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Runenherz

Weltenwandler Chroniken Teil 1
von

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Zoowölfe

Wie sehr sich Runa auch wünschte schlafen zu können, sie konnte einfach kein Auge zumachen. Die Schreie der anderen Tiere hallten in ihrem Kopf und zwangen sie dazu wach zu bleiben. Sie lag auf dem harten Boden, den Kopf auf den Pfoten und beobachte ihren großen Bruder Aruna, wie er nervös vor den Gitterstäben hin und her lief und alles immer und immer wieder nachkontrollierte, ob nicht doch irgendwo ein Loch existierte, aus dem sie entkommen konnten. Doch natürlich gab es da nicht die geringste Lücke. Nun war es schon sechs Tage her, dass die Menschen nicht mehr kamen und das ganze Rudel, bestehend aus Runas Vater Akilah, ihrer Mutter Gaya, ihren beiden Brüdern Aruna und Cosmo, ihrer Schwester Ginger sowie natürlich Runa selbst, war angespannt und ängstlich. Bald konnten sie es nicht mehr ohne Futter aushalten und auch das Wasser wurde immer knapper. Die Gelbe erhob sich seufzend und dachte an ihre anderen drei Wurfgeschwister, die vor nicht allzu langer Zeit aus ihrer Mitte gerissen worden waren. Die Menschen hatte sie geholt und an einen anderen Ort gebracht. Die junge Wölfin hatte geglaubt, dass es nichts Schlimmeres als das geben konnte, aber nun bewies sich ihr gerade das Gegenteil. Eingesperrt zu sein in einen Käfig ohne Nahrung und Wasser, machte ihr riesige Angst, auch wenn sie noch so sehr versuchte es vor ihren Verwandten zu verstecken. Sie würden hier sterben, wenn nicht irgendein Wunder geschah. Wieder drehte sich der Wind und erfüllt die Luft mit einem Geruch, der Runa den Magen zusammenzog – Der Duft des Todes, der offensichtlich von Menschen stammte. Dadurch wurde ihr wieder bewusst, warum sie nicht mehr kamen. Sie lebten alle nicht mehr und das machte die Aussicht auf Rettung nicht gerade besser. Ein Ruf über ihr riss die Wölfin aus ihren Gedanken.

Nur ein paar Amseln, dachte sie sich. Du wirst schon richtig schreckhaft.

Einer der Vögel, eine sehr junge Amsel mit einem weißen Fleck auf der Stirn, sah zu ihr herab und piepste aufgeregt, doch Runa beachtete das nicht weiter, sondern ging zu Aruna.

„Du solltest vielleicht mal nach dem Rest des Rudels schauen, Bruder. Ich werde den Zaun so lange für dich bewachen.“

„Danke. Ich werde mich beeilen.“

Mit schnellem Schritt entfernt er sich. Auch wenn Akilah das Rudel anführte, so war es doch der gelbe Wolf, der allen Sicherheit gab und indirekt die Rolle des Alphas übernahm. Seine Größe und sein unbrechbarer Mut machten ihn zu einem Tier, vor dem man Respekt haben musste, und wenn er das richtige Alter hatte, dann würde er sicher zum Anführer werden. Traurig drehte sich die Gelbe zur Tür, die ihnen den Weg versperrte. Könnten sie diese nur öffnen, dann würde alles gut werden und ihr Bruder konnte noch die Möglichkeit bekommen das Rudel in ferner Zukunft zu führen. Plötzlich fühlte sie sich seltsam. Es war so, als breitete sich eine komische, warme Macht in ihrer Brust aus und sie konnte nicht anders, als das Tor anzustarren und sich zu wünschen, dass es sich einfach aufschob und den Weg in die Freiheit freigab. Sie hatte nie etwas anderes kennen gelernt, wie diesen Käfig und sich selten gewünscht einfach frei zu sein, weil sie sich damit abgefunden hatte, dass es keinen Weg hinaus gab, aber jetzt hörte sie die Wildnis rufen. Sie konzentrierte sich weiter. Wie in Trance stolperte sie auf die Tür zu, die plötzlich wie durch Geisterhand zitterte. Dann riss es die Stahltür regelrecht aus den Angeln und erst als das Gitter auf dem Boden aufprallte, kam Runa wieder zu Besinnung. Was hatte sie da getan? Schock und Furcht überkamen sie. Das war nicht normal. So etwas konnten Wölfe nicht, aber dann wurde ihr erst klar, dass sie jetzt keine Zeit zum Nachdenken hatte. Sie konnten fliehen. Sie stieß einen freudigen Heuler aus und keine Minute später stand das komplette Rudel vor ihr.

„Was ist passiert? Wie…?“, wollte Akilah wissen.

„Es ist einfach aufgegangen. Ich weiß nicht genau wie, aber spielt das eine Rolle?“, antwortete die Gelbe aufgeregt.

Der Anführer schüttelte den Kopf und ging auf den Ausgang zu. Zögerlich setzte er eine Pfote nach draußen und schaute sich um. Erst als er sicher war, dass sich keine Gefahren in der Nähe befanden, deutete er seinem Rudel an sich ihm anzuschließen. Vorsichtig folgten sie ihm vorbei an den Käfigen, in dem die verschiedensten Tiere saßen und verzweifelt um ihr Leben riefen.

„Ich wünschte, wir könnten ihnen helfen“, flüstere Runa mit Tränen in den Augen.

„Wir können nichts tun. Nur die Menschen wissen wie man diese Gefängnisse öffnet“, erwiderte Cosmo, der dicht neben seiner Schwester lief.

Seine angelegten Ohren verrieten der Gelben, dass es ihn genauso schmerzte, wie ihr. Zwar waren diese Tiere nicht von ihrer Art und einige vielleicht sogar Beute, aber sie saßen nun mal alle im gleichen Boot und so etwas schaffte Verbundenheit. Manche dieser Lebewesen, auch wenn sie nur ihre Laute waren, kannte Runa schon seit ihrer Welpenzeit und sie waren zu einem Teil von ihr geworden. Es erschien der Wölfin ein endlos langer Weg zu sein, doch irgendwann erreichten sie schließlich das Ende des Zoos. Das große Eingangstor stand weit offen und sie schritten hindurch.

„Wir sind frei“, sagte Gaya mit Erfurcht.

Keiner der Wölfe kannte die Freiheit, aber in ihren Adern floss immer noch das Blut von Raubtieren und das ganze Rudel konnte es kaum erwarten die Welt außerhalb zu erkunden. Ohne ein weiteres Wort rannten sie einfach los in Richtung einer Wiese. Doch als sie näher kamen, schlug ihnen ein abscheulicher Gestank entgegen. Geschockt blieben sie stehen und erblickten das Meer von Leichen, das sich vor ihnen auftat…
 

„Träum nicht und schau auf deinen Weg“, kam es plötzlich von Spot und die Gelbe riss es unsanft aus ihren Erinnerungen an ihren ersten Einsatz von Magie.

Wegen des Regens vor zwei Tagen hatten sie einiges an Zeit verloren und Runa lief mit schnellem Schritt voran, damit sie das wenigstens wieder ein wenig aufholten. Der Wald, durch den sie streiften, gab ihnen Schutz vor der Sonne, die zu dieser Jahreszeit immer mehr auf den Pelz brannte und das Reisen am Tag beschwerlicher machte. Es kündigte es sich an, dass der Frühling nun bald vorüber sein würde und ihnen ein heißer Sommer bevorstand. Plötzlich blieb die gelbe Wölfin stehen und roch an einem Baum.

„Hier fängt ein Revier an“, sagte sie knapp.

„Sollen wir es umgehen?“, wollte Sayuri wissen.

„Erst einmal werden ich anfragen, ob wir es vielleicht durchschreiten dürfen. Das würde uns einiges an Zeit sparen.“

Daraufhin hob Runa die Schnauze und heulte dem fremden Rudel ihre Anfrage entgegen. Prompt kam eine Antwort, die auf viele Rudelmitglieder hinwies.

„Was haben sie gesagt?“, fragte Spot und hüpfte von einem Busch herunter, von dem er sich ein paar Beeren gepickt hatte.

„Wir sollen hier warten, bis sie kommen“, erwiderte die Gelbe.

„Die trauen uns wohl nicht?“ Der Vogel flatterte aufgeregt mit den Flügeln.

„Das ist ihr gutes Recht.“

Es verging nicht viel Zeit bis das fremde Rudel auftauchte. Ein starker Rüde mit rötlichem Fell führte eine Gruppe von sieben Wölfen an und Runa war sich sicher, dass das nicht das ganze Rudel sein konnte. Sofort fiel ihr die offensichtliche Omegawölfin auf. Sie strahlte etwas aus, was der Gelben bekannt vorkam. Etwas, dass auch sie selbst umgab und auch Sayuri trug es in sich.

Doch schnell richtete sich ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Alphawolf, als dieser sagte: „Warum wollt ihr durch unsere Revier reisen?“

Die gelbe Wölfin wählte ihre Wort mit bedacht: „Wir sind auf den Weg in den Norden, um uns Artos anzuschließen.“

Ihr Gegenüber lachte laut: „Das sind doch nur dumme Geschichten. Artos existiert nicht einmal.“

„Und wie erklärst du dir, dass ich ihm schon begegnet bin? Na ja, ich habe ihn nur ganz kurz gesehen, aber es gibt ihn. Das weiß ich.“

Dem Wolf blieb das Lachen im Hals stecken, aber er schien nicht überzeugt zu sein: „Nun gut, ihr dürft unser Revier durchqueren. Zwei Wölfinnen können uns ja kaum gefährlich werden. Wenn ihr es wagt etwas von unserem Gebiet zu jagen, dann gnaden euch die Götter. Firewind“, die Omegawölfin kam mit eingezogenem Schwanz zu ihrem Anführer, „du wirst sie durch unser Gebiet begleiten.“

„Natürlich, Rudelführer“, antworte die Wölfin unterwürfig und deutete Runa und Sayuri an ihr zu folgen.

„Danke“, meinte die Gelbe und lief der rötlichen Wölfin hinter.

Stumm liefen sie eine Weile durch den dichten Wald und erst als sie sicher war, dass die Wölfe, die sie zurückgelassen hatten, nichts mehr davon mitbekamen, wendete die Gelbe das Wort an Firewind: „Nun, wann wirst du das Rudel verlassen?“

„Was?“, Verwirrung schwang in der Stimme der Omegawölfin mit. „Ich weiß nicht was du meinst.“

„Komm schon, du bist nicht auf so einem niedrigen Rang, weil du schwach oder für so eine Rolle vorgesehen bist. Sie möchten, dass du das Rudel verlässt und deine eigenen Wege gehst. So ist das, wenn ein Rudel genug starke Rüden oder Fähen hat. Sag nur du hast das nicht gewusst?“

Die rotbraune Wölfin schwieg, aber Runa war sich sicher, dass sie verstand, dass die Gelbe ihr angeboten hatte, sich ihrem Rudel anzuschließen. Den Rest des Weges sprachen sie keine Wort mehr. Schon bald konnten man die Reviergrenzen deutlich riechen und Firewind blieb stehen.

„Danke fürs Führen“, meinte die gelbe Wölfin höflich. „Und überleg es dir. Willst du wirklich hier bleiben und weiter auf dir herumtrampeln lassen? Artos kann sicher jeden Wolf gebrauchen. Für dich gibt es da draußen so viel mehr.“

„Mein Platz ist hier.“

„Das muss ich akzeptieren. Leb wohl.“ Sie dreht sich um und Sayuri und Spot folgten ihr.

Die Rotbraune setze sich nachdenklich hin und starrte ihnen nach.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  hundefrau
2010-09-25T18:57:22+00:00 25.09.2010 20:57
Der Anfang des Kapitels war traurig ;__;
Die armen Tiere....



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