Zum Inhalt der Seite

Cursed

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kontrolle

'Mellie' stand dieses mal auf dem Handy-Display und Aiden drückte den grünen Hörer.

„Hallo Bruderherzchen. Wie geht’s dir so?“ Die Stimme aus dem Telefon klang bedrückt und noch recht jung.

„Wie soll's mir schon gehen? Ich kann halt nicht nach Hause.“

„Mama meinte du hättest es ganz gut aufgefasst... Du hast ihr wieder was vorgespielt, oder? Keine Angst, ich verrate dich nicht. Ich will ja auch nicht, dass Mama sich Sorgen macht.“

Reel war etwas überrascht. Aidens kleine Schwester schien ihn wirklich gut zu kennen. Sie hatte das vorherige Telefonat überhaupt nicht mitbekommen und trotzdem wusste sie ganz genau, was grade in ihrem großen Bruder vorging.

„Es ist einfach unfair“, brach Aiden nun heraus. „Ich war seit 5 Monaten nicht mehr zuhause und Vater schwimmt praktisch im Geld und trotzdem muss ich meinen 18. Geburtstag im Internat verbringen. Nicht mal Lukas ist da.“

„Ich vermisse dich total, Aiden.“ Mellie klang unglaublich traurig und noch jünger als zuvor.

„Ich vermisse dich auch, Sprotte. Rufst du mich an meinem Geburtstag an?“

„Exakt um Mitternacht! Darauf kannst du dich verlassen!“ Die freche Antwort seiner kleinen Schwester brachte Aiden zum schmunzeln. Gott, wie sehr er das kleine Energiebündel vermisste.„Sag mal, Aiden. Wenn Lukas sonst wo ist, heißt das dann, dass du an deinem Geburtstag ganz alleine bist?“

„Lukas ist in Afrika.“

„Aideeeen. Das ist keine Antwort auf meine Frage.“ Aiden sah kurz zu seinem Dämon hoch.

„Nein, ich bin nicht alleine. Mach dir keine Gedanken.“ Reel konnte sein Lächeln nur schwer zurückhalten und empfand immer größere Sympathie für die Besitzerin der frechen Stimme am anderen Ende der Telefonleitung.

„Sehr gut. Bei dir muss man ja immer Angst haben, dass du vereinsamst. Ist es noch jemand, der im Internat bleiben muss?“

„Ja, so ähnlich. Da hat sich zufällig was ergeben“, verbog Aiden die Wahrheit ein wenig.

„Perfekt.“ Mellie klang nun erleichtert und sehr viel fröhlicher. „Also schade und so, aber schön, dass du dadurch nicht alleine bist. Ich muss gleich los zum Hockey-Training. Wir hören uns. Hab dich lieb.“

„Ich dich auch, Sprotte. Mach sie fertig.“

„Worauf du dich verlassen kannst.“ Dann legte sie auf.

Aiden ging es jetzt schon wieder etwas besser. Mellie hatte ein Talent dafür Aiden immer wieder aufzumuntern. Ihre positive Energie steckte einfach an.
 

Ein Blick auf die Handy-Uhr verriet ihm, dass es schon langsam Zeit fürs Abendessen wurde. Er hatte wirklich lange in Reels Schoß zugebracht, aus dem er nun ungelenk hinauskletterte. Als er sich im Zimmer ausstreckte knackten seine Gelenke und er spürte bereits die ersten Anzeichen eines Muskelkaters.

„Du hast mich heute ganz schön gequält. Morgen kann ich mich bestimmt kaum noch bewegen.“ Elegant entfaltete Reel seine Beine, sprang vom Bett auf und bewegte sich hinter ihn. Spielerisch biss er Aiden ins Ohr, in welches er anschließend verschwörerisch „Ach Quatsch. Eigentlich war ich doch noch ganz lieb zu dir“, flüsterte und sich auflöste. Aiden lief ein Schauer über den Rücken. Damit hatte er jetzt nicht gerechnet.
 

Im Speisesaal saß Aiden allein am Tisch. Beim Essen unterhielt er sich mittels ihrer Verbindung mit Reel und beobachtete über seine Teetasse hinweg die Menschen um ihn herum. Mara saß mit ihrer Schwester und zwei anderen Mädchen an ihrem üblichen Platz und Aiden schaute schnell an ihr vorbei. Als nächstes fiel sein Blick auf den Tisch, der dem Personal vorbehalten war.

Frau Eden – die Bibliothekarin – und einige Lehrer erkannte Aiden wieder. Auch der Rektor und seine Sekretärin aßen grade.

Aus seiner eigenen Klasse fand er nur wenige Schüler. Die meisten waren entweder schon abgereist oder aßen einfach nicht in diesem Moment. Zügig schob sich Aiden den letzten Bissen seines Abendessens in den Mund und brachte dann sein Geschirr weg.
 

Wieder im Zimmer klingelte sein Handy nun schon zum dritten Mal. Dieses Mal war es Lukas, der sich noch einmal bei seinem Freund melden wollte.

Reel interessierte das Gespräch nicht besonders, also wandte er seine Aufmerksamkeit seinem Skizzenbuch zu und setzte sich wieder auf die Fensterbank. Mellies freche Art hatte ihn an jemand anderen erinnert und so begann er mit groben Linien zwei Oberkörper anzudeuten. Der linke war schmaler und dem Anschein nach eher weiblich, der rechte etwas größer, etwas breiter und offensichtlich männlich.

Der männlichen Figur schenkte er kurze, dunkle Haare – noch kürzer als Aidens – während das Mädchen einen locker geflochtenen Zopf erhielt, der sanft über ihre Schulter nach vorn fiel. Beide erhielten die gleiche schmale Nase, wobei sie bei dem Jungen etwas schief saß – so als wäre sie schon einmal gebrochen gewesen.

Die frechen Augen des Mädchens und die verstohlen des Jungen hatten eine sehr ähnliche Form und auch ihre Gesichtszüge ähnelten einander stark. Sie waren beide zwischen Anfang und Mitte 20.

Eine feine Narbe zog sich über die Wange des Jungen, eine weitere über seine Lippe und nach kurzem Zögern ergänzte Reel auch noch einige Bissspuren an dessen Hals, wobei Reels Mundwinkel leicht nach oben zuckten.

An der rechten Hand des Mädchens fehlte der kleine Finger, um die Handknöchel des Jungen waren wiederum auf beiden Seiten dünne Bandagen gewickelt. Beide trugen einfache, altertümliche und etwas schmutzige Kleidung und schienen den Betrachter der Zeichnung unverwandt anzusehen. 'Gut getroffen', lobte Reel sich still selbst und betrachtete die Gesichter der Zwillinge, die er soeben zu Papier gebracht hatte.

Ihr freches Grinsen und sein eher emotionsloser Ausdruck waren ebenso in Reels Gedächtnis eingebrannt, wie ein ganz bestimmtes paar blauer Augen.

Das Bild der Geschwister versetzte Reel einen Stich ins Herz mit dem er nach so langer Zeit nicht mehr gerechnet hatte. Energisch blinzelte er einige Tränen zurück. Allem Anschein nach vermisste er die beiden Chaoten noch immer viel mehr als er vermutet hatte.

'Aber das hat man eben davon, wenn man sein Herz an jemanden hängt.' Reel sah kurz zu Aiden hinüber. 'Und wie es aussieht, bin ich grade dabei den selben Fehler erneut zu begehen.'

Aiden hatte sein Telefonat längst beendet und sich mit seinem Handy aufs Bett zurückgezogen. Er bemerkte Reels Blick überhaupt nicht.

Um Aiden doch einfach nur zu töten, war es längst zu spät. Reel mochte seinen Sunshine mittlerweile viel zu gern und auch die Freiheit, die dieser ihm ermöglichte, wollte Reel nicht ohne weiteres aufgeben.
 

„Reel?“ Er fuhr zusammen und sah ertappt wieder zu Aiden hoch, der nun direkt vor ihm stand. Reel war so tief in seinen Gedanken versunken gewesen, dass er ihn überhaupt nicht bemerkt hatte.

„Alles okay? Du siehst irgendwie... unglücklich aus.“ Schnell klappte Reel sein Skizzenbuch zu und atmete tief durch. Seine Unachtsamkeit ärgerte ihn, weshalb seine Antwort nun unpassend schnippisch ausfiel.

„Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“ Eifersüchtig starrte Aiden das Skizzenbuch an. Er hasste das blöde Ding inzwischen wirklich.

„Dann halt nicht.“ Eingeschnappt drehte Aiden auf dem Absatz um und lief Richtung Badezimmer, aber Reel hielt ihn fest.

„Lass mich!“ Doch gegen den Dämon hatte Aiden keine Chance. Eisern zog er ihn zu sich, drehte ihn um und versuchte ihm in die Augen zu sehen.

„Was ist den jetzt los mit dir? Zick' mich gefälligst nicht an!“ Aber Aiden versuchte nur sich wieder loszureißen.

Jetzt reichte es Reel. Er ließ seinem kleinen Lieblingsspielzeug ja eine ganze Menge durchgehen, aber irgendwo war auch mal Schluss. Unnachgiebig verstärkte er seinen Griff, nahm Aiden am Kinn und drehte ihn grob zu sich. Er durfte sich selbst keine Schwäche erlauben, also musste er dringend sein Verhalten Aiden gegenüber ändern.

„Ich sagte: Zick'. Mich. Nicht. An! Du weißt ganz genau, dass ich so was nicht leiden kann.“ Trotzig starrten ihm die braunen Augen entgegen, in denen sich kleine Tränen bildeten. Reels loderndem Rot konnten sie jedoch nicht lange standhalten. Geschlagen ließ Aiden daher den Blick wieder sinken und hörte auf sich zu wehren, aber Reel war noch nicht fertig mit ihm.

Er zwang Aiden seinen Kopf zur Seite zu neigen und biss ihm schonungslos in den Hals, wo er eine hübsche, tiefe Bisswunde hinterließ.

Erschrocken fasste sich Aiden an die schmerzende Stelle und sah Reel fassungslos an.

„So merkst du‘s dir vielleicht. Ich hab dich wirklich lieb, Sunshine, Aber du bist mein Eigentum, also nimm dir nicht zu viel mir gegenüber raus.“ Die Worte waren nicht nur an Aiden, sondern auch an Reel selbst gerichtet. Er hatte sich fest vorgenommen, sich dieses Mal nicht von Aidens Tränen erweichen zu lassen, aber so ganz gelang ihm das nicht.

Behutsam strich er ihm eine Träne von der Wange. Er rechnete damit, dass Aiden nun sauer auf ihn sein würde – zu recht – aber zu seiner Überraschung schlang der stattdessen seine Arme um Reel und vergrub sein Gesicht an dessen Brust.

Reel brachte es einfach nicht fertig sein kleines Lieblingsspielzeug abzuweisen und streichelte ihm nun doch resigniert den Kopf. „Du bist wirklich seltsam, Sunshine.“

Aiden hasste dieses blöde Skizzenbuch. Eigentlich hatte er Reel aus offensichtlichen Gründen immer für sich allein und trotzdem war er immer nur die zweite Wahl für ihn. Sobald Aiden angefangen hatte sich einzugestehen, dass er Reels Zuneigung wollte, ergriff ihn unglaublich schnell die Eifersucht.

Er wollte das gar nicht, aber Aiden konnte einfach nichts dagegen tun. Irgendwann löste er sich wieder von seinem Dämon, entschuldigte sich kleinlaut und verschwand ins Bad ohne Reel noch einmal in die Augen zu sehen.
 

Er entledigte sich seines T-Shirts und betrachtete sich im Spiegel. Reels Biss hatte beachtliche Spuren hinterlassen, welche er nun vorsichtig betastete. Dabei glitt sein Blick zu dem Fluchmal, dessen schmale Ausläufer sich ein Stück weit über seine Schulter erstreckten, dann zu der Narbe und den schiefen Fingern seiner linken Hand.

Überall hinterließ der Dämon seine Besitz-Zeichen und Aiden wusste nicht so recht, wie er damit umgehen sollte.

Nach dem Duschen klappte er seinen Badezimmer-Schrank auf und holte eine Packung Pflaster hervor. Die Wunde hatte inzwischen aufgehört zu bluten. Kurz zögerte er, dann legte er die Pflaster ungenutzt wieder zurück und verließ das Bad.

Wieder im Zimmer fand er Reel mit einem Buch am unteren Bettende sitzend vor. Für ihn war die Sache seit dem Biss erledigt und er war Aiden auch nicht wirklich böse.

Aiden legte sich ins Bett und wälzte sich ein paar mal unruhig herum.

Schließlich kletterte er dann aber doch über die Matratze und zu Reel rüber. Dieser hob seinen Arm ein wenig und ließ Aiden darunter krabbeln, so dass er sich an seine Brust kuscheln konnte.

„Tut mit leid, Reel.“ Wortlos strich dieser durch die braunen Haare bis Aiden einschlief.

Es fiel Reel so unglaublich schwer eine Balance bei ihm zu finden. Er wollte Aiden – und das mittlerweile nicht mehr nur körperlich.

Er sah in ihm einen Ersatz für jemand, an den er vor langer Zeit einmal sein Herz gehängt hatte. Gleichzeitig wollte er Aiden aber auch nicht aus seiner Rolle als sein Eigentum ausbrechen lassen. Er wusste einfach nicht, wie er am besten mit ihm umgehen sollte und das ärgerte ihn nur noch mehr.

Vorsichtig lehnte er sich nach vorn, um Aidens schlafendes Gesicht betrachten zu können.

„Bei Valefar, warum musst du es mir so verdammt schwer machen?“ Zärtlich strich er ihm die Haare aus der Stirn und berührte sie sanft mit den Lippen.
 

In dieser Nacht träumte Reel nach langem mal wieder von früher. Er lief durch eine belebte altertümliche Stadt, eine zierliche Gestalt in einem mitternachtsblauen Kapuzenumhang an seiner Hand. Mit flinken Schritten folgte er einigen weiteren Personen in ähnlicher Kleidung. Zwei von ihnen – die Zwillinge – erkannte er auch von hinten. Ravens geflochtener Zopf hüpfte freudig auf und ab, während sie die Gruppe gekonnt durch die engen Gassen navigierte. Ihr Bruder folgte nur wenige Schritte hinter ihr.

Sie passierten eine besonders schmale Stelle zwischen zwei Hauswänden und dann standen sie auch schon mitten im Getümmel.

Das Stadtfest war in vollem Gange, alle waren bester Laune, es war laut, es war voll, es wurde getrunken, es wurde getanzt, es wurde gehandelt – perfekte Bedingungen für Taschendiebe.

Wie auf ein unsichtbares Zeichen hin verteilten sich die Anderen in verschiedene Richtungen quer über den Marktplatz. Nur Reel und seine schwer atmende Begleitung blieben zurück.

„Alles okay?“ Die Bewegung der Kapuze ließ ein Nicken erahnen. Einige Strähnen platinblonden Haares hoben sich wunderschön von dem dunklen Stoff des Umhangs ab. Behutsam strich Reel diese zurück unter die Kapuze.

Er liebte diese Farbe, aber hier sollte sie lieber niemand sehen. Endlich sahen zwei umwerfend blaue Augen unter der Kapuze hervor und zu Reel auf.

„Entschuldige. Ich kann einfach nicht mit den anderen mithalten.“ Aufmunternd drückte Reel die zierliche Hand in seiner.

„Ach was. Das musst du ja auch gar nicht. Du hast dich gut geschlagen.“ Zärtlich berührten seine Lippen die schmalen der Person unter der Kapuze.

„Überanstrenge dich nicht, okay?“ Eifriges Nicken. Sanft zog Reel die blasse Schönheit mit sich in die Menge. Er gab sich alle Mühe die vielen Leute von dieser fern zu halten. Sie passierten einen stark angetrunkenen Mann und Reel erleichterte ihn mit der freien Hand im Vorbeigehen um seinen Geldbeutel.

„Och Relakesch!“ Vorwurfsvoll blickten ihn die blauen Augen an, die er so sehr liebte. Doch Reel hatte für diesen Blick nur ein jungenhaftes Grinsen übrig und lief schnell weiter, bevor der Mann seinen Verlust bemerkte.

Sie verbrachten den ganzen Abend gemeinsam auf dem Fest. Reel überließ das Stehlen größtenteils den anderen und als es dunkel wurde half er seiner Begleitung auf das Dach der Kirche zu klettern. Schweigend betrachteten sie den Sternenhimmel. Irgendwann spürte Reel das Gewicht eines Kopfes schwer auf seiner Brust und hörte einen ruhigen Atem. Sorgsam wickelte er seinen Umhang enger um sie beide und schloss für einen Moment die Augen.
 

Als er sie wieder öffnete stand die Sonne bereits hoch am Himmel und er spürte noch immer das warme Gewicht auf seiner Brust. Doch als er hinunter sah, erblickte er kein platinblondes sondern braunes Haar. Reel musste schwer schlucken und versuchte verzweifelt seine Tränen weg zu blinzeln. So ganz gelang ihm das jedoch nicht und eine einzelne verräterische Träne ran seine Wange hinunter und tropfte von seinem Kinn.

Nur wenig später wachte auch Aiden auf. Er sah Reel sofort an, dass etwas nicht stimmte, aber er wagte es nicht nachzufragen. Stattdessen kuschelte er sich nur schweigend in dessen Arme. Aiden konnte Reels Herzschlag deutlich spüren – er war hektischer als gewöhnlich.

Reel schlang die Arme enger um ihn und vergrub sein Gesicht in den braunen Haaren, bis sich sein Herzschlag nach einiger Zeit wieder beruhigte.

„Du wirst mir nicht verraten was los ist, oder Reel?“ Ein sanfter Biss ins Ohr war alles, was Aiden als Antwort erhielt. „Warum beißt du mich in letzter Zeit ständig?“

„Warum nicht? Du weißt doch, dass ich immer mache was ich will.“ Resigniert seufzte Aiden und ließ sich wieder gegen seinen Dämon sinken.

„Ich hab morgen Geburtstag“, versuchte er das Thema zu wechseln und Reel abzulenken.

Dieser strich ihm flüchtig über den Rücken.

„Ich weiß. Tut mir leid, dass du ihn hier verbringen musst.“

„Schon okay.“ Aiden schmiegte sich enger an Reel. Er wollte nah bei ihm sein, auch wenn Reel ihn nicht richtig an sich heranließ. Spielerisch fuhr Aiden mit den Fingern über Reels Brust und nestelte an seinem Kragen. Gebannt verfolgten die roten Augen jede der unbedachten Bewegungen, bis Reel sich nicht mehr beherrschen konnte.
 

Zielsicher griff er Aiden unters Kinn, drehte ihn zu sich und drückte seine Lippen auf Aidens. Sofort verlangte seine Zunge Einlass und Aiden war so überrascht, dass er dem kein Einhalt gebieten konnte. Munter erkundete Reels Zunge Aidens Mundhöhle und nahm sie in Besitz.

Reel schmeckte so gut. Ihn zu küssen fühlte sich ganz anders an als bei Mara. Reel war fordernder. Viel fordernder. Nahezu begierig und Aiden wusste nicht, ob er Reel geben konnte, wonach es diesem verlangte.

Ungefragt schickte der Dämon seine Hände auf Wanderschaft unter Aidens zu großes Schlaf-Shirt und bewegte sich gefährlich nah an seine letzte Hemmschwelle heran.

Bestimmend zog er Aiden näher zu sich, schob sein Bein zwischen Aidens nackte Oberschenkel und ließ seine Zunge lüsternd erst über seine Wange und dann seinen Hals gleiten. An der Bisswunde machte er Halt, liebkoste sie stürmisch und vergrub seine Zähne dann ein zweites mal nur knapp unter den bestehenden Löchern in der empfindlichen Haut.

Aiden stöhnte schmerzerfüllt auf. Ihm ging das alles viel zu schnell. Reel überrumpelte ihn und nun fasste er endlich wieder einen halbwegs klaren Gedanken.

„Reel. Reel, stopp.“ Doch der Dämon war wie im Rauschzustand und zog gierig an Aidens Boxershort.

„REEL! NEIN! ... Bitte.“ Die ersten Worte schrie er ihm entgegen, dass letzte war nur noch ein leises Wimmern. Reel sah in die braunen Augen und ein Paar blauer Augen traten an ihre Stelle. Sofort ließ er von Aiden ab und zog sich schwer atmend zurück.
 

„Tut mir leid. Sunshine, das tut mir so leid.“ Völlig verstört zog Aiden sein Shirt wieder zurecht und schlang zusätzlich auch noch schützend seine Bettdecke um sich. Reel war von ihm weggerückt und vergrub nun das Gesicht in seinen Händen.

„Es tut mir so leid.“ Seine Stimme war nur ein Flüstern und Aiden konnte ihn kaum verstehen.

Nachdem er seine Gedanken ein wenig sortiert hatte, zog er sich zügig einen Pullover und eine Jogginghose über. Dann näherte er sich vorsichtig wieder Reel.

Mit etwas Abstand setzte Aiden sich neben ihn aufs Bett. Er wollte etwas sagen, aber er fand keine Worte, also nahm er nach langem Zögern einfach Reels Hand.

„Tut mit leid“, hörte er ihn leise flüstern und drückte zur Antwort sanft seine Hand. Es dauerte ein wenig ehe Reel den Druck erwiderte, woraufhin Aiden ihre Finger miteinander verschränkte.

Reels Gier hatte ihm Angst gemacht, aber nichts desto trotz musste er sich eingestehen, dass ihm seine Küsse ungemein gefielen. Und dass sein Dämon sich um seiner Willen stoppen konnte, bedeutete doch auch etwas, oder?

Unsicher strich er mit dem Daumen über Reels Handrücken ohne ihn loszulassen und endlich sahen ihn die roten Augen zumindest für einen kurzen Moment wieder an. Aiden hatte sie noch nie so unglücklich gesehen. Schuldbewusst wich Reel seinem Blick aus und Aiden rückte ein winziges Stück näher.

„Reel? Reel, sieh mich an. Bitte.“ Zaghaft kam er der Bitte nach. „Ich bin nicht sauer – glaube ich – aber mach sowas nicht mit mir. Du... bist mir zu schnell.“

„Ich weiß. Tut mir leid.“ Der Dämon sprach noch immer sehr leise.

„Hast du dich wieder im Griff?“ Reel nickte und Aiden überwand die restliche Distanz zwischen ihnen. Entschlossen umklammerte er seinen Arm und stützte seinen Kopf an Reels Schulter ab. Der lebhafte Schatten umhüllte ihn sanft und legte sich schützend um Aidens Körper.

Irgendwann ließ auch Reel seinen Kopf auf den von Aiden sinken und seine schwarzen Haare mischten sich mit Aidens braunen.
 

„Hast du dich wirklich wieder im Griff?“ Reel bejahte kleinlaut. Dann setzt sich Aiden wieder auf, sah ihn an und rückte noch etwas enger an ihn. Reels Arm schob er hinter seinen Rücken, so dass dieser Aiden nun umfasste, und legte seinerseits eine Hand auf Reels Wange. Unsicher näherte er sich dem unglücklichen Gesicht seines Dämons.

Dieser bemerkte was Aiden vorhatte und ließ ihn gewähren, da der Schock von eben ihm seine Selbstbeherrschung vorerst vollständig zurückgegeben hatte.

Sanft berührten Aidens Lippen die von Reel und dieser erwiderte den Kuss zurückhaltend. Seine Zunge und auch seine Hände hielt er dieses mal im Zaum und begnügte sich mit einigen unschuldigen Berührungen ihrer Lippen. Als Aiden sich wieder von ihm löste, sah Reel ihn nachdenklich an.

„Du bist wirklich seltsam, Sunshine.“

„Ich weiß.“ Tröstend gab er ihm einen letzten flüchtigen Kuss und Reel war nun wieder etwas ruhiger. Aiden hatte deutlich spüren können, wie aufgewühlt sein Dämon gewesen war und wie unglaublich leid ihm sein Kontrollverlust tat.

Zögerlich legte Reel nun auch seinen zweiten Arm um ihn und als Aiden sich nicht dagegen wehrte, schloss er ihn fest in seine Arme.

Eigentlich hatten sie jetzt mehr Gründe um miteinander zu sprechen als je zuvor, doch stattdessen blieben sie beide schweigend auf dem Bett sitzen und hielten sich aneinander fest.
 

Als sie es endlich aus dem Bett schafften war es fast schon wieder Abend. Nach einem zärtlichen Kuss auf die Stirn entließ Reel Aiden aus seinen Armen. Dieser schlüpfte in seine Schuhe, ließ Reel in seinen Körper übergehen und ging zum Abendessen in den Speisesaal.

Sowohl er als auch Reel schwiegen, aber neue Mauern waren zwischen ihnen nicht zu spüren. Auch als sie wieder im Zimmer waren, sprach keiner von beiden ein Wort.

Als Aiden nach dem Duschen aus dem Bad kam, saß Reel auf der Fensterbank. Gedankenverloren betrachtete er den wolkenverhangenen Himmel, während sein Schatten ruhig um seine Schultern lag und gelegentlich nervös zuckte.

Aiden stellte sich zu ihm ans Fenster und beobachtete das trübe Wetter. Beiläufig griff er nach Reels Hand und hielt sie fest. Der Dämon seufzte schwer und drückte zärtlich die Hand seines Sunshines. „Heute Nacht schläfst du besser allein.“ Liebevoll strich Reel ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht, bevor er ihn wieder losließ und mit wehendem Schattenumhang aus dem Fenster und über die Hausfassade auf das Schuldach verschwand.
 

Reel zog die frische Abendluft tief ein. Sie half ihm einen klaren Kopf zu bekommen und seine Gedenken zu sortieren. Fast hätte er die eine Sache getan, von der er immer zu wissen geglaubt hatte, sie niemals jemandem antun zu können.

Bei Aiden kollidierten seine Lust und sein Beschützerinstinkt miteinander und Reel wusste einfach nicht wie er damit umgehen sollte.

Allein schon sich vorzustellen, wie sich Aidens zarter Körper unter seinem eigenen aufbäumte, brachte ihn fast um den Verstand. Reel stellte sich Aiden in noch so einigen anderen Positionen vor, während er seiner Fantasie freien Lauf ließ.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Rentierchan
2019-10-22T20:43:03+00:00 22.10.2019 22:43
Endlich ein Kuss 😍 und gleich ein weniger mehr Annäherung.
Du schreibst wirklich fantastisch! Freu mich auf ein weiteres Kapitel.
Antwort von:  Lycc
22.10.2019 23:00

Heute 22:59
Daaaaanke. Das ist wirklich lieb von dir.
Ja, endlich haben die zwei mal zusammen gefunden. (Hat ja auch "nur" 18 Kapitel gedauert. XD)
Ich bin auch wirklich froh, dieses Kapitel endlich gepostet zu haben. Die zwei hab jetzt so lange um einander herum getanzt, dass sie sich das wirklich verdient haben. Auch wenn es nicht so gelaufen ist, wie man sich seinen ersten Kuss wünschen würde. Aber die beiden sind ja auch kein normales Pärchen.


Zurück