrem üblichen Ausdruck zu Recht rückt, bevor sie die Tür zu meinem Büro aufstößt. Ich lasse mir natürlich nicht anmerken, dass ich ihre See-lenqual gesehen habe, denn dazu achte und respektiere ich diese Frau viel zu sehr, als dass ich sie wirklich in Verlegenheit bringen möchte (was mich natürlich nicht daran hindert, sie von Zeit zu Zeit ein wenig süffisant aufzuziehen).

Die beiden Jungs stehen noch genauso in meinem Büro, wie ich sie verlassen habe. Minerva fegt auf sie zu und sieht dabei wesentlich bedrohlicher aus, als man ihr es normaler Weise zutrauen würde.

„Setzen!“ sagt sie mit einer außerordentlich harten Stimme im Kommandoton.

Die beiden schleichen geradezu auf zwei Stühle an mei-nem erloschenen Kamin. Ich wusste es ja schon immer, dass es die gute McGonagall drauf hat, ohne zu Schrei-en, ohne zu Toben, sondern mit einer eisigen Kälte in der Stimme, die regelrecht die Luft im Raum gefrieren lässt – ja, die Gute ist wirklich eine Löwin.

„Erklärung!“ fordert sie die Jungs auf und die beginnen zu stottern und zu stammeln.

Etwas von der Barriere an Gleis 9 ¾, die sie nicht durchgelassen habe, von dem Auto, das sie gefunden hätten (ha, ha, gefunden, die Karre gehört Rons Vater, doch die beiden wollen ihn wohl schützen). Minerva weist sie darauf hin, dass sie ja immerhin eine Eule bei sich gehabt hätten und die mit einer Nachricht hätten hierher schicken können. Die Blicke der beiden besagen nur zu deutlich, dass ihnen diese Option nicht im Traum eingefallen wäre.

Mir kommt der Verdacht, dass sie das gar nicht ge-macht haben, weil sie das cool gefunden haben oder angeben wollten (wobei das sicher für sie ein gewisser Bonus gewesen wäre), sondern weil sie es für die einzige Möglichkeit gehalten haben, rechtzeitig nach Hogwarts zu kommen. Ich muss in mich hinein grinsen, doch dann klopft es und reißt mich aus meiner Betrachtung.

Ich öffne und Dumbledore steht draußen. Mit einer ele-ganten Handbewegung bittet er mich um Einlass. Der Alte ist immer so schrecklich liebenswürdig, aber ich weis diese Höflichkeit, die er mir entgegen bringt, wenn er nicht mit mir alleine ist (und selbst dann bleibt er immer freundlich) durchaus zu schätzen.

Er wirft den beiden Tunichtguten einen derart durch-dringenden Blick zu, dass sie sich in den Stühlen nur noch winden können. Er sagt zuerst kein Wort, nur sein Blick spricht und er hat damit einen wesentlich durch-schlagenderen Erfolg, als ich in mit all meinen Drohun-gen und Gezeter. Als die beiden auf die moralische Grö-ße von Kaulquappen geschrumpft sind, räuspert sich der Alte und sagt:

„Erklärt mir bitte mal, warum ihr das getan habt.“

In seiner Stimme schwingt eine derartige Enttäuschung mit, dass nun nur noch Froschlaich auf den Stühlen vor sich hin bibbert. Nochmal kommen dieselben gestam-melten Erklärungen und Dumbledores Blick wird immer durchdringender.

„Dann packen wir mal unsere Sachen“, murmelt der Weasley Junge schließlich und klingt völlig leer und hoffnungslos.

Nun, ich denke nicht, dass Minerva das verlangen wird und richtig...

„Wovon reden sie, Weasley?“ schnarrt sie ihn an.

„Wir fliegen doch raus, oder?“ fragt er und klingt noch verlorener.

„Heute nicht“, erwidert Dumbledore und meint noch, er werde allerdings Briefe an die Familien der beiden schreiben, damit sie begreifen, was sie da ausgefressen haben. Er fügt noch an, er werde sie jedoch der Schule verweisen, wenn sie nochmal was anstellen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Harry von der An-kündigung mit dem Brief sehr beeindruckt ist, nach al-lem, was ich über diese Muggel weis, bei denen er lebt (und das ist nicht viel, aber genug, um zu wissen, dass er denen vollkommen am Arsch vorbei geht) Doch Dumbledores enttäuschte Stimme im Kommandoton hat eine außerordentliche Wirkung auf ihn und er scheint sich die Ermahnung zu Herzen zu nehmen.

Mehr, weil es von mir erwartet wird, als aus sonst ei-nem Grund, werfe ich finstere Blicke auf die zwei Übel-täter (ich wusste ja nur zu genau, dass sie nicht raus-fliegen werden) und brumme ein paar Einwände. Sie sollen sich diese Lektion wirklich hinter die Ohren schreiben und sich merken, was ihnen eigentlich ge-bührt hätte.

„Aber Professor“, schnarre ich und fasle etwas über das Gesetz zur Vernunftgemäßen Beschränkung der Magie Minderjähriger (als ob ich mich damals daran gehalten hätte) und von der beschädigten Weide (was mir wie gesagt, echt am Arsch vorbei geht) und drohe noch ein bisschen mehr. Doch Dumbledore meint nur lakonisch, das sei McGonagalls Sache. Womit er natürlich völlig Recht hat.

„Komm, Severus“, sagt er dann mit diesem amüsierten Funkeln in den Augen, dass ich so gut von ihm kenne. „Wir sollten zum Fest gehen. Da gibt es eine Torte, die ich unbedingt probieren möchte.“

Ich werfe noch einen Blick reinsten Gifts auf die zwei Jungs und lasse mich vom Alten aus meinem Büro schieben. McGonagall wird sich schon um alles küm-mern, da bin ich mir völlig sicher. Auf ihre Art ist sie genauso streng wie ich.

„Wolltest du wirklich, dass die Jungs rausfliegen, Seve-rus?“ fragt mich Dumbledore mit einem verschmitzten Lächeln, während wir die Treppe zur Großen Halle hi-naufsteigen.

„Natürlich nicht, Sir“, erwidere ich. „Ich weis, sie wür-den nie zulassen, dass Harry keine Ausbildung erhält und wenn sie ihn schützen, müssen sie auch Weasley schützen, nicht wahr? Nur weis ich, was die Kids von mir erwarten und ich wollte sie nicht enttäuschen.“

Dumbledore lacht leise vor sich hin.

„Weist du, Severus, manchmal hast du schon einen tro-ckenen und hintergründigen Humor. Ja, ich denke, das haben sie wirklich von dir erwartet. Sie fürchten und verabscheuen dich. Ist es dir das wert?“

„Ich weis es nicht“, erwidere ich. „Aber ich will nicht, dass sie dieses Jahr wieder ein solches Ding drehen, wie im Letzten. Himmel, Direktor, ich bin wirklich der Letz-te, der will, dass Harry etwas zustößt und ich kann ihn nur schützen, wenn er sich selbst ein wenig zurückhält, das ist mir letztes Jahr nur zu deutlich klar geworden.“

„Nun, auch wenn wir bei der Wahl der Mittel nicht un-bedingt übereinstimmen, so haben wir doch beide das-selbe Ziel“, nickt er mir zu. „Nun gut, du hast deine Art und ich die meine.“

Wir gehen zum Jahresbeginn Fest und kommen gerade noch rechtzeitig zum Nachtisch, was Albus sichtlich freut und mir ziemlich egal ist – ich brauche keine Sü-ßigkeiten, im Gegensatz zum Alten.
 

In dieser Nacht stehen mal wieder diese grünen Augen vor mir in der Dunkelheit. Der Junge hat mir einen Blick zugeworfen, wie damals seine Mutter, als ich sie Schlammblut genannt habe. Es ist, als hätte ich sie ins Gesicht geschlagen.

‚Ach Lily, ich versprech dir, ich pass auf deinen Jungen auf, aber ich wünschte, er würde es mir nicht gar so schwer machen. Ich wünschte auch, er würde mich nicht gar so sehr verabscheuen. Doch wie sollte er das nicht tun? Meine Gefühle sind bestenfalls gespalten und wenn ich ihn sehe, kommt immer meine übelste Seite zum Vorschein.’

Wie man in den Wald hineinruft, Severus, so hallt es heraus.

Doch ich kann nicht raus aus meiner Haut und ich wüsste gar nicht, wie ich wirklich freundlich zu irgend-wem sein sollte. Es ist, als würde Lily mir antworten.

„Tu, was du tun musst“, höre ich ihre wundervolle Stimme. „Aber sei einfach für ihn da und lass ihn nicht im Stich.“

„Nein, meine Elfe“, raune ich in die Dunkelheit. „Das sicher nicht – niemals.“

Als hätte dieses Versprechen eine uralte Spannung in mir gelöst, schlafe ich diese Nacht besser, als seit vielen Jahren und bin am nächsten Morgen für neue Aufga-ben bereit.


 

Schulbetrieb

D

as Quidditch Team meines Hauses erscheint geschlossen in meinem Büro.

„Sir“, sagt Flint, der Captain zu mir. „Wir haben einen neuen Sucher und es ist Draco Malfoy. Sein Vater war so großzügig, unsere ganze Mannschaft mit neuen Be-sen auszustatten und Draco fliegt gar nicht so schlecht. Wir brauchen aber Zeit zum Üben. Können sie uns die Genehmigung für das Spielfeld geben?“

Einen so langen zusammenhängenden Satz habe ich von Flint noch nie gehört und nicke daher. Ich schreibe ihnen die Genehmigung aus und winke sie ein wenig genervt aus meinem Büro.

So ein Mistkerl, dieser Lucius Malfoy (als wüsste ich das nicht schon seit langem) kauft einfach seinen Sohn ins Team ein. Nun, für Gold kann man eine ganze Menge bekommen, aber ich bezweifle, dass man dafür echte Freunde bekommt. Soll sein Bengel doch glücklich damit werden. Doch ich werde Lucius einen freundlichen Dan-kesbrief schreiben müssen – wer weis, wofür ich ihn nochmal brauchen werde.

Aber ein gemeiner Teil von mir – oder ist es eine Art besseres Ich? – wünscht sich umgehend, dass Harry Draco beim Spiel besiegt und ihm beweist, dass weder Gold noch ein erstklassiger Besen alles sind, sondern dass es auch auf echtes Talent ankommt. Ich würde na-türlich eher vor der ganzen Schule nackt in den See springen, als das laut zuzugeben, aber Harry ist wirk-lich ein großartiger Flieger und nicht nur ein elender Angeber ohne echtes Können. Ich beschließe, einen heimlichen Blick auf dieses Training zu werfen, nur so für den Fall.

Kaum bin ich in meinem geheimen Zimmer angekom-men, geht die Show auch schon los, wenn auch anders, als ich es erwartet habe.

Meine Slytherins geraten sich sofort mit den Gryffin-dors in die Haare, die ebenfalls trainieren wollten. Ich kann kein Wort verstehen, sondern beobachte nur eine stumme Pantomime. Wood will Flint und seine Leute verscheuchen und fuchtelt wild mit den Händen in der Luft herum. Flint präsentiert ihm mein Schreiben und Wood gibt klein bei. Doch dann kommen Weasley und die kleine Granger dazu, während meine Slytherins mit ihren neuen Besen schrecklich angeben – die Gesten sind eindeutig und die Blicke der Gryffindors sprechen Bän-de. Dann geht die kleine Granger auf Malfoy los und er sagt etwas. Ich kann es ihm von den Lippen ablesen und der Weasley Junge wird wütend – kann ich verstehen – es war das Wort „Schlammblut“, das Malfoy ihr entge-gengepfeffert hat.

Ron schwingt seinen Stab (und irgendwie sehe ich bein-nahe James Potter – auch wenn der Rotschopf nur der Freund seines Sohnes ist – der seinen Stab aus dem glei-chen Grund auf mich richtet), doch mit dem Ding stimmt wohl was nicht, denn es feuert den Fluch auf den Absender zurück. Er sinkt auf seine Knie ins Gras und beginnt Schnecken hervor zu würgen. Ein wirklich gemeiner Fluch und ich hätte ihn Draco irgendwie ver-gönnt – ich mag diesen kleinen, aalglatten Mistkerl nicht, irgendwie erinnert er mich immer ein wenig an Karkaroff, nicht vom Aussehen her, aber seine ganze Art. Doch es ist auch nicht ganz so übel zu sehen, dass es Ron erwischt hat.

Himmel, Severus, musst du denn immer so schadenfroh sein?

Ich glaube schon, es tut einfach zu gut, wenn mal ein anderer der Dumme ist – zu oft schon war ich es.

Harry und Hermine klauben ihren Freund zusammen, hindern einen Erstklässler aus ihrem Haus daran, von dieser elenden Szene auch noch Fotos zu schießen und gehen dann gemeinsam so schnell sie können in Rich-tung Hagrids Hütte davon.

Doch was ist mit Weasleys Zauberstab los? In meiner ersten Stunde mit der Gruppe war mir aufgefallen, dass er ihn mit Klebeband umwickelt hatte. Ist seine Familie so arm, dass sie sich keinen neuen für ihn leisten kön-nen? Kann schon sein. Ich denke, das Ding könnte bei der Landung in der Weide zu Bruch gegangen sein und Ron traut sich möglicher Weise nicht, um einen anderen nach Hause zu schreiben.

Ich habe noch den Heuler seiner Mutter im Ohr, den er am nächsten Morgen bekommen hat. Himmel, wenn ich so ein Ding bekommen hätte, würde ich auch nicht nach Hause schreiben, dass mein Zauberstab im Eimer ist und ich einen neuen brauche.

Ich könnte ihm ja meinen alten Stab zukommen lassen, aber ich denke nicht, dass das eine gute Idee wäre. Könn-te meinem düsteren Image schaden und ich weis ja noch nicht mal, ob er damit klar käme. Das weitere Training meiner Mannschaft interessiert mich nicht mehr beson-ders und mich freut es nur, festzustellen, dass Draco bei weitem nicht so gut fliegt, wie Harry.
 

Lockhart schwadroniert im Lehrerzimmer herum. Er erzählt von seinen ach so tollen Abenteuern und gibt schlimmer an, als ein ganzes Rudel Greifen. Damit geht er nicht nur mir auf den Senkel. Die angenervten Blicke der anderen Lehrer sprechen Bände und es wird in nächster Zeit zur Mode, sich möglichst nicht mehr dort aufzuhalten, wo Lockhart gerade ist.

Plötzlich erfreuen sich unsere privaten Büros größter Beliebtheit. Nun, ich habe mich ohnehin selten im Leh-rerzimmer aufgehalten, aber wenn ich mal jemand ge-sucht habe, dann wusste ich gewöhnlich, wo der zu fin-den war. Jetzt ist im Lehrerzimmer meistens nur noch der schöne Gilderoy anzutreffen und ich bin immer froh, wenn er mich nicht erwischt – er will einfach so gar nicht verstehen, dass ich einfach nur meine Ruhe haben will und sein lächerlicher, alberner Smalltalk dieser nicht eben förderlich ist.

Er kann alles besser, weis alles besser und hat alles schon mal wo gesehen oder es selbst schon gemacht. Madame Sprout erzählt eines Mittags am Lehrertisch ziemlich ungehalten, dass er ihr erklären wollte, wie man die Peitschende Weide verarzten müsse, als ob sie das nicht selbst wissen würde – so ungehalten habe ich die nette, ruhige Lady noch nie gesehen.

Ein paar Tage später grummelt Hagrid außerordentlich beleidigt, Lockhart habe ihm erklären wollen, wie man Nixen aus einem Brunnen raus bekommt.

„Wos moant n dea?“ brummt er mir zu und versucht so leise zu reden, dass das Subjekt seiner Beschwerde ihn nicht hören kann. „Dass i des no nia to hob? Dass earscht da sche Gilderoy daher kemma muas, dass mia do in Hogwarts klar kemman?“

So sauer habe ich Hagrid noch nie erlebt, noch nicht mal damals, als Sirius mich in den See geworfen hatte – und das war echt ein Rekord. McGonagall zieht beim Thema Lockhart nur ihre Nase kraus, schürzt die Lippen und schnaubt auf eine herrlich abfällige Art. Ich weis, dass sie nie schlecht über Kollegen redet (noch nicht mal dann, wenn sie sich mal wieder über eine schnippische Bemerkung von mir in Grund und Boden geärgert hat), doch sie hat schon so ihre Art, dennoch ihre Meinung deutlich kund zu tun.

Flitwick begegnet Lockhart mit einer derart ausgesuch-ten Höflichkeit, das ich nur zu genau weis, dass er ihn nicht im Geringsten für voll nimmt.

Und ich? Ich würde diesen Schönling mit seinem ondu-lierten, blonden Wallehaar für eine echte Lachnummer halten, wäre da nicht die traurige Tatsache, dass Harry nun schon das zweite Jahr in Folge einen absolut unfä-higen Lehrer in Verteidigung gegen die Dunklen Künste hat und mit ihn natürlich auch der Rest der Kids).

Es geht nämlich das Gerücht, Lockhart habe in seiner ersten Stunde mit den Gryffindors Wichtel aus Cornwall freigelassen und es dann seinen Schülern überlassen, sie wieder einzufangen. Aber nicht als gute Übung dafür, wie man mit derartigen Kreaturen umgeht, sondern weil er selbst nicht die geringste Ahnung hatte, wie er mit ihnen fertig werden soll. Lässt ja wohl tief blicken, oder? Aber wenn Dumbledore meint ... Immerhin ist er hier der Boss.

Nun, ich will mir keines Falls eine Nachlässigkeit nach-sagen lassen und drille meine Schüler härter denn je. Mein Zaubertrankunterricht wird immer verhasster, aber ich will, dass sie lernen, wie man es richtig macht und dazu ist es nicht nötig, dass sie mich mögen. Es ge-nügt, wenn sie das tun, was ich von ihnen fordere.

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hotepneith
2006-06-23T20:40:25+00:00 23.06.2006 22:40
Snape fängt wikrlich an mir leid zu tun. Das Gesicht des Mannes den Mann hasst, die Augen der Frau , die man liebt, ein Versprechen, zu beschützen...und einen Jungen, der grundsätzlich nie das tut, was den Regeln entspricht


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