Trümmerkind
Trümmerkind (geschrieben von Harry Potter)
August 1940: Deutsche Bomber über London.
Zweiter Weltkrieg, sagen Miss Annie und Miss Susie dazu. Drei Mal sind wir heute schon in die nahe Station der Underground gelaufen, die hastig zum Luftschutzbunker umfunktioniert wurde. Wir, das sind die Heimleiterin, Mutter Virginia, die beiden Erzieherinnen Miss Susie und Miss Annie und die Kinder aus dem Heim. Tim, Bobby, Toby, Joshua, Max, John, Joe, Jack, Gregor, Sandy, Sally, Sandra, Sally Ann, Ann, Sarah, Mary, Mary-Kathryn, Mary-Ann, Mary-Ashley, Ashley, Susan, das Baby Antony und ich, Tom. Viele von uns sind erst vor kurzem in St. Andrews untergebracht worden.
Die Mutter von Antony starb bei der Geburt, der Vater war nicht aufzutreiben.
Sally, Sandra, Tim und der zweijährige Joe sind Geschwister. Ihre Eltern konnten nicht mehr schnell genug flüchten, seitdem haben Sandra und Tim für die beiden Jüngeren ihre Rolle übernommen.
Jack hat bei einem Hausbrand die gesamte Familie verloren, er ist erst seit einer Woche bei uns und weint sich jede Nacht in den Schlaf. Manchmal geht dann Sarah zu ihm, um ihn mit in ihr Bett zunehmen und zu trösten. Ihr kleiner Bruder war so alt wie er. Er wurde von einem Trümmerteil erschlagen, als ihr Haus zusammenstürzte. Ihre Mutter hatte versucht ihn zu retten, man fand nachher nur noch ihre Asche.
Mary-Ashley, Mary-Ann und Mary-Kathryn sind hier aufgewachsen, wie ich. Sie wurden gemeinsam als Säuglinge, in einem Bettlaken vor der Tür des Waisenhauses gefunden. Man vermutet dass, sie auf irgendeine Weise verwandt sind, weshalb sie den selben ersten Namen tragen.
Abgesehen davon, hat unsere Heimleiterin ein Faible für den Namen Mary. Das liegt wohl daran, dass sie Nonne ist.
Ich kann also von Glück reden, dass meine Mutter noch im Stande war, mir einen Namen zu geben, bevor sie verstarb. Sie war, genauso wie die Mutter des kleinen Antony, zu schwach um den hohen Blutverlust auszugleichen und starb kurz nach meiner Geburt. Ich heiße genau wie mein Vater und habe also gegenüber ihnen den kleinen Vorteil, dass ich weiß wo ich herkomme.
Mary ist die Tochter eines guten Freundes unserer Heimleiterin, Pater Ignatius. Inoffiziell weiß jeder von uns, dass sie die Mutter des Kindes ist, schließlich sehen die beiden sich verblüffend ähnlich. Wäre Mary nicht sechs sondern achtundvierzig, dann würde sie als die Doppelgängerin von Mutter Virginia durchgehen!
Gregor ist offiziell Halbwaise. Seine Mutter hatte Tuberkulose, sein Vater ist Soldat und gilt als verschollen.
Joshuas Zieheltern waren Juden, sie gingen nach Österreich, ihre Verwandten besuchen, und kamen nicht wieder. Die Bekannten, bei denen er bis zu deren Rückkehr bleiben sollte, gaben ihn ab.
Miss Annie wohnt auch seit kurzem hier, sie schläft im Schlafsaal der Mädchen. Das Haus indem ihre Wohnung lag ging in Flammen auf, sagte sie, als sie gemeinsam mit Sally-Ann, John, Toby und Sandy, Kindern aus ihrem Viertel, hier ankam.
Bobby hat Glück, dass er gerade noch so, zehn Tage jünger ist, als die Altersgrenze zulässt. Sonst säße er jetzt wohl in einem Bomber, oder diente als Kanonenfutter.
Sirenengeheul.
Vierzig Kinderfüße hasten in die U-Bahnstation und drücken sich ängstlich in die hinterste Ecke. Mutter Virginia scheucht uns, das Baby in den Armen, zusammen und beginnt zu zählen, ob alle da sind. "Jack!! Jack fehlt!!" kreischt sie panisch und will sich durch die Menge, der einströmenden nach draußen drängeln, als Miss Annie von der gegenüberliegenden Ecke herüberbrüllt. "Er ist da!! Es geht ihm gut!!" Erleichtert zieht Miss Susie den sechsjährigen Toby auf ihren Schoß und schmiegt sich an seine tränenverschmierte Wange.
"Mama!! Schreit ein kleines Mädchen, dass ich nur vom sehen kenne, trommelt verzweifelt gegen das heruntergelassene Gitter am Eingang der Station. Eine alter Mann nimmt sie schließlich in die Arme. "Opa, wo ist Mama?" schluchzt sie dem Greis in den verlumpten Overall.
Die anderen Menschen sehen weg.
Sie können den Anblick nicht ertragen.
Sei wissen, wo die Mama der Kleinen nun ist.
Über uns hören wir es bollern, zischen und knallen.
Kinderschreien, Angstschweiß, das Geruch von Menschen mit zuwenig Nahrung, die Luft flimmert.
Manche Weinen, Mutter Virginia betet einen Rosenkranz, ein Invalide legt seinen einzigen Arm um den gewölbten Leib seiner schwangere Freundin.
"Mum, ich habe Hunger." flüstert ein magerer Junge mit krankhaft aufgeblähten Bauch. Seine strahlend blauen Augen liegen tief in den violett überschatteten Höhlen. Die Mutter setzt ihm einen Flasche an die Lippen. Offenbar hat sie eine wässrige Suppe hineingefüllt.
Ein Mann mit schmutzigem Stoppelbart richtet sein eines Auge auf Mary-Ann und ihre Namensschwestern, das andere ist durch eine Augenklappe verdeckt. In einem Anfall von Beschützerinstinkt schlinge ich einen Arm um die drei Vierjährigen und werfe dem Mann einen erbosten Blick zu.
1.September Die kaminrote Dampflok pfeift zum Abschied und läuft aus dem Bahnhof aus. Mir gegenüber sitzen drei Hufflepuffs und lassen sich im Flüsterton über meine verlumpten Klamotten und den mageren Körper aus. Sie wagen nicht lauter zu sprechen, sie sind schließlich in diesem Haus von Schlappschwänzen. Sie wissen, dass sie sich gegen jemanden wie mir, der dem ehrenwerten Haus Slytherin angehört, nie behaupten können. Langsam aber sicher kehrt mein Stolz zurück, der während der Ferienzeit wohl Urlaub in Indien gemacht hat.
Essen in rauen Mengen!! Der zweite Weltkrieg scheint vor den Tor zum Bahnsteig Neundreiviertel haltgemacht zuhaben!! Die Kinder der Zaubererfamilien sehen naserümpfend auf die von Krieg gezeichneten Muggelkinder. Am liebsten würde ich sie mitten im lodernden London aussetzen!! Ist den Zauberern der Tod von Millionen von Muggeln denn völlig egal?!
Ja. Scheinbar schon. Und ich habe gelernt, dass auch ich mir diese Ignoranz anzueignen habe, wenn ich es zu etwas bringen will. Slytherin ist das Beste was mir passieren konnte. Anfangs akzeptierten meine Hausgenossen kaum, dass ich, dieser Hungerhaken, dieser Muggelwaise, dieser Habenichts in ihrem Haus sein sollte, aber das änderte sich schnell. Denn im Gegensatz zu ihnen habe ich gelernt, für mich zu sorgen.
Ich kenne keine Gnade!! Wer mir im Weg steht, ist fällig!
Ich kenne keine Lügen!! Die Wahrheit liegt im Auge des Betrachters, das ist einer meiner Wahlsprüche.
Ich kenne keinen Verrat!! Ich bin der einzige, dem ich mich zu unterwerfen bereit bin.
Ich kenne keine Grenzen! Um mein Leben zu erhalten würde ich töten!
Ich kenne keinen Mord!! Gesetzt der Natur gewinnt der stärkere!! Der schwächere hat es nicht verdient zu leben!!
Manche bewundern es, viele fürchten mich.
Ich habe mir geschworen, zu den Gewinnern zu gehören!!
*~*~*~*
Harry betrachtete das geschriebene. DAS war eindeutig kein Kindermärchen. Wäre nicht jener Schlafende auf seinem Sofa gewesen, hätte sich er sich nie getraut so etwas aufs Papier zu werfen. Er würde es trotzdem an den Verlag schicken. Es müsste dann halt einem älteren Publikum zu Gemüte geführt werden.
Mit einem letzten prüfenden Blick speicherte er die Kurzgeschichte auf Diskette ab und beschloss sie morgen Mittag dem Lektorat vorzulegen, dann machte er den Computer aus und trat zögernd an Draco heran.
Mit Schlaf würde es heute sowieso nichts mehr werden, dachte er sich und hockte sich behutsam auf die Kante des Sofas. Wie von selbst glitten seine Finger durch das blonde Haar, während in den Gedanken noch immer bei dem Kern seiner Geschichte war.
Eigentlich, so dachte, waren sich er und Tom Riddle gar nicht mal so unähnlich. Sie beide hatten zu den Gewinnern gehören wollen und dabei sich selbst aus dem Augen verloren.
Ohne Draco, hätte er sich wohl genauso in den eigene Erwartungen verstrickt, wie Tom.
Ein dankbares Lächeln huschte über sein Gesicht und die ersten Strahlen der Morgensonne beleuchteten das helle Gesicht, zu dem er sich nun herunterbeugte um einen sanften Kuss auf die Stirn des Schlafenden zu hauchen.
Also, ich wollte versuchen Toms Kindheit und seine Beweggründe, das zu werden, was er wurde darzustellen, habe es aber VOR dem 6. Band geschrieben. Übereinstimmung mit dem Buch sind daher- sollte sie vorhanden sein- zufällig!
naja, ein ziemlich ernstes Kapitel, es bietet -denke ich- eine Menge Anregungen zum Nachdenken. Über reviews würde ich mich sehr freuen.
Bye Thildchen