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Ein süßer Groupie

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitl ist ein bisschen länger, weil da noch einige Dinge rein mussten, die vor der Tour passieren. Das nächste ist schon in Arbeit und kommt dieses Mal hoffentlich wieder etwas früher ^^. Habt noch ein schönes WE Komplett anzeigen

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Vergebung

Ich nahm mir Kyos Worte zu Herzen und begab mich zwei Tage später in den Proberaum von Zero und seiner Band. Es kostete mich verdammt viel Überwindung, doch ich wusste, dass es geschehen musste. Meine feuchten Handflächen rieb ich an der engen Hose ab. Wovor fürchtete ich mich bloß? Dass mich die Jungs nicht mochten? Schwachsinn. Hätte mich Zero sonst eingeladen? Vermutlich nicht.

Der Proberaum befand sich in der Nähe, wo auch Dir en Grey ihren Proberaum hatte. Das graue Gebäude sah nicht unbedingt einladend aus und schon pochte mein Herz vor Aufregung. Ich beschloss davor noch eine zu rauchen, weil ich nicht wusste, ob es die Jungs wollten, dass drinnen geraucht wurde. Mit dem Rücken zur Wand blies ich den Rauch aus und starrte Löcher in die Luft, ging gedanklich meine Songs noch ein letztes Mal durch, um mir auch ja keinen Fehler zu erlauben. Als ich einen letzten Blick auf mein Handy warf, sah ich eine Nachricht von Zero.

„Komm einfach rein!“, stand darin und ich drückte die aufgerauchte Kippe aus.

Zero umarmte mich. Tsukasa und Karyu nickten mir freundlich zu und auch Hizumi beehrte uns mit seiner Anwesenheit. Jetzt stieg meine Nervosität wieder. Wollte er mich auf die Probe stellen oder was sollte das werden? Verlegen schaute ich in die Runde und kaute auf meiner Unterlippe herum.

„Hab gehört ihr sucht nen Sänger…naja und hier bin ich…“, brach ich das peinliche Schweigen. Hizumi lächelte mich an.

„Dem ist so…ich hab mich zurückgezogen, aber die Jungs wollen die Musik nicht so ohne weiteres an den Nagel hängen.“

„Mhh, weiß ja nicht, was ihr von mir erwartet, aber ich bin jetzt kein grandioser Sänger…“

Zero boxte mich gegen den Arm und ich feuerte einen bösen Blick in seine Richtung. Dann zog er mich am Arm hoch.

„Kazuki wollte sagen, dass er sich ein bisschen einsingen muss…“

Mein Freund steckte neben mir seinen Bass ein und ermutigte mich, meinen Platz am Mikro einzunehmen. Ich stimmte meine Gitarre und klimperte ein bisschen darauf, sang ein paar Takte dazu, dann nickte ich Zero zu. Zusammen stimmten wir ein selbstgeschriebenes, eher langsames Stück von mir an. Ich versuchte mich zu konzentrieren. Mich von der Musik treiben zu lassen, was mir auch nach und nach gelang. Ich fühlte mich wieder ein bisschen wie damals in dem kleinen Pub, in dem ich immer vorspielte. Diese Zeit schien sehr weit in der Vergangenheit zu liegen. Nachdem ich meine Performance beendet hatte, schaute ich vorsichtig in die Runde, doch stieß ich da auf recht zufriedene Gesichter.

„Nicht übel Kleiner“, lobte mich Tzukasa.

„Also ich muss auch nicht lange überlegen…fragt sich nur, wie schnell du startklar sein kannst?“, mischte sich jetzt auch Karyu ein und mein Blick wurde wieder unsichrer.

„Startklar wofür?“

„Ne kleine Tour durch Japan“, freute sich Zero und mit aufgerissenen Augen schaute ich meinen Freund geschockt an. Band hin oder her, aber eine Tour? Das hieß singen vor ganz vielen Menschen.

„Mh…ich weiß nicht…“, gab ich ehrlich zu.

„Kazuki…wir treten meist in kleineren Locations auf“, munterte mich der Despa Drummer auf und ich versuchte zu lächeln. Dann fiel mir etwas ein, was ich bislang verdrängt hatte. Im September, also in einer Wochen, würde Kyo mit Dir en Grey drei Monate auf Tour sein und das nicht nur in Japan, sondern auch in den USA. Das bedeutete, ich musste wohl eher hier bleiben. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen.

„Wie lange würde unsere Tour denn dauern?“, fragte ich deshalb.

„Mit Pausen dazwischen und den Fahrten etwa anderthalb Monate“, überlegte Karyu. Da wäre zumindest schon die Hälfte abgedeckt. Darüber, was ich dann die restlichen anderthalb Monate trieb, würde ich mir Gedanken machen, wenn es soweit war.

„Na schön…ich brauche wohl noch den einen oder anderen Gig ohne Publikum, aber warum nicht? Ich bin dabei.“

Zero klopfte mit freundschaftlich auf die Schulter. Anschließend begannen wir mit der Arbeit- das Zusammenstellen der Setlist. Es wurde ein schöne Mischung und der eine oder andere DespairsRay`s Song hatte sich auch unter die ausgewählten Lieder gemischt. Diese Titel schrieb ich mir extra heraus, um sie separat zu üben. Ich beschloss auch ein bisschen länger zu bleiben, um diesen Punkt auf meiner To-Do-List sofort in die Tat umzusetzen. Zero wollte auch bleiben, um sich um irgendwelchen Papierkram zu kümmern. Nach zwei Stunden, mehr oder minder zufrieden, beendete dann auch ich meinen Arbeitstag. Leicht erschöpft ließ ich mich auf dem Sofa nieder und rieb mir den brummenden Schädel. Da schwebte vor mir auf einmal, wie von Geisterhand, ein Bier und ein breit grinsender Zero überreichte es mir zur Feier des Tages.

„Das hast du dir verdient.“

Ich massierte meine pochenden Schläfen und nahm das kalte Getränk entgegen. Da fiel mir auf einmal auf, dass ich in den letzten Stunden keine einzige Zigarette angerührt hatte. Doch sobald dieser Gedanke mein Gehirn erreicht hatte, schrien meine Lungen nur so nach Nikotin.

„Darf ich hier rauchen oder besser draußen?“

„Draußen. Ich komm mit.“

Etwas schwermütig erhob ich mich und schlurfte vor die Tür. Zero reichte mir das Feuerzeug und ich nahm einen tiefen Zug. Der Mond schimmerte durch die Wolken und es war erstaunlich, wie schnell die Nacht hereingebrochen war.

„Hast du Lust auf Proberaumparty? Kao fragt, ob wir rum kommen.“

Ich trank gierig von meinem Bier, um meine ausgetrocknete Kehle mit Flüssigkeit zu versorgen.

„Warum nicht.“

Kyo hatte heute Morgen einen Tattootermin, um das Motiv auf der Brust, seinem Bauch und am Hals zu vollenden. Außerdem wollte er sich danach mit den Jungs von Sukekiyo treffen, um das neue Album fertig zu stellen. Vermutlich würden wir uns deshalb vor morgen nicht sehen. Trotzdem schickte ich ihm eine Nachricht, in der ich fragte, ob er nich auch zum Proberaum kommen wolle.

 

Unsere Freunde begrüßten uns und mir fiel auf, dass Die und Toshi mehr noch als sonst aneinander hingen. Hatte das mit neulich zu tun? Lächelnd winkte ich ihnen zu und setzte mich zu den beiden.

Bisher blieb meine SMS unbeantwortet, da half es auch nichts, wenn ich alle fünf Minuten mein Display anstarrte. Noch immer fragte ich mich, wie ich diese drei Monate überleben sollte, wenn schon wenige Stunden ohne ihn unerträglich erschienen? Diese Gedanken vereinnahmten mich schon wieder viel zu sehr und ich hasste mich dafür.

„Und wie war dein Vorsingen Kazu-chan?“, fragte mich ausgerechnet Kaoru. Ich zuckte etwas verlegen mit den Schultern und lächelte.

„Naja, schätze, in nem Monat gehen wir auf Tour…“

„Das klingt, als hättest du den Jungs so richtig eingeheizt“, stichelte Toshiya rechts neben mir und Die kicherte.

„Na klar…aber ich hatte auch ein bisschen Unterstützung von Zero“, sagte ich und nickte mit dem Kopf in seine Richtung. Kaoru klopfte seinem Lover anerkennend auf die Schulter. Immer wieder warf ich einen Blick auf mein Handy, doch dieses dumme Telefon wollte einfach nicht blinken und mir somit signalisieren, dass eine neue Nachricht eingegangen war. Genervt und irgendwie enttäuscht kaute ich auf meinen Fingernägeln umher, doch als mich Toshiya dabei ertappte, tippte er gegen meine Hand und schüttelte verächtlich mit dem Kopf. Ich war umringt von zwei Pärchen, was meine Situation nicht gerade vorteilhafter machte, denn auch Kaoru und Zero tauschten heute mehr Zuneigung aus, als sonst. Hin und wieder ein liebevoller Blick, ein Lächeln oder ein Tätscheln am Arm.

„Wo ist eigentlich Shinya?“

„Zu Hause bei seinen Hunden. Er meint es vor der Tour immer besonders gut mit ihnen, weil er ein schlechtes Gewissen hat, sie so lang allein zu lassen“, beantwortete Die meine Frage. Da ich schon wieder keine Zigaretten mehr besaß, schaute ich mich suchend auf dem Tisch um und entdeckte eine fast volle Packung vor Daisuke. Ich beugte mich vor, sodass sich mein Gesicht in sein Blickfeld schob, setzte einen etwas unschuldigen Blick auf und schob meine Hand langsam in die Richtung des Objektes der Begierde. Der Blondschopf lächelte mich verschmitzt an.

„Als ob ich dir einen Wunsch abschlagen könnte, wenn du mich so zuckersüß ansiehst“, witzelte er und schob mir auch sein Feuerzeug zu. Ich steckte mir eine Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie an. Trotz der sommerlichen Temperaturen hatte ich heute eine lange Hose an und das bereute ich noch immer, denn der Stoff klebte unangenehm an meinen Beinen fest. Glücklicherweise traf das weniger auf die Wahl meines Oberteils zu, welches nicht gerade viel Haut verdeckte. Trotzdem fächelte ich mir mit der Hand Luft zu. Toshiya reichte mir einen kleinen, mit Batterien betriebenen Ventilator.

„Oh danke, du bist meine Rettung…“

„Mag noch jemand was trinken? Ich wollte mir gerade ein neues Bier holen“, fragte Zero und riss sich von Kaoru los. Ich hob die Hand, wie auch Die und Toshiya. Das Vibrieren meines Telefons ließ mich zusammenzucken. Ich klemmte mir meine brennende Kippe zwischen die Lippen und fingerte das Smartphone aus meiner engen Hosentasche. Doch ein Blick auf das helle Display ließ meinen Anflug von Euphorie wieder schwinden, denn es war Sota, der fragte, wie die Probe verlaufen war. Enttäuscht lehnte ich mich an die Sofalehne und starrte Löcher in die Luft, ohne meinem besten Freund zu antworten.

Ich spürte ein Pieken von der Seite und schielte mit einer Schmollschnute zu dem Diru Bassisten.

„Ach Kazu…machst du dich schon wieder verrückt?“

„Mhh…er könnte wenigstens zurückschreiben“, murrte ich leicht angefressen und spürte Toshis Hand im Nacken, die mich aufmunternd kraulte.

„Er ist eben ein viel beschäftigter Mann…“

„Jaja, ich weiß. Er fehlt mir trotzdem und in ner Woche seid ihr erst Mal drei Monate weg…das wird nicht einfach Toshi und ich hab ein bisschen Angst davor.“

„So darfst du nicht denken. Jetzt gibst du erst Mal ein paar Gigs in Japan und danach ist es ohnehin angenehm seine Ruhe zu haben…also auch tatsächlich allein zu sein. Das fehlt mir manchmal.“

„Willst du etwa sagen, dass ich dir auf die Nerven gehe, Tosh?“, beschwerte sich Daisuke.

„Niemals Die…mhh, wobei…manchmal nach einer Tour schon. Aber du hast dich schon gebessert“, ärgerte der Bassist seinen Gitarristen und auch ich schmunzelte über die liebevollen Sticheleien der beiden.

„Glaub ihm kein Wort Kazuki. Denn Tosh mutiert nach den Konzerten immer zum Schmusekätzchen und kann gar nicht genug von mir bekommen…von wegen du willst allein sein…“, schüttelte der Blonde seinen Kopf und griff nach seiner Zigarettenschachtel. Zero kehrte mit dem Bier zurück und stellte die Flaschen auf dem Tisch vor uns ab. Wir prosteten uns zu.

„Und wenn dir die Decke auf den Kopf fällt, Kazu, dann sag Bescheid…ich finde schon eine passende Ablenkung für dich“, sprach mir nun auch Zero zu.

„Danke, da komm ich sicher drauf zurück, wenn ich nicht nach der Tour genug von dir Nervensäge habe.“

Der andere Bassist streckte mir die Zunge raus, doch ich grinste nur. Da öffnete sich plötzlich die Tür vom Proberaum und mein Herz machte einen Hüpfer. Augenblicklich sprang ich auf und flog förmlich in die Arme meines schönen Sängers. Sein weißes, weites Tanktop war von der Hitze leicht feucht, doch das störte mich nicht. Leider hatte ich für den Moment völlig vergessen, dass mein Liebster frisch tätowiert war. Sein Gesicht verzog sich leicht und ich schaute ihn entschuldigend an. Kyo ließ die Tür offen, damit ein bisschen Luft in den Raum zog.

„Hu…was für eine Begrüßung“, freute er sich und gab mir einen Kuss. Die und Toshi rutschen noch ein bisschen zusammen, sodass wir uns zu ihnen setzen konnten.

„Also Jungs, ihr wisst, wie die nächsten vier Tage aussehen werden?“, fragte der Leader in die Runde. Ein allgemeines Murren ging durch die Runde.

„Als könnten wir die Lieder nicht schon im Schlaf spielen Kao…können wir uns nicht auf drei Tage einigen?“, meckerte kein anderer als Die und der Diru Leader rollte genervt mit den Augen.

„Dreieinhalb…Ende der Diskussion.“

Der blonde Gitarrist seufzte lautstark.

„Immer musst du das letzte Wort haben.“

„Ich bin ja auch der Leader…wir können gern tauschen…ähm wobei…nein, besser nicht“, nahm er seine Worte sogleich zurück und entlockte meinem schönen Sänger ein Schmunzeln.

„Oh ich wäre ein großartiger Bandleader!“, brüstete sich Die und alle lachten. Kaoru besonders laut.

„Ich glaub du verwechselst das mit nem Partyplaner…dafür würde ich dich sofort buchen.“

Die warf seinem Freund einen vernichtenden Blick zu.

„Nimm du den Mund mal nicht so voll…ich würde dich überraschen. Immerhin bin ich jetzt älter und weiser.“

Kyo, der sich gerade an meinem Bier bedient hatte, bekam einen kurzen Lachanfall und hatte Mühe sein Bier im Mund zu behalten. Mit dem Handrücken wischte er sich über die Lippen.

„Danke auch…wenigstens von dir hätte ich mehr Unterstützung erwartet Tooru-chan“, grummelte Die in seinen nicht vorhanden Bart.

„Älter sicher, nicht aber weiser Dai Dai“, lachte Kyo noch immer.

„Ich hab gehört, du wurdest heute frisch tätowiert? Das tut sicher noch weh, wenn man drauf fasst“, stichelte Die jetzt zurück. Kyos Blick war zum Fürchten.

„Wenn dir dein Leben lieb ist, verwirfst du diesen Gedanken ganz, ganz schnell wieder.“

„Als müsste ich mich vor dir Zwerg fürchten.“

Jetzt war ich es, der lachen musste und auch Toshiya neben mir hielt sich den Bauch vor Lachen. Mein schöner Sänger schaute mich etwas irritiert an.

„Hat er mich jetzt ernsthaft Zwerg genannt?“

Ich nickte stumm und presste die Lippen aufeinander, um nicht wieder loszuprusten. Er griff nach meiner Bierflasche, setzte diese an und schluckte jedoch nicht runter. Ich duckte mich hinter Toshi ab.

„Das machst du nicht Tooru“, sagte Die, doch sicher schien er sich nicht zu sein. Der Bassist rutschte jetzt auch ein bisschen näher zu mir und duckte sich ebenfalls ab. Auf dem Gesicht meines schönen Sängers zeichnete sich ein boshaftes Grinsen ab und wenige Sekunden später bekam der blonde Gitarrist einen Schwall Bier ins Gesicht. Kreischend sprang er auf und wischte sich die Flüssigkeit mit seinem Shirt aus dem Gesicht.

„Du bist widerlich“, schimpfte er, doch Kyo krümmte sich neben mir vor lachen.

„Du sollst dich doch nicht mit kleineren anlegen Die…Zwerge sind äußert boshaft und hinterhältig, hat dir das noch keiner gesagt?“

„Dass du auch immer alles wörtlich nimmst.“

Unschuldig zuckte mein Liebster mit den Schultern.

„Dann solltest besser aufpassen, was du sagst.“

Kaoru schlug sich wieder Mal mit der flachen Hand gegen die Stirn.

„Man sollte nicht meinen, dass ihr erwachsenen Männer über vierzig seid.“

„Komm schon Kao, wolltest du heut nicht Party machen?“, warf Die ein. Dem Leader entfuhr ein Seufzen.

„Schon…naja, ich sehe, es hat schon seinen Sinn, dass ich Leader bin und keiner von euch Kindsköpfen.“

„Du bist schlimmer als meine Obaa-san…sie beschwert sich schon immer, dass ich mich mit meinen Anfang vierzig viel zu kindisch verhalte.“

Toshiya entfuhr ein Glucksen.

„Naja, ganz unrecht hat sie nicht Schatz.“

„Ist heut eigentlich wieder Mal der alle gegen Die Tag?“, beschwerte sich der Blonde und zündete sich schmollend eine Zigarette an. Doch sogleich legte Toshiya liebevoll seinen Arm um seinen Gitarristen und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

„Insgeheim lieben wir dich und deinen Chaotismus.“

Jetzt grinste auch Daisuke wieder und küsste Toshi zurück. Die zwei waren einfach zu süß.

Ich zog Kyos Tanktop ein wenig zur Seite, um einen Blick auf seine neuesten Bilder zu erhaschen. Mein wandelndes Kunstwerk. Ich freute mich schon darauf, wenn die Tattoos abgeheilt waren und ich sie in ihrer vollkommenen Schönheit bewundern konnte. Oh ja, wie freute ich mich darauf. Gleichermaßen spürte ich, wie diese kleinen Hitzewellen durch meinen Körper geschickt wurden. Deshalb versuchte ich meine Gedanken nicht noch weiter an einen halbnackten Kyo denken zu lassen. Die Hitze stieg mir auch zu Gesicht und schnell trank ich einen Schluck vom kalten Gerstensaft. In der Hoffnung niemand bemerkte meine obszönen Gedankengänge. Auch Zero schien viel zu sehr damit beschäftigt, Kaoru zu umschwärmen. Dieser erhob sich auf einmal, verflocht seine Hand mit der des Diru Leaders und kündigte an, dass sich die beiden auf den Heimweg begaben. Auch Die und Toshi taten es ihnen wenig später gleich. Blieben also noch mein schöner Sänger und ich.

„Kao kann mich Mal, von wegen vier Tage hier meine Zeit im Proberaum verschwenden“, sagte Kyo und steckte sich eine Zigarette an.

„Dreieinhalb“, korrigierte ich ihn grinsend und erntete einen bösen Blick seinerseits.

„Wie auch immer. Ich werde nicht die ganze Zeit hier hocken. Die Setlist steht und ich kann meine Texte Inn und auswendig.“

„Und der nächste Streit ist schon vorprogrammiert“, gab ich zähneknirschend von mir und stibitzte seine Zigarette.

„Warum bist du eigentlich so frech heute?“

Amüsiert zuckte ich mit den Schultern und blies den Rauch an ihm vorbei.

„Du hast doch angefangen mein Bier zu mopsen.“

Kyos Augen verengten sich zu Schlitzen und angriffslustig funkelte er mich an. Ein angenehmer Windhauch erreichte uns und ich schloss kurz die Augen.

„Wie war dein Tag eigentlich?“, fragte mein schöner Sänger dann, als wäre nichts gewesen.

„Denke ganz okay…ich schätze ich spiele jetzt in ner Band.“

„Sehr schön…ich bin stolz auf dich Kazu.“

„Ende September starten wir eine kleine Tour durch Japan. Bin gespannt, wie sich unser Leben als Band gestaltet und, ob ich mit den Jungs auskomme.“

„Bestimmt. Magst du nach Hause?“

„Glaub schon. Ich bin etwas erledigt.“

Ich leerte mein Bier, brachte die Flasche weg und folgte Kyo nach draußen. Er schloss ab und wir schlenderten Richtung Metro. Hin und wieder berührten sich unsere Finger, doch wie immer in der Öffentlichkeit tat ich mich schwer, meine Zuneigung zu dem Dir en Grey Sänger zu zeigen. Immerhin konnten die Paparazzis überall lauern und ich wollte seinem Image nicht schaden.

 

Zu Hause entfernte Kyo die Folie von seinem Oberkörper und sprang unter die Dusche. Auch ich entkleidete mich, weil ich aus diesen verschwitzten Klamotten raus musste. Ich überlegte kurz und schlüpfte schließlich doch in die Duschkabine zu meinem hinreißenden Mann. Doch das brachte mich fast schon wieder an meine Grenzen, wie er dort stand, mit geschlossenen Augen und sich mit den Händen durch die Haare fuhr. Ich griff nach dem Duschbad und verrieb es in den Händen, um Kyo vorsichtig einzuseifen. Meine Finger begannen augenblicklich zu Kribbeln, als ich seine tätowierte Haut berührte und leicht massierte. Ein wohliger Laut drang über seine Lippen. Langsam öffnete er seine Augen und die dunklen Pupillen fixierten mich lüstern.

„Du weißt gar nicht, wie unglaublich heiß du bist…ich liebe diese Kunst auf deinem Körper…so wunderschön…“, raunte ich ihm zu leckte mir über die Lippen. Ich schaute meinen hübschen Sänger noch eine Weile an und er schien es voll und ganz zu genießen.

„Ich muss raus, kommst du mit?“

Benommen nickte ich und folgte ihm. Nach dem Abtrocknen machten wir uns nicht die Mühe etwas anzuziehen, denn auch, wenn Kyos Haus ebenerdig war, blieben wir von der schwülen Sommerhitze nicht ganz verschont. Momentan reichte seine pure Erscheinung, um mein Blut in Wallungen zu bringen. Ich wurde umnebelt und war kaum mehr in der Verfassung einen klaren Gedanken zu fassen. Fast fühlte ich mich ihm wieder fern und doch so nahe. Noch immer glänzten Wassertropfen auf seinem Körper und ich musste mir immer wieder bewusst werden lassen, dass dieser schöne Mann mir gehörte. Doch sprach ich diesen Gedanken nicht laut aus. Auf einmal umspielte seine Lippen ein süffisantes Lächeln.

„Tut mir leid, aber es ist irgendwie süß, wie du mich anhimmelst…komm her“, bat er mich und streckte mir seine Hand entgegen. Zögerlich ergriff ich diese und wurde in eine sanfte Umarmung gezogen. Kyos Lippen streiften meinen Hals und seine Hände streichelten meine Seiten. Umfassten meinen Hintern und glitten hin und wieder zwischen meine Pobacken. Seine Küsse brannten auf meiner Haut und ich konnte nicht sagen, ob das an der Hitze lag oder an meinem benebelten Zustand. Schließlich vergruben sich meine Hände in seinen feuchten Haaren und ich küsste ihn begierig, weil ich es kaum mehr aushielt ihn einfach nur anzusehen.

Als sich sein Schenkel an meiner wachsenden Erregung rieb, stöhnte ich in den Kuss hinein und eine heftige Welle der Lust durchfuhr mich. Doch heute wollte ich die Erlösung so lang wie möglich hinauszögern, um jeden Moment zu genießen. Um meinen Akku für die nächsten drei Monate aufzuladen und mein Gedächtnis mit so vielen erotischen Bildern zu füllen, wie möglich war. Kyos Zunge schlüpfte durch den schmalen Spalt und rang mit meiner. Fast vergaß ich zu atmen, doch als seine schlanken Finger meine Härte entlang strichen und den Lusttropfen verrieben, entfuhr mir abermals ein erregtes Stöhnen.

„Ich liebe es, wenn du dich so fallen lässt“, wisperte mein schöner Sänger und massierte meine Erregung. Plötzlich hob er mich hoch und überrascht zog ich die Stirn in Falten. Auf dem Sofa setzte er mich ab.

„Das ist besser als stehen“, bemerkte ich und schon küssten wir uns wieder. Heiß und innig rangen wir um die Oberhand. Ich war nahe dran, Kyo die Führung heute einfach zu überlassen. Seine Hand, die auf meinem Bauch ruhte, führte ich zu meiner Brust und schon umkreisten seine Finger meine sensiblen Nippel.

„Kyo…treib mich an den Rand des Wahnsinns…reize mich, bis es nicht mehr geht…“

„Nichts lieber als das…“

Und das tat er wirklich. Entweder liebkoste er meine mittlerweile leicht geröteten Knospen oder meine Erregung. Nie beides zusammen.

Immer wieder näherte er sich meiner Öffnung, doch kam er nur so nahe wie nötig und lenkte seine Finger dann wieder zu meinen Schenkeln. Er knabberte an meinen Nippeln und das Ziehen im Unterleib verstärkte sich. Ich rang mit meiner Selbstbeherrschung und spürte, wie ich meinem Höhepunkt immer näher kam, dabei hatten wir noch nicht mal miteinander geschlafen. Doch Kyo wusste genau, was er tat und aus Erfahrung konnte ich sagen, dass er es schaffte mich auch ohne Sex zum Orgasmus zu bringen.

„Ich dreh…gleich durch…“

„Setz dich auf mich“, sagte mein Liebster und ohne eine Antwort abzuwarten, hievte er mich auf seinen Schoß und ließ sich mit etwas Hilfe in mich gleiten.

„Ahhh…“, stöhnte ich, als mich Kyo ausfüllte und sich leicht zu bewegen begann. Seine Hände packten mich an den Hüften und er gab unser Tempo vor.

„Du fühlst dich so gut an Kazu…“

Jetzt beschleunigte ich unser Liebespiel ein bisschen und nun verlor sich mein schöner Sänger auch in seiner Lust. Mit geschlossenen Augen und leicht geöffnetem Mund legte er seinen Kopf in den Nacken und ließ sich fallen.

„Komm für mich“, hauchte ich in sein Ohr und er quittierte meine Aufforderung mit einem kehligen Stöhnen.

„Ich befürchte tatsächlich…das dauert nicht mehr lange…ohhh…“

Kyo widmete sich wieder meiner Erregung und allmählich driftete auch ich wieder ab in unsere Welt der Lust. Heiß loderte das Feuer in mir und je härter Kyos Stöße wurden, desto mehr eroberte mich die Begierde und ich gab mich ihr hin. Etwas der warmen Flüssigkeit landete auf meinem Bauch. Mein liebster säuberte uns und ich verschwand kurz im Bad.

Rauchend und noch immer nackt lag mein schöner Sänger auf dem Sofa und lächelte zufrieden. Auch dieses Bild verwahrte ich in der unsichtbaren Schublade der Erinnerungen. Ich kroch zu ihm, um mich an ihn zu schmiegen, ohne seine Tätowierung zu berühren. Er hielt mir den Glimmstängel hin und ich nahm einen Zug und da war es auf einmal wieder. Dieses unschöne Gefühl, wenn meine Gedanken zu den nächsten Monaten schweiften.

„Kyo…ich hab Angst…“

Mein schöner Sänger schaute mich mit besorgtem Blick an.

„Weshalb?“

„Vor den nächsten Monaten…davor, dass ich es nicht schaffe.“

„Oh Kazu, nicht doch. Es sind nur drei Monate.“

„Und dann sehen wir uns einen Monat, bis du wieder weg bist…sorry, das ist nicht fair…“

Kyo drückte seine aufgerauchte Zigarette im Aschenbecher auf dem Tisch aus und zog mich auf seinen Schoß. Doch dieses Mal ganz ohne Hintergedanken, nur um mir nahe zu sein.

„So wird es immer sein Süßer…das ist mein Leben und daran werde ich auch nichts ändern…doch wovor genau fürchtest du dich?“

„Vor dem allein sein.“

Kyo schüttelte den Kopf.

„Sota ist da und auch Zero. Außerdem hast du jetzt deine Band. Glaub mir, nach den ersten Auftritten willst du nie mehr was anderes, als auf der Bühne stehen. Ich glaub an dich“, versicherte er mir und küsste mich wieder.

„Vielleicht gebe ich mein erstes Gehalt für noch mehr Piercings und Tattoos aus“, nuschelte ich in den Kuss hinein und sogleich spürte ich, wie Kyo lächelte.

„Das wäre so verdammt sexy…“, freute er sich und haschte wieder nach meinen mittlerweile leicht geschwollenen Lippen.

„Nicht, dass das nötig wäre. Aber um sicher zu gehen, dass du nie mehr einen anderen Mann haben willst…“

„Oh so ist das also? Soll ich dir was verraten? Bei den Beziehungen vor dir gab es für mich nichts schlimmeres, als jemand, der mich für sich beanspruchte…doch, wenn du das sagst…ist es so anders…irgendwie okay…“

„Mh, das spricht dann wohl sehr für mich.“

„Tut es…du bist mein wertvollster Schatz, Kazu. Ich brauche dich so sehr und auch ich vergehe jetzt schon vor Sehnsucht nach dir. Deshalb sollten wir die nächsten Tage noch genießen.“

„Aber Kaoru hat doch Proben angeordnet“, warf ich ein.

„Wie gesagt, ich geb da nicht viel drauf. Lasse mich kurz dort blicken und bin dann wieder weg.“

„Und wenn du den Zorn des Leader-samas auf dich ziehst?“

„Lass das mal mein Problem sein. Singen kann ich auch hier, dazu muss ich nicht in den Proberaum und wenn Kao ein Problem damit hat, ändert das trotzdem nichts…dann ist er eben wütend, weil ich wieder aus der Reihe tanze. Na und? Das hab ich schon immer getan. Doch er weiß, was er an mir hat…also, lass ihn sauer sein. Ich werde die Tage mit meinem wunderschönen Mann verbringen. Nackt. Im Bett oder wo auch immer…“

„Manchmal spinnst du schon ein bisschen“, kicherte ich.

Kyo schaltete sein Handy vor dem Schlafengehen aus und kuschelte sich zu mir ins Bett.

Am nächsten Morgen, als ich erwachte, fand ich ihn nicht im Bett vor. Doch ein Zettel lag auf seinem Kopfkissen.

 

Bin kurz im Proberaum und einkaufen.

 

Kurz und knapp. Keine schnulzigen Liebesschwüre. Nein, so war mein Kyo nicht und so würde er nie sein. Ich beschloss Sota endlich zu antworten, sonst würde er sich wieder unnötig Sorgen um mich machen und das wollte ich nicht. Anschließend sprang ich unter die Dusche, deckte schon Mal den Tisch und kochte mir Kaffee. Dann verzog ich mich mit einem Zeichenblock und einem Stift auf die Terrasse, um an meinem Tattooentwurf für den Rücken zu arbeiten. Es sollte ein Drachen werden und ich begann mit dem Kopf, weil ich diesen im Vordergrund haben wollte. Sein Schlangenartiger Körper eher im Hintergrund, wie auch seine Klauen.

Kimi, meine Tätowiererin hatte mir geantwortet, dass wir nächste Woche die erste Sitzung starten könnten. Zum Stechen meiner Dermal Anchor hätte sie morgen Zeit, also würde ich da vorbeigehen, wenn Kyo in den Proberaum musste.

Automatisch schlich sich ein Grinsen auf meine Lippen, als ich die Tür ins Schloss fallen hörte.

„Wie kann es eigentlich morgens schon so heiß sein“, grummelte mein Liebster, zog sich sein Shirt über den Kopf und warf es über die Sofalehne. Ich gab ihm einen Kuss. Er musterte meine unfertige Zeichnung und schaute mich fragend an.

„Mein Entwurf für das neue Tattoo, ist aber noch nicht fertig.“

„Oh ich bin gespannt…wird das mein Weihnachtsgeschenk?“

„Wer weiß“, erwiderte ich geheimnisvoll. Da zog er mich in eine liebevolle Umarmung und sein Blick schoss mir durch Mark und Bein. Er traf mich mitten ins Herz und ich konnte nicht anders als idiotisch verliebt zurückzugrinsen.

„Du machst es mir einfach dich zu lieben Kazuki…ich schätze deine Ehrlichkeit, eben auch, wenn du mir sagst, dass du Angst vor den nächsten drei Monaten hast…das ist okay. Nur weißt du, es ist leichter, es anders zu betrachten...dich auf den Tag zu freuen, an dem die drei Monate vorüber sind. Freu dich auf den Tag, an dem wir uns wiedersehen. Denn ich kann es kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen und noch bleiben uns vier Tage.“

Ich dachte einen Moment nach und drückte mir noch einen Kaffee aus der Maschine.

„Einfach, weil ich mich bemühe dich und deinen Lebensstil zu akzeptieren?“, fragte ich dann.

„Vor allem mich. Darf ich dir was zeigen?“

Ich nickte und war gespannt, was jetzt kam. Kyo verschwand kurz im Arbeitszimmer, ließ die Tür allerdings offen stehen. Er schaltete seinen PC ein und wenig später erklang Musik und ich war mir ziemlich sicher, dass es sich nicht um Dir en Grey handelte. Dafür klang es zu anders und abstrakt. Außerdem war der elektronische Beat, der die Musik untermalte eher untypisch für die Diru Jungs.

Sukekiyo?“, fragte ich deshalb. Kyo nickte zufrieden.

„Du bist der erste, der das neue Album zu hören bekommt…sowas zeige ich sonst keinem.“

Ein verliebtes Seufzen entfuhr mir und ich schlang meine Arme um den hübschen Sänger.

„Klingt schön…ich mag es, wenn du singst. Es lässt mich dahinschmelzen…“, übertrieb ich ein bisschen und Kyo rollte mit den Augen.

„Spinner.“

Wir setzten uns an den Tisch und frühstückten endlich.

„Hat Kaoru dich freiwillig entlassen oder bist du einfach wieder gegangen?“, fragte ich dann.

„Er hat mich tatsächlich entlassen, wie auch alle anderen. Wir treffen uns übermorgen. Ich vermute, Zero ist nicht ganz unbeteiligt an Kaorus Meinungsänderung.“

Ich grinste und biss von meiner Frühlingsrolle ab.

Als ich fertig war, rutschte ich meinen Stuhl zurück und setzte mich auf Kyos Schoß. Mit dem Gesicht zu ihm gewandt, um ihn zu küssen. Meine Hände umfassten sein Gesicht zaghaft und zärtlich strichen meine Daumen über seine Wangen.

„Es ist auch einfach dich zu lieben Kyo, weil du mich lässt. Und jeden Tag ist es auf’s Neue mein wundervollstes Geschenk neben dir aufzuwachen, in dein verschlafenes, leicht zerknautschtes Gesicht zu schauen und zu wissen, dass wir zusammen gehören.“

„Zerknautscht? Sagst du mir schon wieder unterschwellig, dass ich alt bin?“

„Nein…gar nicht…ich hätte auch süß sagen können.“

„Mh, das macht es nicht besser“, murrte er und zog mich in einen Kuss, bevor ich noch weiterredete.

„Dann bist du eben weder alt, zerknautscht noch süß…“

Fragend schauten mich seine dunklen Rehaugen an.

„Was dann?“

„Liebenswert, sexy und meins.“

„Das klingt schon besser…weißt du was noch furchtbar ist?“

Ich schüttelte den Kopf und befürchtete schon, Kyo würde mir eine weitere unheilvolle Nachricht überbringen. So guckte er zumindest.

„Drei Monate keinen Sex…das wird hart.“

„Mh, das hab ich bisher erfolgreich verdrängt. Ich könnte ja für eine Nacht zu dir fliegen, wenn wir es gar nicht mehr aushalten.“

„Genau…da würde ich manchmal gern mit Die oder Toshi tauschen. Die haben das Problem nicht.“

„Ich schicke dir ganz viele Nacktbilder“, raunte ich.

„Du bringst mich schon wieder völlig um den Verstand.“

„Dann sollten wir was dagegen tun“, antwortete ich und biss ihm leicht in den Hals.

„Hier?“

„Klar, da hat die Nachbarschaft auch was davon.“

Doch verlagerten wir unser Liebesspiel dann nach drinnen. Wieder einmal rangelten wir, wer von uns beiden den dominanten Part spielte und dieses Mal gewann ich. Vorerst zumindest. Allerdings noch bevor wir richtig zur Sache kamen, klingelte es. Genervt seufzte Kyo in den Kuss und löste sich von mir. Er redete mit irgendwem, aber ich konnte die Stimme der anderen Person nicht erkennen. Irgendwie kam auch keiner ins Haus. Vielleicht die Post? Sollte ich nachschauen? Unsicher setzte ich mich auf und versuchte einen Blick zu erhaschen, doch Kyo stand so in der Tür, dass ich nichts sehen konnte. Sicherheitshalber huschte ich ins Schlafzimmer und zog mir ein Shirt über, sodass ich nicht  nur in Hose bekleidet Besuch empfing. Mein schöner Sänger schien mit irgendwem zu diskutieren und so langsam wurde ich schon neugierig, wer unser ungebetener Gast sein konnte. Der liebevolle Ausdruck war wie weggewischt und die Miene meines Liebsten war nun mehr finster und dezent genervt. Hinter ihm trat Akira ins Haus. Kyos Bruder begrüßte mich mit einer kurzen Verbeugung und ich tat es ihm gleich. Ich traute mich gar nicht so richtig zu fragen, was los war.

„In einer Woche beginnt unsere Tour und die lasse ich sicher nicht sausen, nur weil unser lieber Vater nicht mehr der Jüngste ist und das Bett hütet. Du kommst doch nur, um dein Gewissen zu beruhigen Aki-chan.“

„Und wenn schon, er ist auch dein Vater. Bitte, komm wenigstens einen Tag mit…er hat nach dir gefragt.“

„Super und dann? Darf ich mir anhören, was für ein Versager ich bin? Er hat mich raus geschmissen, schon vergessen?“, fuhr er seinen kleinen Bruder an und so zornig hatte ich meinen schönen Sänger schon lange nicht mehr erlebt.

„Kazuki, kannst du ihn nicht zur Vernunft bringen?“

„Wage es ja nicht Kazu da mit rein zu ziehen. Meine Antwort ist und bleibt nein!“

„Was ist denn passiert?“, fragte ich vorsichtig. Noch immer mehr als gereizt funkelte Kyo uns an und presste seine Lippen aufeinander.

„Papa ist krank und er hat nach Tooru gefragt…ich glaube er will ihn sehen, weil er ihm vergeben hat…“

„Erzähl doch keinen scheiß Akira…er will mich nicht sehen, um mir zu vergeben…“

„Und was ist, wenn er stirbt, während du dich auf deinen Konzerten vergnügst?“, fiel ihm der Jüngere ins Wort. Wenn das mal nicht in einem Familiendrama endete. Die Hände meines Liebsten ballten sich zu Fäusten und ich war mir ziemlich sicher, dass Akira das mit voller Absicht gesagt hatte, weil er wusste, wie viel Kyo seine Musik bedeutete.

„Du bist kein Deut besser als er…tut mir leid, dass ich nicht in unser tolles Familienbild passe! Ich war dir doch nie so wichtig wie Papa oder Hana. Du hast mich immer nur toleriert, weil es Hana so wollte, stimmt’s?“

„Das ist doch Schwachsinn. Ich will nur verhindern, dass du es bereust, nur weil dir dein Stolz und deine Prinzipien wichtiger sind, als dein eigener Vater.“

Kyo lachte trocken und gekünstelt.

„Was weißt du schon davon kleiner Bruder. Dir wurde doch immer alles in den Arsch geschoben.“

„Ich hab unsere Familie auch nicht hängen lassen, indem ich einfach vor meinen Problemen davon gerannt bin!“

„Ich soll davon gerannt sein? Hast du mitbekommen, als was er mich alles beschimpft hat? Das hat nichts mit wegrennen zu tun Aki…“

Der verletzte Blick Akiras rührte mich fast selbst zu Tränen. Doch Kyo blieb eisern und leider musste ich mir eingestehen, dass ich eher auf Akiras Seite stand. Ich nahm all meinen Mut zusammen und hoffte nur, dass mich mein Liebster nicht verurteilte, für das, was ich jetzt tat. Ich machte einen Schritt auf seinen Bruder zu und legte meine Hand auf seine Schulter. Dabei blickte ich ihm tief in die Augen.

„Lässt uns einen Augenblick allein?“

Er nickte und verschwand in Richtung Terrasse. Kyo stieß mich von sich, als ich näher kam.

„Wage es ja nicht Kazuki…“, drohte er mir, aber ich blieb ruhig.

„Was soll ich nicht wagen? Du hast doch keine Ahnung, was ich vor habe.“

„Oh doch…du willst versuchen mir einzureden, dass es richtig ist zu meinem Vater zu fahren.“

Ich atmete tief ein und wieder aus.

„Ist es denn das Richtige?“, fragte ich ihn zurück.

„Nein. Er hat mich zeitlebens nur gedemütigt…vor anderen bloß gestellt…ich hasse diesen Menschen Kazu…“

Jetzt ließ er meine Nähe doch zu und nahm sein Gesicht zwischen meine Hände, um ihm einen Kuss auf die Stirn zu drüken.

„Ich weiß…aber wir könnten hinfahren und dann gleich wieder weg, wenn es blöd wird. Gib ihm eine letzte Chance, denn auch, wenn du ihn hasst, bist du nicht so wie er. Zeig ihm, dass dir trotzdem etwas an ihm liegt…und das tut es, denn sonst würdest du nicht so reagieren…“

„Und dich hasse ich auch gerade…“, murrte er und ich lächelte traurig.

„Weil du weißt, dass ich Recht habe…dafür ist es in Ordnung…“

Ungläubig schaute er mich an.

„Du nimmst in Kauf, dass ich dich hasse?“

„Ich weiß wie es ist jemanden zu hassen Kyo und das zu sagen ist eine Sache, doch dieses Gefühl in dir zu tragen, ist etwas ganz anderes. Du bist wütend, weil dein Vater ein Teil deines Lebens zerstört hat…verständlich. Aber du bist nicht blöd und du kannst das, wozu er vielleicht nicht imstande ist- nämlich verzeihen.“

Mein schöner Sänger sank in meine Arme und spürte seinen schnellen Herzschlag.

„Versprichst du mir, dass du nicht von meiner Seite weichst?“

„Natürlich verspreche ich dir das.“

Ein tiefes Seufzen ließ seine Brust schon fast erzittern.

„Dann lass uns gleich fahren…ich will es hinter mir haben.“

Ich zog mich um und auch Kyo tauschte seine bequeme Hose gegen eine Jeans sowie ein helles, sommerliches Hemd. Er wies seinen Bruder an, dass wir jetzt soweit waren. Im Gehen schnappte sich Kyo noch eine Sonnenbrille und einen seiner Hüte. Die Tür schloss er ab und drückte auf den automatischen Öffner, worauf hin sich das Garagentor anhob.

Es kam mir irgendwie vor wie Deja-vu, denn letztes Jahr Weihnachten sind wir schon einmal runter nach Osaka gefahren, um Kyos Geschwister zu besuchen. Und wieder verlief unsere Autofahrt recht schweigsam. Abgesehen davon, dass mein Liebster die Songs für die anstehende Tour übte. A Kapella und ich bekam quasi meine private Show, die mehr als sehenswert oder in dem Fall wohl eher hörenswert war, denn Kyo verausgabte sich und hin und wieder bekam ich ein bisschen Angst, dass er den Verkehr um uns herum vergessen könnte.

Nach etwa einer knappen Stunde fuhren wir ins das mir schon bekannte Wohngebiet. Doch hielten wir dieses Mal an einem anderen Haus. Ich drückte seine Hand und versuchte ihm ein aufmunterndes Lächeln zu schenken, welches er jedoch nicht erwiderte.

Hana kam sogleich angestürmt und fiel ihrem großen Bruder um den Hals. Wir liefen um das Haus herum und kamen in einen kleinen Garten mit einer Hecke rings herum sowie einer Sitzecke. Dort in einem Rollstuhl saß Kyos Vater und es erschreckte mich ein wenig, dass sich ein Mensch innerhalb eines halben Jahres so verändern konnte. Das letzte Mal strahlte er noch das blühende Leben aus, wenn auch nicht gerade symphytisch und jetzt hockte er da in geduckter Haltung wie ein Häufchen Elend. Automatisch fragte ich mich, ob ich zu meinen Eltern fahren würde, wenn es ihnen schlecht ging? Und schon fühlte ich mich schlecht, weil ich Kyo vielleicht zu etwas gedrängt hatte, was er wirklich nicht wollte.

„Tooru…bist du das?“

„Ja…Otou-chan“, erwiderte mein Liebster sanfter als erwartet.

„Es tut gut dich zu sehen. Wie geht es dir?“

Kyo sog die Luft scharf ein.

„Ganz okay…kannst du mir sagen, was das hier soll?“

Der ältere Mann erwiderte lange nichts, dann räusperte er sich.

„Ich werde alt mein Junge…denke viel nach, vor allem über dich…“

„Aha…“

„Hana hat mir ihre gesammelten Berichte von deiner Band…Dir en Grey vorgelesen…du bist berühmt…“

Er legte immer wieder Pausen ein, weil ihm das Atmen sichtlich Probleme bereitete. Ich beobachtet Kyo und trat ein Stück näher zu ihm.

„Kann man wohl sagen. Und jetzt? Sag bloß das ist dir auf einmal wichtig?“

„Du klingst…verbittert…so voller Hass…es tut mir leid…“, krächzte der ältere Mann und mein Liebster biss sich heftig auf die Unterlippe.

„Deine Entschuldigung kommt etwas spät, findest du nicht?“

„Naja, besser spät als nie…Tooru, ich bin alt und gebrechlich…meine Jahre sind…gezählt…ich will nicht im Zwist mit dir auseinander gehen…“

Kyo schnaubte verächtlich und zündete sich eine Zigarette an.

„Ist es dir auch egal, dass ich mit einem Mann zusammen bin? Oder kannst du damit leben, wenn die Nachbarn nachher reden, was für ein volltätowierter Verrückter bei dir war?“

Herr Nishimura schaute seinen Sohn leicht amüsiert an.

„Ändern kann ich daran wohl ohnehin…nichts…mehr. Bist du…Toorus…Freund?“, stellte er die Frage an mich gerichtet und ich nickte nur.

„Ja Nishimura-san…mein Name ist Kazuki“, antwortete ich und verneigte mich kurz.

„Du bist ein…hübscher…junger Mann…und mein Junge…scheint dir…zu vertrauen.“

„Das hoffe ich doch…sonst wäre ich vermutlich nicht mit hier.“

Ich fühlte mich irgendwie unwohl und wusste nicht so recht, wie ich mich verhalten sollte, deshalb ergriff ich Kyos Hand und er verflocht sie mit meiner.

„Wir werden im Dezember heiraten“, sprach mein schöner Mann weiter und die Augen seines Vaters wurden größer.

„In der Nähe von Kyoto gibt es einen Tempel…“

„Das freut mich…ich gebe euch meinen Segen…“

Am Zittern seiner Hände spürte ich noch immer, wie Kyo innerlich tobte und mich überkam das ungute Gefühl, dass die Bombe jeden Moment platzt.

„Warum hast du mich weggeschickt?“, fuhr er seinen Vater jetzt an.

„Tooru…ich…hoffte…irgendwann kommst…du zurück…aber ich hab nicht mit deinem…Stolz gerechnet…darin ähneln wir uns sehr. Denn erst jetzt, wo ich…alt und krank…bin, habe ich nachgeben können…“, erwiderte er.

„Dein beschissener Ernst? Dazu fällt mir wirklich nichts mehr ein…“, antwortete er ziemlich verletzt.

„Tooru…ich erwarte nicht, dass du mir verzeist…doch ich möchte, dass du weißt…ich verzeihe dir…“

Kyo zog seinen Hut vom Kopf und raufte sich die Haare. Ich konnte regelrecht spüren, wie dieser Kampf in ihm tobte.

Hana brachte uns Limonade. Wie gerne würde ich ihm einerseits helfen und ihm sagen, dass es richtig ist, seinem Vater zu verzeihen. Doch dachte ich andererseits, dass es mir nicht zusteht, ihm dahingend einen Rat zu geben. Er musste das für sich entscheiden. Schweigend nippte er an seinem Getränk und trommelte nervös mit den Fingern auf dem Tisch.

„Na schön…allerdings brauche ich Zeit, um das erst Mal zu verarbeiten.“

Der ältere Mann schaute seinen Sohn an und kleine Lachfältchen umringten seine Augen, als er lächelte. Kyo hingegen verzog noch immer keine Miene.

„Ich wünsche dir eine erfolgreiche Tour mein Junge. Akira, hilfst du mir mit dem Rollstuhl?“, bat er seinen jüngeren Sohn und hob die Hand zum Abschied.

„Ihr könntet noch zum Essen bleiben“, schlug Hana vor, doch sogleich schüttelte Kyo mit dem Kopf, leerte sein Glas und nickte mir auffordernd zu.

„Es war gut, dass du da warst…“, sagte das Mädchen noch zu ihm und umarmte ihn.

„Fragt sich nur für wen. Ich kann das nicht so einfach vergessen Hana.“

Sie versuchte zu lächeln, doch das schien meinen schönen Sänger nicht zu erreichen.

„Meld dich nach der Tour mal wieder, bitte.“

Kyo nickte und schlurfte zum Auto. Ich folgte ihm, traute mich jedoch nicht so recht ihn anzusprechen. Er stöpselte sein Handy an die Musikanlage und startete den Motor. Aus den Boxen drang ein ungewöhnlicher Sound. Sehr elktronisch und da fiel mir ein, dass er mir ja eigentlich das neue Album von Sukekiyo hatte zeigen wollen. Dorothy zeigte das Radiodisplay an. Ich mochte die Musik und wippte mit dem Bein im Takt dazu.

„Durchaus tanzbar…hat ein bisschen was von J-Pop.“

„Naja, jetzt nenn es nicht gleich so…ich glaub ich muss mich heut irgendwo betrinken gehen…das war irgendwie zu viel“, bemerkte Kyo und ich tätschelte seine Schulter. Wir fuhren mitten in den Sonnuntergang hinein. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meinem Bein, doch als ich zu meinen schönen Mann blickte, war sein Blick auf die Straße gerichtet. Ich lächelte trotzdem und genoss seine Zuneigung.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  yamo-chan
2019-12-16T08:03:40+00:00 16.12.2019 09:03
<3

Oh, das ist schön, dass der alte Mann zur Vernunft kommt. Wenn auch unter unschönen Umständen natürlich.

Drei Monate Tour, das wird wohl für alle hart. Aber so ist das Musikerleben. Und der Rest der Welt will Diru ja auch mal sehen ;)

Habe mich gefreut von dir zu lesen.
(ich habe immernoch nichts zustande gebracht...)
Antwort von:  MarryDeLioncourt
16.12.2019 18:17
<3 auch schön von dr zu lesen :). Ja ich dachte, dass sich Kyo mit ihm versöhnt, muss irgendwo noch mit rein ^^.
Und eben, das sehe ich genauso, Kazuki kann Kyo nicht dauernd für sich beanspruchen, da weinen die Fans XD.

Jetzt ists gar nicht mehr so lange, bis wir die Schönen in Berlin sehen <3 <3 <3, freu mich sooooo. Hast du dir das neueste Album von Sukekiyo mal angehört? Das läuft irgendwie gerade rauf und runter bei mir...nur leider kommen die nicht nach Deutschland :(.


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