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Fall into the Sky

Soukoku Short Story Collection
von

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Your eyes sing despair

Seit seine Fähigkeit erwacht war, war Dazai nicht mehr derselbe. Seine Worte waren schneidender, seine Stimme hohler, sein Herz schwerer, und seine Augen leerer. Wenn er lachte, erinnerte sein Gesicht Chuuya mehr an eine Maske als an alles andere. Es war schmerzhaft mitanzusehen, aber mehr, als stillen Beistand zu leisten, konnte Chuuya nicht tun.

Mit den Jahren wuchs ihre Kontrolle über ihre Kräfte, stieg das Vertrauen der anderen in sie, sodass sie bald aktiv zum Überleben der Organisation beitrugen. Während Chuuya immer häufiger an der Front kämpfte und ganze Operationen leitete, arbeitete Dazai von jeher lieber hinter den Kulissen. Ursprünglich war Chuuya damit genauso zufrieden gewesen wie Dazai selbst; sein Freund war ein lausiger Kämpfer und hatte auf dem Schlachtfeld nichts zu suchen. Solange er ihn in Sicherheit wusste, konnte Chuuya seine Einsätze mit freiem Kopf leiten. Zumindest war das so gewesen, bis Mori Dazai zu sich rief, um ihm eine neue Aufgabe zuzuteilen.
 

Auf den Bordstein beißen, ein Tritt auf den Hinterkopf um den Kiefer zu brechen, drei Schüsse in die Brust. Das geschah mit denjenigen, die es wagten, die Hafenmafia zu verraten. Nachdem Mori die Machtverhältnisse ihrer Organisation auf den Kopf gestellt hatte, waren mehrere Dutzend Leichen in Yokohama aufgetaucht, die nach dem gleichen Muster ermordet worden waren. Der neue modus operandi der Mafia wurde schlagartig bekannt und war vermutlich das größte Vermächtnis, das Dazai nach seinem Verschwinden hinterlassen hatte.

Obwohl die meisten Bewohner Yokohamas zumindest davon gehört hatten, wussten nur die Mitglieder der Mafia, wem sie dieses grausame Verfahren zu verdanken hatten. Chuuya hätte es Mori auch zugetraut, dass er ein komplett neues Verfahren entwickelt, nachdem Dazai sie verlassen hatte, aber vermutlich war ihm das zum einen zu viel Arbeit, und zum anderen gefiel ihm das Muster selbst viel zu sehr. Das war eines der Dinge, in denen er und sein Boss sich unterschieden.
 

Insgeheim wünschte Chuuya, er hätte niemals zusehen müssen, wie Dazai diese Bestrafung das erste Mal angewandt hatte. Es war nicht der Akt der skrupellosen Gewalt, der ihn störte. Dafür hatte er bereits zu viele Jahre in der Mafia verbracht. Es waren Dazais Augen, matt und kalt und leer, als er ihren Mitgliedern – untermalt von den Schreien seines Opfers – demonstrierte, wie sie von nun an mit Verrätern zu verfahren hatten. Obwohl der bloße Anblick von Dazai als Henker ihm die Galle hochtrieb, hatte er den Blick nicht von ihm abwenden können. Für einen kurzen Moment war ihm die Frage durch den Kopf geschossen, mit wie vielen Menschen Dazai wohl experimentiert hatte, ehe er sich auf diese Methode festgelegt hatte, doch er verdrängte den Gedanken daran schnell. Stattdessen straffte er die Schultern ein wenig, damit man ihm nicht anmerkte, wie sehr ihn das Verhalten seines Freundes aus der Bahn warf.
 

Dazai war bei weitem nicht der Grausamste unter ihnen, davon war Chuuya fest überzeugt. Es war viel eher so, dass er das Leiden anderer nicht nachvollziehen konnte. Selbst wenn er derjenige war, der ihnen die Schmerzen zufügte, war es für ihn nicht so, als würden Menschen zu Schaden kommen, sondern lediglich leblose, austauschbare Marionetten.

Er hatte den Bezug dazu verloren, was einen fühlenden Menschen ausmachte, also wusste er auch nicht mehr, wie er sich als solcher verhalten sollte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  halfJack
2018-08-27T14:22:42+00:00 27.08.2018 16:22
Ist es eigentlich wirklich so, dass Dazai sich diese Methode ausgedacht hat? Ich kann es leider nicht sagen, da ich mich nicht explizit daran erinnere, ob das im Manga/Anime geklärt wurde. Sollte es im Original nicht so sein und nur deiner Überlegung entspringen, dann halte ich es dennoch für sehr wahrscheinlich. Über die Folterfähigkeiten von Dazai schrieben wir ja bereits. Eine solch brutale Vorgehensweise könnte gut möglich seine Handschrift tragen. Wohingegen ich mir Chuuyas Abneigung dagegen ebenfalls gut vorstellen kann.
Menschen sind zu grausamen Dingen fähig, aber was empfindet Dazai dabei wohl wirklich? Abscheu, Abstumpfung oder einen Funken abgedrehten Spaß, wie man später manchmal das Gefühl hat, wenn er andere mit diesem kalten Lächeln bedroht? Dass er seine Opfer nicht mehr als Menschen, sondern Marionetten betrachtet und den Bezug zu ihnen verliert, wäre eine nachvollziehbare Erklärung dafür. Ihn in der Hinsicht richtig einzuordnen und mit Interpretationen nicht zu weit zu gehen, ist nicht einfach. Darum finde ich es gut, dass du diese Fragen an den richtigen Stellen offen lässt und eine mögliche Antwort nur in Chuuyas Gedanken verwirklichst. Denn auch Chuuya kann es letztlich nicht zu hundert Prozent wissen. Vielleicht weiß es Dazai selbst nicht mehr.
Antwort von:  Schangia
01.09.2018 17:10
Dass Dazai sich die Methode ausgedacht hat, ist tatsächlich canon. Ich weiß gerade auch nicht, ob das schon in der Folge angesprochen wird, in der Ranpo näher vorgestellt wird, oder erst am Anfang der zweiten Staffel, aber selbst ausgedacht habe ich es mir nicht. Hätte ich aber vielleicht, weil wie du schon sagst, wahrscheinlich ist es auf jeden Fall.
Aber auch hier hast du ganz richtig erkannt, dass ich mich mit Interpretationen nicht zu weit aus dem Fenster lehnen wollte. Das ist generell etwas, das ich an Dazai sowohl unglaublich interessant als auch beängstigend finde - man kann sich seiner Motive nie zu hundert Prozent sicher sein, nicht einmal, wenn man in der eigenen Geschichte über ihn schreibt. Deswegen bin ich ganz dankbar, so etwas aus Chuuyas Sicht schreiben zu können, um ihn letzten Endes genauso unsicher sein zu lassen, wie ich es mir oftmals selbst bin.


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