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VII

von

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The puppet


 

Als sie das erste Mal erwachte, fand sie sich an einem ihr unbekannten Ort wieder.

Im ersten Moment fand sie keine Worte, um ihre Umgebung zu beschreiben, ihr Gedächtnis war vollkommen leer oder zumindest absolut unerreichbar; wie eine verschlüsselte Datei, deren Passwort man nicht kennt. Jeder Denkvorgang erschien ihr im Nachhinein so anstrengend wie das Durchqueren von dicker, zähflüssiger Melasse.

Es benötigte einen Wimpernschlag, dann kehrten die Erinnerungen wieder, stürzten über ihr zusammen wie Wasserfälle nach dem Brechen eines Damms. Das Passwort war geknackt, die nun entschlüsselte Datei überhäufte sie mit Informationen.

Sie blickte durch ihr braunes Haar, das in ihr Gesicht fiel, hindurch, entdeckte allerlei mit Wasser gefüllte Gefäße, die zwar menschengroß waren, aber im Moment befand sich nichts darin. Aus Gründen, die für sie unverständlich waren, verspürte sie eine immense Furcht vor diesen gläsernen Kapseln – aber gleichzeitig waren sie vertraut, wie die Heimat.

Sie sah auf ihre Hände hinab, sie waren normal, wie die eines … Menschen. Ein Wort, das selbst unausgesprochen in ihrem Kopf wie eine Beleidigung klang.

Ein scharfer Schmerz zuckte durch ihren Kopf, unzählige Bilder, Situationen, fielen wieder über sie her, drohten sie wie Raubtiere zu zerfetzen – und dann erklang die tiefe Stimme eines Mannes, der diese Wesen mit einem einzigen Wort verscheuchte: »Ruhig.«

Sie hob den Blick, um ihn anzusehen, traf aber nur auf Dunkelheit, selbst die Kapseln waren verschwunden. Warum war es derart finster, wenn man geboren wurde? War sie überhaupt geboren worden? Sie spürte nichts mehr, ihr Körper war nur eine nicht vorhandene Illusion, von der sie sich lossagen musste. Sie musste es tun – aber da erklang erneut die Stimme: »Willkommen unter den Lebenden. Öffne deine Augen.«

Das war der Grund? Wann hatte sie ihre Augen (besaß sie solche?) geschlossen?

Nur träge gelang es ihr, die Illusion ihrer Lider zu heben. Gedämpftes Licht drang in ihre Augen, blendete sie dennoch wie ein gleißendes Strahlen. Dem Impuls folgend, kniff sie die Lider wieder zusammen, wurde dafür aber direkt abgestraft: »Nein! Du sollst die Augen offen lassen. Hab keine Angst vor dem Licht.«

Wieder gehorchte sie seiner Anweisung und bewegte zaghaft ihre Lider. Diesmal war das Licht weniger schlimm, so dass sie auch verschwommene Umrisse erkennen konnte. Da stand ein Mann vor ihr, dessen Kleidung zur einen Hälfte weiß und zur anderen schwarz war. Sein Haar war grau und reichte bis an seine Ellenbogen. Sie versuchte, sein Gesicht zu erkennen, aber das schien ihr in diesem Moment vollkommen unmöglich, ihre Augen begannen bereits zu tränen und ließen alles noch mehr verschwimmen. Sie widerstand aber der Versuchung, sie wieder zu schließen, was ihrem Gegenüber eine anerkennende Reaktion abrang: »Gut, du gehorchst also. So soll es sein.«

Sie wollte den Mund öffnen, etwas sagen, aber Lippen und Zunge schienen aus Holz zu sein und verweigerten ihr den Dienst.

»Rede«, forderte er sie gleich darauf auf.

Sofort war es als würde das Holz ihrer Lippen und Zunge zu geschmeidiger Seide werden. Es gelang ihr, den Mund zu öffnen: »Ich rede.«

Sie wusste nicht, worüber, es gab keine Themen in ihrem Kopf, nichts, was sie interessierte, nichts, das sie ausmachte. Aber er zeigte sich schon sehr zufrieden darüber, seine Lippen kräuselten sich zu einem zufriedenen Lächeln. »Gut, du funktionierst ganz vortrefflich. Solange du alles tust, was ich dir sage, werden wir keine Probleme haben. Hast du das verstanden?«

»Ja, Meister.« Das war die einzig mögliche Antwort, die dazu in ihren Gedanken erschien.

Ohne noch etwas zu sagen, wandte er sich von ihr ab. Doch gerade als sie sich in die Leere ihres Verstands zurückziehen wollte, um auf weitere Befehle von ihm zu warten – was sollte sie auch sonst tun? – sah er doch noch einmal über seine Schulter zu ihr zurück. »Dein Name wird übrigens Septima sein. Hast du verstanden?«

Sie wusste nicht, was der Name bedeuten sollte, aber was ein solcher war, wusste sie durchaus, deswegen konnte sie die Frage bedenkenlos bejahen. Er lächelte noch einmal zufrieden, dann winkte er sie mit sich und sie folgte seinem Befehl – dafür war sie immerhin erschaffen worden.
 



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