Zum Inhalt der Seite

Die Vertretung und die Folgen

Wenn Hündchen vor große Herausforderungen gestellt werden
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Krankenhausbesuch

Samstag 10.09./ Sonntag11.09.
 

Die Schritte der Lederschuhe hallten auf dem polierten Linoleumboden, als er angespannt schweigend durch die Flure schritt. Krankenhäuser waren noch nie sein Fall gewesen. Zwar hatte er hier noch niemanden verloren, doch der Geruch nach Desinfektion und die hellen Wände erinnerten ihn immer daran, wie er von seinem besoffenen Vater so stark verprügelt worden war, dass er erst hier wieder aufgewacht war. Wenn sich die Nachbarn nicht wegen der Ruhestörung beschwert hätten … Wer wusste schon, ob er dann überhaupt noch hier wäre?

Die Schwere der Gedanke ließen Joey seufzen. Der Teil seines Lebens war abgeschlossen, doch je mehr er darauf denkte, desto mehr hatte er das Gefühl, dass es sich in den Vordergrund drängen wollte.

Dabei war sein alter Herr tot. Er konnte ihm nichts mehr tun. Da er ihn in der Wohnung in seiner eigenen Kotze gefunden hatte, wusste er, dass er tot war. Es gab keinerlei Zweifel daran und er war irgendwo zwischen Erleichterung, Schock, Fassungsloigkeit, Trauer und Wut gefangen gewesen. Früher hatte der Blonde immer gedacht, dass sich dieser Tag fest in sein Bewusstsein brennen würde, aber er konnte sich kaum daran erinnern, dabei war der Tod noch gar nicht so lange her.

Es war, als würde sein Inneres ihn davor schützen wollen, zu viel darüber nachzudenken, weil er so viel anderes um die Ohren hatte, dass dieser Tag in seinen Erinnerungen kaum stattgefunden hatte. Gehörte das nicht auch zur Trauerverarbeitung? Gab es da nicht so ein Schritte Programm, wo auch verdrängen vorkam? In der Phase war er wohl gerade.

Scheiße, was war das für ein Jahr? Erst der Tod, dann die Schuldeneintreiber, dann Kaibas Unfall und Mokubas Idee, dass er die Vertretung übernehmen sollte. Allein nur mit diesem Jahr konnte er ein ganz neues Buch schreiben! Und er hatte noch knapp vier Monate vor sich, in denen alles Mögliche passieren konnte. Wollte er überhaupt wissen, was noch kam? Sein Kopf schien jetzt schon zu platzen und wenn er ehrlich zu sich selbst war, hatte er vor dem Moment Angst, wo er allein in seiner Wohnung sein würde und er sich nicht mehr durch Arbeit oder Ähnliches ablenken konnte. Wenn sich all die Erinnerungen der letzten Wochen und Monate in sein Bewusstsein kämpften und er irgendwie lernen musste, damit zu leben, wie es war.

Fahrig strich er sich mit einer Hand durch die Haare und atmete tief durch. Es würde überwältigend werden, da war er sich sicher – aber nicht jetzt. Er musste sich konzentrieren. Wenn er gleich auf den Drachen persönlich traf, durfte er sich seine Schwäche nicht anmerken lassen. Das wollte er Kaiba nicht gönnen. Das hier war sein Auftritt, um auch ihm zu zeigen, dass er sich in ihm irrte. Wie seine Eltern. Wie seine Lehrer. Wie viele Klassenkameraden. Er war mehr. Mehr als ein Versager. Er war ein Jemand. Und das würde er sich von niemandem nehmen lassen, egal ob tot oder lebendig, verletzt oder gesund.
 

In dem Gang vor dem Zimmer begegnete er einem der Ärzte und obwohl es beinahe Mitternacht war, bekam er keinen Kommentar zu hören, dass die Besuchszeit längst vorbei war. Im Gegenteil, der Arzt kam auf ihn zu und begrüßte ihn freundlich lächelnd.

„Ihr Freund wird bestimmt froh sein, dass sowohl sein Bruder als auch Sie hier sind. Da Mokuba mir erlaubt hat, Sie ebenfalls über alles zu informieren, möchte ich die Gelegenheit nutzen. Mr. Kaiba ist vor ungefähr zwei Stunden aufgewacht. Wir haben den Beatmungsschlauch entfernt und wie es derzeit aussieht, geht es ihm den Umständen gut. Morgen werden wir ihn noch weitergehend untersuchen, damit wir auch absolut sicher sein können. Bleiben Sie allerdings bitte nicht allzu lang, ja?“ „Keine Sorge, ich werde ihm nur kurz hallo sagen und dann mit Mokuba erst einmal wieder nach Hause fahren. Morgen werden wir ihn dann etwas länger sehen können?“, hakte Joey nach und hoffte, dass der Arzt nein sagen würde, doch das tat er leider nicht.

„Natürlich. Morgen Nachmittag sollten die Untersuchungen abgeschlossen sein.“ „Vielen Dank für alles, Doktor. Bis morgen dann“, verabschiedete er sich und schlenderte zu Kaibas Zimmertür, während der Arzt in einem Gasng verschwand.

Entschieden legte Joey seine Hand auf die Türklinke, schloss die Augen und atmete tief durch. Dann klopfte er doch kurz an und betrat den Raum, ehe er es sich noch spontan anders überlegte.

Mit den Händen in den Hosentaschen und betont entspannt trat er an das Bett heran, in dem Kaiba lag und der ihn böse anfunkelte. Mokuba saß am Fußende auf dem Bett und beobachtete das Schauspiel schweigend.

„Na, auch endlich mal wach geworden? Du hast dir ganz schön Zeit gelassen, Eisschrank“, stichelte Joey und stellte sich mit etwas Abstand an das Bett.

„Wheeler. Werd nicht übermütig, sonst wirst du das noch bitter bereuen.“ „Das glaube ich kaum. Immerhin habe ich mich während deiner Abwesenheit um deine Firma gekümmert. Und glaub ja nicht, dass ich das deinetwegen getan hätte.“ „Als ob du eine Firma leiten könntest, du elendiger Köter“, knurrte Kaiba genervt und Joey reckte das Kinn etwas, als er ihm in die Augen schaute: „Du würdest dich wundern, was ich alles kann. Aber sei es drum. Du wirst dich mit dem Gedanken anfreunden müssen, dass wir ein paar Wochen das verliebte Paar spielen müssen, ehe wir uns trennen können und jeder wieder seinen Weg gehen kann. Also find dich damit ab, damit wir das möglichst einfach und schnell über die Bühne bringen können. Danach siehst du mich nie wieder.“ „Ist das ein Versprechen?“ Der unsichere – beinahe panische – Blick Mokubas ließ ihn innehalten, ehe er entgegnete: „Ja. Aber ich werde mich weiterhin mit Mokuba treffen, wenn er das möchte.“ Kaiba brummte etwas Unverständliches, doch er fragte nicht weiter nach.

Joey drehte sich von ihm weg und schaute aus dem Fenster. Er wollte seine hasserfüllten Augen gerade nicht weitersehen müssen. Dieses Eisblau, das jeden einfrieren konnte. Ein wenig fürchtete er sich vor den nächsten Wochen, obwohl er auch gleichzeitig diese Wut in sich spürte, weil Kaiba sich wie immer wie ein Arsch benahm, obwohl er so nett gewesen war, zu helfen. Aber er wollte hier nicht ausrasten. Mokuba war sicher froh, dass sein Bruder endlich aufgewacht war und das wollte er dem Kleinen nicht versauen, also konzentrierte er sich auf die Aussicht, die sich vor ihm erstreckte.

Sie waren im 9ten Stock und man hatte einen schönen Blick auf die Stadt, da das Krankenhaus auf einem Hügel errichtet worden war. Schon immer hatte der Blondschopf es gemocht, nachts unterwegs zu sein, weil alles dann seine ganz eigene Atmosphäre hatte. Ruhiger und geheimnisvoller. Vielleicht sollte er den Weg vom Krankenhaus in die Kaiba Villa zu Fuß gehen? Den Kopf etwas frei bekommen …

„Als ob ich so tun würde, als wären wir ein Paar! Mokuba, was hast du dir dabei gedacht?“, giftete Kaiba und der Blonde sah in der Spiegelung des Fensters, wie er seinen kleinen Bruder böse anschaute, doch anders, als Joey erwartete hatte, ließ sich der Kleine davon nicht einschüchtern.

„Es war die beste Lösung. Ich trau den anderen in deiner Firma nicht und ich war mir sicher, dass von unseren Freunden-“ „Der Kindergarten gehört nicht zu unseren Freunden!“ „… Joey diese Herausforderung am besten meistern könnte.“

Der Brünette seufzte schwer und wollte wieder ansetzen, als Joey keine Lust mehr darauf hatte. Der Brünette brauchte noch dringend Ruhe und dieses Gespräch würde jetzt zu nichts mehr führen.

„Hör zu, Kaiba. Ich bringe dir morgen ein paar Unterlagen, die ich während deiner Abwesenheit bearbeitet habe, dann kannst du dir selbst ein Urteil bilden, wie gut oder schlecht das bisher gelaufen ist. Wir Zwei werden jetzt jedenfalls in die Villa zurückfahren. Mokuba muss ins Bett und ich bin nach dem Galaabend auch erschöpft. Und du brauchst sicherlich auch noch Ruhe nach dem Schock.“ „Du warst auf einem Galaabend?“, entfuhr es Kaiba entsetzt, sein Gesichtsausdruck war aber unverändert kalt. Man hörte es anhand seines Tonfalls, dass er ehrlich geschockt war. Joey machte die Manschettenknöpfe ab und legte sie auf Kaibas Nachtschränkchen, damit er das KC sehen konnte, was eingraviert worden war. Vielleicht verdeutlichte ihm das, das er als vollwertiger Stellvertreter in der Firma war.

„Ja, war ich. Immerhin kann ich mich als Stellvertreter nicht vor diesen Events drücken, oder? Du kannst jedenfalls beruhigt sein. Der Ruf der Firma ist einwandfrei. Achja und gute Besserung von Mr. Kido, bevor ich es vergesse“, erwähnte Joey beiläufig und fummelte an seinem Hemd herum, weil es so nervige Falten warf.

Seto verschluckte sich an seinem Wasser, welches er gerade trank und der Blonde seufzte. Hatte er gedacht, dass es anstrengend werden würde, eine Firma zu leiten, so würden die nächsten Wochen zu einer echten Belastungsprobe seiner Nerven werden. Und das nur, weil Kaiba sich nicht zusammenreißen konnte. Na großartig!

„Er freut sich im Übrigen darauf, uns das nächste Mal gemeinsam zu treffen“, fügte der Blonde hinzu und konnte sich diese Spitze nicht verkneifen. Kaibas Blick war ihm diese kleine Lüge einfach wert.

„Also bis morgen, Schatz“, sagte Joey und betonte das letzte Wort extra. Dann schritt er Richtung Tür und Mokuba verabschiedete sich von Seto und folgte ihm dann.

Er wollte eigentlich zu Fuß gehen, um seine Gedanken zu ordnen, doch der Kurze hatte ihn überzeugt, dass das keine gute Idee war. Immerhin war er nicht mehr der unbekannte Teenager und so setzte sich der Blondschopf widerwillig in den Wagen und ließ sich mit einem glücklichen Schwarzhaarigen in die Villa gefahren.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück