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Priester und Mörder

von

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Reue und Verlangen

Castus rannte, solange bis das Brennen an seinem Handgelenk nachließ. Er sah kaum etwas um sich herum. Davongerannt vor einem Dämon. Beschämend und erbärmlich. Wenn es nur um ihn gegangen wäre, hätte er bis zum Ende gekämpft. Doch Eros hatte nichts mit all dem zu tun. Er war zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.
 

Der Blick des Attentäters hatte Castus ganz eindeutig gezeigt, dass der andere Mann ihn nicht zurückgelassen hätte. Wieso auch immer. Er war der festen Überzeugung, dass Eros ihn verabscheute. Und doch hatte er ihm geholfen.
 

Aber der Attentäter wusste nichts über Dämonen. Er kannte ihre Schwächen nicht und selbst Castus war was diese Kreatur anging ratlos. Silber war normalerweise wirksam gegen die Mächte der Finsternis, doch dieses Wesen hatte seinen Angriff abgewehrt, noch dazu, hatte es ihn gelähmt und die Sense schien ebenfalls gefährliche Kräfte zu besitzen. Der Teil seiner Robe der mit dem Holz in Berührung gekommen war, hing noch immer verwittert herab. Fast so, als hätte dieses Stück Stoff jahrelang in einem Sarg gelegen.
 

Wäre er nicht davongerannt, so wäre er in jener Nacht gestorben, daran bestand für Castus keinerlei Zweifel. Und er wäre dazu bereit gewesen. Doch in diesem Fall wäre auch Eros gestorben, durch seine Schuld. Wenn er jemand anders sinnlos opferte, jemanden, der nicht von einem Dämon besessen war, so wäre er Gottes Gnade nicht wert.
 

So wahnhaft, so versessen. Wir sollten besser feiern, dass wir noch am Leben sind.
 

Nicht schon wieder Cartan. Seine eigene Verdorbenheit würde wohl niemals weichen. Er keuchte und hielt inne und mit ihm Eros.
 

Die Augen des Attentäters betrachteten ihn aufmerksam. Castus mochte diesen Blick nicht. Es fehlte die übliche Arroganz. Wenn Eros ihn direkt und ohne ein hasserfülltes Funkeln in den Augen ansah, dann stimmte etwas nicht.
 

„Dieses Wesen ist einer der Dämonen die du jagst“, stellte Eros fest. Einer Frage bedurfte es nicht. Wer ein solches Monster mit eigenen Augen sah, konnte nicht länger zweifeln.
 

„Ich habe schon viele Kreaturen gesehen. Jede ist anders. Jeder Dämon hat besondere Kräfte. Das Schwierige an diesem Fall ist, dass auch Relia Florant eine mächtige Gabe hat. Sie hat mich dazu gebracht zu zögern, hat meine Gefühle gegen mich gewendet.“
 

„Warum bist du plötzlich weggerannt? Ich meine das war das einzig richtige, aber du schienst nicht sehr gewillt zu fliehen.“
 

Castus schüttelte den Kopf.
 

„Was wolltest du überhaupt an diesem Ort? Verfolgst du mich? Hast du nicht schon genug getan?“
 

Eros grinste. „Dir habe ich doch gar nichts getan, ich dachte, ich hätte mit Cartan gespielt.“
 

Er fühlte Hitze in seine Wangen aufsteigen. Als wäre er ein junges Mädchen. Was war nur los mit ihm?
 

„Cartan ist tot. All das geht dich nichts an. Ich musste den Dämon entkommen lassen, um dich zu schützen. Weil du trotz allem nur ein Mensch bist. Würdest du mich nicht ständig verfolgen und in Frage stellen, so hätte ich ehrenhaft gekämpft.“
 

„Und wärst gestorben“, zischte Eros kalt.
 

„Das ist das Schicksal, dass mich erwartet.“
 

Eros packte ihm am Kragen und sah ihm fest in die Augen.
 

„Weißt du, auch ich bin bereit für meine Ziele zu sterben. Aber deshalb will ich mich nicht sinnlos opfern. Wenn ich einen Gegner nicht verstehe, dann brauche ich Informationen. Und in diesem Fall lasse ich nicht zu, dass du Relia verbrennst oder köpfst. Sie mag besessen sein, vielleicht, ja, aber sie ist ein guter Mensch. Wir werden sie retten.“
 

Castus schüttelte den Kopf. „Man kann sie nicht mehr retten. Sie hat ihre Seele verkauft. Das Wesen ist dabei sie einzunehmen. Von ihr wird nichts übrigbleiben. Das eine Gefühl, die Todsünde, die den Dämon antreibt, wird sich ihrer bemächtigen und sie verzehren.“
 

„Ich glaube die Kirche lügt. Sie benutzen dich. Ich habe gesehen das es Monster gibt. Das kann ich nicht leugnen. Doch du hast eine gespaltene Persönlichkeit und nachdem was Cartan mir erzählte scheint das heilige Wasser daran nicht unschuldig zu sein.“
 

„Hör auf, ich will nichts mehr hören.“
 

Castus hatte den Blick abgewandt, doch er fühlte wie Eros ihn zurückdrängte, bis er eine Hauswand in seinem Rücken fühlte. Sein Herz schlug schnell und ein Teil von ihm wollte die Aufregung noch einmal fühlen. Die Schmerzen und die Lust. Waren das seine Gedanken oder die von Cartan?
 

Wir sind eins. All meine Gelüste sind auch ein Teil von dir. Eros hat Recht, wir sollten uns der Kirche nicht vollends unterwerfen. Wir sollten endlich wieder leben.
 

Wenn Castus gänzlich ehrlich war, dann wollte er einfach nur vergessen. Er hatte versagt. Der Dämon würde erneut töten. Die Erinnerungen waren plötzlich so klar, fast als wären es nicht Cartans, sondern seine eigenen. Die Schmerzen, als Eros ihn mit einer Zange bearbeitet hatte. Die Seile, die seine Haut reizten. Es hatte ihn vergessen lassen.
 

Er sah auf in Eros dunkle Augen. Spiegelten sie Verwirrung wider oder Verlangen?
 

„Ich habe aber noch nicht genug gehört“, verkündete Eros. Er kam dem Priester viel zu nahe. Ihre Körper waren aneinandergepresst und so sehr Castus es wollte, er vermochte es nicht, sich dagegen zu wehren. Sein Körper genoss es.
 

Endlich kommen wir voran. Lass dich darauf ein. Ein Abenteuer, etwas Neues.
 

„Was willst du von mir, Eros?“
 

Der andere Mann betrachtete ihn unschlüssig. Die Fassade bröckelte. Castus wusste nicht mehr was er von Eros halten sollte, was er glauben sollte. Wenn es dem Attentäter wirklich nur um Gold gehen würde, dann hätte er keinerlei Grund ihn in Frage zu stellen. Es könnte ihm egal sein. Noch dazu wollte Eros Relia retten. Auch Castus wünschte sich eine Möglichkeit zur Erlösung, ohne Blut und Tod, doch bisher hatte er sie nicht finden können.
 

„Ich habe die ganze Zeit nach der Wahrheit gesucht. Aber ich glaube zu verstehen, dass Castus Wahrheit tatsächlich Dämonen sind. Cartan, ich weiß nicht, woran er glaubt, vielleicht Freiheit. Aber ich will die Geheimnisse aufdecken, die die Kirche verbirgt. Ich wette, sie kennen einen Weg Relia zu retten. Ich glaube der Edelstein hängt mit allem zusammen, vielleicht ist er mit einem Zauber belegt, der dieses Wesen erschaffen hat oder kontrolliert. Oder andersrum, das Wesen kontrolliert Relia. Sie hat sich erst verändert, nachdem ich ihr den Edelstein brachte.“
 

Castus schüttelte den Kopf. Also hatte Eros einen der Edelsteine zurückbehalten, in jener Nacht, als er Marie getötet hatte. Der Attentäter wusste mittlerweile viel zu viel. Und er war unvorsichtig. Die Mächte der Finsternis nicht ernst zu nehmen war keine gute Idee.
 

„Ich habe Pater Mechalis mehrfach gefragt, ob es einen anderen Weg gibt, ich habe alle Schriften in der Kirche studiert. Nichts. Wer seine Seele verkauft hat, ist verloren.“
 

Eros schloss einen Moment die Augen. Er hatte Castus Handgelenke umfasst, um ihn zurückzudrängen, doch nun wurde der Griff fast schmerzhaft. Offenbar bedeutete die Magierin Eros etwas. Er war nicht so kaltherzig wie Castus immer gedacht hatte.
 

„Ich wünschte auch, dass es einen anderen Weg gäbe. Ich hasse das Blut und den Tod.“
 

„Cartan könnte vielleicht etwas herausfinden. Er sieht aus wie du, er kann in der Kirche ein- und ausgehen.“
 

„Lass mich sofort los“, verlangte Castus und sah Eros kalt entgegen. All diese verwirrenden Gefühle, und erneut dreiste und respektlose Worte. Cartan gab es nicht mehr. Genauso gut, könnte Eros ihn fragen, ob er seine Seele verkaufen wollte. Wenn er bewusst die Kontrolle abgeben würde, dann wäre er verloren. Cartan würde in sein altes sündhaftes Leben zurückkehren.
 

„Warum hasst du Cartan so sehr? Ist er nicht deine Vergangenheit?“
 

Er versuchte Eros von sich zu drängen, doch der andere Mann drückte sich wieder stärker gegen ihn. Nur um dann mit einer Hand von ihm abzulassen. Castus beobachtete verwirrt, wie Eros eine Ampulle aus seinem Mantel zog und sich ein paar Tropfen in den Mund träufelte. Dann ging alles ganz schnell.
 

Eros lehnte sich vor und Castus fühlte die rauen Lippen des anderen Mannes erneut auf den Seinen. Wieso ließ er es zu?
 

Sind wir über diesen Punkt nicht längst hinaus? Du stehst einfach auf Machtspielchen. Genieße es.
 

Auch, wenn Wut in ihm aufwallte, er konnte nicht länger aufrichtig behaupten, dass ihm die Situation missfiel. Er mochte es, dass Eros sich an ihn presste, er mochte die raue und dominante Art des Anderen. Sie ließ ihn vergessen, welche Last auf seinen Schultern ruhte. Aber das war nicht gut. Er war dabei sich seiner Schwäche hinzugeben.
 

Als Eros mit seiner Zunge über Castus Lippen strich, zuckte der Priester zusammen und stöhnte erschrocken auf. Das nutzte der Attentäter augenblicklich aus. Er eroberte Castus Mund. Nicht unbedingt zärtlich. Er fühlte, dass Eros, was auch immer er zuvor getrunken hatte, nicht hinuntergeschluckt hatte. Es schmeckte nicht stark und sein Geist war zu abgelenkt, um dem größere Bedeutung beizumessen.
 

Doch als Eros sich von ihm löste und ihn siegessicher angrinste, ahnte er was er gerade geschluckt hatte. Wahrheitsserum. Eros wollte offenbar um jeden Preis verhindern, dass Castus Relia tötete. Oder der andere war einfach nur ein verdammter Idiot.
 

„Du Bastard!“
 

„So eine Wortwahl gehört sich aber nicht für einen Priester.“
 

„Denkst du all das sei nur ein Spiel? Das du tun und lassen kannst was du willst, ohne Konsequenzen? Cartan wird dir nicht helfen, er ist egoistisch und nur auf sein eigenes Vergnügen bedacht. Eigentlich genau wie du.“
 

Eros lachte, ein seltener und fast irritierender Laut. Castus Herz schlug schnell und er war zutiefst verwirrt. Warum ließ er sich so viel von Eros gefallen, was war verkehrt mit ihm?
 

„Es tut mir fast Leid Castus, aber ich brauche jemanden der etwas kooperativer ist, als du. Für das Wahrheitsserum wird Cartan sicherlich gerne tun, was ich sage.“



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