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Fortunas verschlungene Pfade

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Huhu ihr Lieben :)
Eigentlich kommen die Kapitel ja immer am 1. und am 14. aber seht es mir nach, ich komme gerade aus meinem Wellness-Urlaub *^_^*
Und was tue ich selbstverständlich als erstes? Richtig! Ich präsentiere ein neues Kapitel :D
Viel Spaß beim Lesen^^

Eure Kikono-chan Komplett anzeigen

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Kapitel 6

6. Kapitel:
 

Das Erste, was Nami wahrnahm, war ein gleichmäßiger, kräftiger Herzschlag an ihrem Ohr. Irgendwie beruhigend. Noch völlig in Trance kuschelte sie sich also enger an diesen wohltuenden Klang und seufzte leise.

Bis ihr schlagartig bewusst wurde, zu wem dieser Herzschlag nur gehören konnte. Sie riss die Augen auf und stemmte sich gegen die muskulöse Brust. Aber weit kam sie nicht, denn besitzergreifende Arme hielten sie fest umschlungen.

Verdammt!

Und jetzt?

Panisch begann ihr Hirn zu arbeiten. Wie war sie nur in diese prekäre Lage geraten? Sie erinnerte sich an ihren plötzlichen Gefühlsausbruch, als ihr bewusst wurde, dass sie ihren und Ruffys Jahrestag nicht gemeinsam verbringen würden. Darum war er beim Abschied auch so unterkühlt gewesen. Wie konnte sie nur so kurzsichtig sein? Das war doch sonst nicht ihre Art.

Und dann?

Law hatte sie einfach nur gehalten. War der Fels in der tosenden Brandung gewesen, die drohte, sie mit sich zu reißen und zu ertränken.

Er schien es wirklich ernst gemeint zu haben, als er sagte, er übernehme Kulehas Aufgaben. Ein Wehmutstropfen schwang in dem Gedanken mit. Kuleha würde sie nie wieder so trösten können...

Irgendwann musste sie dann vor Erschöpfung eingeschlafen sein. Irgendwie hatte Law es geschafft, eine Decke über sie zu legen und hatte sie die gesamte Zeit über nicht losgelassen.

"Du bist so ein Idiot...", murmelte sie. "Wie soll ich dich denn jetzt noch ignorieren können?"

"Eine schwierige Frage, nicht wahr?"

Nami erstarrte. Er war wach? Und er hatte sie gehört?!

"Ich grübel ebenfalls seit einer Weile darüber nach, wie ich jetzt noch professionellen Abstand zu dir wahren soll." Er sprach diese Worte mit einer Leichtigkeit, als würde er über das Wetter reden.

Was sollte sie darauf nur antworten?

Langsam versuchte sie erneut, sich zu erheben, um etwas Abstand zwischen sich und ihren zukünftigen Chef zu bekommen.

Dieses Mal ließ er sie gewähren, lockerte seinen Griff und setzte sich aufrecht hin.

"Ich hätte diesem Abkommen niemals zustimmen sollen...", nuschelte sie.

Law zuckte kurz mit den Schultern. "Du hast gewusst, worauf du dich einlässt. Ich halte mein Wort: Alles, was hier in diesem Raum passiert ist, bleibt auch hier."

"Ich werde dich trotzdem nicht mehr mit den gleichen Augen sehen können. Es fällt mir schwer, jemanden kaltherzig anzusehen, der zuvor so verflucht nett zu mir war."

"Und was machen wir jetzt?"

Nami erhob sich vom bequemen Sofa und streckte sich ausgiebig. Dann grinste sie ihn schief an. "WIR machen überhaupt nichts. Ich werde jetzt nach meinen Patienten sehen. Was du machst, ist mir völlig schnuppe."

Als sie schon die Hand am Türknauf hatte, erhob er ein letztes Mal das Wort: "Nami, du kannst jederzeit zu mir kommen, wenn du willst. Dieser Raum kann sein, wo immer du ihn gerade brauchst."

Einen kurzen Moment brauchte die junge Kinderärztin um sich wieder zu fangen und ohne sich noch einmal umzudrehen, entgegnete sie: "Ich wünsche Ihnen einen ruhigen Dienst, Dr Trafalgar."

Als die Tür ins Schloss fiel, massierte Law sich die Schläfen. Warum hatte er das gesagt? War er denn von allen guten Geistern verlassen? Es konnte ihm doch völlig egal sein! Aber nein, er musste ja den freundlichen Samariter spielen! Was war nur in ihn gefahren?
 

Schnellen Schrittes lief Nami den langen Korridor des Ruhebereiches entlang, durch eine Flügeltür, die sich nur mit der Magnetkarte eines Arztes öffnen ließ, zu den Stationsfluren. Sie musste arbeiten. Sie musste sich ablenken. Und sie musste versuchen, zu vergessen! Wie sonst sollte sie dieses Gefühl der Vertrautheit und aufkommenden Zuneigung sonst wieder loswerden? Er war ihr CHEFARZT verdammt noch eins und zugenäht! Wie hatte sie sich nur darauf einlassen können!? Wenn Ruffy davon wüsste... Oh Himmel!

Ohne ihren Schritt zu verlangsamen, massierte sie sich den Nasenrücken - und stieß prompt mit jemandem zusammen. Unsanft landete sie auf ihrem Hinterteil.

"Uh, so ein Mist... Bitte entschuldigen Sie, ich..." Nami sah auf und blickte in himmelblaue Augen. Prompt verschlug es ihr die Sprache. Beinahe war die Kinderärztin versucht, die Frau als 'schön' zu betiteln, verwarf das Adjektiv allerdings direkt wieder, als sie die kalten Augen sah, die sie stark an jemand völlig anderen erinnerten.

Der Blick der schwarzhaarigen, fremden Frau wirkte zunächst herablassend, doch dann, als besann sie sich eines Besseren, lächelte sie entschuldigend und reichte Nami sogar ihre Hand, um ihr aufzuhelfen. "Ich habe ebenfalls nicht aufgepasst. Die Schuld liegt genauso bei mir. Verzeihen Sie bitte."

Aus reiner Höflichkeit nahm die Orangehaarige die ihr dargebotene Hand an, dann deutete sie eine Verbeugung an und ging an der Unbekannten vorbei.

"Ah, warten Sie bitte!", hielt die Schwarzhaarige Nami zurück.

Genervt rollte diese mit den Augen. Doch als sie sich herumdrehte, setzte sie ein freundliches Lächeln auf. "Ja, bitte?"

"Sie arbeiten hier, nicht wahr?"

"In der Tat. Ich bin die stationsleitende Oberärztin der Kinderchirurgie, Dr Tamino." Besser, sie stellte gleich klar, dass sie nicht nur irgendeine kleine Nummer ist. Ihre Intuition sagte ihr, dass diese Frau es gewohnt war, sich nicht nur unter hohen Tieren zu bewegen, sondern auch deren Respekt genoss.

"Dann sind Sie sicher sehr beschäftigt. Ich habe von dem Unglück gestern am frühen Abend gehört. Ein Schulbus soll in einen großen Unfall verwickelt gewesen sein. Ich wollte Sie auch gar nicht großartig aufhalten, aber ich suche jemanden, der hier ebenfalls arbeitet. Vielleicht können Sie mir helfen?"

"Ich werde mein Möglichstes versuchen. Nach wem suchen Sie denn?" Nami beschlich so eine Vorahnung, umso weniger überraschte sie es, den folgenden Namen zu hören.

"Ich suche den zukünftigen Chefarzt der Chirurgie; Trafalgar Law."

Die Kinderärztin lächelte freundlich, als sie antwortete: "Das bekommen wir hin. Ich kann zwar nicht sagen, wo genau er sich gerade aufhält, aber wenn es in Ordnung ist, piepe ich ihn an und bestelle ihn hierher. Sie müssten dann nur kurz auf ihn warten."

Die blauen Augen der Frau begannen zu leuchten und dankbar ergriff sie Namis Hand und drückte diese. "Das würden Sie für mich tun? Das wäre sehr freundlich."

Doch zwischen dem Funkeln sah Nami wieder diese kalten Augen. Ihre Freundlichkeit war genauso gespielt wie ihre eigene. Trotzdem. Sie griff in ihre Kitteltasche und schickte eine Nachricht an Law. Dr Trafalgar, korrigierte sie sich selbst in Gedanken.

»Im Korridor hinter dem Ruhebereich steht so ein schwarzhaariges Gift und möchte dich sehen. Deine Freundin?«

Vielleicht nicht die eleganteste Formulierung aber hatte er nicht selbst gesagt, seine Freundin sei 'ein Besen von einem Drachen'?

"Ich habe ihm Bescheid gegeben, er sollte jeden Moment hier auftauchen. Ich werde mich dann wieder um meine Patienten kümmern. Ich wünsche noch einen angenehmen Nachmittag."

"Ebenfalls."
 

Kaum war Nami um die nächste Ecke gebogen, vibrierte ihr Pieper und ließ sie schmunzeln.

»Ich dachte, Freunde verraten einander nicht? Wie konntest du mir das nur antun? Das schreit nach unserem Abkommen! Danach muss ich mich nämlich einmal auskotzen...«

"Träum weiter, Trafalgar..." Breit grinsend schob sie das kleine schwarze Ding zurück in ihre Kitteltasche und betrat die Kinderstation. Freunde? Sie waren keine Freunde. Nagut... vielleicht während des Abkommens in einem geschlossenen Raum. Aber auch nur dann!

"Oh, Kaya, du bist auch noch hier?", begrüßte sie ihre Kollegin.

Die Blonde wirbelte fröhlich zu ihr herum, dunkle Ringe unter den Augen. "Nami! Ich wusste nicht, dass du wieder hier bist."

"Ich war nie weg. Ich habe im Ruhebereich etwas Schlaf nachgeholt. Du solltest das jetzt auch tun. Ich bin ja da, ich kann von jetzt an übernehmen. Leg dich hin, du bist seit mehr als 24 Stunden auf den Beinen."

Dankbar lehnte Kaya ihren Kopf gegen Namis Schultern und lächelte matt. "Es geht allen den Umständen entsprechend gut. Ich habe vorhin mit den Schwestern noch die Verbände kontrolliert und wo es nötig war, gewechselt. Alle sind gut mit Schmerzmedikamenten eingestellt und postoperativ gibt es bisher keinerlei Probleme."

Die junge Oberärztin streichelte Kaya liebevoll über den Kopf. "Das war sehr gute Arbeit, ich danke dir." Damit entließ sie ihre Kollegin in ihren wohlverdienten Feierabend und machte sich selbst daran, die Kurven ihrer Patienten zu studieren.

Wie Kaya es gesagt hatte, schien alles komplikationslos gelaufen zu sein. Alles war ordentlich dokumentiert worden und nachdem Nami bei ihren Kindern vorbeigeschaut hatte, konnte sie dies auch nur wohlwollend bestätigen, was in den Berichten niedergeschrieben worden war. Es gab absolut nichts zu beanstanden. Sie war sehr stolz auf die zuverlässige Ärztin, die Kaya geworden war.
 

Nachdem der Nachtdienst die Spätschicht abgelöst und den ersten Rundgang gemacht hatte, verabschiedete Nami sich in ihr Zimmer. Sie hatte keinen Dienst, aber der junge Kinderarzt, der derzeit ihre Station betreute, war noch sehr unerfahren. So hatte sie ihm alle möglichen Tipps gegeben und falls er doch nicht weiter wusste, sollte er sie einfach anpiepen.

Kaum fiel die Tür hinter ihr ins Schloss, holte sie ihr Privathandy heraus und rief zu hause an. Es klingelte. Drei Mal. Vier Mal. Fünf Mal. Doch niemand nahm ab. Traurig ließ sie es noch weiter klingeln, allerdings ohne Hoffnung, dass jemand abnehmen würde. Sie legte auf und wählte stattdessen Ruffys Handynummer. Doch auch hier kommunizierte lediglich das Freizeichen mit ihr. Resignierend seufzte sie, legte ihr Handy auf ihren Schreibtisch und ging weiter zum Sofa. Sie entledigte sich ihrer Schuhe, machte sich lang und seufzte erneut.

Was hatte sie auch erwartet? Wenn sie ihm im Laufe des Tages geschrieben hätte, wäre er vielleicht ans Telefon gegangen. Aber so? Sie musste sich ganz dringend bei Ruffy entschuldigen.

Aber jetzt musste sie erst einmal duschen! Wie hatte Law es nur in ihrer Nähe ausgehalten? Und warum musste sie SCHON WIEDER an ihn denken? Fluchend erhob sie sich wieder, schlüpfte in ihre Schuhe und machte sich auf den Weg zu den Personalduschen der Kinderstation.
 

Als sie zu ihrem Zimmer zurückkehrte, stand ein sichtlich schlecht gelaunter Trafalgar vor ihrer Tür und sah sie unzufrieden schräg über seine Schulter hinweg an.

"Wieso haben Sie nicht auf meine Nachricht geantwortet, Dr Tamino?", kam es im dominanten Tonfall.

"Ich hatte Wichtigeres zu tun, Dr Trafalgar! Außerdem bin ich nicht Ihre Dienstmagd, die Sie jederzeit heranzitieren können, wie es Ihnen gerade in den Kram passt.", entgegnete sie schnippisch.

"Und wenn ich jetzt ein Kind auf dem OP-Tisch gehabt hätte?" Herausfordernd blitzten seine grauen Augen zu ihr herunter.

"Dann hätten Sie den diensthabenden Kinderarzt kontaktieren müssen. Ich bin nicht 24/7 im Haus - ich habe auch noch so etwas wie ein Privatleben!", damit öffnete sie die Tür zu ihrem Bereitschaftszimmer, in das ihr zukünftiger Chefarzt einfach hereinmarschierte, ohne Aufforderung. Mit einem wütenden Schnauben ging sie hinterher und knallte lautstark die Tür zu.

"Gut geschauspielert.", kam es plötzlich grinsend von ihm und etwas verwirrt schaute sie zu ihm auf.

"Das war nicht gespielt." Nami drängte an ihm vorbei, platzierte sich auf ihrem Sofa, zog ihre Schuhe wieder aus und legte ihre Füße auf dem gegenüberliegenden Sessel ab.

Ohne zu zögern, setzte er sich ebenfalls aufs Sofa, legte seinen Kopf neben Nami ab und ließ seine Beine über der Lehne baumeln.

"HEY!" Überrumpelt von seiner plötzlichen Nähe, schoss ihr die Schamesröte ins Gesicht. "Was wird das, wenn es fertig ist?!"

"Hab ich doch gesagt: Ich muss mich auskotzen."

"Und wann genau habe ich dem zugestimmt?"

"Gar nicht. Betrachte es als Dienstanweisung." Verschmitzt und leicht überheblich grinste er sie an.

"Möchtest du gerne Bekanntschaft mit meiner Faust machen?"

"Ungern. Außerdem brauchst du deine geschickten Hände noch. Du bist immerhin meine beste Chirurgin."

Seine Worte waren entwaffnend. Mit so viel Lob konnte sie einfach nicht umgehen. Kuleha hatte das nie getan. Zumindest nicht so offensichtlich. Es war ihr unangenehm. Sie machte doch nur ihre Arbeit.

Sie wandte den Blick ab, sah lieber aus dem Fenster in die Dunkelheit. Und eine ganze Weile blieb es still im Raum.
 

"Woher wusstest du, dass sie meine Freundin ist?", flüsterte er plötzlich.

Ganz langsam drehte sie ihren Kopf wieder zu ihm, sah ihn unverwandt an. "Ihr habt die gleichen kalten Augen. Als sie mich ansah, musste ich sofort an dich denken. Du hattest mich bei unserer ersten Begegnung mit dem selben überheblich-frostigen Blick bedacht."

Er schwieg. Hatte er sie wirklich derart unterkühlt angesehen? Er kannte den Blick seiner 'besseren' Hälfte nur zu gut. Wusste, wie einschüchternd und gleichzeitig verletzend er sein konnte.

"Darf ich fragen, was sie von dir wollte?" Immerhin war er ja gekommen, um zu reden. Also war diese Frage mehr als legitim.

"Sie wollte mit mir reden, zum Teil hatte sie sich für ihr Verhalten entschuldigt und gleichzeitig mir den schwarzen Peter zugeschoben. Mal wieder. Außerdem hatte sie gefragt, ob ich heute Nacht nach Hause käme. Als ich dankend abgelehnt habe, ist sie wie eine Furie davongerauscht."

Verstört sah Nami ihn an. "Wieso hast du das gemacht? Ich hätte mich gefreut, wäre Ruffy mich holen gekommen..."

"Du bist eben nicht ich. Und ich weiß, dass ihre Entschuldigung nicht ernst gemeint war. Sie hat nur wieder ein Schauspiel abgezogen."

"Das klingt, als hättest du so gar nichts mehr für sie übrig...", meinte sie traurig. "Sie hat immerhin den weiten Weg hierher auf sich genommen, nur um dich zu sehen. Findest du nicht, du hättest etwas freundlicher zu ihr sein können?"

"Und dann? Was hätte es geändert?"

"Ich verstehe nicht-..."

"Sie hätte nur versucht, mich zu verführen, dann wäre für wenige Tage wieder Frieden eingekehrt, nur damit sie mir dann erneut vorhalten kann, dass ich ihr zu wenig Aufmerksamkeit schenke."

"Dann versuch doch einfach, dir etwas mehr Zeit für deine Freundin zu nehmen."

Law zog die Augenbrauen zusammen. "Solltest du nicht auf meiner Seite sein?"

"Als gute Freundin gehört es sich, auch ab und an Kritik zu üben. Und ich muss ehrlich gestehen, dass ich ihre Gefühle durchaus nachvollziehen kann. Ich würde es auch nicht so prickelnd finden, um die Aufmerksamkeit meines Freundes betteln zu müssen."

Law setzte eine neutrale Maske auf. "Das kannst du nur sagen, weil du nur eine Seite der Medaille kennst."

Nami wartete, doch er sprach nicht weiter. Schwieg sich lieber aus und starrte an die Decke. Also beugte sie sich leicht über sein Gesicht, sodass ihre Haarspitzen ihn leicht im Gesicht kitzelten. "Magst du mir dann von der anderen Seite erzählen oder soll ich deine Gedanken erraten?"

Bei ihrem liebevollen Blick begann sein Herz plötzlich zu stolpern. Aus Reflex erhob er seine Hand zu ihrem Gesicht, hielt jedoch auf halben Weg inne. Strich stattdessen ihre Haare beiseite. "Deine Haare sind ja ganz nass." und ohrfeigte sich innerlich. Was tat er hier gerade? Was wollte er tun? War er verrückt geworden?

Nami grinste nur. "Ich war ja auch vorhin duschen."

Darum roch sie so gut nach Orange. Er wusste doch, dass etwas anders war als heute morgen. Er brummte nur verstehend als Antwort.

Die Kinderärztin lehnte sich zurück. "Dann muss ich wohl raten. Hmmm..." Überlegend tippte sie sich ans Kinn.

Doch noch bevor sie erneut ansetzten konnte, ergriff ihr Gesprächspartner endlich wieder das Wort. "Hancock leitet eines der größten Finanzunternehmen des Landes. Zudem gehört ihr die berühmte Hotelkette 'Amazon Lily'. Sie arbeitet viel und hart. Zu ihren Angestellten ist sie stets freundlich und zuvorkommend. Was vielleicht daran liegt, dass es durchweg Frauen sind. Sie duldet keine Männer in ihren Unternehmen. Ihnen gegenüber benimmt sie sich oft kaltherzig, distanziert und absolut zielorientiert. Sie weiß genau, was sie will und lässt einem kaum Verhandlungsspielraum. In ihrem Revier ist sie die Kaiserin. Und sollte ein Mann ihr doch einmal Kontra geben, legt sie ihre Unschuldsmiene auf, klimpert mit ihren Wimpern und nutzt ihre natürliche Schönheit, um die Kerle zu Fall zu bringen."

"Hancock? Boa Hancock? Ist deine Freundin? Und die lässt du eiskalt abblitzen? Bist du des Wahnsinns? Sie ist eine Ikone! Eine Göttin! DAS Vorbild für alle berufstätigen Frauen!" und dennoch hatte Nami sie nicht erkannt, als sie direkt vor ihr stand. Das würde sie sich ihren Lebtag nicht verzeihen!

"Denkst du, das weiß ich nicht?", grummelte er genervt. "Und dennoch... als ich sie zum ersten Mal sah auf einer Benefiz-Veranstaltung, fühlte ich mich sofort von ihr angezogen. Nicht nur von ihrer Schönheit. Sie hatte etwas an sich... eine Aura, die so atemberaubend war, dass ich die Frau einfach kennen lernen musste. Sie akzeptierte mich als ebenbürtig, denn ich machte ihr schnell klar, dass ich nicht an der Unternehmerin, sondern der Frau Boa Hancock interessiert war. Eins kam zum Anderen und es entstand mehr. Allerdings merkten wir schnell, dass unsere gemeinsame Zeit sehr begrenzt war, denn nicht nur sie war sehr geschäftig, auch ich hatte eine Menge Arbeit in meiner Praxis. Ich war heute morgen nicht ganz ehrlich, als ich sagte, ich hätte nur der Herausforderung wegen den Posten des Chefarztes angenommen. Ich tat es auch für meine Beziehung. Ich habe hier tatsächlich mehr Freizeit, die ich durchaus gewillt war, mit meiner Freundin zu verbringen. Allerdings habe ich herausgefunden, dass diese sich in letzter Zeit lieber woanders aufhält, als in meiner Nähe und ich vermute stark, es hängt mit einem anderen Mann zusammen."

"Aber warum war sie dann heute hier? Warum sich die Mühe machen, wenn sie die Beziehung schon abgehakt hätte?", überlegte Nami.

"Vielleicht schwankt sie noch? Ist sich ihrer Gefühle noch nicht im Klaren? Was weiß ich... Fakt ist, sie ist kaum zu hause, auch dann nicht, wenn sie weiß, dass ich Zeit habe. Es sei denn, ihre Hormone sprühen mal wieder über, dann bin ich gut genug."

Klang da verletzter Stolz mit? Es würde sie nicht wundern. Und nachvollziehbar ist es auch.

Mitfühlend strich sie ihm durch's Haar. "Klingt, als wäre eure Beziehung zum Scheitern verurteilt..."

"Falls sie es nicht schon längst ist..."

"Liebst du sie denn noch?"

Law sah Nami einfach nur an. Bisher hatte er sich diese Frage überhaupt nicht gestellt. Hancock schien diese Beziehung nicht mehr wirklich zu wollen, daher hielt er es für das Beste, sich einfach zurückzuziehen. Gefühle hatte er bei diesem Schritt völlig außen vor gelassen. Sie hätten sein Urteilsvermögen beeinträchtigt.

Verständnisvoll lächelte die Orangehaarige. "Egal wie kaputt deine Beziehung auch sein mag, es wäre vielleicht am Besten, wenn ihr zwei euch einfach einmal zusammensetzt und aussprecht. Wie das Ganze auch ausgehen mag, es hilft zumindest dabei, das Kapitel abzuschließen."

"Du meinst, ich solle um sie kämpfen?"

"Das habe ich nicht gesagt. Ihr sollt miteinander reden. Eure Gefühle und Gedanken offenlegen. Und dann gemeinsam entscheiden, welcher Schritt am sinnvollsten ist. Gut möglich, dass sie sogar deiner Meinung ist, das würde alles vereinfachen."

"Hm..." Genießerisch schloss er die Augen, ließ sich Namis wohltuende Berührungen gefallen. Obwohl sein Verstand gerade diverse Beschimpfungen auf ihn feuerte. Seit wann konnte eine Frau ihn so leicht einlullen? Schon zum zweiten Mal an einem Tag lag er mit ihr zusammen auf einem Sofa und sprach mehr Worte mit ihr, als er im vergangen Monat mit Hancock gewechselt hatte. Namis Nähe schien ihm zu gefallen, ihre Intelligenz ihm zu imponieren und ihre Gefühle rissen ihn einfach mit, weckten seinen Beschützerinstinkt. Er würde diesem kontroversen Handeln auf den Grund gehen. Aber nicht jetzt. Nicht hier. Dafür musste er alleine sein.
 

"Law?" flüsterte sie nach einer gefühlten Ewigkeit.

Sein Atem ging gleichmäßig, seine Züge wirkten völlig entspannt und friedlich. Wenn sie ihn so ansah, war nichts mehr von dem Eisklotz zu sehen. Eigentlich war er wirklich ein ganz hübsches Kerlchen. Sie konnte verstehen, wie eine Frau wie Boa Hancock ihm verfallen konnte. Irgendwie bedauerte die Orangehaarige es, dass ein so vielversprechendes Paar derartige Probleme hatte. Der Chefarzt des renomiertesten Krankenhauses des Landes und die Finanzkaiserin. Ein gefundenes Fressen für die Presse.

Sie schüttelte den Kopf. Das waren Probleme, die sie nichts angingen. Außerdem waren sie nur so etwas wie Freunde auf Zeit. Sobald sie ihn rausgeworfen hatte, wäre er wieder ihr Chefarzt. Punkt.

Sie warf einen Blick auf die kleine Digitaluhr auf ihrem Schreibtisch. 1. August, 2 Uhr morgens. Tatsächlich. Jetzt war er wirklich ihr Chefarzt.

Nami brauchte dringend Schlaf. Immerhin hatte sie heute wieder 24h Dienst. Und dafür müsste sie in knapp 4 Stunden aufstehen. Also hörte sie auf, durch die weichen Haare des Mannes neben ihr zu streicheln und stand leise auf. Doch plötzlich griff seine Hand nach ihrer und hielt sie an Ort und Stelle. Überrascht blickte sie erst an ihrem Arm herunter, dann zu Law, der sich verschlafen über die Augen rieb.

Als er wieder klar sehen konnte, wanderte auch sein Blick zu der Hand, die er festhielt, weiter hinauf, zu der Frau, zu der diese Hand gehörte. Und ließ schlagartig los. Was hatte er jetzt schon wieder getan? Reflexartig hatte er nach ihr gegriffen. Weil er sie nicht gehen lassen wollte? Oder weil er es bei Hancock stets genauso gemacht hatte? Hatte er sie verwechselt? Oder galt diese Geste wirklich Nami?

Bedächtig entzog die Kinderärztin ihm ihre Hand wieder. "Du solltest wirklich dringend schlafen. Dein Verstand scheint langsam auszusetzen."

Ihre Stimme hatte einen ziemlich unangenehmen Unterton, der ihm beinahe das Blut in den Adern gefrieren ließ. Das war neu. Er wusste, dass sie bissig sein konnte, schlagfertig, emotional, liebevoll zu ihren Patienten, freundschaftlich zum Personal der Kinderstation. Aber mörderisch? Das war unheimlich.

Resignierend seufzte die junge Frau, ging hinter ihr Bücherregal und kam kurz darauf wieder hervor. Sie warf Law ein Kissen und eine Tagesdecke zu und musterte ihn dann kritisch. “Eine merkwürdige Aktion von dir und unser Abkommen ist für immer gebrochen und es war das erste und letzte Mal, dass du hier schlafen darfst.” Sie war einfach zu weich. Sie brachte es nicht über's Herz, ihn jetzt vor die Tür zu setzen. Außerdem würde sie in Erklärungsnot geraten, sollte eine der Nachtschwestern Law aus ihrem Zimmer kommen sehen. In ein paar Stunden konnte er sich unbemerkt durch den morgendlichen Trubel herausschleichen.

Nami verschwand wieder hinter ihrem Bücherregal und fragend sah Law ihr nach. Er war aufgestanden und ihr nach und war schon fast um die Ecke, “Und wo schläfst du...?”, als er Kleidung rascheln hörte. Sofort hielt er inne.

Mit finsterer Mine trat die Kinderärztin hinter dem Regal hervor. Sie hatte einen kurzen Schlafanzug an, den sie stets hier deponiert hatte, und Law erneut einen herrlichen Anblick auf ihre langen Beine ermöglichte. Diese Frau würde ihn noch wahnsinnig machen!

“In meinem Bett! Und jetzt ab auf's Sofa oder ich schmeiß dich achtkantig hier raus!”

Das ließ er sich nicht zwei Mal sagen. Sofort warf er sich zurück auf die gemütliche Schlafgelegenheit, nicht allerdings ohne noch einen letzten Blick auf ihren Hintern... ähm hinter das Regal natürlich zu werfen. Jetzt erkannte er auch das große Bett. Geschickt eingerichtet.

Bevor Nami sich hinlegte, löschte sie noch das Licht. Unter ihre Decke eingekuschelt, streckte sie sich ausgiebig, nur um danach die Beine ganz nah an ihrem Körper zu ziehen. “Gute Nacht, Law.” nuschelte sie noch.

Es war kurz still, dann erhob er noch einmal das Wort. “Nami... Danke.” Ihr Lächeln konnte er nicht sehen und zu einer Antwort war sie nicht mehr in der Lage, driftete sie doch bereits ins Land der Träume. “Schlaf gut.”



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Nami88
2022-07-24T11:23:29+00:00 24.07.2022 13:23
Wieder ein schönes Kapitel ^-^
Ich liebe diese Story, auch das beide langsam Gefühle für den jeweils anderen bekommen ^-^
Bin gespannt wie es auch bei Boa und Ruffy weitergeht, immerhin scheint sie eher die gehobene Klasse zu bevorzugen und irgendwie passt Ruffy da nicht wirklich rein ^-^'
Antwort von:  Kikono-chan
24.07.2022 15:06
Hallo Nami88 :D

boarh, so viele liebe Kommis *freut sich ganz doll und hüpft im Kreis*
ein bisschen was hast du ja noch vor dir ;)
und ich muss echt mal diese Schreibblockade los werden, damit es dann auch weiter geht x___x
es ist aber total schön, zu lesen, wie du mit fieberst *^*
das mit Nami und Ruffy ist schwierig und ich will dich auch nicht spoilern
aber Boa ist halt (wie auch im Manga/ Anime) einfach mal davon überrumpelt, dass Ruffy so völlig untypisch reagiert auf ihre Schönheit, das sorgt natürlich für geistige Beschäftigung hehe
und Kulehas Schicksal... ah, ich verrat nix ^^'
Antwort von:  Nami88
24.07.2022 18:59
Ich finde deine Story echt klasse :)
Schade das es zu wenig Law x Nami Storys gibt ><
Das mit der Schreibblockade kenne ich, also kein Stress ^-^
Und ich bin gespannt, was du alles noch geplant hast, da ich irgendwie auch dachte, Nami wäre schwanger, als sie sich an den Bauch gefasst hatte ^-^'


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