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Die Sonne scheint für alle

von

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XXXVI.

 

Als Mao nach Hause kommt, wird er wie immer von einem fröhlich lächelnden Alciel willkommen geheißen und sogar Lucifer – wie immer vor seinem Laptop hockend und die Kopfhörer auf den Ohren - brummt ein „willkommen zurück“ und hebt lässig die Hand. Er dreht sich nicht um, und obwohl ein solches Benehmen Mao sonst immer tierisch geärgert hat, stört es ihn heute nicht im Geringsten.

Der Tisch ist gedeckt, in der Wohnung riecht es nach Curryreis und Hühnerfleisch und die beiden wichtigsten Personen in seinem Leben sind hier – was kann er sich mehr wünschen? Zufrieden geht er in den Küchenbereich, um Alciel mit den Tellern zu helfen.

„Gebt mir noch fünf Minuten!“ ruft Lucifer, hebt die gesunde Hand und spreizt vielsagend die Finger.

Verblüfft starrt Mao ihn an. Wow. So kommunikativ heute? Erstaunlich.

Dann bemerkt er den warmen Blick, mit dem Alciel den Engel betrachtet und das stolze Lächeln, das um seine Mundwinkel zuckt.

„Er programmiert etwas, das mir das Einkaufen erleichtert.“

„Wirklich?“ stößt Mao erstaunt hervor. Unwillkürlich wandert nun auch sein Blick zu Lucifer hinüber. „Das ist lieb von ihm.“

Er versucht, aus Lucifers Haltung irgend etwas heraus zu lesen, gibt es aber schnell wieder auf.

„Und wie war es sonst?“ erkundigt er sich daher neugierig bei Alciel. „Hattet ihr Spaß?“

Alciel runzelt die Stirn. „Wir haben jetzt nicht MarioKart gespielt und viel gelacht, aber wir hatten eine angenehme Zeit.“

Mao verzieht kurz das Gesicht. Das ist mal wieder eine typische Alciel-Antwort – subtil scheint er heute bei ihm nicht weiter zu kommen.

„Hattet ihr Sex?“ fragt er schließlich ganz direkt, aber – mit einem sichernden Blick zum Katzentisch hinüber – mit gesenkter Stimme.

Alciel erstarrt mitten in der Bewegung und nickt dann errötend.

„Ja, Mylord.“

„Und ich nehme an, du lagst oben?“

„Mylord!“ zischt Alciel entsetzt auf und flüstert dann: „So weit sind wir nicht gegangen.“

Er klingt beinahe beleidigt. Als könne er nicht fassen, dass Mao überhaupt daran denkt.

Irritiert starrt Mao ihn an.

„Was habt ihr denn dann gemacht?“

Beflissen kramt Alciel im Besteckkasten. Er wagt es nicht, ihm in die Augen zu sehen und seine Wangen färben sich immer dunkler.

„Geküsst“, murmelt er gehorsam. „Gestreichelt. Und ich hab ihn mit der Hand...“ Er macht eine unbestimmte Geste, die mit etwas Fantasie sehr eindeutig eine gewisse Tätigkeit beschreibt.

Mao kann ihn nur fassungslos anstarren.

„Du sagtest, ihr hattet Sex“, stößt er dann vorwurfsvoll hervor.

„Das war Sex.“

„Nein, Alciel, das war kein Sex.“ Da er nicht schreien kann, benutzt er Alciels wahren Namen und legt soviel Tadel hinein, wie er kann. Doch der blonde Dämon begegnet seinem flammenden Blick tapfer.

„Da bin ich anderer Meinung.“

Mao stutzt.

Widerspricht er mir hier gerade? So hat er schon lange nicht mehr mit mir geredet. Nicht, seit wir auf der Erde sind.

Er hat das vermisst. Ein Untergebener, General und Freund, der zu allem ja und Amen sagt, kann für einen Dämonen, der insgeheim von Selbstzweifeln geplagt wird, auf Dauer sehr anstrengend werden.

Aber jetzt und hier kommt dieser neuerwachte Widerspruchsgeist ziemlich ungelegen. Seufzend fährt sich Mao mit gespreizten Fingern durchs Haar. Nach einem letzten sichernden Blick in Lucifers Richtung, tritt er dicht vor seinen General und erklärt eindringlich:

„Alciel. Als ich gestern mit ihm Sex hatte, floß für einen kurzen Moment etwas von meiner Magie in ihn. Seine Flügel waren so nah dran, sich zu manifestieren.“ Er macht eine entsprechende Geste und gibt dann zu: „Ich habe gehofft, wenn du auch mit ihm Sex hast, könnte sich das wiederholen.“

Obwohl er natürlich schon längst weiß, dass sein König mit Lucifer intim war, verspürt Alciel so etwas wie einen Stich in der Herzgegend, als er das hört. Vor allem der Gedanke, um welche Art von Intimität es sich genau handelte, läßt ihn einmal hart schlucken.

Und dann denkt er an sein kleines Geheimnis, dieses Liebesmal in Lucifers Genick und ihm wird etwas leichter ums Herz.

„Das hättet Ihr mir sagen müssen, Mylord“, erklärt er vorwurfsvoll.

„Du hast recht“, kommt es zerknirscht zurück. „Es tut mir leid.“

Alciel mustert ihn mit milder Nachsicht. Es gibt vieles, was ihm noch leid tun sollte, ganz zuoberst diese unsägliche Textnachricht, doch er ist bereit, das unter den Tisch fallen zu lassen.

„Es ist schön zu wissen, dass es funktioniert, aber müssen wir das wirklich übers Knie brechen? Er öffnet sich uns gerade, Mao-sama. Mehr noch als je zuvor. Er programmiert eine App für mich. Ich habe keine Ahnung, was das ist, aber er tut es für mich. Niemand hat ihn darum gebeten. Wenn wir das jetzt überhasten, könnte das alles wieder zunichte machen. Wir müssen vorsichtig sein, Mao-sama.“ Er zögert einen Moment und fügt dann leise hinzu: „Ich will ihn nicht verlieren.“

„Ich auch nicht, Alciel.“ Mao nimmt ihm das Besteck ab und dabei berühren sich ihre Hände. Sekundenlang starren sie sich nur in die Augen.

„Was passiert hier mit uns?“ wispert Mao plötzlich.

„Ich weiß es nicht“, flüstert Alciel zurück, den diese Worte frappierend an Lucifers gestrige Frage erinnern.

„Ihr seid Idioten.“

Wah-?!“ Erschrocken fahren Mao und Alciel auseinander und wirbeln herum. Einen Meter von ihnen entfernt steht Lucifer mit ernster Miene, aber amüsiert funkelnden Augen.

Während Alciel theatralisch nach Luft schnappt und sich eine Hand auf die Brust legt, versucht sich Mao in einem schiefen Grinsen.

„Huh? S-seit wann stehst du schon hier?“

„Seit deiner Entschuldigung.“

„Lucifer!“ Alciel hat endlich seine Stimme wiedergefunden und springt aus reiner Gewohnheit in den verbalen Angriffsmodus. „Es gehört sich nicht, andere zu belauschen!“

Lucifer schenkt ihm nur ein süffisantes Lächeln. „Es gehört sich auch nicht, hinter meinem Rücken über mich zu reden und trotzdem macht ihr das ständig.“

Da hat er zweifellos recht, aber Alciel schnauft nur einmal und drückt ihm entschieden einen Stapel Teller in die Hände.

„Wenn du hier schon stehst, nimm die Teller und bring sie zum Tisch. Husch-husch.“

„Hai, Okaachan“, zwitschert Lucifer nur und fängt sich von Alciel dafür einen irritierten Blick ein.

Mao dagegen folgt Lucifer hinüber zu dem niedrigen Tisch. Während Lucifer die Teller verteilt, legt er das Besteck dazu, und als dann Alciel mit den Gläsern und Getränken kommt, fühlt es sich zum ersten Mal an, als wären sie eine richtige, kleine Familie.

 

 



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