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Und noch eine Weihnachtsgeschichte: Der goldene Weihnachtsbaum (Teil 1) Disney (Sonstige), Donaldist, zum festlichen Anlass

Autor:  DavidB

Entenhausen-Schöpfer Carl Barks war kein Freund von Weihnachten: „Weihnachten soll mit Rentierpisse aus dem Kalender gewaschen werden!“ Er empfand es heuchlerisch, dass zu einem einzigen Fest im Jahr auf einmal die Nächstenliebe ausbricht und nach der Feier wieder für ein weiteres Jahr verschwindet.

Obwohl also seine geschriebenen Weihnachtscomics praktisch nur vom kommerzielle Schenken handelten und somit eher eine zynische Parodie des Festes waren als ein Hochleben der Weihnacht, wurde er damit beauftragt, etliche Comics mit festlichem Thema zu verfassen.
Manchmal bekam Barks, der sich im Winter auf wundersame Art und Weise in Ebenezer Scrooge verwandelte, auch von seinen Redakteuren eine Handlung vorgegeben, die er in einen Comic verwandeln sollte.
(Inzwischen wurden alle Barks-Weihnachtscomics in zwei überteuerten, aber sehr schönen Bänden gesammelt: klickmich)
Ein besonders schönes Beispiel für den Konflikt zwischen Barks und seinen Redakteuren kann man im äußerst wirren Comic „Der goldene Weihnachtsbaum“ lesen. Aus Gründen der Faulheit werde ich englische Scans verwenden.

 
Die Geschichte beginnt mit den streitenden Drillingen. (Überhaupt ist es bemerkenswert, wie häufig Barks die Drillinge zur Weihnachtszeit fordernd und weinend gezeigt hat – besonders gute Beispiele folgen sogar in dieser Geschichte.) Und worüber streiten sich die drei so kurz vor dem Fest der Liebe?
 

 
Ein farbiger Weihnachtsbaum? Tradition trifft Moderne! Natürlich möchte jeder Neffe den Baum in „seiner“ Farbe sehen, es gibt keine Kompromisse und Gnade wird nicht gegeben!
Donald macht sich aus dem Gezänk nichts und liest lieber Zeitung. Ein perfekter Erziehungsberechtigter!
 

 
Eine Hexe ähnlich der Hexe, welche Schneewittchen vergiftete? Woher kann diese Idee nur stammen? Etwa von denselben Redakteuren, die später auch von Barks forderten, Dumbo, Ahörnchen und Behörnchen, Ede Wolf und Cinderellas Mäuse Jaques und Karli auf Oma Duck treffen zu lassen? Da stoßen Welten zusammen, sodass es nicht immer Sinn ergibt! Starb die Hexe bzw. die Königin nicht gegen Ende des Filmes durch einen Sturz vom Berg? Oder soll die Referenz zu Schneewittchen einfach nur zeigen, dass in Entenhausen auch Disneyfilme gezeigt werden?
 
Wie auch immer! Während also angeblich eine Hexe ihr Unwesen treibt, haben die Drillinge sich endlich einigen können, welche Farbe der Weihnachtsbaum haben soll.
 

 
Ein goldener Weihnachtsbaum? Ein wenig extravagant, liebe Neffenschar! Was glaubt ihr eigentlich, wer euer Onkel ist? Dagobert Duck etwa? Bah, Humbug!
(Übrigens: Dagobert Duck wurde auch in einem Weihnachtscomic das erste Mal gezeigt. Für US-Amis ist das keine Überraschung, denn sein Originalname ist Scrooge McDuck, frei nach Ebenezer Scrooge aus Dickens’ Weihnachtsgeschichte.)
Aber Donald scheint es den Drillingen wohl versprochen zu haben, denn er geht zwar mit leicht spöttischen Bemerkungen, aber nicht unwillig zum Tannenstand. Unterdessen ertönt es von jeder Ecke her, dass die Hexe aus der Zeitung nun auch weitere Schandtaten trieb. Diese soll Weihnachtstannen und weitere Symbole der christlichen Jahreszeit in die Luft gesprengt haben.
Donald erklärt den Kindern, dass Hexen schon seit Jahrtausenden ausgestorben sind und die Sichtungen derselben demzufolge unwahr wären. Auch für explodierende Bäume hat er eine Erklärung.
 

 
Kommerzielle Witze in einem Barks-Weihnachts-Comic? Absolut, warum sonst soll der Weihnachtsbaum golden sein?
Beim Tannenstand angekommen zeigen sich schon die „normalen“ farbigen Tannen als überteuert, sodass eine gar goldene für Donalds Geldbeutel überhaupt nicht in Frage käme.
 

 
Ganz schön verweichlicht, die drei Ducks! Ohne Saft, ohne Kraft! Tja, das ist eben die moderne Jugend von heute. Lauter Softies, Knackies und Grufties! Jammerlappen allzumal!
Die drei Ducks hören jedoch nicht die Dame, welche hinter dem Zaun in ihrem Nacken lauert. Diese giert es nach den Kindertränen, die sie für einen Zaubertrank benötigt. Könnte diese Person etwa…?
Nein, als sie hervorkommt, entpuppt sie sich als füllige freundliche Frau, welche den Drillingen zum goldenen Weihnachtsglück verhelfen möchte. Diese Tanne wäre kostenlos und aus purem Gold.
 

 
Die Drillinge, ganz der Großonkel, sausen zum beschriebenen Satanszacken, äh, Teufelshorn hinauf und ahnen nichts von der mysteriösen Verwandlung, die hinterrücks und im Verborgenen geschieht.
 

 
Die Hexe! Sogar mit stilechten Socken! Wobei die Gesichtsfarbe eher nach ihrer Schwester aus dem Westen aussieht.
 

 
Natürlich reitet sie auch auf einem Besen. Ob sie wohl auch Quidditch spielt?
Ich wollte vielleicht an dieser Stelle erwähnen, dass Carl Barks nur eine Hexe selbst erfand. Diese Hexe Hulda hier (im englischen Original hat sie keinen Namen) stammt von einem Disney-Redakteur, der eine eindimensionale Schurkin brauchte. Hingegen Barks betonte immer, dass sowohl seine Schurken immer etwas Gutes inne haben und seine Helden auch immer etwas Schlechtes. Dieses simple Portrait einer Klischee-Hexe fand er beleidigend eindimensional.
 

 
Unter anderem deshalb wurde seine zweite Auftragshexe vier Jahre später auch etwas menschlicher und komplexer, nämlich Hexe Hedwig (im englischen heißt sie Hazel). Diese solidarisiert sich mit den Drillingen zu Halloween, um dem Miesepeter Donald ein paar Süßigkeiten zu entlocken. Die Handlung entstammt einem Cartoon, der gleichzeitig entstand und auf dem Markt kommen sollte. Deshalb sieht die Hexe auch so aus wie im Cartoon „Donald, Geister und Gespenster“ (im Englischen „Trick or Treat“) und stammt somit auch nicht von Barks.
 

 
Barks’ Vorstellungen einer Hexe gingen in eine komplett andere Richtung: Fast zehn Jahre nach Hedwig zeichnete er das erste Mal die moderne und attraktive Hexe Gundel Gaukeley (engl. Magica de Spell), welche, obwohl sie durchaus von altmodischen Methoden weiß, moderne Mittel schätzt, etwa einen batteriebetriebenen Hypnosestrahl oder Bombastik-Buff-Bomben, welche das Opfer betäuben. Und sie reist nicht auf einem gewöhnlichen Besen, sondern per Flugzeug. Diese Hexe giert auch nicht aus Jux und Dollerei nach Schaden jeder Art, sondern möchte wie Dagobert Duck einfach nur ihr Geld vermehren. Dazu benötigt sie eine Münze, die möglichst häufig von den reichsten Menschen der Welt befingert wurden – klar also, dass ihre größte Begierde Dagoberts erstverdiente Münze ist.
Für mich klingt das schon einmal nach einer viel interessanteren Hexe als Hulda.
 
So, das reicht für’s erste. Fortsetzung folgt.Zu allen Donald-Einträgen



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