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Im Nebel der Vergangenheit

Mystery Spell
von

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Spurensuche


 

Neugier ist der schnellste Lehrer.

Erhard Blanck
 

In der ersten Pause hat sie Sarah gesucht und ihre Freundin auf den neusten Stand der Dinge gebracht.

Die junge Osbourne wusste nicht was sie zuerst fühlen oder sagen sollte. Ihre Augen glitzerten vielsagend wegen der Tatsache das das Kindermädchen nun bei Professor Jones lebte und sie meinte, dass sie sich freuen würde das ihre Freundin ihren Neujahrsvorsatz so schnell umgesetzt hat. Die Tatsache das Viktor im Land und eventuell auf dem Weg nach Mystery Spell ist hingegen ließ einen finsteren Schatten auf ihrem Gesicht Einzug halten. Unabhängig von den eh schon bestehenden Problemen zwischen den Familien, scheint diese Information vor allem auch Angst bei ihr hervorzurufen. Das hübsche Energiebündel sagte sofort, dass sie das unbedingt mit ihrer Großmutter besprechen muss.

Ja, so ein Urvampir ist mal nichts, was man auf die leichte Schulter nehmen sollte. Vor allem nicht, wenn man seine Pläne nicht weiß, und das ist es was auch die Studentin beunruhigt. Sie ist sich ziemlich sicher, dass der dunkle Schatten von dem Ludwig gesprochen hat, der alte Bartholy ist. Aber warum lauert er darauf das ihr Geisterfreund Kontakt zu ihr aufnimmt? Und warum scheint er Lorie und Drogo gegen sie aufzubringen? Was hat er vor und warum?

Im Gegenzug hatte Sarah eine Neuigkeit, die dafür sorgten, dass dem Kindermädchen einen Moment die Augen übergingen. Während der Ferien hat der alte Dekan offenbar sein Amt niedergelegt und es gibt einen neuen. Als die junge Osbourne sagt wer da der neue Direktor der Universität ist, hätte Emma im ersten Moment beinahe gelacht; aber nein, es ist so. Loans Vater ist der neue Dekan. Und im Gegensatz zu seinem Sohn, soll er sehr charmant und zuvorkommend sein. Am Freitag soll eines eine große Versammlung und eine offizielle Antrittsrede geben; man darf gespannt sein.

Und wie befürchtet hat Samantha alles daran getan ihr Wissen möglichst schnell in der Uni zu verbreiten. Es scheint niemanden mehr auf dem Campus zu geben der nicht darüber Bescheid weiß, dass Professor Jones auf unbestimmte Zeit seine Arbeit niedergelegt hat. Und das blonde Biest hat natürlich allen ihren Grund dafür genannt: Emma.

Sarah hat das recht schnell mitbekommen und ihr möglichstet getan um viel Zeit bei ihrer Freundin zu verbringen. Die junge Osbourne hat einen guten Ruf und ein hohes Ansehen an der Uni und niemand würde sich unbedingt mit ihr anlegen. Peter, der sonst eher für sich und Abseits ist, war auch verdächtig oft da und hat ihr Gesellschaft geleistet. Und Drogo war auch irgendwie oft in ihrer Nähe. Er hielt zwar eine gewisse Distanz, war aber nah genug das niemand es wagte etwas zu sagen.

Und trotzdem wurde Emma zur Genüge angegiftet und angefeindet. Der Tag war einfach nur die Hölle. Sie ist froh das die letzte Vorlesung durch ist und sie nun endlich den Campus verlassen kann. Normalerweise würde sie jetzt noch in die Bibliothek gehen aber sie will einfach nur noch weg.

Obwohl es erst Nachmittag ist wird es bereits dunkel. Die ersten Straßenlaternen gehen bereits an um die winterliche Dämmerung zu erhellen während die Studentin sich auf den Weg zu Sebastians Haus macht. Um möglichst anderen Kommilitonen aus dem Weg zu gehen wählt sie eher Nebenstraßen und kleiner Umwege.

Die junge Frau bleibt kurz stehen und sieht sich um. Sie hat das Gefühl, dass da jemand ist und sie beobachtet. Schon seit sie den Campus verlassen hat fühlt sie irgendwie verfolgt. Ein Seelenfragment vielleicht? Aufmerksam lässt sie ihren Blick über die Straße schweifen … Nichts zu sehen.

Wird sie verrückt?

Vielleicht.

Bei all den Dingen der letzten Tage wäre das nicht verwunderlich. Langsam setzt sie ihren Weg fort und sieht wie die ersten Schneeflocken dieses Jahr vom Himmel herabfallen. Die hübschen glitzernden Sterne lassen sie augenblicklich frösteln. Sie mochte den ersten Schnee noch nie. Es war irgendwie, als würde er etwas in ihr heraufbeschwören, etwas Schlimmes. Ihm wohnte etwas Unheimliches inne, das sie nicht erklären konnte.

Plötzlich dreht sich alles für einen Moment. Die Welt um sie herum verzerrt sich und wird unscharf. So wie er losging ist der Schwindelanfall auch schon vorbei, trotzdem bleibt das Kindermädchen weiterhin stehen.

In dem Moment wo sie darüber nachdenkt, ob sie heute außer dem Frühstück etwas gegessen hat, huscht einige Meter vor ihr etwas über die Straße.

Ein großer weißer Schatten. Ein Koloss! Dennoch war nichts zu hören oder zu erkennen, weil es trotz seiner riesigen Ausmaße blitzschnell war.

Unruhe macht sich in Emma breit. Was zum Teufel war das?! Es war echt, so viel ist sicher; ein Geist hätte den typischen grünen Schimmer gehabt. Sie weiß das sie sich fürchten sollte, doch sie tut es nicht. Sie war schon immer ein sehr neugieriger Mensch, eine ihrer größten Schwächen. Unentwegt starrt sie auf die Stelle wo das Tier, oder wohl eher Wesen in Anbetracht der Größe und Geschwindigkeit, in einer kleinen Gasse verschwunden ist. Zu gern möchte sie wissen was das war … Ob sie kurz nachsieht, ob sie einen Hinweis findet? Das Ding ist doch bestimmt eh schon über alle Berge, also dürfte es doch ungefährlich sein, oder? Wie angewurzelt steht sie da, mitten im Tanz der dicker und mehr werdenden Schneeflocken und überlegt.

Gerade als die Studentin loslaufen will ruft es über ihr. Sie braucht einige Sekunden bis sie den Ursprung in dem Flockengestöber ausfindig macht. Zwischen dem immer mehr werdenden Schnee sieht sie zwei große gelbe Augen die sie beunruhigt ansehen. „Moony?“, fragt sie verwirrt. Ihre Eule ist ihr noch nie in der Stadt begegnet, aber da sitzt sie, ganz oben auf einer Laterne und starrt sie an.

Das Tier plustert sich auf und hüpft aufgeregt hin und her. In ihren Blick steht Sorge und Angst. Sie flattert mit den Flügeln, schreit und scheint sich mehr und mehr aufzuregen.

Die junge Frau versteht nicht so recht. Gerade als sie den Mund öffnet um etwas zu sagen ertönt ein Geräusch aus der Gasse und lenkt sie ab. Die Eule über ihr ist sofort vergessen und die Neugier hat sie wieder fest im Griff. Sie hadert mit sich, ihrer schlechten Angewohnheiten und ihrem Überlebensinstinkt. Doch die Versuchung ist zu groß und irgendwie kommt ihr das alles auch merkwürdig bekannt vor. Es macht den Eindruck, als würde sich ganz hinten in ihrem Verstand etwas melden, was schon seit sehr langer Zeit schweigt.

Wie hypnotisiert läuft sie langsam los und lässt die Seitenstraße nicht aus den Augen. Moony, die panisch nach ihr zu rufen und sie zu warnen scheint, hört sie gar nicht richtig. Nur ihr wild klopfendes Herz trommelt ihr in den Ohren; und eine leise, weit entfernt Melodie die ihr extrem bekannt vorkommt, sie aber gerade trotzdem nicht erkennt.

An der Ecke angekommen steht sie am Eingang der kleinen Gasse und starrt hinein. Sie ist nur ein zwei oder drei Meter breit und das Licht reicht kaum ein paar Schritte. Nichts Auffälliges ist zu sehen oder zu hören; nur diese Melodie, die nicht aus der Nähe zu kommen scheint und auch nicht wirklich aus dieser Welt.

Emma bekommt plötzlich Gänsehaut, und das nicht wegen der Kälte. Da sind zwei Augen die sie ansehen. Nicht einfach so, nein, sie schweben zwei Meter über den Boden. Ihre helles, klares Blau erinnert sie an ein Eismeer, was nicht nur an der Farbe, sondern auch an der Kälte in ihnen liegt. Diffus erkennt sie nach einigen Sekunden die Umrisse im Halbdunkel und Panik lähmt sie augenblicklich.

Das ist ein Werwolf!

Ein Werwolf!

„Renn weg!“, schreit ihr Geist, aber ihre Muskeln rühren sich nicht. Sie kann nur dieses riesige Ungetüm anstarren. Das Rauschen ihres Blutes in den Ohren übertönt die eigenartige Melodie und die Rufe von Moony komplett. Nur sie und dieses Ding vor ihr scheinen noch zu existieren.

Der Werwolf knurrt und verengt die Augen. Es kommt Bewegung in das große Wesen und er ballt die Hand zur Faust. Langsam beugt es sich nach vorn Richtung Licht, sein Blick auf die junge Frau gerichtet.

Die Studentin steht da wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Nein, wie eine dumme Beute vor einem Jäger. Einem Raubtier. Ihr Herz klopft immer schneller und ihre Atmung wird immer hektischer. Erneut meldet sich der Schwindel und scheint sich in ihr Gehirn zu fressen.

Das Tier stützt sich auf der Faust ab und ist somit auf Augenhöhe mit ihr. Es reckt den Kopf nach vorn, so dass sein wuchtiger Schädel im Licht zu sehen ist. Dicke Flocken setzten sich auf seinem Fell ab und verleihen dem Ganzen eine absurde Stimmung von Friedlichkeit.

Er ist weiß, wie der erste Schnee im Jahr; das ist der Gedanke der Emma im ersten Moment kommt. Der Werwolf ist weiß … Ganz anders wie Ludwig, schießt es ihr im nächsten Augenblick durch den Kopf. Ludwig … sie erinnert sich an ihr erstes aufeinander Treffen in ihren Träumen letztes Jahr, und welche Angst sie vor ihm hatte. Aber es war nicht ihr wirklich erstes Treffen damals … sie kannte ihn eigentlich schon. Doch noch immer weiß sie nicht woher. Die Melodie die zwischenzeitlich verstummt war beginnt sich plötzlich wieder bemerkbar zu machen und kommt ihr nun noch bekannter vor wie eben schon.

Das riesige Wesen schnüffelt und verengt die Augen, als würde es sie sondieren, oder versuchen zu erkennen. Es lehnt sich noch etwas weiter vor und auch seine breiten Schultern sind im Licht zu sehen. Ein leises Brummen ist zu hören und es legt den Kopf leicht schief.

Erst jetzt kommt dem Kindermädchen der Gedanke, dass sie sich womöglich kennen. Immerhin ist dieses Ding ja eigentlich ein Mensch. Und das führt sie zum nächsten Gedanken; wie lange ist dieser hier schon ein Werwolf? Sie erinnert sich an Ludwigs Erklärung, dass es viele Verwandlungen dauert, bis der menschliche Verstand sich allmählich über den tierischen setzt. Falls das hier ein junger ist, könnte ihr letztes Stündlein geschlagen haben; egal ob sie sich kennen oder nicht. Doch warum auch immer, scheint das hier vor ihr schon ein recht erfahrener zu sein, zumindest interpretiert sie sein Verhalten so. Außerdem ist kein Vollmond, fällt es ihr im nächsten Moment ein. Werwölfe können sich ab einem bestimmten Alter nach eigenem Ermessen verwandeln und sind nicht mehr von dem Himmelsgestirn abhängig.

Die Situation entspannt sich, zumindest wirkt das Tier entspannter wie im ersten Moment. Seine Augen verlieren an Kälte und er wirkt eher neugierig wie bedrohlich. Es bewegt sie noch ein Stück auf die junge Frau zu. Etwas Verschmitztes funkelt durch seinen Blick, dass dafür sorgt, dass sich ihre Nackenhaare aufstellen. Im nächsten Augenblick kippt die komplette Stimmung und das Knurren des Werwolfs donnert von den Steinwänden der Häuser wider.

Es war eine Falle, ist sich die Studentin plötzlich sicher. Er hat sie in Sicherheit gewogen und sie ist dadurch unvorsichtig gewesen. Und jetzt wird er sie töten. Es wird alles vorbei sein; einfach so. Sie schließt die Augen und Tränen beginnen ihr unkontrolliert über die Wangen zu laufen.

Plötzlich wird sie gepackt und weggedreht.

Sie versteht nicht was passiert, weil es nicht den erwarteten Schmerz auslöst. Trotzdem verkrampft sie sich ganz automatisch. Doch der Geruch von Wildnis kitzelt sofort ihre Nase und ein kräftiger Arm umschlingt ihre Schultern. Wärme und Geborgenheit umfängt schlagartig und völlig unpassend zu den Geschehnissen von Eben.

Professor Jones steht da, hat die Studentin fest an sich gedrückt, und fixiert sein Gegenüber. Er knurrt und verzieht wütend das Gesicht. Seine Muskeln sind bis zum äußersten angespannt.

Zittrig öffnet sie die Augen als sie gegen eine starke Brust gedrückt wird. „Sebastian“, flüstert sie ungläubig und sieht zu ihm auf, dann dreht die junge Frau den Kopf Richtung Gasse zurück.

Der weiße Werwolf richtet sich wieder zu voller Größe auf; nicht hektisch, nicht eilig. Der ganze Ablauf hat eher etwas Überhebliches. Sein Blick wandert zwischen dem der Studentin und dem des Professors hin und her. Er fixiert schließlich die bernsteinfarbenen Augen und zieht drohend die Lefzen hoch. Im nächsten Augenblick verschwindet das Wesen in der Dunkelheit.

Emma verlässt alle Kraft als das Tier weg ist. Würde sie Sebastian nicht festhalten, würde sie einfach auf den Boden fallen. Sie spürt ihr eigenes Herz das wild klopft, und auch das von Professor Jones, das scheinbar noch schneller rast wie ihr eigenes.

„Was hast du dir dabei gedacht?“, fragt der Archäologe mehr besorgt wie wirklich vorwurfsvoll. Er streicht ihr über die Wange und sieht sie intensiv an.

Die junge Frau würde gern antworten, aber sie bekommt kein Wort heraus. Der Schwindel übernimmt mehr und mehr ihre Sinne und alles verschwimmt allmählich. Sie hört noch, wie Professor Jones ihr sagt, dass er doch gesagt hat, dass er auf sie aufpasst, dann hüllt sie Finsternis ein.

 

Die Bäume tragen keine Blätter und Nacht hüllt alles ein. Es sind keine Sterne zusehen, weil dicke weiße Wolken die Sicht versperren. Sanfter Nebel liegt dicht über dem Boden und leichter Schneefall setzt ein. Emma steht in einem Wald, so viel ist sicher, aber warum? Und wo?

Das ist nicht die Zwischenwelt, das spürt sie irgendwie. Allerdings fühlt sie nicht die Kälte, die eigentlich da sein müsste. Vor ihrem Mund bilden sich auch keine Atemwolken. Generell ist das hier eigenartig. Ein wenig, als würde sie in einer Kulisse stehen, obwohl es echt ist. Also irgendwie echt. Ein Traum?

In der Ferne ertönt ein Heulen.

Statt Angst spürt die junge Frau eher ein Stechen im Herzen. Das Geräusch klang gequält und leidend. Ihr Blick wandert in die Richtung aus der der Laut kam. Zwischen den Bäumen taucht ein großer Schatten auf. Er ist noch weit entfernt, aber sie erkennt sofort die Silhouette.

Ein Werwolf.

Die Studentin schaudert es. Was passiert hier nur? Das Wesen wuchtet sich zwischen den Stämmen hindurch. Sie bemerkt, dass das alles sehr schwerfällig und angestrengt wirkt und runzelt die Stirn. Etwas stimmt nicht mit ihm.

Der Werwolf kommt immer näher und bricht ein paar Meter vor der jungen Frau zusammen.

Unschlüssig steht sie da und versucht zu verstehen. Ihr Blick wandert den kräftigen Körper ab. Ihr Magen dreht sich schlagartig um. Riesige Wunden sind zu sehen und Blut sickert in das schwarze Fell das bereits völlig verklebt ist. Als das Tier seinen Kopf hebt und undefiniert in ihre Richtung sieht, stockt ihr der Atem und sie schlägt die Hand vor den Mund.

„Ludwig“, flüstert Emma kaum hörbar.



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