Zum Inhalt der Seite

Hunt

von
Koautor:  PoG16

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hey Hey ihr lieben!
Na? Schon gespannt wie es weitergeht?

Aktuell läuft meine neueste Geschichte auf Patron an! Diesmal eine Fanfiction zu InuKami (aus Inuyasha) und meinem OC Tego, den man aus einigen meiner anderen inuyashafanfiction bereits kennt ;)
Fall ihr neugierig seid, findet ihr hier den Link: https://linktr.ee/Dudisliebling

Und natürlich das Cover für dieses Kapitel: https://www.animexx.de/fanart/2726750/

Und nun viel spass bei HUNT
Eure Dudisliebling Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Beobachtung (Alejandro) ~ by PoG

8 Beobachtung (Alejandro) - by PoG
 

Wie es meiner Natur entsprach, musste ich nach dem Essen schlafen.

Was ich normaler Weise durch Gebet und Sport hinauszögerte, folgte direkt im Anschluss nach meinem kleinen Nervenzusammenbruch.

Als ich erwachte, gähnte ich herzhaft und streckte meine Glieder.

Wieso lag ich nochmal auf dem harten Boden?

Nachdem diese Frage mir im Dämmerzustand durch den Kopf ging, war ich mit einem Schlag hellwach und mir wurde kotzübel, als mir wieder klar wurde, dass ich Siakoh durch meine Natur wohl gründlich von mir vergrault hatte.

Mein Blick viel auf mein Handy… Wie gerne hätte ich ihn angeschrieben. Seine Nummer hatte ich ja, dadurch dass ich mir das wundervolle Bild von ihm schickte. Auch er hatte meine Nummer, da ich den Nachrichtenverlauf absichtlich nicht gelöscht hatte. Aber ob er diese Option nach dem heutigen Desaster noch wählen würde? Ich bezweifelte das stark. Ich wollte mich bei ihm melden und ihm sagen, wie leid es mir täte und dass er mich einfach verrückt machte, aber wenn ich je noch eine Chance haben wollte, musste ich ihm wohl etwas Zeit lassen, sich zu erholen. Außerdem hätte ich auch nicht gewusst, wie ich beginnen sollte. Ich schämte mich viel zu sehr, um ihn nun so einfach zu belästigen... Ob es ihm gut ging?
 

Er fehlte mir jetzt schon. Seufzend nahm ich mein Smartphone zur Hand und warf einen Blick auf das Bild. Es faszinierte mich unglaublich. Nicht nur, dass er es war, der darauf tanzte, sondern auch die Energie, Kraft und Schönheit, die diese Pose ausstrahlte.

Kurz entschlossen, machte ich ihn zu meinem Hintergrund für Start- und Sperrbildschirm. So hätte ich ihn wenigstens immer bei mir, auch wenn wir uns nie wiedersähen.

Was war nur mit mir los? Ich war doch eigentlich kein schnulziger Softie, der jammerte und sich in den erstbesten Typen verknallte, der ihm über den Weg lief.

Aber da ich mich nun mal benahm, wie ein verliebtes Schulmädchen, musste es wohl so sein.

Meine Gefühle und meine Besessenheit von ihm gingen doch weit über den reinen Blutdurst hinaus. Sonst hätte meine Sehnsucht nach ihm spätestens jetzt gestillt sein müssen.

Aber dem war nicht so. Ganz und gar nicht.
 

Ich brauchte einen Plan, wie ich ihn zum einen wiedersehen und zum anderen ihn vor allem für mich gewinnen könnte.

Mit dem Blick auf mein neues Hintergrundbild und Siakohs Suchverlauf im Hinterkopf, reifte ein Plan heran.

Ich würde seine Aufmerksamkeit bekommen, indem ich ihn imitierte. Durch geschmeidige Bewegungen würde ich mich direkt in sein Herz tanzen. So wie er es auch bei mir getan hatte.

Blieb nur ein Problem… Ich hatte noch nie getanzt und wusste daher nicht, wie man das anstellte. Aber sagte man nicht immer Südamerikaner hätten Rhythmus im Blut?!

So schwer konnte es also nicht werden. Hoffte ich.
 

Ich brauchte Platz, Spiegel und eine Kamera, um mir ansehen zu können, was ich da verzapfte und mich hoffentlich zu verbessern. Dios mío, hoffentlich kam niemand auf die Idee durch mein Fenster zu sehen. Ich müsste ihn dann wohl umbringen…

Um Platz zu schaffen schob ich den Esstisch an die Wand und stellte die Stühle darauf. Der Couchtisch landete neben dem Sofa und der Sessel wiederum neben dem Tisch.

Einen Teppich besaß ich nicht, also hatte ich jetzt eine in etwa 12 qm große, freie Fläche. Nicht ideal. Aber besser als nichts.

Spiegel besorgte ich mir aus dem Bad und dem Schlafzimmer und stellte sie links und rechts in die Ecken.

Mit der Kamera, für die ich zum Glück in einer nächtlichen, sinnlosen Shoppingaktion ein Stativ gekauft hatte, bildete ich so ein überwachtes Dreieck, mit dem ich mich eigentlich aus allen Blickwinkeln betrachten können müsste.
 

Das Setup stand also, dann fehlte jetzt nur noch die Musik.

Meine übliche Musik fiel dabei wohl eher aus... Siakoh wirkte nicht wie jemand, den man mit Rock, Hardrock oder Metal, hinterm Ofen hervorlocken könnte.

Ich überlegte krampfhaft, was zu tun wäre und beschloss eine simple Suche in meiner Suchmaschine zu starten: “Songs to say sorry” eingetippt, bekam ich dutzende Treffer, von denen mir einer direkt ins Auge sprang. Von Cher “If I could turn back time” und passend dazu ein Dance-Workout. Besser ginge es doch gar nicht. Das wäre doch der ideale Anfang, um Siakoh zu sagen und zu zeigen, wie leid es mir täte. Wenn er mir dazu noch einmal die Chance gäbe.

Ich spielte das Video zweimal ab und versuchte mir dabei die Bewegungen gut einzuprägen. Danach stellte ich mich in mein improvisiertes Tanzstudio und übte die Choreografie. Es klappte recht gut und trotzdem dämmerte es bereits, als ich mit meiner Performance zufrieden war. Völlig verschwitzt beschloss ich nach dem gefühlt tausendsten Durchgang aufzuhören. Ich besah mir noch einmal die letzte Aufnahme und fand nichts mehr auszusetzten. Diesmal stimmte alles, Timing, Mimik, Gestik und Choreografie. Erschöpft lehnte ich mich auf dem Schreibtischstuhl zurück und mein Blick fiel auf das kleine, viereckige Gerät, dass mir den Grund präsentierte, warum ich das alles tat. Die Benachrichtigungs-LED blinkte und kündigte mir eine neue Chatnachricht an. Ich entsperrte den Bildschirm und traute meinen Augen nicht. Mein Vögelchen hatte mir geschrieben. Ich hatte Siakohs Nummer unter diesem Pseudonym eingespeichert, nachdem ich mir das Bild geschickt hatte.

Freudig erregt, dass er sich überhaupt meldete, aber auch unsicher, was er mir wohl geschrieben hatte, öffnete ich den Chat per Klick auf das Symbol.

Dort stand:
 

“Hey, du Blutsauger! Das nächste Mal, wenn du jemanden zum Futtern suchst, halte dich an eine nette kleine Regel: Fragen kostet nichts!
 

Und sei sanfter! Mir tut nun alles weh!”
 

Ein riesiger Felsbrocken fiel von meinem Herzen. Es waren zwar nicht die freundlichsten Worte, aber ich hatte mit deutlich Schlimmerem gerechnet. Denn er hatte ja vollkommen recht mit dem, was er mir schrieb. Ich hätte ihn fragen sollen, bevor ich von ihm trank und ich hätte definitiv vorsichtiger mit ihm umgehen müssen. Es war einfach mit mir durchgegangen und um ehrlich zu sein, kannte ich auch nur die schnelle, einseitige Befriedigung. Mein erstes Mal war mit einem alten und gerupft wirkenden Yokai meiner Spezies. Der mich zunächst abfüllte und sich dann mehr oder weniger einfach meinen Schwanz in den Arsch schob und mich ritt, bis er sich auf meinen Bauch ergoss. Danach rollte er sich schnaubend von mir runter und fiel in einen Koma ähnlichen Schlaf, während ich mich angewidert reinigen ging. Das erste Mal, dass ich Sex auch mit der Nahrungsaufnahme verband, war als ein Junkie mich um eine Dosis meines Giftes anbettelte und mir seinen Körper als Bezahlung anbot. Für uns beide ein befriedigendes Erlebnis. Allerdings für mich weniger berauschend, als schlicht notwendig, um Bedürfnisse zu stillen.
 

Das, was heut mit Siakoh lief, war eine ganz andere Hausnummer und mit nichts zu vergleichen, was ich bisher erlebt hatte.

Nicht nur, dass das Erlebte so viel intensiver, schöner und besser war, als alles mir bisher Bekannte. Es waren auch ganz andere Gefühle daran beteiligt. Es ging mir das erste Mal nicht nur um mich, sondern ich wollte, dass auch er kam und sich gut fühlte. Und dabei hatte ich völlig versagt. War viel zu voreilig vorgeprescht und hatte die Kontrolle verloren. Ob es am zu großen Hunger lag oder daran, dass ich ihn soo sehr wollte?! Ich wusste es nicht, aber es tat mir leid und ich bereute es. Ich sollte meine Gier mit meinen fast 500 Jahren doch eigentlich kontrollieren können. Aber an sich war das nie notwendig gewesen, schlicht und einfach, weil sie mir bisher nie sonderlich ausgeprägt erschien. Siakoh hatte recht. Das nächste Mal würde ich fragen, das nächste Mal wäre ich sanfter. Ich würde lernen mich zu beherrschen.

Für ihn, denn ich würde keinen anderen Yokai und kein anderes Blut mehr anrühren. Auch wenn es melodramatisch klang, so hatte ich das Gefühl lieber elendig verhungern zu wollen, als dass auch nur ein Tropfen anderes Blut meine Lippen benetzen sollte. Wer einmal das Paradies gekostet hat, wer würde dann schon freiwillig auf Fertigfraß oder Billignahrung umsteigen?
 

Aber was sollte ich ihm antworten? Wie ihm mitteilen, dass es mir leidtäte, ohne dass ich mich zum absoluten Volldepp machen würde. Oder war es am Ende genau das, was er benötigte, um mir noch eine zweite Chance zu geben?

Mein Blick fiel auf den Bildschirm vor mir. Sollte ich ihm das Video einfach schicken und ihm zeigen, was ich für ihn eingeübt hatte? Mhmmm... Ich speicherte die Datei unter dem Namen “Lo siento, Siakoh” als komprimierte mp4 - Version auf dem kleinen Gerät, war aber immer noch unsicher. Am Ende entschied ich mich dagegen. Ich wollte ihm es nicht zeigen, tanzen würde ich erst dann für ihn, wenn er vor mir stünde. Wenn ich ihn im Anschluss daran auffordern könnte mit mir gemeinsam zu tanzen. Dafür benötigte ich jedoch noch ein wenig mehr Zeit. Und einen Tanzpartner und Lehrer, der mir zeigte, wie es richtig ging. Ich würde privaten Tanzunterricht nehmen und dann würde ich ihn auffordern mit mir zu fliegen. Dios mío, bitte hilf mir, dass mein Plan aufgeht.
 

Doch erstmal musste ich ihm eine Antwort senden und ihn irgendwie gnädig stimmen.

Durch Zufall fand ich ein süßes Fledermaus-GIF, welches eine animierte Fledermaus mit großen Kulleraugen und Schmollmund zeigte. Das war perfekt. Er müsste bestimmt Lachen und seine Augen hätten endlich wieder das schöne Strahlen von unserer ersten Begegnung an Stelle des bösen Funkelns der letzten Male.

Nur als ich seine stahlharte Latte mit meinem Mund bearbeitet hatte, war das Funkeln dem Strahlen gewichen, welches jedoch eher einem fiebrigen Glanz glich als dem freundlichen Leuchten seiner liebevollen Augen.

Wie sehr ich dieses Strahlen doch wiedersehen wollte oder überhaupt etwas von ihm.

Burro!, schimpfte ich mich, dass ich nicht in seiner Navigationsapp geschaut hatte, wo er wohnte. Es war einfach viel zu viel in den letzten Tagen passiert. Mein Gehirn funktionierte nicht gewohnt präzise und ich machte dumme Fehler.
 

Gut, dass ich mir zu Zeit selbst frei gegeben hatte, so würde keinem Kunden mein desolater Zustand auffallen.

Es war an der Zeit für ein klein wenig Ernsthaftigkeit und Konzentration.

Ich streckte mich einmal kurz durch und fing dann an Befehle in den PC zu jagen.

Keine drei Minuten später hatte ich meinen Zugang zum Einwohnermeldeamt genutzt und ihn anhand seines zumindest in Japan außergewöhnlichen Vornamens gefunden. Seine Adresse und die dazugehörige Appartement Nummer. Das große PH ohne Zahl verriet mir, dass ich heute Abend meine Flügel brauchen würde, hatte mein Vögelchen, ganz arttypisch, sein Nest doch an der höchsten Stelle des Baumes, nämlich in Form des Penthauses seines Wohngebäudes.

Er wohnte gar nicht weit weg. Mein Vögelchen, war mir so nah und doch so fern. Das musste ich ändern.
 

Ich zog mich also schnell an. Wobei ich mich diesmal wärmer einpackte. Die Luft draußen roch nach Schnee und auch wenn dieser in der Stadt nur selten liegen blieb, so sanken doch die Temperaturen empfindlich ab. Das hieß ich zog mein Thermo-Laufoutfit unter die übliche schwarze Cargo und einen ebenfalls schwarzen Pullover mit Rollkragen. An meiner gefütterten Lederjacke brachte ich noch das nette Gimmick an, was der Grund gewesen war sie zu kaufen. Ein abnehmbarer grau melierter Kapuzenschal. Dicke Skisocken komplettierten das warme Ensemble. Also schlüpfte ich nur noch in die schweren Biker-Boots und Handschuhe und verließ Wohnung und Haus.

Draußen war es tatsächlich schon deutlich kälter geworden und so zog ich mir die Kapuze über und marschierte in Richtung des Wohnhauses von Siakoh.
 

Vor dem Haus blieb ich stehen und ließ meinen Blick die Fassade hinaufwandern. Ganz oben saß mein Vögelchen im Nest. Ob er wohl auf eine Antwort von mir hoffte? Wie sollte ich mich unauffällig nähern?! Um tatsächlich einfach zu fliegen, war es zu kalt und außerdem wohnte Siakoh in einer recht belebten Straße, so dass die Gefahr entdeckt zu werden, nicht gerade gering wäre.

Mir kam eine andere Idee und ich trat an die Tür und klingelte willkürlich bei verschiedenen Wohnungen, wobei ich mich an der Gegensprechanlage als Fahrradkurier mit dringender Lieferung ausgab. Es dauerte ein paar Anläufe, bis mir jemand öffnete und ich somit das Haus betreten konnte.
 

Als ich drin war, sog ich die Luft ein und versuchte einen Duftspur von Siakoh zu erhaschen, aber scheinbar war gerade frisch gewischt worden, so dass ich außer beißenden Chemikalien nichts riechen konnte.

Brav zog ich meine Schuhe aus und schlich in Socken, die Schuhe in der Hand tragend, zum Aufzug. Es sollte keiner wissen, dass ich hier war, also ließ ich die Besucherpantoffel unbeachtet.

Der Lift brachte mich, wie gewünscht, in den vorletzten Stock, wusste ich doch nicht, ob das Penthaus über einen direkten Zugang in die Wohnung verfügte und ich war mir sehr sicher, dass mein Vögelchen gar nicht erfreut darauf reagiert hätte, wenn ich plötzlich mitten in seinem Zuhause gestanden hätte.
 

Die letzte Etage erreichte ich also über das Treppenhaus und sah, dass ich Glück hatte. Es führten weitere Stufen nach oben in Richtung Dach.

Wie in den meisten Hochhäusern, würde sich hier oben wohl die Mechanik des Aufzugs und etliche Ab- und Frischluftrohre befinden.

Die Tür war, wie in solchen Gebäuden üblich, eine Brandschutztür und mit der Alarmanlage gekoppelt.

Wenn man wusste wie, war es jedoch ein leichtes das Auslösen auch ohne Schlüssel zu umgehen. Man musste nur an zwei Stellen die Kabel ziehen und schon ließ sich die Tür unbemerkt öffnen.

Ich tat dies, zog mir die Schuhe wieder an, trat hinaus und ließ sie leise wieder ins Schloss fallen.
 

Gespannt schritt ich auf die Kante der Erhöhung zu und blickte hinab auf eine Dachterrasse, wie sie größer und gestylter nicht hätte sein können. Gleichzeitig stand einiges an Deko-Objekten herum, vorzugsweise Figuren nackter Männer.

Ich musste leise auflachen, als ich daran dachte, wie ich auch nur für eine Sekunde in Erwägung ziehen konnte, dass Siakoh auf Frauen stehen könnte.

Was mir gefiel, waren die vielen Pflanzen, die nun für den Winter alle verhüllt in warmer Jute, auf den Frühling warteten. Besonders fiel mir dabei eine große Pavillon ähnliche Laube in der hinteren rechten Ecke der Terrasse auf, die ebenfalls abgehängt war.
 

Im Sommer konnte man dort bestimmt wunderbar liegen und gemeinsam sinnliche Nächte verbringen. Sollte ich es schaffen, mein Vögelchen, für mich zu gewinnen, würde ich das definitiv ausprobieren wollen.

Die Vorstellung ihn hier draußen zu nehmen und es die ganze Welt wissen zu lassen, dass er zu mir gehörte, erregte mich sehr.

Aber zunächst musste ich dafür sorgen, dass Siakoh auch tatsächlich MEIN Vögelchen wurde.

Ich ließ mich also nieder und robbte vorsichtig bis zur Kante des Daches, um mich dann kopfüber vom Dach hängen zu lassen und in seine Wohnung zu schauen.

Meine Sachen rutschten nach und setzten die Haut meines Rückens somit der eisigen Luft aus, aber das war mir egal.

Ich hatte ihn gefunden. Mein Vögelchen, Siakoh, lag auf einem dunklen, mit rotem Samt bezogenem Sofa, das mir bekannt vorkam und schaute fast genau in meine Richtung. Zu meinem Glück schien er sehr gebannt von etwas im Fernsehen. Jetzt war also die Gelegenheit ihm zu antworten und dabei live seine Reaktion verfolgen zu können. Allerdings musste ich dafür meine Hände frei haben und mich gleichzeitig vom Dach baumeln lassen. Das funktionierte so nicht. Also zog ich kurzerhand meine Oberbekleidung aus und ließ meine Schwingen erscheinen. Es bestand zwar die Möglichkeit gesehen zu werden, aber die Wahrscheinlichkeit war doch recht gering, hier oben würde mich schon keiner beobachten. Außerdem, wie sagte man so schön. No risk, no fun.
 

Es war etwas schmerzhaft, aber auch unglaublich befreiend, meine Flügel endlich mal wieder auszustrecken. Wann hatte ich mein Youki das letzte Mal so aufwallen lassen?!

Ich konnte es beim besten Willen nicht mehr sagen. Ich stieß mich kurz vom Dach ab und schwebte eine Runde über das Haus, um mich dann seitlich an der Mauer zu positionieren, so dass ich einen guten Blick auf ihn hatte, Siakoh mich aber nicht versehentlich sah.

Ich zückte mein Smartphone und schickte ihm das GIF. Gerne hätte ich noch eine Nachricht hinzugefügt, aber mir fehlten einfach die Worte.

Also hoffte ich, dass ihm dieses Bild alles sagen würde, was ich nicht konnte.

Dass es mir leidtäte, dass ich bereute und mich schämte und dass ich hoffte, er gäbe mir, nein uns noch eine zweite Chance.
 

Sein Blick zeigte jedoch nicht ganz die gewünschte Reaktion.

Er schmunzelte zwar etwas und besah sich das Bildchen mehrmals, aber das Strahlen seiner Augen blieb verschwunden. Ich musste mir etwas einfallen lassen. Nur was?

Grübelnd beobachtete ich ihn weiter. Konnte einfach nicht aufhören ihn anzusehen, obwohl er nichts weiter tat, als dazusitzen und fernzusehen. Jede noch so kleine Geste, jedes Zucken seiner Mundwinkel und jeden Laut von ihm wollte ich aufnehmen und nichts verpassen. Langsam begann ich zu zittern und wusste, dass ich mich wohl anziehen sollte, aber ich konnte mich einfach nicht von seinem Anblick lösen. Seinen sinnlichen Lippen, die immer wieder unbewusst seine Finger streiften, wenn ihn etwas besonders zu fesseln schien. Ich war wie hypnotisiert, gefangen in seinem Bann. Erst als er aufstand und im Bad verschwand, welches ich zu meinem großen Bedauern nicht einsehen konnte, schaffte ich es mich zurück aufs Dach zu begeben und mir meine Sachen überzuwerfen. Dabei lauschte ich angestrengt jeder noch so kleinen Bewegung aus Siakohs Richtung.
 

Die restliche Nacht verlief ruhig. Siakoh war, nachdem er aus dem Bad kam, in sein Bett geschlüpft und schlief nun. Aber scheinbar, war es kein erholsamer Schlaf. Er wälzte sich immer wieder unruhig hin und her und seine Augen flatterten des Öfteren. Ob er noch Schmerzen hatte? Zumindest stöhnte er beständig und verzog gequält das Gesicht.
 

Ich konnte mir das nicht mehr mit ansehen und wäre am liebsten geflohen, um nicht ertragen zu müssen, dass ich ihn so leiden ließ. Gleichzeitig, wollte ich zu ihm schlüpfen, um ihn zu umsorgen, ihm meine Lie… Moment?! War ich wirklich soo weit, dieses Wort zu benutzen? Nein, oder? Wir kannten uns doch kaum, da konnte ich doch nicht an dieses mir nur aus Erzählungen bekannte, mächtige Gefühl denken?!
 

Die ganze Nacht hing ich klischeehaft wie mein Tierwesen kopfüber vom Dach und betrachtete seine schlafende Gestalt.

Als sein Wecker klingelte schlug Siakoh die Augen auf und ich konnte seine Morgenroutine, angefangen bei dem ersten schlurfenden Gang zur Kaffeemaschine und ein paar sehr appetitlichen Dehnübungen vor dem Spiegel beobachten.

Mit seinen verwuschelten Haaren und den leicht übernächtigten Augen sah, er so süß, unschuldig und ein bisschen hilflos aus, dass ich mich zwingen musste, nicht ans Fenster zu klopfen und um Einlass zu bitten. Ich war fasziniert von ihm und konnte meine Augen nicht abwenden. Alles was er tat sprühte vor Eleganz und seine Geschmeidigkeit, verlieh selbst den einfachsten Bewegungen die Anmut eines Tanzes.
 

Als er dann in gedeckteren Farben bekleidet, aus dem einzigen „Raum“ ohne Fenster kam. Ahnte ich schon, dass er wohl zur Arbeit ginge. Sollte ich ihm auch dahin folgen? Ich entschied mich dagegen. Die Gefahr der Entdeckung wäre zu groß, außerdem forderte die anhaltende Kälte und das Kräfte zehrende Hängen seinen Tribut. Nach dem er zu Fuß aus meinem Blickfeld verschwunden war, beschloss ich mich in die Laube zu begeben und etwas auszuruhen.

Mit einem Satz war ich bei dem Gebilde und schlüpfte unter die Abdeckung. Hier drin herrschte ein angenehmes Dämmerlicht und es gab mir fast die Geborgenheit der geliebten Dschungelhöhle meines heimischen Schlafzimmers.

Fast augenblicklich, nachdem mein Körper die gepolsterte Sitzfläche der Chaiselongue berührte, schlief ich ein.
 

Mit knurrendem Magen und zitterndem Körper erwachte ich, bei dem Geräusch einer sich öffnenden Tür. Augenblicklich hechtete ich auf meinen Beobachtungsposten zurück und stellte fest, dass mein Vögelchen heimgekehrt war. Die Uhrzeit speicherte ich in meinem Handy als Wecker, damit ich auch morgen wieder rechtzeitig zur Stelle wäre.
 

Er hatte sich scheinbar von unterwegs Sushi mitbenommen und verzehrte dies erschöpft, aber entspannt wirkend vor dem Fernseher.

Im Prinzip verlief der Abend, wie der am Tag zuvor, wobei Siakoh sich zwischendurch die Zeit nahm seine Pflanzen zu versorgen und mit einem Staubwedel all den Schnickschnack seiner Wohnung zu entstauben. Wie konnte man nur so viel unnützen Kram anhäufen und sich mit so vielen Farben umgeben?

Allerdings musste ich zugeben, dass es mir ein großes Vergnügen bereitete, ihm beim Putzen zuzusehen. Er tanzte leichtfüßig zu einer mir unbekannten, melodischen Musik durch die Wohnung und vollführte immer wieder elegante Drehungen und Sprünge. Ich war begeistert und in mir entbrannte der Wunsch, dass er auch eines Tages für mich tanzen würde.
 

Zu meinem Leidwesen musste ich immer öfter Pausen bei den Beobachtungen einlegen, da meine Kräfte rapide zu schwinden schienen. Auch bekam ich merkwürdige Schweißausbrüche und zitterte ununterbrochen. Aber ich konnte meinen Blick einfach nicht von ihm wenden, wusste ich doch, dass er am nächsten Tag wieder für etliche Stunden dorthin verschwinden würde, wohin ich ihm nicht folgen könnte.
 

Der nächste Tag folgte der gleichen Routine, so dass ich schon vor meinem Vögelchen an den passenden Beobachtungsposten auf ihn warten konnte. Fieser Weise hatte es jedoch in der Nacht begonnen zu schneien und mein Vögelchen kam nicht zur Weckzeit in sein Nest. Ich saß in der Laube, lugte hinaus in die dunkle Wohnung, bibberte und wartete auf seine Heimkehr.

Endlich hörte ich seine Schritte und schoss wie gewohnt auf meinen Platz oberhalb der großen Schiebetür zur Dachterrasse. Beim Vorbeugen wurde mir jedoch schwindelig und meine Hand, mit der ich mich festhalten wollte, griff ins Leere. Ich stürzte ab und noch im Fallen drehte sich die Welt um mich und schien von außen zu verblassen.

Als ich den harten Aufprall merkte und spürte, wie sich Feuchtigkeit unter mir sammelte, erlosch meine Welt bereits vollkommen und auch der Lärm der Stadt, den ich noch wahrgenommen hatte, wurde dumpfer und verschwand schließlich im Nichts.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück