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Die Vorboten

von

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Nachdem Latui die Wachen an der westlichen Hausseite mit einem Stein, welchen sie ins daneben liegende Fenster schmiss, abgelenkt hatte, war sie mit einem langen Satz auf das flache Dach des Häuschens gesprungen. Die Diebin kannte diese Häuser wie ihre Hosentasche, daher musste sie unter dem angewehten Wüstensand nicht lange nach einem Einstieg suchen.

Die Falltür war mit einer kleineren Version jener fortschrittlichen Schlösser ausgestattet, die man für besonders wichtige Kammern oder Räume benutzte. Latui kniete sich neben das Konstrukt und begutachtete es von allen Seiten. Sechs in der Mitte geteilte Stifte, sehr kleine Öffnung, geringer Spannansatz. Ein grandioses Teil. Völlig begeistert kramte sie aufgeregt wie ein kleines Mädchen in ihrem Beutel herum und zog mehrere, L-förmig gepresste, hauchdünne Metallstäbchen heraus. Wenn man das kleine Köpfchen am oberen Schlossende einhakte, konnte man den ganzen Schließmechanismus unter Spannung setzten, was dazu führte, dass die Stifte im Inneren festgeklemmt wurden. Sie konnten dann weder nach oben, noch nach unten rutschen. Latui musste an diesem Punkt nur noch herausfinden, ob sie bei ihrer gewählten Spannrichtung vom ersten oder letzten Stift aus anfangen musste, die Stifte zu ‚setzten‘.

Ein Schlüssel bewirkte nichts anderes. Seine zackige Form diente dazu, jeden Stift individuell in eine Höhe zu drücken, sodass die in der Mitte geteilten Stifte an ihrer Schnittstelle eine Linie ergaben und das Schloss sich mit dem oberen Teil der Stifte drehen konnte. Ganz einfach.

In Gedanken schmunzelnd probierte die Diebin geduldig jeden Spanner in dem oberen, schmalen Schlitz des Schlosses aus, vorsichtig drehte sie etwas nach links und rechts um zu testen in welche Richtung sie es am besten unter Spannung bringen konnte. Die Katze entschied sich, es rechts herum zu versuchen, mit der mittleren Version ihrer Spannersammlung.

Behutsam steckte sie die übrigen Werkzeuge in den Beutel zurück, um aus einem anderen Beutel einen der Dietriche zu fischen.

Latui wählte den 'Schneemann'. Sie hatte ihn aus Cimmerien liefern lassen und man hatte ihr erzählt, der Kopf sehe nun einmal wie ein Schneemann aus. Die Diebin war sich nicht sicher je etwas von dicken runden Männern im Schnee gehört zu haben, bis der cimmerische Händler ihr freundlicherweise erklärt hatte, dass Kinder mit Schnee einen Kugelmann bauten. Und der sah eben aus wie ihr bestellter Dietrich. Ein „Aha“ war das einzige gewesen was ihr dazu eingefallen war. Vielleicht sollte sie wirklich mal nach Cimmerien in den hohen Norden reisen.

So in Erinnerungen hatte sie den Schneemann bereits in das Schloss gleiten lassen. Die Stifte waren oben flach, was den ganzen Vorgang ziemlich erleichtern würde. Nun hieß es Konzentration. Gefühlvoll drückte Latui den Spanner nach rechts und spürte gleichzeitig durch den Dietrich, wie das Schloss unter Spannung geriet. Sanft drückte die Katze den ersten Stift nach unten, bis er keinen Widerstand mehr leistete. Mit einem zärtlichen, kaum fühlbaren Klicken teilte er mit, dass er nun eingerastet war. Genauso ging es mit dem zweiten und dritten weiter. Unter ihren Finger am Spanner spürte Latui, dass die Mechanik gleich nachgeben würde. Dieses wahnsinnige, vollendete Gefühl der Vorfreude packte sie und die Diebin drückte etwas weiter nach rechts. Dann führte sie den Dietrich zum letzten Stift.

Klack. Mit einem ruckartigen Schlag gab das Schloss nach.

Es war vollbracht. Zufrieden wischte die Diebin sich über die schweißgebadete Stirn, doch dieses Gefühl war immer wieder großartig. Egal wie viele Schlösser sie schon geknackt hatte, jedes Mal war die Freude überwältigend. Der Triumph des Menschen über die Technik, ihr vorläufiger Triumph über Blauschweif. Leichtfüßig schwang sie sich durch die Falltür ins Innere und fand sich auf einem verwahrlosten Dachboden wieder. Wie erwartet, war dieser unbewacht.

Ihre Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit, doch erst als sie alles sorgfältig gemustert hatte, setzte sie ihre Schritte langsam vorwärts.

Überall standen Holzkisten herum, gefüllt mit Büchern, alten Gewändern und Steinfigürchen. Zwischen den Kisten erkannte sie sogar ein altes Schachbrett, daneben einen ausgestopften dicken Otter, der wohl mal eine Schrankwand geziert hat. Kein Wunder das man ihn auf den Dachboden verbannt hatte, dachte sie sich leicht grinsend.

Ihre Schuhe hinterließen Abdrücke auf dem staubigen Steinboden, denen sie mit ihren Blicken bedächtig bis zur Dachluke folgte. Ob sie sie verwischen sollte?

Kurz überlegte die Diebin, dann entschied sie, dass es sowieso nichts bringen würde. Falls überhaupt irgendwer noch einmal hier hoch kam, wäre es bedeutungslos, ob nun Spuren da waren oder nicht. Jeder hätte einbrechen können.

In einer Ecke entdeckte Latui eine Kiste, voll mit Pergamentblättern, die wild herausragten, wie Wasserpflanzen aus einem See. Ein skuriles Bild.

Noch während sie auf den vermeitlichen Schatz zuschlenderte, tobten Gedanken in ihrem Kopf. Ob Taniz die Papiere wohl hier versteckte? Sie als unwichtig tarnte? Niemand würde hier suchen. Vielleicht war es ganz einfach und sie war gleich am Ziel angekommen.

Behutsam kniete die Katze sich vor die Kiste und zog wahllos ein Pergament heraus. Es war zu dunkel um die schwarze Tinte lesen zu können. Doch gerade als sie aufgeben wollte gegen die Dunkelheit zu kämpfen, erinnerte sie sich, vorhin eine alte Gaslampe entdeckt zu haben, irgendwo zwischen dem fetten Otter und einem Beistelltisch.

Und tatsächlich, nach ein wenig Sucherei fand sie eine alte, intakte Gaslampe. Als die Katze sie anmachte, war das Leuchten zwar schwach, aber hell genug, dass sie etwas erkennen könnte. Erneut bahnte sie sich ihren Weg zur Kiste und sackte davor in den Schneidersitz, die Lampe stellte sie auf dem Boden vor sich ab. Dann ergriff sie erneut ein Pergament.

„Herzlichste Glückwünsche an die Wesirin“, las sie im Flüsterton.

Hoffentlich war nicht alles voller sinnloser Grußkarten. Latui steckte ihre behandschuhte Hand in das Meer aus Papieren und zog eines von weiter unten hervor, um es vor die Lampe zu halten.

„Liebe Taniz. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.“

Die Diebin kniff die Augen zusammen. Es war eine sehr ungeübte Schrift und daher schwer zu lesen. Sie versuchte es noch einmal und langsam hatte sie den Dreh raus.
 

Liebe Taniz,
 

ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Lange diene ich dir nun und du bist mir eine treue Freundin geworden, neben einer guten Herrin. Anfangs ließ ich dich gewähren, was auch immer du wolltest, du konntest es tun. Doch dann wurdest du Wesirin einer Stadt, die wundervoll ist. Ebenso wundervoll wie du.
 

Latui hielt inne, denn die Tinte war an dieser Stelle zu sehr verblasst. Erst am Ende der Seite konnte sie weiterlesen.
 

Diese Leidenschaft, dieses Feuer. Ich kann nicht widerstehen, dir meine tiefste Zuneigung zu gestehen. Keine Frau ist wie du. Ich weiß wir werden niemals beisammen sein können. Aber ich möchte nicht irgendwann im Grabe liegen, ohne dass du es weißt.
 

In Liebe,
 

P.
 

P wie Pevius? Latui kombinierte die Fakten zu einem großen Ganzen. Zu einem Plan.

Das war zu schön um wahr zu sein, dass sie diesen Brief gefunden hatte. Wenn Blauschweif die Wesirin dermaßen verehrte, würde es ein Leichtes sein ihn zu erpressen. Die Diebin hatte zwar nur leere Drohungen dabei, aber wenn er sich um Taniz sorgte, würde er die Pläne bestimmt herausrücken, ganz sicher.

Gerade als Latui aufstehen wollte, ertönte ein lautes Poltern genau unter ihr. Es klang als hätte jemand einen Schrank umgeworfen, oder etwas vergleichbar Großes, das auf dem Boden zerschellte. Stimmen wurden laut.

„Ey!“, schrie jemand energisch.

Dann eine andere Stimme.

„Alarm..ahlhagh!“

Was war da unten bloß los? Sie konnten die Diebin unmöglich entdeckt haben, etwas anderes musste dort vor sich gehen. Flink löschte sie die Gaslampe und wagte sich zur Dachbodenluke, die durch eine ausfahrbare Leiter in den zweiten Stock führte. Vorsichtig zog sie die Falltür einen Spalt breit nach oben und riskierte einen Blick auf den Fußboden unter ihr.
 

Latui sah direkt in weit aufgerissene tote Soldatenaugen. Von einem unheimlichen Schaudern begleitet fiel ihr sofort auf, dass der Tote unnatürlich steif auf dem Holzboden lag. Seit dem lauten Aufschrei waren nur wenige Augenblicke vergangen und es war unmöglich, dass er sich jetzt schon in diesem Stadium der Totenstarre befand. Die Katze erinnerte sich schleierhaft an ein Buch über Dämonologen und Nekromanten, das sie vor kurzem gelesen hatte. Noch bevor die Bilder in ihrem Kopf ankamen, drängte sie diese gewaltsam ins Reich der Mythen und Mysterien zurück. Hysterie oder Panik war das Letzte was sie gebrauchen konnte.

Lautlos schloss sie die Falltür wieder und fasste sich mit einer Hand konzentriert an die Stirn. Die Diebin ging die Fakten kurz durch:

Ein Mörder tötete offenbar ohne Schwierigkeiten Taniz Leibgarde und war im Nu wie vom Erdboden verschluckt. Auch jetzt hörte sie rein gar nichts, außer ihren eigenen leisen Atem.

Der Eindringling hatte Latui keinesfalls entdeckt, sonst wäre er längst hier oben aufgetaucht um ihrem Zeugendasein ein Ende zu bereiten. Und was sollte sie jetzt tun?

Hin und her gerissen zwischen ihrer Pflicht die Pläne zu besorgen und der Vermutung, dass der Unbekannte sie bereits hatte, wippte sie auf Knien hin und her. Dann sah sie wieder den starren, leblosen Soldaten vor sich, mit den panisch verzogenen Augen, als hätte ihm jemand qualvoll seine Seele aus dem Körper gezogen. Falls so etwas möglich war.

In diesem Moment wünschte die Katze sich in den hohen Norden, wo sie mit kleinen cimmerischen Kindern einen Schneemann bauen konnte, was auch immer so ein Kugelmann nun war.

Keine Zeit jetzt melodramatisch zu werden, hörte sie sich in Gedanken selbst spotten.

Ihre innere, ketzerische Stimme hatte Recht. Außerdem hatte sie ja noch mindestens fünf Katzenleben übrig, um dem Tod von der Schippe zu springen. Diese unsinnige Vorstellung hatte sie schon immer belustigt und ihr ein breites, verschmitztes Grinsen ins Gesicht gemalt. Jetzt aber wirkte dieser Eindruck sich in aufkeimender Entschlossenheit aus. Latui würde diese gottverdammten Pläne besorgen, egal wie.

Doch bevor sie sich eine geeignete Taktik ausmalen konnte, traf ein stechender Geruch ihre Sinne. Überrascht stülpte sie ihre Maske unter die Nase. Es roch intensiv nach sehr teurem Holz, das musste Ebonesche sein. Aber auch etwas verkohlt. War das etwa Rauch?

Das Stück Stoff glitt langsam in seine ursprüngliche Position bis unter die Augen zurück, während die Katze erneut die Tür im Boden aufschob. Ein Schwall von heißer Luft, gemischt mit Asche und einer dichten Rauchwolke, schlug Latui förmlich ins Gesicht. Sofort ließ sie die Tür los und fiel nach hinten gegen die Pergamentkiste. Ihre maßgeschneiderte enge Kleidung aus dunkelblauer fester Seide war plötzlich schwarz vor Ruß. Es dauerte einen Augenblick bis sie realisierte, was das bedeutete. Taniz Haus brannte. Dann ging alles ganz schnell.

Elegant schwang sich die Katze mit einem Satz auf die Beine und sprintete zu der Luke, durch die sie eingestiegen war. Der Holzboden unter ihren Füßen begann Feuer zu fangen. Wie ein Panther sprang sie die alten, gestapelten Kisten hinauf um an die Dachkannte heranzukommen. Mit einem Ruck rettete sie sich ins Freie.

Doch Zeit zum Verschnaufen blieb der Diebin nicht:

Um sie herum bildete sich bereits eine dichte Wand aus Asche, unablässig strömte Rauch aus den kleinen Fenstern und stieg empor, sodass ihr Atmen auf dem Dach schwer viel. In gebückter Haltung und hustend hastete sie zum Rand des Hauses, um sich auf eines der naheliegenden Dächer zu retten. Die Katze konnte den Abstand zwischen den Häusern nur erahnen, denn sehen konnte sie nichts. Nichts außer dichtem Nebel.

Der Sprung missglückte. Latuis Körper schlug stattdessen unsanft gegen eine der Mauern und schlitterte an dieser hinunter, bis die Diebin mit einem dumpfen Aufprall auf dem harten Sand gebremst wurde. Ihr teurer Umhang hatte sich im Fall um sie gewickelt und sie vor den meisten Schürfwunden bewahrt, doch die Schwerkraft, mit der sie am Boden in den Sand gedrückt wurde, quetschte der Diebin allen Sauerstoff aus den Lungen. Sich krümmend japste sie nach raucherfüllter Luft.

Mit aller Willenskraft drehte Latui sich auf den Bauch und kroch auf dem sandigen Innenhof vorwärts. Bloß weg von hier.

Nach einer Ewigkeit, so kam es ihr vor, erreichte sie eine kleine schattige Gasse zwischen zwei Häusern, in welcher ihr Hustenanfall schließlich ein Ende fand. Dankbar für ihr Leben und etwas Sauerstoff lehnte sie sich mit dem Rücken an die Hauswand. Latui fühlte sich wie ausgekotzt.

Die salzige Meeresluft, die von den Akhet-Docks zu ihr herüber wehte, rüttelte an den Sinnen der Diebin und machte sie wieder empfänglich für Ihre Umwelt. Schwer atmend sah sie sich um.

Direkt vor ihr war der Eingang zum „Besoffenen Seemann“, der ihr seit der letzten Schlägerei vor einigen Wochen stets im Gedächtnis geblieben war. Im Gegensatz zum „Schlangenkopf“ ein schummriger Schuppen, voll mit Pennern und wie der Name schon sagte, betrunkenen Matrosen sowie Piraten. Wenn sie ihre Wertsachen behalten wollte, sollte sie besser verschwinden.

Latui schleppte sich mit Mühe durch die staubigen Sträßchen des Hafenviertels, bis sie an einem kleinen, steinernen Brunnen angekommen war. Aus unzähligen Schlangenköpfen, dem Symbol des stygischen Gottes Set, flossen feine Rinnsale sauberen Wassers. Die Katze zog die Maske herunter und spritzte sich das kühle Nass ins verschwitzte Gesicht. Diese Brunnen waren gottseidank in der ganzen Stadt anzutreffen, doch wofür sie genau da waren, wollte Latui gar nicht wissen. Denn irgendwann hatte sie mal Blutflecken daran entdeckt, gemischt mit bitterem, giftgrünen Schlangengift und einer fremdartigen Flüssigkeit. Nach diesem Fund hatte sie ihre Nachforschungen eingestellt.

Doch wieder war der Diebin keine lange Pause vergönnt. Aus dem Augenwinkel entdeckte sie gerade noch eine verhüllte Gestalt, gebückt in Richtung der Marktstraße in den Schatten verschwinden. Das musste der Mörder sein. Vielleicht war es blöd einer solchen, aus der Luft gegriffenen Vermutung nachzugehen, aber die Katze vertraute ihrer Intuition. Sie wusste einfach, dass sie Recht hatte.

Gebeutelt zog sie sich an dem Brunnen hoch. Ihr ganzer Brustkorb schmerzte höllisch als sie halbherzig in einen Laufschritt verfiel. Es gab keine andere Möglichkeit mehr, als diesen Kerl zu finden. Um nicht den Anschein zu erwecken, sie habe das Haus angezündet, rannte sie durch leere Seitengassen, von wo sie immer wieder die große Handelsstraße sehen konnte. Eine riesige Menschenmasse drängt in Richtung der Rauchwolke die Taniz Haus umgab, hier und da ertönten schrille Schreie. Der bloße Wille schleppte Latui vorwärts, ihre Beine hatten längst aufgegeben. Doch die Diebin wurde belohnt:

Auf der Kreuzung zum Schlangenkopf, der Schenke für die bessere Bevölkerungsschicht, bog die Gestalt unauffällig in Richtung einer kleinen Strandzunge ein. Latui verharrte hinter einer Sandsteinmauer und versuchte krampfhaft ihre Atmung zu beruhigen. Vorsichtig spähte sie aus ihrem Versteck hervor.

Der vermeintliche Mörder traf sich mit einem vernarbten, alten Mann in Seemanskluft, der für sein Alter ziemlich grazil aus einem Anlegeboot hüpfte. Weit draußen auf dem Meer erkannte die Diebin ein Segelschiff. Es musste rießig sein, wenn es von hier aus noch zu sehen war. Sie wusste beim besten Willen nicht, was sie davon halten sollte.

„Ahh Meister Lekhtor. Endlich. Ich warte schon den ganzen Tag hier, ziemlich langweilig. Gab es etwa Probleme?“ Der Alte ging auf den vermummten Mann zu und streckte seine zerfurchte Hand aus.

Wortlos legte die dunkle Gestalt ein Pergament hinein. Der Alte lachte zufrieden.

„Sehr gut, dann können wir nach kleiner Verspätung mit der Suche beginnen! Ich dachte schon der Wesir lässt mir meinen Kopf von den Schultern schlagen!“

Als der Seemann lachte, hörte Latui eindeutig Erleichterung heraus. Was aber viel wichtiger war:

Es gab gar keinen Wesir, nur Taniz. Von wem sprachen die beiden also?Wie auf Kommando wurde ihre stumme Frage von dem vermeintlichen Mörder beantwortet.

„Noch ist er kein Wesir. Aber je schneller ihr mit der Suche beginnt, Kapitän, desto schneller wird er es sein. Und Ihr dürft euren Kopf behalten.“ Seine Stimme klang rau und irgendwie dreckig. Der Seemann verstummte.

„Gut, ich sehe schon, Ihr habt keinen Sinn für Alte-Männer-Humor. Morgen werden wir in den Marschen eintreffen und mit der Suche beginnen.“

Während Lekhtor sich wortlos abwandte und somit das Gespräch beendete, schob der Alte das Beiboot kräftig von der Sandzunge zurück ins Wasser, so weit, dass er selbst bis zur Hüfte eintauchte. Dann schwang er sich samt Pergament hinein und begann langsam in Richtung des großen Schiffes am Horizont zu rudern.

Latui konnte es nicht glauben. In den Händen des Seemanns war ihr Grabungsplan, genau der, welchen sie aus Taniz Haus hatte stehlen wollen. Und dieser alte Mistkerl war drauf und dran damit abzuhauen.

Die Katze sackte in sich zusammen, völlig fertig. In ihrem Zustand konnte sie nicht einmal den Stock eines krüppeligen Bettlers am Straßenrand stehlen, geschweige denn, die Karte zurückholen. Mit einem Mal fühlte sie sich völlig hilflos. Sie hatte versagt.

Es war schon spät, die Sonne ging langsam unter und tauchte Himmel und Meer in wunderschöne warme Farben. Das kleine Bötchen glitt seelenruhig übers Wasser, bis es bald nicht mehr zu sehen war. Das tiefglühende Abendrot der Sonne versank langsam im Meer und mit ihr alle Hoffnungen einer verzweifelten Diebin.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  RhapsodosGenesis
2013-12-19T22:07:34+00:00 19.12.2013 23:07
Das ganze Kapitel ist sehr spannend! Man ist einfach immer total nervoes, weil man die Gedanken der Diebin so gut nachvollziehen kann und nie weiss, was als naechstes geschehen wird!
Und dass dann am Ende wirklich etwas geschieht, macht es nicht besser! Die ganze Verfolgungsjagd war Panik pur und die Geschichte an sich spricht mich ebenso sehr an!
Dass sie die Dokumente so knapp nicht erhalten hat, ist sehr gemein und ich hoffe, dass sie es schaffen wird, ihr Ziel doch noch zu erreichen!
Also insgesamt ein tolles Kapitel und ich freue mich schon auf den weiteren Verlauf! :)


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