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Mit allen Sinnen

House/Cameron
von

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Riechen

Skeptisch zogen sich House‘ Augenbrauen zusammen und ließen sein markantes Gesicht noch grimmiger als sonst erscheinen. Er sah aus, als würde er angestrengt nachdenken, was im Grunde genommen nichts Außergewöhnliches war – Gregory House dachte immer über irgendetwas nach. Doch diesmal schien ihn etwas – man sehe und staune! – zu irritieren. Es verließ jedoch kein Wort seine Lippen, als er sich abwandte und das Diagnostik-Zimmer verließ, um zu seinem Büro zu gelangen. Drei Personen, die Zeugen dieses seltsamen Spektakels (ganz ehrlich, wann verzichtete House darauf, einen Kommentar abzulassen, wenn ihm etwas nicht passte? Eben, gar nicht!) waren, warfen sich fragende Blicke zu.

„Was war das denn?“ Chase war der erste, der sich fasste und die offensichtliche Frage stellte, die unbeantwortet im Raum schweben blieb. Sein Blick glitt zu Cameron, die noch immer in House‘ Richtung stierte. Sie schien diesen merkwürdigen Morgengruß – das war das erste gewesen, das House nach dem Betreten des Raumes getan hatte; das Gesicht verziehen! – einfach hinzunehmen, im Gegensatz zu Chase und Foreman, die House aus dem Rhythmus gebracht hatte. Der dunkelhäutige Arzt seufzte resigniert und kam anscheinend zu dem Schluss, dass man, egal wie lange man für House arbeitete, immer wieder mit solchen Überraschungen rechnen musste. Ihr Vorgesetzter war nun mal völlig unberechenbar. Während er sich schulterzuckend wieder seinen Unterlagen widmete und die neuen Patientenakten durchging, beobachtete Chase immer noch seine Kollegin. Wenn er sich nicht ganz täuschte, dann wirkte sie beinahe schon… zufrieden. Darauf konnte sich der Australier überhaupt keinen Reim machen und es verwirrte ihn nur noch mehr. Unzufrieden verschränkte er die Arme vor der Brust und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Irgendetwas stimmte nicht, er wusste nur noch nicht was. Fest stand, dass er es herausfinden musste!

Zu diesem Zeitpunkt wusste Chase nur noch nicht, dass dieser Wunsch utopisch war und die Dinge, von denen er nicht wissen sollte, sich sehr gut zu verstecken wussten. Hinter verriegelten Türen.
 


 

•••
 

Sie hatte es ihm bewiesen. Natürlich würde er es wieder abstreiten, aber Cameron hatte es auch sich bewiesen. Auf banale Art und Weise, aber Triumph war Triumph. In seinem stetigen, sich nicht ändernden Mantra hatte House mal wieder behauptet, dass Veränderungen schlecht waren und keinem Menschen etwas brachten. Cameron hatte ihm wie gewohnt widersprochen, mit der zusätzlichen Aussage, dass nicht alles im Leben von Nutzen sein musste.

„Lassen Sie mich raten, Cameron. Sie denken nicht zufällig an Sex?“, hatte House patzig und energisch erwidert, sichtlich genervt vom Verlauf der Diskussion. Cameron hatte nur mit den Augen gerollt und den Kopf geschüttelt.

„Nein, habe ich nicht. Aber das wäre ein Beispiel dafür“, war ihre ausweichende Antwort gewesen, auf die House nur schief gegrinst hatte.

„Ich schlafe nicht mit Prostituierten, weil es mir Spaß macht.“ Ohne Cameron eine Chance zu geben, etwas auf diese bittere Aussage zu erwidern, war House davon gehumpelt.
 

Diese kleine Auseinandersetzung war nun eine Woche her und Cameron hatte einen Weg gefunden, um House zu zeigen, dass sie dieses Mal recht behalten sollte. Sie musste ihn nur noch irgendwie dazu bringen, es sich einzugestehen. Sie rechnete nicht damit, dass House ihr offen zustimmen würde, aber noch war Cameron seine Reaktion von heute Morgen nicht genug. Irgendwie hatte sie jedoch das Gefühl, dass House es bald nicht mehr aushalten würde zu schweigen. Irgendwann würde das Eis brechen, es war nur eine Frage der Zeit. Zum Glück war Geduld eine Tugend, mit der Cameron gesegnet worden war.
 

•••
 

„Was ist mit House los?“

Verwundert blickte Cameron von ihrem Salat auf und sah gerade noch, wie sich Chase auf den Platz ihr gegenüber niederließ.

„Was meinst du?“, fragte sie und konnte die Sorge nicht aus ihrer Stimme verbannen. Dass Cameron die Frage ihres Arbeitskollegen völlig missinterpretierte, ließ den blonden Mann unsicher auf die Tischplatte schauen. Er wusste, das Cameron sich für ihren Chef interessierte, aber es immer wieder aus nächster Nähe mitzubekommen, ärgerte den Arzt mehr, als er zugeben wollte. Seine eifersüchtigen Gedanken beiseite schiebend, blickte er wieder auf und zuckte mit den Schultern.

„Heute Morgen, als House ohne ein Wort zu sagen davon gerauscht ist, sahst du nicht sehr überrascht aus.“

Camerons Lippen zuckten und ihre Augen fixierten schnell einen Punkt auf ihrem Teller, an den sie sich klammern konnte. Verdammt, seit wann hatte Chase eine so gute Beobachtungsgabe entwickelt? Darauf, dass es nicht unbedingt daran lag, sondern daran, dass Chase sie ständig anstarrte, kam Cameron im Augenblick nicht einmal. Wie denn? Ihre Gedanken kreisten wieder um House und um die amüsante Situation – ja, für Cameron war sie durchaus amüsant – von vor ein paar Stunden.

„Ich glaube, er hat eine Veränderung bemerkt“, war Camerons verschleierte Antwort, ehe sie sich mit einem wissenden Lächeln erhob und ihr Tablett wegbrachte.

Einmal mehr musste sich Chase mit reiner Verwirrung zufrieden geben. Sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen schien beinahe unmöglich, denn wenn Cameron kein Wort darüber verlor, dann würde es House erst recht nicht tun. Chase hatte keine andere Wahl, als sich geschlagen zu geben. Gegen manche Dinge konnte man nicht gewinnen und Steine, die einmal ins Rollen gebracht wurden, waren nicht mehr aufzuhalten. Und wenn man nicht aufpasste, dann überrollten sie einen.

Chase, so feige es auch war, hatte nicht vor sich ihnen in den Weg zu stellen.
 


 

•••
 

Es war bereits kurz vor Mitternacht, als Cameron ihr Schließfach abschloss und erschrocken zusammenzuckte, als sie plötzlich jemanden neben sich stehen sah. Es dauerte keine zwei Sekunden, bis Cameron die bekannten Konturen der richtigen Person zugeordnet hatte.

„House!“, rief sie vorwurfsvoll. „Wieso lauern Sie mir hier auf?“ Im Hinterkopf flüsterte Cameron eine kleine Stimme zu, dass er sich rein gar nichts aus ihren aufgebrachten Worten machen würde. Wenigstens hatte sie nach dem Schreck ein wenig Dampf ablassen können, auch wenn ihr Herz immer noch schneller klopfte als sonst. Streng taxierte ihr Blick sein ernstes Gesicht. Die Sekunden verstrichen und House stand einfach nur da, versuchte Cameron anscheinend einmal mehr mit seinen blauen Augen zu durchleuchten. Cameron wurde unsicher und öffnete den Mund, ihre Lippen formulierten eine stumme Frage. Erst jetzt entspannten sich House‘ Gesichtsmuskeln und er humpelte einmal um Cameron herum, übertrieben schnüffelnd.

„Ich wusste es doch.“

„Was wussten Sie?“, konterte Cameron ohne zu zögern und gab sich der Vorstellung hin, dass sie nun endlich ihren wirklichen Gewinn einkassieren würde. Doch statt zu antworten, machte House einen fast schon bedrohlichen Schritt auf sie zu. Cameron widerstand dem Impuls zurückzuweichen. Sie musste sich daran erinnern, dass sie das hier ja eigentlich wollte. Bei House wusste man nur leider nie so wirklich, wie sein nächster Schritt aussehen würde. Cameron hatte keine Probleme mit seiner Nähe, im Gegenteil, sie wollte sie sogar, aber sie fürchtete sich davor, wie er sie gegen sie ausnutzen konnte. House streckte die Hand aus, ließ Zeige- und Mittelfinger in Camerons offenem Haar verschwinden, ehe er eine feine Strähne zu fassen bekam und sie sanft in Richtung seines Gesichts hob. Konzentriert sog er ihren Geruch ein, überlegte nur für den Bruchteil einer Sekunde und schüttelte dann den Kopf.

So plötzlich, wie diese Geste gekommen war, war sie auch wieder verschwunden. Ruckartig wandte sich House von Cameron ab, die bis jetzt – was ihr gar nicht aufgefallen war – die Luft angehalten hatte. Dadurch hatte sie ihr aufgeregt pochendes Herz nur noch deutlicher wahrgenommen.

„Sie haben das Parfüm gewechselt“, stellte House schließlich fest und holte Cameron augenblicklich aus ihrer Starre. Ein bestätigendes Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus, über die eben noch nervös ihre Zungenspitze gefahren war.

„Ich dachte zuerst, dass es Ihr Shampoo sein könnte, aber dafür war die Duftnote zu stark.“

„Und das sagen Sie mir, weil…?“ Bevor Cameron zu Ende sprechen konnte, fiel ihr House ins Wort.

„Tun Sie nicht so scheinheilig, Cameron. Ich weiß genau, wieso Sie das getan haben.“ Seine Stimme war harscher als noch Augenblicke zuvor und Camerons Lächeln verblasste.

„Egal wie subtil die Mittel, mich täuschen Sie nicht. Als ob ich mich nicht an unser Gespräch erinnern würde! Sie wollten mir beweisen, dass Veränderungen gut sind – und das tun Sie mit einem neuen Parfüm? Ich bitte Sie, Cameron, das ist lächerlich.“ House rollte mit den Augen und nahm Cameron gänzlich den Wind aus den Segeln.

Das war nur einer der vielen Rückschläge, die sie bisher erfahren hatte, aber dieser schmeckte besonders bitter, weil sie sich ihrer Sache so sicher gewesen war. Hartnäckig hielt Cameron seinem Blick stand, auch wenn sie am liebsten davongerannt wäre. Es musste doch einen Weg geben, um House vom Gegenteil zu überzeugen…

Starr blieb Cameron stehen, rührte sich nicht vom Fleck; auch, als House bereits auf den Ausgang zuging. Die Ärztin wollte sich gerade ihren Mantel anziehen, als er noch einmal im Türrahmen stehen blieb und, ohne sich umzudrehen, sagte: „Schmeißen Sie es nicht weg. Es riecht gut.“

Überrascht hellten sich Camerons Gesichtszüge auf. House verließ den Umkleideraum, noch ehe sie diesen Satz anständig verarbeiten konnte.

Vielleicht – aber auch wirklich nur vielleicht! – hatte sie House dennoch bewiesen, dass nicht alle Veränderungen schlecht waren. Manche waren schließlich nicht einmal sichtbar. Manche konnte man wohl nur riechen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Jefferson
2011-06-24T17:46:17+00:00 24.06.2011 19:46
Ich hab bis jetzt nicht entdeckt, dass du ein neues Kapitel hochgeladen hast? Schande über mich!
Aber gut, ich kam in letzter Zeit ja ohnehin kaum zum lesen, schreiben oder sonst etwas. :/

Dafür habe ich das ja jetzt nachgeholt.
Jedenfalls hast du mich ganz schön nachdenken lassen. *lach* Aber die Idee ist wirklich gut, House SO zu beweisen, dass Veränderungen nichts schlechtes sein müssen. >D Aber er ist natürlich ein solcher Sturkopf, dass das nie wirklich zugeben würde.
Aber das Ende mochte ich sehr. der kurze Moment, als er testend an ihrer Haarsträhne gerochen hat. Ich weiß schon, warum ich dieses Pairing so liebe. <3


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