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Green Rain

von

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Die Fremden

Die Nacht hatte ich kaum geschlafen. Es hatte keine nennenswerten Zwischenfälle gegeben, dennoch war ich nicht zur Ruhe gekommen. Als die ersten Sonnenstrahlen durch die kleinen Fenster fielen, blinzelte ich verschlafen zu ihnen. Ich musste eingenickt sein und stellte im nächsten Moment fest, dass ich neben Bakura saß und mein Kopf auf seiner Schulter lag, während ihm seiner auf die Brust gefallen war. Ich erinnerte mich daran, dass ich mich irgendwann zu ihm gesetzt hatte, einfach um mich wohler zu fühlen. Dass ich letztendlich so eingeschlafen war, ließ mein Herz etwas schneller schlagen. Ich wagte es nicht, mich auch nur einen Millimeter zu rühren, während ich die Gelegenheit nutzte, um Bakuras Geruch einzuatmen. Wieder einmal wurde mir schmerzlich bewusst, wie hoffnungslos verknallt ich war, während ich mich gleichzeitig in der momentanen Situation wiederfand. Als wäre mein Leben nicht bereits kompliziert genug gewesen. Doch war das alles überhaupt noch relevant? Spielte nicht unser Überleben eine weitaus wichtigere Rolle, als meine dummen Gefühle, die ich überhaupt nicht haben sollte? In Gedanken schmiegte ich mich näher an meinen Kumpel, was diesen anscheinend aufwachen ließ. Mit einem Murren begann er sich zu regen.

„Tsch... Verdammt“, brachte er hervor, als er seinen Kopf hob. Ich konnte mir nur vorstellen, wie steif sein Hals nach dieser Schlafposition sein musste. Während Bakura langsam wach wurde, startete ich gar nicht erst den Versuch, mich zurückzuziehen. Es würde die Situation vermutlich nur noch seltsamer machen. Außerdem hatte ich ihm sowieso meine Gefühle gestehen wollen. Selbst jetzt noch wollte ich mich nicht weiter verstecken müssen.

„Morgen“, begrüßte ich ihn, nachdem er endlich seinen Blick auf mich richtete. Die Müdigkeit in seinen braunen Augen war deutlich zu sehen und ließ mich lächeln.

„Hey.“ Er klang mindestens so erschöpft, wie ich mich fühlte. „Wir hätten noch ein Bett aus dem Krankenzimmer holen sollen.“ Auch wenn ich wusste, dass er scherzte, konnte ich nur seufzen. Nun löste ich mich doch von ihm und streckte mich ausgiebig. Gestern war alles so plötzlich gekommen und unwirklich gewesen. Nachdem nun aber eine, wenn auch nicht sonderlich erholsame Nacht vergangen war, begann die Realität langsam in meinem Kopf anzukommen. So surreal sie auch wirken mochte. „Warst du schon schaun?“, fragte Bakura mit einem kurzen Nicken zum Fenster nach, worauf ich mit dem Kopf schüttelte.

„Ich bin auch gerade erst wach geworden, aber -“

Ein mehr als lautes Hämmern gegen die Tür unterbrach mich nicht nur, sondern ließ uns auch aufspringen. Miho, die sich in einer Ecke des Raumes auf dem Boden eingerollt hatte, wachte mit erschrockenem Blick auf. Keiner von uns wagte es etwas zu sagen, oder sich zu regen, während das Klopfen und das Rütteln immer energischer wurde.

„Wir wissen, dass ihr da drin seid.“ Mit einem Schlag hatte der Lärm geendet und die Stimme eines Mannes war zu hören. Sie klang normal und doch jagte sie mir einen Schauer über den Rücken. Uns allen durfte klar sein, dass die Person hinter dieser Tür nichts Gutes im Sinn hatte. Dass sie aber wirklich normal sprechen konnten, schockierte mich. „Der Zutritt zu diesem Raum ist verboten. Kommt raus, bevor ihr wirklich Ärger bekommt.“

Miho presste sich die Hände auf die Ohren, während ich auf einmal zu zweifeln begann. Ich war drauf und dran etwas zu erwidern, als Bakura mich an der Schulter griff. Sein Blick sagte alles. Er kannte mich gut genug, um meine Absichten zu erkennen. Und ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er mich mit seinem Blick warnte. Wir blieben stumm und der Lärm begann wieder. Spätestens als die vor der Tür gestapelten Schränke, Wägen und Sportgeräte einen Ruck taten, setzten wir uns in Bewegung. Zu Zweit übten wir Gegendruck aus, um zu verhindern, dass die Tür geöffnet wurde. Mein Herz raste, während ich sämtliche Szenarien durchging, die uns erwarten könnten, wenn dieses Wesen dieses Hindernis überwand.

Ich wusste nicht, wie lange wir gegen die Tür gestemmt dagestanden hatten, doch es hatte sich wie eine Ewigkeit angefühlt. Eine furchtbar angsteinflößende Ewigkeit. Als der Lärm mit einem Mal stoppte, schaute ich fragend zu Bakura. Wir beide pressten uns weiterhin gegen unseren einzigen Schutz gegen diese Gefahr, ungewillt nachzugeben. Erst nachdem es eine Weile ruhig blieb konnte ich glauben, dass es tatsächlich aufgehört hatte. So recht entspannen wollte und konnte ich mich dennoch nicht. Mein Körper war voller Adrenalin.

„Es wird wiederkommen“, schluchzte Miho aus ihrer Ecke, die sie die ganze Zeit über nicht verlassen hatte. Sie war keine große Hilfe, doch ich war froh, dass es mir nicht so erging. Nach dem ersten Schock gestern hatte ich mich nun auf die Situation eingestellt, oder glaubte dies zumindest. Auf jeden Fall würde ich nicht kampflos aufgeben. Umso tadelnder schaute ich nun Miho an, die sich keinerlei Mühe gab, leise zu sein. Endlich hatte, wer auch immer da draußen war, aufgehört hier rein zu wollen. Mit solchen Geräuschen würde er möglicherweise wieder anfangen.

„Sie wissen, dass wir hier sind“, merkte Bakura an und ging damit ungewollt auf meine Gedanken ein.

„Aber woher?“ Bis eben hatten wir geschlafen und keinerlei Geräusche von uns gegeben. Bakura und ich hatten uns unterhalten, aber nicht so laut und lang, dass es großartig jemanden anlocken konnte. Diese Person hätte sich bereits vor der Tür befinden müssen, um uns zu hören. Warum sollten sie ein Gebäude durchsuchen, das bereits gestern vermeintlich leer gewesen war.

„Ich befürchte, dass es eine ganze Menge an Dingen gibt, die wir nicht in Erfahrung bringen werden“, entgegnete Bakura und hatte damit leider Recht. Im Endeffekt wussten wir gar nichts und stellten nur Vermutungen an. „Wichtiger ist, dass wir überleben. Sie scheinen nicht hier reinzukommen und das ist die Hauptsache.“

„Vorerst“, ergänzte ich. Wir konnten nicht ewig hierbleiben. Vor allem nicht, wenn sie begannen, uns zu belagern. Spätestens wenn unsere Vorräte aufgebraucht waren, mussten wir gehen.

„Ist nur die Frage, wie klug sie sind“, brachte Miho mit zitternder Stimme hervor. Fragend schauten wir zu ihr und sie deutete nur auf die großen Rolltore, die zur Sporthalle führten. Unweigerlich musste ich schlucken. So sicher ich mich eben noch gefühlt hatte, so ungeschützt wirkte dieser Raum auf einmal. Niemand sagte mehr etwas dazu, doch wir konnten nur hoffen, dass sich niemand mit einem Schlüssel zur Sporthalle in diesem Gebäude befand.
 

Wir hatten den Tag über nicht viel gemacht. Hier und da waren Schritte vor der Tür zu hören gewesen. Es war beinahe so, als würden wir kontrolliert werden. Obwohl wir alle Hunger hatten, aßen wir nicht viel, um möglichst lange etwas davon zu haben. Die Nahrungsmittel, die wir in der Nacht gesammelt hatten, würden für ein paar Tage reichen, doch was war dann? Die meisten Sachen in der Küche waren zum Kochen gewesen, so dass es für uns keine Möglichkeit gab, diese zuzubereiten. Der Gedanke, die Schule letztendlich verlassen zu müssen, war mehr als beunruhigend.

Draußen hatte den ganzen Tag über die Sonne in einem grünen Licht geschienen. Das ein oder andere Mal hatten wir durch die Fenster einen Blick raus geworfen. Die Menschen dort standen nicht mehr reglos herum, sondern durchsuchten wie schon am Vortag sämtliche Gebäude. Mittlerweile waren es jedoch keine Schüler oder Lehrer mehr, sondern andere Personen, die aus der Umgebung sein mussten. Was auch immer sie beeinflusste oder vorantrieb, es schien keine Verbindung zwischen ihnen allen herzustellen. Sonst würden sie wohl kaum immer wieder Häuser durchsuchen, wo schon dutzende vor ihnen drin gewesen waren. Über den Tag hinweg hatten wir dies bei den Wohnhäusern hinter dem Parkplatz mehr als gut beobachten können. Gleichzeitig gab es mir aber Hoffnung, dass diese Person von heute morgen von hier verschwinden und wir wieder sicherer sein würden.

„Wir müssen doch irgendwas machen können“, murmelte ich irgendwann. Ich saß gegen die Wand gelehnt und hatte meinen Kopf auf meinen Knien abgelegt. Es war nur logisch, dass ich keine Lust hatte, hier einfach nur herumzusitzen. Wir wussten weder, wie es weiterging, noch was uns da draußen erwartete.

„Was willst du machen? Rausgehen?“ Bakura, der mitten im Raum saß, schaute mich zweifelnd an.

„Ich will zu meinen Geschwistern“, gestand ich ihm. Ich musste wissen, ob es ihnen gut ging. Genauso wenig wollte ich, dass sie sich Sorgen um mich machten.

„Wozu? Du wirst ihnen nicht helfen können.“ Ich warf Bakura einen bösen Blick zu.

„Ich würde auch gerne wissen, wie es meinen Eltern geht“, schloss sich Miho mir an. „Und ich will einfach bei ihnen sein.“ Ihr war deutlich anzusehen, wie sie das alles mitnahm. Generell wirkte das Mädchen sehr labil. Einerseits war es überaus nervig in unserer Situation, andererseits tat sie mir leid. Bakura musterte Miho nur ausdruckslos.

Im Gegensatz zu uns hatte er niemand, zu dem er konnte. Aber auch niemand, um den er sich sorgen musste. Mit Sicherheit hatte er aber genauso mit dieser Situation zu kämpfen, wie wir auch.

„Wenn wir hier rausmüssen, können wir immer noch zu ihnen“, wandte er sich schließlich an mich. Sein Blick machte dabei deutlich, dass ihm ein 'wenn sie noch da sind' auf der Zunge lag. Ich war ihm dankbar dafür, dass er es nicht aussprach.

„Wann müssen wir hier weg?“, fragte Miho nach. Den ganzen Tag über hatte sie sich nicht aus ihrer Ecke wegbewegt.

„Hoffentlich nicht allzu bald. Ich bin mir nicht sicher, wie weit wir draußen kommen.“ Kaum hatte er seinen Satz beendet, war ein Grollen von draußen zu hören. Wir alle schauten zum Fenster. Es war deutlich dunkler geworden.

„Regen?“ Nervös schaute ich den grünen Himmel an, den ich aus meiner Position sehen konnte. Ob es der gleiche Regen wie gestern war? Ob auch er diese Verhaltensänderung auslöste?

„Es ist die selbe Zeit“, stellte Bakura nach einigen Sekunden fest. Wir hatten hier keine Uhr, um es zu überprüfen und ehrlich gesagt hatte ich gedacht, dass es bereits später war. Aber genauso gut hätten mir die vergangenen Stunden nur wie solche vorkommen können.

„Machen die das?“ Miho schaute unsicher nach oben, auch wenn dort nur die Decke zu sehen war. Wir wussten, was sie damit meinte.

„Wahrscheinlich. Genauso wie den grünen Himmel.“ Bakura nickte knapp.

„Aber wozu? Alle die draußen sind, sind doch schon... befallen.“ Wir wussten noch immer nicht, wie wir es nennen sollten.

„Wer weiß, vielleicht hält diese Wirkung nur eine gewisse Zeit an.“ Miho klang hoffnungsvoll und auch auf mich übertrug sich dieses Gefühl.

„Oder es ist nur ein Nebeneffekt“, zerstörte Bakura diesen Optimismus sofort. „Vielleicht wollen sie auch sichergehen. Sie haben nicht alle eingesammelt, sondern lassen noch die Gebäude durchsuchen. Mit Sicherheit haben noch mehr überlebt und schlagen sich durch. Falls dieser Regen die gleiche Wirkung hat, haben sie jetzt ein Problem.“ Bei dem Gedanken lief mir ein Schauer über den Rücken. In der Hoffnung, Bakuras Theorie zu widerlegen und Mihos zu bestätigen, stand ich auf und ging zu dem Fenster.

„Draußen steht niemand“, stellte ich schließlich ernüchtert fest. Natürlich hatten wir kein großes Sichtfeld, doch die wenigen die ich herumlaufen sah, waren alle in Bewegung. Niemand stand im Regen, um diese unheimliche Wirkung zu verlängern.

„Lasst uns bis zur Nacht warten“, schlug Bakura vor, nachdem ich mich wieder umgedreht hatte. „Wenn sie nachts wirklich ruhen, dann haben wir gute Chancen uns durchzuschlagen. Wir müssen nur einige Vorkehrungen treffen.“ Ich wusste nicht, von welchen Vorkehrungen mein Kumpel sprach, doch wieder einmal war ich froh, dass ich bei ihm war. Er schien einen Plan zu haben und das beruhigte mich ungemein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Cloudlesssky
2020-10-16T12:45:50+00:00 16.10.2020 14:45
Hey lass dir mal ein Kommentar da finde deine Geschichte bis jetzt Interessant hat was ein bisschen von Zombie Apokalypse und The Walking Dead 👍


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