I. Kapitel
Je vous préviens n'approchez pas
Que vous soyez flic ou badaud
Je tue celui qui fait un pas
Je ne ferai pas de cadeau
Éteignez tous vos projecteurs
Et baissez vos fusils braqués
Non, je ne vais pas m'envoler sans elle
Ich warne euch – kommt nicht näher
die ihr Polizist oder Schaulustiger seid
Ich töte denjenigen, der einen Schritt tut
Ich mache keine Geschenke
Löscht all eure Scheinwerfer
Und senkt eure verdrehten Gewehre
Nein, ich werde nicht ohne sie entfliehen
Ich kauere neben ihr. Tränen rinnen mir über das Gesicht. Unaufhaltsam.
Ich habe verloren. Längst verloren.
Ich berge ihren Körper in meinen Armen. Ich ziehe sie an mich, lasse sie nicht los.
Nie wieder. Ich werde sie nicht mehr fallen lassen.
Doch zuvor... habe ich es getan. Zuvor...
Schrille Stimmen, deren Geschrei sich vermischt. Ihre und meine.
Kann ich wirklich so schrill klingen? So hilflos? So schmerzerfüllt?
„Ran, nein! Es kann nicht sein! Lass mich gehen, bitte...“
„Aya, warum? Warum?“
„Ich... ich kann es nicht, Ran. Ich kann es nicht...“
„Und du läufst vor mir fort? Hast du Angst vor mir? Vor mir?“
„...ja... Dein Katana...“
Ihre angstvoll aufgerissenen Augen ruhen auf der Waffe. Ein kurzer Auftrag für Weiß. Nichts weiter. Nur ein kurzer Auftrag.
Ich hatte noch nicht einmal die Gelegenheit, das Blut von der Waffe zu wischen. Nun spült es des Regen langsam fort.
Ich wollte aufhören. Für sie muss ich nicht mehr töten. Sie ist wach. Sie ist gesund. Sie braucht meine verzweifelte Hilfe nicht mehr.
Aber ohne Weiß... Weiß ist zu sehr Teil meines Lebens geworden. Viel zu sehr. Ich kann nicht aufhören, auch wenn ich wirklich wollte.
Ich bin ein Mörder. Ich bin es geworden, um ihr zu helfen, um sie zu rächen, um sie zu schützen. Und jetzt sieht sie mich mit diesen fassungslosen Augen an.
Gerade hatten wir doch zusammengefunden. Irgendwie. Als Bruder und Schwester, als Freunde, irgendwie... als Geliebte.
Und jetzt? Entsetzen in ihren Augen. Angst. Nackte Panik.
„Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Niemals...“
Langsame Schritte bringen mich zu ihr. Sie kann nicht mehr zurückweichen. Die Mauer in ihrem Rücken hält sie auf.
Ihre blauen Augen glänzen. Ist es Angst? Kann sie mich nur noch mit Angst ansehen?
„Warum?“ Tränen rinnen über ihre Wangen. Glänzend im Licht der Laternen.
„Für Weiß. Für die Gerechtigkeit.“
„Aber... es ist nicht richtig!“
„Aya...“
„Nein, Ran. Es ist nicht richtig! Genauso wenig wie... ALLES in deinem Leben!“
„Bitte...“
„Nein, Ran. Lass mich gehen.“
Ich presse ihren Kopf fester an meine Brust. Ich wünschte, ihr Herz würde noch schlagen. Ich wünschte, sie würde mich noch einmal ansehen. Ich wünschte... sie würde noch leben.
Ich kann sie hören. Sie kommen. Autoreifen quietschen auf den nassen Straßen. Irgendwer muss sie angerufen haben.
Der Regen konnte uns nicht verbergen. Konnte er das jemals?
Wir haben uns versteckt. Wir waren verborgen. Eine Liebe, die nicht sein darf, nicht sein kann.
Und doch... haben wir sie besessen.
Ein scheuer Kuss. Abgezielt auf meine Wange, doch im letzten Moment drehe ich meinen Kopf und das erste Mal berühren sich unsere Lippen. Dieses Gefühl – unbeschreiblich.
Ihre Augen sind weit aufgerissen vor Überraschung. Dann fallen sie zu. Ganz langsam...
Ich schlinge meine Arme um sie, ziehe sie an mich, verberge mein Gesicht in ihrem Haar.
Ihr Körper bebt. Sie presst sich an mich. Den Kopf an meiner Brust verborgen.
„Aishiteru...“ Leise geflüsterte Worte, die die Welt bedeuten.
Ich kann nicht anders.
Ganz eben kann ich ihre Antwort hören.
Worte, die die Welt aus den Angeln heben.
Worte, die für mich alles sind.
Worte, die all das Leid, all die Pein, all die Angst auslöschen.
Worte, die dem Leben einen Sinn geben.
Worte, die gegen jeden Konvention verstoßen.
Worte, die jegliche Moral verletzen.
Doch wen kümmert das schon?
Scheinwerfer richten sich auf mich. Polizisten beziehen Stellung. Schaulustige reihen sich hinter der Absperrung auf.
Na los doch, starrt uns an. Genießt das Drama, genießt die Tragödie. Deswegen seid ihr doch hier.
Trefft euer Urteil. Verteufelt uns. Verteufelt mich. Es kümmert mich nicht.
Eure Moral habe ich lange hinter mir gelassen. Eure Worte... sind nichts für mich. Eure Gesetze breche ich dauernd. Warum nicht auch jetzt? Warum nicht auch hier?
Wo sind die Grenzen? Wo waren die Grenzen? Ich habe sie lange überschritten und kann sie längst nicht mehr sehen...
Ich werde nicht fortlaufen. Nicht ohne sie...
Denn ohne sie – wie kann ich da noch leben?
Waffen werden entsichert.
Es beginnt. Es. Etwas, das mich nicht mehr interessiert. Etwas, das mich nicht kümmern will. Und doch muss ich ihm meine Aufmerksamkeit schenken.
Ganz behutsam lasse ich sie zurücksinken. Der nasse Asphalt empfängt sie. Es muss kalt sein. Doch ich spüre die Kälte längst nicht mehr. Und sie, sie kann es nicht mehr.
„Werfen Sie die Waffe weg!“
Ein typischer Spruch. Kennen die denn nichts anderes?
„Gehen Sie. Es geht Sie nichts an. Es geht niemanden etwas an...“ Kalte Worte. Was sonst kann ich ihnen entgegen bringen? Es geht sie nichts an.
Sie haben kein Recht zu urteilen. Sie haben kein Recht, uns zu sehen. Sie haben kein Recht...
„Werfen Sie die Waffe weg!“
„GEHEN SIE!“