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Die Stimme

Eslosias Held
von

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Dias Welt von Askariel

„Ich hasse Umzüge!“ schimpfte Dia und schmiss sich auf ihr neues Bett. „Es ist doch immer das Gleiche: lauter neue Leute, die einen anstarren wie ein Alien und dann diese immer gleichen blöden Fragen: woher kommst du, warum bist du jetzt hier, was machen deine Eltern, bla bla bla.“ Sie drückte sich ihr Lieblingskissen vor das Gesicht und nuschelte: „Musste das jetzt unbedingt noch mal sein?“

Ihre Mutter brachte den letzten Karton in das frisch bezogene Jugendzimmer und schnaufte, als sie ihn abstellte.

„Puhh! Sag mal, was ist denn da drin? Hast du etwa deine Steinsammlung mitgenommen?“ Dia richtete sich auf und sah auf den Karton mit der viel sagenden Aufschrift „Dias wertvollstes“. Sie sprang auf und lächelte sarkastisch.

„Nein, die musste ich ja zurück lassen, wie so vieles andere auch – dank euch.“ Dias Mutter machte ein mitleidiges Gesicht.

„Ich weiß, dir passt es nicht, dass wir nun doch noch mal umziehen mussten aber diesmal ist es das letzte Mal gewesen, das verspreche ich dir.“ Dann nahm sie ihre Tochter in die Arme und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Na klar, Mama, wenn du das sagst“, antwortete Dia aber sie war alles andere als überzeugt davon.

Dia war ein 16jähriges Mädchen ohne irgendwelche Auffälligkeiten. Ihr braunes Haar reichte ihr bis über die Schulterblätter und abgesehen von ihren großen blauen Augen hatte sie ein Durchschnittsgesicht. Sie war nicht sehr groß, gerade 1,65 m aber sie war mit dieser Größe zufrieden. Dia war ein Einzelkind. Ihr Vater wurde von seiner Firma dauernd versetzt und ihre Mutter hatte schon zwei erfolgreiche Bücher geschrieben. Angeblich sollte der Umzug nach München der letzte gewesen sein aber anscheinend sah der Chef ihres Vaters das irgendwie anders. Jetzt waren sie in Hamburg gelandet. Angeblich - schon wieder - das letzte Mal. Dia hatte ihre Freunde in München nur ungern verlassen aber sie hatte ja keine Wahl gehabt.

„Also, was ist denn nun da drin?“ wiederholte ihre Mutter und zeigte auf den Karton. Dia grinste breit und antwortete: „Ach Mama, das ist Privatsache.“ Dann schob sie den Karton um das Bett herum und bat ihre Mutter, das Zimmer zu verlassen.

„Schon gut, bin ja schon weg. Wir packen unten aus. Du kannst ja runterkommen, wenn du Lust hast, zu helfen.“ Aber Dia winkte ab. Sie hatte jetzt eine andere Aufgabe. Als die Tür hinter ihrer Mutter zugefallen war, machte Dia es sich auf ihrem Bett gemütlich und öffnete den Karton. Mit strahlenden Augen und geradezu ritualistischen Bewegungen nahm sie die Gegenstände heraus und verteilte sie vor sich auf dem Bett.

„Hallo mein Liebster, da bist du ja wieder!“ Vor ihr lagen mehrere DVDs und CDs sowie einige selbst aufgenommene Tapes und eine verschlossene Geldkassette. Ein dicker Ringordner mit der Aufschrift „Mein Askariel“, der schon so voll war, dass er eine Delle in die Matratze drückte, und zuletzt ein dicker Stapel Poster kamen zum Vorschein. Die Medien waren alle mit dem gleichen Titel versehen: Eslosia. Dia vergötterte diese fantastische Anime-Serie. Sie verfolgte ihre Handlung schon seit drei Jahren und bekam einfach nicht genug davon. Es gab Engel und Dämonen, böse und gute auf beiden Seiten. Es ging um Liebe, Kämpfe und Magie. Aber im Grunde genommen war die ganze Handlung für Dia Nebensache. Für sie war eigentlich nur einer wichtig: Askariel. Die Figur Askariel war ein Engel mit einem Schwert und magischen Fähigkeiten, so wie fast alle Figuren. Er war nicht einmal die Hauptfigur. Doch Dia liebte ihn. Natürlich wusste sie, dass es Blödsinn war, eine gezeichnete Figur zu lieben aber die Figur war eigentlich auch nur der Kanal zu dem, was Dia wirklich liebte: Askariels Stimme! Die hatte sie auf Kassette aufgenommen, die DVDs mit den Folgen nur wegen dieser Stimme gekauft, die CDs mit der Musik waren Geschenke ihrer Freunde gewesen, ebenso viele der Poster. Alle dachten, Dia ging es um die Serie Eslosia. Aber niemand wusste von ihrer heimlichen Leidenschaft für Askariels Synchronstimme. Dummerweise hatte Dia keine Ahnung, wer Askariel seine Stimme lieh. Der Name tauchte nirgendwo auf. Aber letztlich war das für Dia auch nicht interessant, denn sie rechnete sowieso nicht damit, dem Sprecher jemals wirklich zu begegnen.

„Es wird Zeit, dieses Zimmer Askariel-tauglich zu machen.“ Dia sah sich um. Die nackten Wände schrieen ja geradezu nach Bedeckung! Sie machte sich sofort an die Arbeit. Aus dem Schreibtisch holte sie eine kleine Dose mit Stecknadeln und dann fing sie an, die Poster aufzuhängen. Die Eslosia-Poster verteilte sie überall an den Wänden und an Tür und Kleiderschrank. Mehr als eine Stunde verbrachte sie damit, die Poster immer wieder anders anzuordnen oder gerade zu hängen. Dann war sie endlich mit ihrem Werk zufrieden. Über ihrem Bett allerdings hingen nicht einfach irgendwelche Eslosia-Poster, nein! Dort fand sich nur Askariel! Er sollte immer in ihrer Nähe sein, besonders wenn sie schlief. Sie erhoffte sich, so öfter von ihm zu träumen. Ab und zu hatte sie Glück aber nur selten.

Nachdem die Poster aufgehängt und CDs und DVDs eingeräumt waren, machte sich Dia an die Kassette. Darin bewarte sie ihr Prunkstück auf. Sie öffnete die Kassette und holte eine kleine Plastikfigur von Askariel heraus. Er hatte ein offenes Hemd und hielt sein Schwert in der Hand. Seine grünen Augen leuchteten richtig und seine Flügel waren weit gespreizt. Diese Figur war Dias allerwertvollster Besitz. Der Clou war ein kleiner Knopf im Sockel der Figur. Wenn man darauf drückte, ertönte Askariels Stimme. Sie sagte: „Ihr werdet Eslosia niemals kampflos bekommen!“ Dia stellte die Figur auf ihr Nachtschränkchen, wo sie sie immer sehen konnte. Dann legte sie sich auf den Bauch, stützte ihren Kopf auf ihre Arme und betrachtete Askariel eine Weile. Sie drückte den Knopf und lächelte, als sie den Satz zum tausendsten Mal hörte, als wäre es das erste Mal. Dann sah sie sich um. „Jetzt ist es mein Zimmer“, sagte sie zufrieden.

„Dia! Komm essen!“ hörte sie ihre Mutter rufen. Sie stand vom Bett auf und öffnete die Tür. „Wenigstens ein bisschen Heimat, das einem nicht weggenommen wird“, flüsterte sie wehmütig und schloss die Tür hinter sich.
 

„Und, hast du dich schon gemütlich eingerichtet?“ fragte Dias Vater beim Essen. Dia stocherte ein wenig lustlos in ihrem Essen herum. Morgen war der erste Tag in der neuen Schule und Dia war nervös. Wieder war sie neu und wurde von allen angestarrt. Wieder musste sie neue Freunde finden und das war bei ihrer Schüchternheit ein gewaltiges Problem.

„Ja, das Zimmer ist okay, ich hab es mir vorhin dekoriert, jetzt ist es mein Home Sweet Home“, antwortete Dia.

„Ah, ich ahne schon, was das heißt“, meinte ihre Mutter lächelnd, „Eslosia, richtig?“

„Bingo!“ bestätigte Dia.

„Sag bloß, du hängst immer noch an diesem Zeug?“ fragte ihr Vater ungläubig. „Bist du dafür nicht schon ein bisschen zu alt?“ Dia hatte zwar keine Lust auf dieses Gespräch aber es lenkte wenigstens von dem Thema Schule ab.

„Ach Papa, das hast du mich schon damals gefragt, als die Serie neu war. Die Story ist interessant und ich stehe nun mal drauf. Muss ich dich jetzt wieder an die Carrera-Bahn im Keller erinnern? Das ist doch auch was für kleine Jungs, oder?“ Dia wusste genau, welcher Satz jetzt kam und sie hatte Recht.

„Das ist doch was ganz anderes! Ich bin erwachsen und darf mich für Spielzeug interessieren aber du bist doch ein Teenager, du müsstest dich für Schminke, Disco und Jungs interessieren, nicht für Zeichentrickserien, die für Zwölfjährige gemacht sind!“ Zack! Schon steckte sie drin in der alten Diskussion. Und besonders diese Aussage ging Dia gegen den Strich.

„Wer bestimmt denn das Alter für solche Serien? Wer sagt denn, dass man da irgendwann zu alt für ist? Disneyfilme sind auch für die ganze Familie. Mag ja sein, dass ich irgendwann das Interesse an Eslosia verliere aber den Zeitpunkt bestimme ich selbst!“ Dia warf ihre Gabel auf den Teller und stand hastig vom Stuhl auf. Wütend und etwas verletzt rannte sie die Treppe hinauf, stapfte in ihr Zimmer und warf lautstark die Tür hinter sich zu. Sie ließ sich auf´s Bett fallen und starrte finster an die Decke.

„Papa hat überhaupt keine Ahnung, worum es mir eigentlich geht! Aber wie sollte er auch? Er ist ja so gut wie nie zuhause!“ ärgerte sie sich. Eigentlich wollte sie jetzt am liebsten wieder zurück nach München aber so ganz allein war das wohl kaum möglich. Ihre Freunde verstanden sie. Sogar Mama verstand sie. Allerdings wusste niemand wirklich, was in Dia vorging. Die würden sie für noch verrückter halten, wenn sie wüssten, dass es nur um eine Stimme ging, nicht mal um eine Figur. Außerdem war sie der Meinung, dass das auch niemanden etwas anging.

Während Dias Blick durch das Zimmer schweifte und dabei die Poster traf, beruhigte sie sich wieder.

„Was soll´s – einfach gar nicht ignorieren heißt die Devise.“ Dia sprang auf und ging zum Regal mit den Filmen. Sie zog eine DVD von Eslosia heraus und legte sie in den Player. Dann hüpfte sie zurück auf ihr Bett und griff nach der Fernbedienung. Kurz darauf ertönte die bekannte Anfangsmelodie und Dia durchsuchte das Menü nach ihrer liebsten Folge. Sie drückte auf Play und versank sofort in der Fantasiewelt von Askariel, der in dieser Folge ganz besonders oft zu Wort kam. Dia war sowieso auf Entzug, denn zurzeit lief Eslosia nicht im Fernsehen. Die neuen Folgen wurden noch synchronisiert, das würde bis zum Herbst dauern.
 

Später am Abend betrat ihre Mutter das Zimmer. Dia war gerade dabei, sich für´s Bett umzuziehen.

„Dia, du solltest jetzt langsam schlafen gehen. Für den ersten Tag musst du ausgeschlafen sein.“ – „Ich bin ja dabei!“ antwortete Dia genervt. Sie würde sich zwar liebend gerne morgen krank stellen aber das würde ja nichts nützen. Der Horror würde nur um einen Tag nach hinten verschoben werden. Und Dia lebte nach dem Prinzip, dass man Unangenehmes lieber schnell hinter sich bringen sollte, sonst zerfraß es einen ganz langsam, bis man nur noch ein nervliches Wrack war.

„Ach und Dia?“

„Hm?“

„Nimm dir Papas Worte nicht so zu Herzen. Du hast nämlich ganz Recht in punkto Carrera-Bahn. Solange er damit spielt, sollte er sich mit Altersfragen lieber nicht befassen!“ Sie zwinkerte schelmisch. Dia musste lächeln.

„Danke, Mama.“

„Schon gut. Ja, es ist nicht leicht, die einzige Erwachsene im Haus zu sein…!“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hiruma-Yoichi
2009-10-19T13:21:30+00:00 19.10.2009 15:21
aloha^^
da bin ich
leider hab ich jetzt nicht genug zeit mir die ganze ff durchzulesen, aber das erste kapitel hab ich mir schon mal zur gemüte geführt und bald kommt der rest (will endlich wieder nen eigenen inetanschluss *grummel)

dein hauptchara gefällt mir schon mal richtig gut und sie ist wirklich knuffig man kann sich sofort gut in die geschichte versetzen
auch wenn ich diese animeserie nicht kenne (wenn es die gibt x3)



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