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Tantei Ken - Lord Inu Yasha ermittelt

der erste Mitratekrimi mit Inu Yasha
von

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Prolog


 

O

liver Patteck sah sich wachsam in seinem Teil des Restaurants um. Der gebürtige Österreicher war nach seiner Hotellehre über die Schweiz und anderen Länder in fernöstlichen Luxushotels gelandet, erst in Bangkok, dann in Kyoto. Und in Japan war er hängengeblieben zumal, als zum gewissen Schock der Bevölkerung vor knapp fünfzehn Jahren herauskam, dass sich Dämonen unter ihnen befanden, seit langem mit ihnen lebten. Ein Dämon und ein Mensch hatten die Gelegenheit ergriffen und dieses Etablissement gegründet, für beide Arten. Hier, nahe am Eingang, war Pattecks Revier – eine Art Lounge oder Bar, wo die Gäste nur etwas zu trinken zu sich nahmen, plauderten. Weiter hinten befand sich das eigentliche Restaurant. Meist tranken nur die Menschen, sehr oft Wasser – Dämonen vertrugen wohl auch keinen Alkohol.

Trotzdem war die Lounge gut gefüllt und so hatte es ihn zunächst ein wenig gewundert, dass in einer abseits gelegenen Nische ein Mann allein saß, ohne dass ihn seit zwei Stunden jemand aufsuchte. Nun, er schien Anfang Dreißig zu sein, aber das stimmt sicher nicht. Mehr noch als die manchmal sichtbaren spitzen Ohren verrieten die langen, weißen Haare und die Male im Gesicht, dass es sich um einen Dämon handelte. Er musste reich sein, sonst würde er sich kaum hier die Preise leisten können, aber obwohl ein Glas mit dem teuersten Kognak des Hauses vor ihm stand, hätte der Oberkellner geschworen, dass der Unbekannte im schwarzen Maßanzug nicht einmal seine Lippen befeuchtet hatte.

Und, da er sich nun einmal gewundert hatte, warum der allein saß – hatte ihn seine Begleitung versetzt? - hatte er auf Neuankömmlinge geachtet. Dabei war ihm aufgefallen, dass ausnahmslos jeder, der hereinkam, unwillkürlich zu dem Dämon blickte. Menschen verneigten sich höflich, selbst ein Regierungsmitglied, Dämonen noch einmal tiefer, mit jenen gerundeten Schultern, die er als Ehrerbietung, ja, Unterwürfigkeit zu deuten gelernt hatte. Das musste ein recht wichtiger, mächtiger, Dämon sein.

Jemand wollte zahlen und Patteck eilte mit dem Lesegerät zu dem Tisch, um die Kreditkarte des Gastes – oder dessen Smartphone - annehmen zu können. Getuschel, das förmlich durch die Lounge rannte, ließ ihn möglichst unauffällig zum Eingang blicken. Ein un-menschlicher Mann im schwarzen Anzug kam herein, den er erkannte. Nun, die kleinen Ohren, die oben aus dem weißen, ebenso dichten wie langem, Haar ragten, waren unverkennbar, zumal ein Foto des jungen Mannes, er schien Mitte Zwanzig zu sein, erst diese Woche in allen Zeitungen und Nachrichten zu sehen gewesen war. Während er sich bei dem Kunden bedankte, der soeben bezahlt hatte, bemerkte er mit geübter Routine die fast unsichtbare Fingergeste des Unbekannten in der Nische. Nur zwei Finger, aber der wollte ihn eindeutig sprechen. So ging er schleunigst zu dem offenbar wichtigen Dämon.

„Sie wünschen?“

„Er. Man scheint ihn zu kennen.“ Und er selbst war selten im lauten, überfüllten, Tokio, kaum einmal im Jahr, geschweige denn, dass er in solche Lokale ging. Dennoch mochte das hier interessant werden.

„Äh, ja, der Herr. Er ist noch jung, aber er ist Besitzer und Geschäftsführer eines großen Sicherheitsunternehmens. Tantei Ken.“ Patteck erkannte etwas wie ein amüsiertes Zucken eines Mundwinkels. „Er war diese Woche in allen Nachrichten. Er wurde zum Berater der Polizei des Distrikts Tokio ernannt. Es hieß mit bedeutenden Befugnissen, allerdings weiß ich leider nicht, welche.“ Tantei, ja, das bedeutete Ermittler, Detektiv. Und Ken? Nun, dazu musste man das Schriftzeichen sehen, das konnte sich sowohl um eine Schwertart, als auch ein anderes Wort für inu, Hund, handeln. Er sah die verabschiedende Fingerbewegung, sichtlich aus langer Übung stammend. Ja, das war bestimmt kein Irgendwer.

 

Inu Yasha kam gern in dieses Etablissement. Weniger um die Zeit totzuschlagen, aber hier waren viele reiche Männer, weniger ebenso reiche Frauen, – und damit potentielle Kunden. So dachte er auch nur an ein neues, mögliches Geschäft, als ein Mann auf ihn zukam, dessen zweites, kleines Gesicht auf der Stirn den Drachendämon verriet.

Dessen Name war Machi und er war in jener Stimmung, die früher den Tod verheißen hätte, wenn sich nicht der Drachenkönig den Verträgen mit Dämonen und Menschen angeschlossen hätte. Aber ein wenig zeigen, wer man war und was der Andere nicht war, konnte man. Keine Prügelei beginnen, klar. Aber eine provozieren stand auf einem anderen Blatt, zumal wenn Drache sicher sein konnte zu gewinnen. „Das hier ist ein Lokal für Dämonen und Menschen, Bastarde sind hier nicht erwünscht.“

Inu Yashas Ohren zuckten unwillkürlich. Das durfte doch schlicht nicht wahr sein! War er unter lebensmüden Drachen so etwas wie der Geheimtipp? „Sagt wer?“

„Ich. Dass dich deine Mutter nicht bei der Geburt ersäuft hat, war nach der Paarung mit deinem Vater einer ihrer größten Fehler.“

„Vorsicht.“ Die Stimme des Halbdämonen senkte sich bedrohlich. „Ich kann eine Menge vertragen, aber, wenn du meine Mutter beleidigst. wirst du mich kennen lernen. Der letzte Drache, der so arrogant vor mir stand, betrachtet sich schon seit Jahrhunderten das Gras von unten.“

Machi grinste etwas, ebenso das zweite Gesicht auf der Stirn, zumal er sah, dass sich instinktiv die anderen Anwesenden etwas entfernten, und sei es, in dem sie aufstanden. „Also war nicht deine Mutter der Dämon, sondern dein Vater? Er muss blind, taub und stockbesoffen gewesen sein, noch dazu dumm wie drei Meter Feldweg ….“

 

Der Drachendämon sollte nie dazu kommen diesen Satz zu beenden, denn er glaubte für einen Moment durch die Luft zu fliegen. Dieser Flug endete für seinen Hinterkopf überaus schmerzhaft an einer der grünen Granitsäulen, die die Geschäftsleitung zu sündhaften Preisen vom Festland hatte kommen lassen. Er wollte sich aufrichten, wollte …

Aber seine Kehle wurde fest umschlossen und lange Finger nur einer Hand drosselten ihn, langsam, erbarmungslos, stetig fester zudrückend. Verwirrt wollte er die Klaue dieses Bastards …

Aber der stand ja noch immer dort, wie zuvor. Erst jetzt, nach Luft ringend und den eigenen Herzschlag immer heftiger spürend, erkannte er den Mann vor sich. Sesshoumaru! Er ließ lieber die Hände sinkend, sicher, dass jede Gegenwehr sinnlos wäre. Auch, wenn der Hundedämon nur den Titel eines Herrn der Hunde führte, nach der dämonischen Aufteilung Japans in die vier Himmelsrichtungen war dies auch der Herr über alle Dämonen im Westen. Menschen nannten ihn deswegen auch gern einen Fürsten. Und selbst die anderen zwei dämonischen Fürsten samt dem Drachenkönig fühlten sich bemüßigt, um es so zu sagen, Sesshoumarus Empfehlung zu überdenken.

Machis Lungen schrien nach dem Sauerstoff, den er nicht mehr bekam, und er versuchte verzweifelt eine Begründung dafür zu finden, warum sich der Inu no Taishou hier eingemischt hatte, ja, den Bastard beschützte?

Die Erklärung vernahm er kaum mehr, denn das Rauschen des eigenen Blutes, sein trommelnder Herzschlag, in seinen Ohren machte ihn fast taub, der schwarze Vorhang vor seinen Augen verhieß die nur zu willkommene, nahende Ohnmacht.

 

„Großer Bruder!“ Inu Yasha grinste. „Wenn du ihn erwürgst, kann er sich ja nicht mehr entschuldigen.“

Bruder? Halbbruder, wohl? Machi begriff trotz oder wegen seiner Todesangst entsetzt, dass er soeben Sesshoumarus Vater beleidigt hatte. Tatsächlich wurde der eiserne Griff etwas gelockert und er rang zitternd nach Atem. „Verzei... hung...Lord... Sessh...oumaru...“

Er spürte sich frei gegeben und plumpste wie ein Sack Reis zu Boden.

Sesshoumaru schüttelte die Hand als habe er versehentlich in etwas Widerliches gefasst. „Komm.“ Das galt dem Halbbruder.

 

Der dämonische CEO kam heran, mehr als besorgt um das erfolgreiche Geschäft und die Schlagzeilen des nächsten Tages. Er sollte vermutlich dankbar sein, dass der eine Gast noch lebte – und der Zweite darauf verzichtet hatte alles wie eine Wiese niederzumähen was sich bewegte. „Patteck, rasch, holen Sie ihm den Mantel. Wenn der Taishou ihn in fünf Minuten noch sieht...“ Er griff nach dem noch immer nach Atem ringenden Drachen. „Sie sollten vielleicht besser für heute gehen....“

Machi fand dies sei der beste Rat, den er seit langem bekommen hatte. Hoffentlich plauderte das niemand versehentlich bei seinem König aus. Der war zwar durchaus willens seine Leute zu schützen, verstand aber nicht im Mindesten Spaß, wenn man eigenmächtig einen Dämonenkrieg anzettelte. Und genau das bedeutete es, wenn man den Vater des Fürsten des Westens und damit diesen persönlich beleidigte.

 

Inu Yasha setzte sich an den Tisch, durchaus überrascht den Hundedämon nicht nur in Tokio, sondern hier zu sehen. Sie hatten sich seit der Meiji-Zeit nicht mehr getroffen, mehr als einhundertfünfzig Jahre war das her. Er war sich jedoch sicher gewesen, dass der ihn soweit im Auge behielt, nachdem Bruderherz ihn nachdrücklich verwarnt hatte, er dürfe um keinen Preis Kagome treffen, wenn die Zeit gekommen wäre. Nun ja, sie war vor fünfzehn Jahren in die Vergangenheit gesprungen, zu ihm, wie er wohl wusste – und prompt waren alle Dämonen erschienen. Er hatte sich denken können wer dahinter steckte.

Sesshoumaru sah ihn an. „Beratender Detektiv?“

„Du hast mir doch damals gesagt, als wir Kagome aus dem Gefängnis holten, dass ich lernen soll zu ermitteln. Und dann hast du mir auch noch das Buch von diesem Sato geliehen.“

Sato und Sakura, ja. „Du hast es noch?“

„He, sehe ich so aus, als ob ich deine Sachen wegwerfe? Ich kann es dir ja zurückgeben. Ich kenne es sowieso fast auswendig. Gut hundert Jahren habe ich diese Sicherheitsfirma. Du weißt schon, Häuser und Leute bewachen, ermitteln und so.“ Und inzwischen hochtechnisiert. Nicht, dass er viel von Computern verstand, aber er hatte es geschafft in Menschen und Dämonen loyale Mitarbeiter zu finden.

„Tantei Ken.“

„Na, das Detektiv sollte dich nicht wundern. Und, ehrlich gesagt, hatte ich befürchtet, wenn ich eine Firma mit Inu gründe, kommt Kagome auf die Idee mal nachzusehen wer dahinter steckt.“

Der dachte mit? Dann hatte Leutnant Sato ihm tatsächlich mit diesem Buch zwei Mal einen Gefallen getan. Damals weniger Ermittlungen, da die Menschen das selbst vermochten – und mehr als einhundert Jahre Ruhe vor dem ungestümen Halbblut. Wobei, wenn der dermaßen erfolgreich ermittelte, war der kaum mehr so ungestüm.

Inu Yasha griff in die Innentasche seines Anzugs. „Hier, Firma und meine Handynummer. Falls du mal Sehnsucht nach mir hast. Ja, schon gut, unwahrscheinlich. Aber immerhin nannte dich Myouga einst den besten Ermittler Japans. Ich würde gern sehen, wie nahe ich an dir dran bin.“

„Er ist tot?“

„Ja. Ich habe ihn zu Vaters Grab gebracht, dort ist er gestorben. Und da habe ich ihn auch begraben. Totousai ist auch tot, wie du sicher weißt. Jaken?“

Sesshoumaru hob etwas eine Hand, eine Bestätigung. Fast alle, nun, bis auf Bokuseno, waren tot, die Vater einst gekannt hatten. Es musste für Inu Yasha hart gewesen sein nicht nach Kagome zu sehen, aber der hatte sich daran gehalten. Er hatte zwar nicht den ungeliebten Halbbruder, aber das Mädchen überwachen lassen. Er nahm wortlos die Visitenkarte und steckte sie ein.

„Tja,“ machte der Halbdämon. „Dann sind nur noch wir Zwei übrig, die sich an die Epoche der Kriegerischen Staaten und unseren Kampf gegen Naraku erinnern. Und, natürlich, So´unga.“ Und Kouga, der inzwischen Sesshoumarus Firmenkomplex leitete, und Shippou, der in dem riesigen Manga-und Merchandising-Konzern der Füchse langsam aufstieg. Wenige.

„Hast du einen Menschen in deiner Firma?“

Die Frage kam derart unerwartet, dass sich Inu Yasha zusammen nehmen musste. „Ja, auch Dämonen. Bei der Polizei soll ich mit einem Inspektor Mori zusammenarbeiten, Leider. Der mag keine Dämonen und schon gleich gar keine Halbdämonen. Aber er bekam die strikte Anweisung, das wird schon funktionieren.“ Das Vibrieren seines Handys ließ ihn erneut in den Anzug greifen. „Wenn man mal...oh. Polizei. Es gab einen Toten, vermutlich Mord, unter rätselhaften Umständen.“ Er schob es weg und stand auf. „Dann mal auf Wiedersehen, großer Bruder. Du weißt ja, wo du mich finden kannst.“

Der Narr sollte auch wissen, wo der IHN finden konnte. Aber offensichtlich hielt sich auch auf dieser Seite die Wiedersehensfreude in Grenzen.

 

 
 

Die Aussage der Polizei


 

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ie Aussage der Polizei

 

 

Inu Yasha nahm die U-Bahn zum Polizeipräsidium. Zum einen war Tokyo eine recht sichere Stadt, zum zweiten gab es am Präsidium keine Parkplätze und drittens – nun ja, die Menschen hatten sich an den Anblick von Dämonen, und da wurde er auch dazu gezählt, doch gewöhnt. Genug jedenfalls, um nicht lauthals schreiend die Züge zu verlassen, aber doch gewissen Respektsabstand zu wahren. Er entdeckte auch den einen oder anderen Dämonen im Büroanzug oder Kostüm, einen sogar in der alten Tracht.

 

Das Hochhaus, in dem seine, hm, klang eigen, seine Dienststelle untergebracht worden war, lag in einem vor Stahl und Metall selbst nachts glitzernden Hochhaus nahe am Fluss. Er zeigte seinen neu erhaltenen Ausweis vor und der Pförtner ließ ihn auch ohne weiteres ein. Der hatte wohl auch Nachrichten geguckt. Als er mit dem Fahrstuhl in den zwölften Stock fuhr, dachte er unwillkürlich an sein eigenes Unternehmen. Es hatte durchaus gewisse Vorteile gehabt zumindest einen Teil der Zukunft zu kennen. Als nach dem großen Brand im 19. Jahrhundert der kaiserliche Befehl kam nur noch Ziegelhäuser zu bauen, hatte er zugeschlagen und sich ein erhebliches Grundstück gesichert, da viele die neue Bauweise nicht bezahlen konnten, und ein großes Haus hingestellt, unten mit Läden, oben mit Wohnungen und seinem Büro. Inzwischen hatte sein Unternehmen bereits mehrere Etagen belegt. Geblieben war nur der kleine Anbau hinten, natürlich auch aus Ziegel, aber, darin herrschte eine Einrichtung, eine Atmosphäre vor, die an längst vergangene Zeiten erinnerte. Nur das Bad und die Elektronik war eindeutig modern. Seine Spezialisten für Alarmanlagen waren angehalten ihm stets die neueste Entwicklung einzubauen – und er versuchte sich auch immer daran. Nur zu oft vergeblich, aber, er lernte.

 

Er blieb an einer Zimmertür stehen, klopfte kurz ohne zu warten, und trat ein.

Eine junge Frau Anfang Zwanzig im dunkelblauen Kostüm fuhr zu ihm herum. Sie hatte gerade Fotos und Zettel an ein Whiteboard gepinnt. Sie war ihm schon vorgestellt worden, Polizeiassistentin Namiko Nakamura. „Ich wurde herbestellt, Frau Nakamura,“ sagte er eilig, da ihn große, dunkelbraune Augen erschreckt anstarrten. Wie ein Welpe, dachte er. Und er war doch erst nahe seinem ersten Jahrtausend. Wie mochte es dann erst Bruderherz ergehen oder gar dem Drachenkönig, der angeblich bereits zehn Mal so alt war, wenn nicht mehr?

„Lord Inu Yasha, natürlich. Verzeihen Sie. Ich bin nur so erschrocken. Inspektor Mori wird sicher gleich kommen. Er unterrichtet gerade den Präsidenten. - Es geht um einen möglichen Mordfall. Der Tote ist gerade bei der Gerichtsmedizin und wird untersucht.“

„Verdächtige Umstände, also? Wer ist der Tote, dass er so … wichtig ist?“ Er zog sich einen Stuhl heran und ließ sich gegenüber dem Whiteboard nieder. Daneben stand eine durchsichtige Glastafel, auf der eindeutig ein Hausgrundriss gezeichnet war. Recht verwirrend, aber unmissverständlich ein größeres Einfamilienhaus, fast ein kleines Schloss. Nun gut. Villa. Und rechts war auch ein Foto des Toten, samt dem Namen. Akira Okabe, vierundsechzig. Dem Bild der Leiche im Schlafanzug nach war das sicher kein sehr angenehmer Tod gewesen. Frau Nakamura war gerade dabei gewesen weitere Namen aufzuschreiben. Chizu Okabe, achtundzwanzig, Daiichi Okabe, zwei. Hm. „Ist Chizu Ehefrau oder Tochter?“

„Ehefrau seit gut zehn Jahren,“ erwiderte sie sofort. „Ja, der Altersunterschied.“

 

Schritte im Gang ließen den Halbdämon bereits den Kopf zur Tür wenden, noch ehe die geöffnet wurde. „Guten Abend, Inspektor.“

Jiro Mori war ein Mann um die Fünfzig. Fast fünfunddreißig Jahre seines Lebens hatte er ohne Dämonen verbracht und seiner Meinung nach hätte es auch dabei bleiben können. Er trug einen dunklen Anzug, dessen Hemd sich ein wenig zu eitel eng an die alles andere als schmale Taille schmiegte. „Lord Inu Yasha.“ Das klang genau so widerwillig, wie er sich fühlte. Vor allem diese höfliche Anrede, aber die war ihm vom Polizeipräsidenten höchstselbst anbefohlen worden.

„Sie tippen auf Mord?“ Der Halbdämon schien den Unterton nicht gehört zu haben.

„Äh, ja.“ Ein wenig verwirrt über die Sachlichkeit ließ sich der Inspektor in einen anderen Stuhl fallen. „Da, das Foto der Leiche. Was sagt es Ihnen, mein Berater?“ Das war doch auch höflich und verhinderte die andere Anrede.

 

Oh ein Test, dachte Inu Yasha fast vergnügt. Da müsste Mori schon früher aufstehen. Er hatte nicht umsonst fast buchstäblich ein halbes Jahrtausend lang das Buch des Ermittlers des Shogun studiert. Seit Kagomes Tod hatte es ihn nicht mehr verlassen. „Er lag im Schlafanzug in einem Arbeitszimmer, also wohl seinem privaten. Und, da offensichtlich Erbrechen und Durchfall vorlag, eine Lebensmittel- oder sonstige Vergiftung. Oder Magen-Darm-Virus.“

„Lebensmittelvergiftung scheidet aus, da beide Familien zusammen essen, alle das Gleiche aßen, mit Ausnahme des kleinen Daiichi, der seit Tagen fiebert und in seinem Zimmer war. Und bislang zeigt niemand anderer Symptome. Das restliche Essen wurde allerdings beschlagnahmt und wird noch untersucht.“

Beide Familien? „Die Familie besteht also aus mehr Personen als dem Verstorbenen, Ehefrau und Kind?“

Auf einen auffordernden Blick Moris antwortete die Assistentin. „Ja, Lord Inu Yasha. Neben den Dienstboten und dem Privatsekretär lebt auch noch Familie Tonaga, die Schwester des Toten, deren Sohn, Ehefrau und deren beider Sohn, in einem Trakt der Villa.“

Mit der könnte man zusammenarbeiten, aber Mori war eben auch noch da. Inu Yasha seufzte in Gedanken. „Jede Menge Personen also. Bislang hat die Gerichtsmedizin nichts gefunden?“

„Der Tote wurde heute morgen durch seinen Privatsekretär gefunden. Die Laboruntersuchungen laufen erst seit Nachmittag,“ erwiderte Mori und stellte prompt fest, dass er sich quasi bei einem Halbmenschen entschuldigt hatte. „Die Obduktion fand bereits statt, aber chemische Analyse und Suche nach Bakterien dauern eben, sagte Mine.“

Makoto Mine war der Leiter der Gerichtsmedizin. Und trug den Titel Professor, den Mori gerade unterschlagen hatte. Inu Yasha war fast beruhigt, dass der Inspektor nicht nur zu ihm unhöflich war. „Natürlich. Wer ist der Tote?“ Da ihn bei beide Polizisten anstarrten: „Sollte ich ihn kennen?“ Mit Schauspielern oder Musikern hatte er es nicht.

Frau Nakamura fühlte sich prompt angesprochen. „Äh, Lord Inu Yasha, Herrn Okabe gehört ...gehörte eine Exportfirma, die sich auf grünen Tee spezialisiert hatte. Sehr hochwertigen und teuren. Er verkaufte ihn weltweit.“

„O-Tea!“ dämmerte es dem Halbdämon. Das war eine weitverbreitete Firma, eine der absolut wenigen, die keine Aktienfirma in dem Sinn war, sondern alle Aktien allein in der Besitzerhand. Oder? „Dann kann es, vorausgesetzt es handelt sich um Mord, um Rache gehen, um Eifersucht oder um Geld.“

Der Kerl war wirklich sachlich, gab Mori widerwillig zu. „Vorausgesetzt es ist Mord, ja.“

„Dann warten wir das Ergebnis der Gerichtsmedizin ab. Ich denke, Sie haben beide Schlaf nötig. Und morgen früh, wenn kein Gegenbeweis vorliegt, besichtigen wir das Haus und befragen die Leute. Übrigens – wenn der Tote so reich und Unternehmer war, hatte der keine Sicherheitsleute?“

„Doch,“ antwortete Mori tatsächlich unglücklich. „Sicherheitsdienst, Kameras und alles. Das ist es ja – von außen kann doch da keiner rein.“

Hoffentlich war das nicht seine eigene Firma, dachte Inu Yasha plötzlich besorgt. Das wäre eine miese Werbung wenn ein Schützling als Leiche endete. Das sollte er gleich mal prüfen. Sogar Sesshoumaru würde sich vermutlich ein Lächeln abringen. Musste nicht sein. Er hatte ihn schließlich vorhin herausgefordert, wer der bessere Ermittler sei. „Wo treffen wir uns morgen?“

Prompt nannte Frau Nakamura die Adresse. „Das ist in Ueda, fast neben dem Zoo. Also, zwischen Zoo und Nationalmuseum.“

„Um neun,“ sagte Inspektor Mori, um das letzte Wort zu behalten.

Der Beratende Detektiv stand auf. „Gute Nacht.“ Er brauchte noch keinen Schlaf.

 
 

Die Aussage des Sicherheitspersonals


 

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er Diensthabende der Nachtschicht meldete sich, wie er es gewohnt war: „Tantei Ken, Sicherheit, wie kann ich Ihnen helfen?“, noch ehe ihm am Display angezeigt wurde, dass der Anrufer sein Chef war. So änderte er eilig um: „Lord Inu Yasha?“ Nicht, dass der auf dieser Anrede bestanden hätte, aber dämonische Kollegen hatten es allen Menschen sehr deutlich gemacht, dass er nicht nur Respekt, sondern auch von der Herkunft diese Anrede verdient hatte.

„Betreuen wir einen gewissen Akira Okabe und dessen Haus?“

„Moment.“ Er suchte eilig im Computer, der Namen und Wohnungen aller Kunden anzeigte. „Nein.“

„Gut. Der wurde vermutlich ermordet. - Ich bin dann in aller Regel bei der Polizei, also nur in wichtigen Sachen zu erreichen.“

„Ich werde es vermerken.“

„Danke. War heute Nacht schon etwas los?“

„Nein, Lord Inu Yasha.“ Der Sicherheitsmann verkniff sich die Antwort „natürlich“. Tantei Ken verfügte über einen ausgezeichneten Ruf. Und nachdem der Chef letzte Woche buchstäblich durch den Pressewald gewandert war, als neuer Berater der Polizei, würde kaum ein hergelaufener Ganove es wagen ausgerechnet bei jemandem einzubrechen, der von ihm geschützt wurde. Sogar ab und an vorkommende dämonische Banditen zögerten. Laut dämonischen Kollegen hatte Inu Yasha da nicht nur einen guten Ruf als Halbbruder des Hundeherrn, sondern es hieß, es habe früher Duelle gegeben, viel früher. Dämonen lebten ja länger als Menschen und Halbdämonen wohl auch. Aber es wäre natürlich unziemlich gewesen den Chef zu fragen wie alt er war.

 

Inu Yasha war am Park ausgestiegen und schlenderte in Richtung Zoo. Jetzt war es halb neun und noch relativ kühl. Unten am See spazierten Mütter mit ihren Kindern, Touristen. Als er weiter ging hörte und roch er auch Raubtiere – der Zoo von Ueda begann hier. Rechts reckten sich Bürohochhäuser in den Himmel, aber vor ihm, wie er wohl wusste, befand sich ein recht vornehmes Viertel. Er suchte nach der angegebenen Adresse und war überrascht.

 

Das Grundstück war für diese Lage wirklich groß, zur Straße hin mit einem mannshohen Metallgitterzaun abgetrennt. Er hätte nicht aus hundert Jahren Sicherheit lernen müssen um die Kameras zu sehen, die an den Ecken und der Einfahrt postiert waren. Das eigentliche Haupthaus war altmodisch, im klassisch japanischen Stil gehalten, wenngleich aus Ziegeln. Nach links schloss sich ein Trakt an, der zur Straße hin weder Fenster noch Türen zeigte, nach rechts eine Art Ausbuchtung, in der er aufgrund der zweiten Zufahrt die Küche vermutete. Die Haupteinfahrt bildete ein Tor mit einem Wächterhaus, das rundum mit Glasscheiben ausgestattet war.

Dort unterhielten sich Inspektor Mori und Frau Nakamura mit zwei Männern, einem Menschenmann im Anzug und einem ebenso gekleideten Hundedämon. Er vermutete im Näherkommen, dass diese beiden zur Sicherheit des Hauses gehörten, denn sie wirkten etwas unglücklich. Hinter dem Tor schwang sich die Einfahrt wie eine Schleife zum Haupteingang des Hauses. Ziegelbau hin oder her – die orangenen Säulen rechts und links waren mit Sicherheit imprägnierte Bergzedern. Eine Mischung aus altmodisch und modern – irgendwie bildete das Haus eine nette Zusammenfassung seines Lebens.

Aber er sollte sich zusammennehmen. Er war hier um herauszufinden, was passiert war. Und, wie Herr Okabe zu Tode gekommen war. Eine der Grundregeln aus dem Buch des Sato, das Sesshoumaru ihm geliehen hatte: suche das Wie nie das Warum. Und eines Tages würde er auch herausfinden, warum auf dem ersten Blatt aus Maulbeerpapier eingefügt war: in tiefer Verehrung und Dankbarkeit Lord Sesshoumaru gewidmet. Unterschrieben von Isamu Sato und jemandem namens Sakura.

 

Jiro Mori sah ihn kommen und wandte sich voll um. „Guten Morgen, mein werter Berater.“ Nur nicht den Halbmenschen mit Titel anreden.

„Guten Morgen, Inspektor,“ gab Inu Yasha unbeeindruckt zurück. „Frau Nakamura....“

Diese war sehr erfreut beachtet zu werden. Sie arbeitete schon seit drei Jahren mit dem stets missmutigen Inspektor zusammen. „Das hier ist Hiroshi Setsuna, der Leiter der hiesigen Sicherheit....“

Der Menschenmann verneigt sich eilig etwas tiefer als er es für notwendig hielt. Warum nur zog der doch bekannte Halbdämon dermaßen die Augenbrauen zusammen? Weil er selbst so versagt hatte? Sein Schützling tot war?

Inu Yasha hätte ihm sagen können, dass er mit diesem Namen alles andere als angenehme Erinnerungen verband, aber schließlich konnte der Kerl ja nichts dafür. So blickte er zu dem Hundedämon, der sich eilig ebenfalls verneigte.

„Sein Name ist Akano,“ erklärte Frau Nakamura, die aus Erfahrung wusste, dass der Inspektor gern Namen von Dämonen vergaß. Oder eher, vergessen wollte.

„Du gehörst auch zur Sicherheit.“ Gegenüber Dämonen ließ Inu Yasha noch immer jede Höflichkeit fallen.

Akano wusste allerdings auch wem er gegenüberstand. „Ja, Lord Inu Yasha.“

„Wie lange liegen die Aufzeichnungen der Kameras vor?“ Normalerweise liefen sie in einer Endlosschleife, die immer wieder gelöscht wurde. Meist vierundzwanzig Stunden.

„Ab gestern Abend, zwanzig Uhr dreißig bis sechs Uhr morgens. Das ist auch gespeichert.“

Ein wenig irritiert sah der Halbdämon zu dem Leiter der Wachen. „Die Kameras zeichnen nur so kurz auf?“

Hiroshi Setsuna wäre fast im Erdboden versunken. „Äh, nein, Lord Inu Yasha. Aus … aus Stromspargründen erschien es Herrn Okabe ratsam die Kameras nur in der Nacht einzuschalten. Die Haushälterin, Frau Takanabe, schaltet sie scharf, wenn sie sich in den Dienstbotentrakt, das ist dort der Flügel, zurückzieht. Er war davon nicht abzubringen.“

Das war ja toll. Der Tote leistete sich Sicherheitspersonal und sparte dann am Strom für die Kameras? „Hat die Gerichtsmedizin schon etwas herausbekommen, Inspektor?“

„Wenn Sie den Todeszeitpunkt meinen,“ begann Jiro Mori, um sich doch seiner Professionalität zu besinnen. „Ja. Irgendetwas zwischen neunzehn Uhr und Mitternacht. Es sei schwer einzuschätzen, denn der Tote hatte nicht nur Krämpfe, sondern auch zuvor gebadet. Das Labor hat zwar Gift in seinem Körper gefunden, aber das scheint eine Medizin für das Herz gewesen zu sein. Der Hausarzt wird noch befragt, ob Herr Okabe da etwas bekam.“

Viele pflanzliche Heilmittel waren auch potentiell tödlich, ja. Ebenso wie heißes Bad und schwaches Herz. Inu Yasha dachte kurz nach, ehe er sagte: „Akano, zeig mir doch mal die Bilder. Danach gehen wir in das Haus.“

 

Der Hundedämon gehorchte wortlos und der Inspektor nutzte die Gelegenheit, als die beiden Nichtmenschen im Glashaus verschwanden, sich an den Sicherheitschef zu wenden. „Sagen Sie, Herr Setsuna, wieso titulieren Sie ihn eigentlich als Lord?“

„Äh, wissen Sie das nicht?“

„Sonst würde ich kaum fragen.“

„Er ist der Bruder, nun ja, Halbbruder Lord Sesshoumarus, des Inu no Taishou, des Fürsten des Westens.“

„Aha,“ machte der Inspektor. Nun ja, diese dämonischen Beiräte hatten ja leider auch etwas in der Regierung mitzureden. Aber damit war natürlich auch klar, warum der Präsident so drauf gedrungen hatte, dass er diese Anrede verwenden solle. Das konnte diplomatische Probleme geben. Nun ja. Er würde einfach bei der Anrede als Berater bleiben, damit ersparte er sich Ärger und musste nicht zu einem Halbmenschen höflich sein. Nun ja. Erst dann bemerkte er, dass er das in den letzten Sekunden drei Mal gedacht hatte. Dieser Halbmensch schaffte es noch ihn aus der Fassung zu bringen.

 

Inu Yasha betrachtete die Bildschirme im Wächterhaus. Vier Bildschirme, geteilt, diverse Kameraeinstellungen. „Wie viele Kameras und wie verteilt?“

Akano deutete vage herum. „Sechs zur Straße hin, jeweils im neunzig Grad Winkel schwenkend, vier an den anderen Zäumen um das Grundstück, im hundertachtzig Grad Winkel.. Und zwei weitere im inneren Hof, dem Privatgarten. Zudem gehe ich in der Nacht regelmäßig um das Gelände und wittere.“

„Wer beobachtet dann die Kameras?“

„Niemand.“ Der Hundedämon musterte angelegentlich einen Bildschirm. „Wir sind nur zu zweit. Hiroshi Setsuna und meine Wenigkeit. Nachts bin ich allein.“

„Sehr kleine Sicherheitsfirma.“

„Ja. Und recht neu.“

Inu Yasha hatte das dumpfe Gefühl, dass diese Firma auch nicht alt werden würde. Es machte keinen guten Eindruck, wenn jemand, der einen angeheuert hatte um ihn zu beschützen, umkam. Schön, noch war nicht sicher ob es Mord gewesen war, aber auch so war es peinlich. „Hast du Aufnahmen aus dem Privatgarten?“

„Ja.“ Akano bewies prompt, dass er den Computer und die Bildschirme bedienen konnte. „Hier. Die Haushälterin schaltet jeden Tag die Kameras ein, wenn sie sich zurückzieht, also, nachdem sie das Geschirr vom Abendessen aufgeräumt hat. Auch die Hasebes sind dann schon dort. Der Dienstbotentrakt wird dann extra gesichert.“

„Hasebe.“

„Er war der Privatsekretär von Herrn Okabe, seine Frau ist das Kindermädchen für Haru Tonaga und Daichi Okabe. Lord Inu Yasha, genau kann es Ihnen sicher Frau Takanabe sagen, aber Herr Okabe hielt sich sehr an einen strikten Zeitplan. Nach dem gemeinsamen Essen ziehen sich die Familien in ihre Räume zurück, er geht nach hinten in das Badehaus, das den Privatgarten abschließt, dann begibt er sich ebenfalls zur Ruhe. Jeden Tag um neunzehn Uhr geht er zum Baden.“

Und da er gebadet hatte - oder gingen nur alle davon aus – musste auch jedem klar gewesen sein, wann er wieder in das Haus kommt. Nur, was hatte er dann in seinem privaten Arbeitszimmer verloren? Noch dazu im Schlafanzug? Inu Yasha musterte das Video. Der Garten war dunkel, nur die Infrarotkamera zeigte an, dass sich niemand dort befand. „Niemand.“

„Ich habe mir das Video, nun, alle angesehen. Niemand. Und auch keine Witterung eines Fremden, wie Sie sicher selbst feststellen können, Lord Inu Yasha.“ Höflich bleiben, mahnte sich Akano, trotz aller Nervosität. Soweit er gehört hatte, brauchte sich der Mann vor ihm nicht um Hilfe suchend an seinen Bruder wenden, sondern regelte seine Angelegenheiten selbst. Mit meist tödlichem Ergebnis für den Duellgegner. Abgesehen davon war Ärger mit dem Inu no Taishou etwas, was man gerade als Hundedämon wirklich weiträumig vermeiden sollte.

Die Ohren des Halbdämons zuckten. Vielleicht war es doch gar kein Mord? Das sollte er im Hinterkopf behalten. „Wurde aufgenommen, wann er aus dem Badehaus kam?“

„Nein. Es muss wohl bereits geschehen sein, ehe Frau Takanabe die Kameras einschaltete. Erst ab da patrouilliere ich auch um den inneren Trakt.“

Der Grundriss, den Namiko Nakamura im Polizeipräsidium, an die Glasscheibe gezeichnet hatte war offensichtlich wirklich wichtig. „Der innere Trakt.“

„Ja. Hinter dem Haupthaus liegen zwei Seitenflügel, der West- und der Osttrakt. Sie umgeben mit dem Haupthaus den inneren Garten. Nach außen sind nur gesicherte, vergitterte Fester. Gang und Schiebetüren gehen in den Garten. Abgeschlossen wird er hinten vom Badehaus und einer Mauer. Hinter dem Dienstbotentrakt befindet sich ein angelegter Garten mit einem Teehaus, ansonsten ist alles grüne Wiese, die im Sommer mit einem Sprenkler gegossen wird. Ein Mähroboter ersetzt den Gärtner.“

Alles schön und gut, aber leider nicht gerade zielführend. „Wer hat gleich nochmal den Toten gefunden? Die Ehefrau?“

„Herr Hasebe, der Privatsekretär.“

Klar, der war morgens zur Arbeit in das Büro gekommen. Nur, warum hatte die Ehefrau nichts mitbekommen? Gleich. Das musste man im Haus sehen.

 

 
 

Die Aussage des Hauses

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Hiroshi Setsuna führte die beiden Polizisten samt Berater zum Haus, während Akano pflichtgemäß am Wächterhaus zurück blieb.

„Herr Okabe ließ dieses Haus vor knapp dreißig Jahren erbauen. Er war damals schon zu erheblichem Wohlstand gekommen. Ursprünglich sollte ein Flügel, der dort links, den Dienstboten zugewiesen werden und rechts sollte ein anderer Flügel für ihn stehen. Da dann aber sein Schwager starb und er seine Schwester und deren Sohn aufnahm, wurden die Baupläne geändert. Jetzt befinden sich hinter dem Haupthaus rechts und links vom sogenannten inneren Garten zwei Flügel. In einem lebt die Familie Tonaga, im anderen die Familie Okabe.“

Sie hatten das Portal, anders war es kaum zu nennen, erreicht. Hinter den orange angestrichenen Zedernsäulen öffnete der Sicherheitschef die Tür zu einem kleinen Vorraum. „Gewöhnlich ist hier abgeschlossen,“ erklärte er mit gewissem Blick auf den Halbdämon, der immerhin ein recht bekanntes Sicherheitsunternehmen besaß. „Hier, gleich rechts und links, befinden sich die Gästetoilette und die Schuhkammer.“

Da sofort zwei der drei Besucher hinübergingen, um ihre Straßenschuhe auszuziehen, warf Setsuna einen unwillkürlichen Blick auf die Füße des dritten Besuchers. Inu Yasha war barfuß, wie nun eigentlich immer. Es war ihm lieber, und, seit Dämonen ja sozusagen öffentlich waren, musste er weder die noch seine Ohren verbergen. Unterdessen schob der Sicherheitschef die beiden nächsten Türen beiseite, wie alle inneren Türen des Hauses aus schwarzem Holzgitter mit weißem Papier bespannt.

Dahinter öffnete sich ein weiter Raum. „Das ist die Empfangshalle. Hier fanden auch schon größere Festivitäten statt, sogar einmal ein großes Bankett, aber, das war vor meiner Zeit. Ich kam erst vor zwei Jahren. Das kann Ihnen Frau Takanabe, die Haushälterin, sicher genauer sagen.“

Der Boden war mit Seegrasmatten, Tatami, belegt. Kein Wunder, dass hier niemand mit Straßenschuhen durchrennen sollte. Inu Yasha sah sich um. Irgendetwas stimmte hier doch nicht? An der hinteren Wand befanden sich vier Türen, nach rechts, gleich hier vorne, nur eine. Diese führte, wenn er sich auf seine Nase verlassen konnte, tatsächlich in die Küche. Linker Hand war praktisch direkt neben ihm eine Tür, erst nach einem Stück Wand dehnte sich auch die Halle dort weiter. Nur eine weitere Tür befand sich noch links der Halle.

„Äh, ja,“ erklärte Setsuna weiter, da nun alle neben ihm standen. „Hier rechts ist der Zugang zur Küche und den Vorratsräumen. Es gibt keinen Keller. - Hier nach links, diese Räume wurden erst vor zwei Jahren eingefügt. Hier...“ Er schob die Tür beiseite: „Befindet sich das Wartezimmer, in dem Besucher auf den Hausherrn warten, gewartet haben. Die beiden Türen links gehen zu dem Büro Herrn Okabes und zu dem seines Privatsekretärs, Herrn Hasebe. Nachdem sich Herr Okabe aus der Firma weitgehend zurückgezogen hat, erledigte er doch noch anfallende Arbeiten hier. Die Tür hinten ist der Zugang zu dem so genannten Dienstbotentrakt. Dort wohnen die Hasebes in zwei Zimmern und ein Raum besitzt Frau Takanabe. Auch der Hauswirtschaftsraum ist dort.“

„Dann wurde der Tote dort gefunden?“ Inspektor Mori wollte schon hingehen.

„Nein. Er... er befand sich dort hinten, im privaten Arbeitszimmer. Dazu komme ich gleich.“ Setsuna schloss die Tür wieder. „Hier vorne, die zweite Tür auf der linken Seite führt in das Esszimmer oder auch kleinen Empfangsraum. Hier essen die Familien, aber empfangen auch Freunde und so. Die hinteren vier Türen, ja Die äußeren beiden führen jeweils in den West- und Osttrakt, in denen die Familien wohnen, die Tonagas links, die Okabes rechts. Sie sind identisch aufgebaut. Der Gang liegt jeweils auf der äußeren Seite, mit vergitterten Fenstern und Alarmanlagen. Zum inneren Garten hin liegen jeweils vier Räume. Im ersten wohnt Frau Tonaga, Ayame Tonaga, die Schwester des Verstorbenen, dahinter kommt das Wohnzimmer der Tonagas, das Kinderzimmer für Haru Tonaga, dann das Schlafzimmer des Ehepaares. Auf der anderen Seite, bei den Okabes, ist das erste Zimmer das Arbeitszimmer von Frau Okabe. Sie erledigt die sozialen Aufgaben, aber, das kann sie Ihnen sicher genau berichten. Dann kommt das private Wohnzimmer der Okabes, das Kinderzimmer für Daiichi und das Schlafzimmer. In beiden Trakten endet es mit einer Toilette und einer Dusche. Die Zimmer haben jeweils Fenster und Ausgang zum inneren Garten, genauer zu der Veranda, die diesen umgibt.“

Der Kerl hatte eindeutig seinen Beruf verfehlt, dachte Inu Yasha. Der hätte nicht Sicherheitsdienstleister, noch dazu mit einem toten Kunden, sondern Immobilienmakler werden sollen. „Und diese zwei Türen?“

„Die beiden mittleren Türen führen in die Bibliothek oder auch das Herrenzimmer. Herr Okabe empfing dort, nun, Freunde. Und das hier ist das private Arbeitszimmer. Hier...hier wurde er gefunden.“ Er schob die Tür beiseite und ließ die Polizisten an ihm vorbei gehen.

 

Das private Arbeitszimmer war tatsächlich eine Überraschung, was weniger an dem Kreideumriss einer menschlichen Gestalt lag, die neben dem Schreibtisch auf die Matten gezeichnet worden war oder den Schildern der Kriminaltechniker. Das ganze Haus wirkte relativ altmodisch, von außen hatte man keine anderen Fenster entdeckt als solche mit einem hölzernen Gitter. Hier allerdings bot eine Glastür, die vom Boden bis zu Decke reichte, Blick auf den angelegten inneren Garten. Der westlich gehaltene Schreibtisch des Hausherren stand auch so, dass er immer hinaus sehen konnte. Eine Schiebetür führte nach links und Inu Yasha öffnete sie, sicher, dass sich dort die Bibliothek befinden musste. Dem war auch so, aber, ebenso wie das private Arbeitszimmer war auch die Bibliothek im westlichen Stil gehalten. Vier bequeme Sessel standen locker um ein Tischchen. Er sah sich wieder um. Obwohl anscheinend gründlich gelüftet worden war, zeigte seine Nase ihm noch immer den Geruch von Krankheit und Tod,

Inspektor Mori war an die Glastür getreten. „Hier ist auch die Veranda. Die Akten wurden mitgenommen?“ Das verrieten die nun leeren zwei Regale auf der rechten Seite.

„Soweit ich weiß, ja,“ erklärte Setsuna. „Was genau sich hier befand müsste Ihnen Herr Hasebe sagen können.“

„Wo ist eigentlich die Familie und das Personal?“

„In den jeweiligen Räumen. Ihnen wurde gesagt, dass sie auf Sie warten sollen, nach dem Frühstück.“

„Dann setzen wir uns doch in die Bibliothek und Sie richten dem Privatsekretär, diesem Hasebe, aus, er soll herkommen.“

„Ja.“ Der Sicherheitschef erkannte durchaus an, dass der Inspektor Witwe und Angehörige nicht direkt am Leichenfundort befragen wollte.

Inu Yasha war an die Glasscheibe getreten. Mit einem Griff konnte man die beiden Seiten der Glastür öffnen und beiseite schieben. Hübscher Garten, dachte er. Auf drei Seiten lief die überdachte, hölzerne Veranda herum, hinten endete er an dem Badehaus mit Mauer. Mitten in der Anpflanzung lag ein kleiner Teich und er hätte wetten mögen, dass darin mindestens ein Koikarpfen schwamm. Direkt hier vor dem Arbeitszimmer führte eine Treppe in den Garten, ein direkter Weg am Teich vorbei zum Badehaus. Anscheinend der einzige Zugang. Ganz offensichtlich war Herr Okabe ein Gartenfreund gewesen. Weiter nach Osten, außerhalb dieses abgeschirmten Bereichs lag ja auch noch einmal ein angelegter Garten mit Teehaus. Er drehte sich um. Ja, hinüber in die Bibliothek war keine schlechte Idee von Mori. Da roch es besser.

 

Der Inspektor schob gerade sein Handy weg. „Setzen Sie sich nur zu mir, werter Berater. - Ich bekam gerade Nachricht von der Gerichtsmedizin. Mord. Okabe war laut Auskunft des Hausarztes nicht herzkrank und erhielt auch keine Medikamente. Sie haben einen Vorsitzenden der Vereinigung traditioneller Medizin gefragt, der Proben vorbeibrachte und die Dosierungen angab. Unmöglich die so zu erreichen. Zu allem Überfluss wird es als Tee verabreicht – im Magen fand sich keine Spur. Er muss das Gift anders aufgenommen haben. Eine Idee?“

„Nein.“ Inu Yasha setzte sich fast gemütlich. „Erst eine Theorie aufstellen und dann dafür Beweise zu suchen ist doch unsinnig. Man übersieht dann leicht etwas. Erst sammele ich objektiv alle Fakten, dann suche ich eine Theorie, die zu diesen Fakten passt.“ Er kannte das Buch Satos wirklich fast auswendig. Ob er es Mori leihen sollte? Aber vermutlich würde das den lieben Herrn Halbbruder dazu bringen ihn zum Duell zu fordern. Der schien eigenartigerweise sehr an diesem Buch zu hängen. Noch dazu existierte da diese ausgefallene Widmung. Dankbarkeit Sesshoumaru gegenüber? Von Menschen? Bislang hatte er geglaubt, dass nur Rin das empfinden konnte. Was war damals nur gelaufen?

Frau Nakamura hatte höflich gewartet, setzte sich nun jedoch auf die andere Seite des Inspektors und nahm ein Notizbuch mit Bleistift zur Hand. Sie nahm die Aussagen auf und gab sie später sowohl in den Computer ein als auch gegebenenfalls eine Ergänzung am Whiteboard.

„Na, dann sammeln Sie mal.“ Aber Mori klang ein wenig bissig. „Es gibt hier jetzt jede Menge Verhöre, später sollen wir noch in die Gerichtsmedizin.“

Der Halbdämon nickte nur. Es war nicht notwendig, dass er die zwei Dinge, die ihm aufgefallen waren, laut zur Sprache brachte. Vielleicht ergab sich im Laufe der folgenden Unterredungen eine harmlose Erklärung, da musste er nicht negativ auffallen.Immerhin ging es doch um den Titel des besten Ermittlers Japans – und er hatte sicher nicht die Absicht hinter einem gewissen Hundedämon zurück zu stehen.

 

 

 
 

Die Aussage des Privatsekretärs

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Der Privatsekretär entpuppte sich als kleiner, wenngleich selbstbewusster, Mann Mitte bis Ende Fünfzig, dessen dunkle Haare sich zumeist schon in grau gefärbt hatten. Er verneigte sich höflich, blieb jedoch stehen.

„Setzen Sie sich.“ Inspektor Mori wollte alles schnell hinter sich bringen – vor allem die Szenen mit diesem Halbmenschen neben sich. „Ihr voller Name, Herr Hasebe?“

„Danke, Inspektor. Ich heiße Hasebe, Fujita Hasebe. Ich bin, war, der Privatsekretär von Herrn Okabe.“

Nur ein Vollidiot hätte nicht bemerkt, dass die Stimme zitterte, sich der Privatsekretär aber geübt zusammennahm. Inu Yasha beschloss einzugreifen. „Sie sind wohl schon länger in diesem Amt?“

„In diesem Amt? Oh nein, Inspektor ...oh, Verzeihung, Lord Inu Yasha. Ich habe Sie gerade erst erkannt. Ich arbeitete ursprünglich in der O-tea als persönlicher Assistent von Herrn Okabe. Als er jedoch vor zwei Jahren beschloss sich aus dem operativen Geschäft zurück zu ziehen, fragte er mich, ob ich ihn zukünftig auch privat unterstützen würde. Ich willigte ein, zumal er mir hier auch Wohnung und Essen zusagte und eine Arbeit für meine Ehefrau.“

„Dann war er mit Ihnen sehr zufrieden?“

„Ich denke schon.“

„Wie lange haben Sie denn schon in der O-tea gearbeitet?“

„Alles in allem fast dreißig Jahre. Deswegen war es ja auch so ein Schock, als ich ihn da liegen sah....“

„Warum sind Sie eigentlich hergegangen? Ihr Büro ist doch wohl da drüben?“ erkundigte sich Jiro Mori.

 

Und ihm sagte man seit Jahrhunderten wenig Einfühlungsvermögen nach! Der Kerl bräuchte eindeutig eine Bannkette und eine Art Kagome. Die Assistentin war ebenso eindeutig zu freundlich dafür. Inu Yasha begnügte sich allerdings mit einem finsteren Blick auf den Polizisten, ehe er meinte: „Ja, natürlich war das ein Schock. Wie sind Sie denn überhaupt in diese Vertrauensstellung als persönlicher Assistent gekommen? Vertrauen muss man sich ja erarbeiten, oder?“ Und er fragte sich bis heute, wie Jaken an das von Sesshoumaru gekommen war.

Hasebe nickte. „Ich hatte Glück. Damals war es kaum anders als heute – Abschlüsse von staatlichen Universitäten zählen weniger als die von privaten. Es war meiner Familie nur möglich mich auf eine staatliche Universität zu schicken. Als ich die Anzeige in der Zeitung sah, bewarb ich mich. Ich hatte einen guten Abschluss in Betriebswirtschaft, wissen Sie. Und mein Vater meinte, ich solle jede Chance nutzen, vielleicht sei es die richtige. Ich war schon sehr erfreut als ich zu einem Vorstellungsgespräch geladen wurde. Herr Okabe sagte mir klipp und klar, dass er einen persönlichen Assistenten suche und da auch, verständlicherweise, nach Sympathie gehen würde. Er wolle jeden der Männer, die ihm gefallen hatten, zwei Tage zum Probearbeiten sehen.“ Er atmete tief durch. „Ich hatte viel gelernt, das gebe ich zu, aber nie so viel wie in diesen zwei Tagen. Es war faszinierend zu sehen, welche Disziplin er an den Tag legte, wie viel er arbeitete. Ich erfuhr, dass er sich aus recht armen Verhältnissen zu einem solchen Unternehmer hochgearbeitet hatte. Und ich gebe zu, dass mir das imponierte. Ich versuchte zu lernen. Und ich weiß es noch wie heute, ich fragte ihn am zweiten Tag nach der Mittagspause, nach welchem System er eigentlich neue Läden gründete. Ich würde eines sehen aber nicht erkennen. Und Herr Okabe sah mich an, lächelte etwas und sagte: ich stelle Sie ein. Und wissen Sie auch warum? Sie sind der Einzige, der nachgefragt hat. - Manch einer sagte, er sei schroff, aber ich würde sagen, dass er trotz allem sehr gerecht war.“

„Und seither waren Sie immer um ihn.“ Der Halbdämon sah das Nicken und ergänzte: „Dann kannten Sie ihn wirklich gut.“

„Nun, so gut man seinen Vorgesetzten kennt. Wir waren nicht befreundet.“

„Das wäre auch unziemlich. Herr Okabe hat also die O-tea ganz allein hochgebracht, mit viel Arbeit.“

„Ja, Lord Inu Yasha.“ Hasebe atmete tief durch. Dieser junge Mann, Halbdämon, schien ihn zu verstehen.

„Warum zog er sich dann zurück?“

„Herr Tonaga, sein Neffe, war bereits seit einiger Zeit der zweite Geschäftsführer. Und, nachdem Frau Okabe zur allseitigen Verwunderung einen Sohn zur Welt brachte, meinte Herr Okabe, es sei an der Zeit sich um die eigene Familie zu kümmern, zumal er die Firma in guten Händen wusste. Herr Tonaga wurde von Anfang an als Nachfolger aufgebaut, Schulen, Studium und auch die Praktika im Betrieb. Ganz loslassen mochte und konnte Herr Okabe freilich nicht und so ließ er hier noch ein Büro einbauen, eben das vordere.“

„Und an was arbeitete er im privaten Arbeitszimmer?“

„Seine Memoiren.“

Inspektor Mori griff ein. „Er schrieb Erinnerungen? Und diese Ordner sind nun bei der Polizei? Frau Nakamura, prüfen Sie sie.“

Diese war Kummer gewohnt und machte sich nur eine zusätzliche Notiz.

Inu Yasha sah das anders. „Memoiren über seinen Aufstieg?“

Herr Hasebe nickte. „Ja, er meinte, es würde andere anspornen ebenfalls den Weg zu gehen. Mit Fleiß und Disziplin. Oh, ich glaube nicht, dass ihn das so aufregte, dass er starb. Obwohl, wenn Sie hier sind und sich so dafür interessieren ….wurde er ermordet?“

„Ja,“ erwiderte Mori schlicht und ein wenig taktlos.

Die Ohren des Halbdämons zuckten. Der Typ regte ihn auf. „Vermutlich, aber das sollen wir ja prüfen. Nun gut, Herr Hasebe, wie verlief der Abend vor dem Tod und wie dann der Morgen?“

Der Privatsekretär nahm sich zusammen. „Der Abend war wie immer, seit Herr Okabe hier arbeitet. Um siebzehn Uhr beenden wir die Arbeit und ich habe frei, gehe dann zu meiner Frau. Die Familien essen um achtzehn Uhr im Esszimmer. Frau Takanabe, die Haushälterin kocht und serviert dort. Meine Frau holt unser Essen aus der Küche und wir essen gemeinsam in unserem Wohnzimmer, dann räumt sie es weg. Wie jeden Abend. Noch ein kurzes Gespräch mit der Haushälterin, dann ziehen wir uns um und sehen fern. Irgendwann ruft Frau Takanabe zu uns Gute Nacht, wenn sie die Alarmanlagen anschaltet und sich selbst in ihr Zimmer zurückzieht. Das ist immer, wenn sie das Esszimmer für das Frühstück hergerichtet hat und die Kleidung von Herrn Okabe ...also, seine Kleidung aus dem Badehaus geholt hat. Er badet, badete, jeden Tag zwischen neunzehn und zwanzig Uhr, allein, wenn Sie das wissen wollen. Danach zieht er sich ebenfalls in seine privaten Räume zurück. Ja, am nächsten Morgen … ich fange gewöhnlich um halb neun an und wunderte mich, dass sich Herr Okabe noch nicht in seinem Büro aufhielt. Er war immer sehr pünktlich, wirklich strikt. Ich vermutete dann, dass er sich noch in seinem privaten Arbeitszimmer befinden würde. Manchmal, wenn er nicht schlafen konnte, begann er bereits morgens mit dem Schreiben seiner Memoiren. Ich, nun, ich konnte nur vermuten, dass er die Zeit ungewöhnlicherweise übersehen hatte, und, da ich keine Antwort erhielt, öffnete ich die Tür.“ Er schlug die Hand vor den Mund. „Und da lag er, es war... schrecklich....“

„Sie kamen aber nicht auf die Idee erste Hilfe zu leisten?“ kam es prompt von Mori.

„Keh,“ machte der Halbdämon. „Haben Sie sich das Bild angeguckt? - Riefen Sie dann einen Arzt, Herr Hasebe?“

Der Privatsekretär sah schuldbewusst zu Boden. „Ich rannte zuerst einmal … dort draußen auf die Toilette. Ich vergaß sogar die Pantoffeln anzuziehen. Als ich zurückkehrte, weil ich doch etwas tun musste, traf ich Herrn Tonaga, der sich gerade in die Firma begeben wollte, und sagte ihm, was los war. Er wies mich an, Notarzt und Polizei zu rufen, nachdem er einen Blick in das Zimmer geworfen hatte, und sagte, er werde den Damen und den Kindern sagen, dass sie in ihren Räumen bleiben sollten. Das klang vernünftig und so gehorchte ich. Aber auch er sah recht blass aus, muss ich zugeben.“

Inu Yasha hatte noch den Geruch in der Nase. Das konnte er sich vorstellen. „Wissen Sie noch, als Sie in das private Arbeitszimmer kamen, war da die Terrassentür offen oder geschlossen?“

„Geschlossen. Alle Türen waren geschlossen, ganz sicher. Deswegen stand ja auch die Luft....“

Die Nase des halben Hundedämons kräuselte sich verständnisvoll. Ja, das würde niemand so leicht vergessen. „Als was arbeitet denn Ihre Frau hier?“

„Als Kindermädchen für Daiichi, Daiichi Okabe und Haru Tonaga. Sie bringt Haru in den Kindergarten, fährt mit Daiichi spazieren oder beschäftigt sie um die Mütter zu entlasten. Keine sehr schwere Aufgabe, aber sie kann auf diese Art ihre Rente erhöhen. Und wir wohnen hier kostenlos. Wohnten, denn ich vermute nicht, dass Herr Tonaga mich noch benötigt.“

Und Wohnen in Tokyo war sehr teuer, selbst in den kleinen Wohnungen in einem Hochhaus. Für die Hasebes war der Tod sicher ein schwerer Schlag zum Thema Finanzen. „Der kleine Daiichi ist momentan krank? Dann ist ihre Frau bei ihm?“

„Nein, Frau Okabe ist bei ihm, auch nachts. Seit drei Tagen fiebert er und obwohl Dr. Kawasaki, das ist der Hausarzt, schon hier war und Antibiotika verschrieben hat, bessert sich nichts. Ich glaube, er schlug vor, Daiichi ins Krankenhaus zu bringen um es abklären zu lassen. Aber nachdem jetzt Herr Okabe tot ist ...“

Schön, aber damit war ja erst einmal auch geklärt, warum die Ehefrau nicht nach dem Gatten gesucht hatte, als der hier herumlag – sie war im Kinderzimmer und hatte das schlicht nicht mitbekommen. Aber, wie war das, man sollte nie etwas als gegeben hinnehmen. Lieber sie auch noch dazu befragen. „Ich hätte einstweilen keine Fragen mehr, Sie Inspektor?“

Mori schüttelte den Kopf. „Nein, mein Berater. - Dann schicken Sie doch die Haushälterin her, diese Frau Takanabe. Sie ist auch schon länger her?“

„Ja, seit dreißig Jahren ungefähr. Seit das Haus gebaut wurde. Ayumi Takanabe. Kann ich zu meiner Frau gehen?“

„Ja,“ sagte Inu Yasha prompt. Was immer die beiden Hasebes absprechen wollten hatten sie bereits getan. Als sie allein waren, erkundigte er sich: „Dieser Dr. Kawasaki, mit dem hat die Gerichtsmedizin doch schon gesprochen? Kann der heute Abend auch da sein?“

„Ich werde es veranlassen, Lord Inu Yasha,“ antwortete Namiko Nakamura prompt.

 
 

Die Aussage der Haushälterin


 

F

rau Ayumi Takanabe, die Haushälterin des Verstorbenen, war eine Frau deren hochgesteckte Haare fast weiß geworden waren. Der Knoten betonte noch die gewisse Strenge in ihrem Auftreten. Sie trug ein knielanges, dunkelblaues Kleid und eine schneeweiße Schürze. Das Kleid mochte die Arbeitskleidung sein, die Schürze hatte sie sich sicher gerade erst neu umgebunden. Sie neigte höflich den Kopf, blieb jedoch aufrecht stehen und verschränkte die Hände vor dem Bauch – deutliches Zeichen das Abwehr.

Inspektor Mori wollte tatsächlich auf gut Wetter machen. Zum Einen erkannte auch er, dass dies eine wichtige Aussage wäre, zum Anderen, dass die Frau nicht unbedingt redselig war. „Nehmen Sie doch Platz, Frau Takanabe. Ich bin Inspektor Mori, das ist meine Assistentin Namiko Nakamura und mein Berater, Inu Yasha Ken.“ Schön, er kannte keinen Nachnamen, aber das tauchte doch in dessen Firma auf: Detektiv Ken. Nur nicht das Lord erwähnen.

 

Die Haushälterin presste ein wenig die Lippen zusammen. „Ich sitze nie in Gegenwart von Gästen.“

 

Ach herrje, eine von denen. Das war wie mit Jaken und Myouga: sich eher in Stücke schneiden lassen als den Herrn verraten. Inu Yasha beschloss, nachdem er schon so falsch vorgestellt worden war, die Sache in die eigenen Klauen zu nehmen – und tatsächlich mit seiner Stellung zu wedeln. Machte er wirklich selten, aber altmodische Dienstboten musste man auch altmodisch behandeln, wenn man was erfahren wollte, das hatte ihn doch das letzte Jahrhundert gelehrt. Kagome wäre bestimmt nicht zufrieden damit, Bruderherz vermutlich eher, wobei er dem sicher nicht auf die hochwohlgeborene Nase binden würde, dass er sich da den zum Vorbild nahm. „Dann gehen Sie aber auch auf den Ihnen zustehenden Platz, Takanabe.“ Eine nachlässige Handbewegung deutete neben die Tür.

Nicht nur die Polizisten betrachteten ihn etwas verwirrt, sondern auch die Haushälterin, deren Blick noch einmal über den Berater glitt. Erst nun erkannte sie die viel zu langen, dichten Haare, aus denen Hundeohren ragten, die Tatsache, dass sowohl die bloßen Füße als auch die Hände eindeutig keinem Menschen gehörten. Und trotz ihrer manigfaltigen Pflichten kam sie zum Fernsehgucken und Klatschzeitungen lesen. Ohne zu zögern verneigte sie sich eindeutig tiefer, ehe sie in die Knie glitt und fast die Stirn auf den Boden legte. „Bitte, Lord Inu Yasha, verzeihen Sie mir. Meine Wenigkeit erkannte Sie nicht.“

Der Halbdämon schwenkte von mittelalterlichem Fürstensohn zu dem Inu Yasha zurück, der Kagome lieber gewesen wäre. So meinte er fast sanft: „Setzen Sie sich auf den Sessel. Ich bin mir bewusst, dass Sie Ihrem Herrn treu ergeben waren und keines seiner Geheimnisse ausplaudern wollen. Dennoch – er wurde ermordet und das Letzte, was Sie tun können, ist uns ein wenig dabei zu helfen, was anders war als sonst. Wenn Sie an den Abend vor seinem Tod zurück denken ...wie lief es ab?“

Die Haushälterin gehorchte sofort.

 

Zwei fleischige Pranken schlossen sich um dicke Knie, als dem Inspektor klar wurde, dass diese Ayumi Takanabe sich eindeutig nur auf den Halbmenschen konzentrierte, ihn vollkommen unbeachtet ließ. Das kratzte gewaltig an seinem Selbstbewusstsein und er musste sich zwingen daran zu denken, dass dieser Berater es immerhin mit einigen Sätzen geschafft hatte, dass die Zeugin kooperierte.

 

Die dunklen Augen der Haushälterin trafen auf warmes Gold, ehe sie eilig den Kopf senkte. Es schickte sich nicht einen Fürstenbruder, Fürstensohn, anzustarren. Dämonen sollten da noch einmal strikter sein. „Der Tag lief wie gewöhnlich ab, Lord Inu Yasha.“

Super. Nun, nicht jeder Tag endete wohl mit einem toten Hausherrn, aber er verstand, was sie meinte. „Wann beendete Herr Okabe denn die Zusammenarbeit mit Herrn Hasebe?“

„Um siebzehn Uhr, gewöhnlich. Herr Hasebe hat dann frei.“ Ach, das wollte er wissen. Nun, darüber konnte sie reden, das wusste jeder im Haus, die Sicherheitsleute hatten sogar einen Plan. „Ich bereitete dann das Abendessen vor. Um achtzehn Uhr treffen sich beide Familien im Esszimmer. Vorgestern auch. Ich serviere dann.“

„Sie bringen die unterschiedlichen Gänge. Und die Hasebes?“

„Frau Hasebe holt ebenfalls um achtzehn Uhr den Anteil für sich und ihren Mann. Danach sind sie nur noch in ihren Räumen. Ich habe noch Pflichten.“

„Natürlich. Sie servieren und räumen ab, füllen die Spülmaschine. Und wann gehen die Familien wieder?“

„Um neunzehn Uhr geht, ging, Herr Okabe zum Baden. Das heißt, vorgestern nicht.“ Ayumi Takanabe überlegte. „Ja, das können Ihnen sicher alle bestätigen, Lord Inu Yasha. Ich kam gerade mit einem neuen Tee, als Herr Okabe aufstand und sagte, er gehe baden. Ich war ebenso überrascht, wie die anderen. Ich erinnere mich noch, dass Herr Tonaga auf seine Armbanduhr sah, zu seiner Frau, Nanako Tonaga, blickte, dann seiner Mutter, aber auch die Damen wirkten überrascht. Es war zehn Minuten vor sieben. Frau Okabe war ja nicht anwesend, sondern bei Daiichi.“

„Das war sehr ungewöhnlich.“ Der Privatsekretär und auch der Hundedämon von der Sicherheit hatten ja schon von der strikten Zeiteinteilung des Opfers geredet.

„Sehr. Solange ich hier arbeite, das sind schon dreißig Jahre, Lord Inu Yasha, hielt sich Herr Okabe stets genau an die Zeiten. Und das verlangte er auch von der Familie. Er meinte einmal, freundlicherweise in meiner Gegenwart, dass es auch die Höflichkeit gegenüber der Köchin sei pünktlich zu erscheinen.“

„Da hat er sicher recht.“ Zehn Minuten früher, vollkommen ungewöhnlich – und dieser Abend endete mit seinem Tod. Was war nur los gewesen? „Danach ging Herr Okabe vermutlich baden?“

„Sicher.“

„Was macht Sie so sicher?“

„Zu meinen Pflichten gehört es das Esszimmer noch aufzuräumen und für das Frühstück vorzubereiten. Dann mache ich die Spülmaschine an. Frau Hasebe war bereits zurück gewesen und hatte die Teller in die Küche gestellt. So ging auch ich in den Trakt – nun, wo auch ich mein Zimmer habe.“

„Schalteten Sie die Alarmanlage an?“

„Nein, noch nicht. Zunächst ging ich, wie jeden Abend, hinaus auf die Terrasse vor meinem Zimmer, dann die Treppe hinunter. Es gibt einen Weg am angelegten Teegarten vorbei zu der hinteren Mauer. Gleich nach dem Westtrakt, in dem die Familie Tonaga lebt, befindet sich eine Tür, durch die man in den inneren Garten gelangt. Und zum Badehaus. Wie jeden Tag hatte ich nachmittags bereits Bademantel und Handtücher hingelegt, auf angewärmte Platten. Den Hausmantel, den Herr Okabe zum Abendessen getragen hatte und einige andere Kleidung, sowie Badetücher, die er für die Reinigung benutzt hatte, nahm ich wieder mit. Wie jeden Abend rief er mir ein Gute Nacht zu, darum bin ich sicher, dass er sich hinten im Bad befand, Lord Inu Yasha.“

Also gab es eine Tür in den inneren Garten und diese dämliche Sicherheitsfirma hatte die vergessen? Oder war das allen nur zu bewusst, bloß nicht erwähnenswert? „Sehr höflich von ihm. - Sie nehmen dann die Wäsche, schließen vermutlich die Tür in der Mauer ab und gehen wieder in den Dienstbotentrakt.“

„Ja. Die Wäsche kommt in den Hauswirtschaftsraum und ich machte noch eine Waschmaschine an, ehe ich nach vorne ging und die Alarmanlage scharf schaltete. Ich rief noch den Hasebes einen gute Nacht zu, was sie wie jeden Abend zurückgaben, ehe ich mich auch zurückzog.“

Nach Aussage der Sicherheitsleute war das um acht Uhr dreißig gewesen, weil danach die Kameras gearbeitet hatten. „Und gestern Morgen?“

„Ich beginne um sieben Uhr, Lord Inu Yasha. Ich schaltete die Alarmanlage aus und schaltete den Trockner ein, ehe ich die Suppen, Reis und anderes für das Frühstück und Tee zubereitete. Um halb neun beginnt der Tag hier im Haus gewöhnlich, ich brachte das Frühstück um acht ins Esszimmer, wo sich allerdings nur die Familie Tonaga, also die Schwester von Herrn Okabe, deren Sohn, Schwiegertochter und Enkel befanden. Ich war ein wenig überrascht, dass Herr Okabe nicht anwesend war, aber es kam öfter vor, dass er schlecht schlief und bereits die frühen Morgenstunden in seinem privaten Arbeitszimmer verbrachte. Frau Okabe war bei ihrem Sohn. Daiichi fieberte seit Tagen. So brachte ich Suppe und Tee in das Kinderzimmer im Ostflügel. Als ich zurückkehrte, stand Herr Hasebe vollkommen entsetzt vor dem privaten Arbeitszimmer und Herr Tonaga, der wohl gerade auf dem Weg in die Firma gewesen war, befahl ihm Notarzt und Polizei zu rufen, die Familien sollten sich in den Wohnungen aufhalten. Er wies mich an Frau Okabe mitzuteilen, dass es einen Unfall gegeben hatte.“

„Sie konnten sich vorstellen, mit wem.“

„Natürlich, Lord Inu Yasha. - Ich gehorchte und auch Herr Hasebe eilte in sein Büro. Frau Okabe wollte natürlich sofort … aber ich riet ihr, sie solle Daiichi nicht allein lassen, wenn schon der Notarzt käme könne sie ja nicht viel ausrichten. Sie weinte, aber sie blieb bei ihm und ich bei ihr.“

„Geht es dem Kleinen eigentlich schon besser? Sollte der nicht ins Krankenhaus?“

„Ja, das wollte Dr. Kawasaki, der Hausarzt, aber, soweit ich weiß, ist das Fieber gesunken. Aber, das kann Ihnen Fr. Okabe sicher selbst sagen, Lord Inu Yasha.“

„Eine Frage habe ich noch, dann können Sie Ihre Pflichten wieder aufnehmen. Wenn Hr. Okabe nach dem Abendessen zum Badehaus ging, wie ging er da? Direkt durch sein privates Arbeitszimmer?“

„Oh, nein. Oh, Verzeihung, das ist Ihnen natürlich nicht bekannt. Er geht... ging in den Osttrakt zum Schlafzimmer. Er zog sich vor dem Abendessen bereits um, aus dem Anzug in den Hausmantel. Dann, nach dem Essen, ging er in das Schlafzimmer, ich weiß nicht, was er dort tat, selbstverständlich, dann öffnete er die Tür zur Veranda, ging um die Veranda. Der einzige Zugang in den Garten von der Veranda aus befindet sich natürlich direkt vor dem privaten Arbeitszimmer. So ging er durch den Garten, fütterte die Koi und ging in das Badehaus. Und genauso auch wieder zurück in das Schlafzimmer, nur natürlich im sauberen Bademantel. Dieses Ritual hatte er, seit er dieses Haus bezog und ich hier eingestellt wurde.“

„Auch seine Eheschließung hat daran nichts geändert? Ich meine, manche Männer baden gemeinsam mit ihren Frauen.“ Kagome... Aber, das gehörte nicht hier her.

„Nein.“

„Danke, Sie können gehen.“

Und diesmal fiel nicht nur der Haushälterin, sondern auch der Polizeiassistentin und selbst dem Inspektor der vollkommen natürliche Tonfall mit der kaum wahrnehmbaren Handbewegung auf. Um das so zu können, musste man von klein auf Personal gehabt haben. Inu Yasha hätte sie korrigieren können, aber er hatte gelernt, gerade im letzten Jahrzehnt mit dieser Rolle zu kokettieren. Ausnahmsweise konnte sich ein Bruder als Hundefürst auch mal nützlich machen. Nun ja, wenn man von diesem ominösen Ermittlungsbuch des Sato absah.
 

Die Ausssage des Neffen


 

F

rau Takanabe hatte kaum die Tür der Bibliothek geschlossen, als sie sie wieder öffnete und sich erneut verneigte – wiederum eindeutig nur gegenüber dem Ranghöchsten im Raum. In ihren Augen war das zu seiner Erbitterung nicht Inspektor Mori.

„Verzeihung, Herr Tonaga möchte wissen, ob er in das Büro fahren kann oder Sie noch mit ihm zu reden wünschen, Lord Inu Yasha.“

Ryoichi Tonaga, also, der Neffe der Opfers und als Geschäftsführer seit mindestens zwei Jahren sicher auch finanziell gut gestellt. Dass der in eine Firma musste, deren Inhaber verstorben war und deren Aktien nur an diesem gehangen hatten, klang plausibel. So lehnte sich der Halbdämon entspannt zurück. „Ich lasse bitten.“

„Ich bin der ermittelnde Beamte,“ zischte Mori. „Und Sie nur ...“

„Berate ich Sie bislang schlecht?“ Kühl und sachlich bleiben, nicht mehr zum Schwert greifen, ja.

Trotzdem hatte der Inspektor gerade das irgendwie unheimliche Gefühl in den goldfarbenen Augen wäre ein Rotglühen aufgetaucht, nur ein Schimmer, aber dennoch ….bremsend. Immerhin war der ein Halbdämon und vermutlich, trotz aller Verträge, wäre eine Ohrfeige schon mit diesen Klauen wegen einer Beleidigung ziemlich schmerzhaft bis peinlich.

 

Der derzeitige Geschäftsführer der O-tea war ein noch relativ junger Mann von Mitte Dreißig, schlank und offensichtlich sportlich, der sich höflich in die Runde verneigte.

„Nehmen Sie doch bitte Platz, Herr Tonaga,“ meinte der Inspektor. „Es wird nicht lange dauern, Sie bald fahren können.“ Man musste reiche Männer auch pfleglich behandeln. „Sie wissen natürlich um den Mord an Ihrem Onkel.“

„Mord?“ Für einen Moment hob sich die Rechte. „Hat das jemand meiner Mutter oder gar Chizu gesagt? Das wird sie hart treffen.“

„Nach was sah das denn in Ihren Augen aus?“ erkundigte sich der Halbdämon „Schwere Vergiftung. – Nun, fangen wir etwas in der Vergangenheit an, damit wir das Firmengeflecht verstehen. Es handelte sich ja nicht immer um die O-tea. Zuvor gab es anscheinend andere Firmen, und er arbeitete sich hoch, so dass er sich diese Haus leisten konnte. Es wurde allerdings für Ihre Mutter und Sie umgebaut, als Ihr Vater angeblich mittellos starb.“

„Nicht mittellos – ich weiß nicht, ob Sie wissen, wer mein Vater war. Ryu Tonaga, Er drehte Naturdokumentationen, schrieb Bücher und verdiente auch recht gut. Er ging auf diese Reise in den Indischen Ozean, für die er, wie es in dieser Branche üblich ist, große Vorzahlungen leisten musste. Schiff, Crew … Nach seinem Ertrinken war dieses eingesetzte Kapital weg und es blieb herzlich wenig übrig. Ich war fünf und meine Mutter .. nun, sie hatte nichts gelernt, war nie auf der High School und so war es wirklich sehr gut, dass uns Onkel Akira hier aufnahm und sie die Leitung des Hauses übernehmen konnte.“

„So waren Sie ihm sehr dankbar,“ erklärte der Inspektor.

Inu Yasha beschloss, dem das Einfühlungsvermögen eines Drachen vom Schlage Ryukossusei zuzubilligen. Dankbarkeit konnte eingefordert werden – und bitter werden. „Es gab doch sicher auch mal Streit zwischen Ihnen und Ihrem Onkel.“

„Sicher.“ Ryoichi Tonaga schien kurz zu überlegen. „Soweit ich den Zeitschriften entnahm, Lord Inu Yasha, starb auch Ihr Vater jung und Sie hatten nur noch Ihren Bruder. Gab es da nie Zwist?“

Zwist war leicht untertrieben, der Kerl wollte ihn in einer lauschigen Ecke genau um die bringen. Es hatte Jahrhunderte gedauert sich aneinander zu gewöhnen und noch mehr eine Art distanzierte, nun ja, Freundschaft aufzubauen. „Genau deswegen frage ich.“

Der Geschäftsführer atmete durch. Ja, genau deswegen verstand der Halbdämon auch wohl. Er sollte ehrlich sein. „Dankbarkeit, ja. Meine Mutter war das und ich natürlich auch. Er schickte mich in die teuren privaten Kindergärten, Schulen, es war sehr schwer, zunächst die Aufnahmeprüfungen, die Jahre. Und, als ich in die Pubertät kam, sollte ich auch noch auf einer Teefarm arbeiten, ein Praktikum ums andere machen. Ich fühlte mich unter Druck gesetzt und, nun ja, ausgebeutet. Ich war ein Teenager. Er blieb da eigentlich immer ruhig, ich schrie, er nie. Und erst, als ich im Wirtschaftsstudium steckte, wurde mir klar, dass all die Praktika, von denen ich solange angenommen hatte, dass sie mir die Ferien vergällen sollten, nur einem Ziel gedient hatten. Mir wirklich von der Pike auf beizubringen, wie so ein Konzern funktioniert. Mir wurde da erst klar, dass Onkel Akira mich als seinen Nachfolger aufbaute. So entschuldigte ich mich bei ihm, und er akzeptierte es. Es war das Mindeste, was ich tun konnte. Und ich verteidigte ihn gegen Mutter, als er dann vollkommen überraschend Chizu heiratete. Mutter fand es lächerlich, ein Mann von vierundfünfzig und eine Achtzehnjährige, nicht einmal volljährig! Aber es war seine Sache und ich war mir sicher, dass ein so viel jüngeres Kind aus dieser Ehe auch nichts an meinem Vorrang ändern würde, falls Sie das wissen wollten. Aber die Jahre vergingen und Chizu wurde nicht schwanger. Stattdessen verliebte ich mich auf einem … Aufenthalt auf Hawaii in meine jetzige Frau. Nanako ist US-Bürgerin, aber japanischer Abstammung. Ich sollte da für die O-Tea Onlineversand in die USA, also, ein Unternehmen aufbauen. Ich war mir sicher, dass das Onkel Akira sozusagen als Meisterstück sehen würde. Er war allerdings nicht sonderlich glücklich mit meiner Ehefrauenwahl. Nanako übrigens auch nicht, als ich ihr meine Familie vorstellte. Sie war bei weitem nicht so … altmodisch erzogen. Es dauerte ein Jahr bis ich sie überreden konnte mir nach Japan zu folgen. Mutter war nicht auch sonderlich angetan, aber da Onkel Akira nichts sagte und auch Chizu sich mit Nanako anfreundete ...Als Nanako dann vor fünf Jahren schwanger wurde, waren Mutter und Onkel Akira allerdings sehr... Zumal es mit Haru ein Junge wurde. Nun ja. Vor zwei Jahren gelang es Chizu dann doch noch ihren Sohn auf die Welt zu bringen. Mutter war in Sorge wegen meiner Stellung. Sie hätte ihren Bruder besser kennen sollen. Onkel zog sich praktisch fast völlig aus dem operativen Geschäft zurück um die Jahre, die ihm noch bleiben sollten, mit seiner Familie zu verbringen. Er hatte seit seinem fünfzehnten Lebensjahr als Unternehmer gearbeitet. Fast fünfzig Jahre seien genug, meinte er und ernannte mich zum alleinigen Geschäftsführer. Sicher, er wird bestimmt Daiichi den Großteil seiner Aktien hinterlassen, aber auch Haru geht schon in einen guten Kindergarten und ich kann ihn mir auch leisten.“

„Sie sind sehr offen,“ entkam es der sonst so schweigsamen Namiko Nakamura.

Der Geschäftsführer zuckte die Schultern. „Die Damen und auch das Personal werden sicher das eine oder andere erwähnen – wozu nicht meine Sicht der Dinge sagen.“

„Es wurde mehrfach betont, dass sich Ihr Onkel aus sehr kleinen Verhältnissen emporgearbeitet hat. Wie lief das ab, falls Sie das wissen?“ Inu Yasha konnte sich nur zu gut vorstellen, dass eine Familie, die die Tochter nicht einmal auf eine staatliche High School schickte, alles daran setzte den Sohn auszubilden.

Ryoichi Tonaga zuckte erneut ein wenig die Achseln. „Ich weiß so ziemlich alles. Großvater, also Großvater Okabe, besaß eine kleine Teefarm. Sehr klein, um genau zu sein. Als seine Frau früh starb stand er alleine mit zwei Kindern. Onkel Akira war der Ältere und arbeitete bereits früh, und damit meine ich acht, auf dem Feld mit und dann in der Buchführung. Aber sein wahres Talent lag woanders. Heute würde man sagen im Marketing. Schon mit vierzehn überredete er die benachbarten kleinen Bauern sich zu einer Art Genossenschaft zusammen zu schließen, gemeinsam den Tee zu verkaufen. Damit konnten sie natürlich besser verhandeln und diese Genossenschaft wuchs darum auch. Erfolg zieht an. Das Ganze erhielt einen herben Rückschlag, als Großvater Okabe starb. Einem Fünfzehnjährigen wurde nicht sonderlich viel zugetraut. Zum Glück existierte eine Weisung, dass ein Nachbar die Vormundschaft für die Kinder übernehmen sollte. Dieser ließ Onkel auf eine staatliche Schule gehen, allerdings war er außerstande eine gute zu bezahlen, das können Sie sich sicher vorstellen. Mutter wollte ...nun, sie wollte dem Umstand entkommen auf einem Teefeld arbeiten zu müssen und bewarb sich um ein Stipendium in Osaka, das sie auch erhielt. Allerdings … ohne Vorkenntnisse ist es sehr schwer. Aber sie lernte eines Tages meinen Vater kennen und mit der Heirat fühlte sie sich abgesichert in einer doch besseren Stellung und gab das Studium auf. Das war damals üblich für verheiratete Frauen und an dem Bild hingen Onkel und sie... nun bis heute.“

„Die Schwierigkeit mit Ihrer Frau?“ erkundigte sich Inu Yasha prompt, der sich nicht vorstellen konnte, oder auch, nur zu gut, wie Sango und Kagome auf einen derartigen Vorschlag reagiert hätten. Und das war Mittelalter?

Der Halbdämon verstand ihn wirklich, dachte der Geschäftsführer und erklärte offen: „Ja. Nanako ist gebildet und die Aussicht in diesem Trakt gemeinsam mit Mutter und eben nur der zu leben, machte sie unglücklich. Es war nur ihre Liebe zu mir, die sie herkommen ließ. Und dafür bin ich ihr sehr dankbar.“ Er richtete sich etwas auf. „Falls Sie weitere Fragen haben sollten, Lord Inu Yasha, hier wäre meine Handynummer. Es ist die private. Keine Sekretärin wird Sie behelligen.“

„Danke.“ Der besagte Lord erkannte durchaus die Missstimmung des Inspektors und Antipathie hin oder her, er sollte ihn beteiligen. „Falls Ihnen noch etwas einfällt, hier wäre die Nummer der Polizei. Frau Nakamura wird Ihnen gern weiterhelfen.“ Aber, dieser Kerl hatte viel erzählt, auch viel wirklich privates. Aber irgendetwas hatte der doch nicht erwähnt?

 
 

Die Aussage der Witwe


 

A

ls Ryoichi Tonaga die Bibliothek verlassen hatte, herrschte für einen Moment Schweigen, ehe Inspektor Mori äußerte: „Er hat viel geredet. Aber er hat kein Wort zu der Ehe seines Onkels mit einer so jungen Frau erwähnt. Eigenartig, nicht wahr, mein Berater?“

Doch hatte er, dass seine Mutter entsetzt über den Altersunterschied gewesen war. Und er seinen Onkel und dessen Ehe gegenüber ihr verteidigt habe. Ja, und die Haushälterin und der Privatsekretär hatten angedeutet, dass die Schwangerschaft Chizu Okabes nach langer Ehe überraschend kam. Hatte da der Neffe nachgeholfen? Auf Wunsch des Onkels möglicherweise? „Dann sollten wir sie fragen.“

Die Polizeiassistentin stand bereits auf. „Ich gehe sie holen.“

 

Das dauerte und Inu Yasha dachte noch einmal nach. Suche das Wie, stand in dem Buch, nie das Warum, denn was den Einen buchstäblich tödlich ärgert, lässt einen Anderen vollkommen kalt.

Wie.

Nun, wenn Okabe vergiftet worden war, und das schien der Fall zu sein, musste er das Gift mit dem Essen zu sich genommen haben – unwahrscheinlich. Eine Familie aß gemeinsamen Reis und so weiter. Oder es wäre die Haushälterin gewesen, der es in diesem Fall allerdings vollkommen gleich gewesen wäre, wen es traf. Kaum. Frau Takanabe hatte auf ihn wie ein Musterbild einer altmodischen Angestellten gewirkt. Welches Gift es war, war gleich, das würden sie heute Abend in der Gerichtsmedizin erfahren. Es half nichts, um das Wie zu verstehen, müsste er mit allen Beteiligten, auch den beiden Damen Tonaga reden. Die kleinen Jungen konnte man getrost weglassen. Zwei und sechs waren kein Alter. Zehn Jahre später sähe das schon anders aus.

Hm. Das Essen, der ungeplante, ungewohnte, frühe Aufbruch des späteren Opfers. Hatte er sich mit seinem Mörder im Badehaus verabredet? Frau Takanabe hatte nur die Wäsche geholt und Okabe hatte ihr Gute Nacht zugerufen, wie immer. Sie hatte verständlicherweise nicht nachgesehen, ob er allein im Bad wäre. Aber, wenn Okabe ja kaum wusste, dass er ermordet werden sollte – wie war er dann in sein privates Arbeitszimmer gekommen? Wäre er noch in der Lage gewesen in sein Schlafzimmer zu gehen, den Korridor entlang und durch die Halle hier in sein Arbeitszimmer? Das würde erklären, warum die Tür zum Garten verschlossen war, als er von Hasebe gefunden wurde. Also war die Aussage der Medizin unglaublich wichtig. Was war das für ein Gift und schaffte man es mit dem im Bauch noch solche Spaziergänge zu machen? Und wieso war Okabe nicht zu seiner Ehefrau gegangen, am Kinderzimmer hätte er ja vorbei gehen müssen? Ging es ihm da noch so gut und kam der Anfall erst dort drüben? Nur, was wollte er denn überhaupt am Abend dort? Sowohl Haushälterin als auch Privatsekretär hatten ausgesagt, dass er, wenn er schlecht schlafen konnte, sich morgens vor der Arbeit an seine Memoiren setzte. Nicht abends.

Nein. Nicht voreilig werden, erst alle Tatsachen suchen, dann eine Theorie aufstellen. So lautete der Rat und seit er vor hundert Jahren in der Sicherheitsbranche angefangen hatte, war er damit nicht schlecht gefahren.

 

Als Frau Okabe, begleitet von Frau Nakamura, in die Bibliothek kam, warf sie einen unwillkürlichen Blick in Richtung des Arbeitszimmers, ließ sich aber auf den Sessel dirigieren. Während der Inspektor die Vorstellung übernahm und diesmal nicht vergaß sich als Leiter der Ermittlung vorzustellen, betrachtete Inu Yasha die junge Frau. Eins musste man klar sagen. Sie war bildhübsch. Die geröteten Augen verrieten, dass sie in der letzten Zeit viel geweint hatte, nun, verständlich. In dem Bemühen einer Frau, die weinte, deren Mann ermordet worden war und deren Sohn krank, die Lage zu erleichtern, fragte er: „Wie geht es denn Daiichi? Sollte er nicht in ein Krankenhaus?“

Sie schüttelte den Kopf. „Zum einen wäre es mir lieber ihn hierzubehalten, schon weil Akira ...Aber es gibt auch keinen Grund mehr. Dr. Kawasaki, das ist unser Hausarzt, hatte Daiichi Blut abgenommen, weil er einen Verdacht hatte. Das wurde in einem Krankenhaus analysiert. Er rief mich zuvor an, dass er die Ergebnisse habe. Dieses Fieber könne man nur diagnostizieren, wenn man anderes ausschließt, so erklärte er es mir. Es handelt sich um Dengue-Fieber, das durch den Stich der Asiatischen Tigermücke übertragen wird. Laut Herrn Kawasaki fühlt sie sich auch in Tokio immer mehr heimisch, Berater. Oder, wie spricht man Sie an?“

Schon um Mori zu ärgern: „Lord Inu Yasha. Ich bin ein Halbdämon.“

„Oh, ja, ich habe es in den Nachrichten gesehen, letzte Woche. Wie dumm von mir, dass ich Sie nicht erkannte.“ Sie atmete durch. „Sie haben sicher einige Fragen.“

„Vielleicht erzählen Sie uns, wie Sie und Ihr Mann sich kennengelernt haben. Es ist immer gut, wenn man das ...den Verstorbenen auch kennen lernt.“

„Sie waren bei der Heirat ja wohl noch minderjährig,“ ergänzte Mori prompt.

Chizu Okabe wurde rot. „Also, wie können Sie … Ich war achtzehn und durfte mit der Genehmigung meiner Eltern heiraten. Wie können Sie auch nur andeuten....“

„Sie haben das wohl schon öfter gehört, zu Anfang?“ fragte Inu Yasha nach.

Sie seufzte. „Ja, von Ayame unter anderem. - Nun gut, ich erzähle es Ihnen. Ich versichere Ihnen, ein ehrbarer Mann als Akira ist mir nie begegnet und ich würde bitten, dass Sie sein Andenken nicht so ...in Frage stellen. Ja, ich war gerade mit der High School fertig. Um ein Stipendium für eine Universität zu erhalten, machte ich ein Praktikum an einer Blindenschule. Meine Eltern hätten mir selbst eine staatliche Universität nicht bezahlen können. Eines Tages kam Akira vorbei. Die O-Tea hatte großzügige Spenden gegeben um einen Schulbau auszustatten und er wollte natürlich sehen, was daraus geworden war. Ich durfte mit der Leiterin und ihm mitgehen und er fragte mich, als was ich hier arbeiten würde. Ich erklärte es ihm. Er nickte nur. Erst, als der offizielle Besuch vorbei war, fragte er mich, ob ich mit ihm auf einen Tee gehen würde. Da ich erschrak, meinte er, nun, da in dem Lokal, gleich gegenüber, er wolle mich etwas fragen. Dort erklärte er mir, dass er Leute, die versuchen mehr aus sich zu machen, aufrichtig bewundere. Seine Firma habe auch Stipendien zu vergeben. Nun ja, wir unterhielten uns eine Weile und er erschien mir wirklich sympathisch. So sehr, dass wir uns noch einmal verabredeten. In aller Öffentlichkeit. Er wollte die Unterlagen für das Stipendium mitbringen. Solch eine Gelegenheit konnte ich nicht verstreichen lassen. Aber bei diesem zweiten Treffen meinte er, er wolle mir ein Angebot machen. Er sei sich bewusst, dass ich sehr jung sei und er mein Vater sein könnte. Nun ja, er war damals vierundfünfzig. Aber, er mache mir einen rein geschäftlichen Vorschlag. Ich sollte ihn heiraten und seine sozialen Aufgaben erledigen. Ich war erschrocken und meinte, eine Ehe bestünde nicht nur aus Papieren, aber er lächelte und versprach mir, es sei wirklich nur auf dem Papier. Er schilderte mir die Lage, mit seiner Schwester und deren Sohn im Haus und dass er den Wunsch habe, auch abends mit jemandem reden zu können. Mehr nicht.“

„Darum bekamen Sie natürlich auch kein Kind,“ schloss Inu Yasha. „Aber dann änderte sich etwas?“

„Ja. Es war zu Harus drittem Geburtstag. Es war eine Feier mit der ganzen Familie und ich hatte schon die ganze Zeit gesehen, dass Akira den Kleinen so nachdenklich ansah. Nach einigen Tagen meinte er zu mir, er wolle mir ein Angebot machen, das ich aber auch jederzeit ablehnen könne. Er wolle mich nicht unter Druck setzen, sagte er.“ Sie begann zu weinen. „Mag sein, dass ich ihn nicht geliebt habe, ich weiß nicht wie sich das anfühlt, aber ich weiß, dass er immer so nett und freundlich zu mir war.“

„Er bot Ihnen an nun doch ein Kind zu bekommen?“

„Ja. Wir waren sechs Jahre verheiratet, und mir wurde langsam bewusst, das ich Mitte Zwanzig war, Akira noch zwanzig Jahre leben würde. Somit war es die Gelegenheit auch noch Mutter zu werden. Und so zuwider war er mir auch nicht. Zwei Jahre später wurde Daiichi geboren.“

„Das änderte erneut die Lage?“

„Ja. Akira war unglaublich … stolz, aber auch für ihn sehr gefühlsmäßig beteiligt. Er beschloss sich soweit aus der Firma zurückzuziehen und das Ryoichi zu überlassen. Der war ja sowieso schon zweiter Geschäftsführer, sein Leben lang auf diesen Posten vorbereitet worden. Akira meinte zu mir, er wolle lieber seinen Sohn, mit dem er schließlich nicht mehr gerechnet hatte, aufwachsen sehen. So arbeitete er nur noch von hier aus, vor allem, was alte Freunde und Bekannte betraf, die aus den Anfangszeiten der O-Tea noch mit ihm zusammenarbeiteten und sich auch von da noch kannten.“

„Sie leben ja nun zehn Jahre hier. Wie schätzen Sie die Familie Tonaga ein? Nur Ihre Meinung. Gab es Streit? Sie erwähnten bereits, dass Ihre Schwägerin über diese Ehe nicht glücklich war.“

„Streit nicht. Sie war anfangs recht ...gehässig. Ich versuchte es vor Akira zu verbergen, schließlich wollte ich nicht, dass er sich mit seiner Schwester stritt, aber er bekam es einmal mit und schickte mich weg. Ich weiß nicht, was er zu Ayame sagte, aber danach wurde es besser. Sachlicher. Wir werden sicher keine Freundinnen mehr, Lord Inu Yasha. Aber ich kann sie auch irgendwie verstehen. Sie war, da Akira nicht verheiratet war, hier die Hausherrin und konnte schalten und walten. Sie hat sogar zusammen mit einem Landschaftsgärtner den Teegarten drüben für Akira angelegt. Und dann kam ich daher und ….sie muss sich nutzlos gefühlt haben. Als dann Haru geboren wurde, konzentrierte sich sich nur noch auf ihren Enkel. Auch schon, als Ryoichi Nanako heiratete auf diese. Es war für Nanako nicht gerade einfach sich hier einzuleben. Auch, wenn sie aus einer japanischen Familie stammt – das Leben auf Hawaii ist doch ein ganz anderes. Und ja, mit Nanako habe ich mich angefreundet. Entschuldigung. Darf ich jetzt gehen? Ich wäre doch lieber bei Daiichi.“

„Eine Frage noch, Frau Okabe. Wenn Ihr Mann aus seinem täglichen Bad kam, welchen Weg nahm er?“

„Er ging immer sofort in sein, nun, unser Schlafzimmer und las. Er wollte sich immer noch weiterbilden. Ja, Sie haben recht. Warum ist er noch in das Arbeitszimmer gegangen?“

Und warum hatte er nicht versucht in das Kinderzimmer zu gehen, seine Frau um Hilfe zu bitten, als er merkte, wie schlecht es ihm ging? War er dazu nicht mehr in der Lage gewesen? Aber wie war er in das Arbeitszimmer gekommen? „Danke.“

„Oh, soll ich Nanako hersenden? Frau Hasebe ist jetzt bei Daiichi und könnte dann nach Haru sehen.“

„Eine gute Idee, ja.“

 
 

Die Aussage der Nichte


 

N

anako Tonaga war eine leichte Überraschung. Vom Alter war sie ähnlich wie Chizu Mitte der Zwanzig, aber wo die Dame des Hauses, vielleicht auch nur aufgrund der tragischen Umstände, stilll wirkte, strahlte die angeheiratete Nichte des Toten eine Lebendigkeit und Frische aus, die fast ein wenig erstaunlich war. Ein bisschen wie ein Wirbelwind in dem verstaubten Haus.

Jedenfalls weitaus weniger erstaunlich erschien nun die Aussage ihres Mannes sie hätte gezögert ihm nach Japan und in dieses Haus zu folgen.

Jiro Mori stellte wieder vor, vergaß auch nicht sich als Leiter der Ermittlungen zu erwähnen, ohne jedoch verhindern zu können, dass die junge Dame die Ohren des Halbdämons dabei musterte.

 

Was hatten nur alle immer damit, seufzte Inu Yasha in Gedanken.Es kam doch auch niemand auf den Einfall Sesshoumaru an den Ohren zu ziehen. Zumindest wüsste er nicht einmal von einem Versuch Rins, die das vermutlich eventuell überlebt hätte. So meinte er nur, bemüht sie von der offensichtlichen Idee abzubringen seine Ohren zu knuddeln: „Es wird nicht lange dauern, Frau Tonaga. Wir möchten von Ihnen nur wissen, wie Sie, als doch Außenstehende, die Leute hier im Haus sehen. Und wie der Abend vor dem Mord ablief.“

„Sie sind sicher, dass es Mord ist?“ Aber sie dachte nach. „Sonst wären Sie auch nicht hier, Lord Inu Yasha, so sagt man, nicht wahr? Nun, der Abend lief eigentlich wie immer ab. Onkel Akira war sehr penibel, was die Zeiten betraf und so kam auch Ryoichi stets um fünf aus dem Büro nach Hause. Um achtzehn Uhr trafen wie uns im Esszimmer, allerdings nur mit Onkel Akira, Chizu blieb bei Daiichi, der sehr hohes Fieber hatte. Sie sagte mir inzwischen es handele sich um Dengue-Fieber. Ich bin froh, dass Haru nicht gestochen wurde, das hätte ja auch geschehen können. - Nun, wir aßen und dann stand Onkel Akira auf um baden zu gehen, wie jeden Abend. Allerdings ging er da nicht um sieben, sondern um zehn vor sieben. Ich weiß das genau, weil es wohl auch Ryoichi zu früh vorkam und er einen Blick auf seine Armbanduhr war und zu mir sah. Es war wirklich erstaunlich bei diesen festen Abläufen, dass sich Onkel Akira mal in der Zeit vertat. Aber natürlich sagte niemand etwas. Meine Schwiegermutter hütete sich ihn zu verärgern und Ryoichi hielt das für seine Sache. Ich übrigens auch. Ein erwachsener Mann kann doch baden gehen wann er meint. Nun, danach gingen Ryoichi, Haru und ich in unser Wohnzimmer und guckten etwas fern. Meine Schwiegermutter, die keine Animes sehen mag, blieb in ihrem Zimmer.“

Wofür Nanako vermutlich den Göttern gedankt hatte, ergänzte Inu Yasha in Gedanken. In der familiären Bezeichnung lag herzlich wenig Liebe – bei „Onkel Akira“ war da eher eine Emotion zu hören. „Ihr Mann erwähnte, dass Sie nach einem Erstbesuch hier im Haus eine Heirat nicht mehr in Erwägung zogen.“

„Das ist wahr. Wissen Sie, japanische Abstammung hin oder her, ein so altmodisches Verhältnis wie hier im Haus hatte ich nicht erwartet. Und, ehrlich gesagt, die Aussicht in einem Trakt mit meiner Schwiegermutter eingesperrt zu sein, war ein wenig... beängstigend. Ich sollte ja auch nicht mehr arbeiten gehen.“ Sie lächelte etwas.

„Dem entnehme ich, dass Sie diese Regel umgingen.“

Nanako blickte erneut auf die Hundeöhrchen, meinte jedoch schlicht: „Ja. Onkel Akira hatte nur etwas dagegen, dass ich außer Haus arbeite, das zieme sich nicht für eine verheiratete Frau. Ich weiß nicht, ob er es wusste, aber ich denke ja, dass ich mich selbständig machte. Ich habe schon immer gern fotografiert und so machte ich Bilder von den Blumen im inneren Garten und im Teegarten. Zunächst verkaufte ich sie einzeln über das Internet, inzwischen habe ich einen eigenen Kalender. Ryoichi weiß es, ehe Sie fragen, meine Schwiegermutter nicht. Sie würde nur einen Aufstand machen. Onkel Akira hatte sehr altmodische Ansichten, aber in einem war er wirklich bemerkenswert. Solange die öffentliche Fassade stand, war grundsätzlich alles gut, was man für die eigene Weiterentwicklung und auch Geldeinnahmen tun würde. Die Firma hat da richtige Stipendien. Und im Endeffekt war Chizu auch so ein Förderprojekt. Sie stammt aus recht einfachen Verhältnissen, aber das wird sie Ihnen gesagt haben. Onkel Akira wollte jemanden, der seine Stiftungen leitet und sein, ja, nennen wir es, soziales Engagement teilte. So kam die Ehe zustande.“ Nanako Tonaga zögerte kurz. „Hat Chizu Ihnen gesagt …?“

„Dass die Ehe zunächst nur auf dem Papier stand, ja.“

„Mir erzählte sie es auch, als ich hier einzog und wir uns anfreundeten. Ryoichi und Onkel Akira waren ja lange außer Haus und es ist angenehmer, mit jemand gleichen Alters im Garten zu sitzen, als mit einer, mit Verlaub, verbitterten alten Frau.“

„So ist Ihre Schwiegermutter verbittert? Man sollte annehmen, dass sie froh war, dass ihr Bruder sich um sie und den Sohn kümmerte.“

„Dankbar, ja, sicher, in Ryoichis Interesse. Aber, nun, Sie werden sie noch kennen lernen. Chizu hatte wohl einiges auszuhalten, in der ersten Zeit. Und das stilles Schäfchen, was sie nun einmal ist, lieb, nett, sanft … wollte Onkel Akira nichts sagen, bis der es zufällig einmal mitbekam. Es gab ziemlichen Ärger, wie Ryoichi mir erzählte. Nun, soweit sich die Geschwister wohl überhaupt je stritten. Bei meinem ersten Besuch hier bekam ich durchaus mit, wie sie ist. Ein guter Grund hier nicht einzuziehen, Ryoichi beschwor mich per Video fast ein Jahr lang, dass er nicht zulassen würde, dass sie sich in unsere Ehe einmischt. Netter Versuch, aber natürlich sinnlos, mir war klar, dass er die meiste Zeit außer Haus sein würde.“

„Aber irgendwann gaben Sie nach und beschlossen sich dem Drachen zu stellen?“

Nanako lachte ein wenig heiter auf. „Sehr schön formuliert, Lord Inu Yasha. Man könnte fast den Eindruck haben Sie wären schon einem Drachen gegenübergestanden. Ja, natürlich gab es Ärger. Seit Haru auf der Welt ist, habe ich allerdings ein wunderbares Mittel. Ich habe ihr klipp und klar gesagt, dass ich noch immer amerikanische Staatsbürgerin bin und samt Haru zurück nach Hawaii gehen würde, wenn sie sich nicht zurückhält.“

„Ihr Mann stellte sich auf Ihre Seite.“

„Ja. Natürlich konnte er nicht drohen mit mir zu gehen. Die O-Tea. Onkel Akira hat ihn praktisch sein Leben lang als Nachfolger ausgebildet. Das ist auch eine Verpflichtung.“

„Was haben Sie eigentlich für eine Ausbildung, Frau Tonaga?“

„Ich bin Botanikerin. Ich lernte Ryoichi bei einem Vortrag über Meeresbiologie kennen. Sie wissen vielleicht, sein Vater...“

„Darum die Blumenfotos?“

„Ja. Manchmal zeichne ich sie auch. Das kommt auch gut an. Und es ist immerhin selbstverdientes Geld.“

Ja, sie war lebendig, intelligent, tatkräftig … Kagome. Er würde spätestens morgen wieder zu ihrem Gedenkstein gehen. Mehr als fünfhundert Jahre waren es nun. Aber ihm war klar geworden, dass er erst auf eine Wiedergeburt hoffen konnte, wäre sie in der Neuzeit zurück ins Mittelalter gegangen. Das hatte ihm geholfen, die achtzehn Jahre verborgen zu warten, bis sie weg war. Egal. Es hatte hier einen Mord zu klären. So sah er zu Inspektor Mori.

Der nickte auch nur. „Danke, das war alles, Frau Tonaga.“

Nicht ganz. Um den Mund des Halbdämons zuckte ein Lächeln. „Und schicken Sie uns den Drachen.“

Nanako Tonaga lachte auf.
 

Die Aussage der Schwester


 

A

yame Tonaga war ebenfalls eine gewisse Überraschung für die Besucher in der Bibliothek. Die Haushälterin schloss die Tür bereits wieder von außen, während sich Inspektor Jiro Mori fast gezwungenermaßen höflich erhob. „Guten Tag, Frau Tonaga.“ Er übernahm erneut die Vorstellung.

Die Dame mochte Ende der Sechzig sein, sehr zierlich, die graugesträhnten Haare kompliziert aufgesteckt und fast aufgetürmt. Dazu trug sie einen mehrlagigen Kimono. Eben eine Dame, dachte der Inspektor, im Gegensatz zu ihrer Schwägerin und Schwiegertochter, die beide die moderne, westliche Kleidung angehabt hatten.

 

Irgendetwas stimmte doch nicht, dachte dagegen Inu Yasha.

Er brauchte einen Augenblick um herauszufinden, was ihn denn an der Schwester des Mordopfers störte. Sie war unpassend gekleidet. Sie trug die alte Tracht, ja, so wie sie glaubte, dass es eine vornehme Dame tun würde - und genau das war sie nicht. Ein achtlagiger Kimono wurde an Höfen getragen, sicher nicht von einer Bürgerlichen, noch dazu der Schwester eines Unternehmers, nur kaiserliche Prinzessinnen und Fürstinnen gingen zwölflagig. Und das auch nur bei offiziellen Terminen. Und erst recht nicht bei einem Polizeiverhör. Sie versuchte offensichtlich mehr zu scheinen als zu sein. Dazu noch derart aufdringliches Parfüm, sicher teuer.

Das ärgerte ihn fast und er musste sich vor Augen halten, dass das unprofessionell war. Die alte Fregatte mochte sich aufgetakelt haben, aber das hatte nichts mit der Ermittlung zu tun. Schließlich wollte er doch seinem Bruder etwas beweisen. So meinte er, als sie sich gesetzt hatte: „Wie Inspektor Mori gerade erwähnte, ermitteln wir im Todesfall Ihres Bruders.“ Prompt traten Tränen in ihre Augen und sie zog aus dem Kimonoärmel ein Taschentuch. „Vielleicht können Sie uns helfen, indem Sie uns den Tag vor seinem Ableben schildern?“

„Ja, natürlich. Lord Inu Yasha, nicht wahr? Es war eigentlich alles wie immer, nur dass Haru, das ist sozusagen mein Neffe, krank war und so auch Chizu nicht zum Essen kam.“

„Ihr Bruder arbeitete also nach Ihrem Wissen in seinem Büro?“

„Ja, das nach vorne, gemeinsam mit seinem Sekretär. Mittags sahen wir uns natürlich, wir haben ja alle Mahlzeiten zusammen eingenommen. Nanako war auch dabei. Mein lieber Ryoichi war natürlich in der Firma, er ist ja jetzt der alleinige Geschäftsführer.“

Mutterstolz in allen Ehren, aber da fehlte doch wer? „Und Ihr Enkel?“

„Haru geht natürlich in den Kindergarten. Er ist ja so klug schon.“

„Und nach dem Mittagessen?“

„Ging mein Bruder wieder an die Arbeit und ich in mein Zimmer.“

„Nanako?“

„Sie ging in den Garten. Ich muss sagen, sie ist da sehr oft, immer mit dem Fotoapparat. Ich wollte ja einmal wissen, was sie da immer treibt, aber sie fotografiert wirklich nur die Blätter und Blumen. Eigenwilliges Hobby. An Sticken hat sie so gar kein Interesse. Nun ja, sie gibt sich Mühe, aber ich hätte Ryoichi doch eine bessere Ehefrau gewünscht. Aus japanischer Familie, sicher, aber man merkt doch diesen amerikanischen Einfluss. Sie ist manchmal richtig unverschämt zu mir.“

„Ihnen wäre eine sanftere Schwiegertochter lieber gewesen? So jemand wie Chizu?“ riet Inu Yasha und wurde mit einem sehr giftigen Blick und einem undamenhaften, gezischten „Die Schlampe!“ bedacht. „Oh, Sie mögen Ihre Schwägerin nicht?“ stellte er das Offenkundige fest, zumal die Tränen versiegt waren.

„Nein,“ erklärte Ayame Tonaga hoheitsvoll. „Sie hat es irgendwie geschafft, dass Akira sie geheiratet hat, hochgeheiratet hat sie sich! Nun ja, jetzt, nach seinem Tod muss sie eben zurück in das Elend, aus dem sie kam.“

„Nun, kennen Sie das Testament Ihres Bruders? Es steht doch zu erwarten, dass er Daiichi bedacht hat...“

„Ich .. nein, ich kenne das Testament nicht, ich weiß nicht, wann Akira das zuletzt geändert hat, aber ich weiß, was ich weiß. Daiichi ist doch nicht sein Sohn! Nach so langer Zeit ohne Kind wird diese ...nun, wird sie auf einmal schwanger und bekommt einen Sohn! Da möchte man doch lachen! Ich habe Akira ja dringend zu einem Vaterschaftstest geraten, aber er war ja so vernarrt … Hoffentlich hat er es nun getan, noch, ehe er …. Oh, wissen Sie zufällig, ob man die Vaterschaft auch anfechten kann, wenn der vermeintliche Vater verstorben ist?“

Mit der Guten unter einem Dach zu leben musste für die jungen Frauen so etwas wie die Vorhölle sein. „Wenn es Ihr Bruder nicht selbst angefochten hat und Daiichi als seinen Sohn anerkannt hat, wohl nein. Überdies steht zu erwarten, dass er seinen Sohn im Testament bedacht hat und auch dessen Mutter versorgt hat.“

Frau Tonaga wurde blass. „Meinen Sie? Aber die Firma geht doch sicher an meinen Ryoichi, er ist doch der Geschäftsführer. Und Haru soll dann der nächste Geschäftsführer werden, dass hat Akira mir doch gesagt.“

Die Ohren des Halbdämons zuckten. „Äh, zwischen Geschäftsführer und Eigentümer kann durchaus ein Unterschied sein, Frau Tonaga. Wie verlief denn das Abendessen? Wieder fehlte Ihre Schwägerin?“

„Ja, aber natürlich war Ryoichi anwesend und auch Haru. Wir aßen zusammen und Ryoichi berichtete Akira etwas aus der Firma. Ja. Der stand dann auf und meinte, er gehe ins Badehaus.“

„Wie immer um sieben?“

Sie zögerte. „Das kann ich nicht genau sagen, Lord Inu Yasha, ich trage ja keine Armbanduhr. Aber, da Sie es erwähnen... Mein Sohn sah etwas irritiert auf seine. Es war wohl früher oder später.“

„Ungewöhnlich bei Ihrem Bruder.“

„Sehr. Er war schon als kleines Kind immer extrem pünktlich.“

„Er, und Sie wohl auch, mussten wohl schon früh mitarbeiten?“

„Ja. Nach dem Tod unserer armen Mutter. Akira war acht und ich zehn. Ich ...es gelang mir, meinen Vater zu überreden, mich für ein Stipendium anzumelden, für die High School. Ich hoffte doch mit einer besseren Schule auch ...nun ja, einen Ehemann kennen zu lernen. Leider war das schwierig, aber nach der Universität, traf ich dann Ryo Tonaga. Sie haben doch sicher schon von ihm gehört. Seine Filme werden ja immer noch im Fernsehen gezeigt.“

„Er war Ozeanologe?“

„Ja.“ Sie lächelte. „Fernsehen, Vorträge, zu denen ich ihn dann begleitete. Es war wirklich sehr schön, zumal dann nach einigen Jahren Ryoichi geboren wurde. Leider, als er fünf war, kam sein Vater bei einem Tauchunfall im Indischen Ozean ums Leben. Es war eine Tragödie für mich.“

Irgendetwas stimmte doch da nicht. Ryoichi Tonaga wirkte wie Mitte Dreißig. Wenn er mit fünf den Vater verloren hatte … Und wie alt war dann Ayame Tonaga? Er fragte sie direkt.

Sie wurde rot und der Inspektor meinte: „Also, Berater....“

„Nun?“

„Ich bin ein Jahr älter als Akira,“ gestand sie verlegen.

„Dann haben Sie Ihren Ehemann also nicht gleich nach dem Universitätsabschluss kennengelernt.“

Sie starrte zu Boden, ehe sie meinte: „Sie haben recht, aber so erzähle ich es. Es ...es war mir immer peinlich. Nach der High School musste ich wieder zurück zu meinem Vater, auf der Teeplantage arbeiten, wie auch Akira. Ich war schon dreißig, als ich Ryo kennengelernt habe. Ich war auf einem Vortrag …. Ich hoffte noch immer einen Ehemann zu finden, aus diesem ...dämlichen Tee rauszukommen.“

„Hatte sich Ihr Bruder zu diesem Zeitpunkt nicht schon selbstständig gemacht?“

„Ja, er verdiente auch gut. Die Genossenschaft und die O-tea liefen gut. Aber ich musste mich ja um unseren kranken Vater kümmern. Erst nach seinem Tod ...ich bewarb mich um ein Studienstipendium. Wegen der, wie nannten sie es, sozialen Schwierigkeiten erhielt ich es. Ich wählte Biologie, das schien mir das einfachste Fach zu sein. Und da lernte ich Ryo kennen.“

Tja, das hatte wohl nicht in ihr Bild einer großen Dame gepasst. „Nach dem Tod Ihres Mannes zogen Sie zu Ihrem Bruder.“

„Ja, hatte gerade begonnen dieses Haus zu bauen und ich führte ihm auch den Haushalt. Sogar der Teegarten dort hinten, wenn Sie da schon waren, Lord Inu Yasha, ist mein Werk. Nun gut, zusammen mit einem Landschaftsgärtner. Akira war von den alten Teezeremonien begeistert. Er hatte einen eigenen Teemeister, der einmal im Monat kommt, gekommen ist, um mit ihm allein das zu zelebrieren.“

„Ihr Sohn und dieser Haushalt waren Ihr Leben.“ Und damit war auch erklärt, was Ayame Tonaga gegen Chizu hatte. Die junge Ehefrau des Hausherrn war natürlich automatisch auch in diese Position gelangt. Gerade weil Frau Takanabe so altmodisch war, hätte sie wohl nie den Fehler begangen die Schwester Herrn Okabes zu fragen, wenn es eine Frau Okabe gab.

„Mein Sohn, dann, nach Akiras Heirat, ja.“ Die Bitterkeit war kaum zu überhören.

„Hm, um noch einmal auf den Vorabend zu kommen. Nachdem Herr Okabe gegagen war, was taten die Anderen?“

„Ryoichi ging mit seiner Familie in ihren Wohnraum, wieder irgendwelche so … nun, solche Serien gucken. Ich ging in mein eigenes Zimmer, um noch ein wenig zu sticken. Das macht man so.“

„Chizu war vermutlich bei Daiichi.“

„Vermutlich.“

„Wissen Sie, welchen Weg Ihr Bruder nahm, wenn er baden wollte?“

„Nun ja, ich denke, durch den Garten, denn er fütterte immer die Koi.“

„Ich meine, direkt von seinem Schlafzimmer aus?“

„Nein,das geht ja nicht. Die einzige Treppe in den Garten und der Zugang zum Badehaus gehen ja direkt vor dem privaten Arbeitszimmer hinunter. Man muss da um die Veranda gehen.“ Sie deutete unwillkürlich nach nebenan.

„Und so nahm er auch den Weg zurück?“

„Ja, normalerweise schon.“

„Er wurde aber in seinem privaten Arbeitszimmer gefunden.“

Sie dachte nach. „Dann hatte er wohl noch Besuch. Denn nur dann wäre er abends noch in seinem Arbeitszimmer.“

„Kam das oft vor?“

„Nein, eigentlich nie, aber das wäre doch....“ Sie brach ab.

Ja, das wäre eine Erklärung, aber, wenn man wüsste, mit wem er sich treffen wollte – und dafür sprach ja auch diese seltsame zehn Minuten Verfrühung des Bades – dann wüsste man auch den Mörder. „Eine Frage hätte ich noch, Frau Tonaga. War Ihr Bruder vielleicht krank?“

„Das müsste Ihnen Dr. Kawasaki sagen können. Akira hielt sich ja leider immer an den.“

„Sie nicht?“

Ayame Tonaga deutete auf ihr Gesicht. „Ich hatte vor Jahren einmal eine Krankheit. Nichts hatte er machen können gegen die Schmerzen. Es war schrecklich schmerzhaft, da können Sie auch Chizu fragen, die tatsächlich versuchte mir zu helfen. Erst als ich mich an einen traditionellen Heiler wandte, ließ es nach.“

„Was hat er Ihnen denn gegeben?“

Sie runzelte die Stirn. „Äh ...Er sagte nur, es sei sehr vorsichtig zu dosieren und könnte giftig sein. Es war auch nur ein winziges Döschen. Aber es half.“

„Chizu wusste davon?“

Sie hob die Hand. „Chizu, Akira, Ryoichi, du liebe Güte, der ganze Haushalt. Hier bleibt doch so gut wie nichts verborgen.“

„Danke, Frau Tonaga.“

„Ach, Lord Inu Yasha,“ fragte sie aufstehend. „Ich hörte Ihr Bruder sei einer der Dämonenfürsten. Könnte er vielleicht in seinem Schloss eine Hausdame gebrauchen?“

Besagter Lord stellte sich das Gesicht des Halbbruders vor, wenn er ihm diese Frau, noch dazu menschlich, als Auswahl anbieten würde. Das gäbe mit tödlicher Sicherheit ein Duell. Nun ja, Kagome hätte sicher eine diplomatische Antwort gefordert. „Es handelt sich um ein Dämonenschloss. Menschen sind unerwünscht.“

 
 

Die Aussage der Mediziner


 

D

ie drei Ermittler fuhren mit dem Auto zur Gerichtsmedizin. Inspektor Jiro Mori fuhr höchstselbst und hatte erst, als sich dieser Halbmensch hinter ihn gesetzt hatte, realisiert, dass er zwar das Steuer in der Hand hatte, dieser ...halbe Hund jedoch nun auf dem Platz des Ranghöchsten saß. Ärgerlich, aber er hätte sich lieber die Zunge abgebissen als seine Entscheidung zu revidieren. So meinte er: „Nun, schon eine Idee, werter Berater, wer es war?“

„Wie es war.“ Inu Yasha hatte das Buch des Sato wirklich lange genug studiert und durchaus auch nicht vergessen, was Sesshoumaru damals bei den Ermittlungen für Kagome gesagt hatte. Immerhin war das das erste Mal gewesen, dass der sich tatsächlich wie ein großer Bruder benommen hatte. Und es hatte ihre Annäherung doch deutlich vorangebracht.

„Wie meinen?“

„Wie ist der Mord passiert. Und, ich vermute doch, dass Professor Mine uns da weiter helfen kann. Wie. Hat man das Wie hat man das Wer.“

„Naja, es war Gift. Und, ja, wie ist dieser Okabe vergiftet worden. Es kann ja nur jemand aus dem Haus gewesen sein.Diese Nanako, zum Beispiel. Amerikanerin und will auch wieder dahin zurück.“

Inu Yasha schwieg. Es hatte Zeiten gegeben in denen er mit seiner Meinung rausgeplatzt wäre, aber er hatte gerade in den letzten hundert Jahren doch einiges dazu gelernt. Abgesehen davon, dass er Jiro Mori zwar helfen sollte, so als Berater, aber dem nicht gerade es zu leicht machen wollte. Die Abneigung gegen Dämonen und Halbdämonen war schließlich deutlich zu erkennen. Aber ja, es war jemand aus dem Haus gewesen. Die anderen Fragen würde hoffentlich die Gerichtsmedizin und dieser Dr. Kawasaki, der Hausarzt, beantworten können.

 

Nur kurz darauf war das Trio im Büro des Leitenedn Gerichtsmediziners, der zwei andere Männer bei sich hatte. Professor Makoto Mine war ein kleingewachsener Mann Anfang Sechzig und wies die Neuankömmlinge auf Stühle: „Ich darf bekannt machen. Dr. Kawasaki, der Hausarzt des Verstorbenen, und Herr Kishida vom Verband der traditionellen Medizin. - Inspektor Mori, Polizeiassistentin Nakamura. Und der werte Polizeiberater Lord Inu Yasha.“

„Ihr Bericht?“ fragte der Inspektor, hin und her gerissen, zwischen der Tatsache, dass er zwar als erster vorgestellt worden war, jedoch ohne die höfliche Anrede wie dieser Inu Yasha.

„Todesursache war Ersticken. Ausgelöst durch eine Lähmung der Atmung. Krämpfe und Erbrechen deuten auf eine Vergiftung hin. Ich musste etwas suchen, aber es handelte sich um Aconitum. Eine Gift- und Heilpflanze. Sie wird in der traditionellen Medizin und der Homöopathie gern verwendet, darüber kann Ihnen Herr Kishida gleich mehr sagen. Dr. Kawasaki erwähnte zuvor, dass Herr Okabe, unser Opfer, von ihm keinerlei Medikamente mit dem Stoff erhielt, eigentlich gar keine.“

„Nun ja, Betablocker, aufgrund seines Bluthochdrucks,“ erwiderte der Arzt. „Sonst kann ich nur sagen, dass er kerngesund war. Nur eben der Stress... Tatsächlich war sein Rückzug aus der Firma vor zwei Jahren für ihn sehr gesund. Sein Blutdruck sank deutlich ab.“

„Ich möchte darauf hinweisen,“ erklärte der Gerichtsmediziner: „Dass der Wirkstoff im Blut gefunden wurde, jedoch nicht im Magen. Er hat es nicht eingenommen oder mit dem Essen aufgenommen.“

„Ja, aber wie dann?“ erkundigte sich der Inspektor sichtlich verdutzt. „Er hat doch vorher mit der Familie gegessen.“

„Über die Haut, das genügt, wenn die Dosis hoch genug ist.“ Professor Mine sah zu Herrn Kishida. „Das stimmt doch, nicht wahr?“

„Ja, aber kein verantwortungsbewusster Heiler würde eine solche Dosis herausgeben. Wie bei jeder Heilpflanze macht die Dosis den Unterschied, ob es heilsam wirkt oder giftig.“ Kishida war ein schlanker Mann Mitte der Vierzig, sichtlich an Auftreten vor Gruppen und auch Presse gewöhnt. „Man verwendet es, Inspektor, in Tees oder manche auch in der Homöopathie, jedoch stets verdünnt. Gegen trockenen Husten, Krupphusten bei Kindern, würde ich es verwenden. Auch bei großen Schmerzen, unerklärlich hohem Fieber.“

„Wie das Dengue-Fieber?“ fragte Inu Yasha.

Dr Kawasaki war nicht auf den Kopf gefallen. „Nein, ich habe Daiichi nichts davon gegeben. Frau Okabe erhielt von mir einen Fiebersaft und den Rat kalte Wickel zu machen Wenn ich die Ursache nicht gefunden hätte, hätte ich den Kleinen ins Krankenhaus gebracht.“

„Nun, ich würde bei Dengue-Fieber durchaus Aconitum-Tee verordnen,“ meinte Kishida prompt. „Aber eben auch bei großen Schmerzen. In diesem Fall ist die Giftigkeit, also, dass der Stoff Nerven lähmt, ja durchaus erwünscht. Allerdings, ich betone, es wird nur in kleinen Dosen abgegeben.“

„Frau Tonaga erwähnte, dass sie Schmerzen im Gesicht hatte und eine kleine Dose Creme bekommen hatte.“ Inu Yasha richtete sich auf. „Und, Dr. Kawasaki, dass Sie ihr nicht helfen konnten.“

Der Hausarzt nickte. „Ja, das trägt sie mir nach Jahren noch immer nach. Aber Nervenentzündungen im Gesicht sind sehr schmerzhaft und langwierig.“

„Und dann würde, Herr Kishida, dieses Aconitum helfen.“

„Ja.“ Der Heiler dachte kurz nach. „Es lähmt dann eben den entzündeten Nerv und nimmt den Schmerz. Natürlich sollte man es nicht lange anwenden. Aber, Sie meinen damit, dass im Haus des Mordopfers jemand schon Erfahrungen damit hatte?“

„Alle, wenn ich Frau Tonaga richtig kennengelernt habe.“ Inu Yasha dachte nach. „Sie dürfte sich bei allen über die Unfähigkeit Dr. Kawasakis und die Hilfe durch die traditionelle Medizin ausgelassen haben.“

Professor Mine hob die Hand. „Das ist Ihr Problem, Berater. Aber, wenn jeder über die Giftigkeit Bescheid wusste...“

„Keh.“ Ja, das war ein Problem. „Was sind denn die Symptome der Vergiftung? Und, wie lange, nachdem Herr Okabe das Gift über die Haut aufgenommen hatte?“

„Keine halbe Stunde. Es muss sich um eine hohe Dosis gehandelt haben. Zunächst sicher nur ein Prickeln oder Taubheitsgefühl an den Lippen, dann Schwindel, Darmkoliken und Übelkeit, Krämpfe, natürlich auch Herzrhythmusstörungen.“

„Ich verstehe. Frau Nakamura, Sie haben doch sicher die Telefonnummer der Okabes?“ Er zog sein Handy und wählte die Nummer. „Ah, Frau Takanabe, Inu Yasha. Ich habe nur zwei kurze Fragen. Der Ablauf des Hauses ist ja jeden Tag gleich gewesen. Hatten Sie eine feste Zeit, zu der Sie das Badehaus vorbereitet haben, Handtücher und Bademantel ..? Um sechzehn Uhr fünfzehn? Und, wissen Sie, ob im Wohnzimmer der Familie Tonaga auch botanische Bücher stehen? Vielen Dank. Ja, natürlich.“ Er legte auf. „Jeden Tag um Viertel nach vier, dann geht sie in die Küche und bereitet das Abendessen vor. Bademantel bleibt zum Vorwärmen unbeaufsichtigt im Badehaus.“

„Der Bademantel?“ Der Gerichtsmediziner dachte kurz nach. „Ja, das würde es erklären. Wenn da die gesamte Innenseite eingerieben wurde, mit einer Creme?“

„Das müsste trotz allem sehr aufwendig und viel gewesen sein,“ wandte Kishida ein. „Und solche Mengen werden nicht verkauft oder sonstwie abgegeben.“

Inu Yasha wählte erneut. „Herr Tonaga, Inu Yasha hier. Ich habe nur eine kurze Frage. Der Ablauf des Nachmittags ist doch immer gleich gewesen. Sie wissen sicher, wann Ihr Sohn aus dem Kindergarten ...Ihre Frau und Frau Hasebe? Ja, die Parkplatzsituation. Ja, natürlich, danke.“ Er sah zum Inspektor, der ihn mit hochgezogenen Brauen musterte. „Haru wird um sechzehn Uhr vom Kindergarten abgeholt, immer von seiner Mutter und Frau Hasebe, damit eine mit dem Auto herumfahren kann, während die andere den Kleinen holt. Dann fahren sie nach Hause und Frau Tonaga duscht ihn. So.“

„Und was sagt Ihnen das? Dass es Nanako nicht gewesen ist? Sie ist immerhin Botanikerin.“

„Und ihre Schwiegermutter hat Biologie studiert. Und, damit es nicht zu einfach wird, stehen jede Menge Bestimmungsbücher im Wohnzimmer der Tonagas, wo es mindestens auch Frau Hasebe oder Frau Takanabe jederzeit nehmen und lesen kann. Ja. Setsuna oder Akano könnten bei einem Wachrundgang da auf rangekommen sein, es gibt ja die Tür zur Veranda.“ Das Wie. Er musste in Ruhe nachdenken. Und, fiel ihm siedend heiß ein, er hatte noch eine Verabredung. „Sehen wir uns morgen früh, Inspektor. Danke, die Herren, Frau Nakamura.“

Die Polizeiassistentin lächelte etwas, ehe sie den Kopf neigte. Er sah gut aus und war höflich. Ein viel angenehmerer Umgang, dieser Halbdämon, als der brummige Inspektor.

 
 

Die Lösung des Inspektors


 

I

nu Yasha beeilte sich die Stufen aus der U-Bahn hoch zu gelangen und die Straße entlang zu eilen. Er war spät dran, und er wollte sicher nicht ZU spät zu dem Treffen kommen. Einmal in der Woche, gleich, was kam, nahm er sich dafür Zeit. Aus mehr als gutem Grund. Nur noch die Treppe empor.

Ja, da saß sie auf der Bank, unter dem uralten Baum und sah auf eine kleine Steinplatte, die sich dort befand.

„Schwiegermama?“ Er kam näher.

Frau Higurashi sah auf und lächelte. „Setz dich nur, Inu Yasha.“

Natürlich. Kein Vorwurf, dass er zu spät war. Seit fünfzehn Jahren, seit Dämonen sichtbar geworden waren, kam er einmal die Woche her und sie saßen zusammen bei Kagomes Gedenkstein, dort, wo er sie vor fünfhundert Jahren hatte begraben. Begraben müssen, denn irgendwie vermisste er sie heute noch. Aber sie war recht alt geworden für die damalige Zeit, weit über sechzig, eine anerkannte und respektierte miko. Und es war ihm vernünftig erschienen sie dort zu begraben, wo einst der Higurashi-Schrein stehen würde. Erst später, als der tatsächlich gebaut wurde, hatte er einsehen müssen, dass er dann nicht mehr zu ihrem Grab gehen konnte, nur, wenn er ein Mensch geworden war, einmal im Monat. Jetzt könnte er es jeden Tag, aber das Leben in der Moderne forderte auch seine Zeit. Und an seinen Erfolgen auch und gerade in der Akquise neuer Aufträge hing eben auch das Einkommen seiner Mitarbeiter.

„Ich las in der Zeitung, dass du für die Polizei arbeitest.“

„Ja. Es war recht ehrenvoll, dass sie mich als Berater gerufen haben. Und natürlich gute Werbung für die Firma.“

„Du arbeitest gerade an einem Fall?“

Ach, Schwiegermama. Natürlich wusste sie es, sonst wäre er nicht so spät dran gewesen. „Ja, ein Mord. - Wie geht es Souta?“

„Er rief mich vorgestern an. Es ist seltsam jemanden zu sehen, der so weit weg ist. Aber ich freue mich jedes Mal.“

Souta war nach dem Jurastudium in den diplomatischen Dienst gegangen und machte gerade seine ersten Schritte dort an der Botschaft bei den Vereinten Nationen. Das hieß eben in New York. „Du bist hier manchmal sicher sehr allein.“ Einsamkeit war etwas, was er nur zu gut nachvollziehen konnte. Seine Kindheit, Kagomes Tod, und als Gipfel von allem, war im doch ihr Tod als der schwärzeste Tage seines Lebens vorgekommen, noch die achtzehn Jahre, in denen sie gemeinsam in Tokio lebten und er sie nicht einmal sehen durfte. Sesshoumaru war bereits m 19. Jahrhundert da nicht nur nachdrücklich geworden, sondern, durchaus wissend, wie sein kleiner Bruder auf Befehle reagierte, hatte ihn der Kerl auch noch zu irgend einem Baumgeist geschleppt, der im in drastischen Worten die Probleme geschildert hatte, die dadurch entstehen könnten.

„Ja,“ gab sie zu. „Es ist ein großes Gelände und ich werde nicht jünger. In Yasha, ich wollte deswegen schon Souta fragen, habe es mich aber nicht getraut.“ Sie sah, dass der Halbdämon neben ihr aufmerkte. „Ja, der Schrein gehört den Higurashis seit Jahrhunderten. Nun ja,“ lächelte sie ein wenig wehmütig. „Wem sage ich das. Und Souta ist eben der letzte der Linie. Vielleicht sollte man ihn verkaufen. Er hat ja doch kein Interesse daran und keine magischen Fähigkeiten. Allerdings....“ Sie sah zu Kagomes Gedenkstein.

„Keh. Lieber nicht. Nachher baut hier einer ein Hochhaus hin. Nein. Wenn, dann kaufe ich ihn. Oder lasse ihn kaufen.“ Allerdings, bei den Preisen hier in Tokio würde das Gelände wohl seine Barkasse übersteigen. Nun ja, das würde ein interessantes Gespräch mit Bruderherz geben, warum ein Dämonenfürst einen Schrein kaufen sollte. „Aber, mir kommt da eine Idee. Ich meine, das Haus ist doch groß genug. Das da drüben kann man doch abtrennen?“

„Ja, das waren mal Wohnungen für Schüler oder Pilger, also, Zimmer.“ Frau Higurashi klang leicht verwundert. „Das sind drei Zimmer und ein gemeinsames Bad, naja, Dusche und eine kleine Küche. Meinst du, ich solle untervermieten?“

„Nicht ganz. Pass mal auf. In meinem augenblicklichen Fall lebt da ein Ehepaar als Privatsekretär und Kindermädchen bei dem Toten, also, haben für den gearbeitet. Die verlieren jetzt nicht nur den Job, sondern auch die Wohnung. Ein älteres Ehepaar, offensichtlich ruhig. Wenn ich darf, sage ich Ihnen mal deine Nummer. Wenn ihr euch nicht leiden könnt in Ordnung, wenn ja, sind doch alle glücklich.“

„Ach, Inu Yasha .. Für mich sind es kaum drei Jahre her, seit ich dich als Teenager sah. Und jetzt bist du ein Mann geworden. Ein guter Mann, aber das warst du schon immer. - Gib ihnen meine Adresse. Wie heißen sie?“

„Hasebe.“

 

Als Inu Yasha um neun in das Büro kam, wurde er bereits von Namiko Nakamura und einem sehr siegesgewiss grinsenden Inspektor Mori empfangen.

„Ah, mein lieber Berater!“

Scheinheilig war der Typ wohl gar nicht. „So guter Laune, Inspektor?“ Aber der Halbdämon nahm unaufgefordert Platz.

„Ich habe den Mord an Akira Okabe geklärt.“

Nun ja, auch ein blindes Huhn fand mal ein Körnchen, allerdings bezweifelte Inu Yasha schon aus Eigenliebe dies. „Darf man auch fragen, wie?“

„Nun, ganz klassisch. Ich halte nichts von neumodischen Theorien und so. Motiv, Gelegenheit, Mittel. Und da gibt es nur eine Person, die in Betracht kommt.“ Jiro Mori schwieg einen Moment, um die Keule besser wirken zu lassen. „Nanako Tonaga.“

„Nanako.“ Inu Yasha klang sachlich. Erst einmal hören, was da los war.

„Mittel: sie ist Botanikerin, sie hat die Pflanzenbücher sogar mit nach Japan geschleppt. Sie kennt sicher Giftpflanzen. Gelegenheit: wir waren uns ja wohl alle einig, dass jeder im Haus, aber eben nur aus dem Haus, Gelegenheit haben konnte. Motiv: sie gibt selbst zu, dass sie mit der strikten Disziplin im Haus Probleme hatte und schon überlegte nach Hawaii zurück zu kehren. Vermutlich hoffte sie, durch den Tod des Patriarchen entweder das zu schaffen oder, wenn ihr Mann das Sagen hätte, besser dazustehen. Wenn ich das richtig gesehen habe, hält Herr Tonaga eher zu seiner Ehefrau als zu seiner Mutter. - Oder sind Sie anderer Meinung, mein ach so teurer Berater?“

Inu Yasha rieb sich ein Öhrchen, ehe er nüchtern meinte: „Wenn Sie sie mit dieser Argumentation verhaften lassen, verspreche ich Ihnen, was ihre Anwälte anbringen werden: wenn jeder im Haus Gelegenheit hatte, hatte auch jeder im Haus, angefangen bei der Haushälterin über Frau Okabe, die Gelegenheit an die Pflanzenbücher zu gelangen. Genau für den Zeitraum der Vergiftung hat übrigens ausgerechnet die junge Frau Tonaga ein Alibi. Und, wie bereits zur Gelegenheit erwähnt: die Bücher stehen ja offen rum. Motiv …. Ich habe gelernt, und das ist nicht neumodisch, Mori, dass können Sie bereits in der Anleitung zu Ermittlungen aus dem Buch des Sato vor über fünfhundert Jahren nachlesen: wenn jemand umgebracht wird, gibt es immer eine Menge Leute, die ein Motiv haben. Nur, das ist irrelevant. Denn etwas, das einen zum Mord treibt, lässt einen anderen vollkommen kalt. Die Suche nach dem Motiv bringt erst einmal nichts. Das Wie der Tat ist entscheidend. Hat man eine Art gefunden, wie der Mord passiert ist, oder auch, jede Tat, und man findet eine Person, die, und nur die, diese Tat auf diese Weise begangen hat, hat man auch den Täter. Dann kann man anfangen, sich für das Motiv zu interessieren.“

„Das klingt so nach Sherlock Holmes, Lord Inu Yasha.“ erklärte die Polizeiassistentin mit schlecht verborgener Begeisterung. „Dann wissen Sie, wer wie die Tat begangen hat?“

„Ja.“ Leider.
 

Inu Yashas Lösung


 

I

nu Yasha erhob sich und trat zu dem Grundriss des Hauses. „Hier liegt einer der Schlüssel. Der innere Garten ist umgeben von dem Haupthaus, den beiden seitlichen Trakten und dem Badehaus, ergänzt um ein Stück Mauer hier, mit einer Tür, durch das die Haushälterin zum Badehaus gehen kann. Bitte behalten Sie im Blick, dass es nur einen Zugang zum inneren Garten gibt, obwohl die Veranda außen herum läuft, die Treppe genau vor dem privaten Arbeitszimmer. Das hat übrigens Glastüren bis zum Boden, man kann von dort aus jederzeit sehen, was sich auf der Veranda oder im inneren Garten abspielt. Der zweite Schlüssel liegt in dem strikten Zeitplan des Haushalts. Das Opfer beachtete ihn streng und verlangte das auch von allen anderen.“

Er wandte sich um. „Jeden Tag, und dieser Zeitplan war allen bekannt, brachte Frau Takanabe durch die Seitentür Handtücher und Bademantel um 16.15 in das Badehaus um sie anwärmen zu lassen. Dann geht sie in die Küche um das Abendessen vorzubereiten.“

„Der Bademantel wurde vergiftet,“ meinte der Inspektor. „Das kann nur jemand aus dem Haus gewesen sein.“

„Korrekt, auch, wenn ich eher an eine Vergiftung eines Handtuches denke. War da die Spurensicherung schon dran?“

„Ja, Lord Inu Yasha,“ erwiderte Frau Nakamura prompt. „Laborergebnisse liegen noch nicht vor, sollten heute aber kommen.“

„Wieder laut Zeitplan holen Nanako und Frau Hasebe den kleinen Haru um vier vom Kindergarten ab. Sie sind immer zu zweit, damit eine Haru holen kann, die andere im Notfall um den Block fahren kann. Die Parkplatzsituation ist da wohl unbefriedigend. Wenn sie zurückkommen, so gegen 16.20 bis 30, je nach Verkehr, hat Frau Hasebe frei und geht in ihre Räume, um ihren eigenen Haushalt zu erledigen. Nanako aber, und das haben Sie wohl übersehen, Herr Inspektor, geht mit ihrem Sohn in ihre Zimmer, damit er die Kindergartenuniform auszieht und duscht. Sein Vater kommt um 17.00 und der Kleine soll dann privat sein. Jedenfalls, Nanako kann nicht das Handtuch vergiftet haben, sie war nicht mehr allein.

Damit wir allerdings wissen, wer die Möglichkeit zur Vergiftung hatte, sollten wir auch auf den Zeitplan des Opfers sehen. Denn ausgerechnet am Abend seines Todes wich Herr Okabe von seinem Schema ab. Er aß immer mit der Familie von achtzehn bis neunzehn Uhr, dann ging er Baden. Nur an diesem Abend ging er zehn Minuten früher, was allen auffiel. Die Frage des Warum ist relativ leicht zu klären. Er wollte seinen Plan wie immer durchführen, eine Stunde Baden, aber hatte danach noch etwas vor, für das er zehn Minuten veranschlagte. Um was es sich dabei handelte, dürfte auch klar sein. Gewöhnlich ging er nach dem Baden um die Veranda in sein Schlafzimmer, legte sich hin und las. Was also tat er in seinem privaten Arbeitszimmer? Und, nicht zuletzt, wie kam er hinein? Die Terrassentür kann nur von innen geöffnet werden. Ging er bereits also nach dem Essen durch das Arbeitszimmer und so zum Badehaus? Oder nahm er seinen gewöhnlichen Weg durch sein Schlafzimmer? Und wurde er bei seinem Rückweg von der Person in seinem privaten Arbeitszimmer erwartet, mit der er dieses Zehn-Minuten-Gespräch führen wollte?

Jedenfalls war die Person, die ihn unter einem sicherlich dringenden Vorwand sprechen wollte, auch die Person, die das Gift ausgelegt hatte.“

„Was macht Sie so sicher?“ fragte Jiro Mori prompt.

„Das Gift muss bereits gewirkt haben. Man kann durch die Glastüren sehen, wie er auf einen zukommt, spätestens im Arbeitszimmer sollten Symptome eingesetzt haben. Und doch rief dieser Jemand nicht den Notarzt oder zumindest Dr. Kawasaki. Mit Sauerstoff, Herzmittel und so hätte Herr Okabe bestimmt gerettet werden können.“

„Schreckliche Vorstellung,“ flüsterte die Polizeiassistentin. „Man bricht zusammen, weiß vermutlich, dass man sterben wird, und bei einem steht der Mörder. Wie muss diese Person ihn gehasst haben.“

„Ja.“ Inu Yasha gab gerne zu, dass er in seinem Leben auch schon so einige Leute auf dem Kerbholz hatte, aber die hatten ihn oder seine Freunde überfallen, ihn fressen wollen. Aber so kaltblütig darauf zu warten ...kaltblütig oder verzweifelt. „Das führt uns dazu, wer ihn denn dazu hätte bewegen können, gegen den Plan noch in sein privates Arbeitszimmer zu kommen, mit einer vermutlich wichtigen Botschaft. - Fangen wir an. Frau Takanabe räumte auf und bereitete Frühstück vor. Sie ist zu pflichtbewusst um den Plan zu stören oder ihre eigenen Aufgaben zu vernachlässigen. Bei Herrn Hasebe hätte es das Opfer nicht geglaubt, der sitzt den ganzen Tag ja praktisch neben ihm und könnte jederzeit mit ihm sprechen. Frau Hasebe hätte als Ansprechpartner entweder Nanako oder aber Chizu Okabe, eher letztere als Hausherrin. Chizu selbst? Warum sollte er ihr abnehmen, dass sie mit ihm unbedingt in seinem Arbeitszimmer reden muss, wenn sie ein gemeinsames Schlafzimmer haben und auch, wenn sie momentan bei Daiichi im Kinderzimmer schläft, ein Gespräch jederzeit möglich wäre. Ryoichi und Nanako geben sich und Haru gegenseitig ein Alibi. So bleibt nur eine Person übrig, der er vertraute und die er sicher nicht abweisen würde.“

„Seine Schwester? Ayame?“ Jiro Mori ließ sich zurücksinken. „Aber, diese alte, altmodische Frau.... wie sollte sie an Gift gelangen? Über diese traditionellen Heiler?“

„Daher stammte vermutlich ihre Idee. Aber sie erinnern sich: es war Ayame, die den Garten anlegen ließ, Ayame, die laut ihrem Sohn ihn auch immer aktuell halten ließ. Wie einfach, dem Landschaftsgärtner zu sagen, oh, diese Blumen hätte ich gern. Sie hatte Zugriff auf die Bücher ihrer Schwiegertochter. Und, vergessen Sie ihre Anmerkung nicht, sie habe Biologie angefangen zu studieren. - Es war einfach für sie. Sehen Sie sich den Grundriss an. Sie öffnet die Schiebetür zum Garten, das ist unverdächtig und lugt hinaus. Als die Haushälterin das Badehaus um 16.15 verlässt, ist es für sie ein Leichtes aus dem ersten Zimmer des Traktes die wenigen Meter zur Treppe zu gehen und durch den inneren Garten zum Badehaus. Sie kann sich relativ sicher fühlen. Ihr Bruder und der Sekretär sitzen vorne in den offiziellen Arbeitsräumen, Schwiegertochter und Frau Hasebe holen Haru, ihr Sohn ist noch in der Arbeit. Die Einzige, die sie hätte sehen können, wäre Chizu, wenn diese genau dann zufällig in den Garten gesehen hätte. Aber selbst wenn, was sollte daran verdächtig sein? Dass Ayame ein Faible für Gärten hat, ist ja bekannt. Dann ruft sie ihren Bruder an und bittet aufgeregt um ein dringendes Gespräch noch heute Abend. Vielleicht sagt sie, sie hätte Beweise für Chizus Untreue gefunden, von der sie ja überzeugt scheint, denke Sie an ihre Aussagen uns gegenüber. Akira Okabe weiß natürlich, warum seine Frau so plötzlich schwanger wurde und plant nur zehn Minuten für das Gespräch ein, vermutlich in der Annahme seine aufgeregte Schwester beruhigen zu können.“

„Aber warum wollte sie ihn sterben lassen? Das Motiv.“ Jiro Mori hob die Hand. „Ja,ja, Sie sagten Wie ...aber bei Gericht zählen auch Gründe.“

„Das Erbe,“ schlig Namiko Nakamura vor. „Sie glaubt ja offenkundig, dass Daiichi nicht ihr Neffe ist. Sie wollte verhindern, dass Akira das ihm hinterlässt und stattdessen Sohn und Enkel versorgen.“

„Ich wünschte, es wäre so,“ meinte Inu Yasha leise. „Das wäre ein reales Motiv. Ich denke an etwas anderes. Die Geschwister standen sich nahe, lange Zeit, so nahe, dass nach dem Tod des Ehemannes der Bruder die Schwester samt Sohn aufnahm. Sie übernahm die Rolle der Hausherrin und fühlte sich damit sehr wohl. Auch da, Friede und Eintracht. Dann heiratete Akira unerwartet. Ayame versuchte Chizu zu unterdrücken, um nicht zu sagen, weg zu beißen. Akira beschützte seine junge Frau, als er das mitbekam. Ich denke, zu diesem Zeitpunkt wurde Ayame klar, dass ihre Lebenslüge der letzten Jahre zusammenbrach. Sie war eben nicht die ehrenwerte Frau Okabe, die Ehefrau eines bekannten Unternehmers, sie war nur die Schwester, die er in seiner Güte aufgenommen hatte. Keine Dankbarkeit mehr, Hass.“

„Sie hätte Chizu umbringen sollen,“ murmelte Jiro Mori in Gedanken. „Wieso ihren Bruder.“

„Bei aller Bitterkeit ….dass Chizu sich an Akira gemacht hatte, konnte sie der wohl kaum zuschreiben. Schuld war ihr Bruder. Und dazu, denke ich, kam durchaus Nanako. Sie ist selbstbewusst und lässt sich von der Schwiegermutter wenig sagen. Ayame fühlte sich vermutlich weiter zurückgesetzt. Mit dem Tod Akiras wollte sie Rache für sich und Versorgung für ihren Sohn und Enkel. Ich bin sicher, wenn ihr Zimmer durchsucht wird, wird man einen Mörser und Salbengrundlage finden.“

„So eine vornehme Dame?“ Inspektor Mori klang fast erschüttert.

„Keine Dame,“ korrigierte der aus adeligem Haus stammende Berater sofort. „Nur eine Bürgerliche, die sich dafür hält. Und dafür über Leichen geht. - Frau Nakamura, rufen Sie doch bitte im Haus Okabe an. Herr Hasebe soll sich mal an diese Nummer wenden...“ Er gab der Polizeiassistentin den Zettel.

„Erst nach der Durchsuchung und gegebenenfalls Festnahme,“ erwiderte der Inspektor prompt. „Kennen Sie die Hasebes etwa?“

Inu Yasha war klar, dass das als befangen gedeutet werden konnte. „Nein. Aber sie werden wohl die Villa der Okabes verlassen müssen. Und das wäre eine andere Wohnung, die ich zufällig gestern kennen lernte. Ich verdiene nichts, ehe Sie fragen.“

„Schon gut.“ Dieser Halbmensch war zu schlau um sich bei etwas erwischen zu lassen, dachte der Inspektor ein wenig missmutig und griff zum Telefon, um den Staatsanwalt anzurufen.

 

Am folgenden Tag erschienen die Zeitungen und Newspapers im Internet mit der überraschenden Lösung des Falls. Natürlich wurde der Berater stets erwähnt und Inu Yasha fand einige Anfragen zu Interviews auf seinem Handy, bis er auf die Idee kam, das seinem Büroleiter zu überlassen. Das Ablehnen. Denn eine Mitteilung auf dem Mobilphon konnte er kaum ignorieren. Und die bereitete ihm wirklich Vergnügen.

„Bring mir Satos Buch.“

Keine Unterschrift, aber er wusste, von wem es kam. Bruderherz fand anscheinend er habe genug gelernt. Auch eine Form der Anerkennung. Nun gut. Am nächsten Wochenende würde er Richtung Westen fahren. Sein Blick glitt zu einem Schwert in einer schmalen Scheide an der Wand. Das würde ein amüsantes Wochenende werden.

 

 
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Im nächsten Kapitel beginnt der Krimi, wie immer einer zum Mitraten. Papier und Bleistift sei dringend empfohlen....
Wie immer werden alle Indizien im vorletzten Kapitel dargelegt werden.


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Nachwort zu diesem Kapitel:
Ja, Mori ist ein kleiner Hinweis auf Detektiv Conan.

Das nächste Kapitel bietet die Aussagen des Sicherheitspersonals – und, wer mitraten will, sollte sich eine Liste nicht nur der Familie und der Angestellten anlegen, sondern auch den Grundriss des Hauses im Kopf haben. Er wird mehrfach beschrieben, allerdings immer aus anderer Sicht.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
In der Familie herrschte wohl nicht nur Friedee Freude und so...
Das nächste Kapitel bringt Die Aussage der Schwester. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel bietet die Aussage der Mediziner. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Irgendetwas passt noch nicht. Wie?
Aber Inu Yasha geht erst einmal seinem Privatleben nach.


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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Sanguisdeci
2023-05-28T07:10:16+00:00 28.05.2023 09:10
Wie schön! Diese Geschichte liest sich wirklich wunderbar!
Ich hoffe, es folgen weitere <3 Das Gespann aus Mori und InuYasha ist zu schön :D
Von:  Mitsuki-chan
2023-04-06T14:45:30+00:00 06.04.2023 16:45
Tja und niemals bereits eine Theorie aufstellen, wenn man nicht alle Fakten hat, gell :D Schön das du Sakura erwähnt hast.

Von:  Mitsuki-chan
2023-04-06T14:30:07+00:00 06.04.2023 16:30
Ich habe auch sofort an Kogoro gedacht als du "Mori" geschrieben hast und hatte ein kleines Flashback in die gute alte Anime Zeit :D Inuyasha macht sich bisher ganz gut. Ich mag es wie du immer wieder kleine Details der Geschichte einflechtest und man die Geschichte auch immer mehr vor seinem inneren Auge "sehen" kann, während man sie liest. Bin gespannt wie genau Inuyasha die nächsten Hinweise zusammenführen wird. Aber Sesshomaru ist und bleibt sicher trotzdem mein Lieblingsermittler :) LG
Von:  Mitsuki-chan
2023-04-06T14:17:16+00:00 06.04.2023 16:17
Schöner Start! Ich freue mich sehr auf die Geschichte!
Von:  Sanguisdeci
2023-03-22T08:46:52+00:00 22.03.2023 09:46
Ein wundervolles Kapitel :D Ich bin sehr gespannt, wie es weiterlaufen wird! Und ich bin sehr gespannt, wie sich der Inspektor mit Inu Yasha arrangieren wird.
Antwort von:  Hotepneith
22.03.2023 17:10
Danke. Du schienst sicher zu sien, dass er scih arrangieren wird....


hotep
Antwort von:  Sanguisdeci
23.03.2023 09:21
Nein, Sicher bin ich nicht. Darum die Spannung meinerseits. Aber hat der Inspektor eine große Wahl? :>
Antwort von:  Hotepneith
23.03.2023 17:24
Hm.Politische Verwicklungen hin und Ohrfeigen her ...äh...nein.
Von:  night-blue-dragon
2023-02-12T14:24:22+00:00 12.02.2023 15:24
Hi,

InuYasha hatte also Blut geleckt,was das Ermitteln angeht. Ich dachte sie hätten mehr Kontakt gehabt, so wie es sich in dem letzten Krimi anhörte, aber natürlich ist auch Sesshoumarutypisch seinem kleinen Bruder ein Buch in die Hand zu drücken, damit dieser das richtige Ermitteln so lernt...naja,nichts ist perfekt- sorry Sesshoumaru.
Mal sehen ob ich auch 'ermitteln' kann, werde aber gegen das Hundeblut kaum ankommen können... mal sehen.
Ich freue mich jedenfalls, dass dir die Ideen nicht ausgehen.... danke dafür.

Noch einen schönen Sonntag und bis zum nächsten Kapitel.

glg night-blue-dragon
Antwort von:  Hotepneith
12.02.2023 18:09
Danke.
Das nächste Kapitel ist auch noch iene gewisse Einführung in die neue Zeit aber beinhaltet auch die erste meinung der Polizei

hotep
Von:  Sanguisdeci
2023-02-12T09:20:18+00:00 12.02.2023 10:20
Ein spannender Start. Ich bin neugierig!


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