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Der Wächter

von

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Höhenangst

Nach einer Weile funkelte es in Bellas Augen unheilvoll. Dann fixierte sie Jake und fragte: „Mein Füchslein?“

Augenblicklich gefroren die Gesichtszüge ihres besten Freundes. Dieser schaute wütend zu dem Vampir, der eine Unschuldsmiene aufgesetzt hatte. „Verräter“, knurrte Jake.

Edward ließ sich nicht ärgeren und zuckte mit den Schultern. Schnell machte die junge Dame wieder auf sich aufmerksam und hakte nach: „Warum Füchslein? Isaak wird doch auch zu einem Wolf. Den Sinn verstehe ich nicht.“

Hilfesuchend sah der Beta zu seinem Freund, aber dieser grinste nur und sagte: „Da hast du dich selbst reingeritten. Du brauchst mich gar nicht so anzusehen.“

Jake ließ die Schultern hängen. Bella würde nicht eher Ruhe geben, bis er ihr den Zusammenhang erklärt hatte. „Naja“, begann Jake und druckste ein wenig herum. „Sein Fell ist so rot verstehst du.“

„Weiter?“, grinste sie ihn wissbegierig an.

„Isaak hat schon was von einem Fuchs, bei den Dingen, die er immer abzieht.“

„Weiter?“

„Nichts weiter. Deshalb Füchslein.“

„Ok und wie lautet dein Kosenamen?“, fragte sie viel zu scharfsinnig nach.

„Ähm…“, stammelte der Beta und wurde leicht rot.

Sie wandte sich gespannt an den Wächter und versuchte es bei ihm mit einem Welpenblick.

„Keine Chance, Bella. Mich bekommst du nicht rum“, sagte der Rotblonde mit Nachdruck.

Sofort fixierte sie wieder den Gestaltwandler und flehte: „Jake, ach bitte. Sags mir. Ich sag dir doch auch immer alles.“

„Von deiner Hochzeit, und von deinem Wunsch ein Vampir zu werden, hast du mir auch nichts erzählt“, knurrte Jake ungehalten.

„Nicht vom Thema ablenken“, mahnte die junge Dame. „Das kommst später auch noch dran.“

„Später?“

„Ja, ich habe so viele Fragen. Also, dein Kosename?“, ließ sie einfach nicht locker.

„Versprichst du mir, mich nie so zu nennen und es auch nicht weiterzusagen?“, fragte der Beta zähneknirschend.

„Ja.“

„Du auch Edward. Sonst sage ich nichts“, verlangte Jake.

Der Vampir verdrehte die Augen und sagte: „Ich weiß echt nicht, was an Wölfchen so schlimm sein sollte.“

Entsetzt starrten ihn alle an.

„Ich habe euch heute Morgen auf dem Balkon gehört. Ich hatte die Balkontür aufgemacht, damit Bella frische Luft bekam“, offenbarte er. „Da habe ich eure Unterhaltung mitbekommen.“

Die beiden Männer wurden knallrot. In den blauen Augen des Wächters blitzte es plötzlich.

„Hey und du sagst mir nichts?“, beschwerte sich Bella aufgebracht.

Dann erklärte der Blutsauger und gestand gleichzeitig: „Es war intim. Um ehrlich zu sein, habe ich außerdem seit gestern in der Disco Angst, mich mit Isaak anzulegen. Als Blondie Jake in die Toilette gefolgt ist, war sein Gesichtsausdruck echt beängstigend. Ich hänge an meinem Leben. Ich will nicht von dir getrennt werden, mein Schatz.“

„Du solltest auch Angst haben“, knurre der Wolfsjunge ungehalten.

„Ich sage nichts“, versprach Edward.

Isaak beugte sich vor und flüsterte zuckersüß: „Wenn du Jake mit diesem Wissen weh tust, dann haben wir ein Problem miteinander.“

„Ich schwöre, ich sage nichts“, wiederholte der Vampir.

Bella musste einsehen, dass es gerade gefährlich wurde und sie wechselte schnell das Thema: „Wölfchen also. Liegt auf der Hand. Ich nehme mal an, die Verniedlichung darin gefällt dir nicht?“

„Ja“, gab der Gestaltwandler zu und ließ von ihrem Verloben ab.

„Ok. Weiter im Text…“

Anschließend bombardierte sie die beiden mit Fragen. Sie wollte unbedingt wissen, wieso Jake auf einmal so auf Isaak zuging. Auch versuchte Bella immer noch hinter das Geheimnis ihrer Zukunft zu kommen. Bei diesem Thema biss sie jedoch weiterhin auf Granit. Keiner von beiden wollte darüber sprechen. Irgendwann musste Bella einsehen, dass Jake noch nicht bereit war mit ihr zu reden. Sie wechselte das Thema und die Unterhaltung wurde sogleich entspannter.

Nach dem Mittagessen zogen sich Bella und Edward zu ihren Sitzen zurück. Mit wenigen Handgriffen verwandelte der Vampir diese in ein geräumiges Doppelbett und zog anschließend den Vorhang um ihre Areal zu.

Die beiden anderen starrten sich einen Augenblick tief in die Augen. Dann versuchten sie das Gleiche hinzubekommen. Leider hatte nur keiner von ihnen eine Ahnung, wie diese Transformation eingeleitet wurde und sie mussten am Ende sogar die Hilfe einer Flugbegleiterin in Anspruch nehmen.

Glücklich ließen sie sich dann auf das entstandene Bett sinken und Jake zog den Wächter in eine enge Umarmung. Sofort entstand ein angeregtes Zungenduell und beide spürten die Erregung des jeweils anderen.

Isaak eiste sich schließlich los, nachdem sie sich, wie die wilden Tiere, aneinander gerieben hatten. Jake grollte frustriert und änderte ihre Positionen. Schon lagen beide auf der Seite, Isaak mit dem Rücken zu ihm und gefangen im Klammergriff. So schliefen beide schließlich ein.

Nach einer Weile erwachte Isaak und löste sich von dem Wolfsjungen. Sie hatten lange geschlafen und das Flugzeug war bereits im Landeanflug. Mit Hilfe seines Charmes und ein wenig Magie schaffte er es die Flugbegleiterin davon zu überzeugen, Jake noch ein wenig schlafen zu lassen. Er wollte ihn erst wecken, wenn sie am Boden waren. Das schonte ihrer beiden Nerven und seinen Arm. Letzteren brauchte er noch.

Erst als sie im nächsten Flugzeug saßen, wieder erste Klasse, aber diesmal ohne Liegesitze, wurde der Wolfsjunge richtig wach, als sie starteten. Er krallte sich diesmal so fest an Isaak, dass dieser vor Schmerz zischte. Als der Beta ihn losließ, hatte er seinem Freund zwei Blutergüsse in Form seiner Hände beschert. Zudem hatte er ihm die Fingernägel tief ins Fleisch gerammt.

Jake machte sich entsetzliche Vorwürfe, aber Isaak besänftige ihn rasch. Keine Minute später war alles schon verheilt. Für die Landung redete der Wolfsjunge so lange auf den Wächter ein, bis dieser ihn in eine leichte Trance versetzte. Er klammerte sich zwar immer noch an ihm fest, hinterließ aber keine Abdrücke.

Als sie dann aber das Charterflugzeug sahen, wurde Jake kreideweiß. Es war nur eine winzige Maschine für lediglich zehn Passagiere. Isaak hatte große Mühe den Wolfsjungen in das Fluggerät zu bekommen und er musste ihn für den Start vollständig hypnotisieren, damit er nicht ausrastete.

Alles in allem war dieser Teil der Reise der Anstrengendste. Auf halber Strecke dann, vom internationalen Flughafen in Ulaanbaatar nach Dalandsadgad, schreckte Jake plötzlich hoch. Er durchbrach die Hypnose und riss die Augen erschrocken auf. Alarmiert starrten ihn die anderen an. Sie waren mit dem Piloten die einzigen an Bord. Isaak machte sich bereit, den Schwarzhaarigen mit Gewalt niederzuringen, bevor sie noch abstürzten.

Panik durchflutete die Verbindung und Jake warf den Kopf hin und her. Er begann zu zittern und schrie: „Alles ist grau!“

Bella und Edward starrten weiterhin den Wolfsjungen an und fragten sich, ob dieser einen Albtraum hatte. Der Wächter erbleichte hingegen und sprang ebenfalls auf die Beine. Er konzentrierte sich augenblicklich und sandte seinen Geist aus. Der Vampir spürte Gefahr und zog Bella an sich. Das Verhalten der beiden hatte nichts Gutes zu bedeuten.

Isaak suchte die nähere Umgebung ab. Dann fand er einen nebelhaften Umriss, der mit rasanter Geschwindigkeit auf sie zuschoss. Aber es war schon zu spät. Er hatte keine Zeit mehr einzugreifen. Er sah aus einem der Fenster und erblickte eine Langstreckenrakete. Sie war mit Magie getarnt worden und entzog sich seinem „wahren Blick“. Da traf diese auch schon auf die Bordwand.

Das Flugzeug explodierte und zerbrach in tausende Einzelteile. Unter dem Aufgebot all seiner Magie schaffte es der Wächter sie vor der Druckwelle, der Hitze und den herumfliegenden Teilen zu bewahren. Er hatte eine kugelförmige Barriere, um sie herum geschaffen. Der Pilot war zu weit weg und sofort tot. Sein Körper wurde zerrissen und fiel mit dem Flugzeugteilen Richtung Erde.

Die Sphäre wurde aus dem Flugzeug katapultiert und schwebten mitten in der Luft.

Die drei anderen purzelten übereinander, während Isaak die Kugel steuerte und dabei angestrengt versuchte, sie zu schützen. Panisch schrien Jake und Bella und klammerten sich an Edward fest. Dieser schien fassungslos und legte reflexartig je einen Arm um die beiden.

Der Wächter hatte keine Zeit sich um sie zu kümmern. Sie schweben zu lassen kostete ihn zu viel Kraft. „Edward“, schrie der Rotblonde und ließ die Gruppe schnell zu Boden sinken. „Federe den Sturz für Bella und Jake ab.“

Er zitterte am ganzen Körper. Seine Kräfte waren fast aufgebraucht und er konnte die Magie nicht mehr aufrechterhalten. Die Kugel verschwand und sie stürzten im freien Fall Richtung Boden. Der Vampir schaltete blitzschnell und machte sich bereit die Menschen zu schützen. Kurz bevor sie aufschlugen, warf er beide entgegengesetzt der Fallrichtung von sich.

Isaak konnte sich zwar nicht mehr bewegen, aber er griff nach Jakes Geist und übernahm die Kontrolle über dessen Körper. Schnell griff der er mit dem Körper des Wolfsjungen nach Bella und warf sie ein zweites Mal in die Höhe. Dann krachten alle auf den Boden. Edward und Isaak schlugen wie Bomben ein, während Jake, gesteuert durch den Wächter, sich mit den Beinen abfing und die schreiende Dame auffing. Das war zu viel für die Beinknochen des Betas und sie brachen mit einem lauten Knacken.

Der Wolfsjunge sackte zusammen und benutzte seinen Körper, um Bella vor Schaden zu bewahren. Dann ließ der Rotblonde kraftlos los. Jake schrie auf vor Schmerz, presste aber weiterhin seine beste Freundin an sich.

Diese kreischte sich die Seele aus dem Leib und zitterte am ganzen Körper. Aus einem Sandhügel kämpfte sich Edward hervor. Er hatte einen Arm eingebüßt, war aber ansonsten unverletzt geblieben. So schnell er konnte, entwand er Jake die Frau, und zog sie in eine Umarmung. Bella war unverletzt aber schrie immer noch.

Jake wurde kreidebleich und blendete seine Schmerzen aus. Er musste zu Isaak. Er drehte sich mit einem Schmerzensschrei auf den Bauch. Mit den Armen krabbelte er auf seinen Freund zu, welcher reglos in dem zweiten Krater lag.

„Bleib liegen, Jake“, mahnte der Wächter. „Mir geht es gut. Ich kann mich nur nicht mehr bewegen.“

Der Wolfsjunge ignoriert diese Aussage und kämpfte sich verbissen Zentimeter um Zentimeter weiter vor.

„Jake, lass das. Wir sind noch nicht außer Gefahr. Sieh dich um. Bitte, sieh dich um“, flehte der Rotblonde und diesmal zeigten seine Worte Wirkung.

Noch immer panisch sah sich Jake um und schrie entsetzt: „Immer noch alles grau.“

„Ihr müsst fliehen, schnell. Edward soll dich tragen. Bitte, flieht“, schrie Isaak mental.

„Edward nimm Bella und renn“, rief der Beta dem Vampir zu. Dieser fackelte nicht lange, hob seine Verlobte hoch und rannte so schnell er konnte davon. Jake sah ihnen kurz nach, dann kroch er weiter auf seinen Freund zu.

„Bitte Jake, geh weg von mir“, flehte Isaak und Tränen strömten ihm über das Gesicht. „Rette dich.“

„Nein“, erwiderte der Wolfsjunge und robbte weiter. „Ich verlasse dich nicht.“ Dann war er am Ende mit seiner Kraft. Schweißüberströmt versagten ihm seine Arme den Dienst. Frustriert schrie er auf und streckte sich seinem Freund entgegen. Die Distanz war einfach zu groß.

Isaaks Augen waren in den Himmel gerichtet. Er sah eine zweite Langstreckenrakete auf sie zuschießen. „Ich liebe dich, Jake“, sagte er und legte all seine Gefühl für den anderen in seine Stimme. Er konnte nichts mehr machen. Das würden sie nicht überleben.

„Ich liebe dich auch“, schrie Jake verzweifelt zurück und griff in seiner Panik nach Isaaks Geist. Er drang in dessen Bewusstsein ein und sah nun ebenfalls die Rakete auf sie zufliegen. Es gab keine Hoffnung mehr. Mental lagen sich die beiden in den Armen. Der Beta weinte bittere Tränen und presste sich an Isaak. Dieser streichelte sanft seinen Rücken und flüsterte ihm beruhigend zu.

Es blieben nur noch Sekunden. „Verzeih mir, mein Wölfchen“, sagte der Wächter. „Vielleicht sehen wir uns in einem anderen Leben wieder.“

„Nein“, jammerte Jake. „Ich will nicht, dass es so endet. Ich will nicht von dir getrennt werden.“

In einem letzten Anflug der Verbundenheit ließen beide vollständig alle geistigen Barrieren fallen. Sie küssten sich in dieser Gedankenwelt und versuchten sich so nahe wie nur möglich aneinander zu schmiegen, damit sie nicht getrennt werden konnten. Aber Seelen konnten nicht auf diese Art miteinander interagieren. Es war immer eine gewisse Distanz zwischen ihnen. Eine Kraft, welche die Seelen voneinander abgrenzte und sie als Ganzes zusammenhielt.

Unter Aufbringung all ihrer Willenskraft kämpften sie gemeinsam gegen diese letzte Barriere, welche sie immer noch zu trennen vermochte. Durch ihre Anstrengungen öffnete sich ein winziger Spalt zwischen ihnen. Beide quetschten sich durch diese Ritze und ihre Seelen berührten sich.

Genau an dieser Stelle blitze es plötzlich auf und eine gewaltige Menge an Energie wurde freigesetzt. Sie wurden auseinander katapultiert und ihre Verbindung schien zum Zerreißen gespannt. Einen Moment waren beide gebannt von dem was da geschah. Dann griff Isaak nach dieser neuen Kraft und sie durchdrang jede Zelle seines Körpers.

Er streckte in der Gedankenwelt, wie auch in der Realität, den Arm aus und setzte alles in Magie um. Die Rakete hielt nur einen Zentimeter vor seiner Handfläche an und wackelte wütend hin und her. Dann explodierte sie und alles wurde in rote Flammen getaucht. Abermals erschuf der Wächter einen schützenden Kokon um sie beide.

Weder Hitze, Feuer, noch die Druckwelle konnte seine Barriere durchdringen. Jake schaute sich ängstlich um. Um sie herum wütete ein Flammenmeer. Dieses schien einen eigenen Willen zu haben und verhielt sich nicht wie normales Feuer. Es erlosch nicht und versuchte immer wieder zu ihnen zu gelangen, als wäre dies der Sinn seiner Existenz.

Dann stand Isaak auf und sah auf seine Hände. Bei dieser Bewegung verschob sich das Schutzschild und machte ihm Platz. Die Explosion musste zurückweichen. Mit dem „wahren Blick“ sah er die gewaltige Kraft durch seine Adern strömen. Seine Magie war mit einem Schlag vollständig wiederhergestellt.

Er achtete nicht auf das Flammenmeer, welches immer noch wütete und versuchte sie zu verschlingen. Dann ging er zu Jake und legte ihm eine Hand auf den Kopf. Ein Schmerz durchzuckte den Wolfsjungen, als seine Knochen in die richtige Position zurückkehrten. Er war vollständig geheilt und auch seine Kräfte kehrten zurück. Sofort sprang er auf die Beine und zog Isaak in eine enge Umarmung. Auch der andere legte die Arme um den Mann vor sich und sie pressten sich aneinander.

„Geht es dir gut?“, fragte Jake und schluchzte vor Freude, da er seinen Freund nun doch noch erreicht hatte.

„Beruhige dich, Wölfchen. Alles ist ok. Ich werde dich beschützen. Immer“, sagte der Wächter. Anschließend hob er eine Hand und mit einer weiteren Druckwelle bereitete er dem Spuk ein Ende. Die Flammen stoben auseinander und erloschen unter seiner Energie. Er richtete den Blick in den Himmel und sah ein kleines fliegendes Auge, welches sie beobachtete.

Mit einem Satz sprang der Wächter mehrere hundert Meter empor und schnappte sich das Auge, welches zu entkommen versuchte. Kaum hatte er es berührt, da zerfiel es zu Sand. Dieser kurze Kontakt hatte jedoch ausgereicht, um Erkenntnis zu erlangen. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er Zugang zu den Gedanken des menschlichen Magiers. Doch dieser wich sofort zurück, bevor der Wächter ihn angreifen konnte.

Isaak ließ den Sand durch seine Finger gleiten und dachte nach.

Plötzlich schrie Jake: „Bring uns wieder auf den Boden zurück.“

Der Wächter sah zu seinem Freund. Welcher sich panisch an ihn klammerte und die Augen zusammenpresste. Sie schweben immer noch hoch oben in der Luft. Isaak grinst und sagte: „Hab keine Angst. Ich würde dich niemals fallen lassen.“

„Bring uns Runter“, wimmerte der Wolfsjunge und wagte es nicht die Augen zu öffnen. Sie waren immer noch im Geiste verbunden und durch die Augen seines Freundes sah er schon viel zu viel. Er hatte zwar keine Höhenangst, aber mehrere hundert Meter in der Luft zu schweben war zu viel für ihn. Er brauchte einfach Kontakt mit einem festen Untergrund.

Isaak drehte den Kopf seines Freunde zu sich und gab ihm einen harten Kuss. Der Beta verlor sich in diesem Kuss und hatte das Gefühl zu fallen. Dann berührten seine Füße wieder festen Boden.

Jake löste sich körperlich, wie auch geistig von dem Rotblonden, und ging auf alle Viere. „Endlich wieder fester Boden“, stöhnte er erleichtert, grub die Finger in den rauen Sand und presste auch die Stirn auf den festen Untergrund.

In jenem Moment, in dem sich ihre geistige Bindung löste, verschwand die Kraft ihrer Verschmelzung fast vollständig und Isaak stieß ein erschrecktes „Oh“ aus. Dann landete auf dem Hintern. Der Kraftentzug hatte ihn umgehauen. Nun besaß er kaum mehr Magie als vor dem Flugzeugabsturz.

Sofort klebte Jake an ihm und warf ihn vollends zu Boden. „Alles ok bei dir?“, fragte der Beta und presste sich an seine Brust.

„Geht schon. Mein Wölfchen ist nur etwas umwerfend“, scherzte der Wächter und streichelte den anderen beruhigend.

Für den Spruch bekam er eine Stoß in die Rippen.

„Uh… ich meinte übergriffig.“

Ein weitere Rippenstoß.

„Ich gebe auf. Gnade“, flehte Isaak und hob die Hände.

Jake verdrehte die Augen und stand auf. Anschließend zog er auch den anderen auf die Beine. Sie sahen sich tief in die Augen. Sie konnten nicht anders und umarmten sich. Sie klammerten sich aneinander und keiner von ihnen wollte jemals mehr loslassen.

Beide schlossen die Augen und sogen gierig den Geruch des anderen ein. Langsam beruhigten sie sich. Dann sagte Isaak: „Fürs erste sind wir außer Gefahr. Entschuldige, dass ich deinen Körper übernommen habe. Ich musste Bella retten und deinen Sturz abfangen.“

„Schon gut“, murmelte Jake und fügte hinzu: „Du hast uns alle gerettet, dafür danke ich dir.“

„Komm, lass uns nach den anderen sehen.“

„Ja. Wir sollten den Blutsauger einfangen, bevor er bis zum Nordpol rennt“, bestätigte der Beta.

Beide seufzten laut und gaben einander frei. Sofort schnappte sich Jake die Hand seines Freundes und drückte zu. Er brauchte das jetzt. Viel zu tief saß ihm noch der Schock in den Knochen. Mit einem prüfenden Blick stellte er fest, dass der Rotblonde nichts abbekommen hatte. Wären seine Klamotten nicht an einigen Stellen aufgerissen gewesen, niemand hätte geahnt, dass überhaupt etwas passiert war.

„Die beiden sind hinter der Düne da“, sagte Isaak und deutete auf einen Sandhügel. Jake sah dort hin und ließ dann den Blick schweifen. Offenbar waren sie mitten in einer Wüste. Überall um sie herum war nichts als Sand zu sehen. Strahlendes Sonnenlicht blendete ihn plötzlich und er spürte die Hitze um sie herum.

Genau in dem Moment streckte auch besagter Vampir den Kopf über den Kuppe und starrte die beiden verdattert an.

Isaak hob eine Hand und winkte ihn zu sich. Wenige Sekunden später waren die beiden anderen auch schon wieder bei ihnen.

Bella war immer noch kreidebleich, hatte aber mittlerweile aufgehört zu schreien. Edward glitzerte im strahlenden Sonnenlicht wie ein Kristall mit unendlich vielen Fassetten.

„Hast du eine Ahnung wo dein Arm abgeblieben ist?“, fragte der Wächter und sah sich suchend um.

Erst jetzt bemerkte Jake, dass da was fehlte und er wurde erneut leicht blass. Er konnte den Vampir zwar immer noch nicht wirklich ausstehen, aber er hatte Bella und ihm das Leben gerettet, indem er sie hochgeschleudert hatte. Andernfalls wären die beiden Menschen jetzt nur noch unförmige Klumpen am Boden.

Edward sah zu dem Krater, der durch seine Landung entstanden war und sagte: „Er müsste hier irgendwo in er Nähe sein. Oder er ist verbrannt bei dieser Explosion.“ Der Blutsauger schüttelte den Kopf und seine nächsten Fragen sprudelten nur so aus ihm heraus: „Wie habt ihr das überlebt? Was war das für ein seltsames Feuer? Wo kommt die Rakete her? Wer hat uns da angegriffen? Warum…“

Weiter kam er nicht, weil Isaak ihm einem Finger auf die Lippen legte und sagte: „Ich muss erst über alles nachdenken und es gibt gerade Wichtigeres.“ Dann zog er seine Hand zurück und legte diese auf Bellas Kopf.

Kurz konzentrierte sich Isaak und drang in die Gedanken der jungen Dame ein. Er nahm ihr die Angst und löste ihren Verstand aus der Starre. Bella blinzelte und klammerte sich an Edward. Dieser war einen Augenblick perplex. Dann schob er sie eine Armlänge von sich und sah sie eindringlich an. „Geht es dir gut Schatz?“

„Ich glaube schon. Isaak hat mir offenbar meine Angst genommen“, sagte sie und strahlte ihren Verlobten an. Aber an diesem Bild stimmte etwas nicht. Seine Kleidung hatte einiges abbekommen und war an einigen Stellen aufgerissen. Seine Haut war makellos, wie immer. Ihre Gesichtszüge entglitten ihr, als sie auf die Stelle sah, wo ein Arm fehlte.

„Oh Gott“, begann sie und bekam eine leichte, fast zärtliche Kopfnuss vom Wächter.

„Bleib ruhig. Meine Magie ist begrenzt. Ich kann nicht andauernd in deinen Kopf eindringen und wieder alles in Ordnung bringen.“

Augenblicklich hatte der Rotblonde auch schon eine Hand an der Kehle und ein wutschnaubender, schwarzäugiger Vampir fauchte ihn an. Dafür bekam der Blutsauger ebenfalls eine Kopfnuss. Bei ihm setzte er allerdings so viel Kraft ein, dass dieser in die Knie ging und sich schmerzerfüllt den Kopf rieb.

Dann wandte er sich wieder an die schockierte Frau und sagte beruhigend: „Edward wird wieder. Er ist ein Vampir. Den Arm können wir einfach wieder anbringen.“

„Du hast ihn geschlagen?“, schrie Bella den Mann an und hob drohend die Fäuste.

„Wäre es dir lieber gewesen, ich hätte ihm auch den zweiten Arm abgeschlagen? Du vergisst meine Warnung“, tadelte der Wächter.

Sie verstand nur Bahnhof und schüttelte ungläubig den Kopf. Ihr Freund, welcher sich wieder beruhigt hatte, erklärte: „Nachdem er deine Hand geheilt hat, bei uns zu Hause, bevor wir Jake eingefangen hatten, da hat er uns doch gedroht: Ich bin nicht hier, um zu kämpfen, aber der Nächste, der meint mich begrapschen zu müssen, wird das bereuen. Seid gewarnt!“

„Ja, genau das meinte ich. Ich stehe zu meinem Wort“, grinste der Rotblonde heimtückisch. Dann, als wäre nichts gewesen, streckte er Edward die Hand entgegen und dieser ließ sich hochziehen. Er grinste den Blutsauger frech an und verkündete: „Schade, dass Vampire keine Beulen bekommen können. Dann hättest du wenigstes ein Andenken für deinen Fehler.“

Edward verengte die Augen, sagte aber nichts dazu. In dem Moment tauchte Jake neben ihnen auf und hielt, weit von sich gestreckt, den verlorenen Arm. „Der bewegt sich ja noch“, sagte er angewidert.

Der Beta hielt Edward dessen zappelnde Gliedmaße entgegen. Dieser nahm den Arm und leckte über die Bruchstelle.

„Boar ist das abartig. Ich kotz gleich“, beschwerte sich Jake und wandte sich rasch ab.

„Das Vampirgift im Speichel ist ein gutes Bindemittel und eignet sich hervorragend, um verlorene Glieder wieder anzubringen“, erklärte Isaak und sah dem Vampir interessiert zu.

Als alles mit seinem Gift durchtränkt war, drückte er sich den Arm auf die Bruchstelle an seiner Schulter. Es knirschte laut. Zudem hörte seine gesamte Haut augenblicklich auf zu glitzern. Die magische Armkette hing immer noch an dem abgetrennten Arm.

„Ok, das ist mir echt zu viel“, gestand Jake, der kurz hingesehen hatte. Dann musste er würgen und übergab sich.

Auch Bella drehte sich der Magen um, aber sie konnte den Blick einfach nicht abwenden. Edward hingegen drehte noch ein wenig am Arm, bis er die richtige Position hatte. Dann ließ er los und sah auf seine leblosen Finger. Der Zeigefinger zuckte ein winziges bisschen. Er nickte und sagte: „In einer Stunde ist alles wieder beim Alten.“

„So lange habe ich nicht vor zu warten“, erklärte Isaak und trat vor. Er legte eine Hand auf die Bruchstelle und Edward zischte vor Schmerz, als sich alle Nervenbahnen miteinander verbanden.

Ungläubig hob er den Arm ein wenig. Er öffnete und schloss die Finger.

„Normalerweise, sagte man danke“, beschwerte sich der Wächter mit einem Grinsen. Sein Blick lag allerdings auf Jake. Sofort war er bei diesem und tätschelte ihm mitfühlend den Rücken.

Nachdem der Wolfsjunge seinen gesamten Mageninhalt losgeworden war spuckte er in den heißen Sand und sah unglücklich auf: „Du hast nicht zufällig etwas Wasser dabei?“

Isaak grinste und stand auf. Er lief einen Meter weit weg, ging in die Knie und legte eine Hand auf den Boden. Dann konzentrierte er sich und unter seinen Fingern sprudelte auf einmal Wasser hervor. Dieses sammelte sich zu einer kleinen Pfütze.

„Bitte schön“, sagte der Wächter und atmete schwer. „Spül dir den Mund aus und dann trink. Du auch, Bella. Wir sind mitten in der Wüste ihr beide braucht Wasser, damit ihr nicht austrocknet.“

Jake ließ seiner besten Freundin den Vortritt, welche von dem Vampir quasi gezwungen wurde zu trinken. Dann bediente sich auch der Beta. Durch ihre Verbindung spürte er wie anstrengend es für Isaak war, das Wasser aus dem Boden zu ziehen und er verschwendete möglichst wenig davon.

Bella hatte sich mittlerweile wieder gefangen und fragte mit zittriger Stimme: „Was war das gerade? Wie haben wir das überlebt? Warum…“

Isaak ließ seine Magie verebben und hob die Hand, damit die Frau schwieg. „Später.“ Er sah nachdenklich in die sengende Sonne, während die Pfütze im Sand austrocknete. Es war erst Morgen und die Temperatur um sie herum würde rasch steigen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Tomasu
2021-03-22T09:50:19+00:00 22.03.2021 10:50
Ok nach dem Abschuß würde ich nicht mal ein Spielzeugflugzeug in meiner nähe haben wollen.

das mit der verbundenen Energie finde ich spannend. "Mehr als die summer der Teile"

dem menschliem Magier würde ich gerne mal auf die Finger schlagen, bin immer mehr gespannt wer er typ ist


grüße TK
Antwort von:  Drachenlords
28.03.2021 10:15
Huhu,
so im nächsten Kapitel (habe es gerade hochgeladen) erfährst du wer der Magier ist.

Ja klein Jake mag nun Flugzeuge noch weniger. Ich glaube so einfach bekommst du den nicht mehr in so ein gefährliches Ding. Der kleine Wolf benötigt eben Auslauf. Aber keine Sorge nun geht es weiter zu den Außenposten. Fürs erste sind die vier dort in Sicherheit.

LG


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