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Love of an angel

(an Angel Sanctuary Fanfiction)
von

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Part 23 - Unspoken love

03-08-20

Love of an angel

Part 23
 

Unspoken love
 

Ich muß mir langsam aber sicher wirklich diesen Hang zum strategischen Selbstmord abgewöhnen. Wenn Sevie oder Rosiel Wind von der Sache bekommen, das ich mich ohne Probleme in Jibrils Gemächer schleiche dürfte es mit meiner Gesundheit vorbei sein. Zu meinem Glück hat zum derzeitigen Zeitpunkt keiner der Beiden auch nur die geringste Ahnung was ich hinter ihrem Rücken so anstelle und um ehrlich zu sein habe ich auch nicht sie es jemals wissen zu lassen. Warum ich allerdings ausgerechnet heute so verdammt gut Laune habe kann ich mir selber nicht erklären. Vielleicht liegt es daran, das ich für die nächsten paar Stunden nicht einen einzigen meiner Wachhunde mehr sehen muß. Bis zum Abend kann ich tun und lassen was ich will, aber spätestens bis acht mußte ich wieder zurück sein. Am Besten wäre noch eine Viertelstunde früher, da Rosiel um Punkt acht Dienstschluß hat und das Erste was er inspizieren würde wäre mein Zimmer, nur um ganz sicher zu gehen, das ich mich wirklich den ganzen Tag nicht vom Fleck bewegt habe. Momentan habe ich das dumpfe Gefühl für ihn so etwas wie eine Trophäe zu sein, die man in einer Vitrine verwahrt und nur noch zum Abstauben herausholt, damit sie auch ja keinen Kratzer bekommt. Irgendwie reiflich krank, aber auch süß. Gott, ich bezeichne Rosiel als süß?! Hat mein Gehirn vielleicht irgendwo Schaden genommen und ich hab nichts davon gemerkt?

"Oh, Shao du kommst heute aber früh." Lachend sah ich Sara an. Sie trug ein schlichtes weißes Kleid, während ihre Haare sich zu einer kunstvollen Frisur auftürmten. Sie ähnelt Jibril immer mehr. Zumindest äußerlich. Sevie gibt sich wirklich Mühe den Schein zu wahren, aber immerhin war es auch, der Jibrils Seele in einen menschlichen Körper versetzt hat. (Rosiel kann eine richtige Plaudertasche sein wenn er will.) Pech nur, das Sara sich als Jibrils Wiedergeburt rettungslos in ihren leiblichen Bruder verliebt hat und damit eine der größten Sünden überhaupt beging.

"Bedank dich nicht bei mir. Mein Wachhund hat heute seinen freien Tag." Und das war noch nicht mal gelogen. Ich mußte zwar Catan beknieen, damit er mir erlaubte mich allein in Raquai, der Hauptstadt von Yetzirah herum zutreiben, aber nach Tausenden von Versprechungen zum Beispiel, auf jeden Fall vor acht zurück sein und auch ja keinen Blödsinn anstellen, ließ er mich schließlich gehen. Nicht, das er nicht genau wußte, das ich mich nach fünf Minuten bereits nicht mal mehr an die Hälfte meiner Versprechungen erinnern konnte und den Rest nicht allzu viel später ebenfalls vergessen hatte, aber er vertraute mir eben. Zumindest in dem Punkt, das ich pünktlich zurück sein würde. Ich wäre auch schön blöd das nicht zu tun. Wenn Rosiel spitz kriegt, das ich seine Anweisungen nach wie vor ignoriere bringt der es noch fertig und verpaßt mir ein Halsband oder so was ähnliches. Brr, grauenhafte Vorstellung.

"Wachhund?" Sie sah mich völlig perplex an.

"Weißt du das nicht? Rosiel meint mir könnte eventuell etwas zustoßen und läßt mich deshalb auf Schritt und Tritt verfolgen. Man, das ist noch ätzender als diese Möchtegern Bodyguards, die uns Mike immer verpaßt."

"Es kann nicht zufällig sein, das er der Ansicht ist du könntest ihm Schwierigkeiten machen, oder?"

"Ich? Ihm Schwierigkeiten machen? Einem Engel? Also bitte Sara-chan ich verbiete mir diese Unterstellungen." Sie krümmte sich vor Lachen als ich mein Gesicht theatralisch verzog.

"Shao-san ich gehe jede Wette ein, das er keine ruhige Minute mehr hat seit dem du hier bist." Grinsend beugte ich mich über die überall im Zimmer verteilten Pflanzen und genoß ihren süßlichen Duft. Sie lag gar nicht mal so falsch.

"Aber-" Sie klang plötzlich sehr ernst.

"- du solltest auf dich aufpassen. Sevothtarte schäumt vor Wut wenn man deinen Namen auch nur im Ansatz erwähnt." Seufzend riß ich mich von der kleinen, grünen Idylle los.

"Keine Sorge, ich habe nicht vor mich von ihm erwischen zu lassen." Das beruhigte sie zwar nicht sonderlich, aber wenigstens entspannte sie sich etwas.

"Schön und gut, aber was wenn er dich trotzdem mal hier entdeckt?"

"Tja, ich schätze dann muß ich verdammt schnell laufen." Sie lachte schon wieder und endlich ließ sie das Thema Sevothtarte fallen. Was mir nur recht war. Ich hatte nicht vor mir über irgendwelche wenn und aber Gedanken zu machen solange es nicht soweit war. Wenn Sevie mich erwischen sollte würde mir sicherlich irgend etwas einfallen um meinen Hals zu retten. Bisher hat es ja auch immer geklappt.

"Sag mal, nervt dich dieses Ding nicht zu Tode?" Mißmutig deutete ich auf den kleinen Bildschirm hinter mir auf dem sich zum drei dutzendenstem Mal derselbe Text wiederholte.

"Die Gläubigen reinen Herzens werden gerettet und die Sünder für alle Ewigkeit die Qualen des Fegefeuers erleiden." Äffte ich Stimme die Monitors nach.

"Was für ein Schwachsinn!" So was können sich auch nur Engel ausdenken. Sara zuckte mutlos mit den Schultern.

"Sie nennen das 'Persönlichkeitskorrekturprogramm' und ich darf mir den Quatsch jeden Tag anhören." Ich starrte den Bildschirm ungläubig an.

"Persönlichkeits- was?!" Und das jeden Tag?! Die haben echt eine Macke.

"Na ja Sevie meint ich würde das brauchen um meinen Posten als eines der Elemente wieder innehalten zu können." Sicherlich und Luzifer belegt einen Kursus in ökologischem Gartenbau. Sonst noch was?

"Also wenn du mich fragst ist das nichts weiter als der armselige Versuch einer Gehirnwäsche. Man, der Kerl sollte sich wirklich mal ein Hobby suchen."

"Willst du es nicht mal versuchen. Es ist so eine Art Spiel und wenn man die richtigen Fragen stellt bekommt man vielleicht auch mal eine sinnvolle Antwort." Ihr Gesichtsausdruck sprach Bände. Sie glaubte selber nicht an das, was sie sagte. Trotzdem konnte ich der Versuchung nicht widerstehen und nahm ihr Angebot an. Nach zehn Minuten gab ich mich geschlagen. Wer auch immer dieses Programm entwickelte hatte war ein absoluter Vollidiot. Das Teil gab immer denselben Schwachsinn von sich egal, was man auch versuchte. Das heißt bis ich es mit einer Frage überforderte. Ich fragte fast zeitgleich nach dem Fall Luzifers und Alexiels woraufhin der Bildschirm schwarz wurde. Schätze mal das war's.

"Wow Shao, den Trick muß ich mir unbedingt merken. Das Ding ist doch sonst nicht totzukriegen."

"Wart's nur ab. Es wird noch besser." Verschwörerisch grinste ich sie an und begann den Inhalt meines Rucksacks auf dem Boden zu verteilen. Ich hatte mich mit allem eingedeckt, was man irgendwie brauchen könnte oder würde um sich in das Hauptcomputersystem von Yetzirah zu hacken. Saras Augen wurden immer größer.

"Langsam kann ich Rosiel verstehen. Es ist wirklich einfacher dich unter Verschluß zu halten. Du schreckst anscheinend vor nichts zurück." Munter machte ich mich daran das Gehäuse des Bildschirms zu öffnen und nach und nach die Kabel zu sortieren. Es würde nicht sonderlich lange dauern eine sichere Leitung auf die Beine zu stellen.

"Als wenn dich das stören würde. So finden wir jedenfalls am Schnellsten raus wo Setsuna gerade steckt und wie dicht sie ihm auf den Fersen sind." Damit wären wir dann auch beim Thema des Tages gelandet und plötzlich konnte es ihr gar nicht mehr schnell genug gehen. Nach zehn Minuten war ich soweit. Die Leitung stand und ich konnte mich frei durch jede nur erdenkliche Datenbahn des Systems arbeiten. Genüßlich griff ich nach dem Headset und der Tastatur. Es dauerte nicht all zulange bis ich mit ein paar falschen Fährten genügend von mir abgelenkt hatte und endlich das fand wonach ich suchte. Die Geheimakten der Anima Mundi und damit alle Daten, die mich interessierten. Anscheinend haben sie vor kurzem ein Portal in Richtung Hölle geöffnet und dafür kann es nur einen einzigen Grund geben, Setsuna. Es wird allmählich Zeit sich doch etwas näher mit ihnen zu befassen. Sie sind besser als ich dachte. Vollkommen zufrieden lockte ich mich aus dem System aus und räumte meinen Kram wieder ordentlich zusammen. Saras Fragen ignorierte ich dabei so gut ich konnte, was mir eine gehörige Portion Kopfnüsse einbrachte. Lachend gab ich mich geschlagen und erklärte ihr was ich herausgefunden hatte. Sie war sichtlich beeindruckt.

"Keine Sorge Sara-chan, wenn sie ihr Vorhaben wirklich in die Tat umsetzen wird es hier demnächst richtig interessant." Sie fragte mich nicht was genau ich damit meinte, aber irgendwie schien meine Zuversicht sie zu beeindrucken. Kein Wunder, in den Akten ist der klitzekleine Vermerk gewesen, das die Anima Mundi mit Hilfe von Setsuna den Versuch starten würde Sevothtartes Schreckensherrschaft zu beenden. Ich bin schon gespannt wie sie den kleinen Hitzkopf davon überzeugen wollen.

"Woher nimmst du nur diese Kraft? Wenn man dich so ansieht könnte man meinen das es auf dieser Welt kein Problem existiert, das man nicht lösen könnte." Ich zuckte mit den Achseln. So einfach ist es zwar nicht, aber lassen wir das.

"Nicht?" Es war egal, das ich log. Was Sara-chan jetzt braucht ist jemand dem sie vertrauen kann und der ihr ihren Glauben an sich selbst und die Welt wiedergibt. Und so wie es aussieht bin ich momentan die einzige Person, die das schaffen kann. Außer mir gibt es eigentlich niemanden der sich um sie kümmert. Na ja, bis auf-

"Sara-sama? Oh ihr habt Besuch." -Moon-Lil, die gerade mit einem Tablett auf dem sie ein Teeservice balancierte den Raum betrat.

"Hi, schön dich wiedersehen." Ich half ihr beim Absetzen des Tabletts. Die Kleine ist wirklich niedlich. Sie kümmert sich seit Saras Rückkehr liebevoll um diese und auch wenn sie direkt Sevothtarte untersteht und ihm einen regelmäßigen Bericht erstatten muß habe ich sie in mein Herz geschlossen. Sie ist so ganz anders als die anderen Sisters. Lieb, freundlich und ungemein redselig wenn man ihr die Chance dazu gibt. Im Prinzip entspricht sie viel mehr dem was man sich im Allgemeinen unter einem Engel vorstellt als jeder andere von diesen Möchtegern Engel in Yetzirah. Dabei ist sie nur eine leicht unterbemittelte Sister, deren Intelligenz so stark eingeschränkt worden ist, das sie an nichts anders mehr dachte als ihrem Herrn zu dienen. Allerdings hat Moon-Lil dabei wesentlich mehr von ihrem Charakter behalten als es auf den ersten Blick auffällt. Sie ist bei Weitem nicht so dumm wie Sevothtarte denkt und obwohl sei seinem direkten Befehl untersteht ist nicht zu übersehen, das es einzig und allein Sara ist, der ihre Treue gilt. Ich hoffe nur das Sevie, das nie merken wird. Diese kleine Sister würde das wahrscheinlich nicht überleben.

Den Namen Moon-Lil verdankte sie einem mehr oder weniger dummen Zufall. Sie hatte mich fast mit einem Blumentopf voller Mondlilien umgerannt und ich konnte es mir nicht verkneifen ihr einen kleinen Streich zu spielen. Mondlilien blühen normalerweise nur bei Nacht, wenn das Licht des Mondes ihre zarten Blütenblätter berührt, aber manchmal ändern sich die Dinge. Ohne das sie es merkte hatte ich eine der Blüten mit meinen Fingern berührt und die Knospe öffnete sich fast augenblicklich. Sie entdeckte es natürlich erst viel später und diese kleine Blüte, die sich so sehr von den anderen Mondlilien abhob verdankte sie ihren Namen.

Eine kleine, vorwitzige Mondlilie... die ein bißchen anders ist als alle anderen, so hatte Sara-chan mir die Wahl dieses Namens erklärt und ich fand, das es niemand mehr verdient hatte ihn zu erhalten als diese kleine Sister, die eine solche Schwäche für Blumen hatte, das sie mich schon fast schmerzhaft an mein altes Selbst erinnerte. Na ja, was die Blumen angeht. Ansonsten kann man uns wohl kaum vergleichen. Moon-Lil ist einfach viel zu nett und naiv für diese Welt. Ihre Augen wirken wie die eines kleinen Kindes, das zum ersten Mal die weite Welt um sich herum erkundet. Da sie nebenbei noch eine riesen Schwäche für Blumen hatte verwandelte sich Saras Zimmer nach und nach in ein kleines, grünes Paradies. Ich war ihr anfangs immer nur im Vorbeigehen begegnet, da weder Sara noch ich wußten in wie weit wir ihr trauen konnten, aber das hatte sich schnell gelegt. Ich konnte mir nicht vorstellen, das jemand derart naives jemanden verraten könnte und ich hatte recht behalten. Moon-Lil hat Sevothtarte gegenüber nie irgend etwas über meine Besuche bei Sara erzählt und als ich sie einmal danach fragte meinte sie nur, das sie lediglich den Befehl hatte Saras Persönlichkeitskorrekturprogramm (was für ein Wort) zu überwachen oder ob diese etwas komisches sagte. Alles andere mußte nicht gemeldet werden. Das war auch der Grund warum meine Besuche immer länger und länger ausfielen. Solange Moon-Lil dabei war schöpfte keiner von Sevies Männern Verdacht und wir konnten ungestört miteinander reden. Allerdings hatte ich mir für den heutigen Tag etwas ganz besonderes ausgedacht.

"Lil-chan, könntest du den Tee heute vielleicht woanders servieren?" Lil-chan, diesen Spitznamen hatte sie sich selbst geben und nur Sara und ich nannten sie so. Für die Anderen war sie einfach nur Moon-Lil oder eine weitere namenlose Sister.

"Ich verstehe euch nicht ganz Shao-sama." Ich lächelte sie sanft an. Das -sama ließ sie sich beim besten Willen nicht abgewöhnen und ich hatte es schließlich aufgegeben. Es war hart wenn sie einen mit ihren großen, unschuldigen Augen ansah und dabei nichts weiter wollte als geliebt zu werden. Man mußte sie einfach liebhaben.

"Komm, ich zeig es dir." Gelassen öffnete ich die hinter den weiten Gardinen versteckte Balkontür und genoß den frischen Luftzug der in das Zimmer strömte. Erst als Lil-chan neben mir stand und sich neugierig umsah wies ich hinunter auf den Wassergarten.

"Aber, aber Shao-sama."

"Keine Sorge Lil-chan es ist schon OK. Sevothtarte will doch das Jibril ihre Erinnerung zurückgewinnt oder?" Sie nickte zögernd.

"Siehst du und der einfachste Weg ist sie in ihre gewohnte Umgebung zu bringen. Wenn sie erst einmal dort ist findet sich ihr Gedächtnis wahrscheinlich von ganz alleine wieder." Sie wollte erst protestieren doch dann begann ihr Gesicht zu strahlen.

"Oh Shao-sama ihr seit so klug. Sevothtarte-sama wird das sicher gefallen." Das bezweifelte ich zwar stark, aber es wäre unklug ihr jetzt die Wahrheit zu sagen. Sie stürmte samt Teetablett aus dem Raum. Arme Kleine. Hoffentlich verzeihst du mir, das ich deine Leichtgläubigkeit so sehr ausnutze.

"Und wie sollen wir da runter kommen? Man wird uns wohl kaum zur Tür raus lassen." Sara maß mit ihrem Blick kritisch den Abstand zwischen dem Balkon und dem Boden ab. Sie war von meiner Idee mit dem Picknick zwar nicht sonderlich begeistert gewesen, da es für Lil-chan und uns wahrscheinlich nur Schwierigkeiten geben würde wenn sie uns erwischten, aber letztendlich hatte ihr Wunsch dieses Zimmer zu verlassen und sei es nur für ein paar Stunden, gesiegt.

"Ganz einfach wir werden springen." Lachend setze ich einen Fuß auf die Brüstung.

"Wir werden WAS?!" Sie starrte mich vollkommen entgeistert an.

"Komm schon Sara-chan. Wo ist dein Vertrauen in mich?" Sie griff nur zögernd nach meiner Hand und sah immer wieder hinunter, fast so als würde sie hoffen, das sich der Abstand zum Boden dadurch verringerte.

"Ähm weißt du Shao ich traue dir wirklich viel zu, aber wenn wir das hier schaffen wollen dann bräuchten wir schon-"

"Flügel?" Ihr klappte die Kinnlade runter als sich auf meinem Rücken zwei schneeweiße Schwingen entfalteten.

"Die dürften reichen, oder?" Sie war dermaßen baff, das sie nicht einen Ton mehr rausbrachte. Grinsend zog ich sie enger an mich und ließ mich fallen. Sie kreischte auf als sich unser Fall immer weiter beschleunigte. Lachend bremste ich ihn schließlich ab und stieg mit ihr hinauf in das klare Blau des Himmels, bevor ich sie sanft auf dem Rasen des Wassergartens absetzte. Sie zitterte immer noch am ganzen Körper und hielt ihre Augen nach wie vor fest geschlossen.

"Och komm schon Sara-chan. So schlecht fliege ich nun auch wieder nicht." Zögernd öffnete sie abwechselnd erst das linke und dann das rechte Auge bis sie sich ganz sicher war wirklich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Erst danach sah sie sich mit beiden Augen um und streckte die Arme weit von sich. Sie genoß ihre Freiheit in vollen Zügen, das war deutlich zu sehen. Lächelnd sah ich ihr zu wie sie ihre Freiheit genoß. Schade, das sie heute abend wieder zurück sein mußte. Es wäre viel besser für sie wenn sich ebenso frei bewegen könnte wie ich, aber das würde Sevothtarte niemals zu lassen.

"Wieso kannst du überhaupt fliegen?" Sie überrumpelte mich etwas mit dieser Frage, aber ich hatte lange Zeit gehabt mir zu überlegen, was ich ihr erzählen würde.

"Na ja sagen wir einfach mal, das manche Leute mit ihren Vermutungen gar nicht mal so unrecht haben." Sie sog hörbar die Luft ein. Das sie mit ihrer Behauptung ich sei ihr Schutzengel vielleicht recht haben könnte, damit hatte sie nicht gerechnet. Lachend erklärte ich ihr, das es nicht ganz so einfach war.

"Darum ist Michael so schlecht auf dich zu sprechen. Er weiß das du ein Engel bist." Lachend sah ich sie an und führte ganz nebenbei über zwanzig Gründe auf warum Michael eine chronische Abneigung gegen mich entwickeln könnte beziehungsweise diese ohnehin schon hatte. Woraufhin sie damit konterte, das Raphael sie immer wieder über mich ausfragte. Anscheinend hatte ich in ihm einen neuen Fan gewonnen. Grinsend gab ich ihr zu verstehen was meiner Meinung nach Raphaels wahre Absichten waren und sie hatte reiflich Mühe sich vor Lachen noch auf den Beinen zu halten. Erst als Moon-Lil uns von einer anderen Ecke des Gartens aus zu winkte schaffte sie es sich wieder zusammen zu reißen.

Der ursprüngliche Tee im Grünen wurde dank Lil-chan zu einem ausgewachsenen Picknick. Keine Ahnung wie sie es in der kurzen Zeit geschafft hatte, aber auf der Decke vor uns stapelten sich unzählige Köstlichkeiten. Man weiß gar nicht wo man zuerst mit dem Probieren anfangen soll. Zufrieden ließ ich mich auf ein Kissen (ebenfalls von Lil-chan organisiert) sinken und griff wahllos nach einem Cremetörtchen. Noch während ich kaute und den Geschmack nach frischen Erdbeeren in meinem Mund genoß fiel mir Saras ununterbrochenes Grinsen auf. Sie deutete mit einer Hand auf ihre Nase und ich begriff was sie mir sagen wollte. Sieht ganz so aus als hätte ich es wieder einmal erfolgreich geschafft meine Nasenspitze zu tief in etwas hineinzustecken. Lachend wischte ich mir mit einem Finger die Creme ab. Das passiert mir wirklich jedes Mal wenn es um Cremetörtchen geht. Meine Nasenspitze bekommt immer etwas ab.

Die Zeit verging wie im Flug. Vor allem nach dem auch noch Metatron auftauchte, der sich über Saras und meine Anwesenheit gar nicht genug freuen konnte. Im Nu hatte er drei Cremetörtchen verschlungen und machte sich dann daran ein riesen Stück Sahnetorte zu vernichten. Richtig niedlich der Kleine. Er sieht inzwischen fast selber wie ein Cremetörtchen aus. Das Problem ist nur, das ich ziemlich genau wußte, das wenn Metatron hier bei uns ist, Sevie ebenfalls nicht sonderlich weit weg ist. Was passieren würde wenn er seinen Schützling in unserer Gesellschaft und noch dazu vollkommen cremeverschmiert vorfindet wage ich mir nicht einmal auszumalen. Eigentlich ein verdammt guter Grund das Picknick so schnell wie möglich zu beenden und abzuhauen. Nur leider entdeckte Metatron just in dem Moment wo ich das Thema Sevie und Gefahr im Verzug ansprechen wollte, in einer meiner Manteltaschen einen sorgsam zusammengefalteten Zettel. Resigniert seufzte ich als er ihn Sara reichte, damit sie ihn ihm vorlas. Auf dem Zettel stand eigentlich nichts weltbewegendes. Es ist der Text zu einer Melodie, die Shion vor geraumer Zeit komponiert hat und zu der ihm einfach kein Text einfallen wollte. Ich hatte ihm angeboten ihm dabei zu helfen einen passenden Text zu schreiben, aber leider war es mit meiner Kreativität zu diesem Zeitpunkt auch nicht sonderlich weit her. Vor ein paar Tagen ist mir dann endlich die zündende Idee gekommen welche Art von Text am Besten zu dieser Melodie passen würde und noch in derselben Nacht hatte ich ihn fertig. Und so wie ich Sara-chan einschätzte wird sie wohl kaum warten können bis er veröffentlicht wird. Nun ja, es war nicht nur Sara, die mich bittend ansah sondern auch Moonlil und Metatron. Wer kann schon drei Paar treuen Hundeaugen widerstehen?

Entspannt lehnte ich mich etwas zurück und ließ sanft ich meine Stimme über das Grün des Wassergartens erklingen. Ich hatte den Song >Angel<genannt und dieser Name paßte zu ihm. Immerhin beschrieb ich damit einen ganz bestimmten Engel, wenn auch nicht den eigentlichen Namensgeber. Obwohl ich bezweifele, das Sevie dieser Song gefallen wird. Ein leichtes Prickeln im Nacken ließ mich zwar nicht mit dem Singen aufhören, aber mein Blick striff suchend über die nähere Umgebung. Von irgendwoher war Gefahr im Verzug doch ich konnte nicht ausmachen von wo genau. Erst als ein dunkler Schatten über mich fiel wußte ich das es bereits zu spät war aufzuhören. Wahrscheinlich hat er alles gehört. Die letzte Textzeile betonte ich deshalb nicht ganz so stark, wie es eigentlich hätte sein sollen. Noch während des letzten Tons machte ich einen Satz nach vorne und schlug einen Haken zur Seite. Wie sich herausstellte war das meine Lebensrettung. In dem Kissen auf dem ich bis vor zwei Sekunden noch gesessen hatte steckte ein gut anderthalb Meter langer Metallstab. Wen das noch nicht beeindruckte, der brauchte nur seinen Blick zu heben. Wem diese zwei eiskalten Augen keine Angst einjagten, der verdiente eine Heidenrespekt. Es wäre ja auch zu schön gewesen mal einen Tag ohne größere Schwierigkeiten hinter sich zu bringen.

"Du schon wieder." Sevothtartes Stimme bebte vor Zorn. Ich schätze ich bin ein klein wenig zu weit gegangen.

"Man sollte dich vernichten." OK, ein bißchen ist vielleicht etwas untertrieben. Sevie sieht nicht so aus, als würde er mich so ohne Weiteres davon kommen lassen. Die sechs Engel, die ihn begleiteten sorgten auch nicht gerade für Chancengleichheit.

"Wie wäre es wenn du dir das noch mal überlegst?" Seine Antwort war ein Energiesalve, der ich mit einer eleganten Drehung auswich. Ein kleiner Blick zur Seite verriet mir, das sich weder Sara noch Moon-Lil oder Metatron bewegten. Gut, dann bleibt die Sache unter Sevie und mir.

"Sperrt sie ein!" Augenblicklich setzen sich seine Begleiter in Bewegung um mich einzukesseln. Lachend sah ich den weißen Engel an. Wie schön, das er mich immer noch unterschätzt. Meint er ernsthaft ich hätte mir keine Gedanken um eine Fluchtmöglichkeit gemacht?

"Meinst du wirklich das ist so einfach?" Er funkelte mich an.

"WAS?!" Na was schon? Das heißt ich werde dich wieder mal austricksen, was denn sonst?

"Schon vergessen? Du hast es selbst gesagt, ich bin kein gewöhnlicher Mensch. Wenn ihr mich einsperren wollt, dann müßt ihr mich erstmal fangen." Ich nutzte den kleinen Moment in dem sie abgelenkt zu einem Sprint und stieß mich dann vom Boden ab.

"Das heißt, wenn ihr könnt." Sevothtartes vollkommen entsetzter Blick beim Anblick meiner voll entfalteten, weißen Schwingen war pure Genugtuung. Sicher, seine Männer setzen mir augenblicklich nach, aber es würde nicht sonderlich schwierig werden sie zwischen den Türmen Raquias abzuhängen. Immerhin habe ich diese während meiner Studienzeit im Himmel mehr als gründlich erkundet. Daran, das ich ein Engel war würde Sevothtarte verdammt lange zu knabbern haben und auch wenn ich damit eines meiner kleinen Geheimnisse verraten habe besser kann man sich schon fast nicht mehr fühlen. Nun, das fast würde nicht mehr lange der Fall sein. Meine Verfolger merkten gar nicht wie sehr ich mit ihnen Katz und Maus spielte. Jedesmal wenn sie glaubten mich in die Enge getrieben zu haben überraschte ich sie mit einem neuen Flugmanöver. Sie hatten keine Chance. In der Luft waren sie mir hoffnungslos unterlegen. Erst als sich der Horizont allmählich rot verfärbte wurde es Zeit sie endgültig loszuwerden. Mit einem heiseren Lachen (bei zwei Stunden Dauer Amüsement kein Wunder) faltete ich meine Flügel eng an meinem Rücken zusammen und ließ mich fallen. Sie würden niemals schnell genug merken, das es sich hierbei nicht um eine Verzweiflungstat sondern um Taktik handelte. Nach gut zweihundert Metern freiem Fall öffnete ich meine Schwingen wieder. Gerade weit genug um den Sturz abzubremsen und eine kleine Kurve zu fliegen. Eine halbe Minute später stand ich auf einem Mauervorsprung und mußte ernsthaft darauf achten beim Anblick meiner sichtlich ratlosen Verfolger nicht vor lauter Lachen von diesem herunterzufallen. Diese Amateure haben den Bannkreis durch den ich mich verdrückt habe gar nicht bemerkt. Grinsend ließ ich meine Schwingen verschwinden und tastete mich vorsichtig an der Wand entlang bis zu einem halb geöffneten Fenster. Vorsichtig zog ich es noch ein kleines Stückchen weiter auf und schlich mich hinein. Hinter mir schlossen sich die Fensterläden fast von allein. Perfekt! Niemand würde etwas merken. Allmählich gewöhnten sich meine Augen an das angenehme Halbdunkel um mich herum und ich konnte wage die Konturen der einzelnen Regale im Raum ausmachen. Keiner meiner Verfolger würde auf die Idee kommen mich ausgerechnet hier zu suchen. Gelassen schlenderte ich die Regalreihen entlang und ließ meine Finger gedankenverloren über die einzelnen Buchrücken streifen.

Es ist lange her, das ich im Dämmerlicht allein durch diese Gänge gewandert bin. Dieser Ort ist für mich ein einziges Meer schöner Erinnerungen. Ich hing meinen Gedanken nach und merkte gar nicht wie die Zeit verging. Ab und zu wich ich einem Bücherstapel aus, der mir im Weg stand. Fröhlich vor mich hinsummend löste ich mich schließlich von den Regalen und verriegelte die Tür der Eden-Bibliothek hinter mir. Der Tag hätte gar nicht besser enden können. Obwohl, noch ist er nicht vorbei. Ach was, Rosiel kommt vor acht nicht wieder und bis dahin ist noch unheimlich viel Zeit. Grinsend warf ich zur Sicherheit noch mal einen prüfenden Blick auf meine Uhr, aber sie versicherte mir, das mir noch weit mehr als eine Stunde Zeit blieb ehe ich zurück sein mußte. Es konnte gar nichts schiefgehen. Ein leichtes Räuspern aus einer kleinen Nische schräg hinter mir entlockte mir nur ein weiteres Lächeln. Anscheinend ist Raziel heute auch schon hiergewesen. Mit einem spöttischen Grinsen auf den Lippen drehte ich mich um.

"Du hattest wohl Sehnsucht nach mi-" Meine Gesichtszüge gefroren, als ich erkannte, das es nicht Raziel war, der mir gegenüberstand.

"Ro... Ro.. Rosiel?" Er hatte mich vollkommen überrumpelt und das wußte er. Seine goldenen Augen funkelten mich amüsiert an während ich mir verzweifelt den Kopf darüber zerbrach wie ich ihm meine Anwesenheit an diesem Ort erklären sollte. Nicht, das ich diese Szene nicht schon drei Dutzend Mal in Gedanken durchgespielt hätte immerhin war klar, das er mich eines Tages erwischen würde (so dämlich ist er leider nicht), aber gerade jetzt fiel mir nicht eine einzige von meinen mühsamen erdachten Ausreden mehr ein.

"Wa... was... machst du denn hier?" Ganz toll. Konnte dir etwa nicht was noch Intelligenteres einfallen? Man kann sich unter Garantie wesentlich eleganter aus der Affäre ziehen, wenn man sein Gegenüber nicht anstottert, oder? Aber mir fiel zum Geier noch mal nichts Besseres ein. Er grinste mich spöttisch an. Gratuliere du hast ihm soeben das Feld überlassen. Fang schon mal an dein Grab auszuheben.

"Dasselbe könnte ich dich fragen." Ich konnte spüren wie meine Knie bei dem Klang seiner Stimme weich wurden. Nicht genug damit, das er mich hier entdeckt hatte, nein jetzt müssen natürlich auch unbedingt diese gottverdammten Schmetterlinge in meinem Bauch zu neuem Leben erwachen. Warum können die damit denn nicht noch ein Weilchen warten? Es ging doch bisher gut. Oder bin ich schon zu lange hier um meine Gefühle noch weiterhin ignorieren zu können?

"Wie kommt es das jemand wie du von diesem Ort weiß?" Seine Stimme war vollkommen ruhig und es zeigte sich nicht die geringste Regung in seinem Gesicht trotzdem machte ich vorsichtshalber erst einmal einen kleinen Schritt Rückwärts. Viel mehr ging eh nicht, da sich das Portal direkt in meinem Rücken befand. Fluchtchancen also gleich Null.

"Erzähl mir aber bloß nicht, das es ein Zufall war." Ich zuckte kurz mit den Schultern und wollte gerade genau zu so einer Art von Erklärung ansetzen, aber er war schneller. Er stemmte seine Arme links und rechts neben meinen Kopf. Scheiße!

"Das glaube ich dir nämlich nicht." Sein Gesicht befand sich nur noch einen knappen Zentimeter vor meiner Nasenspitze und das Kribbeln in meinem Bauch verstärkte sich. Nicht jetzt! Um Himmels willen nicht jetzt! Wenn das nicht bald aufhört fange ich noch an mich wie ein verliebter Teenager zu benehmen. Wirklich das Allerletzte, was ich jetzt gebrauchen kann.

"Du bist nämlich nicht der Typ für solche Zufälle." Er hob mein Kinn leicht an, als ich seinem Blick ausweichen wollte und zwang mich ihn anzusehen. Unter diesen forschenden Augen wurde mir abwechselnd heiß und kalt. Ich brachte immer noch keinen Ton raus. Weiß der Geier warum Rosiels Gegenwart auf mich plötzlich derart stark wirkte. Ich habe meine Gefühle doch sonst im Griff. Warum jetzt nicht? Was ist so anders als sonst?

"Wie praktisch, es hat dir ausnahmsweise mal die Sprache verschlagen." Sein Atem schlug heiß an meine Wange und augenblicklich begannen meine Knie unter mir nachzugeben während sein Grinsen immer breiter wurde. Er hielt mich lächelnd fest als er merkte, das ich leicht schwankte. Allmählich wurde mir schwummerig. Warum diese Situation eine solche Wirkung auf mich hatte konnte ich mir allerdings nach wie vor nicht erklären. Schließlich stehe ich Rosiel nicht zum ersten Mal allein gegenüber und ich habe auch schon mal wesentlich weniger dabei angehabt. Es ist auch schon weitaus gefährlicher gewesen als jetzt. Trotzdem ist es dieses Mal irgendwie anders. In der Luft lag eine Spannung, die fast schon körperlich spürbar war und das kam bestimmt nicht von meinem schlechten Gewissen, weil ich wieder mal gegen eins von Rosiels ausdrücklichen Verboten verstoßen hatte. Aber was ist es dann? Warum rast mein Puls dann so? Es kann doch nicht sein, das nur weil wir mutterseelenallein in einem dunklen Gang stehen, der lediglich von einer dünnen Ölflamme erhellt wird meine Gefühle plötzlich Achterbahn fahren.

"Schlechtes Gewissen?" Er lächelte mich zuckersüß an und amüsierte sich anscheinend prächtig über meine momentane Sprachlosigkeit. Eine seiner Hände spielte mit einer Haarsträhne, die sich aus meiner Frisur gelöst hatte. Dann wurde sein Blick kritisch und er zog kurz daran.

"Wohl eher nicht." Ich schnappte nach Luft als seine Hand meinen Nacken hinauf fuhr und durch meine Haare kraulte. Nicht, das es mir nicht gefiel im Gegenteil, ich könnte mehr davon vertragen. Wäre wenigstens mal etwas anders zu dem dauernden miteinander Streiten. Aber es ist komisch. Dieses Verhalten paßt so gar nicht zu dem Rosiel den ich kenne. Was zum Henker will er nur von mir? Ich versuchte ein Stückchen nach hinten auszuweichen mit dem Ergebnis, das ich nun vollständig mit dem Rücken an der Wand stand und damit Nullchancen hatte ihm doch noch irgendwie zu entwischen. Außerdem frage ich mich inzwischen wirklich ob es mir noch gut geht. Meine Gedankengänge im Bezug auf Rosiel beunruhigen mich immer mehr. Wie war das noch gleich mit dem ich werde es ihm nie sagen? Momentan stehe ich kurz davor alle meine Vorsätze zu vergessen und einfach in seine Arme zu sinken. Von dem was ich am Liebsten mit ihm anstellen würde mal ganz zu schweigen.

"Du bist also ein Engel?" Diese Feststellung gab er vollkommen ruhig von sich und wäre ich mir nicht hundertprozentig sicher gewesen, das es wirklich Rosiel war, der hier vor mir stand, dann hätte ich wohl an eine Sinnestäuschung geglaubt. Wenigstens bekam ich mich so wieder halbwegs in den Griff. So unwiderstehlich ist er nun auch wieder nicht. Sieht man mal von den wunderschönen, goldenen Augen, den seidenweichen Haaren und einer Stimme wie dunkler Samt ab... ähm, hallo kann mich bitte mal jemand kneifen!

"Schön blöd von dir das ausgerechnet Sevie zu zeigen. Der Ärmste kocht vor Wut." Moment! Sehe ich das gerade richtig? Rosiel grinst mich zufrieden an und amüsiert sich königlich über dieses Thema?! Ich bin definitiv im falschen Film. Das kann niemals Rosiel sein. Ansonsten würde ich wohl kaum so reagieren. Er rückte ein Stückchen näher um mir etwas ins Ohr flüstern zu können. Mein Puls begann zu rasen, als mich sein Atem streifte.

"Wir sollten uns allerdings wirklich mal über deine Besuche bei Jibril unterhalten." Seine Augen funkelten mich spöttisch an, als seine Hand zärtlich meine Wange entlang fuhr. Meine Lippen begannen leicht zu zittern und am Liebsten hätte ich ihn an mich gezogen um ihn zu küssen. (Ich muß wirklich einen Schaden haben.) Verzweifelt versuchte ich statt dessen noch ein Stückchen weiter nach hinten auszuweichen. Inzwischen würde zwischen mich und die Wand nicht mal mehr eine Briefmarke passen. Mein Pulsschlag steigerte sich von Minute zu Minute und egal was ich auch machte, ich konnte mich nicht mehr länger gegen den Ansturm meiner Gefühle wehren. Viel zu lange hatte ich alles was Rosiel betraf tief in meinem Inneren verschlossen und nun brach es allmählich hervor. Sicher, ich weiß schon seit geraumer Zeit, das ich diesen gestörten Engel liebe, aber das zu geben? Noch dazu in seiner Gegenwart? Niemals!

"Einen Befehl von Sevie zu fälschen ohne das er das merkt. Ziemlich beeindruckend. Aber-" Seine Hand fuhr in meine Haare und er zog daran, damit ich seinen Blick erwiderte. Mein Vorsatz geriet ins Wanken als sich unsere Blicke trafen. Ich hätte in diesen Augen ertrinken können. Niemals ist so ein endgültiges Wort...

"- meinen Namen für deine kleinen Spielchen zu benutzen ist unverzeihbar." Sein Blick war kalt wie Eis, ebenso seine Stimme. Vielleicht ist niemals doch gar nicht mal so schlecht. Mit einem Ruck befreite ich mich von seiner Hand. Das war wieder ein Terrain auf dem ich mich sicher zu bewegen weiß. Keine Minute zu früh. Fast hätte ich nachgegeben. Danke!

"Ach und warum kommst du damit erst jetzt? Wenn dich das so sehr stört hättest du das doch schon viel früher unterbinden können." Die Blitze, die aus seinen Augen schossen waren fast schon beängstigend. Jedoch ist mir das weitaus lieber, als sein warmer Blick kurz zuvor. Mit einem wütenden Rosiel würde ich fertig werden. Mit einem Rosiel, der mich sanft ansieht ist das hingegen was ganz anders. Eigentlich schade... ich frage mich wonach wohl seine Lippen schmecken...

"Reiz mich nicht. Ich habe dir mehr als genügend Spielraum gelassen, aber das ist jetzt vorbei." Ich grinste ihn an und verkniff mir mühsam ein gehässiges Lachen. Rosiel-chan, das schaffst selbst du nicht. Langsam verlief das Gespräch wieder in den für uns normalen Bahnen und das erleichterte mich unheimlich. Obwohl ein kleiner Kuß bestimmt nicht schaden würde. Hallo? Geht es mir noch gut? Er ist der höchste Engel im Himmel und dreht dir wahrscheinlich allein für den Versuch den Hals um.

"Von nun an wirst du meine Gemächer nur noch verlassen, wenn ich es erlaube." Jetzt dreht er völlig durch. Ihm müßte doch klar sein, das ich genau das Gegenteil von dem tun würde, was er mir sagt. Vor allem wenn er es in diesem Befehlston von sich gibt.

"Das ist kein Spiel. Wenn Sevie dich das nächste Mal in die Finger kriegt, ist es aus mit dir." Er tut ja gerade so als würde ich mich erwischen lassen.

"Dann kann nicht mal ich dir mehr helfen." Dieser Satz erstickte alle meine Erwiderungen im Keim. Er versucht nicht mich zu ärgern. Er versucht mich zu beschützen. Diese Erkenntnis traf mich wie ein Hammerschlag und es stellte sich ein Gefühl ein, das ich schon ewig nicht mehr gespürt hatte. Die Gewißheit, das eine Liebe erwidert wird, auch wenn der Andere es nicht ausspricht. Es ist wunderschön das zu wissen.

Ich wehrte mich nicht, als er mich noch enger an sich zog und erst sanft und dann fordernder küßte. Es ist falsch! Rosiel ist einer der höchsten Engel im Himmel und er wird fallen, wenn ich nichts dagegen unternehme. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und erwiderte den Kuß. Wenn er überrascht war, dann zeigte er es nicht. Er war viel zu sehr damit beschäftigt den Kragen meiner Uniform zu öffnen. Seine Lippen preßten sich heiß auf meinen Hals während sich immer mehr Knöpfe meiner Uniform öffneten. Seine Lippen bewegten sich in gleichmäßigen Abständen über die freigewordene Haut. Es ist falsch was wir hier tun. Wir sind beide Engel und werden garantiert fallen, wenn das hohe Konzil davon erfährt, aber was macht es schon ein Mal seinen Gefühlen nachzugeben? Mein Herz ist viel zu lange allein gewesen. Ich versuchte Rosiel zwischen unseren Küssen die Konsequenzen klarzumachen, aber genauso gut könnte man probieren ein Feuer mit einer Pipette zu löschen. Wir hatten beide längst vergessen was um uns herum geschah. Irgendwo zwischen seinen feurigen Küssen versuchte Rosiel mir meine Bedenken zu nehmen.

"Einmal... nur einmal... ein einziges Mal... was soll schon passieren? Ich bin der mächtigste Engel im Himmel. Nur einmal..." Meine Hände fuhren durch sein seidenweiches Haar, während ich mich enger an ihn drückte. Diese Worte... ich habe sie schon einmal gehört... vor langer Zeit... damals als ich mich von Remiriel verabschiedete, weil ich die Himmel verlassen mußte um nach Assia zurück zukehren damit niemand mein Geheimnis entdeckt. Ich versteifte mich als mir klar wurde, was passieren würde wenn ich Rosiel jetzt nachgab. Das Wing cutting von damals hatte sich viel zu tief in mein Gedächtnis eingraben und gerade jetzt stand es mir viel zu deutlich vor Augen.

"Nein." Seine Lippen verschlossen meinen Mund noch ehe ich weiter protestieren konnte. Seine Zunge drängte sich immer weiter vorwärts und erstickte meinen Widerstand. Als er meine Lippen wieder freigab verschlang er mich mit einem Blick, der einem Raubtier alle Ehre gemacht hätte. In seinen Augen glühte eine Leidenschaft, die ich bei ihm nie vermutet hätte. In ihnen konnte man deutlich genug die Aufforderung sehen, das ich dieses Wort noch einmal sagen sollte, wenn ich mich traute. Ich schluckte. Es ist verdammt schwierig ihm jetzt noch widerstehen zu wollen. Er ist wunderschön, wenn er mich so voller Leidenschaft ansieht. Es wäre so einfach ihm jetzt nachzugeben und in seiner feurigen Umarmung zu versinken. Statt dessen muß ich genau das Gegenteil davon tun. Mühsam brachte ich meine Arme zwischen uns und drückte ihn Stück von mir weg.

"Nein Rosiel-chan." Seine Augen wurden zu dünnen Schlitzen als ich mich ernsthaft gegen ihn wehrte. Er drückte mich enger an sich und zwang mir erneut einen Kuß auf. Er wußte verdammt gut was er wollte und er küßt so verdammt gut, aber es ist falsch. Egal wie lange ich mir diesen Augenblick auch erhofft oder erträumt habe es wird uns beide nur unglücklich machen. Es darf einfach nicht sein! Wenn ich jetzt nachgebe wird er genauso enden wie Remiriel.

"Nein!" Ich begann mich stärker gegen ihn zu wehren. Mit dem Effekt, das er nur noch fordernder wurde. In seinen Augen lag ein Feuer, das jegliche Vernunft zu verbrennen schien. Er wollte mich egal, was es ihn kosten würde. Niemals hätte ich damit gerechnet, das er mich einmal so ansehen würde. Und so gern ich ihm auch nachgeben würde ich konnte es nicht. Das Wissen was eine solche Beziehung für Konsequenzen hätte lag zu deutlich in meinem Bewußtsein begraben. Ich habe bereits einmal die Person verloren, der mein Herz gehört und ein zweites Mal kann und werde ich das nicht zu lassen auch wenn ich mich damit am Allermeisten verletzte. Es tut mir leid Rosiel-chan, aber bevor mein Verstand endgültig aussetzt muß ich uns beide beschützen. Mit dem letzten Rest Willenskraft, den ich aufbringen konnte rammte ich ihm ein Knie in den Unterleib und floh während die Tränen heiß über meine Wangen rannen. Es tut mir leid Rosiel-chan. Es tut mir so unendlich leid.

Blind vor Tränen merkte ich gar nicht wohin ich überhaupt floh. Alles um mich herum verschwamm zu einem Meer von Gängen und Wänden. Ich wollte nur noch weg. Weg von Rosiel, weg von meinen Gefühlen, weg von all den Problemen, die entstanden waren. Es war egal wohin Hauptsache weit weg von all dem. Wahrscheinlich wäre ich ewig so weiter gelaufen wenn mich nicht ein Schlag gegen die Schienbeine zu Fall gebracht hätte. Es half nichts. Egal, wie weit ich auch rennen würde meinen Gefühlen würde ich niemals entkommen können. Ich rollte mich zusammen und begann hemmungslos zu schluchzen. In diesem Moment bereute ich jeden einzelnen meiner Schritte, der mich bis hierher gebracht hatte, aber am Allermeisten vermißte ich Cee. Seine Anwesenheit war mir so vertraut geworden wie das eigene Atmen und das ich mich jetzt nicht in sein warmes Fell krallen konnte um meinen Tränen ungestört freien Lauf lassen zu können ließ diese nur noch mehr fließen. Ich hatte das Gefühl von allem und jedem verlassen worden zu sein. Erst nach einer halben Stunde hatte ich mich soweit beruhigt das ich wieder merkte wo ich mich befand.

Ich war auf ein riesiges Bett gefallen, das ich nur zu gut kannte. Ich vergrub mich in die Kissen von denen ich einige schützend an mich drückte. Es tat weh. Mein Herz stand kurz davor zu zerbrechen. Aber ich habe das Richtige getan. Wenn ich Rosiel nachgeben hätte wäre ihm dasselbe passiert wie Remiriel und das war etwas, was ich nicht noch einmal verkraften würde. Auch wenn er mich jetzt für den Rest meines Lebens verachtet ist es immer noch besser, das er lebt ohne das Risiko als gefallen gebrandmarkt zu werden. Sevie würde sein Chance Rosiel loszuwerden eiskalt nutzen und ich hatte nicht vor ihm diese zu liefern. Es tut nur so verdammt weh.

*Shao-chan?* Mit einem tiefen Seufzer bat ich Anael mich allein zu lassen. Mein Gefühlschaos ist viel zu groß, als das ich ihr irgend etwas davon erklären könnte. Sie zögerte zwar kurz, aber zog sich dann doch wieder zurück. Allerdings bemerkte ich bald eine Art geistige Umarmung, die mich ein klein wenig zur Ruhe kommen ließ.

*Danke Anael.* Ich meinte ein Lächeln von ihr zu spüren, aber eigentlich war es egal. Ich habe Rosiel heute so sehr verletzt, das ich wahrscheinlich für den Rest meines Lebens einen Feind hatte, der sich nie wieder gnädig stimmen lassen würde. Ein verdammt hoher Preis, auch wenn man das Richtige tut. Aber ich bin bereit ihn zu zahlen. Lieber leide ich für uns beide, als das man ihn brandmarkt. Er ist in seinem Leben schon viel zu sehr verletzt worden, als das es spurlos an ihm vorbeigehen würde aus den Himmeln verbannt zu werden. Rosiel könnte niemals in Assia leben. Er würde ohne die Pracht der Himmel nicht existieren können. Und das obwohl sich niemand mit seiner Schönheit messen kann. Warum sieht er das nicht? Warum quält er sich selbst nur so sehr?

"Shao-chan? Bist du hier?" Ich antwortete nicht. Mir war gerade klar geworden, das es nicht nur Rosiel war, der sich selbst quälte. Auch ich bin nicht sonderlich viel besser. Das habe ich vorhin ja eindrucksvoll bewiesen und das Resultat ist, das ich nun heulend in der Gegend herumliege. Manchmal ist man selbst wohl derjenige der sich am Allermeisten verletzt. Ganz schön idiotisch. Nur hilft mir keine dieser Erkenntnisse. Mein Herz liegt immer noch in Trümmern und es hatte nicht vor sich allzu schnell davon zu erholen.

"Nee-chan?" Die Matratze bewegte sich leicht, als sich eine Person vorsichtig darauf setzte. Warum könnt ihr mich nicht einfach allein lassen? Mitfühlend strich eine Hand über die meine Schulter. Langsam drehte ich mich um. Verschwommen nahm ich den Baldachin über mir wahr und dann Catans Gesicht, das mich besorgt ansah. Schon wieder war er da, wenn ich ihn dringendsten brauchte. Wie macht er das nur? Er taucht immer genau in dem Moment auf in dem man einen Freund am Allermeisten braucht.

"Tut mir leid. Immer mache ich dir nur Schwierigkeiten." Vorsichtig setzte ich mich auf und wischte mir die verbliebenen Tränen aus dem Gesicht. Ehrlich Catan, du hast besseres verdient als mich. Warum bleibst du eigentlich immer noch in meiner Nähe? Du hättest doch an dem Tag verschwinden können an dem du Rosiel aufgeweckt hast. Warum hast du das nicht getan?

"Red nicht so einen Quatsch." Er drückte mich behutsam an sich und beinahe wäre ich schon wieder in Tränen ausgebrochen. Wie schon so oft hielt er mich einfach fest und überließ mich meinen Gedanken. Wahrscheinlich ist das einfach seine Art. Wenn er vorher schon jahrelang mit Rosiel klargekommen ist muß die Zeit mit mir eigentlich die reinste Erholung für ihn gewesen sein. Es dauerte etwas bis ich mich wieder soweit im Griff hatte, das es zu einem halbwegs vernünftigen Gespräch reichte. Allerdings ließ ich es bei einem Kuß von Rosiel bewenden und verschwieg ihm den Rest. Um ehrlich zu sein war es mir ziemlich peinlich ihm eventuell sagen zu müssen was in diesem Gang genau vor sich gegangen ist. Immerhin ist er Rosiels Sohn. Er begann zu schmunzeln als er das Wort Kuß hörte und meinte das wäre auch endlich mal Zeit gewesen, allerdings irritierte ihn meine Reaktion. Immerhin wußte er, wie meine Gefühle für Rosiel aussahen und konnte sich kaum erklären warum ich mich so sehr dagegen sträubte. Da er keine Antwort von mir erhielt wechselte er das Thema. Wie immer ganz der Gentlemen.

"Du siehst ganz schön mitgenommen aus." Ich schaffte ein heiseres Lachen bevor mir bewußt wurde, das meine Uniform immer noch halb offen war. Ein kurzer Blick reichte aus um genügend Spuren von Rosiels Küssen zu entdecken, die selbst den besten Lügner der Welt entlarvt hätten und das war nur der Teil, den ich sehen konnte. Augenblicklich schoß mir das Blut in die Wangen. Während Catan sich mühsam zusammen riß um nicht in schallendes Gelächter auszubrechen.

"Das ist nicht komisch!"

"Also wenn-" Ein mittlerer Lachanfall verhinderte, das er den Satz beenden konnte. Nach dem er sich wieder im Griff hatte begann er unter dutzenden von Prustern und Lachern noch einmal von vorn.

"Also wenn du ihn schon so weit hast kommen lassen, solltest du zumindest mit ihm reden." Dafür, das er mich angeblich nicht versteht amüsiert er sich ziemlich gut.

"Sehr witzig mit ihm reden ja? Nach dem Tritt? Bin ich lebensmüde?!"

"Tritt? Was für ein Tritt?" Oh shit! Eigentor. Du solltest langsam wissen, das man vorher vielleicht mal überlegt, was man so von sich gibt.

"Ähm, nichts weiter ignorier es einfach." Natürlich tat er das nicht und ich konnte mir einen zwei Stunden Vortrag über mein unsensibles Verhalten anhören, der sich gewaschen hatte. Als er endlich fertig war konnte ich von Glück reden, das ich mir nicht wie der dümmste Mensch auf Erden vorkam. Wenigstens nahm er es mir nicht allzu übel, das ich mich gegen Rosiel gewehrt hatte. Ansonsten hätte ich wahrscheinlich noch am nächsten Morgen dort gesessen. Sanft knuffte er mich in die Seite und meinte, er würde mal sehen was Rosiel so macht, damit ich mich zu gegebener Zeit bei diesem entschuldigen konnte. Ich sparte es mir ihm zu sagen, das ich das nicht tun würde. Eine Entschuldigung würde nur dafür sorgen, das Rosiel und ich genau da weiter machten wo wir aufgehört hatten. Etwas, das ich um jeden Preis verhindern wollte. Wenigstens ließ er mir genügend Zeit um mir über diese Entschuldigung Gedanken zu machen. Grummelnd sah ich ihm hinterher. Er würde nicht eher Ruhe geben bis ich mich Rosiel stellte, aber was dann? Was wenn ich Rosiel gegenüberstehe und wie vorhin keinen Ton rauskriege? Noch mal werde ich ihm bestimmt nicht widerstehen können. Die Berührung seiner Hände und Lippen konnte ich fast noch immer auf meinem Körper spüren. Ich mußte dringend an etwas anderes denken. Aber an was?

Nachdenklich stand ich auf und ging zurück in mein Zimmer wo ich zielstrebig die oberste Schublade des Nachtschränkchens aufzog. Der dünne Silberreif funkelte undeutlich als das Licht auf ihn fiel. Catan hatte ihn zwar angenommen, aber dann war etwas passiert mit dem ich niemals gerechnet hätte. Kaum hatte seine Hand ihn berührt löste sich die magische Verbindung und die kleinen, silbernen Blüten, die in ihm verwoben waren sanken halb verwelkt zu Boden. Durch den Schock gelang es mir nicht mehr schnell genug einzugreifen um Schlimmeres zu verhindern. Gerade mal sechs Blüten waren übrig geblieben und sie würden niemals ausreichen um ihn zu heilen. Er hatte die Blüten dennoch lächelnd an sich genommen und sich bei mir bedankt, während ich immer noch fassungslos auf die verwelkten Blätter am Boden starrte, die allmählich zu Staub zerfielen. Wir hatten nie darüber gesprochen wie so etwas passieren konnte, aber ich wußte es. Astaroth hat mir zwar geholfen an das Heilmittel für Catan zu kommen, aber mit diesem kleinen Abschiedsgeschenk gleichzeitig sehr deutlich gezeigt, das er immer noch ein Erzdämon war, den man nicht unterschätzen sollte.

Eine Untersuchung des Armreifs hatte ergeben, das sich die magische Verbindung sofort lösen und die Blüten zerstört werden würden, sobald die Aura eines Engels sie berührt. Etwas, was man leicht hätte verhindern können, wenn man den Reif ein einziges Mal genau überprüft hätte. Ein Fehler, den ich mir niemals verzeihen werde, da er Catans Schicksal besiegelt hat. Er würde zum Ghoul werden und die einzige Chance für ihn, dem zu entgehen wäre der Tod. Das wußten wir beide und ich hatte ihm bereits versprochen, das ich es sein würde, die ihn tötet, wenn er anfängt sich zu verwandeln. Er wollte nicht, das Rosiel es tat und ich verstand nur zu gut warum. Immerhin habe ich Kira-chan gebeten mich zu töten und niemanden sonst. Wahrscheinlich ist das so. Man bittet die Person, der man am Meisten vertraut darum einem das Leben zu nehmen, da nur ein wahrer Freund die Gründe dafür verstehen kann.

Leider lenkte mich der dünne Reif noch lange nicht genug ab. Also tat ich das einzig sinnvolle was mir einfiel, tanzen und zwar solange bis ich fast bewußtlos zu Boden ging. Kein Wunder, wenn man daran denkt, das ich die gesamte Choreographie für die nächsten Konzerte von White demon feather komplett von vorn bis hinten durch gegangen bin. Es war gar nicht mal schwierig gewesen einen Raum zu finden, der groß genug dafür war und zu dem eine kleine Stereoanlage beinhaltete. Da Catan zu dem so ziemlich jede CD, die wir jemals veröffentlicht haben besaß hatte ich bei unserem allerersten Hit begonnen und mit dem aktuellen Album geendet. Dabei hatte ich jeden Schritt und jede Nummer proben können, bis ich kurz vor dem völligen Zusammenbruch stand. Wenigstens hatte ich noch genügend Verstand um das zu erkennen und beendete das Training um stundenlang in einer Badewanne zuliegen.

Meine Muskeln waren äußerst dankbar für diese Art der Entspannung. Doch das alles nützte mir herzlich wenig. Ich konnte noch so abgelenkt sein Rosiels Küsse und seine glänzenden Augen ließen sich einfach nicht aus meinem Gedächtnis vertreiben. Vor allem nicht nach dem Bad, das nur noch deutlicher gezeigt hatte wie ernst es Rosiel war (die Spuren auf meinem Oberkörper sind wirklich nicht zu übersehen). Im Prinzip gibt es nur eine einzige Möglichkeit das wirklich alles für immer hinter sich zu lassen. Ich müßte die Himmel verlassen und durfte niemals zurück kehren, dann würde es gut gehen. Nur dann.

Statt dessen stand ich hier am Fenster meines Zimmers, beobachtete den Himmel über mir und wiederholte in meinem Innern immer wieder dieselben Fragen. Warum bin ich immer noch hier? Warum mache ich mich nicht endlich auf den Weg zum Aziluth-Turm um Adam Kadmon zu befreien? Damit würden sich doch alle Probleme von allein lösen. Wenn ich ehrlich zu mir selber war, dann hielt ich mich schon viel zu lange in Yetzirah auf. Eigentlich hätte ich schon längst Beriah erreichen können, aber irgendwie schob ich mein Vorhaben immer wieder auf. Sei es nun, weil ich Sara versprochen habe sie nicht allein zu lassen, Anael mit Zaphikel wieder vereinen wollte oder einfach nur um Catan eine Freude zu machen. Im Endeffekt ist der einzige Grund, der mich wirklich hier hält Rosiel. Wäre er nicht, dann wäre ich schön längst weg, aber die Einsamkeit, die ich in seinen Augen gesehen kurz bevor ich aus dem Schatten getreten war um ihm zu zeigen, das es ich immer noch lebte, hatte mir viel zu deutlich gemacht, wie viel ihm meinen Nähe bedeutete. Wahrscheinlich bin ich ohnehin der einzige Mensch, der ihm penetrant die Stirn bietet und das überlebt. Vermißte er mich deshalb? Weil er es nicht schafft mir Angst zu machen? Weil ich nie klein beigebe? Was auch immer es ist, er wäre der Einzige, der mir eine Antwort auf diese Fragen geben könnte, aber ich werde ihn nicht fragen. Ich wußte schon jetzt, egal wie die Antwort auch ausfallen würde, er würde damit mein Herz endgültig für sich gewinnen und ich würde mich nie wieder von ihm lösen können. Aber das ist immer noch keine Lösung für mein Problem.

Der langsame Zug der Wolken über mir und das seltene Auftauchen einiger Wolkenwale hatten mich zwar erfolgreich abgelenkt, aber es half mir noch lange nicht bei meiner Entscheidung weiter. Schließlich faßte ich einen Entschluß. Immerhin habe ich beschlossen nicht mehr länger vor mir selbst davon zu laufen sondern mich meinen Problemen zu stellen. Was bedeutet, das ich mich wohl oder übel bei Rosiel entschuldigen muß. Für den Tritt, nicht die plötzliche Flucht. Nur um das klarzustellen.

Die Sonne verfärbte den Himmel allmählich rot und erst als sich die Dunkelheit nicht mehr aufhalten ließ machte ich mich langsam auf den Weg um Rosiel zu suchen. Immerhin hat keiner von mir verlangt, das ich mich damit beeile. Allerdings sollte ich mich bei ihm entschuldigen solange ich noch den Mut dazu habe. Meine Suche endete schließlich in einer Art Wohnzimmer, das in seinen Dimensionen zwar auch eher einem Ballsaal gleichkam, aber da hier beinahe jedes Zimmer diese Ausmaße hatte störte ich mich inzwischen kaum noch daran. (Auch wenn ich es nach wie vor viel zu protzig finde.)

Rosiel war auf einem Monstrum von Sofa eingeschlafen und wirkte vollkommen friedlich. Vielleicht komme ich ja doch noch um die Entschuldigung herum. Vorsichtig beugte ich mich über die Lehne um raus zufinden wie tief er schlief. Die einzige Reaktion von ihm war ein regelmäßiges Ein- und Ausatmen gepaart mit einigen kleinen Schnarchern. Gut, das erleichtert einiges. Entnervt hielt ich meine Haare mit einer Hand davon ab noch weiter nach vorn zu fallen und mußte dabei höllisch aufpassen mein Gleichgewicht nicht zu verlieren. Immerhin versuchte ich nebenbei dichter an Rosiels Ohr zu kommen. Es hieß ja nicht, das er wach sein muß wenn ich mich entschuldige.

"Rosiel-chan?" Er reagierte immer noch nicht. Gott sei Dank.

"Es tut mir leid Rosiel-chan." So, das wäre geschafft. Problem gelöst, also ab ins Bett. Ein Ruck an meinem rechten Handgelenk beförderte mich halb über die Sofalehne und damit mitten auf seiner Brust.

"Ich glaube dir kein einziges Wort." Ich bekam einen halben Herzinfarkt. Er ist wach? Er ist die ganze Zeit wach gewesen?! Vorhin hat er doch noch tief und fest geschlafen. Es kann doch nicht sein, das er mich so reingelegt hat. Langsam öffnete er seine Augen und diese hüllten mich ein in einen Blick aus flüssigem Gold. Mein Herz begann erneut zu rasen während alle meine Vorsätze, Fluchtpläne und Ausreden unter seinem Blick dahin schmolzen. Wie war das noch? Es ist ein Fehler sich bei ihm zu entschuldigen? Im Moment erhalte ich gerade die Quittung.

"Dir tut rein gar nichts leid." Meine Antwort wurde erstickt, als seine Lippen auf meinen Hals trafen. Ich schnappte nach Luft und wußte, das ich mich dieses Mal nicht gegen ihn wehren würde. Jedenfalls nicht schnell genug. Ansonsten hätte ich mich spätestens jetzt von ihm befreien müssen. Nur irgendwie war ich der festen Überzeugung ihm zumindest noch eine Erklärung schuldig zu sein.

"Rosiel-chan ich-" Weiter kam ich nicht. Er küßte mich lang und fordernd während mein fester Vorsatz die Flucht zu ergreifen sobald die Situation diese Richtung einschlagen würde immer mehr schwankte. Es war ein Fehler hierher zu kommen und ein noch viel größerer Fehler ist es jetzt nicht zu verschwinden. Aber ich kann es nicht. Ich komme nicht länger dagegen an. Ich will diesen Engel ebenso sehr wie er mich und das merkt er auch. Urplötzlich hatte er sich aufgerichtet und drückte mich auf das Sofa. Sein Hemd war halb geöffnet und gab den Blick auf seine makellose, weiße Haut frei. Ich frage mich ob sich diese Haut so weich anfühlt wie sie aussieht. Vorsichtig streckte ich eine Hand aus und fuhr mit zitternden Fingern an seiner Brust entlang. Er fing meine Hand mit seiner ab küßte sie sanft und legte sie dann hinter seinen Kopf. Augenblicklich begannen meine Finger mit seinen Haaren zu spielen bevor ich ihn zu mir herunterzog und innig küßte. Er wirkte etwas überrascht, das ich seiner offensichtlichen Aufforderung so schnell nachkam, aber es störte ihn nicht weiter. Es dauerte ziemlich lange bis er sich wieder von mir lösen könnte. Sein Blick verschlang mich. Das Begehren in seinen Augen war inzwischen nicht mehr von der Hand zu weisen. Unnötig zu erwähnen, das ich ihn mit meinen Blicken ebenso verschlang wie er mich mit seinen. Nicht mehr lange und mein Verstand würde mich im Stich lassen. Ein wunderbares Gefühl.

"Du gehörst mir." Ich konnte ihm nicht mal widersprechen. Es ist viel zu deutlich zu sehen, das er recht hat. Wir lagen eng umschlungen auf dem Sofa und versuchten dem jeweils anderen so schnell es nur eben ging die Kleidung vom Körper zu reißen um die darunter liegende Haut mit alles verlangenden Küssen zu überhäufen. Wobei Rosiel ziemlich erfolgreich verhinderte, das ich allzu viel davon tat. Seine Lippen schienen immer einen Schritt schneller zu sein als mein und jedesmal wenn ich hoffte ihn endlich berühren zu können fing er mich ab und drückte mich zurück auf das Sofa. Es war unser alter Streit wer von uns beiden mehr recht hatte und keiner war bereit auch nur einen einzigen Millimeter nachzugeben. Wir kämpften um die Dominanz wie zwei hungrige Raubtiere, die zwar endlich ihre Beute erlegt hatten, aber deshalb noch lange nicht bereit waren diese miteinander zu teilen. Irgendwann zwischen seinen alles verbrennenden Blicken, seinen leidenschaftlichen Küssen und der Wärme seines Körpers, der auf mir lag setzte mein Verstand aus und ich gab auf. Ich ließ mich einfach fallen. Etwas überrascht (anscheinend hatte er mit wesentlich mehr Widerstand gerechnet) fing er mich auf und zeigte mir, das er bei weitem kein so heiliger Engel war wie alle immer glaubten. Ich hatte kaum noch Zeit zum Luft holen so sehr verschlang er mich.

Die Nacht hätte ewig dauern können und ich hätte es nicht gemerkt. Nur forderten unsere Körper irgendwann ein Maß an Erholung, das wir ihnen nur widerwillig gönnten. Aber auch in diesem Zustand konnte wir die Finger nicht voneinander lassen. Anscheinend haben wir beide unsere wahren Gefühle viel zu lange vor uns selbst und voreinander verheimlicht. Da bestand einiges an Nachholbedarf. Erst als der Morgen bereits graute schliefen wir ein. Ich lag auf seiner Brust und spürte seine warme Haut an meiner während sich ein unglaubliches Wohlbefinden in meinem Inneren ausbreitete, das mich in den Schlaf begleitete. Am Rande nahm ich noch wahr wie Rosiel eine Decke über uns zog. Ich kuschelte mich enger an ihn und schlief vollkommen erschöpft, aber glücklich ein. In diesem Moment hätte die Welt untergehen können und es hätte mir rein gar nichts ausgemacht. Solange ich nur weiterhin in seinen Armen liegen konnte war mir alles egal.

Ein leichtes Prickeln im Nacken weckte mich schließlich und als ich gähnend meine Augen öffnete stellte ich erstmal verwundert fest, das ich mich in einem völlig anderen Raum befand. Überall um mich spannten sich weiße Stoffbahnen durch den Raum, auf denen sich das Licht der Morgensonne spiegelte und über mir lag eine dünne Satindecke, die in einem sanften Roséton erstrahlte. Irgendwie hat das hier nicht mehr viel mit einem Wohnzimmer gemeinsam. Die feuchte Berührung in meinem Nacken kam wieder.

"Laß das Cee. Ich steh ja gleich auf." Mit einer Hand versuchte ich nach hinten zu tasten um seine Schnauze zu erwischen, aber er war jedesmal schneller als ich. Verdammt, manchmal wünschte ich wirklich er wäre nicht so eine riesen Nervensäge. Es überraschte mich etwas als plötzlich meine Hand von einer anderen in Beschlag genommen wurde.

"Hallo Wildkatze." Ich war wie von Donner gerührt als ich diese sanfte Stimme vernahm. In ihr klang immer noch ungeheure Zärtlichkeit nach und der Unterton ließ ein Stück von dem erahnen was in der letzten Nacht geschehen war. Dann ist das also doch kein Traum gewesen? Ich habe tatsächlich mit Rosiel geschlafen?! Oh man, mein Talent was Schwierigkeiten angeht sucht echt seinesgleichen.

Da ich nicht antwortete begann seine Hand meinen Rücken hinauf und hinunter zu wandern, während sich ein paar warme Lippen behutsam auf meine Schultern preßte. Seufzend schloß ich die Augen und in meinem Bauch stellte sich wieder dieses angenehme Prickeln ein. Rosiel gab sich jede erdenkliche Mühe mich zum Aufstehen zu bewegen (auf die ein oder andere Art) aber ich rollte mich nur vor mich hin brummelnd zur Seite. Ich sah es nämlich überhaupt nicht ein dieses warme Bett zu verlassen. Er gab schließlich auf und sank wieder neben sich.

"Wir sollten wirklich allmählich aufstehen. Mein Fehlen bei Sevies Konferenz dürfte ansonsten doch etwas auffallen." Ich grinste ihn herausfordernd an während meine Hand unter der Decke an seinem Körper entlang strich. Er stöhnte auf als ich einen ganz bestimmten Punkt erreichte. Es dauerte nicht sonderlich lange bis sich etwas in meiner Hand verhärtete.

"Du kleines Biest." Keuchend drehte er sich zu mir um. Statt auf diesen Kommentar zu achten verstärkte ich den Druck meiner Hand ein klein wenig.

"Na warte!" Ich kreischte lachend auf als er sich plötzlich auf mich stürzte um zu beenden was ich begonnen hatte. Na ja und weil er der Meinung war sich für dies und jenes revanchieren zu müssen (immerhin hatte ich ihn angeblich fast kastriert und nun mußte er sicher gehen, das mit seiner Männlichkeit alles in Ordnung war) wiederholte er dieses Spielchen direkt noch ein, zwei Mal. Irgendwann lagen wir beide keuchend nebeneinander und waren schon fast nicht mehr in der Lage uns zu bewegen.

"Das hätten wir schon viel früher tun sollen." Lachend sah ich ihn an.

"Stimmt. Aber dann wäre es für dich doch viel zu einfach gewesen." Dieser Kommentar brachte mir eine Reihe weitere sehr deutlicher Spuren seiner Lippen auf meinem Körper und einen Transport ins Badezimmer ein. Meine Proteste nützten mir dabei herzlich wenig. Rosiel bestand darauf mich von Kopf bis Fuß einzuseifen und dann höchstpersönlich wieder mit klarem Wasser abzuwaschen. Das er mich nebenbei halb zu Tode kitzelte schien ihm ebenfalls herzlich egal zu sein. Nachdem der zu der Überzeugung gelangt war, das ich nun sauber genug sei begann er damit mich behutsam trocken zu rubbeln. Es war gar nicht so einfach seiner Anweisung nachzukommen das alles ruhig über sich ergehen zu lassen, da er hier und da einen warmen Kuß auf meiner Haut plazierte, der diese zu verbrennen schien.

Als er meinen linken Oberschenkel erreichte stutzte er kurz. Das dunkle Symbol auf meiner Haut war nicht zu übersehen, aber es schien ihm nicht das Geringste auszumachen. Er fragte mich woher diese Tätowierung stammte und erst wollte ich ihm ausweichen und etwas von einem Vollrausch in einer Hafenkneipe erzählen doch irgendwie nannte ich ihm lediglich Astaroths Namen. Er nickte als würde ich eine Vermutung von ihm bestätigen.

"Verstehe." Seine Lippen berührten heiß und verlangend meine kalte Haut. Augenblicklich liefen mir angenehme Schauer über den Rücken. Als er sich wieder von mir löste prangte auf dem Tattoo sein Zeichen.

"Kann es sein, das du gerade dein Territorium markierst?" Er grinste mich an.

"Eher mein Eigentum." Ehe ich protestieren konnte berührten seine Lippen mich an Stellen, die mich Sterne sehen ließen. Zwei Sekunden später wälzten wir uns eng umschlungen über den Boden bis wir schließlich in einem riesigen Wasserbecken landeten. Prustend und lachend tauchte ich wieder auf und versuchte nach Luft zu schnappen bevor mich seine feurige Umarmung wieder um den Verstand brachte. Erst nach dem er sich zweimal genommen hatte, was ihm seiner Meinung nach zustand ließ er kurz von mir ab um mir unter dutzenden von Küssen zu erklären, das er gehen müßte um an einer Sitzung teilzunehmen. Er als höchster Engel dürfte gerade jetzt nicht dort fehlen und er war ohnehin schon viel zu spät dran. Irgendwie schaffte ich es zu einem 'verstehe' und er solle sich lieber beeilen, anstatt sich mit mir hier zu vergnügen. Was ihn nicht daran hinderte mich noch einmal zu nehmen ehe er ging. Immer noch halb betäubt von seinen Küssen und dem Verlangen seines Körpers sank ich in das seichte Wasser zurück und wusch mich erneut. (Was auch bitter nötig war.) Erst dabei fiel mir auf wie gründlich Rosiel sein Eigentum zu markieren pflegte. Sieht ganz so als würde ich in der nächsten Zeit auf langärmlige Rollkragenpullover angewiesen sein.

Lediglich mit einem Handtuch begleitet machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer. Auf dem Stuhl lag bereits eine von Rosiels Uniformen. Dieses Mal allerdings eine mit enganliegender Hose und einem Oberteil, das mir bis weit über meine Handgelenke reichte. Anscheinend hat Rosiel dieses Problem auch schon erkannt. Mit einem leichten Grinsen streifte ich mir die Handschuhe über, die auf meinem Nachttisch lagen. Allein der Gedanke an die letzte Nacht versetzte mich in Hochstimmung. Vor allem wenn ich an Rosiels Versprechen dachte, das wir das an diesem Abend wiederholen würden.

"Na? Endlich wach?" Ein Blick in Catans grinsendes Gesicht reichte aus um mich in eine überreife Tomate zu verwandeln. Es war ziemlich unwahrscheinlich das er uns letzte Nacht nicht gehört hatte. Bevor ich zu einer stammelnden Antwort ansetzen konnte um ihm zu erklären was da letzte Nacht in mich und seinen Vater gefahren war (so genau wußte ich das zwar selber nicht, aber egal) wurde sein Grinsen noch breiter und er meinte ich würde schon wissen was ich da tue. Das es ihn so wenig störte, das ich mit seinem Vater schlief verblüffte mich etwas, aber das war eben typisch Catan. Dinge hinnehmen und nicht weiter hinter fragen, wenn man die Antworten nicht wirklich wissen wollte.

Was ihn hingegen wesentlich mehr störte als diese kleine Tatsache war mein offensichtlicher Tatendrang. Es dauerte noch nicht mal eine halbe Minute bis ich in den überkniehohen Stiefeln steckte. Noch während ich mich damit abkämpfte erzählte ich ihm was ich vorhatte. Er erklärte mich für vollkommen wahnsinnig ausgerechnet jetzt Rosiels Gemächer zu verlassen um wieder irgendeinen Blödsinn anzustellen. Immerhin war Sevie hinter mir her und auch ansonsten war es in Yetzirah nicht mehr ganz ungefährlich für mich. Nicht, nachdem ich vor Sevie meine Schwingen entfaltet hatte. Das Gerücht, das ich ein Engel war und das Sevie mich am Liebsten tot sehen würde hatte inzwischen fast jeden einzelnen Engel Yetzirahs erreicht und das machte mich zu einer willkommen Beute um sich bei Sevie einzuschmeicheln. Anscheinend ist Catan wie Rosiel der irrigen Hoffnung erlegen, das ich von nun an Rosiels Anweisungen etwas ernster nehmen würde. Das Problem ist nur, das ich das ganz anders sehe. Verliebtsein hin oder her ich habe nicht vor den ganzen Tag tatenlos in der Gegend rumzusitzen und auf Rosiels Rückkehr zu warten.

Es dauerte gut eine halbe Stunde bis ich Catan ebenfalls davon überzeugt hatte und unter dem Versprechen, das ich zumindest einen meiner Wachhunde mitnehmen würde ließ er mich schließlich gehen. Was ich ihm nicht sagte war die Tatsache, das Raziel sich nicht mehr in Yetzirah befand. Zaphikel hatte den Kleinen auf irgendeine geheime Mission geschickt, über die er selbst mir nichts sagen konnte. Die Email ist erst heute morgen bei mir angekommen und ich bin mir ziemlich sicher, das sie außer mir noch niemand gelesen hat. Die Erinnerungen an die letzte Nacht sorgten bei mir noch zusätzlich für unheimlich gute Laune und ich merkte erst gar nicht das ich andauernd vor mich hin sang, bis mir die Blicke derjenigen auffielen an denen ich vorbei ging. Anscheinend sollte man als weiblicher Engel lieber nicht singen, aber was macht das schon wenn man gerade auf rosa Wolken schwebt. Fröhlich vor mich hingrinsend spazierte ich an der Wache von Jibrils Gemächern vorbei und öffnete die Tür mit einem freudigen 'Hallihallo'. Eigentlich hatte ich damit gerechnet freudig von Sara-chan begrüßt zu werden, aber weit und breit war niemand zu sehen. Ratlos ließ ich die Tür hinter mir ins Schloß fallen und machte mich noch einmal bemerkbar.

"Sara-chan?" Keine Antwort. Der Raum sah aus als hätte er vor kurzem die Bekanntschaft mit einer Bombe gemacht fast alles lag verstreut in Einzelteilen auf dem Boden und ich konnte mir nur einen einzigen Grund dafür vorstellen, Sevothtarte. Ich schwöre wenn dieser Kerl es gewagt haben sollte Hand an Sara-chan oder Moon-Lil zu legen drehe ich ihm den Hals um.

"Lil-chan?" Ein leises Rascheln ließ mich den Blick wenden und ich entdeckte sie auf einem Stuhl direkt gegenüber von einem Schachbrett wie sie eine Stoffkatze fest an sich drückte. Ihr Blick flackerte leicht.

"Lil-chan ist alles in Ordnung mit dir?" Sie antwortete mir nicht sondern sah sich nur hilfesuchend im Raum um. Besorgt sank ich vor ihr auf die Knie.

"Bitte Lil-chan, sag mir ob du in Ordnung bist." Sie nickte und drückte die Katze noch enger an sich, als wollte sie sich dahinter verstecken. Erst jetzt fiel mir auf, das sie nicht ihre gewohnte Schwesternuniform trug. Das Kleid, das sie anhatte gehörte Sara. Sie hatte es mir vor ein paar Tagen gezeigt und gemeint, das sei die neuste Mode unter den Engeln. Mir kam ein ganz bestimmter Verdacht.

"Lil-chan kannst du mir sagen wo Sara-chan ist?" Sie schüttelte den Kopf und sah mich mit flehenden Augen an sie nicht noch weiter zu bedrängen. Ich verstand nicht warum sie nicht mit mir redete. Wenn es um Sara-chan ging wurde sie normalerweise zu einem sprudelnden Wasserfall. Warum jetzt nicht? Eigentlich konnte es nur einen einzigen sinnvollen Grund dafür geben. Oh bitte Sara-chan tu mir das nicht an.

"OK Lil-chan ich glaube ich hab es. Tu mir einen Gefallen und nicke einfach wenn ich richtig liege. Bei nein schüttelst du einfach den Kopf in Ordnung?" Sie nickte zögernd. Gut.

"Sara-chan hat dir verboten irgend jemanden zu sagen wo sie hin ist, richtig?" Ein kurzes Nicken.

"Sie hat mit dir die Kleider getauscht und ist verschwunden." Sie nickte wieder. Toll, ganz toll.

"Verdammter Mist!" Sara-chan, wie kann man nur so gottverflucht leichtsinnig sein?! Lil-chans ängstlicher Gesichtsausdruck verhinderte, das ich mich in eine wortreiche Triade über Saras Leichtsinn ergehen konnte.

"Keine Sorge Lil-chan, ich verrate dich nicht." Sie schenkte mir ein dankbares Lächeln und ließ die Katze ein kleines Stückchen sinken. Eigentlich hatte ich vorgehabt Sara sofort zu verfolgen, aber Lil-chans bittende Augen in denen zwischenzeitlich Tränen sammelten hinderten mich erfolgreich daran. Ich half Lil-chan die Ordnung in dem Raum einigermaßen wiederherzustellen und erst nach dem ich mir ganz sicher war das es ihr wieder besser ging machte ich mich auf die Suche nach Sara. Anscheinend verlieren hier nach und nach alle den Verstand. Was denkt sich Sara-chan nur dabei sich einfach so aus den Staub zu machen?!

*Wahrscheinlich dasselbe wie du als du mit Rosiel geschlafen hast.* Danke Anael, die Aufmunterung brauche ich jetzt wirklich. Ich unterdrückte den Fluch, der mir auf den Lippen lag als sich auch im dritten Gang nicht der geringste Hinweis auf Saras Verbleib zeigte.

*Gern geschehen. Übrigens habe ich im Gegensatz zu dir heute morgen mitbekommen warum so plötzlich eine Sitzung einberufen wurde.* Ich drückte mich in eine Nische als ich am anderen Ende des Ganges fünf Mitglieder von Sevothartes Leibgarde entdeckte. Verdammt Sara-chan hast du eigentlich eine Ahnung davon wie gefährlich eine Flucht für dich werden kann?

*Und warum? Nun sag schon.* Es machte mich halbwahnsinnig wenn ich daran dachte, das Sara-chan eventuell mitten in Sevies Leibgarde rennen würde.

*Du könntest ruhig etwas freundlicher sein.*

*Anael!*

*Ja, ja schon gut. Ich weiß du machst dir Sorgen um deine Freunde.* Ich holte tief Luft um nicht einfach zu schreien. Sara-chan steckte wahrscheinlich in den aller größten Schwierigkeiten und ich diskutiere hier mit dem Geist eines Engels.

*Seele! Ich verbitte mir, das du mich Geist nennst.* Ich habe eindeutig viel zu sehr auf sie abgefärbt.

*In Ordnung, aber könntest du bitte endlich mit der Sprache rausrücken?* Lachend erklärte sie mir, das während ich geschlafen hatte eine Nachricht eingetroffen war, das sich der Messias angeblich in den Himmeln aufhielt und Sevothtarte deshalb so eine Art Notstandssitzung einberufen hatte um diesem habhaft zu werden. Na klasse, ich schätze mal Sevie hat seine riesen Klappe nicht halten können und damit weiß es dann auch Sara-chan. Super, das erklärt diesen selten dämlichen Fluchtversuch und Raziels Abwesenheit erscheint plötzlich auch in einem ganz anderem Licht. Verdammt noch mal! Wissen die denn nicht wie gefährlich so ein Schwachsinn ist? Drehen hier denn jetzt alle durch?!

*Ähm, ich will dir ja jetzt nicht widersprechen, aber meinst du nicht, das gerade du vorsichtig mit diesen Aussagen sein solltest?*

*Bitte Anael.* Mein Leben steht hier jawohl kaum auf dem Spiel.

*Hey, soweit ich mich erinnere gefährdest du deine Gesundheit für weitaus weniger wichtige Dinge.* Resigniert ließ ich mich auf die kleine Bank in der Nische sitzen um ihren Vortrag über mich ergehen zu lassen. Mein Gewissen allein reicht ja noch nicht. Nein, ich muß mich auch noch mit ihrem rumschlagen.

*Jetzt tu mal nicht so als wenn das ein Weltuntergang wäre. Immerhin habe ich mich bisher ruhig verhalten, aber das du mit Rosiel ins Bett steigst... das hat wirklich alles übertroffen was ich bisher über dich wußte.* Danke! Genau das was ich jetzt brauche. Jemanden der mir noch einmal alle Pro und Kontras dieser Aktion aufzeigt. Dabei kenne ich die selber gut genug. Leider war sie in dieser Hinsicht unerbittlich und egal wie oft ich ihr auch versicherte, das ich das alles bereits wußte, sie ließ sich nicht beirren. Am Liebsten wäre ich aufgestanden und hätte der Szene den Rücken gekehrt. Nur geht das leider verdammt schlecht wenn der Gesprächspartner ein Teil von einem selbst ist. Seufzend wendete ich meinen Blick um wenigstens nicht andauernd auf die triste graue Wand mir gegenüber starren zu müssen. Der Himmel war strahlende blau und nur ab und zu sah man eine kleinere Wolke vorüber ziehen. Eigentlich ist der Tag viel zu schön um Trübsal zu blassen.

*Hey, hörst du mir überhaupt noch zu?* Ich grinste über die Frage. Anael wußte nur zu genau wo ich in den letzten Minuten mit meinen Gedanken gewesen war. Sie räusperte sich hörbar und murmelte etwas von wegen ich sei ein hoffnungsloser Fall bevor sie mir ziemlich eindringlich sagte, das ich mich besser mal umdrehen sollte. Ich nahm ihre Warnung ernst. Leider kam ich nicht mehr schnell genug aus der Nische raus. Vor mir hatten sich drei Schränke in weißer Uniform aufgebaut, die mich vernichtend ansahen.

"Deshon-san?" Die Frage war rein rhetorisch. Sie wußten bereits wer ich war.

"Begleitet uns bitte." Die Blicke zeigten sehr deutlich, das es ein Befehl war und keine Bitte und egal was ich jetzt auch machen würde, sie würden mich nicht entwischen lassen.

"Warum sollte ich?" Für eine Sekunde verloren sie ihr Pokerface, danach griffen sie einfach nach meinen Armen und schoben mich aus der Nische. Gerade wollte ich meine Fluchtchancen ausrechnen, als plötzlich noch sieben von der Sorte auftauchten. Ihre Abzeichen wiesen sie als Mitglieder der Seraphim aus, der besten Garde von Sevie. Super, was auch immer ich angestellt haben mag dieses Mal hat er mich. Ich kann mich nicht gegen sie wehren ohne dabei den halben Flur in Schutt und Asche zu legen und das würde nun wirklich ein bißchen sehr auffallen. Es hätte keinen Sinn das zu probieren denn danach hätte ich wahrscheinlich jeden einzelnen Engel Yetzirahs am Hals. Etwas worauf ich gut und gerne verzichten konnte, da mir meine Erfahrungen mit den Huntern eigentlich mehr als gereicht hatten. Das muß man nicht unbedingt wiederholen.

Ein Blick in die Runde um mich herum zeigte mir, das es auch so nicht leicht werden würde ihnen zu entwischen. Ihre Gesichter waren eiskalt und man sah ihnen keinerlei Regung. Nebenbei wußte sie auch noch verdammt gut was sie taten. Einer von ihnen stand rechts nehmen mir, ein anderer links und der Rest bildete einen Kreis um uns herum, der es unmöglich machen würde ihnen zu entwischen. Im Gegensatz zu meinen bisherigen Eskorten in Yetzirah sind diese Engel hier die absolute Elite und Top ausgebildet. Und sie haben anscheinenden den Befehl erhalten mich komme was da wolle zu Sevie zu bringen. Egal ob es mir nun paßt oder nicht. Es fehlen eigentlich nur noch die Handschellen.

Seufzend gab ich schließlich auch meinen allerletzten Widerstand auf, was bringt es schon sich gegen sie behaupten zu wollen letztendlich würden sie doch gewinnen. Momentan habe ich nicht die geringste Chance. Wenigstens im Augenblick. Mist! Sie führten mich wortlos ab. Mein Blick glitt noch einmal über den leeren Flur. Hoffentlich ist wenigstens Sara-chan entkommen...
 


 

03-09-13

Next: Part 24 - Heavens prison
 

He, he kaum zu fassen aber Shao und Rosiel haben es endlich geschafft zu ihren Gefühlen zu stehen. Nur was wird jetzt aus ihnen wo Sevothtarte Shao in seine Gewalt gebracht hat? Wartet es nur ab im nächsten Kapitel kommt noch so manche Überraschung auf euch zu ^.^



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