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Trankmeister von Hogwarts

Fortsetzung von "Ten forgotten Years" - keine Pairings - ein bisschen Depri
von

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Erinnerungen

Kapitel 1

Erinnerungen

Es ist noch nicht vorbei...
 

Z

ehn Jahre sind vergangen. Zehn Jahre Einsamkeit. Zehn Jahre Leere. Zehn Jahre immer stärker werdender Verbitterung.

Lehren, unterrichten - Nicht das Fach, das ich wollte. Dumbledore gibt mir um keinen Preis den Job in Verteidigung gegen die Dunklen Künste. Er meint, ich solle lieber weiter meine Zaubertränke lehren, darin sei ich einer der Besten. Mag sein, dass ich das bin – schließlich habe ich in diesen langen Jahren auch meine Prüfung als Trankmeister abgelegt. Nichts, was jeder bekommt – es gibt nur acht oder zehn Leute in ganz England, die das Recht haben, diesen Titel zu tragen. Es bedarf lange Jahre der Stu-dien, diese besondere Auszeichnung zu erhalten und ich bin stolz darauf. Trotzdem bin ich nicht begeistert davon, ausgerechnet dieses Fach zu unterrichten – zu viel habe ich einst mir dieser besonderen Fähigkeit ange-richtet ... viel zu viel.

Doch wenigstens habe ich auf diesem Weg eine Art von Zuhause gefun-den, in dem ich mich halbwegs wohl fühle. Ich bin nicht glücklich. Ich war nie mehr glücklich, seit damals - Seit dem Tag, an dem sie starb, seit dem Tag, als er nach Askaban kam –Wenn ich es zuvor jemals war - Aber ich bin relativ zufrieden. Ich habe eine Arbeit, die mich in gewisser Weise befriedigt, auch wenn sie nicht das Ziel meiner Träume ist.

Ich bin nicht mehr der junge Kerl, der damals so völlig verzweifelt und beinahe zerstört nach Hogwarts zu Dumbledore geflohen ist. Ich bin längst ein erwachsener Mann. Mit allen Konsequenzen. Doch ich bin wohl nicht der Mensch geworden, der ich hätte werden können. Von dem sich wohl auch mein einziger – ermordeter - Freund gewünscht hätte, dass ich es werde.

Nein, das bin ich leider nicht. Ich bin hart geworden, hart und kalt. Zy-nisch, hämisch, schadenfroh. Und bitter – sehr bitter.

Nicht das, was ich je werden wollte ... aber ich hatte nie eine Wahl.

Das oder an mir selbst zu Grunde gehen.

Freunde habe ich keine.

Es schmerzt zu sehr, sie zu verlieren und ich wage es nicht, mir nochmal welche zu suchen. Würde mir auch verdammt schwer fallen – Ich bin kein netter Kerl.

Wer liebt, leidet ... Früher meinte ich, es sei manchmal die Sache wert. Doch jetzt? Ich denke, es ist viel einfacher, gar nicht erst in Versuchung zu geraten, als diesen Schmerz wieder zu verspüren. Nein, keine Freunde für mich - Keine Freunde für Severus Snape, Trankmeister von Hogwarts. Es ist mir lieber, wenn alle von mir weg bleiben und mich in Ruhe lassen – auch wenn mir das nur Einsamkeit bringt. Doch auch die ist schon seit nur zu vielen Jahren mein stetiger Begleiter und ich kenne jede einzelne Facette von ihr.

Die Einsamkeit inmitten einer Menschenmenge, die Einsamkeit in mei-nem Büro, das keiner außer Dumbledore freiwillig betritt, die Einsamkeit zu vieler, schlafloser Nächte, ohne einen Freund oder Gefährten, die Ein-samkeit in sich selbst eingesperrt zu sein.

Meine Kollegen bringen mir eine Art widerwilligen Respekt entgegen. Das ist zwar nicht viel, aber immerhin. Es ist wohl meine eigene Schuld. Ich habe mich viel zu weit in mich selbst zurückgezogen - will der Welt keine Angriffsfläche bieten - als dass es zwischen mir und den anderen Lehrern zu mehr als ein paar indifferenten Worten käme, wenn wir uns in den Korridoren begegnen. Es ist die Art von Freiheit in mir, die nur je-mand kennen kann, der nichts mehr zu verlieren hat.

Yeah - Freedom’s just another word for nothing left to loose.

Und diese Art von Freiheit habe ich – wenn auch sonst nicht viel.

Habe ich etwas von dem gutgemacht, was ich angerichtet habe? Ich weis es nicht. Aber es ist auch egal. Es hat keine Bedeutung mehr für mich. Ich bin älter geworden und in gewisser Weise auch ruhiger. Kein junger Bur-sche mehr voll mit unerfüllbaren Träumen, Hoffnungen und Sehnsüch-ten... Keine Gefühle mehr ... emotional versteinert.

Ich bin wie eine Waage, die sich in einem sehr labilen Gleichgewicht be-findet. Ich bin es zufrieden. Was kann ich mehr verlangen? Es ist doch mehr, als ich verdient habe.

Doch es kommt der Tag, da diese Waage aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Ein Tag, mit dem ich hätte rechnen sollen. All die Jahre, seit damals. Doch manchmal bin selbst ich noch ein wenig naiv, auch wenn ich schon sehr viel gesehen und erlebt habe, mache auch ich noch Fehler – Fehler, die zu vermeiden gewesen wären, wenn ich besser verstehen würde, wie andere Menschen denken und fühlen, wenn ich selbst meine eigenen Ge-fühle besser verstehen oder auch nur akzeptieren könnte, dass es sie immer noch gibt, egal wie sehr und wie gerne ich es gewöhnlich auch leugne.

...es fängt nämlich alles immer wieder von Neuen an

W

ir schreiben das Jahr 1991 und mein zwölftes Jahr als Lehrer an der Hogwarts Schule für Zauberei und Hexenkunst beginnt. Elf Jahre lang unterrichte ich hier nun schon Zaubertränke und habe mir meine friedliche, kleine Nische in unserer Welt geschaffen. Ich hätte eigentlich nicht erwartet, sie solange innehaben zu können – zu dürfen.

Doch was sollte ich auch anderes tun?

Mir stehen nach meinen üblen Taten von vor so vielen Jahren keine anderen Möglichkeiten offen, also bin ich einfach geblieben und habe es auch nie bereut – wenn ich ehrlich bin, bin ich sogar gern hier. Nur Dumbledore hat mir genug vertraut, um mir damals eine feste An-stellung zu geben. Nur Dumbledore sprach damals für mich, als man die Todesser jagte und sie nach Askaban brachte. Er hat verhindert, dass ich auch dort hin muss-te und dort verschimmle. Ich weis nicht, wie er mich frei bekommen hat, er meinte nur, er habe ein paar alte Schulden eingefordert und wechselte das Thema, als ich ihn danach gefragt habe.

Ja, ich kam frei, ohne Askaban auch nur aus der Ferne zu sehen (worüber ich sicher alles andere als böse bin), auch wenn ich mich drei Jahre lang ausschließlich in Hogwarts aufhalten musste – nun, das war kein hoher Preis und es gab und gibt ohnehin keinen Ort wohin ich gehen könnte.

Ich weis, dass noch viele Todesser auf freiem Fuß sind, doch ich wage es nicht, Namen zu nennen. Einige davon sind zu groß und haben zuviel Einfluss. Keiner würde einem kleinen Spion wie mir glauben ... denn mein Na-me hat keinen allzu guten Klang in unserer Welt und ich bin arm und bedeutungslos - Jämmerlich, schäbig, wertlos - der einzige Wert, den ich noch habe, ist der, dass ich hier lehren und den Kindern etwas beibringen kann und so tue ich es eben.

Ich mag mein Leben nicht besonders – noch nie - aber ich habe auch keine Lust einfach so zu sterben – auch wenn das verdammt leicht für mich wäre – einfach und schmerzlos, wenn ich es so will.

Ja, der Dunkle Lord ist seit zehn Jahren verschwunden, aber seine Anhänger laufen zum Teil noch frei herum. Es wäre nicht klug, den Mund zu weit aufzureißen – wahrscheinlich wäre es sogar lebensgefährlich und auch wenn ich nicht gerne lebe, so will ich - wie gesagt - dann doch nicht sterben. Und sie hätten sicher auch Schlimmeres und Schmerzhafteres für mich in Petto, als nur den Tod - Es gibt eine Menge freundliche Flüche, die so Einiges an Üblem verursachen können und sie ken-nen sie alle und benutzen sie auch – nur zu gerne.

Ja, Dumbledore hat mir damals den Prozess erspart, hat einfach behauptet, ich hätte die ganze Zeit für ihn ge-arbeitet (soviel hat er mir dann doch gesagt) und einem ehrenwerten Mann wie Dumbledore glaubt man sowas gewöhnlich auch. Doch das stimmte so nicht – nicht so ganz. Hätte er nicht für mich - nun - gelogen, säße auch ich heute in Askaban. Ich verdanke dem Alten alles und ich werde sein Vertrauen niemals enttäuschen oder gar missbrauchen.
 

Noch sind Ferien, aber in ein paar Tagen beginnt wie-der das Schuljahr und Dumbledore hat Hagrid losge-schickt, um dem Jungen seinen Brief zu bringen. Ich habe mir damals bei meinem Leben und bei meiner Hof-fung auf ein Wiedersehen hinter dem letzten Schleier mit meinem einzigen Freund geschworen, dass ich ihn beschützen werde und das Andenken meines Freundes ist mir heilig. Auch ihr Andenken ist mir heilig und mehr als das ... Ich werde meinen Schwur halten und wenn es mich das Leben kostet.
 

Ich bereite meinen Unterricht für das kommende Jahr vor, wie ich es noch jedes Mal gemacht habe. Auch hierbei will ich den Alten nicht enttäuschen. Es ist mit-ten in der Nacht und es ist sehr einsam hier unten in den Verließen, wo ich schon so lange lebe, doch ich bin diese Einsamkeit schon ewig gewohnt. Ich würde gerne ein wenig schlafen, aber ich weis, wenn ich mich jetzt ins Bett lege, werde ich mal wieder kein Auge zutun.

Ich kenne das nur zu gut und zu lange. Warum mir also die Mühe machen, wenn es doch keinen Sinn macht? Lieber etwas Produktives tun.

Vielleicht kann ich ein paar Stunden hier über meinen Unterlagen schlafen, wenn mir die Augen irgendwann einfach zufallen. Zu viele Nächte habe ich auf diese Art verbracht oder auch damit, dass ich einsam durch das Schloss gestreift bin. Habe ich schon als Junge immer heimlich getan, doch jetzt habe ich jedes Recht dazu. Ich darf sogar in den Verbotenen Wald, schließlich bin ich jetzt erwachsen und sogar Lehrer an dieser Schule, die das einzige wirkliche Zuhause ist, das ich je gekannt habe.

Ich bin in diesen zehn Jahren stärker gealtert, als es die Jahre angeben. Ich bin erst zweiunddreißig, sehe aber aus wie vierzig. Spielt keine Rolle, ich muss keinem ge-fallen und mir selbst ist es egal, wie ich aussehe. Ich lasse mich nicht verkommen, wie damals im Kessel, aber besondere Sorgfalt in Bezug auf mein Äußeres lasse ich auch nicht walten. Ich trage immer noch hauptsächlich schwarze Kleidung, das ist das Einfachste und ich muss keinen Gedanken daran verschwenden, was ich anziehe – außerdem mag ich diese Farbe und sie ist praktisch.

Im Lauf der Jahre habe ich mir sogar eine Art Hobby zugelegt. Die Hinterlassenschaft des alten Leech hat mich dazu inspiriert. Er hat alle möglichen Pflanzen, Präparate und Geschöpfe in Einmachgläsern gesammelt und sie seinem Nachfolger vermacht. Ich denke, es hat ihn gefreut, dass ich es geworden bin, denn er mochte mich immer. Ich habe diese Sammlung fortgesetzt und es ist eins der wenigen positiven Dinge, die es heutzuta-ge in meinem Leben gibt.

Die schillernden Gläser füllen fast alle Regale in meinem Büro. Die wenigen Stellen, die nicht damit voll gestellt sind, sind mit allen möglichen Zauberbüchern besetzt, hauptsächlich Bücher über Tränke und Verteidigung gegen die Dunklen Künste (man weis ja nie, ob ich nicht doch irgendwann mal diesen Job ergattern kann und man sollte immer auf dem Laufenden bleiben). Die Trankbücher sind in gewisser Weise zu einer Leiden-schaft von mir geworden. Wenn ich schon nicht das lehren darf, was ich möchte, dann will ich das, was ich lehren darf, so gut wie möglich lehren.

Meine Augen sind heiß und tränen beinahe. Eine gewal-tige Müdigkeit beherrscht mich, aber es ist immer noch zu früh, um ins Bett zu gehen und ich werde sicher im-mer noch nicht schlafen können.

Weiter arbeite ich am Zeitplan für meine Stunden. Es hat ein paar Veränderungen im Personal gegeben. In den zehn Jahren, die ich jetzt schon hier bin, habe ich schon sechs Lehrer in Verteidigung gegen die Dunklen Künste kommen und gehen sehen. Der Job bringt kein Glück, heißt es und es gibt wohl auch Gerüchte, er sei verflucht. Ich weis, dass so manch einer tuschelt, es sei mein Werk. Sie wissen alle, dass ich den Job haben will und man traut mir eine Menge Gemeinheiten zu. Doch ich habe nichts dergleichen getan – natürlich nicht. Dumbledore wird mir den Job ohnehin nicht geben (nicht, wenn er eine andere Wahl hat – egal, wie exzent-risch sie auch sein mag) und so haben wir seit letztem Jahr den siebten Lehrer in diesem Fach.

Er heißt Quirrell und ist noch ein ganz junger Bursche. Vor ein paar Jahren war er noch einer meiner Schüler. Nicht untalentiert, aber auch alles andere als genial. Was soll´s, es ist Dumbledores Entscheidung, er ist hier der Boss.

Immer schwerer wird mein Kopf und immer kleiner werden meine Augen. Endlich sinke ich auf mein Per-gament hinunter und finde ein paar segensreiche Stun-den erholsamen Schlaf.


 

Ihr Sohn

E

s ist der erste September und wir erwarten die Schüler. Der Hogwarts Express wird sie hier her-bringen, wie es auch schon zu meiner Schulzeit war und Hagrid wird die Erstklässler über den See rudern, auch das war schon damals so.

Es wird Abend und wir Lehrer werden zum Festessen Jahresbeginn erwartet und so trudle ich auch rechtzei-tig ein (ich drücke mich, wann immer ich kann von die-sen Massenveranstaltungen, aber an bestimmten Tagen lässt Dumbledore es einfach nicht zu).

Die Schüler der höheren Jahrgänge füllen bereits ihre Haustische und ich nehme meinen Platz am Ende des Lehrertisches ein. Quirrell taucht ebenfalls auf und fragt stotternd: „D-d-darf ich m-m-ich n-neben dich setzten S-s-severus?“

Früher hat er nicht gestottert, aber es heißt, er habe mit einem Vampir in Albanien Schwierigkeiten gehabt und hätte nun Angst, dass dieser immer noch hinter ihm her ist.

„Setz dich, Quirrell, tu dir keinen Zwang an“, gebe ich zurück und meine Stimme klingt bitter und schnarrend, aber das tut sie inzwischen so gut wie immer.

Er setzt sich, aber er ist schrecklich nervös und zittert wie Espenlaub. Nun, ich hätte gerne seinen Job, klar, aber deswegen werde ich ihn sicher nicht fressen, ver-giften, verfluchen oder was auch immer – Dumbledore schätzt es sicher nicht, wenn man sich an seinen Lehr-kräften vergreift.

Die Erstklässler stolpern herein und ich erkenne den Jungen sofort.

Grundgütiger! Er sieht genau so aus, wie damals vor so unendlich vielen Jahren sein Vater, bis auf zwei bedeut-same Unterschiede. Er hat eine blitzförmige Narbe auf der Stirn (für die er in unserer Welt berühmt ist – was mir natürlich gewaltig stinkt - berühmt für etwas, wor-an er sich bestimmt nicht erinnern kann – so ein Blöd-sinn) und seine Augen ... Er hat die Augen seiner Mutter ... Lily – Lily Ewans – die Elfe von der Lichtung ... Oh Gott!

Es fährt mir wie ein glühendes Messer ins Herz. Ich hät-te nicht erwartet, ihre wundervollen Augen je wieder zu sehen. Die Augen meiner Elfe im Gesicht meines schlimmsten Widersachers.

Großer Merlin! – Es ist regelrecht grausam...

Die alte Liebe flammt heiß in mir auf und ich dachte, ich hätte das längst vergessen, es wäre schon lange vor-bei. Doch sie ist immer noch so lebendig in mir, wie vor so vielen Jahren. Gleichzeitig flammt der alte Hass in mir auf, so wild und unbändig, wie er es damals war. Zu viele gemeine Streiche hat er mir damals gespielt, mich zu sehr gedemütigt, beleidigt und getriezt, als dass ich das je verzeihen könnte.

Großer Merlin, was soll nur daraus werden?

Ich werde mein Versprechen halten, aber ich fürchte, ich werde nicht freundlich zu dem Jungen sein können. Dieses Gesicht, ach Himmel, dieses Gesicht und diese Augen. Ein einziges Gefühlschaos durchtobt mich. So habe ich seit zehn Jahren nicht mehr empfunden und auf eine nahezu perverse Art macht es mich lebendiger, als ich es seit langem war. Ich kann meinen Verstand nur mit Gewalt auf die Auswahlzeremonie richten. Der Sprechende Hut hat bereits sein Lied beendet und ich habe keine einzige Zeile davon mitbekommen. Ich bin so nervös, als müsste ich ihn gleich selbst aufsetzen.

In welches Haus wird der Junge kommen? Möchte ich ihn bei mir in Slytherin haben? In gewisser Weise ja, aber es wäre wohl besser, wenn er in ein anderes Haus käme, denn ich kann plötzlich nicht mehr für meine Handlungen garantieren.

Ich werde ihn beschützen – ja – aber ich denke, es ist besser, wenn ich ihm nicht zu nahe komme. Ich weis nicht, was überwiegt, die Liebe zu seiner Mutter oder der Hass auf seinen Vater - es hält sich wohl die Waage – und keins von beidem wäre wirklich ratsam.

Sieh einer an, da ist ja auch Draco Malfoy, der Sohn meines alten Todesser Kumpels Lucius – diesem arro-ganten, überheblichen, selbstherrlichen Scheißkerl. Auf diesen Jungen werde ich wohl auch ein Auge haben müssen. Werde ich auch können, denn er kommt in mein Haus.

Da sind auch schon die Söhne der beiden Schläger des Dunklen Lords gelandet, Crabbe und Goyle – jede Menge Muskeln, aber wenig Hirn. Draco setzt sich zu ihnen und er scheint sie bereits unter seinem Befehl zu haben, wie sein Dad deren Vätern unter seiner Kontrolle hatte und wohl immer noch hat. Ein verhängnisvolles Trio, doch ich werde freundlich zu ihnen sein müssen. Man weis nie, wozu ich die alten Verbindungen nochmal brauchen könnte. Dumbledore meint, der Dunkle Lord sei nicht tot, er sei nicht mehr menschlich genug gewe-sen, um wie ein Mensch zu sterben und ich fürchte, er hat völlig Recht. Wenn er je wieder auftauchen sollte, werden meine speziellen Verbindungen unbezahlbar sein ... denn ich stehe auf Dumbledores Seite, immer und unbedingt.

Ohne Absicht fährt meine Hand zu dem alten Brand-mal an meinem linken Unterarm. Ja, es ist natürlich immer noch da, nicht nur in meiner Haut, sondern auch in meiner Seele. Verwaschen, fein, fast unsichtbar nach all den Jahren, in denen es nicht mehr gebrannt hat. Die größte Dummheit meines Lebens und ich denke, ich habe so einige begangen. Aber diese war am folgen-schwersten, sie hat meinen einzigen Freund das Leben gekostet.

Jetzt ist der Junge dran und der Hut scheint beinahe ewig zu überlegen. Wie lange dauert das denn nur?

„Gryffindor!“ ruft der Hut und etwas sticht in mir.

Gryffindor, wie seine Eltern. Aber es ist wohl besser so. Der Junge stolpert zu seinem Haustisch hinüber und dort grölen alle außer Rand und Band:

„Wir haben Potter! Wir haben Potter!“

Immer wieder und wieder – es sägt an meinen Nerven. Was soll denn das? So ein Unsinn! Das ist doch nur ein kleiner Junge und nicht Merlin persönlich!

Schließlich wird es wieder ruhig und die Zeremonie wird fortgesetzt, doch der Bengel sonnt sich genau so in sei-nem Ruhm, wie sein Vater es immer tat.

‚Verdammt, dich stutze ich schon auf die richtige Größe zurecht, wenn du in meinem Unterricht auftauchst’, denke ich wütend bei mir. ‚Nochmal sowas kann keiner brauchen.’’

Die Auswahl ist beinahe zu Ende und nun sitzt ein Rot-schopf unter dem Hut. Verflixt, schon wieder ein Weas-ley – wieviele von der Sorte denn noch? Charlie und Bill waren nicht so schlimm und sie haben Hogwarts bereits wieder verlassen. Percy ist ein Korinthenkacker ohne Gleichen und wohl ein wenig aus der Art geschlagen. Aber die Zwillinge sind erst im dritten Jahr und ihre üblen (wenn auch meistens sehr komischen) Streiche werden mir wohl noch eine ganze Weile erhalten blei-ben. Nun ja, immer eine gute Gelegenheit, einem kon-kurrierenden Haus ein paar Punkte abzuziehen. Noch so ein kleines Vergnügen, das ich mir gönne. Nicht gerade fair, aber in der Liebe und im Krieg ist jedes Mittel recht und es herrscht zumindest ein gewisser Zwist zwischen Gryffindor und Slytherin, wenn schon kein offener Krieg. Das würde die alte Gryffindor Löwin Minerva McGonagall nie zulassen.

Und jetzt noch ein weiterer Weasley. Mal sehen, ob Slytherin nicht das siebte Jahr in Folge den Hauspokal gewinnen kann – mit seiner unfreiwilligen Hilfe.

Dumbledore steht auf und begrüßt die Schüler auf seine übliche, unnachahmlich exzentrische Weise.

Dieser verrückte alte Vogel.

Dann erscheint das Essen vor uns und lenkt mich etwas von meinen wirren Gedanken ab. Die Festmähler hier sind immer besonders köstlich, auch wenn mir Essen sonst nicht viel bedeutet – ebenso wenig, wie menschli-che Gesellschaft - und ich immer noch so dünn und blass bin, wie ich es als junger Bursche war, auch wenn ich viel breitere Schultern bekommen habe - mag ich ein sol-ches Essen gewöhnlich sehr oder würde es mögen, wenn ich Festmähler nicht verabscheuen würde und mein Ma-gen jedes Mal den Aufstand proben würde, wenn ich ihm eins zumute.

Quirrell plaudert mit mir, aber ich höre ihm kaum zu. Mein Blick fällt wieder auf den Jungen und meine Augen müssen wohl wieder mal wie Kohlen glühen, denn er zuckt zusammen und reibt sich die Stirn. Dann wendet er sich wieder ab. Gut, dann muss ich nicht mehr diese grünen Augen in diesem nur zu bekannten bebrillten Ge-sicht sehen.

Dumbledore steht erneut auf, als das Festmahl beendet ist. Er warnt vor dem Verbotenen Wald und vor einem Korridor im dritten Stock. Ach ja, dort hat er den Stein der Weisen für seinen Freund Nicholas Flamel versteckt. Hagrid hat den Stein aus London mitgebracht, als er dem Jungen seinen Schulbrief gebracht hat. Dumbledo-re hat ein paar von uns Lehrern gebeten, Schutzmaß-nahmen zu treffen. Ich werde ein paar nette Tränke brauen und sie mit einem vertrackten Rätsel sichern. Könnte Spaß machen, aber ich habe keine große Hoff-nung, dass mir wirklich Freude bereitet, die wenigsten Dinge tun das heutzutage noch.

Dumbledore hebt das Fest auf und die Schüler verziehen sich in ihre Räume. Nun, mal sehen, was für Geisteskin-der wir dieses Jahr bekommen haben.

Ich ziehe mich in mein Büro zurück und beschließe, mit den Tränken und dem Rätsel anzufangen. Doch meine Gedanken kreisen immer noch um den Jungen.

Lilys Augen in James Gesicht.

Diese Nacht finde ich überhaupt keinen Schlaf und bin am nächsten Tag sehr müde und in einer ziemlich üblen Laune. Wenn ich ehrlich bin, bin ich das meistens, aber heute ist sie schon besonders übel.


 

Eine kleine Machtprobe

I

ch will den Jungen auf die richtige Größe zusam-menstutzen, bekomme aber erst am nächsten Freitag die Gelegenheit dazu. Nicht, dass ich Harry nicht schon überall im Schloss gesehen hätte. Es ist mir in diesen wenigen Tagen ziemlich wichtig geworden, ihn im Auge zu behalten, auch wenn ich darauf achte, nie von je-mand dabei gesehen zu werden – wäre ja noch schöner!

Die Nächte sind so unendlich lang und nahezu schlaf-los, wie ich es gewohnt bin. Doch die Sache mit den Tränken und dem Rätsel verkürzt mir ein wenig die Zeit – wie es ähnliche Dinge in den vergangenen Jahren schon häufig getan haben. Dumbledore platziert alles in den Gängen, die weit unter dem Schloss liegen.

Es sind mehrere Hindernisse auf dem Weg zum Stein der Weisen: Hagrid hat Dumbledore seinen dreiköpfigen Hund geliehen (unser Wildhüter hatte schon immer eine Vorliebe für exotische Ungeheuer) und der bewacht die Falltür, die nach unten führt. Sprout hat eine Teufels-schlinge unter dem Biest platziert und ich möchte den sehen, der an dem Mistding so leicht vorbeikommt. Dann geht es weiter und Flitwick hat hunderte Schlüssel so verhext, dass sie fliegen können. Alleine den richtigen zu finden, dürfte Stunden dauern. Danach kommt ein überlebensgroßes Schachspiel, das McGonagall so ver-zaubert hat, dass die Figuren lebendig werden und je-den, der an ihnen vorbei kommen will, zwingen eine Partie Zauberschach gegen sie zu spielen und diese auch zu gewinnen. Ich könnte es, denn Hieratus war ein blen-dender Lehrer, doch ich bezweifle, dass es viele andere gibt, die dieses Spiel so gut beherrschen.

Dann kommt ein gewaltiger Bergtroll, den Quirrell ir-gendwo aufgetrieben hat und der in einem engen Durchgang Wache schiebt. Eine verflixt gefährliche Sa-che, so ein Bergtroll und Quirrell hat eine Menge Fragen über das wieso und warum gestellt.

Warum will er soviel wissen? Es sollte doch genügen, dass Dumbledore ihn um Hilfe gebeten hat. Dazu kommt noch, dass vor ein paar Tagen bei Gringotts in genau jenes Verlies eingebrochen worden ist, in dem noch Stunden zuvor der Stein der Weisen untergebracht war und Quirrell war zur fraglichen Zeit in London – das muss zwar nichts bedeuten, aber es macht mich schon verdammt misstrauisch.

Ich sollte wohl besser auch ein Auge auf ihn haben, denn er stellt für meinen Geschmack einfach zu viele Fragen und der Stein ist allein die Sache von Dum-bledore und Nicholas Flamel. Immerhin gewährt das Ding ewiges Leben und unendlichen Reichtum (nicht, dass mir etwas daran liegen würde, ewig zu leben oder unermesslich reich zu sein. Ich habe alles, was ich brau-che) und so kann er für manch einen sicher ziemlich interessant sein.

Das letzte Hindernis sind meine Tränke und das Rätsel, das ich mir dazu ausgedacht habe. Immerhin musste ja alles so angelegt werden, dass es doch noch einen Weg gibt, zum Stein zu gelangen, wenn man alle Lösungen kennt. Doch die kennt nur Dumbledore und sonst kei-ner. Mein Rätsel lautet:
 

Gefahr liegt vor euch, Sicherheit hinten,

Zwei von uns helfen, könnt ihr sie finden,

Eine von uns sieben, bringt euch hier raus,

Eine andere den Trinker wieder nach Haus,

Zwei von uns haben nur Nesselwein,

Drei von uns töten, die sind gemein,

Wählt, wollt ihr nicht bleiben hier,

Zur eurer Wahl gegeben der Hinweise vier:

Zuerst: wie klug das Gift versteckt auch mag winken

Immer ihm Nesselwein stehet zur Linken,

Zum zweiten: verschieden sind die an jedem Ende

Doch wenn du willst vorwärts, bringt keine die Wende

Als drittes: wie du siehst, verschieden sind alle,

Doch weder Riese noch Zwerg sind Todesfalle,

Als viertes: die zweite von links und die zweite von rechts

Tragen das Selbe, auch wenn du anders denkst erst.
 

Ein nettes kleines Gedicht und ich habe Dumbledore erklärt, wie er die einzelnen Flaschen mit den Zauber-tränken platzieren muss und was in welcher drinnen ist. So weit ich es beurteilen kann, dürfte der Stein da-mit nach allen menschlichen Möglichkeiten gesichert sein.
 

Der Freitag kommt und ich werde die Erstklässler aus Slytherin und Gryffindor zum ersten Mal in meinem Unterricht haben.

Ah ja, da sind sie ja alle. Draco Malfoy und seine beiden Satelliten, genau wie der Junge mit den seinen. So wie es aussieht, hat der junge Potter sich mit dem jüngsten Weasley angefreundet und auch ein Mädchen mit bu-schigem Haar ist bei ihm. Und da ist ja auch der Sohn von Frank und Alice Longbottom. War damals eine schlimme Sache mit den beiden – der Liebesdienst, den die irre Bellatrix ihnen erwiesen hat, hält sie noch heute in der geschlossenen Abteilung von St Mungos fest. Bei-de sind wahnsinnig. Der Junge wirft völlig verängstigte Blicke um sich, aber wenn er nach seinen Eltern kommt, dann müsste er eigentlich ein ausgezeichneter Zauberer sein.

Ich lese die Namen meiner neuen Schüler von einer Liste ab. „Harry Potter“, komme ich bei dem gesuchten Na-men an. „Ah ja, unsere neue Berühmtheit.“

Der Junge sieht nicht so aus, als wäre er der Meinung, er sei berühmt. Auf die Idee soll er besser auch erst gar nicht kommen, dafür sorge ich schon. Ich lese die restli-chen Namen vor. Nun gut, es ist Zeit für meinen Stan-dard Vortag. Mir liegt es sehr am Herzen, das sie dieses Fach ernst nehmen, auch wenn es hier kein Zauber-stabgefuchtel gibt und keine großartigen Verwandlun-gen. Nur die kleinen Zinnkessel in den Flammen und die schimmernden Substanzen in unterschiedlichen Farben, Dunstwölkchen und bunte Funken. Ich liebe es zuzuse-hen, wie das Zeug vor sich hin simmert und versuche diese Liebe an meine Schüler weiter zu geben, aber viel-leicht vergreife ich mich ein wenig im Ton, denn meine Art kommt nur bei den wenigsten an und die meisten kümmern sich nur um ihre Aufgaben, weil sie meinen (meist ziemlich heftigen) Unwillen und derbe Punktab-züge fürchten.

Der Junge kritzelt vor sich hin. Verdammt, der soll auf-passen und nicht rummalen.

„Potter“, feuere ich auf den Jungen ab und sehe auf den ersten Blick, dass ich ihn kalt erwische. „Was erhalte ich, wenn ich die pulverisierte Wurzel einer Paradieslilie in einen Aufguss aus Wurmholz gebe?“

Er schaut mich an, als wisse er weder was eine Para-dieslilie ist, noch als kenne er Wurmholz, noch als wisse er irgendwas über irgendeinen Zaubertrank. Wie sollte er denn auch? Wenn ich mich richtig erinnere, ist er bei Muggel aufgewachsen und die können noch nicht mal einen Igel von einem Knarl unterscheiden.

„Keine Antwort“, frage ich lauernd und er schüttelt hilf-los den Kopf.

„Ich weis es nicht, Sir“, gibt er zu.

„Da sieht man es wieder“, meine ich und klinge ver-dammt hämisch. Zu sehr erinnert er mich im Augen-blick an seinen Vater und ich freue mich beinahe die-bisch, dass der Junge offensichtlich nicht so genial wie sein Dad ist. „Ruhm ist nicht alles“, meine ich trocken.

Doch wie ich sehe, hat auch kaum ein anderer eine Ah-nung, wovon ich rede, nur das Mädchen mit den bu-schigen Haaren hebt wie wild die Hand und weis es of-fensichtlich. Ich mag solche neunmalklugen Streber nicht (besonders wenn sie aus Gryffindor sind) und ig-noriere sie einfach.

„Ein anderer Versuch“, stelle ich Harry meine nächste Frage. „Wo kann man einen Bezoar finden?“

Wieder dieselben ahnungslosen Blicke der Klasse, be-sonders vom Jungen, wieder die erhobene Hand des Mädchens. Das sollte man eigentlich wissen und ich wundere mich, dass dem nicht so ist. In meinem Inne-ren höre ich ganz deutlich die gelangweilte Stimme von James, wie er Leech genau diese Frage beantwortet und in mir krampft sich etwas zusammen. Einen Augenblick lang hasse ich diesen Jungen vor mir mit voller In-brunst und meinem ganzen Sein. Die Slytherins lachen schallend, aber sie kennen wohl die Antwort ebenfalls nicht. Nun, viel mehr hätte ich von denen auch nicht erwartet.

„Ich weis es nicht“, sagt Harry erneut.

„Mal dran gedacht, ein Buch zu öffnen, Potter?“ meine ich zynisch.

Hat er wohl auch, doch ich kann mir nicht vorstellen, dass er sie auswendig gelernt hat. Warum sollte er das auch tun? Dazu erhält er ja schließlich Unterricht hier in Hogwarts.

„Was ist der Unterschied zwischen Mönchshut und Wolfskraut?“ will ich von ihm wissen.

Könnte er eigentlich wissen, denn das ist eine Pflanze, die sogar in der Medizin der Muggel verwendet wird. Wieder meldet sich das Mädchen wie wild und steht beinahe auf. Verdammte Streberin. Aber ich will die Ant-wort von Harry und von keinem anderen.

„Ich weis es nicht“, erwidert der Junge unbeeindruckt und mit einer Ruhe, die ich bei seinem Vater nie erlebt habe. „Aber warum lassen sie nicht Hermine die Ant-wort geben? Ich denke, die kennt sie.“

Himmel, ist der frech – auf eine höfliche Art, die ich

eher mit Lupin in Verbindung bringen würde, als mit James Potter. Das darf ich mir nicht bieten lassen - be-sonders, weil er damit Gelächter von seinen Hauskame-raden erntet - auch wenn er Lilys Sohn ist.

„Hinsetzen“, schnarre ich das Mädchen an, das nun wirklich steht. „Nur, dass sie es wissen, Potter, aus Pa-radieslilie und Wurmholz wird ein starker Schlaftrunk gebraut. Er ist so mächtig, dass er auch als Essenz des lebenden Todes bezeichnet wird. Ein Bezoar ist ein Stein, der sie vor den meisten Giften retten kann und man findet ihn im Magen einer Ziege. Mönchshut und Wolfskraut bezeichnen ein und dieselbe Pflanze, man nennt sie auch Digitalis.“

Will ich angeben? Will ich klarstellen, wer hier der Boss ist? Zum Teil, aber hauptsächlich will ich, dass sie etwas lernen.

„Nun? Warum schreibt ihr das nicht auf?“ feuere ich auf die ganze Gruppe ab.

Ein wildes Kritzeln auf ein paar dutzend Pergament-blättern setzt sofort ein und alle schreiben sich meine Ausführungen auf.

„Und fünf Punkte von Gryffindor für ihre Frechheit, Pot-ter“, sage ich in den Raum hinein.

Nein, ich werde mir von dem Jungen nicht das Gerings-te bieten lassen.

„Dann fangen wir mal an“, fahre ich fort. „Wir werden heute einen einfachen Trank brauen, der in der Lage ist, Furunkel zu heilen. Zutatenliste und Zubereitung stehen an der Tafel“ – Ein Wink mit meinem Stab und sie steht auch dort. Der Zauber ist einfach, aber immer wieder beeindruckend - „Die Zutaten sollten sich in eurem Ba-sisset befinden – Fangt an!“

Wieder kritzeln alle wie wild alles von der Tafel ab und beginnen mit dem Trank. So gefällt mir das, so sollte es sein. Ich kann diese Kids nicht besonders leiden, keinen von ihnen, sie erinnern mich wohl immer zu sehr an mich selbst und die anderen, die mit mir hier zur Schule gegangen sind. So war das schon immer und ich bin diese unterschwelligen Empfindungen zu sehr an mir gewohnt, als dass ich mir große Gedanken darüber ma-chen würde.

Ich gehe zwischen meinen Schülern herum und achte darauf, dass sie möglichst wenige Fehler machen. Dabei bin ich schrecklich schnippisch und hämisch, denn eine falsche Zusammensetzung und ihnen fliegt alles um die Ohren. So ist das leider häufig mit Zaubertränken und es ist immer große Sorgfalt geboten.

Draco gibt schrecklich an, da es ihm gelingt, seine Hornschnecken schön gleichmäßig zuzuschneiden. Keine große Leistung, ein Fünfjähriger könnte das, doch ich lobe ihn vor der ganzen Klasse dafür. Keiner hört die Ironie in meinen Worten und alle nehmen es für bare Münze. Ich denke, Draco wird seinem Vater davon er-zählen und das ist eine Art Bonus.

Sollten die Todesser etwas über den Dunklen Lord hö-ren, wird auch Lucius Malfoy davon wissen und er wird es mir mitteilen. Das ist der eigentliche Grund, warum ich zu den Slytherins so freundlich bin – meine alten Verbindungen - denn eigentlich mag ich sie ebenso we-nig wie die anderen Kids – auch wenn Slytherin mein Haus ist und ich der Hauslehrer dieser Kinder.

Der Longbottom Junge ist eine echte Katastrophe. Er ist völlig geistesabwesend und unkonzentriert. Plötzlich steigt eine giftgrüne Wolke aus seinem Kessel auf und das Ding schmilzt einfach.

Wirklich eine geniale Leistung.

In all meinen Jahren als Lehrer (und auch als Schüler) an Hogwarts, ist das noch keinem gelungen – noch nicht mal Pettigrew und der war eine Niete ohne Glei-chen. Es zischt und stinkt und die ganze Brühe rinnt über den Boden. Ich weis nicht, was der Junge da zu-sammengemixt hat, auf jeden Fall ist es so ätzend, dass es allen die Schuhsohlen weg brennt, die nicht rechtzei-tig auf ihre Stühle springen und damit in Berührung kommen. Sofort herrscht das totale Chaos in meinem Verlies. Neville schreit, jammert und bekommt einen roten Ausschlag auf seinen Armen.

„Idiot“, zische ich ihn an und kann mir so ungefähr vor-stellen, was er gemacht haben muss, der Geruch sagt es mir. „Sie haben die Stachelschweinborsten zu früh hin-ein getan. Der Kessel muss vom Feuer genommen wer-den, bevor sie in den Trank kommen.“

Der Junge wimmert immer schlimmer und ich halte es wirklich für besser, dass sich Madame Pomfrey um ihn kümmert. Ich fürchte, meine Hilfe würde er nicht an-nehmen, dazu bin ich heute schon zu sehr auf ihn los-gegangen und ich kann seine Angst förmlich riechen. Er starrt mich nämlich unter Tränen an, als sei ich der Satan persönlich. Eine Wirkung, die ich auf viele Leute habe. Kann man nichts machen. Ich bin kein netter Kerl, war ich noch nie – und eigentlich ist diese Wir-kung von mir auch beabsichtigt – ich habe meine guten Gründe dafür.

„Bringen sie ihn in den Krankenflügel“, fahre ich seinen Nachbarn an, der mit ihm am selben Kessel gearbeitet hat und sie verlassen den Raum.

Das Durcheinander ärgert mich und ich suche einen Sündenbock. Nun, Harry scheint immer noch recht von sich eingenommen zu sein und bietet sich geradezu als Opfer an.

„Sie – Potter – warum haben sie ihn nicht gewarnt, als er die Borsten zugefügt hat? Dachten sie, sie wären fein raus, wenn er Mist baut?“

Seinem Vater und auch Sirius wäre sowas mit Sicherheit eingefallen und sie hätten es urkomisch gefunden, aber Harry sieht nicht so aus, als würde er jemand so auflau-fen lassen und er hat wohl noch nicht mal auf Neville geachtet. Doch ich kann meine Worte nicht zurück-nehmen – ich würde mich damit zum Narren machen - ich beschließe jedoch, ihm nicht wie ich es eigentlich wollte fünf Punkte abzuziehen, sondern...

„Noch ein Punkt von Gryffindor.“

Wenn sie mich nicht fürchten würden, wäre unter den Kids aus Gryffindor in diesem Augenblick der offene Aufruhr ausgebrochen. So begnügen sie sich jedoch da-mit, mir giftige Blicke zuzuwerfen und zu schweigen. Meine Slytherins feixen jedoch begeistert. Eine echt hä-mische Bande, aber wir waren damals wohl auch nicht anders und ich bin es gewohnt.

„Was schaut ihr so? Eure Tränke sind noch nicht fertig, macht also weiter“, fahre ich die ganze Klasse an und alle Köpfe beugen sich wieder eifrig über die Kessel.

Es fällt mir schwer, den Rest der Stunde nicht weiter auf Harry loszugehen und ich begnüge mich damit, wei-ter zwischen meinen Schülern bedrohlich umher zu fe-gen. Ich höre das leise Meutern der Gryffindors, als sie nach dem Unterricht das Verlies verlassen und denke, dass sie nicht ganz Unrecht haben, sehr gerecht war ich heute ja nicht, doch dieses Gesicht hat mich so grenzen-los gereizt und jetzt habe ich die Macht, mich zu weh-ren. Nicht wie früher, wo ich den ganzen Demütigungen ziemlich hilflos gegenüberstand und mich höchstens mal mit einen kleinen Fluch oder einer netten Boshaf-tigkeit revangieren konnte.


 

Ein Traum und seine Folgen

I

n dieser Nacht habe ich einen sehr eigenartigen Traum. Ich bin entsetzlich müde und habe mich ins Bett gelegt, obwohl ich es eigentlich besser weis, doch heute kann ich tatsächlich einschlafen. Ewig habe ich nicht mehr von ihr geträumt, aber heute besucht sie mich wieder...

„Severus“, sagt meine Elfe, steht auf meiner Lichtung und ringt bittend die Hände. „Sei nett zu meinem Sohn. Er hat keinen mehr, der sich um ihn sorgt. Bitte unter-richte ihn und bring ihm bei, was er wissen muss. Kümmere dich um ihn, schütze ihn.“

Ich will antworten, doch meine Stimme gehorcht mir nicht und ich kann nicht sprechen. Ihr Gesicht besteht plötzlich nur noch aus diesen wundervollen, smaragd-grünen Mandelaugen.

„Ich weis jetzt, was du damals für mich empfunden hast, Severus. Damals wusste ich es nicht, aber jetzt weis ich davon. Wenn du mich je geliebt hast, Severus, dann sei gut zu meinem Jungen.“

Sie verschwindet und ich schrecke hoch. Schweißgeba-det sitze ich in meinem Bett und atme schwer.

Grundgütiger ... Lily ... ach Himmel, wenn ich dir das nur versprechen könnte ... doch im Hinblick auf Harry, traue ich mir selbst nicht ... wenn er doch nur nicht so sehr wie James aussehen würde ... das würde alles viel leichter machen.

Es ist mitten in der Nacht, doch ich weis, mit dem Schlaf ist es für heute vorbei. Seufzend stehe ich auf und gehe unter die Dusche. Es ist einfach widerlich, wie mein Nachthemd an mir klebt. Hier sind schließlich meine Räume und keiner fragt, was ich wann hier so treibe. Keiner, außer Dumbledore, hat mich je hier unten auf-gesucht und selbst der betritt nie ohne ausdrückliche Aufforderung meine Privaträume.

Das heiße Wasser plätschert auf meinen knochigen Leib hinunter und es tut verdammt gut und entspannt mich ein wenig.

Oh Gott, Lilys Gesicht und diese grünen Augen. Wie lan-ge habe ich es nicht mehr vor meinem inneren Auge gesehen? Nicht mehr seit jenen entsetzlichen Tagen, als alles vorbei war. Ich habe es mir verboten, immer wie-der, bis sie endlich aus meinem Gedächtnis verschwand ... und jetzt taucht ihr Sohn hier auf und hat auch noch ihre Augen. Jetzt ist alles wieder in mir, als wäre es nie weg gewesen, als habe es nur geschlafen und gewartet ... darauf gewartet, um mich in einer Nacht wie dieser, mit voller Gewalt zu überfallen.

Ihr Gesicht, besonders die Augen, stehen jetzt in der Dunkelheit vor mir, als sei sie anwesend, als stünde sie in meinem kalten Bad, hier unten in meinem einsamen Verlies. So intensiv ist diese Vision, das mein Körper plötzlich reagiert und mich damit überrascht. Seit vie-len, vielen Jahren ist mir das nicht mehr auf diese Weise passiert. Wie ein pubertierender Junge, der einen eroti-schen Traum hatte.

Ich hatte keine Frau mehr, seit diesem letzten Mal, als ich diese kleine Nutte beinahe totgeschlagen habe. Da-mals hatte ich mir geschworen, dass es damit vorbei ist und ich habe diesen Schwur gehalten. Mit den Jahren wurde auch der Drang geringer und nur selten musste ich selbst Hand an mich legen, doch heute ist es wohl mal wieder so weit.

Egal, ich bin so einsam und allein, wie ich es schon so lange bin und hier unten wird mich sicher keiner stören oder dumme Fragen stellen. Es tut beinahe weh, als ich meinen steifen Schwanz in die Hand nehme. Wann habe ich das das letzte Mal gemacht? Ich kann mich nicht erinnern, zu lange her.

Immer noch rinnt das heiße Wasser an mir hinunter und uralte Träume und Sehnsüchte werden quälend in mir wach. Lily, die Elfe auf meiner Lichtung in Yorkshire und Sirius - geliebter Feind - nackt an der Quelle im Verbotenen Wald.

Grundgütiger!

Zehn Jahre habe ich nicht mehr daran gedacht, doch plötzlich steht wieder alles so lebendig vor mir, als wäre seit damals kein einziger Tag vergangen. Schmerzhaft pocht mein hartes, heißes Glied in meiner Hand und ich schäme mich mal wieder meiner Triebe. Ich dachte, ich hätte das schon lange unter Kontrolle, doch das war wohl ein Irrtum. Vielleicht habe ich mich auch nur selbst belogen. Vielleicht war ich auch jahrelang nur noch ein Schatten meiner selbst. Leer und hohl und nur noch nach außen hin ein lebender, atmender Mensch.

Das Ziehen in meinem Unterleib wird immer drängen-der. Es ist ein beinahe unerträglicher Schmerz, der sich von meinen Hoden nach oben in meinen Bauch zieht, doch ich weis, ich muss jetzt einfach weiter machen, eine andere Lösung gibt es nicht. Es scheint fast ewig zu dauern, bis sich diese Anspannung entlädt und es ist so heftig, dass ich regelrecht auf die Knie sinke. Ein tiefes, kehliges Stöhnen ringt sich von meinen Lippen und vor meinen Augen flirren grelle Blitze. In meinem Kopf dreht sich alles und mir ist schrecklich schwindlig.

Einige Minuten kann ich nichts anderes tun, als einfach unter dem prasselnden Wasserstrahl zu knien und dar-auf zu warten, dass ich wieder deutlich sehen kann, darauf warten, dass mich meine Beine wieder tragen werden, denn mein ganzer Körper zittert, als hätte ich Schüttelfrost.

Ich ziehe mich an den kalten Fliesen hoch und stütze mich an der Wand ab. Langsam wird mein Blick wieder klar und ich kann – nackt und nass, wie ich bin – wieder in mein Schlafzimmer zurückkehren. Ich suche ein Handtuch und ein frisches Nachthemd aus meinem Schrank, dann reibe ich mich trocken.

Eigenartige Bilder und Gedanken wirbeln durch meinen Kopf. Eine seltsame Befriedigung ist in mir und ich fühle mich auf eine lange vergessene Weise wieder verdammt lebendig.

So habe ich vor vielen Jahren nach diesem schrecklichen Sommer empfunden, nachdem mir Potter und seine Freunde wieder mal einen dieser unheimlich gemeinen Streiche gespielt hatten. Schon so lange vorbei, aber plötzlich bin ich einen Augenblick lang wieder der Jun-ge von damals und ich weis nicht, ob ich mich darüber freuen soll oder nicht. Doch diese Leere, die mich so vie-le lange Jahre beherrscht hat, füllt sich auf einmal wie-der und es reißt mich aus meinem beschaulichen Leben. Nur gut, dass es Wochenende ist, dann wird keiner mei-ne Verwirrung sehen und ich habe Zeit, damit fertig zu werden. Das alles begann mit Harrys Ankunft in Hog-warts. Warum muss nur der Junge denn nur die Augen seiner Mutter haben? Warum nur musste ich diesen Traum haben, der alles wieder aufgeweckt hat, was ich so lange im Koma gehalten hatte?

Hass auf Harry flammt in mir auf. Es war so einfach gewesen, mit meiner Vergangenheit zu leben, solange diese tot und begraben war. Es war so einfach gewesen, mit Gefühlen zu leben, die es einfach nicht mehr gab, die ich tief in mir verschlossen hatte. Eingesperrt in ei-nem einsamen Zimmer meines Ichs. Mit Schloss und Riegel gesichert, eine dicke Ziegelmauer davor und mit Tonnen von Beton übergossen. Keiner, wirklich keiner, noch nicht mal ich selbst, hatte Zugang dazu.

Doch es gibt einen Schlüssel, es gab ihn immer. Es sind diese grünen Augen. Auch wenn sie nicht mehr in Lilys Gesicht stehen, gibt es sie immer noch und nun sind sie im Gesicht meines alten Gegners, der genauso tot ist, wie meine Elfe. Sie sind im Gesicht eines elfjährigen Jungen, den ich gleichzeitig liebe, wie meinen eigenen Sohn und hasse, wie meinen schlimmsten Feind.

Grundgütiger, was soll nur daraus werden? Ich kann dem Jungen nicht aus dem Weg gehen, schließlich muss ich ihn unterrichten. Ich will ihm auch nicht aus dem Weg gehen, denn das wäre feige und ich will nicht feige sein. Ich habe Macht und der Junge hat keine. Er hat nicht die Macht, mich zu demütigen und zu verletzen, wie es sein Vater so oft und so gerne getan hat. Doch allein sein Anblick verletzt mich tiefer, als es jede Belei-digung der Herumtreiber je hätte tun können. Allein der Blick aus diesen smaragdgrünen Augen.

Ich stehe mit meinem frischen Nachthemd immer noch mitten in meinem Zimmer und meine Gedanken kreisen. Sinnlos, es anzuziehen, ich werde diese Nacht ohnehin nicht mehr schlafen können. Ich ziehe mich völlig an und beschließe, noch ein wenig durchs Schloss zu strei-fen, früher hat mich das immer beruhigt und ich habe es sehr oft getan, sowohl als Lehrer als auch als Schüler.

Doch auch diese Scheinbeschäftigung ist nicht mehr so angenehm, wie sie es sonst immer war. Die Geister der Vergangenheit suchen mich heute mit einer machtvol-len Vehemenz heim. Es ist, als würde Hieratus neben mir gehen, aber der ist schon länger tot, als der Junge überhaupt lebt. Mein einziger Freund, untergegangen im Fluss der Zeit ... und es war auch meine Schuld. Hät-te ich mich damals nicht den Todessern angeschlossen, hätte er es auch nicht getan und er könnte immer noch leben, könnte immer noch mein Freund sein.

Wie mein eigener Schatten läuft meine Erinnerung an ihn neben mir her. In meinen Gedanken ist er immer noch der attraktive junge Mann, der er bei seinem Tod war. Doch würde er noch leben, wäre er in meinem Al-ter und kein junger Bursche mehr.

Ein weiterer Schatten ist neben mir. Es ist Lily und auch sie ist immer noch so jung und wunderschön wie da-mals, als ich sie das letzte Mal sah. Meine Elfe... Doch das war sie zuletzt nicht mehr, wenn sie das je irgendwo außer in meinen Träumen war. Immerhin hat sie James Potter geheiratet und ihm diesen Sohn geboren, der mich jetzt so sehr aus der Ruhe bringt.

Da ist noch ein Schatten und seine Anwesenheit ist für mich noch schlimmer, als die der beiden anderen, denn immerhin lebt sein Besitzer noch – wenn man es denn Leben nennen kann.

Sirius – seit zehn Jahren in Askaban, seit zehn Jahren in der Hölle. Sicher ist er nicht mehr so jung und gutaus-sehend, wie er es damals war. Sicher lacht er nicht mehr sein wildes, tollkühnes, lebensfrohes Zum-Teufel-Lachen. Sicher funkeln seine schwarzen Augen schon lange nicht mehr. Geliebter Feind...

Ach, großer Merlin, wie lange war das alles tot und be-graben? Wie lange habe ich nicht mehr daran gedacht? Wie lange...?

Plötzlich hasse ich den Jungen dafür, dass es ihn über-haupt gibt. Dafür, dass er diese Erinnerungen wieder geweckt hat. Dafür, dass es mit meinem trügerischen Frieden vorbei ist.

Meine Füße haben mich ohne mein Zutun in dieses spe-zielle Zimmer getragen, in dem ich als Junge so viele Nächte lang gesessen und in die Dunkelheit hinaus ge-starrt habe. Wie von selbst setze ich mich wieder auf diese einsame Fensterbank. Ich war sehr lange nicht mehr hier, viele Jahre lang nicht. Ich bin kein halb-wüchsiger Junge mehr, ich bin ein voll ausgewachsener Mann und mein Körper passt nicht mehr so gut auf die-se Fensterbank wie damals, doch der Ausblick ist nach all den Jahren immer noch derselbe. Der Mond am Himmel, die Schatten am Rasen und der Verbotene Wald, der mich immer noch so lockt, wie damals. Jetzt würde mich keiner daran hindern, ihn zu betreten, aber auch dort lauern nur noch mehr Erinnerungen auf mich. All diese wirren Gefühle und Gedanken.

Versuche ich wieder mal, gleichzeitig zu hassen und zu lieben, wie es damals mit Sirius war? Sieht fast so aus, auch wenn jetzt absolut kein sexuelles Begehren darin liegt. Harry ist ein kleiner Junge und wenn ich in mir nach meinen besten Gefühlen für ihn suche, dann sind es die eines Vaters (nicht meines Vaters natürlich, son-dern so, wie ich mir immer in meinen geheimsten Träumen einen Vater vorgestellt habe). Gerecht, weise, fürsorglich und liebevoll. Wenn ich vorsichtig nach meinen schlimmsten Gefühlen für den Jungen taste, dann ist das ein alles überwältigender Hass. Schwarz, brennend, finster, bitter. Aber ich will ihn nicht verprü-geln oder körperlich verletzen und ich will ihm sicher niemals das antun, was mein Vater mir angetan hat.

Vielleicht ist diese Sache mit meinem Vater auch der Grund, warum ich nie wirklich vorbehaltlos lieben konnte, noch nicht mal meinem besten und einzigen Freund vorbehaltlos vertrauen konnte.

Doch ich fürchte, ich bin zu alt, um derartige Dinge noch zu lernen. Sowas lernt man als Kind oder gar nicht. Es sind sehr gemischte Gefühle, die ich Harry da entgegen bringe. Ich werde ihn schützen und lehren, ja, aber ich fürchte, er wird nicht glücklich damit sein. Ich wüsste nicht, wie ich wirklich nett zu jemand sein soll-te. Ich kann nur unfreundlich, gemein und hämisch sein oder meinen Slytherins diese ironische, unechte Freund-lichkeit entgegenbringen. Ach verdammt, warum kann ich nicht einfach jemand gern haben, ohne wenn und aber?

Immer noch sind diese Schatten der Vergangenheit um mich und die Gefühle, die ich als Junge hatte, diese un-glücklichen, beinahe hilflosen Empfindungen sind wieder in mir – genau wie damals vor so vielen Jahren. Ich habe nie richtig gelernt, mit meinen Gefühlen umzugehen. Ich habe mich immer in mich selbst zurückgezogen, wenn mich jemand zu sehr verletzt hat und nicht mal mein einziger Freund, Hieratus, konnte mich dann aus meinem Schneckenhaus raus holen. Er hat es zwar versucht, konnte aber meistens nur ziemlich hilflos abwarten, bis ich von selbst wieder daraus aufgetaucht bin.

Armer Hieratus, hat mich so sehr geliebt und ich habe nie verstanden, was er wirklich von mir wollte, bis es zu spät war. Ich war so dumm, damals. Er hat mir seine Freundschaft geschenkt und ich war immer zu sehr mit meinem eigenen Elend beschäftigt, um es wirklich wür-digen zu können, was er für mich war.

Doch es ist vorbei und mir bleibt nur die Trauer und ein gewisser Selbsthass, auch wenn ich seit Jahren versu-che, sie zu verdrängen, einfach nur, um weiter leben zu können. Es ist, als hätten all diese Erinnerungen nur dicht unter meinem Bewusstsein gelauert, um mich an einem Tag wie diesem zu überfallen ... Wohl eher in ei-ner Nacht wie dieser ... Der Tag ist hell und auch für mich immer sehr geschäftig, doch die Nacht ist dunkel und hat für meinen Geschmack viel zu viele schlaflose Stunden, in denen mein Bewusstsein durch die Müdig-keit immer relativ ungeschützt ist. Dann können sie mich überfallen, auch wenn es ihnen bisher nicht er-folgreich gelungen ist. Doch heute ist meine Abwehr so schrecklich dünn, wie noch nie zuvor.

Ich starre schon seit Stunden ins dunkle Gelände hinun-ter und meine Augen sind heiß und schwer. Nun, es ist jetzt Samstag und vielleicht kann ich am Tag ein paar Stunden schlafen. Das wäre wunderbar. Seufzend erhe-be ich mich und gehe wieder in meine Räume in den Verließen hinunter.

Kaum bin ich wieder auf den Gängen, sehe ich etwas, das mir zu denken gibt. Quirrell scheint auch nicht schlafen zu können und schleicht herum. Er wirft furchtsame Blicke über die Schulter und scheint aus Richtung des Verbotenen Korridors im dritten Stock zu kommen. Nun, ich bin mir nicht sicher, wo er her-kommt, aber ich sollte ihn wirklich im Auge behalten. Der Stein ist zu wichtig und auch zu gefährlich. Doch solange ich nichts gegen ihn (Quirrell) in der Hand ha-be, wird Dumbledore nicht auf mich hören.

Der Alte ist ein wirklich mächtiger, weißer Magier, aber er vertraut sehr leicht und gibt jedem auch eine zweite Chance. Nicht, dass ich mich wirklich darüber beschwe-ren will, immerhin vertraut er auch mir und hat gerade mir diese zweite Chance gegeben, die ich damals so dringend brauchte.

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  silberstreif
2006-06-11T14:49:26+00:00 11.06.2006 16:49
Wow, hotep hat es mir empfohlen und ich habe beide Teile gelesen... doch fürchte ich, ich muss es noch mal lesen, es hatte soviele Details!

Es ist einfach fantastisch wie du seine Kindheit beschreibst, welche ihn langsam zu dem verbitterten Mann formte... und diesen Mann dann im zweiten Teil weiter erzählt hast.

Severus Snape... wie war das? Freiheit ist das, wenn du nichts mehr zu verlieren hast.
Könnte stimmten und zumindest auf Severus trifft es zu. Er ist an den Orden, an die Gesetze des Ministeriums und Voldemort gebunden... und doch widersetzt er sich in gewisser Weise jedem, einfach weil er die Strafen und Folgen nicht fürchtet (oder zumindest nicht genug, um ihn aufzuhalten).

Am traurigsten war wohl die Kindheit, mit seinen Freunden und seiner Elfe - Lily. *snüff* Aber wirklich beeindruckt haben mich seine Gefühle im zweiten Teil, die seine Reaktionen so gut und menschlich erklärten.
Er hat es einfach nie anderes gelernt und wie sagte er ein paar Mal: Ich bin kein netter Kerl.

Stimmt.^^

Das hier endet ja nun bei Band vier, schreibst du noch weiter?
Immerhin dürfte nun die wahre Herausforderung kommen... warum tötet Snape Albus Dumbledore?

Allerdings wäre es fast, nein vollkommen, verschwendete Energie, wenn wir das in Band 7 erfahren. Dieses Meisterwerk (ja, ich nenne es so) ist an die Bücher angelehnt, aber aus einer anderen Sicht. Und bisher war es vollkommen realistisch, es wäre schade, würde dies verloren gehen.

Also, wartest du oder schreibst du weiter?

Gut fand ich übrigens deinen Stil, wie du vollkommen immer mit der Umgangssprache und später dem Zynismus von Snape schreibst (auch Hagrid ist toll^^). Ich selber habe da eher Probleme, deswegen ein großes Plus. ^-^

und zu hoteps Vorschlag des noch mal hochladens... tu das, aber es muss nicht sein. Zudem kann solch eine geschichte auf animexx teilweise eher wenige Leser anlocken. Vielleicht auch auf anderen Seiten?

Auf alle Fälle "Danke" für diese wunderbarer Charakterstudie oder eher für diese zwei Romane aus Snapes Sicht.

Gruss
silberstreif
Von:  Hotepneith
2006-06-10T23:08:15+00:00 11.06.2006 01:08
Fangen wir von vorn an:

ich lese keine Harry Potter FF...
was hat mich dazu gereizt, sie bis eben zu lesen? Sie ist verdammt gut.
Originelle Idee, gut umgesetzt


Nur..warum, bitte, warum...lädst du alles auf einmal hoch???Lösch es und lad es Kapitel für Kapitel hoch...dann hast du Spannung, köderst leser

nur als Vorschlag...

lösch es und lade es teil für teil hoch!!!

Damit du die reaktionen bekomst, die das verdient.

bye

hotep


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