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Ignoranz gegen Courage Berlin, Courage, Ignoranz

Autor:  iigo
Ein Thema, dass mich derzeit stark beschäftigt.
In letzter Zeit erlebe ich dauernd Situationen, in denen ich mit der Ignoranz der Leute in Berührung komme – vor allem beim Benutzen der öffentlichen Verkehrsmittel.
Ich weiß nicht, ob es nur an der Großstadt liegt, in der jeder gehetzt und auf sich konzentriert ist, oder ob es diese Probleme auch in kleineren Gemeinden und Dörfern der Fall ist.

Situation 1:
Die U-Bahn fährt ein und ein Haufen Menschen wollen einsteigen. Dass zuvor die Leute aussteigen müssen, damit kann man ja nicht rechnen. Die Bahnen sind schließlich schwarze Löcher, die alles und jeden aufsaugen und nach belieben wieder an anderer Stelle ausspucken.
Nun wurde ich in die Situation geschmissen, dass eine Frau noch aussteigen wollte, und 20 Leute hinein. Und natürlich war wieder jeder darauf ausgerichtet schnellstmöglich in die Bahn zu gelangen und einen der begehrten Sitzplätze zu ergattern. Die Frau kam nicht raus.
Mir wurde das zu blöd. Ich blieb vor der Tür stehen und lies die Frau raus. Hinter mir staute es sich und die Leute wurden aggro.
Kann mir ja egal sein. Ich habe nach bestem Gewissen gehandelt.

Situation 2:
Schienenersatzverkehr mit Bus.
Da der Bus sich verspätete und somit schon einige Leute warteten, mussten die meisten schon seit mehr als 10min (mich eingeschlossen) in der bitteren Kälte ausharren. Die meisten waren dementsprechend angepisst.
Alle quetschten sich also in den kleinen Bus hinein. Ich habe mich ganz klein und schmal gemacht, meinen Rucksack nach vorne genommen und in eine Ecke gequetscht, weil ich eh eine Weile fahren musste. Und NATÜRLICH gingen die Türen wegen Überfüllung nicht zu. Aber anstatt sich mal an andere Leute anzukuscheln und die Türen freizugeben, bestanden viele darauf ihren Platz um sich herum zu haben, um, im Falle dass der Bus anfahren oder abbremsen oder um ne Ecke fahren musste (mit so etwas kann man ja nicht rechnen – Busse fahren ja ausschließlich nur geradeaus), umkippen und wieder meckern zu können.
Also fuhr der Bus an jeder Haltestelle verspätet ab. Was für eine Freude.
Durch diese Kacke kam ich 5min zu spät zum Amt (es hatte natürlich pünktlich zugemacht). 2 1/2h meines Lebens vergeudet, weil Leute zu ignorant waren sich mal etwas näher an jemanden heranzustellen

Und zu guter Letzt Situation 3:
Wer die Berliner S-Bahnen kennt, weiß, wie oft gestresste Leute noch in die Bahn hüpfen wollen obwohl die Türen schon dabei sind sich zu schließen. Oft geht es gut. Manchmal sind die Türen schon zu, bevor derjenige sein Ziel erreicht hat. Dann ärgert man sich, aber davon geht auch die Welt nicht unter. Schlimmer ist da schon die dritte Möglichkeit:
Ich war letzte Woche dabei als es bei einer Frau schief ging und Möglichkeit Nummer drei eintrat. Sie versuchte noch in die S-Bahn zu gelangen nachdem die roten Lichter angingen und die Signale zum Türenschließen erklangen. Ihre Tüte und ihre Hand schafften es auch noch in die Bahn, nur der Rest ihres Körpers blieb draußen.
Ich saß eine Tür weiter und beobachtete die Szenerie.
Die meisten Leute blieben sitzen und schauten einfach nur teilnahmslos hin. Als ich merkte, dass KEINER aus ihrer näheren Umgebung einen Anflug von Hilfeleistung zeigte, sprang ich auf, rannte zur Tür und versuchte mit meinen mickrigen Kräften sie zu öffnen. Die Bahn fuhr an und vor meinem inneren Auge sah ich die Frau schon an der fahrenden Bahn hängen und um ihr Leben kämpfen...
Zum Glück gab es aufmerksames Bahnpersonal, die dem Fahrer Bescheid gegeben haben.
Kurz bevor die Frau, die btw wie am Spieß schrie, über die Absperrung gezogen wäre und somit den festen Bahnsteig verlassen hätte, kam die Bahn nochmal zum Stehen und die Tür ging auf.
Die Frau stieg dann nach kurzer  Befragung, ob es ihr gut ginge, zu uns ein und hielt sich die gequetschte Hand.
Ich ging zu meinem Platz zurück.
Das Härteste war jedoch nicht, dass niemand außer mir der Frau helfen wollte, sondern dass die Frau auch noch von vielen angegrinst wurde!! Die Schadenfreude sprang ihr nur so von allen Seiten entgegen!
Ich dachte, mich trifft der Schlag. Und ich war entsetzt, wie schrecklich grausam Menschen sein können – tatenlos zusehen, die jemand in Lebensgefahr ist und sich an noch den Todesängsten eines anderen zu erfreuen!
Ich bin geschockt über unsere Gesellschaft der Nicht-Bereitschaft anderen zu Helfen.


Fazit: Verlass dich in Notsituationen, in der es um das Überleben geht, nicht auf andere. Und schon gar nicht auf Fremde, und ihre Dummheit! Nur die wenigsten sind in der Lage, wirkliche Zivilcourage zu zeigen!
Ich sage ja nicht, dass man sich für andere in Lebensgefahr begeben muss, aber helfen, wenn einer in Not/ im Nachteil ist, sollte doch wohl drin sein, oder?
Ich werde jedenfalls immer versuchen alles mir mögliche in Gang zu setzen, um solche Situationen glimpflich ausgehen zu lassen.


Eure iigo