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Willkommen im Bittersweet

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Kurzes aber eventuell relevantes Vorwort:
Das hier ist eigentlich eine Coffeeshop-AU zu meiner Story 'Cursed', kann aber auch alleinstehend gelesen werden. Es ist also absolut nicht nötig Cursed gelesen zu haben. (Ja, ich schreibe tatsächlich eine AU zu meiner eigenen Geschichte. Don't judge me. xD)
Wie es für Coffeeshop-AUs üblich ist, ist die Story eher leicht und mit dem ein oder anderen Klischee gespickt.
Keine Ahnung, wie lang die wird. Keine Ahnung, in welchen Abständen ich hier dran schreibe.
Lassen wir uns überraschen. ^^

Kleine Nebeninfo für die Cursed-Leser: Die Charas weichen teilweise leicht von ihrer Persönlichkeit im Original ab und ich arbeite hier mit dem Relakesch-Reel und nicht dem, den ihr aus den Hauptkapiteln kennt. Das ist einfach den Umständen der AU geschuldet, aber da es ja eh alles meine Charas sind, kann ich mit denen sowieso anstellen, was ich will. ;)
Also dann, viel Spaß beim Lesen.
LG Lycc Komplett anzeigen

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Earl Grey

Lustlos lief Reel zu dem kleinen Tisch in Fensternähe um die drei Mädchen, die dort saßen, abzukassieren, und trotz seiner finsteren Miene, seinem abweisenden Blick und seiner nicht zu verkennenden 'Lass mich in Ruhe'-Ausstrahlung lächelten sie ihm alle drei nahezu grenzdebil entgegen.

Routiniert sortierte er den Schein ein und zählte das Wechselgeld ab.

„Behalt´ den Rest“, kam es vielsagend von einem der Mädchen, das ihm nun mit einem Zwinkern die Rechnung über den Tisch schob, auf die sie offensichtlich mit Kugelschreiber irgendwas gekritzelt hatte. Kichernd schlüpften die drei in ihre Jacken und warf beim Verlassen des Cafés immer wieder wenig scheue Blicke über ihre Schultern.

Mit einem resignierten Seufzen lud Reel das Geschirr auf sein Tablett und knüllte die beschriebene Rechnung in seine Hosentasche.
 

Im Hinterzimmer des Cafés blieb Reel vor einer Pinnwand stehen und kramte die zerknüllte Rechnung hervor, auf der eine Handynummer, die alberne Verkürzung eines Mädchennamens und ein zwinkernder Smiley gekritzelt waren. Mit einem säuerlichen Grinsen pinnte er sie zu den anderen Rechnungen, Servierten und Papierschnipseln, die bereits an der Wand prangten und die mit Telefonnummern, Zeichnungen oder kleinen Botschaften übersät waren.

Reels persönliches Hassobjekt stellte eine Servierte mit der Nachricht „Lach doch mal“ da, die der betreffende Spaßvogel ihm mit einem breiten Grinsen beim Bezahlen auf den Tresen gelegt hatte. Am liebsten hätte Reel den jungen, bebrillten Mann in diesem Moment eigenhändig des Cafés verwiesen, aber solche Dinge waren eben „Berufsrisiko“.

Jeder Angestellte hier im Bittersweet-Café deckte einen Stereotypen ab und war dafür zuständig die Kunden nicht nur zu bedienen, sondern sie auch emotional zu binden. Reel war 'der Unnahbare' – keine schwere Aufgabe für ihn. Ravens Rolle war die der rebellischen 'mach keinen Scheiß'-Geschäftsführerin, die solange nett war, bis irgendeine Kleinigkeit sie aus der Haut fahren ließ.

Außer ihnen beiden gab es noch die klassischen Personas, wie beispielsweise Lamia, die süßer als der Zucker in ihren Milchshakes war und ihre wohlgewählten Worte wie Honig über ihre Verehrer ergoss, die sich in der lieblich anmutenden Falle verfingen und teilweise ihre ganze Freizeit im Café verbrachten nur um sie besuchen zu können.

Und selbstverständlich gab es mit Ravens Zwillingsbruder Corvo auch eine männliche Variante von Lamia – athletisch, charmant, anzüglich, aber insgeheim glücklich verlobt und momentan im Urlaub mit seiner besseren Hälfte.

Alles in allem ein ausgesprochen cleveres Geschäftskonzept und im reichsten Bezirk der Stadt auch erfreulich lukrativ.
 

Die Idee an sich war auch nicht das Problem. Reel arbeitete gern im Bittersweet und musste sich dank seines hübschen Gesichts nicht großartig verstellen um die anziehende Wirkung auf einige Gäste zu haben, die Raven sich von ihm wünschte.

Was ihm wirklich auf den Keks ging, war die Objektinfizierung, der er dabei jedes mal ausgesetzt war und der seine Gäste ganz schamlos frönten. Niemand hatte etwas gegen Komplimente, interessierte Blicke, hohes Trinkgeld oder zugesteckte Handynummern, aber mit seinem düsteren Aussehen und dem Klischee des „Badboys“, trug er auch ganz unfreiwillig das Label als 'interessantes Abenteuer' und wurde nie als etwas anderes als ein möglicher One-Night-Stand gesehen.

Keines der reichen Mädchen hier würde sich mit ihm in den gutbetuchten Vierteln der Stadt sehenlassen oder ihn gar ihren Eltern vorstellen. Schließlich wäre kein Vater aus der oberen gesellschaftlichen Schicht begeistert, wenn dessen Tochter einen gepiercten, tätowierten Habenix mit Polizeiakte aber dafür ohne Elternhaus mitbrachte.

Und das wussten seine Verehrerinnen auch.

Keine von ihnen wollte mehr von Reel als dessen Körper und den Reiz des Verbotenen. Für sie alle war er nicht mehr als ein Spielzeug oder Zeitvertreib – und genau das hasste Reel so sehr an diesen Mädchen. Alle grinsten sie ihn schmalzig an, machten ihm stumpfsinnige Avancen und wedelten mit dem Geld ihrer Eltern, aber keine einzige meinte es auch nur annähernd ernst mit ihm.
 

Missmutig starrte Reel die Tür an, durch die grade lärmend ein ganzes Rudel an Edelschülern stürmte. Es war wohl Schulschluss – die anstrengendste Zeit hier im Café.

Mit abweisendem Blick und kalter Routine arbeitete er die kleinen Grüppchen ab, die sich an den verschiedenen Tischen bildeten.

Zu guter Letzt blieb noch der Tisch in der Ecke, an dem nur ein einzelner Junge saß und trübsinnig sein Gesicht in einem Lehrbuch vergrub. Er bemerkte Reel gar nicht, als der neben ihm stehen blieb, also musste er sich einmal auffordernd räuspern um seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

„Oh... Ähm... Entschuldigung.“ Reel stieß genervt die Luft aus und zog skeptisch die Augenbrauen hoch, während der Junge nach der Karte griff und ziellos darin rumsuchte.

„Soll ich nochmal wiederkommen, oder kriegst du´s auf die Reihe?“

„Ähm... Also ich... Einen schwarzen Tee. Bitte.“ Erneut wanderten Reels Augenbrauen gen Himmel.

„Earl Grey, Darjeeling, Assam, English Breakfast, Five O´Clock Tea?“ Von der unerwarteten Auswahl völlig überrumpelt, wanderten die braunen Augen des Jungen, der laut Reels Erinnerungen noch nie hier im Bittersweet gewesen war, hilflos durch die Karte.

„Keine Ahnung. Nimm irgendwas. Ich kenn´ mich damit nicht aus.“

„Offensichtlich.“
 

Während der Junge sein peinlich berührtes Gesicht wieder hinter dem Lehrbuch vergrub, begutachtete Reel die Tee-Dosen mit den verschiedenen Aufschriften. Wie konnte man denn gern schwarzen Tee trinken, aber die spezielle Sorte nicht kennen? Assam und Earl Grey schmeckten grundlegend verschieden, von Darjeeling mal ganz zu schweigen.

Woher sollte Reel denn bitte wissen, welchen davon der Junge mochte? Aber mit Earl Grey machte man eigentlich nie etwas falsch. Er hielt die entsprechende Dose schon in der Hand, da kam ihm ein Gedanke und er stellte sie doch wieder an ihren Platz, und nahm stattdessen eine andere viel kleinere Blechbüchse ohne Aufschrift aus dem Regal.

Tief atmete er den verführerischen Geruch ein, der ihm nach dem Öffnen des Deckels in die Nase stieg. Gewissenhaft füllte er ein blankpoliertes Teeei mit der Mischung und legte es auf den Untersetzer neben die Tasse, in die nun 80 Grad heißes Wasser ihren Weg fand.

Beides trug er anschließend an den Tisch des Jungen und stellte es ihm wortlos vor die Nase.

Beim Klacken der Untertasse auf die Tischplatte schreckte der Junge erneut aus seinem Trübsinn hoch und blickte Reel wie ein Häschen vor der Schlange an.

„Danke“, lächelte er unsicher zu ihm hoch, wandte sich dann aber schnell seiner Tasse zu und hängte das Teeei ins Wasser.
 

Mit einem neuen Exemplar für die Pinnwand in der Hosentasche blieb Reel kurz vor Ladenschluss erneut neben dem Tisch des einsamen Jungen stehen. Er war davon ausgegangen, dass er hier auf jemanden wartete oder irgendeiner Mitarbeiterin nachstellen wollte, aber der brünette Schüler saß nur an seinem Platz, machte Hausaufgaben, tippte immer wieder mal irgendwas an seinem Handy und lehnte jedes mal ab, wenn er oder Raven ihn fragten, ob er noch irgendwas anderes bestellen wolle.

Nun saß er schon seit Stunden vor seiner leeren Teetasse und blickte abwesend aus dem Fenster.

„Wir schließen gleich“, informierte ihn Reel und sofort wurde die Miene das Jungen noch düsterer, aber er nickte, kramte unbeholfen sein Portmonee heraus und bezahlte – genau passend.

Ohne ein weiteres Wort nahm Reel das Geld und die leere Tasse, und verschwand damit wieder hinterm Tresen.
 

Am nächsten Nachmittag wiederholte sich das Spiel. Der Junge kam etwas später als das laute Rudel ins Café und setzte sich wieder allein an den kleinen Tisch in der Ecke. Und wieder war es Reels Job ihn zu bedienen.

„Wieder Schwarztee unbekannter Sorte?“, fragte Reel mit einem schnippischen Unterton, aber die Miene das Jungen hellte sich dennoch merklich auf.

„Ja. Welche Sorte war das gestern? Die war gut.“ Kurz durchzuckte ein Blitz freudiger Überraschung Reels Körper, doch er verbarg ihn hinter einer eisernen Fassade.

„Hauseigene Mischung. Die ist immer etwas anders, also keine Garantien.“

„Das Risiko geh ich ein.“ Der Junge schenkte ihm ein derart offenherziges Lächeln, dass selbst Reel ein schwaches Schmunzeln nicht unterdrücken konnte und kurz belustigt die Luft ausstieß.

Beschwingt machte er sich wieder daran ein Teeei mit der Mischung zu füllen, die er zuvor während einer ruhigeren Tageszeit hier im Café zusammengestellt hatte.

„Was ist das denn da auf deinem Gesicht?“ Raven sah ihn überrascht an. „Ist das etwa... ein Lächeln?“ Raven war die einzige, die ihn mit solchen Sprüchen aufziehen durfte ohne Gefahr zu laufen sich einen dummen Spruch oder eine Faust einzufangen.

„Ach halt die Klappe.“ Und tatsächlich ließ sie ihn vorerst mit einem breiten Grinsen auf den Lippen in Ruhe und ging sichtlich belustigt ihrer Arbeit nach.



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