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Der Wächter

von

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Verbannung

Plötzlich gingen Blaulicht und Sirene an und der Mann am Steuer beschleunigte. Irritiert starrte der Beta auf das Auto. Dieses kam nun schlitternd vor ihnen zum Stehen. Charlie öffnete die Fahrertür und stieg rasch aus. Dann, bevor Jake wusste wie ihm geschah, zückte der Polizist seine Pistole, stützte sich mit den Armen auf der offenen Tür ab und zielte auf Isaak.

Dieser hatte die Hände bereits erhoben, bevor Bellas Vater auch nur „Hände hoch“ geschrien hatte. Der ältere Mann beäugte den Rotblonden misstrauisch. Dann sah er kurz zu Jacob und sagte vorsichtig: „Du brauchst keine Angst mehr zu haben.“

Wütend fixierte er den Wächter und schrie: „Keine falsche Bewegung.“ Mit ruhiger Stimme, als ob man mit einem kleinen verängstigten Kind reden würde, sprach er weiter: „Jake, komm zu mir. Du bist jetzt in Sicherheit.“

Anstelle dieser Aufforderung nachzukommen, stellte sich der Wolfsjunge in die Schussbahn und schnaubte: „Charlie, was soll der Scheiß? Steck die Waffe weg.“

„Jake“, rief Isaak mental. „Lass ihn seine Arbeit machen.“

Der Gestaltwandler runzelte die Stirn. Was war hier nur los?

„Geh da weg Junge, ich will dir doch nur helfen. Der Kerl hat keine Macht mehr über dich. Komm einfach zu mir, dann kann er dir nichts mehr antun“, versuchte der Sheriff die Situation zu klären.

Jetzt wurden Jake wütend und er fuhr den älteren Mann an: „Alter, Charlie, steck die scheiß Waffe weg und sag mir was zum Teufel hier los ist.“

Der Polizist verlor so langsam die Geduld und fuhr den jungen Black an: „Jake, mach keinen Mist. Dein Vater macht sich schreckliche Sorgen um dich. Geh endlich weg von diesem Verbrecher.“

„Dad?“, echote der Wolfsjunge entsetzt. Dann machte es Klick. Das hier ging also auf seines Vaters Konto. Vor Wut bebend ging er zwei Schritte auf Charlie zu. „Was hat mein Alter dir erzählt?“

Nun sah der Sheriff zum ersten Mal irritiert drein. Die Lage entwickelte sich nicht so wie erwartet. Langsam verzog er den Pistolenlauf, sodass dieser nicht länger auf den besten Freund seiner Tochter gerichtet war. „Billy war bei mir“, gestand er langsam und versuchte nun seine Position zu verändern, damit er den Schurken wieder ins Visier bekam.

„Weiter“, bellte ihn der Jüngling zu. Dieser bemerkte das Vorhaben des anderen und schnitt ihm abermals den Weg ab.

„Jake, lass ihn seine Arbeit machen. Geh zur Seite“, sagte der Wächter mit ruhiger Stimme.

„Am Arsch“, fuhr der Beta seinen Freund an. Mit großer Mühe schaffte er es sich etwas zu beruhigen. Er atmete einmal tief durch und offenbarte: „Charlie, was auch immer mein Alter dir erzählt hat, war eine Lüge.“

„Jake…“, setzte der Sheriff an, aber der Wolfsjunge hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen.

„Hat dir Billy erzählt, dass er mich rausgeworfen hat? Oder, dass er mich verbannen will? Geh und frag Sam; mein Alter hat all meine Sachen aus dem Haus geworfen und mich enterbt. Hat er das auch gesagt?“

Verständnislos starrte Charlie zu dem Jungen vor sich auf. „Nein“, stammelte er. Dann schüttelte er den Kopf und sagte mit fester Stimme: „Dein Vater liebt dich und macht sich schreckliche Sorgen um dich. Das ist die Wahrheit!“ Mit der Pistole deutete er auf den Rotblonden und sagte mitleidig: „Glaub nicht den Lügen dieses Schufts.“

„Dieser Schuft ist mein fester Freund“, knurrte Jake erbost. „Deswegen ist Dad ausgetickt. Wenn du mir nicht glaubst, dann geh, fahr zu meinem Vater und sieh dir mein Zimmer an, oder das was davon noch übriggeblieben ist.“

Charlie ließ die Waffe sinken. Mit mahlenden Zähnen fragte er: „Du bist schwul, Jake?“

„Nein“, maulte der Beta und fügte hinzu: „Rede mit Bella, die kann das besser erklären.“

In den Augen des Polizisten blitzte es und er hob erneut die Pistole. Mit vor Wut verzerrter Stimme schrie er Isaak an: „Wo ist meine Tochter, du Monster?“

„Bella und Edward sind im Haus der Cullens“, antwortete der Wächter höflich. „Wir sind eben erst zurückgekommen.“

Charlie runzelte die Stirn und sah zu Jake. Dieser nickte und bestätigte die Aussage seines Freundes. Dann setzt er nach: „Nimmst du nun endlich mal das Ding runter oder muss ich dir die Knarre abnehmen? Hör endlich auf damit auf meinen Freund zu zielen.“

„Zügel deine Worte junger Mann. Ich bin der Sheriff, vergiss das mal nicht“, moserte der Ältere, steckte aber die Waffe weg. Jake bemerkte dabei, dass die Pistole gar nicht entsichert war. Das war alles nur eine Finte von ihm gewesen. Er wollte dem Wächter Angst machen. Als ob dieser sich vor einer Pistole fürchten würde.

Jake verdrehte die Augen und sagte: „Gut, wenn du uns nun entschuldigst, ich muss meinem Alten die Leviten lesen. Geh zu Bella, sie wird sich freuen dich zu sehen, Charlie.“ Bei diesen Worten klopfte er dem anderen freundschaftlich auf die Schulter.

„Du kannst gehen wohin du willst Jake, aber…“, der Sheriff nickte zu dem Rotblonden: „Der kommt mit mir. Bis das geklärt ist kommt er in eine Zelle.“

„Das ist doch nicht dein Ernst, oder?“, regte sich der Beta auf und begann abermals zu beben.

„Jake, beruhig dich bitte. Der Sheriff macht nur seinen Job“, echote Isaak zum dritten Mal.

Mit einem seltsamen Blick betrachtete Charlie den Dritten im Bunde. Dieser hatte immer noch die Hände erhoben. „Jake“, begann Bellas Vater zu erklären: „Ich weiß nicht, was zwischen dir und Billy vorgefallen ist, aber er hat eine Anzeige wegen Kindesentführung erhoben.“

„Dann steht mein Wort gegen seins“, fuhr Jake wütend dazwischen.

Stirnrunzelnd legte der Sheriff die Lage dar: „Du bist erst 16 und somit nicht volljährig. Dein Wort wird in dieser Hinsicht nicht so stark ins Gewicht fallen. Wie ich schon sagte, dein Vater hat Anzeige erstattet. Das kann ich nicht einfach unter den Teppich kehren. Geh zu ihm und kläre das. Wenn Billy die Anzeige zurücknimmt, dann lasse ich deinen Freund sofort wieder frei.“

„Und wenn er das nicht tut?“

Der Ältere seufzte schwer und sagte: „Du bist Bellas bester Freund, Billy ist mein bester Freund. Du bringst mich in eine schwere Lage, Junge.“ Er zuckte mit der Schulter und lenkte ein: „Ich werde ihn erstmal 48 Stunden einsperren. Wenn sich bis dahin nicht alles geklärt hat, muss ich ihn dem Haftrichter vorführen. Dann liegt das nicht mehr in meiner Hand.“

„Dad wird niemals nachgeben. In seinen Augen bin ich eine abartige Missgeburt. Er wird alles tun, um mich von Isaak zu trennen. Charlie bitte“, flehte der Beta am Verzweifeln.

„Gesetz ist Gesetz“, blieb der Polizist eisern.

„Dann musst du mich auch einsperren“, bestimmte der Gestaltwandler leichthin und verschränkte die Arme vor der Brust.

Diesmal war es Isaak der antwortete: „Nein, du hältst dich da jetzt raus, Jake. Bitte mach es nicht noch schlimmer. Geh und rede mit deinem Vater.“

Wütend verengten sich die Augen des Betas und er knurrte: „Gut, dann reiße ich jetzt meinem Alten den Kopf ab.“

„Jake, was ist nur in dich gefahren?“, schimpfte Charlie, legte Isaak Handschellen an und presste ihm die Hände auf den Rücken. „Egal warum ihr euch in die Haare bekommen habt, Billy ist ein vernünftiger Mann. Du kannst bestimmt mit ihm reden.“

„Nicht, wenn es um Isaak geht“, konterte Jacob.

„Komm schon, Jake. Billy wird sich bestimmt wieder einkriegen. Ich nehme an er muss sich erst damit abfinden, dass du schwul bist. Dann ist es wieder so wie früher.“

„Nein, es wird nie wieder so wie früher. Alle die nicht normal sind, also hetero, werden verbannt, egal wer“, beschwerte sich der Jüngste der Runde.

„Das glaube ich nicht“, zweifelte Charlie. „Ich kenne Billy schon so lange und davon höre ich zum ersten Mal. Zugegeben, schwul sein wird bestimmt nicht allzu gut aufgenommen werden im Reservat, aber verbannen? Wo sind wir denn? Im Mittelalter? Es gelten immer noch die Gesetze des Staates Washington. Da kann sich auch dein Vater nicht darüber hinwegsetzen.“

„Dann geh und frag ihn“, knurrte der Beta und ihm kam eine Idee: „Lass uns gleich hinfahren. Soll er dir ins Gesicht sagen was er von mir hält, nur weil ich mit Isaak Se…“

„Zusammen bin“, unterbrach der Wächter den Wolfsjungen rasch.

Charlie sah von einem zum andern und schien einen Moment mit sich zu Ringen. Dann schüttelte er den Kopf und dirigierte den Rotblonden auf die Rückbank des Polizeiautos. „Nein, ich halte es für das Beste, wenn ihr euren Familiendisput unter euch regelt.“

Jake mahlte mit den Zähnen und wusste nicht, was er jetzt noch machen sollte. Er konnte ja schlecht den Vater seiner besten Freundin K.O. schlagen, zumal dieser ja auch noch ein Polizist war.

Mental meldete sich Isaak: „Alles gut, Wölfchen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Das wird sich sicher schnell klären. Ich werde die Zeit zum Meditieren nutzen und mir mal die Waffen der Vampire ansehen. Das ist eh schon längst überfällig. Es tut mir nur leid, dass wir heute wohl doch keine Zeit für uns mehr haben werden.“

„Ich reiße meinen Alten in Stücke“, donnerte der Wolfsjunge stumm zurück. Er sah noch zu, wie Charlie einstieg und zum Abschied winkte. Zornig verengte er die Augen und machte keine Anstalten die Geste zu erwidern.

Der Sheriff ließ den Kopf hängen und fuhr los. Einen Moment lang starrte der Gestaltwandler dem Auto hinterher, dann sprintete er los. Sich jetzt zu verwandeln war keine gute Idee. Er war so wütend, dass er nicht wusste ob er sich zügeln konnte, wenn er auf seinen Erzeuger traf.

Hals über Kopf rannte der Beta über die Landstraße und kam an einer uralten Bushaltestelle vorbei. Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich ein junger Mann mit einer Karte in beiden Händen auf. Da diese Haltestelle eher selten benutzt wird, hatte man einfach ein Schild an einem nahen Baum befestigt. Hinter eben jenem war er hervorgetreten.

Jake versuchte halbherzig auszuweichen, rempelte den anderen dennoch um. Dieser ging unsanft zu Boden. Der Beta hielt weder an, um dem Fremden aufzuhelfen, noch kam ein Wort der Entschuldigung über seine Lippen. Er hatte gerade andere Sorgen. Der Mann würde es schon überleben.

Das wütende: „Arschloch“ hinter sich ignorierte er gekonnt.

Dann bog er in die Seitenstraße nach La Push ein. Er rannte einige hundert Meter weit und kratzte nur knapp die Kurve. Da stand auf einmal Paul, nur in kurzen Shorts bekleidet, vor ihm. Scharf bremste Jake ab und runzelte die Stirn.

„Du hast hier nichts mehr zu suchen, verpiss dich, Schwuchtel“, keifte dieser sogleich.

„Du sagst mir nicht was ich zu tun und zu lassen habe. Geh aus dem Weg oder ich helfe nach“, knurrte der Beta und begann zu beben. Paul tat es ihm gleich. Beide sahen sich hasserfüllt an und waren kurz davor aufeinander loszugehen.

„Hört auf“, befahl Sam mit der Macht des Alphas. „Jake, ich sagte doch, du sollst dich fernhalten.“

Schnell öffnete der Beta die Verbindung zum Rudel und sagte hastig: „Sam, ich brauche deine Hilfe. Wo ist mein Alter? Ich muss sofort zu ihm.“

„Der Häuptling ist bei mir. Wir haben gerade eine Sitzung des Rates“, erklärte der Leitwolf. Dann mahnte er: „Dein Eindringen in unser Revier war ein Fehler, Jake.“

„Das ist mir gerade völlig egal. Ich muss sofort zu meinem Vater. Du wirst mich nicht aufhalten“, schnauzte Jacob zurück.

„Du wirst dich beugen“, knurrte Sam mit voller Kraft und ließ seinen Stellvertreter erzittern. „Es ist mir egal was du mit dem Häuptling zu klären hast. Ich entscheide, wer mein Revier betritt, und wer nicht.“

„Er hat Isaak wegen Kindesentführung angezeigt“, schrie der Beta zurück und versuchte sich zu wehren.

„Das hat der Fremde ja auch getan, oder etwa nicht? Ihr seid einfach abgehauen. Du hattest nicht die Erlaubnis deines Vaters zu gehen“, gab der Leitwolf zu bedenken. „Wie dem auch sei, die Entscheidung ist soeben gefallen. Dein Versuch in das Revier einzudringen war der letzte Tropfen.“

Die Stimme des Älteren wurde autoritär und er verkündete: „Der Rat verbannt Jacob Ephraim Black mit sofortiger Wirkung. Es ist dir nicht gestattet nach La Push zurückzukehren. Zudem bist du ab sofort kein Teil des Rudels mehr. Solltest du es erneut wagen unser Revier zu betreten, werden wir dich davonjagen.“

In dem Moment, als Sam diese Entscheidung offenbarte, erstarben alle anderen Stimmen in seinem Kopf. Jake war nicht länger ein Teil von ihnen und auch nicht mehr mit ihnen gedanklich verbunden.

Entsetzt stotterte der ehemalige Beta: „Die Verbindung - sie ist weg.“

Paul lächelte hämisch und sagte: „Das geschieht dir Recht, Abschaum. Und nun verpiss dich, Schwuchtel. Dich will keiner mehr hier haben.“

„Aber, ich muss doch zu meinem Vater“, stammelte Jake neben sich stehend.

„Da du kein Teil des Rudels mehr bist, kannst du uns nicht mehr hören“, stichelte der andere und setzte nach: „Sam sagt: Geh.“

Wut stieg in Jacob auf und er knurrte: „Ich kann dich immer noch unterwerfen.“

„Sam sagt: Lass es“, eröffnete Paul schadenfroh. „Wenn du mich angreifst, wird das als Angriff auf das Rudel angesehen. Die anderen sind schon auf dem Weg, Schwuchtel. Gegen alle kannst du nicht bestehen.“ Dann lachte er seinen einstigen Kameraden aus.

„Dich mach ich platt, du Arschloch“, stieß dieser hervor und machte einen Schritt auf seinen Widersacher zu. Paul hörte auf zu lachen und knurrte bedrohlich. Beide fixierten sich gegenseitig. Ihre Körper bebten und ein Kampf schien unausweichlich.

Plötzlich stieg ihnen ein Geruch in die Nase und sie wandten augenblicklich die Köpfe. Es roch nach einem der ihren, aber diese Fährte war ihnen nicht bekannt. Wer auch immer da kam, war ein Gestaltwandler, aber kein Mitglied des Rudels.

Um die Ecke trat der Mann von der Bushaltestelle und zuckte erschrocken zusammen. Die zwei Wolfsjungen starrten den Eindringling bösartig an, fletschten die Zähne und knurrten. Eingeschüchtert trat der Fremde einen Schritt zurück. Jake gab seine Drohgebärden auf und beäugte den Mann misstrauisch.

Er hatte dunkelbraunes Haar, so kurz, wie alle im Rudel es bevorzugten. Seine Haut war dunkel gebräunt und von einer leichten Kupfernote, aber er stammte eindeutig nicht aus dem Reservat. Dafür war sein Teint viel zu hell. Wenn, dann konnte er lediglich nur einen Elternteil aus dem Volk der Quileute haben. Zudem hatte er dieselbe Statur wie alle Wolfsjungen. Vom Alter her schien er aber nicht so jung wie sie alle. Er sah eher so alt aus wie Sam, auch, wenn sich das bei ihrem raschen Wachstum schwer sagen ließ.

Von der Körpergröße her würde er ihn ein unmerklich kleiner als sich selbst einordnen, aber größer als Isaak, also irgendwo dazwischen. Er trug ein schwarzes einfaches Shirt und ebenso schwarze Trainingshosen, mit einem weißen Streifen an den Seiten. Dazu kamen noch Sneakers, schwarz mit weißen Streifen und weiße Socken. Zudem hatte er auf dem Rücken einen schwer aussehenden Reiserucksack bei sich.

Die dunkelbraunen Augen waren vor Schreck geweitet, aber es lag noch etwas anderes in ihnen: Neugierde? Fakt war: Dieser Mann war ein Wolf, das konnten sie riechen, aber sie kannten ihn nicht.

„Wer bist du? Und was hast du hier zu suchen?“, fauchte Jacob den Fremden an.

„Ich bin Kamden. Kamden Hayes. Ich suche meinen Vater“, antwortet der Mann und betrachtete seinen Gesprächspartner genauer.

„Nicht nur du“, erwiderte Jake kryptisch.

„Warte mal, du bist doch der Wichser, der mich eben umgerannt hat?“, fuhr Kamden ihn an.

„Du warst eben zur falschen Zeit am falschen Ort.“ Der ehemalige Beta zuckte mit den Schultern. „Ich hatte es eilig“, erklärte er als ob das alles rechtfertigen würde.

„Ihr seid wohl alle weich in der Birne, oder was?“, meckerte der Neue und warf einen Blick auf den halbnackten zweiten Jungen.

Paul knurrte wütend und begann erneut zu beben: „Du riskierst ne ganz schön dicke Lippe. Du bist hier in unserem Revier.“

„Revier? Was seid ihr denn für Waldmenschen? Ich kann sagen was ich will und vor so einem Hosenscheißer wie dir habe ich keine Angst.“

Jake sah einen Augenblick zwischen den beiden hin und her. Dann seufzte er schwer und schnauzte Paul an: „Ruf Sam, du Spast.“ Schnell wandte er sich an Kamden und beachtete das wütende Knurren hinter ihm nicht weiter. „Ich geb dir einen gut gemeinten Rat: den Deppen hinter mir solltest du nicht ärgern, es sei denn du stehst auf Bisswunden. Der kann sich nämlich nicht zügeln.“

Anschließend ging er auf einen großen Stein am Wegesrand zu und begann sich auszuziehen.

„Warte mal“, fuhr Paul in an. „Wo willst du hin? Der da ist dein Job. Du kannst doch nicht einfach abhauen.“

Jake warf einen eiskalten Blick über die Schulter: „Schon vergessen, du Erbsenhirn? Ich bin nicht mehr im Rudel. Der Neue ist nicht mein Problem, sondern deins.“

Kamden starrte die beiden mit gerunzelter Stirn an. Wo war er den hier gelandet? Gebannt von der Szene vor sich hatte er nichts zu erwidern.

Jake stand nun im Adamskostüm da und drehte sich zu Paul. „Ich habe jetzt gerade keine Zeit, um mit dir zu spielen. Sag Sam: Die Sache ist noch nicht vorbei. So einfach wird mein Alter mich nicht los werden. Ich will keinen Stress mit dem Rudel, wenn ihr Billy aber nicht rausrückt, dann hole ich ihn mir“, warnte er und leitete die Transformation ein.

Der Neue zuckte zurück. Mit so etwas hatte er nicht gerechnet. Der eine Junge hatte sich in einen Wolf verwandelt, so wie auch er einer werden konnte. Offenbar war er hier richtig. Bevor er aber noch etwas sagen konnte, schnappte der rostbraune Wolf sich den Kleiderhaufen und rauschte davon.

Hinter sich konnte Jake hören, wie Paul dem Neuen befahl mitzukommen. Dieser wehrte sich und man hörte das Geräusch von reißender Kleidung. Was für Idioten, dachte er und achtete nicht auf den Wolfskampf hinter sich. Er musste so schnell wie möglich zu den Cullens. Diese mussten ihm einfach helfen. Er wusste so langsam nicht mehr weiter.
 

Erst kurz vor dem Haus der Blutsauger hielt er an, wurde wieder zum Menschen und zog sich seine Sachen an. Dabei stellte er fest, dass er seine Schuhe mitsamt der Socken verloren hatte. Er zuckte mit den Schultern. Barfuß zu laufen war er gewohnt und so trauerte er den Sachen nicht weiter hinterher. Kurz nahm er Kontakt zu Isaak auf, aber dieser meditierte immer noch. Das tat er seitdem Charlie ihn ins Auto gesetzt hatte.

Nun aber saß der Wächter in einer Zelle, beachtete diesen Umstand aber nicht. Er hatte genug zu tun und nutzte die Auszeit, um sich die Waffen anzusehen.

Jake knurrte verstimmt und trat zwischen den Bäumen hervor. Keiner der Vampire erwartete ihn und so ging er zur Eingangstür. Einfach in das Haus zu gehen schien ihm dann doch unpassend. Immerhin wollte er was von den Blutsaugern und konnte es sich nicht leisten, diese auch noch zu verärgern. Er ließ die Schultern hängen und klingelte brav. Kaum war der Ton verklungen, da stand auch schon Carlisle auf der anderen Seite und öffnete die Tür.

„Guten Abend, Jacob. Wir haben euch erst später erwartet“, sagte der Doktor und sah sich suchend um.

„Abend, Doc. Isaak ist nicht hier.“ Der Wolfsjunge seufzte schwer und sagte traurig: „Ich fürchte, ich brauche schon wieder eure Hilfe. Ich weiß nicht an wen ich mich sonst wenden soll.“

„Komm doch erstmal rein“, bat ihn der Vampir höflich wie immer hinein und machte Platz.

Esme tauchte im Türbogen zum Wohnzimmer auf und fragte: „Möchtest du etwas essen? Wir haben noch Reste von Bellas Abendessen.“

Sofort rumorte sein Magen, aber Jake antwortet schnell: „Vielen Dank, das ist sehr freundlich von dir Esme, aber ich muss ablehnen. Ich kann gerade nichts essen.“ Dann ging er in das schon vertraute Zimmer und ließ sich auf einen der Sessel fallen.

Alle Augen waren auf ihn gerichtet und er erklärte schnell: „Mein Vater hat Isaak wegen Kindesentführung angezeigt und Charlie hat ihn in eine Zelle gesteckt. Ich kann nicht mit meinem Alten reden. Der Rat hat mich verbannt und ich wurde aus dem Rudel geworfen. Zudem versteckt sich Billy im Reservat vor mir. Könnt ihr mir helfen?“

Auf diese Nachrichten herrschte einen Augenblick schweigen, dann begann Edward: „Wenn wir uns da einmischen, gibt es nur Ärger mit dem Rudel.“ Jake ließ den Kopf hängen, aber der Vampir redete einfach weiter: „Ruf John an. Er soll die Anwälte auf den Fall ansetzen.“

Der Wolfsjunge sah auf und stammelte: „Warum habe ich nicht daran gedacht?“ Schnell suchte er in den Hosentaschen nach dem Mobiltelefon. Ratlos schaute er auf und verkündete: „Hab mein Handy verloren.“

Nun war es der Blutsauger, der den Kopf hängen ließ und ihn dann schüttelte. „Du bist echt schlimm. Zum Glück habe ich mit sowas gerechnet und Johns Nummer in meinem gespeichert.“ Er reichte den Jüngeren sein Handy.

Schnell erklärte Jake dem Broker die Sachlage und dieser stellte eine Gruppenverbindung mit Isaaks persönlichem Anwalt Mr. Nolan her. Dieser löcherte seinen zweiten Boss mit einigen Fragen und machte sich nebenher Notizen. Alle hörten gespannt zu und nach knapp zehn Minuten war alles soweit geklärt.

Mr. Nolan meinte: „Sie sagten Ihr Vater hätte die Anzeige erstattet. Dürfte ich erfahren wie alt Sie sind, Sir?“

„Ich bin 16“, gestand der Wolfsjunge kleinlaut.

„Verstehe. Möchten Sie Gegenanzeige erstatten?“

„Nein, ich glaube nicht. Ich will nur, dass Isaak aus der Zelle rauskommt.“

Einen Augenblick wurde es still in der Leitung und dann erklärte Mr. Nolan: „Gut, Mr. Black. Ich werde mich sofort darum kümmern. Keine Sorge, in einer Stunde ist Mr. Wächter wieder ein freier Mann. Eines noch: Mr. Wächter ist mein Hauptmandant, nicht Sie. Sollte Mr. Wächter Schritte gegen Ihren werten Vater einleiten wollen, so werde ich alles Nötige veranlassen.

Zudem, sollte Mr. Billy Black auch weiterhin Probleme verursachen, können wir verschiedene Wege gehen. Zum Beispiel könnten wir Ihm das Sorgerecht entziehen und einen provisorischen Vormund einsetzen. Dann hat Ihr Vater keine Handhabe mehr über Sie. Denken Sie einfach darüber nach was Sie wünschen und ich werde versuchen dementsprechend zu handeln. Einen schönen Tag noch, Mr. Black.“

„Bye“, sagte Jake und legte auf. Er blinzelte zwei Mal. Seinem Vater das Sorgerecht für ihn entziehen? Das wäre wohl wirklich das Beste, bevor sein Alter sich etwas anderes einfallen lässt. Aber so einfach würde er seinen Vater nicht davonkommen lassen. Es war Zeit für einen Befreiungsschlag.

Ohne zu fragen, tippte er eine Nummer ins Handy und wartete. Es klingelte einige Male, dann wurde abgenommen.

„Wer ist da?“, fragte eine Frau.

„Ich bin es, dein kleiner Bruder Jacob. Wir müssen reden, es ist dringend“, begann der Wolfsjunge und erzählte Rachel anschließend alles was vorgefallen war. Einige Details musste er auslassen. Seine Schwester wusste nichts vom Rudel und so sollte es auch bleiben. Zudem sprach er mit keinem Wort das Thema Wächter an. Auch Isaaks Vermögen ließ er erst mal aus. Er stellte es so dar, dass er sich in einen Mann verliebt hatte, von der Prägung konnte er ja nicht erzählen und dass er lange gebraucht hatte sich diese Gefühle einzugestehen. Dann gab es Zoff mit Billy und die beiden hätten eine kleine Reise unternommen, um dem ganzen Stress und Dad erst mal zu entfliehen. Er erwähnte New York und sagte ihr, dass sie dort eine Woche gewesen waren. Dann erklärte er ihr, dass Billy Anzeige erstattet und Sheriff Swan Isaak eingesperrt hatte.

Nachdem seine letzten Worte verklungen waren, wurde es still. Seine ältere Schwester hatte ihn einfach reden lassen und nicht einmal versucht ihn zu unterbrechen.

Nach einer Weile flehte Jake schüchtern: „Rachel, sag doch bitte was.“ Er ließ die Schultern hängen und bereitete sich auf eine Ablehnung vor. „Wenn du nichts mehr mit mir zu tun haben willst, dann ist das in Ordnung. Ich wollte nur reinen Tisch machen, bevor Dad es dir erzählt.“

„Mach dich nicht lächerlich“, fauchte Rachel. „Ich suche gerade nach einem Flug.“

„Was meinst du damit?“, hakte der Wolfsjunge vorsichtig nach.

„Ich komme heim und reiße dem Alten den Arsch auf. Das meine ich damit.“

Er hörte das Tippen auf einer Tastatur und Rachel seufzte: „Gut, alles vorbereitet. Ich bin morgen früh um 9 Uhr am Flughafen in Seattle. Kannst du mich abholen? Ach verdammt, du hast ja noch kein eigenes Auto; gut dann leihe ich mir eines.“

Jake sah Edward bittend an. Dieser nickte und sagte leise: „Du kannst dir eines unserer Autos leihen.“ Dann grinste er fies und flüsterte: „Die Rechnung schicke ich dann an Turner Industries.“

Der Wolfsjunge verdrehte die Augen und versicherte seiner Schwester schnell: „Ne, musst du nicht, ich werde dich abholen.“

„Ok. Hast du schon mit Rebecca gesprochen?“

„Nein, die ist zu weit weg und ich habe ihre Nummer eh nicht im Kopf“, gab Jake zu.

„Gut, dann mache ich das. Ich muss jetzt noch ein paar E-Mails schreiben. Wir sehen uns morgen früh. Um 9 Uhr am Flughafen in Seattle, vergiss das nicht“, mahnte sie und tippe schon wieder.

„Hey, ich kann mir das merken“, beschwerte sich der Gestaltwandler.

„Na ich weiß nicht. Offenbar vergisst du auch, dass du zwei Schwestern hast und meldest dich nie bei denen. Also was erwartest du im Gegenzug von mir?“ Dann lachte sie und sagte noch schnell: „Bis morgen, Kleiner“, und legte auf.

Automatisch gab Jake Edward das Handy zurück. Er schüttelte lächelnd den Kopf und stand auf. Ihm war ein gewaltiger Stein von Herzen gefallen. Wenigstes seine Schwestern hielten noch zu ihm. Er war sich sicher, dass auch Rebecca ähnlich reagieren würden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Tomasu
2021-07-04T08:39:41+00:00 04.07.2021 10:39
so guten morgen erst mal ^^

in Sams und Billys Haut möchte ich jetzt nicht stecken. Sam muss sind daran halten was der Rat beschlließt aber Billy? na ich weiß nicht. seine Toöchter werden ihm schon das Leben zur hölle machen, zumindestens eine von ihnen, und da sie ncicht zum Rudel gehöhren wird entweder die Wahrheit heraus kommen oder eben gut geschifft werden.

ich überlege gerade wenn der Vormund für Jake sein könnte und mir fällt da nur Turner selbst ein. aber nicht sein Lebensgespiele.

Billy wird sich noch umsehen wenn der zweite Wolf schuwul ist ^^ und ich bin gespannt wer dieser neue halbwolf ist. ich lasse mich gerne überraschen

grüße TK
Antwort von:  Drachenlords
04.07.2021 11:05
Billy trägt selbst schuld. Rachtel wird bald da sein und dann wirds Lustig ^^

Nur zur Info: Kamden ist meine Erfindung. Der existiert in der Ursprungswelt nicht, wobei es theoretisch sein könnte ^^
PS: weist du eigentlich, dass du seit Wochen ein Kapitel hinterherhinkst? Habe heute Kapitel 56 hochgeladen ^^

LG
Drachenlords
Antwort von:  Tomasu
05.07.2021 04:44
oh das mit dem Hinterherhinken weiß ich leider nur zu genau. aber die Zeit unter der woche ist leider zu voll um nur mal ne Stunde mich in ruhe hinzusetzten um mich zu entspannen.
manchmal wünschte ich ich wäre etwas jünger, dann konnte ich noch länger ohne schlaf auskommen ^^

TK


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