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Der Sommer, den wir bei Garroway's verbrachten

von

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Handtuch und Hibiskus

Es waren Tränen der Überforderung, die über Alecs Gesicht rollten.

„Ich … ich …“, stotterte der junge Schattenjäger und seine Schultern, die zusammen gesackt waren, bebten.

Magnus seufzte und legte den Arm um seinen Freund.

„Schon gut“, flüsterte er leise.

„Verdammt noch mal!“, schnaubte Alec und seine Gemütslage ging nun in so etwas wie Wut über.

„Ich wollte doch einfach nur Urlaub machen!“

Er drosch zornig mit der Faust auf die hölzernen Bodenplanken, denn er saß im Schneidersitz auf dem Boden.
 

Seine Augen, groß und immer noch feucht, sahen Magnus flehend an.

„Einfach ein paar Wochen erholen, bevor der Ernst des Lebens …“

Er schniefte und legte seinen Kopf auf Magnus’ Schultern.

„Und dann … führt Vater sich auf wie ein Idiot … und dann der Mord, und Simon ist ein Vampir, und Isabelle … und alle haben Angst und …“

Er merkte, dass er unzusammenhängend stotterte und wieder begannen die Tränen zu fließen.
 

„Hey“, sagte Magnus leise. „Vielleicht solltest du genau das tun? Deine Wut raus lassen? Der Boden hier im Bungalow hält einiges aus!“

Alec hörte auf zu schluchzen und schmiegte sich wieder enger an Magnus.

Dann schüttelte er langsam den Kopf.

„Ich will doch nur, dass das alles aufhört. Das alles wieder normal wird. Aber ‘normal’ ist andererseits auch nicht mehr das, was mich glücklich machen könnte, denn ‘normal’ würde heißen ‘ohne dich’ …“

Magnus schmunzelte.

Alec lächelte nun ebenfalls mit seinem tränenverschmierten, vom Weinen roten Gesicht.

„Ich drücke mich blöd aus, oder?“

Magnus strich ihm über das Haar.

„Ich weiß schon, was du meinst.“
 

Sie saßen noch eine ganze Weile zusammen, so auf dem Fußboden in Magnus’ Bungalow, bis Alec schließlich sagte:

„Ich muss zurück. Kann nur hoffen, dass Vater nichts mitbekommen hat.“

Magnus seufzte.

Dann rappelte er sich auf, reichte Alec die Hand und zog auch ihn auf die Füße.

„Ich begleite dich“, sagte er. Das hatte er an den letzten Abenden auch getan.

„Vielleicht ist es heute besser, wenn du nicht …“, versuchte Alec, ihn abzuwehren.

Doch Magnus ließ sich nicht darauf ein.

„Alec, es ist inzwischen spät, es ist dunkel. Ich lasse dich auf gar keinen Fall allein da draußen herum laufen. Ihr habt doch selber die Anweisung rausgegeben, dass niemand allein unterwegs sein soll, solange die Sache nicht geklärt ist?!“

Alec brummte zustimmend.

„Hast ja recht.“
 

Einen Augenblick zögerte er. Dann schritt er zu dem kleinen Spülbecken in der Minikücke des Bungalows, drehte den Wasserhahn auf und warf sich eine Hand voll Wasser ins Gesicht. Er wusch sich, trocknete sich mit dem Küchenhandtuch ab und drehte sich um zu seinem Freund.

„Na, bin ich wieder präsentabel?“

„Mmmh, ich weiß nicht …“, neckte Magnus mit einem Lächeln.

„Dafür müssten wir erst mal an deinem modischen Gespür arbeiten …“

„Du Snob!“, meckerte Alec liebevoll und warf kichernd das Handtuch nach dem Hexenmeister.

Der fing es geschickt auf und strahlte den Jüngeren an. Es tat gut, Alecs Gesicht wieder etwas fröhlicher zu sehen.
 

Hand in Hand verließen sie den Bungalow. Die Nacht war warm und die Luft fühlte sich an wie frisch gesponnene Seide. Sie schmeckte auf der Zunge wie ein schwerer süßer Wein.

Die Nachtgeräusche waren ungeachtet der Lage irgendwie schön. Musik drang an ihr Ohr, Musik und Lachen von Leuten, die sich den Urlaub nicht verderben lassen wollten.

Das Rauschen des sanften Windes in den Palmen, das Rascheln von Getier in den Hibiskus-Sträuchern.

Das Zirpen der Zikaden, das eine solche herrliche Nacht mit einem Geräusch untermalt, das wie dafür geschaffen zu sein scheint.
 

Es war wunderschön, und Alec genoss das langsame Schlendern mit Magnus.

Wie gerne, dachte er, würde ich das auch einmal tagsüber tun. Er und ich. Hand in Hand. Unter aller Augen. Unter Vaters Augen. Und einfach keinen Pfifferling drauf geben, was irgendjemand darüber denkt.

Nun, er musste zugegen, es lag in ihm. Einzig und allein an ihm, den Mut dazu zu finden. Er war bisher noch nicht dazu bereit gewesen, und das konnte er niemandem anlasten als sich selbst.
 

Sicher, er könnte sich sagen, dass es Vaters Schuld sei, Vater mit seinen altertümlichen Einstellungen; die Schuld des Rates, der so konservative Werte vertrat und alles moderne und freie mit jedem einzelnen Atemzug eines seiner Mitglieder zu bekämpfen schien; doch wenn er ehrlich war, was das alles vorgeschoben.

Es ist doch nun mal so: wenn die äußeren Umstände schwierig sind, kannst du diese Umstände vielleicht nicht ändern.

Du kannst nur dich ändern. Dich und dein Handeln.

Und daher war es an ihm, Alec, etwas zu tun.

Nun, das würde er. Aber erst wäre da die Sache mit dem Vampir zu klären. Daran führte kein Weg vorbei.
 

In Sichtweite ihres Familienbungalows, doch verdeckt durch ein herrlich blühendes Gebüsch, verabschiedeten sich Alec und Magnus.

Alec wollte nicht riskieren, dass Vater ihn erwischte.

„Bis morgen“, sagte Magnus.

Alec ergriff seine Hände.

„Bis morgen.“

Dann beugte er sich noch einmal zu Magnus und gab ihm einen sanften Kuss.

Ein letztes Mal aneinander schmiegen - dann löste sich Alec von seinem Freund und trat auf den Kiesweg, der zur Terrasse des Bungalows führte.
 

Magnus blickte ihm noch einen Augenblick lang nach, dann drehte er sich um, um zurück zu seiner eigenen Behausung zu gehen.
 

Er war noch keine drei Schritte weit gekommen, da hörte er einen lauten Schrei.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Aracona
2021-09-13T05:13:17+00:00 13.09.2021 07:13
Irgendwie tut mir Alec leid, wie er da so verzweifelt auf Magnus seinen Fußboden einhaut, aber Magnus hat echt die Ruhe weg. Und das ne Ken mit den Klamotten musste sein, das zeigt, dass alles wieder soweit in Ordnung ist bei den Beiden ^^

Irgendwie sehr niedlich das Kapitel und ich bin gespannt wer da warum geschrien hat.


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