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Du mußt weitermachen, John!

von

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Sekunden der Ohnmacht

Ein wenig verwirrt, da die Türglocke ihn so aus einen Gedanken gerissen hatte, stand er auf und ging zur Wohnungstür. Da Mrs. Hudson nicht da war, die normalerweise unten die Haustür öffnen würde, musste er selber die Treppe hinunter laufen.

Als er vor der Tür stand, ging ihm durch den Kopf, wie leichtsinnig das doch gerade war. Er war alleine im Hause. Vielleicht sollte er beim nächsten Male seine Waffe dabei haben ...

Nun, erst einmal schaute er durch den Türspion und sah ... nichts.

Scheinbar stand niemand davor.
 

John zögerte. Er war nicht auf den Kopf gefallen, natürlich konnte jemand, der böses im Schilde führte, sich so stellen, dass er durch den Spion nicht zu sehen war, und dann, wenn die Tür geöffnet worden wäre, über ihn herfallen.

Also drehte er um, lief hinauf in sein Schlafzimmer und öffnete die kleine Schublade, in der sich seine alte Militärwaffe befand. Er wog sie kurz unschlüssig in der Hand, doch dann steckt er sie in seinen Hosenbund und streifte seinen Pullover drüber.
 

Unten wieder vor der Tür angekommen, fiel ihm ein, dass sie ihm so auch nichts nützen würde und nahm sie wieder in die Hand. Die ganze Situation verunsicherte ihn zutiefst, und das, obwohl er immer noch im Herzen Soldat war und weiß Gott schon wesentlich gefährlichere und dramatischere Situationen erlebt hatte. Aber einem offen Feind auf dem Schlachtfeld gegenüber zu treten war einfach etwas anderes als diese Sorge vor dem versteckten Gegner.

Nun, jedenfalls war John vieles, aber kein Feigling und so öffnete er die Tür zur Straße, trat hinaus mit der Waffe in der Hand und sah sich um.
 

Niemand war zu sehen.

John schüttelte den Kopf und trat zurück ins Haus.

Was zum Teufel ... ?

Hatte er sich das Türleuten vielleicht nur eingebildet? Du liebe Güte, ein bisschen begann er zu befürchten, dass er so langsam anfing, komplett durchzudrehen.

Vielleicht ... nun vielleicht sollte er doch wieder einmal seine Psychologin aufsuchen ... nicht, dass er wirklich glaubte, dass es ihm viel nützen würde.

Also schloss er erst einmal die Tür und ging zurück ins Haus.
 

Langsam schritt er die Treppe hoch. Seine Gedanken schweiften ab. Ja, er machte sich wirklich Sorgen um seinen Geisteszustand. Es war einfach alles zu viel, und Sherlock fehlte ihm.

Verdammt, er fehlte ihm so sehr!

John spürte, wie sich seine Augen mit Tränen füllten.
 

Er betrat sein Wohnzimmer, ging zu dem Sessel, der schon immer, von Anfang an, seit er hier wohnte, „sein Sessel“ gewesen war.

Wie oft hatte er hier gesessen und seinem verrückten Genie beim Violinspiel zugehört.

Er setzte sich, zog die Beine an, schlang die Arme darum und hing seinen Erinnerungen nach.
 

Plötzlich hörte er ...

Er hörte einen Schlüssel in der Wohnungstür und wandte erschrocken seinen Blick in diese Richtung.

Jedes Haar in seinem Nacken stellte sich sofort auf, sein ganzer Körper stand unter Spannung, zum Kampf oder zur Flucht bereit, während seine Hand nach der Waffe griff.

Das Schloss drehte sich und langsam wurde die Tür aufgeschoben.
 

Jemand trat in den Raum, und zu Johns größter Überraschung stand vor ihm ein Mann, mit dem er in keinster Weise gerechnet hatte.

Ein langer eleganter Belstaff- Mantel.

Ein Kopf voller wilder, schwarzer Locken.
 

Sherlock.
 

„Sherlock? Sherlock...!“, schrie John, während ihm seine Sig Sauer aus der Hand fiel und laut krachend auf dem Boden aufschlug.

Seine Knie zitterten, seine Stimme versagte.

Und noch bevor er die Lage weiter erfassen konnte, schwanden ihm die Sinne, und er sank zu Boden.
 

Als John wieder zu sich kam, lag er an der selben Stelle auf dem Teppich und eine Gestalt hockte neben ihm.

Eine hohe, schlanke Gestalt, allerdings jetzt zusammengesunken, auf Knien neben ihm.

John wagte zuerst nicht, die Augen zu erheben, er zögerte, doch dann tat er es doch.

Die Gestalt neben ihm war tatsächlich Sherlock.

Er hatte also nicht geträumt.
 

. . .
 

Oder?

Sherlock sagte nichts. Kein Wort.

Er berührte John nicht, er schaute nur mit großen ängstlichen Augen, und dann, als John sich aufsetzte, sich die Schläfen rieb und sagte: „Keine Sorge, es geht mir gut“, mit deutlicher Erleichterung im Blick.
 

Was zum Teufel war hier los? John versuchte, die Situation irgendwie zu erfassen und zu ordnen. Doch er wusste einfach nicht, was mit ihm geschah.

Das war Sherlock, der hier nun neben ihm stand.

Das war er doch, oder?

Vorsichtig streckte er die Hand aus, um den Mann vor ihm zu berühren, doch der schüttelte, noch immer schweigend, den Kopf, machte aber mit den Händen ganz eindeutig eine abwehrende Geste.

„Gut, ich fasse dich nicht an, wenn du das nicht willst“, sagte John und wurde sich noch einmal heftig bewusst, was er hier tat: er sprach mit jemandem, der eigentlich gar nicht hier sein konnte, der doch tot war ...

Und dann wurde ihm die Sache klar.
 

Das hier war nicht Sherlock. Nicht wirklich.

Es war nur Johns Hirngespinst.

John erinnerte sich: Die Schockphase, in der man glaubte den Verstorbenen zu sehen.

Die ungesunde Art zu trauern.

Die Tatsache, dass er diese Phase wohl ganz augenscheinlich noch lange nicht überwunden hatte.
 

Sherlock war tot, daran gab es nichts zu deuteln.

Und er, John, schnappte ganz offenbar über.

Er holte tief Luft, versuchte, die Tränen zurückzudrängen und schaffte es doch nicht.
 

Weinend brach er auf dem Boden zusammen.



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