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Der Junge im Bus

von

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Beta

Trotz der Dunkelheit konnte Derek in grausamer Klarheit sehen, was unten auf der Straße vor sich ging:

Stiles wie er entsetzt seine Augen aufriss und wie angewurzelt stehen blieb.

Der Lieferwagen der immer weiter beschleunigte und genau auf den Jungen zuhielt.

Dann der Aufprall; die schlanke Gestalt, welche frontal erfasst, von den Füßen gerissen und durch die Luft geschleudert wurde.
 

Sie warteten sie nicht ab, bis der Körper wieder auf der Erde aufschlug, denn Peter zerrte seinen Neffen hinter sich her aus der Wohnungstür und nun hechteten beide Werwölfe in schnellen Sprüngen die Treppen hinunter.
 

Auf der Straße angekommen erblickten sie Stiles Körper, der regungslos, blutend und seltsam verdreht mitten auf der Fahrbahn lag.
 

Derek war außer sich vor Schmerz und Verzweiflung!

Er stürzte auf Stiles zu und breitete seinen eigenen Körper Schutz spendend über den seines Gefährten, als könnte dies irgendetwas besser machen.

Er hatte es genau sehen können, wer Stiles das angetan hatte; wer es war, der da am Steuer gesessen hatte! Eigentlich sollte er ihn nun bekämpfen, doch dann hätte er Stiles zurücklassen müssen und das war ihm beim besten Willen nicht möglich! Der Tod musste schließlich wissen, dass dieser Junge einen starken Beschützer hatte!
 

Peter warf einen Blick auf den gebrochenen Derek und da wurde ihm eines ganz klar: Auf seinen Alpha konnte er momentan nicht zählen. Er besah ihn sich, wie er über dem sterbenden Stiles kniete und etwas in ihm gefror. Ein altvertrautes Gefühl meldete sich in ihm zu Wort und Peter begrüßte es, wie einen lang vermissten Freund: Es war der Durst nach Rache!
 

Der Lieferwagen hatte zwischenzeitlich gewendet und hielt nun auf Derek und Stiles zu. Peter erkannte das selbstgefällige, siegessichere Grinsen Deucalions hinter dem Steuer.

`Zu früh gefreut, alter Junge!´, dachte Peter grimmig.

In großen Sprüngen eilte er auf das Fahrzeug zu, welches nun ein weiteres Mal beschleunigte, sprang mit einem Satz auf das Dach, hieb mit der Faust durch die Windschutzscheibe, griff ins Steuer und hechtete wieder von dem Fahrzeug herunter, noch ehe der Van einige Sekunden später in eine Straßenlaterne raste.
 

Deucalion war nicht angeschnallt gewesen und dadurch bei dem Aufprall schwer mit dem Kopf aufgeschlagen. Peter erkannte, dass dies sein Vorteil gegenüber dem uralten, körperlich überlegenen Alpha war. Er zerrte ihn aus dem Wagen und begann sofort wie ein Besessener mit den Fäusten und Klauen auf ihn einzuprügeln.
 

Deucalion brauchte eine Weile, um wieder vollkommen zu sich zu kommen und hielt schützend die Arme vor sein Gesicht. Nach einer Weile jedoch besann er sich wieder und ging zum Gegenangriff über. Er verwandelte sich und hatte nun mehr von einem Dämonen, als von einem Menschen. Die graue Fratze mit den glühend roten Augen war zum Fürchten und wirkte, als bestünde sie aus massivem Granit.

Der mächtige Alpha schüttelte den kleinen, lächerlichen Beta ab, wie ein lästiges Insekt, packte ihn am Kragen, warf ihn viele Meter durch die Luft, als sei er nichts weiter als eine Puppe und schon kurz nachdem Peters Körper hart auf dem Straßenpflaster aufgeschlagen war, war Deucalion auch schon wieder über ihm, bereit ihn in Stücke zu reißen.
 

Derek blickte hinab auf den leblosen Körper des Menschen, den er liebte und er erinnerte sich: Ein Junge im Bus an einem kalten Oktoberabend, bloß ein weiteres Gesicht in der anonymen Masse. Es hätte ihm eigentlich gar nicht weiter auffallen sollen und dennoch...!

Sein Wolf hatte sich längst entschieden, lange bevor es dem Menschen in ihm auch nur im Ansatz klar gewesen war: Dieser dürre, wehrlose, kleine Mensch war sein Gefährte!

Doch nun war ein weiteres Mal das geschehen, was immer passierte: Alles was Derek liebte starb!

Nur gab es dieses Mal einen Unterschied, denn er würde er einfach mit ihm gehen. Kein weiteres Mal würde er verlieren und dann einfach irgendwie weitermachen. Er konnte einfach nicht mehr; sein Kampf war nun endlich vorüber!

Er legte sich an Stiles Seite, küsste sacht die blutende Stirn und wartete ganz einfach darauf, dass Deucalion es zu Ende brächte.
 

Nur leider war da mit einem Mal etwas, das an ihm zog wie ein unsichtbares Band und wie er auch versuchte, es einfach zu ignorieren, es war zu stark!
 

Schwerfällig hob Derek den Kopf und da sah er, was vorging. Peter, sein einziger Beta, seine einzige Familie, wie er hilflos im Todeskampf unter dem überlegenen Deucalion lag!
 

Es war der Alpha, der sich nun seufzend erhob, um sich in die Schlacht zu stürzen und nicht der Mensch, denn der wollte liegen bleiben.

Und es war keine Sekunde zu früh, denn der Hieb, zu welchem der Gegner in diesem Moment ausholte, wäre sicher Peters Ende gewesen. Dazu kam es jedoch nicht, denn Derek riss Deucalion von seinem Onkel herunter und bekämpfte ihn, mit allem, was er hatte.

Obwohl der alte Alpha der Stärkere von beiden war, so war Derek doch der verzweifeltere und zornigere und so schlug er sich auch. Er fügte seinem Feind schwere Wunden zu, ohne selbst nennenswerte Verletzungen davon zu tragen.

Und als aus der Ferne Sirenen ertönten, weil vermutlich ein Anwohner aufgrund des Tumults auf der Straße die Polizei gerufen hatte, machte sich Deucalion einfach aus dem Staub und entging damit seinem Untergang.
 

Benommen blickte Derek sich um und erkannte, dass Peter sich mittlerweile zu Stiles hinübergeschleppt hatte. Sein Onkel winkte ihn heran und rief:

„Schnell verdammt! Du musst dem Kleinen helfen, ehe es zu spät ist. Nun komm´ schon!“
 

Derek schaute ihn verständnislos an:

„Stiles ist tot!“ murmelte er.
 

Peter gab ein Knurren von sich:

„Bist du nicht ganz dicht? Er lebt noch! Die Verletzungen mögen schwer sein, aber er lebt! Und nun mach´ schon, ehe es am Ende doch noch zu spät ist!“
 

„Er lebt?“ fragte Derek dümmlich und bewegte sich wie in Trance auf die beiden zu:
 

„Was ist denn los mit dir? Bist du hirntot? Benutz´ deine Sinne! Natürlich lebt er; gerade eben noch so, also musst du dich beeilen! Verwandele ihn und dann lass´ uns von hier verschwinden, ehe die Bullen da sind!“ grollte Peter:
 

„Was? Nein!“ rief Derek entsetzt: „Ein... ein Krankenwagen! Wir bringen ihn ins Krankenhaus! Die bringen ihn wieder in Ordnung!“

Er klang nun beinahe, wie ein kleiner Junge.
 

Peter glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu können:

„Sag´ mal träumst du, Neffe? Ein Krankenhaus? Stiles Leben hängt am seidenen Faden! Wahrscheinlich schafft er nicht einmal den Transport, aber selbst wenn...! Seine Wirbelsäule ist an mindestens zwei Stellen gebrochen! Willst du so ein Leben wirklich für unseren Jungen? Der Kleine kann keine Minute stillsitzen vor lauter Energie und du willst ihn zu einem Leben im Rollstuhl verdammen, obwohl du das Heilmittel hast?“
 

„Aber Paige...“ stammelte Derek hilflos.
 

Peter packte seinen Neffen bei den Schultern und schüttelte ihn:

„Paige war eine bedauerliche Tragödie, aber das wird Stiles nicht passieren, doch selbst wenn? Ohne deine Hilfe stirbt er sowieso! Und nun tu es, sonst schwöre ich, ich bringe dich um, werde zum Alpha und mache es selbst!“
 

Derek ging neben Stiles auf die Knie, nahm dessen Hand in seine eigene und starrte ratlos vor sich hin.
 

„Sag mal, worauf wartest du denn noch,verdammt! Auf Godot? Beiß´ ihn jetzt!“ fluchte Peter:
 

„Aber Stiles kann nicht um den Biss bitten!“ erwiderte Derek unsicher.

Sein Onkel begann sie die Haare zu raufen:

„In wenigen Minuten wird Stiles überhaupt nichts mehr tun können; nie wieder, verstehst du? Hör´doch mal auf sein Herz!“
 

Das tat Derek und nahm wahr, dass die Schläge immer langsamer und unregelmäßiger wurden.

Stiles würde sterben und dann wäre es seine Schuld!

Und endlich kam der Alpha zur Besinnung, verwandelte sich, hob die Hand des Jungen an und schlug seine Fänge in die die weiche Haut der Innenseite von Stiles Unterarm.
 

„Na, endlich!“ rief Peter erleichtert aus: „Und nun weg hier! Die Polizei kommt jeden Augenblick um die Ecke und ich will denen nicht erklären müssen, was hier passiert ist!“
 

In der Tat klangen die Sirenen mittlerweile sehr nah. Derek hob den verletzten Stiles auf und trug ihn hinüber zum Haus. Peter schleppte sich verletzt hinterher und kaum hatten sie die Haustür hinter sich geschlossen, sahen sie das Blaulicht durch die Milchglasscheiben.
 

Oben im Apartment standen noch überall die Kartons herum. Sie hatten sie zusammen auspacken und ihr kleines Schloss gemeinsam einrichten wollen, dazu chinesisches Essen und später hätten sie ihr neues Heim auf ihre Weise eingeweiht, doch nun war alles ganz anders gekommen!
 

Derek legte Stiles, welcher noch immer ohne Bewusstsein war auf sein Bett, denn in diesem Moment gab es leider nichts weiter, was er für ihn tun konnte. Diese Schlacht musste sein Geliebter ganz allein schlagen!

Er holte den Verbandskasten, um Peter zu versorgen, welcher wesentlich schwerer verletzt war, als es zunächst den Anschein gehabt hatte. Als die Wirkung des Adrenalins allmählich nachließ, brach der Beta ächzend auf dem Sofa zusammen und um ihn herum sammelte sich eine erschreckende Menge Blut. Der Oberkörper hatte am meisten abbekommen, also befreite sein Alpha ihn von seinem rot durchtränkten, zerfetzten Shirt und verschloss die Wunden so gut wie eben möglich mit Verbänden. Da dies Verletzungen durch einen Alpha waren, würde Peter nicht so schnell wie gewöhnlich heilen, doch sein Onkel war unheimlich zäh und so konnte Derek wenigstens einigermaßen sicher sein, dass er durchkommen würde.

Das würde er doch, oder?
 

Als endlich alle Wunden verbunden waren, wischte Derek das Blut auf, half Peter in saubere Kleider, stellte ihm etwas zu essen und zu trinken hin und wollte dann wissen:

„Denkst du, du kommst nun allein klar?“
 

Peter war bleich wie eine Wasserleiche, aber er behauptete dennoch:

„Sicher komme ich klar. Ein paar Stunden Schlaf, mehr braucht´s nicht. Hau schon ab und sieh´ nach deinem Jungen!“
 

„Ich mache mir doch bloß Sorgen, du Idiot!“ sagte Derek kopfschüttelnd:
 

„Selber Idiot!“ erwiderte Peter und schaffte sogar ein schwaches Grinsen: „Verzieh´ dich!“
 

Derek ließ die Schlafzimmertür zur Sicherheit offen stehen, um mitzubekommen, falls der Zustand seines Onkels sich doch verschlechtern sollte.

Er legte sich an Stiles Seite und beobachtete den Verletzten mit Argusaugen, damit ihm bloß kein Anzeichen für eine Abstoßungsreaktion entging, doch da war nichts.

Im Gegenteil! War Stiles Gesicht nicht bereits ein wenig rosiger? <

Und sein Herzschlag? Derek kam es vor, als sei dieser bereits ein wenig kräftiger, richtig?
 

Sollte es dieses Mal tatsächlich anders kommen, als in seinem gesamten bisherigen Leben?

Hatte er Stiles wirklich gerade noch rechtzeitig dem Tod entreißen können?

Er wagte es kaum zu hoffen!
 

Viele Stunden lag Derek einfach nur da und studierte das geliebte Gesicht, berührte es mit den Fingerspitzen, lauschte auf das beruhigende Schlagen des Herzens und auf den Atem, der den Brustkorb sich heben und wieder senken ließ.
 

Und dann erblickte er etwas, was ihn endgültig Zuversicht fassen ließ: Stiles Füße bewegten sich und das konnte nur eines bedeuten, nämlich dass die gebrochenen Wirbel heilten. Und das wiederum hieß, dass Stiles nun ein Wolf war. Er hatte es geschafft!
 

Derek wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte und irgendwie tat er nun beides. Er schmiegte sich vorsichtig an seinen Gefährten und war nach einer Weile sogar beruhigt genug, um einzuschlafen.
 

Als Derek viel später wieder erwachte, stand die Sonne bereits hoch am Himmel und er erschrak beinahe zu Tode, denn er lag allein im Bett. Dann jedoch hörte er Lachen und mehrere Stimmen, eine davon die von Stiles und er entspannte sich wieder ein wenig. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen und erhob sich, um nachzuschauen was vor sich ging.
 

Im Wohnzimmer auf dem Sofa saßen Stiles und Isaac vor einem Bildschirm mit Controllern in der Hand vor irgendeinem blöden Ballerspiel und amüsierten sich königlich. Hinter Isaac hockte Peter, die Beine um den Jungen geschlungen und er kraulte ihm die blonden Locken. Der Werwolf sah immer noch ziemlich erledigt, aber dennoch ziemlich zufrieden aus.
 

Als Stiles Derek kommen sah, stellte er das Spiel auf Pause und er und sein Gefährte blicken einander erwartungsvoll an:
 

„Wie geht es dir?“ fragte Derek schließlich unsicher.
 

Stiles strahlte ihn an:

„Es geht mir fantastisch! Ich lebe! Du hast mich ein weiteres Mal gerettet, mein Held!“ Und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu:

„Und nun bin ich ein Werwolf.“
 

Derek warf einen erschrockenen Blick auf Isaac, doch Stiles winkte ab:

„Er weiß Bescheid. Peter hat ihm alles gesagt.“
 

Der Alpha knurrte, doch Isaac erklärte schnell:

„Keine Sorge! Ich verrate euch nicht. Ich find´s cool!“

Er drehte sich herum und setzte sich rittlings auf den Schoß des verwundeten Peter, um ihn zu küssen.
 

Stiles, der erkannte, dass sein Geliebter immer noch nicht besonders zufrieden wirkte erhob sich und legte die Arme um Derek:

„Es ist wirklich ziemlich cool!“ bestätigte er mit einem kleinen Lächeln.
 

„Wirklich, Stiles?“ fragte Derek misstrauisch: „Ich hätte das eigentlich nicht tun dürfen, ohne dich vorher zu fragen. Das ist gegen die Regeln! Und du weißt doch noch gar nicht, wie es sein kann ein Wolf zu sein. Du hast noch keinen Vollmond erlebt. Und was ist mit Scott und deinem Dad? Wie erklären wir IHNEN das? Außerdem ist es als Werwolf doch ständig so, dass irgendeine Arschgeige versucht, dich herauszufordern, egal wie sehr du versuchst, dich aus allem herauszuhalten! Du wirst mich noch dafür hassen, dass ich dir diese Last aufgebürdet habe!“
 

Stiles schüttelte den Kopf und schimpfte liebevoll:

„Du bist ein Spinner, weißt du das? Warum willst du es mir madig machen? Außerdem hast du mir doch mein Leben gerettet! Welche Wahl hattest du denn? Und wenn ich gekonnt hätte, dann hätte ich natürlich Ja gesagt. Immerhin bedeutet es ein Längeres Leben, das du und ich gemeinsam verbringen können. Und vor den Gefahren habe ich keine Angst! Du bist da und beschützt mich. Und dank deines Bisses bin ich nun auch selbst stark! Alles ist so, wie es sein soll, Liebling!“
 

Derek wollte etwas erwidern, doch hier mischte sich Peter ein:

„Übrigens... mein Junge hier möchte auch zum Rudel gehören. Los! Beiss´ ihn, Derek!“

Dem Alpha fiel die Kinnlade herunter:

„Was? Nein! Jetzt hast du ja wohl dein letztes bisschen Verstand verloren, Peter?“



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