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Die Vorboten

von

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„Hohepriester Medarin, Meister Huron ist eingetroffen.“

Noch während der Tempelwächter sprach, wurde die massive Eichentür rücksichtslos aufgestemmt und die schönen Goldornamente, den Gott Mitra zeigend, schlugen erbarmungslos gegen die Wand. Zeiren ließ die Türflügel los und machte einen Schritt zur Seite, grimmig die Arme verschränkend. Huron trat langsam ein, während seine kalte Aura und der Anblick seiner tiefschwarzen Lederpanzerung die Priester und Diener im Raum sofort verstummen ließen. Die Halle war riesig, doch mit einem Mal schien sie sich unter seiner Präsenz zusammenzuziehen. Die Anwesenden rückten näher beisammen, die Lichter im Tempel verloren ihren schimmernden Glanz und der ganze Prunk aus Gold und Platinum hörte auf zu glänzen. Medarin fröstelte es kurz, bis er allmählich seine Stimme wiederfand. Er stand von seinem ledergepolsterten Stuhl auf und ging um den Tisch herum.

„Meister Huron, wie schön, dass Ihr wohlbehalten angekommen seid.“ Ein Hauch von Bedauern oder Sarkasmus schwang in seinen Worten mit, als er sich zusätzlich zu einem ausdruckslosen Lächeln zwang.

„Nur keine falsche Freundlichkeit, Priester.“

Der Schatten ließ Medarin mit seiner Begrüßung alleine stehen und hatte sich, mit den Händen auf dem Rücken verschränkt, gemächlich einen Weg zu dem marmornen Schreibtisch gebahnt, auf dem allerlei Dokumente verstreut lagen. Eines davon nahm er in die Hand um es zu mustern.

„Wie ich hörte, Medarin, wurden in den vergangenen Tagen einige Dörfer unter Eurem Schutz überbefallen?“

Die Anschuldigung stand im Raum wie eine schwere Rauchwolke. Der Priester kniff die Augen zusammen und setzte eine äußerst missmutige Miene auf. Der Schattenmeister drehte sich nicht einmal um.

„Hab ich einen Dolch im Rücken, Priester, oder wieso starrt Ihr mich so an.“

Huron konnte hören, wie Medarin der Atem stockte und labte sich genüsslich an dem Erstaunen und der Angst, die mittlerweile den Raum ausfüllte. So war es gut. Sie alle würden bald vor ihm erzittern, wenn er diesen lästigen Hohepriester erst einmal aus dem Amt geräumt hatte. Huron schmunzelte als hinter ihm Medarins Stimme ertönte:

„Raus, ihr alle!“

Eilig strömten die Diener aus der Tempelhalle hinaus, nur Zeiren zeigte sich davon wenig beeindruckt und wartete auf Hurons Befehle. Der Schatten nickte seinem Herold zu, den Raum zu verlassen.

Einen Moment später fiel die schwerfällige, stabile Holztür mit einem lauten Krachen zu und eine eisige Ruhe kehrte ein. Huron legte das Pergament beiseite und verschränkte die Arme vor der Brust während er sich auf dem Stuhl hinter dem Schreibtisch niederließ. Dann sah er den Priester mit einem kalten Schmunzeln an.

„Huron!“, schrie Medarin völlig außer sich, „was glaubt Ihr was Ihr seid? Hier so aufgeblasen einzudringen und sich so in einem Tempel zu verhalten, der dazu auch noch Mitra geweiht ist!“ Wütend stürmte er zum Schreibtisch und beugte sich zu dem Schatten, seine Hände schlugen auf den Tisch, dass die Blätter nur so davonflogen. „Ihr seid ein Niemand und ich werde dafür sorgen, dass Ihr auch ein Niemand bleibt! Glaubt ja nicht Ihr könnt mich täuschen oder einschüchtern, wie alle anderen hier. Ich werde diese Spielchen nicht dulden!“

Huron hatte nicht einmal geblinzelt, lediglich, seine Mundwinkel zuckten und ließen sein seichtes Grinsen kurzzeitig wie eine dämonische Grimasse wirken. Langsam stand der Schatten auf, stemmte seine Hände ebenfalls auf den Tisch und fixierte Medarins Augen mit seinem eiskalten Blick. Hurons Stimme war der kalte Hauch einer unausgesprochenen Drohung.

„Wo sind Eure Manieren geblieben, Medarin?“

Eine funkengeladene Stille schob sich dazwischen, doch Medarin gab nicht nach. Seine Augen glänzten vor Wut.

„Wenigstens ist mir noch eine Seele und ein Herz für mein Volk geblieben!“

„Wollt Ihr damit sagen, ich hätte keines von beidem mehr?“ Ein kühles, wissendes Schmunzeln stahl sich auf die Lippen des Schattenmeisters.

„Ihr seid ein intrigantes Monstrum Huron und wenn sich die Gelegenheit bietet werde ich Euch ausradieren!“

Wieder stemmten sie ihre Blicke gegeneinander. Doch diesmal war es Huron, der mit einer unausgesprochen großen Beherrschung in der Stimme das Wort ergriff:

„Wenn Ihr die Überfälle in Kopshef nicht in den Griff bekommt, sehe ich mich gezwungen, mein Misstrauen Euch gegenüber im Rat zu äußern.“

„Deswegen seid Ihr hergekommen? Um mir das zu sagen?“

„Ich bin bestimmt nicht hier, weil Ich euch so sehr bewundere. Und Zeit für Euer Geschrei habe ich auch nicht, Priester.“

Medarin schwieg darauf, kochend vor Zorn.

Ohne den Priester eines Blickes zu würdigen, wandte Huron sich ab. Bedächtig setzte er seine Schritte durch den Raum, als Zeiren wie auf Kommando die Tür für ihn öffnete. Zufrieden vernahm der Schatten, wie Medarin auf den Tisch schlug.

„Ihr seid wie ein widerliches, wucherndes Geschwür, Huron.“

Huron passierte bereits die Tür, als er kurz stehen blieb und belustigt die Augen schloss.

„Hütet eure Zunge Medarin Isakroth, sonst könntet ihr mit einem solchen Geschwür am Hals aufwachen.“

Mit einem lauten, endgültigen Knall fiel die Tür zu.
 

Die gesamte Dienerschaft vor der Tür huschte erschrocken und wild durcheinander zur Seite, als die beiden ungeliebten Gäste die Tempelhalle verließen. Einzelne von ihnen verbeugten sich demütig, andere waren scheinbar froh, sich in eine dunkle Ecke gedrängt zu haben. Ein kleines Chaos verzweifelter Angst.

Der Schatten lief grimmig neben Zeiren her, während seine finstere Miene noch dunkler wurde. Dieser Medarin hatte sich eindeutig übernommen, noch einmal würde er sich das nicht gefallen lassen. Aber es würde nicht mehr lange dauern, bald war seine Zeit gekommen.

„Die Angriffe auf Kopshef verstärken?“, fragte der Herold ohne die Augen von den prunkvollen Palastgängen zu nehmen. Dieser Tempel war eine beeindruckende Mischung aus Sandstein und Marmor, gespickt mit Statuen und Gemälden, die Mitra zeigten. Wie er die Menschen segnet, wie er Kranke heilt. Alle paar Schritte konnte man neue Wundertaten des Gottes bestaunen.

Huron nickte nur schlecht gelaunt. „Wie spät ist es?“

„Die Sonne ist vor einer halben Stunde untergegangen.“

Der Schattenmeister warf nun selbst seinen Blick aus einem der Fenster, während sie fast am Ausgang angekommen waren. „Gut, dann gehen wir ein Kätzchen einfangen.“

Schweigend traten die beiden in die wohlige Dunkelheit Khemis und ließen den Tempel samt Priester hinter sich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  RhapsodosGenesis
2013-12-20T14:15:53+00:00 20.12.2013 15:15
Wow! Das Kapitel ist wirklich toll gelungen! Ich finde nicht nur Hurons Ausdrucksweise fantastisch, sondern die gesamte! Die Wortwahl gefaellt mir ganz besonders und zusammen mit diesen tollen Satzkonstellationen ergeben sich wundervolle Saetze, die sowohl bequem als auch spannend zu lesen sind und noch dazu inhaltlich toll sind!

Ich muss zugeben, dass Huron auf eine seltsame Weise meine Anerkennung gewonnen hat! Ich mag seine arrogante Gleichgueltigkeit, aber auch seine Metaphern und Wortwitze. Er kommt zwar ziemlich boese rueber, aber darueber kann ich noch kein Urteil faellen.
Ich mag auch die Art, wie er mit Zeiron umgeht.

Ich finde die Story bisher gut geschildert und interessant!
Antwort von:  Seregil
20.12.2013 15:18
Vielen Dank für all die lieben Kommentare von dir,
es freut mich wirklich sehr! Ich gebe mir große Mühe dem weiterhin gerecht zu werden!


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