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Yeh Zindagi Hai.

Neue Chance, neues Leben?
von

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`Chhoti Shruti´

Auch wenn das Dorf nicht besonders viele Einwohner hatte, so war es flächenmäßig doch recht groß. Die alten Häuser mit den dazugehörigen Grundstücken nahmen viel Platz in Anspruch und so brauchte Sudhir, obwohl er mit dem Wagen fuhr, gute zehn Minuten bis er das Zentrum – den großzügig geschnittenen Dorfplatz – erreichte. Dort stellte er unter den neugierigen Blicken vorbeigehender Dorfbewohner sein Auto ab und machte sich zu Fuß auf die weitere Suche nach dem Gasthaus.

Er brauchte eine Weile und musste einen der Dorfbewohner fragen, bis er eines der etwas ramponierten Häuser als jenes identifizieren konnte. Etwas misstrauisch begutachtete er das Gebäude (1) und beschloss dann, sein Glück einfach erst einmal zu versuchen.

Gerade als er die Klinke der schweren Eingangstür herunterdrücken wollte, wurde diese aufgerissen und eine junge Frau (2) stürmte an ihm vorbei. Dabei rammte sie ihn so hart mit der Schulter, dass er beinahe sein Gleichgewicht verlor. Unbeeindruckt und so, als ob sie ihn nicht bemerkt hätte, ging sie allerdings eilig weiter und drehte sich auch dann nicht um, als er ihr nachrief: „Hey, können Sie nicht aufpassen?!“

Kopfschüttelnd schaute er ihr noch kurz nach bis sie um die nächste Häuserecke verschwunden war und wandte sich dann dem Gasthaus zu. Zögerlich trat er ein und wunderte sich nicht darüber, dass es innen genauso aussah wie von außen – eher rustikal (3). Er schaute sich um und entdeckte dann eine ältere Dame, die an einen der Pfeiler gelehnt etwas gedankenverloren vor sich her starrte. Als sie ihn jedoch bemerkte, blickte sie erst etwas überrascht auf (4) und kam dann freudig lächelnd auf ihn zu.

„Was kann ich für Sie tun, junger Mann?“, fragte sie und faltete ihre Hände zum Gruß. Sudhir erwiderte die Geste und meinte dann: „Mein Name ist Sudhir Chaudhary. Ich suche ein Zimmer, wo ich...“ „Da sind Sie hier bei mir doch genau richtig.“, unterbrach sie ihn und bevor er reagieren konnte, hatte sie ihn schon am Unterarm genommen und zog ihn hinter sich her. „Zimmer habe ich genug. Sie haben die freie Wahl, doch ich würde Ihnen dieses empfehlen...“, meinte sie, öffnete die Tür zu einem der Zimmer und schob Sudhir vor sich hinein. Der Raum (5) war nicht gerade groß, aber dafür sauber und ordentlich. Für einen überschaubaren Zeitraum war er als Quartier vollkommen ausreichend.

„Thik hai. Ich werde dieses Zimmer nehmen und sicher einen guten Monat hier bleiben. Also...“, entschied Sudhir, woraufhin die ältere Dame ihn wieder am Arm nahm und hinter sich her zog. „Das ist alles gar kein Problem. Im Moment habe ich sowieso nicht sehr viele Gäste. Bleiben Sie also so lange Sie wollen.“, meinte sie, während sie ihn in einen Raum führte, der nach einem Büro aussah. Eilig kramte sie aus einer Schublade des kleinen Schreibtisches in der Mitte des Raumes ein Formular heraus und legte es ihm hin. „Wenn Sie das hier dann bitte noch ausfüllen würden...“

Sudhir hatte gerade den Stift genommen, den sie ihm hingehalten hatte, als sie erschrocken die Augen aufriss. „Hai Rabba! Chhoti Shruti hat schon wieder ihr Essen vergessen!“, rief sie aus und ging zu der kleinen Bank, die gleich rechts neben der Tür des Büros stand. „Was soll ich nur mit diesem Mädchen machen...?“, murmelte sie vor sich her und drehte sich dann ruckartig um. „Junger Mann, würde es Ihnen etwas ausmachen, meiner Shruti ihr Essen in die Schule zu bringen? Ich kann hier leider nicht weg und...“, bat sie Sudhir, doch dieser winkte ab. „Ich weiß nicht... Ich meine, ich...“, versuchte er, sich herauszureden, doch die alte Dame ließ nicht locker. „Die Schule ist nur fünf Minuten entfernt und es ist wirklich wichtig, dass Shruti regelmäßig isst... Ich bitte Sie...“

Sudhir seufzte und willigte schließlich ein, was die Dame ihm mit einem dankbar-strahlendem Lächeln quittierte. Er füllte noch schnell das Formular zu Ende aus und machte sich anschließend mit dem Lunchpaket auf den Weg zur von der älteren Dame beschriebenen Schule.
 

Das Schulgebäude (6) war nicht besonders groß, doch in Anbetracht der recht übersichtlichen Zahl an Einwohnern, die das Dorf hatte, wohl vollkommen ausreichend.

Sudhir überquerte den kleinen Schulhof und überlegte währenddessen, wie er wohl `chhoti Shruti´ finden sollte. Er hatte ganz vergessen, die ältere Dame zu fragen, wie das Mädchen überhaupt aussah. Suchend schaute er sich um und stellte fest, dass nur in einem der wenigen Klassenzimmer gerade Unterricht stattfand.

Er schaute vorsichtig zur Tür hinein (7) und sah dort mit Erstaunen die junge Frau stehen, die ihn vorhin an der Schulter gerammt hatte. Sie schrieb gerade etwas an die Tafel. Als sie sich wieder zu ihrer Klasse herumdrehen wollte, fiel ihr Blick auf Sudhir. Überrascht schaute sie ihn für einige Augenblicke an, wandte sich dann allerdings ihren Schülern zu und meinte: „Also löst bitte diese zwei Aufgaben mithilfe eures Lehrbuches. Ihr habt 15 Minuten Zeit.“ Ein Raunen ging durch die Klasse, Bücher wurden aufgeschlagen und Stifte hervorgeholt.

Die junge Frau kam auf Sudhir zu, verschränkte die Arme vor der Brust und musterte ihn. „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, wollte sie wissen und ihre Stimme klang schnippisch. „Sie könnten sich dafür entschuldigen, dass sie mich vorhin beinahe umgerannt haben...“, gab er mit einem übertrieben freundlichen Lächeln zurück. Sie zog die Stirn kraus. „Was habe ich? Sie müssen mich verwechseln. Ich...“, meinte sie, doch er fiel ihr ins Wort. „Nein, das waren definitiv Sie.“ Sie zog ihre Augenbrauen hoch und schaute ihn abschätzig an. „Und das ist der einzige Grund, warum Sie hier sind?“, fragte sie und warf einen kurzen Kontrollblick ins Klassenzimmer.

„Nein, ich...“, erinnerte sich Sudhir. „Ich suche nach einem Mädchen namens Shruti. Ich soll ihr ihr Essen bringen, dass sie bei ihrer Großmutter vergessen hat...“ Er hielt ihr das Lunchpaket hin. „Können Sie mir sagen, wer die Kleine ist, damit ich...“ „Von ihrer Großmutter?“, unterbrach die junge Frau ihn und musterte das kleine Päckchen, während sie kurz nachzudenken schien. „Wer ist denn ihre Großmutter?“ „Äh... Die Besitzerin des Gasthauses da vorn um die Ecke. Ich weiß ihren Namen nicht, da ich mich dort vorhin eigentlich erst einmieten wollte, aber...“, versuchte Sudhir zu erklären, doch sie fiel ihm erneut ins Wort. „Geben Sie her. Ich werde es ihr geben, wenn die Stunde vorbei ist.“ Sie nahm ihm das Lunchpaket aus der Hand. „Sonst noch irgendetwas?! Ich würde dann nämlich gern meinen Unterricht fortsetzen.“, meinte sie – erneut mit schnippischem Tonfall. „Nein, ich... Danke.“, entgegnete Sudhir kurz, nickte ihr zu und ging.

Die junge Frau schaute ihm noch kurz hinterher, zog eine Augenbraue hoch und ging dann mit einem abschätzigen Lächeln zurück ins Klassenzimmer.
 

„Haben Sie meiner Shruti ihr Essen gebracht?“, wollte die ältere Dame sofort wissen, als Sudhir zurück im Gasthaus war. „Ich habe es ihrer Lehrerin gegeben.“, entgegnete er, woraufhin sie ihn verwundert anschaute. „Ihrer Lehrerin?! Aber sie...“, wollte sie gerade einwenden, doch Sudhir ließ sie nicht ausreden. „Es tut mir leid, aber ich würde jetzt gerne mein Zimmer beziehen und mich ein wenig ausruhen, Mrs. ... Äh... Wie war Ihr Name noch gleich?“ „Kavita Anand.“, erwiderte sie mit einem Lächeln. „... Ich danke Ihnen, dass sie sich für mich diese Umstände gemacht haben. Wenn Sie noch irgendetwas brauchen, sagen Sie einfach Bescheid.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging in ihr Büro.

Sudhir schaute ihr hinterher und hatte plötzlich ein schlechtes Gewissen, dass er ihr gerade so unhöflich ins Wort gefallen war. Seufzend lief er zu seinem Wagen und holte sein Gepäck. Er stellte es in seinem Zimmer ab und ließ sich dann erst einmal auf das Bett fallen. Er fühlte sich wie erschlagen und hätte am liebsten ein Nickerchen gemacht, doch er musste zuerst George anrufen, um ihn über den aktuellen Stand der Dinge aufzuklären.

Er nahm sein Handy aus der Hosentasche, ging zum Fenster und erledigte das Telefonat. Sie einigten sich darauf, dass Sudhir vorerst auf Kosten der Firma im Gasthaus bleiben würde. Seine Möbel und seine anderen Sachen würden, sobald die Bauarbeiten am Bürogebäude abgeschlossen waren, nachgeschickt werden. In der zu überbrückenden Zeit sollte er einen Blick auf die Bauarbeiter haben und ansonsten den Papierkram erledigen, den er sich mitgenommen hatte.

Als Sudhir aufgelegt hatte, ließ er sich erneut aufs Bett fallen und nickte kurz darauf auch schon ein.
 

Er wurde von einem lauten Poltern geweckt. Als er die Augen öffnete, sah er, dass es draußen bereits dunkel geworden war. Er setzte sich langsam auf und streckte sich erst einmal, bevor er schließlich aufstand. Nachdem er seine Tür geöffnet hatte, sah er, dass aus dem Raum, der seinem gegenüber lag, eine große Pfütze lief. Im nächsten Moment bückte sich auch schon jemand darüber, um diese aufzuwischen. Als Sudhir genauer hinsah, erkannte er, dass es sich um die junge Lehrerin handelte, mit der er sich vorhin unterhalten hatte.
 

(1) http://i46.tinypic.com/jheuz5.jpg

(2) http://i48.tinypic.com/29d8ydg.jpg

(3) http://i47.tinypic.com/2w5m0qw.jpg

(4) http://i48.tinypic.com/3020w29.jpg

(5) http://i48.tinypic.com/ezihbp.jpg

(6) http://i48.tinypic.com/jjpv0p.jpg

(7) http://i46.tinypic.com/ncauj5.jpg



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