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Haikyu - Asanoya-Tana

Wahre Freundschaft und mehr
von

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Kontakt (Tanaka)

Ich stehe in der Umkleide, albere mit Asahi rum. Ok, eigentlich bin nur ich albern und Asahi hat das Glück das am eigenen Leib zu erfahren. Ich zeige ihm meine Muskeln, frage ihn, warum die Mädchen nicht auf mich stehen. Er ist verlegen, versucht mir auszuweichen, doch es macht mir Spaß zu sehen, wie er um Worte ringt. Dann geht er in die Halle zum Training. Jetzt muss ich mich beeilen, sonst komme ich zu spät. Ich wühle in meiner Tasche nach meinem Shirt. Als ich es finde drehe ich mich um zu Noya, der als einziger noch mit mir in der Umkleide ist.

„Zacki zacki, Noya. sonst bekommen wir Ärger von Daichi.“, sage ich lachend.

Er verweilt mit dem Rücken zu mir gedreht, ungewohnt still. Ich hätte erwartet, dass er etwas zu meinen Worten sagt. Ich lege den Kopf zur Seite, beobachte wie er schwerfällig den linken Arm hebt um mit der rechten Hand den Bund seines Oberteils über den Ellbogen zu schieben. Er scheint irgendwie Probleme zu haben aus seinem Pullover zu schlüpfen. Vielleicht ist er beim Waschen eingelaufen. Obwohl, so eng sieht er gar nicht aus. Ich sehe ihm zu, bis er es schafft, den Pulli über den Kopf zu streifen. Er dreht sich seitlich zu mir. Wie schmal seine Schultern sind. Er hat wirklich einen zierlichen Körperbau. Aber die Muskeln zeichnen sich deutlich ab. Ich grinse. Ja, wir trainieren ja auch viel zusammen und ich bin sehr froh darüber. In Noya habe ich endlich einen Freund gefunden, der mich akzeptiert, wie ich bin. Ich kann ganz ich selbst sein, so verrückt und überdreht, genau wie er. Lächelnd wandern meine Augen über seinem Rücken, während ich warte. Er hebt die Arme an, um den Kopf in sein T-shirt zu stecken, dabei dreht er mir wieder komplett den Rücken zu. Jetzt fällt es mir auf. Da ist eine dunkle Stelle an seiner linken Seite. Ich gehe ein paar Schritte seitwärts und entdecke einen riesigen Bluterguss auf seinen Rippen.

„Verdammt, das sieht ja furchtbar aus!“, schießt es aus meinem Mund und ich mache einen Schritt auf ihn zu. Meine Augen fokussieren den dunklen Fleck, der alle Farben des Regenbogens angenommen hat. Ein gelblicher Rand, der zu grün, dann zu blau und in der Mitte zu einem dunkeln, fast schwarzen, violett verläuft. Er ist so groß, er bedeckt mindestens fünf Rippen.

„Das ist nicht so schlimm wie es aussieht.“, kommentiert er gewollt ruhig und dreht mir die rechte Seite zu. Ich gehe zu ihm und packe seinen linken Arm, hebe den Ellbogen an und kann direkt sehen, dass der Bluterguss von den vorderen Rippen, direkt unter der Brust ausgeht.

„Ay, wie ist das denn passiert?“, frage ich geschockt.

Sofort entreißt Noya mir seinen Arm und dreht sich ruckartig von mir weg.

„Fass mich nicht an!“, brüllt er und schließt die Arme um seinen Oberkörper, dreht den Kopf weg und sieht zu Boden.

Ich erstarre und sehe ihn fassungslos an. So hat er sich noch nie verhalten. Wir berühren uns viel, kabbeln und fiebern wir doch immer gemeinsam und teilen die meisten Emotionen auf und abseits des Spielfeldes. Doch er hat mich noch nie von sich gewiesen. Und erst recht nicht in diesem Tonfall. Als wäre ich ein Rowdy der ihn verprügeln will.

„Noya...“ meine Stimme ist leise, fast sanft, klingt überhaupt nicht nach mir. Sein Blick verändert sich. Anscheinend realisiert er gerade, was er gesagt hat. Er zieht sein T-Shirt an.

„Wir sollten reingehen.“ Er geht los.

Ich bleibe wie angewurzelt stehen, sehe ihm nach. Was ist mit ihm?

Ich brauch einen Moment, dann gehe ich ihm nach in die Halle.

***

Während des Trainings beobachte ich Noya genau. Er ist engagiert, wie immer, fast noch fokussierter als sonst, hechtet nach den Annahmen. Ich sehe, dass er sich nur über die rechte Seite abrollt, doch wahrscheinlich bin ich er einzige, dem das auffällt. Ich mache mir Sorgen um ihn. Auch wenn er jetzt wieder lacht und mit den anderen spricht, wie sonst. Seine Stimme hallt immer noch durch meinen Kopf. So voller Schreck, ängstlich laut. In diesem Moment war er nicht er selbst gewesen und die Frage nach dem Warum, lässt mir keine Ruhe. Ich male mir im Kopf die wildesten Szenarien aus: Dass er überfallen wurde, dass er von einem Auto angefahren wurde, dass ihn Jemand stärkeres dominieren wollte und ihm weh getan hat. Meine Hände ballen sich zu Fäusten. Allein der Gedanke, dass ihn jemand absichtlich verletzt hat, macht mich rasend wütend. Ich schlage den nächsten Ball und er fliegt weit an Noyas Kopf vorbei, knallt gegen die Wand der Halle.

„Alter, Tanaka. Wen hast du dir den gerade vorgestellt? Das sah ja aus, als wolltest du dem Ball eine reinhauen...“, kommentiert Daichi überrascht.

Ich lache abtuend. „Meinen Mathelehrer aus der Grundschule. Der konnte mich nicht leiden und hat mir darum immer schlechte Noten gegeben.“, lüge ich, doch die anderen schmunzeln, glauben mir wohl.

„Leute, zieht nicht Tanakas Zorn auf euch. Das tut euch weh.“, sagt Daichi und ich entschuldige mich dafür, den Ball ins Aus geschlagen zu haben.

Das Spiel baut sich schnell wieder auf. Ich achte darauf nicht in Noyas Richtung zu schlagen. Die anderen natürlich nicht. Ich beiße die Zähne zusammen, als ich sehe wie er seinen linken Oberarm festhält, nach dem letzten Sprung. Er macht es nur für einen kurzen unüberlegten Moment, doch ich sehe es und ich weiß warum er es tut. Er hat Schmerzen. Auch wenn er es nicht zugeben würde. Hinata macht den nächsten Schnellangriff und der Ball fliegt auf Noya zu. Er springt los, wird ihn leicht baggern können. Plötzlich geht Yamaguchi einen Schritt zur Seite. Als er merkt, dass er sich in der Flugbahn des Balles befindet und das Noya sich bereits auf den Ball zubewegt, weicht er aus. Dennoch streift ihn der Ball und dessen Flugbahn verändert sich augenblicklich. Viel zu schnell als das Noya aus der kurzen Distanz hätte reagieren können. So trifft ihn der Ball an der linken Seite in den Bauch.

„Sorry.“, lächelt Yamaguchi entschuldigend und die anderen beginnen sich wieder aufzustellen. Ich hingegen starre Noya an, der immer noch am Boden liegt und sich zusammengekrümmt hat.

„Noya!“, rufe ich aufgebracht, hebe das Netz vor mir hoch und laufe auf die andere Spielfeldseite zu ihm. Er windet sich, mit schmerzverzerrtem Gesicht und hält sich den Bauch. Das ist genau die Stelle wo der Bluterguss ist, weiß ich. Asahi und Daichi kommen zu uns gelaufen.

„So hart war der Ball doch gar nicht...“, meint Daichi überrascht. Ich senke den Blick.

Asahi kniet sich zu Noya runter und hilft ihm sich aufzurichten. Immer noch nach vorne gekrümmt, sitzt er nun auf den Füßen, zitternd, Panik in den Augen. Ich balle die Hände zu Fäusten.

„Was hast du?“ , fragt Asahi vorsichtig, neigt sich zu ihm runter, um ihm ins Gesicht zu sehen.

„Keine... Luft...“, jappst Noya gequält. Mein Herz schlägt aufgeregt schneller.

„Bestimmt hat der Ball einen blöden Muskel getroffen. Ganz ruhig, Noya. Ich helfe dir. Gleich geht es wieder.“ Seine Stimme ist so sanft, sogar ich beruhige mich dadurch ein wenig.

Er fasst Noya an den Oberschenkeln. „Versuch dich zu entspannen.“ Noyas gequälter Gesichtsausdruck schnürt mir die Brust zu. Beeil dich, Asahi.

Er drückt seine Schultern gegen Noyas und streckt dadurch seinen Oberkörper ohne Noyas Zutun. Dieser stöhnt auf vor Schmerz, dann schnappt er nach Luft, atmet keuchend durch.

Mir fällt ein Stein vom Herzen und ich lächle leicht, als ich sehe, wie Noya erschöpft seinen Kopf auf Asahis Schulter ablegt.

„Geht es wieder?“, fragt er besorgt und lehnt sich zurück. Noya stützt sich auf den Oberschenkeln ab und atmet noch etwas zu schnell. „Ja, Danke.“

Ich lege erleichtert die Hand auf meine Brust und atme durch.

Dann fasst Asahi an den Bund von Noyas Shirt. „Lass mal sehen, vielleicht hast du dich verletzt.“

„Nein!“, ruft Noya erschrocken, zieht sein Shirt wieder runter und rutscht eine Stück nach hinten. Asahi sieht ihn irritiert an. Noya sieht ertappt zu Boden. „Es ist alles in Ordnung.“, beteuert er. „Sicher?“, fragt Asahi nach. „Lass mich nur kurz gucken.“ Noya schüttelt energisch den Kopf.

„Jetzt sei mal nicht so unsensibel.“, pampe ich Asahi an, der sich überrascht zu mir umdreht. „Unsensibel?“ Mit meinen Worten habe ich ihn wohl mehr getroffen, als beabsichtigt, denn er sieht erschrocken aus. „Ja.“, sage ich und halte die Hand seitlich an meinen Mund. „Du kannst doch nicht von ihm verlangen sich nackig zu machen, vor der süßen Kyoko.“ Ich deute mit der anderen Hand auf Shimizu, die sich gerade mit Ukai unterhält.

„Ah, ja klar. Sorry.“, sagt Asahi und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. Er steht auf. Ich gehe zu Noya und strecke ihm die Hand hin, um ihm auf zu helfen. Er sieht mich überrascht an, dann greift er zu. Als er wieder auf den Füßen steht, senkt er den Kopf. „Danke.“ Seine Stimme ist so leise, dass nur ich sie höre.

„Klar, kein Ding.“, sage ich ohne zu lächeln und gehe zurück an meinen Platz.

***

Nach dem Training trödele ich mit Absicht in der Umkleidekabine. Ich warte, bis alle gegangen sind, dann drehe ich mich zu Noya um. Wie erwartet steht er von mir abgewandt, noch in seinem Trainingsshirt. Er umklammert den Bund mit der rechten Hand und zieht den Stoff hoch. Sein linker Arm zuckt und ich höre, wie er leise aufkeucht. Die Bewegung hatte weh getan. Er versucht es wieder, hebt zittrig den linken Arm, doch muss auf den Hälfte abbrechen. Jetzt atmet er hörbar schneller. Ich gehe zu ihm hin. Ganz leicht lege ich die Hand an seinen Ellbogen und schiebe seinem linken Arm nach oben. Irritiert sieht Noya zu mir auf. Ich fasse sein Shirt im Rücken und ziehe es nach oben. Mechanisch hebt er den rechten Arm ebenfalls und sein Kopf rutsch durch den Kragen. Ich ziehe ihm das Shirt aus und lasse seinen Arm wieder los. Er hält den Kopf gesenkt, als ich es ihm in die Hand drücke.

„Weißt du, Noya, ich merke ja, dass du nicht darüber sprechen willst, was passiert ist...“, fange ich mit ruhiger Stimme an und Noya schweigt ertappt, hält sich den Arm fest. Er sieht traurig aus und das schmerzt in meiner Brust. „Nur... wenn du es mir nicht erzählst, dann denke ich mir etwas aus.“ Er sieht überrascht zu mir auf und blinzelt. „Deine Wortwahl geht mir nicht aus dem Kopf. Du sagtest `Fass mich nicht an`...“ Er senkt den Blick wieder. „Ich habe nicht den Eindruck, dass ich derjenige bin, dem du das sagen wolltest.“ Er zuckt zusammen. Ich habe ins Schwarze getroffen und mein Magen zieht sich zusammen. Ich hatte so sehr gehofft, Unrecht zu haben.

„Hat dich jemand angefasst, von dem du es nicht wolltest?“, frage ich unverblümt und habe sofort Angst vor der Antwort. Denn wenn er jetzt zustimmen würde, wüsste ich nicht, wie ich mich noch unter Kontrolle halten könnte. Dann müsste jemand drauf gehen. Niemand, einfach niemand, darf Noya anfassen ohne sein Einverständnis! Meine Hände sind zu festen Fäusten geballt und das Blut kocht in meinen Adern. Sicher pulsierte die Vene auf meiner Stirn sichtbar.

Er schüttelt den Kopf. „Nein. So war das nicht.“

„Oh, Gott sei Dank...“, hauche ich erleichtert. „Ich habe schon überlegt, wo ich die Leiche entsorge.“ Er sieht zu mir auf und hebt eine Augenbraue. Ich sehe ihn ernst an. Er sieht ernst zurück. Ja, das habe ich gemeint, wie ich es gesagt habe. Er scheint das zu verstehen. Er senkt den Blick wieder und ich lege erwartungsvoll den Kopf zur Seite.

„Ich... ich bin die Treppe runter gefallen. Bei uns zu Hause.“

„Ist das die Wahrheit?“, frage ich zurück und er sieht mich unsicher an. „Ja...“ „Aber es ist nicht die ganze Wahrheit...“, füge ich hinzu und er senkt den Kopf wieder nachdenklich betrübt. „Ja...“

„Was ist passiert?“ Ich setzte mich vor ihm auf die Bank in der Mitte der Umkleide. Er sieht zu mir rüber, zögert kurz, dann setzt er sich neben mich. Eine ganze Weile sitzen wir schweigend dort, doch ich warte geduldig.

„Ich habe mich mit meinem Vater gestritten.“

Ich drehe den Kopf zur Seite als seine Stimme die Stille durchbricht. Es kommt öfter vor, das Noya mit seinem Vater aneinander gerät, weil ihm seine offene und laute Art nicht zusagt.

„Es war heftig, ich habe immer weiter Widerworte gegeben, es hat sich zugespitzt.“ Er schiebt die Hände zwischen seinen Beinen gegen die Bank und beugt sich ein wenig vor. Es fällt ihm gerade gar nicht leicht, sich zu erinnern und darüber zu sprechen. Ich lasse ihn in Ruhe, gebe ihm so viel Zeit, wie er benötigt.

„Wir haben gestritten, er schlug mit der flachen Hand gegen meinen Arm, da habe ich ihn weggedrückt. Dann begann er mich zu schubsen und anzuschreien. Er kam immer näher und ich konnte nur noch rückwärts gehen.“

Gequält zieht er die Schultern hoch. Ich lege meine Hand auf seinen Rücken. Er zuckt zusammen über die plötzliche Berührung. Als ich die Hand leicht auf und ab bewege, entspannt sich seine Haltung wieder.

„Er hat mich am Arm gepackt. Er hat wirklich fest zugegriffen. Ich habe gemerkt, wie viel stärker er ist als ich und da habe ich Panik bekommen und an seinem Arm gezerrt. Er hielt mich weiter fest, drängte mich zur Seite, doch ich hielt mit alle Kraft dagegen. Schließlich hat der mich am Arm hochgehoben, meine Füße haben den Boden nicht mehr berührt. So einfach, mit nur einer Hand, konnte er mich handlungsunfähig machen. Ich habe versucht, den Boden wieder zu erreichen, wild um mich getreten. Schließlich ließ er mich fallen. Beim Aufprall auf den Boden bin ich aus dem Gleichgewicht geraten und... da war die Treppe...“

Ich lege den Kopf in den Nacken und sehe die Decke an. Es kann sicher bedrohlich wirken, wenn ein großer starker Mann einen so fest hält, dass man sich kaum noch bewegen kann. Ich verstehe, dass Noya da Angst bekommen hat.

„Das hätte er nicht tun sollen.“, sage ich.

Er sieht zu mir auf, wirkt überrascht. „Er ist mein Vater...“, lenkt er ein, doch ich schüttele den Kopf.

„Das ist keine Rechtfertigung. Auch wenn er es nicht selbst getan hat, so ist er es doch Schuld, dass du verletzt bist.“

Noya senkt den Kopf.

„Wie fühlst du dich?“ Ich beuge mich zu ihm rüber und er sieht zu mir auf. „Wenn du Angst hast nach Hause zu gehen, dann komme ich gerne mit dir.“ Ich sehe ihn ernst an, blicke fokussiert in seine großen, braunen Augen. Er blinzelt überrascht.

„Ryu...“ Noyas Stimme ist leise und sehr weich, kaum mehr als ein erstauntes Hauchen.

Ich nicke energisch. Jetzt breitet sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus.

„Das ist wirklich sehr nett von dir, aber es ist nicht nötig.“

„Ach ja?“ ich lehne mich wieder zurück und sehe ihn nachdenklich an.

„Ja.“, sagt er lächelnd und sieht mich an. „Ich habe keine Angst.“

„Sicher?“ Meine Augen folgen seinen Bewegungen als er aufsteht und seinen Pulli in die Hände nimmt.

„Ja, ganz sicher.“ Sein Lächeln schwingt in seiner Stimme mit.

„Ok.“, sage ich leicht widerwillig und stehe auch auf.

Er zieht den Pulli über seinen Kopf und zerrt mit der rechten Hand dran herum. Ich lächle schief und packe ihn am Kragen, um ihn über seinen Kopf zu ziehen. Er sieht zu mir hoch und grinst mich an. Jetzt wird auch mein Lächeln ehrlich.

„Sag mir wenn was sein sollte, ok? Du kannst mir alles sagen.“, sage ich mit fester Stimme und gesenktem Blick.

Noya dreht sich zu mir um und legt den Kopf an meine Schulter. „Danke.“

Ich lächele und wuschel ihm durch die Haare. „Immer. Gerne.“

Kontakt (Nishinoya)

Ich stehe in der Umkleidekabine und höre, wie Ryu mit jemandem über seine Muskeln redet. Ich drehe mich zu ihm um. Armer Asahi. Sein Gesicht ist ganz rot geworden. Er sieht total niedlich aus, wenn er sich so schämt. Ich grinse. Ryu macht das sicher genau aus diesem Grund.

Ich drehe mich wieder meinem Spind zu und hebe meinen Pulli an. Sofort schießt der Schmerz durch meine Brust in den Arm und ich halte im Reflex die Luft an. Autsch. Ich greife unter dem Stoff, hoch zu meinen Rippen, fahre mit den Fingern über die Haut. Der Schmerz wird immer größer, schließlich nehme ich die Finger weg. Ob die Rippe doch was abbekommen hat? Ich wende das Zentrum meiner Schmerzen von den anderen ab, hebe den Pulli nochmals an. In der Reflektion des Metalls vor mir, sehe ich wie der Stoff den dunklen Bluterguss frei gibt. Schnell ziehe ich den Pulli wieder runter. Verdammt. Er ist seit heute Morgen sogar noch größer geworden.

Ich warte bis die Stimmen hinter mir verhallen und alle zum Training in die Halle gegangen sind. Ich versuche mir den Pulli auszuziehen, doch der Schmerz macht es mir schwer. Dann höre ich Ryus Stimme hinter mir, er ermahnt mich zur Eile. Er ist noch da? Er hat Recht, man wird mit uns schimpfen, wenn wir zu spät kommen. Warum geht er eigentlich nicht rein? Na klar, er wartet auf mich, wir sind schließlich Freunde. Ich ziehe den Stoff über meinen Kopf, greife schnell nach dem Trainingsshirt. Wenn ich mich beeile, dann merkt er vielleicht nichts. Ich drehe ihm den Rücken zu.

„Verdammt, das sieht ja furchtbar aus!“, trifft mich seine erschütterte Stimme und ich zucke zusammen. Mist. „Das ist nicht so schlimm wie es aussieht.“, sage ich schnell, stecke die Arme in mein Shirt. Ich drehe mich seitlich und so den blauen Fleck von ihm weg.

Plötzlich fasst er meinen linken Arm und hebt ihn hoch. Seine starke Hand dreht mit Leichtigkeit meinen kompletten Körper und offenbart ihm mein Geheimnis. Nein. Ich will nicht darüber sprechen! Ich will mich nicht erinnern! In meinen Kopf baut sich die Szene von gestern Abend auf. Der feste Griff an meinem Arm. Finger, die sich schmerzhaft in meine Muskeln drücken. Mein rasender Blutdruck, der in meinem gesamten Arm pulsiert. Ich verliere den Halt unter den Füßen. Er ist so stark, er könnte mich ohne Anstrengung einfach zu Boden drücken, egal wie sehr ich versuche mich zu wehren. Ich hätte keine Chance. Er könnte mit mir machen, was immer er will. Nein, nein nein! Ich will das nicht!

Ohne mein Zutun fährt mein Körper herum. Ich spüre, wie seine Finger sofort von meinem Arm abrutschen. „Fass mich nicht an!“ Meine Stimme ist laut, hallt durch den Raum.

Ich ziehe die Arme zur Brust, verberge so viel der freiliegenden Haut wie möglich. Sieh mich nicht an. Ich bin hilflos. Ich kann dir nicht in die Augen sehen. Ich habe Angst.

„Noya...“

War das Ryus Stimme? Ja, stimmt. Der da vor mir, das ist Ryu. Ryunosuke Tanaka. Er würde mir niemals etwas zu leide tun. Im Gegenteil. Und ich... Ich habe ihn angeschrien... Oh, nein, was habe ich da wieder Dummes gemacht?

Seine Stimme ist so sanft. Ich habe ihn wohl total erschreckt. Tut mir leid. Tut mir leid, aber ich kann nicht...

Ich ziehe mein T-Shirt an. „Wir sollten reingehen.“, sage ich knapp, sehe nicht mal zu ihm auf, bevor ich einfach los gehe. Ich drehe mich nicht um, gehe in die Halle, als wäre nichts gewesen.

***

Nach dem Training bleibe ich einfach vor meinen Spind stehen. Ich warte. Der Schmerz, der von meiner Verletzung ausgeht ist erheblich gestiegen, was wohl auch an dem Ball liegen wird, der mich vorhin direkt dort getroffen hat. So heftig, dass sich mein ganzer Körper verkrampft hat und mir die Luft weg blieb. Zum Glück lässt sich Asahi in stressigen Situationen nicht von Panik anstecken. Seine Stimme kann so beruhigend sein und der Druck, mit dem er seinen Körper gegen meinen gepresst hat, war sanft, überhaupt nicht bestimmend. Es tat so gut, als die Luft wieder in meine Lunge strömen konnte. Einen Moment hatte ich mich von ihm halten lassen, meinen Kopf auf seiner Schulter abgelegt.

Eine angenehme Wärme durchströmt mich bei dem Gedanken. Er ist so lieb, ich mag ihm wirklich sehr. Doch auch er geht, verlässt die Umkleidekabine. Nur Ryu bleibt zurück, was mir nicht entgeht.

Ich atme so gut es geht vorsichtig durch, dann versuche ich das T-Shirt auszuziehen. Unmöglich. Ich kann nicht mal den linken Arm heben ohne dass ich vor Schmerzen aufschrien möchte. Was mache ich denn jetzt?

Lange Zeit habe ich nicht zum Überlegen, denn ich spüre einen sanften Druck am linken Ellbogen, der meinen Arm nach oben drückt. Ich sehe hinter mich, dort steht Ryu. Er ist zu mir rüber gekommen. Ich öffne meinen Mund, um etwas zu sagen, da merke ich, wie der Stoff an meinem Rücken nach oben gleitet. Er hat mein T-Shirt gepackt und zieht es mir über den Kopf. Ich senke den Blick, als er es mir übergibt. Mit beiden Händen halte ich den Stoff fest, sehe unsicher zu Boden. Er ist so nett zu mir, obwohl ich ihn angeschrien habe... völlig grundlos. Sicher enttäuscht ihn mein Schweigen. Aber...

„Weißt du, Noya, ich merke ja, dass du nicht darüber sprechen willst, was passiert ist...“, durchbricht seine Stimme meine Gedanken. Er spricht ganz ruhig, ist nicht verärgert ober bedrückt, wie ich es erwartet habe. Natürlich hat er mich durchschaut. Wir kennen uns jetzt schon eine ganze Weile und ich verbringe gerne viel Zeit mit ihm. Er ist genauso ein aufgeweckter Spaßvogel, wie ich. Zumindest normalerweise. So wie ich mich gerade benehme, so anders, kennt er mich nicht. Sicher macht ihm das zu schaffen, was mir aufrichtig leid tut.

Er atmet leise durch, bevor er weiter spricht, sortiert seine Worte. „Nur... wenn du es mir nicht erzählst, dann denke ich mir etwas aus.“

Was? Überrascht drehe ich den Kopf zu ihm. Was ihm seine Fantasie wohl vorgaukelt? Oh, nein. Das kann sicher grausam sein.

„Deine Wortwahl geht mir nicht aus dem Kopf. Du sagtest `Fass mich nicht an`...“

Ja, das habe ich gesagt. Ich senke den Blick.

„Ich habe nicht den Eindruck, dass ich derjenige bin, dem du das sagen wolltest.“

Ein kalter Schauer durchfährt meinen Körper. Er hat Recht. Als er meinen Arm festgehalten hat, da habe ich nicht ihn wahrgenommen. Seine Hand war es nicht, die mir die Kontrolle entzog.

„Hat dich jemand angefasst, von dem du es nicht wolltest?“

Meine Augen weiten sich erschrocken. Er hat sicher lange überlegt, was mir widerfahren ist, dass ich einen derartigen Bluterguss an der Seite habe. Sein Kopf hat ihm erzählt, jemand hat mich mit Absicht verletzt. Doch wie er es ausdrückt, deutet mir noch einen ganz anderen Hintergedanken. Er fragt nicht, ob mich jemand geschlagen hat, ob mich jemand getreten hat. Er fragt, ob mich jemand ´angefasst´ hat, etwas von mir wollte und es sich vielleicht einfach genommen hat...ohne mein Einverständnis. Mein Herz schlägt schneller. Ach, Ryu...

„Nein. So war das nicht.“, sage ich nach einen kurzen Moment der Ruhe.

„Oh, Gott sei Dank...“ Er atmet hörbar aus. Erst jetzt sehe ich, wie angespannt er vor mir steht, die Hände zu Fäusten geballt, die sich jetzt langsam wieder lösen. „Ich habe schon überlegt, wo ich die Leiche entsorge.“

Erstaunt sehe ich zu ihm hoch. Sein Blick ist fest, voller Ernst. Da ist ein wütendes Funkeln in seinen Augen. Es verrät mir, dass er die Wahrheit sagt. Er würde für mich töten? Ich atme leise aus. Ich glaube ihm.

Ich muss es ihm erzählen...

„Ich... ich bin die Treppe runter gefallen. Bei uns zu Hause.“, sage ich mit wackliger Stimme.

Er glaubt mir nicht, fragt direkt nach, ob ich ihm die Wahrheit sage. Ich schließe kurz die Augen. Es fällt mir schwer, doch ich werde weiter reden.

Er setzt sich vor mich hin und ich setzte mich langsam daneben, denke angestrengt nach.

Als ich Luft hole, um meine Geschichte zu erzählen, sprudelt es nur so aus mir raus. Ich erzähle ihm von dem Streit mit meinem Vater. Ich erzähle ihm wie ich wütend wurde und wie er immer näher gekommen war. Wie er mich gepackt hatte und ich vor Panik ausgerastet bin. Ein klares Bild der Treppe formt sich vor meinem inneren Auge. Ich spüre, wie sich das Geländer fest und ruckartig in meine Rippen drückt, als es meinen Sturz bremst.

Plötzlich fühle ich Ryus Hand auf meinem Rücken. Ich sehe erschrocken auf. Dann beginnt er meinen Rücken zu streicheln. Ich schlucke schwer. Er will mich trösten. Das ist wirklich lieb von ihm. Dann bietet er mir an, mich nach Hause zu begleiten. Es tut mir leid, dass ich ihm Sorge bereitet habe.

„Das ist wirklich sehr nett von dir, aber es ist nicht nötig.“, sage ich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Ich freue mich sehr über seine Fürsorge. Er fragt noch ein paarmal nach, doch ich versichere ihm, dass ich keine Angst habe, nach Hause zu gehen.

Ich gehe zurück zu meinem Spind und versuche meinen Pulli anzuziehen. Als ich Probleme habe den Kopf durch den Kragen zu stecken, merke ich auf einmal, wie sich der Stoff um mich herum bewegt und richtet. Ich schlüpfe in meinen Pullover und grinse Ryu an, dessen Hand noch im Nacken den Stoff festhält.

„Sag mir wenn was sein sollte, ok? Du kannst mir alles sagen.“, sagt er fast wehmütig und senkt den Blick. Dankbar lächele ich schief und lehne mich an seine Schulter. „Danke.“
 

Ryu geht und ich sehe ihm nach, dann nehme ich meine Sporttasche und verlasse kurz darauf den Raum. Als ich durch die Türe des Schulgebäudes gehe, entdecke ich Asahi, der gegen die Fensterbank lehnt. Er steht mir direkt gegenüber. Ob er auf mich gewartet hat? Die Gänge sind menschenleer. Klar, es ist schon weit nach Unterrichtsschluss.

„Noya,..“, fängt er an, während er sich aufrecht hinstellt, den Blick gesenkt. Dann beugt er sich weit vor. „Es tut mir sehr leid.“

Meine Augen weiten sich erschrocken und ich spüre ein Stechen in der Brust. Er entschuldigt sich bei mir? Wieso...?

„Ich wollte wirklich nicht unsensibel sein, als ich dein Shirt hochgezogen habe. Bitte verzeih mir. Ich habe nicht darüber nachgedacht, dass dir das unangenehm sein könnte. Das war dumm von mir.“

Ich ziehe betroffen die Augenbrauen zusammen. Ryus Worte haben ihn viel mehr getroffen, als ich erwartet habe. Und natürlich hat er sich diese Kritik zu Herzen genommen, so wie alles was er tut und ihm widerfährt. Und jetzt steht er vor mir und entschuldigt sich dafür, dass ich mich wie ein Idiot verhalten habe. Seine sanfte und ehrliche Stimme dringt ungebremst in mein Herz. Ich spüre, wie meine Wangen warm werden und mein Atmen stockt. „Asahi...“, dringt ein klägliches Wimmern aus meinem Mund.

Er sieht erschrocken auf, hebt beschwichtigend die Hände. „Oh, nein. Noya... bitte nicht weinen...“

Zu spät. Die ersten Tränen laufen bereits mit warmen Spuren über meine Wangen.

Überfordert legt er die Hände an seinen Kopf. „Jetzt habe ich dich auch noch zum Weinen gebracht! Oh, es tut mir so leid!“, sagt er aufgebracht.

Ich schüttele den Kopf. „Nein. Das ist es nicht.“, sage ich und reibe mir energisch die nachlaufenden Tränen aus den Augen. „Mir tut es leid. Ich habe dir nicht die Wahrheit gesagt und jetzt denkst du, du hättest mich verletzt, dabei war ich es doch, der..“

Weiter komme ich nicht. Ich erstarre, als ich plötzlich spüre, wie sich seine Arme um mich legen und er mich sanft an sich drückt. „Egal, wer Schuld hat, bitte hör auf zu weinen.“, dringt seine Stimme warm in mein Ohr. Er legt eine Hand in meinen Nacken und schmiegt seinen Kopf gegen meinen. „Ich kann es nicht ertragen, wenn du so traurig bist.“

Wie eine schützende, warme Decke legt sich seine Umarmung um mich. Alle Anspannung fällt von mir ab. Ich fühle mich unendlich geborgen, als könnte mir nichts in der Welt etwas anhaben.

Ich hebe meine Arme und lege die Hände an seine Hüfte. Meine Tränen versiegen und ich genieße seine Nähe. Ich spüre die Wärme seiner Hand durch den Stoff in meinem Rücken. Ich hebe den Kopf an und drücke meine Wange gegen seine. Er hat sich ein ganzen Stück zu mir runter gebeugt und steht dennoch sicher, wie ein Fels in der Brandung.

„Es war nicht dein Fehler...“, sage ich bedrückt und spüre, wie sich sein Griff ein wenig lockert, um mich anzusehen. Seine warmen braunen Augen sehen mich fragend an. „Ryu hat seine Worte mit Absicht so gewählt, dass sie dich verletzen.“ „Was...?“ Er sieht mich überrascht an. Ich sehe kurz zu Boden, bevor ich meinen Blick zur Seite richte. „Kannst du dir denken, warum er das getan hat?“ Ich sehe ihn wieder an und er schüttelt nur langsam den Kopf. „Weil er wollte, dass du nicht weiter nachfragst.“ „Nicht nachfragst...?“, wiederholt er meine Worte geistesabwesend. Nickend, drücke meine Hände an die Seiten seines Körpers, in den Pullover.

„Was sollte ich nicht nachfragen?“ Sein unschuldiger Blick trifft mich angenehm und ich lächle leicht.

„Warum ich nicht möchte, dass du mein Shirt hochziehst.“

„Das habe ich mich wirklich gefragt. Ich meine, wir duschen ja auch manchmal zusammen, also...“ Er wird leicht rot, was ich wirklich süß finde. „..habe ich Tanaka geglaubt, es sei wegen Shimizu.“

Ich schüttele leicht den Kopf, es fällt mir schwer mein Lächeln aufrecht zu halten.

„Warum denn dann?“, fragt er und seine Stimme ist wieder so angenehm weich, dass mein Herz schneller schlägt.

„Ich wollte nicht, dass alle es sehen und... Fragen stellen...“

Jetzt wirkt er noch mehr besorgt, als vor wenigen Sekunden. Ich senke bedrückt den Kopf und mache einen Schritt rückwärts. Als er merkt, dass ich mich von ihm entfernen möchte, lässt er seine Arme sinken, doch es wirkt widerwillig, was mir nicht entgeht. Ich greife den Bund meines Pullovers, atme durch und hebe den Stoff bis zu meiner Brust nach oben. Dann sehe ich ihn zögerlich an. Ich kann spüren, wie sein Blick über meinen Bauch wandert und schließlich auf den Bluterguss trifft. Seine Augen weiten sich erschrocken und er schlägt die Hand vor den Mund.

„Mein Gott, Noya...“ Seine Stimme ist leise und erschüttert.

Ich beiße mir auf die Unterlippe, versuche das Gefühl der Beklemmung in mir zu kontrollieren.

Plötzlich fasst er mich an den Schultern und ich lasse überrascht den Pullover los. Der Stoff rutscht wieder runter.

„Tut das nicht furchtbar weh?“ Ich blinzele ihn an. „Und mit so einer Verletzung trainierst du mit uns? Und dann... Dann hast du auch noch einen Ball auf die Wunde bekommen! Ich verstehe, warum dir da die Luft wegbleibt...“ Er senkt den Blick. Dann beginnt er langsam aber energisch den Kopf zu schütteln. „Nein, nein... nein“, höre ich ihn flüstern, als er mich an sich drückt. Sein Griff ist nun fester, doch zentralisiert sich auf meinen Schulterbereich. Er achtet wohl darauf, nicht meine Rippen zu drücken, will mir nicht weh tun. „Wie kann denn sowas passieren?“, fragt er mit angespannt zittriger Stimme.

Ich schließe die Augen und lasse mich von ihm halten. „Ich bin die Treppe runter gefallen, als ich mich mit meinem Vater gestritten habe.“ „Oh, je.“, sagt er leise und beginnt meine Arme zu reiben. Tatsächlich beruhigt mich seine Geste. Er wirkt so aufrichtig besorgt, dass mir ganz warm ums Herz wird. „Du musst besser auf dich aufpassen... bitte.“ Er lehnt sich zurück und sieht mir in die Augen. Er sieht so traurig aus. Ich nicke.

Dann legt er die Hand an meine Wange, streicht mit den Fingerspitzen über meine Haut. Ich spüre, wie ich erstarre unter seiner zärtlichen Berührung. „Du... Du bedeutest mir mehr als alles andere.“ Ich werde rot. Er sieht mich an, ein weiches Lächeln auf den Lippen.

Ich spüre seine Hand in meinem Rücken und auf meiner Wange. So sanft hat mich noch nie jemand berührt. Mein Herz klopft schneller. Was ist denn plötzlich los? Warum ist er so liebevoll zu mir?

„Ich will nicht, das dir so etwas passiert.“ Er legt seine Stirn an meinen Kopf und ich schließe genussvoll die Augen. Seine Wärme umgibt mich. Ich höre auf, mich zu fragen, warum das gerade passiert. Ich will nur, dass es nicht endet. Er drückt mich fester an sich und meine Knie geben nach. Während ich tiefer sacke, hält er mich fest und schließlich sitzt er auf dem Boden und ich auf seinen Oberschenkeln. „Alles ok?“, fragt er leise, ohne seinen Griff zu lockern oder mich anzusehen. Unsere Wangen berühren sich und ich spüre seinen Atem an meinem Ohr, als er spricht. Ich bekomme Gänsehaut.

„Ja...“ Ich weiß auch nicht, warum meine Beine mich plötzlich nicht mehr tragen wollten. „Ich denke, ich bin einfach erschöpft.“ Es klingt ein wenig wie eine Frage, doch ich bin zu abgelenkt um auf meinen Tonfall zu achten. Seine Hände wandern meinen Rücken hinunter und verschränken sich an meiner Taille. Er neigt sich in wenig zurück und sieht mich an. Seine Wangen sind gerötet, doch er lächelt sanft. Ich schlucke, bemerke, wie heiß sich mein Gesicht anfühlt. Sicher bin ich auch ganz rot.

Ich fahre mit den Fingern über seine Wange, streiche ihm eine Haarsträhne, die aus seinem nicht besonders achtsam gebundenen Zopf gefallen ist, hinter das Ohr. Seine Augen werden schmaler, als sein Lächeln noch wärmer wird. Dann dreht er seinen Kopf zu meiner Hand. Er schließt die Augen und küsst meine Handfläche. Überrascht atme ich stoßartig aus und eine Hitzewelle durchfährt meinen gesamten Körper.

Diese kleine respektvolle Geste, diese winzige zarte Berührung hat ausgereicht, um meine innere Ruhe auszuschalten und ein mir bisher unbekanntes Verlangen zu entfachen. Mein Atem geht schneller. Er sieht mich an. Sein Blick ist genauso mit Zärtlichkeit erfüllt, wie die Berührung seiner Lippen, die sich nun wieder sanft von meiner Hand lösen.

Ich lehne mich vor, meine Finger vergraben sich in seinen Haaren, bis meine Hand an seinem Hinterkopf liegt. Er sieht zu mir auf. Ich ziehe ihn zu mir, schließe die Augen und küsse ihn. Seine Lippen geben weich nach, unter meinen. Fordernd bewege ich meinen Mund, bis ich spüre, wie er meinen Kuss erwidert. Ich keuche auf, löse meine Lippen von seinen, um Luft zu holen, als ich merke, dass ich den Atem angehalten habe. Einen Moment verharren wir so, die Augen geschlossen. Unsere Nasen berühren sich, während unser Atem unruhig geht. Dann spüre ich, wie sich seine Hände an meine Hüfte legen und er mich ruckartig zu sich zieht, dass ich ein ganzes Stück näher zu ihm rutsche, bis meine Hüfte seinen Bauch berührt. Dabei streckt er seinen Rücken und versiegelt meinen Mund mit seinen Lippen. Ich atme hörbar aus, als sein Körper auf meinen trifft. Das kommt unerwartet. Er ist doch sonst so ruhig und zurückhaltend, doch jetzt gerade scheint es mir, als kann er gar nicht genug bekommen. Nicht genug... von mir.

Betört stöhne ich auf und kralle meine Finger in seinen Pullover, bis der Soff hoch rutscht. Als meine Hand die nackte Haut seines Rückens berührt, durchfährt mich ein weiterer heißer Schauer. Ich öffne meinen Mund und streiche mit der Zunge auffordernd über seine Lippen. Ich höre, wie er überrascht Luft durch die Nase einzieht. Komm schon. Lass los. Ich will dich spüren. Gib mir mehr.

Fordernd drücke ich mich fester an ihn, bäume mich hoch, dass er seinen Kopf in den Nacken legen muss, um den Kuss aufrecht zu erhalten. Dann spüre ich, wie sich seine Lippen öffnen und meiner Zunge Einlass gewähren. Mein Atem geht zittrig, ich bin überwältigt von den Gefühlen, die er in mir auslöst, als sich unsere Zungen berühren. Mir ist so heiß. Ich rutsche näher an ihn ran, spüre wie seine Hände meinen Rücken hinauf und dann immer weiter hinunter wandern.

Plötzlich hält er die Luft an und seine Finger verkrampfen sich an meiner Hüfte. Er ist nervös. Ob ich zu viel verlange? Er hat sich schon zu weit mehr hinreißen lassen, als ich jemals vermutet hätte. Ich sollte es nicht übertreiben... auch wenn mir der Sinn nach mehr steht.

Ich löse meine Lippen von seinen und schließe den Mund. Sofort entspannen sich seine Hände. Ich hatte also Recht. Ich lasse mich wieder sinken, bis ich auf seinem Schoß sitze, sehe ihn an, versuche meinen Atmen zu kontrollieren. Sein Blick ist aufgewühlt. Er senkt den Kopf, rutscht ein paar Zentimeter nach hinten und bringt so ein wenig Distanz zwischen uns.

„Was hast du?“, frage ich überrascht während ich beobachte, wie er nervös und unfokussiert den Blick auf meinen Bauch richtet. „Es ist ok für mich.“, sage ich mit einem sanften Lächeln. Ich möchte ihn beruhigen, ihm zeigen, dass es keinen Grund gibt so nervös zu sein.

„Ich...“, setzt er unsicher an, senkt seinen Blick noch weiter. Als ich versuche etwas näher zu rutschen, hält er mich an den Armen fest und somit auf Distanz. Überrascht blinzele ich ihn an.

„Möchtest du nicht mehr? Hast du... keine Lust mehr?“, frage ich zögerlich. So langsam verunsichert mich seine Nervosität doch ein bisschen.

„Doch.“ Seine Stimme ist ungewohnt fest und bestimmt. Als er dies merkt, zieht er die Schultern hoch, als wäre es ihm unangenehm.

„Dann ist doch alles gut.“, lache ich leicht und lege die Hände an seine Schultern.

„Nein.. genau das... ist das Problem.“

Ich sehe ihn fragend an. Einen Sekundenbruchteil sieht er zu mir hoch, doch als unsere Blicke sich treffen, wird er knallrot und er blickt zur Seite.

„Was ist dir denn so peinlich? Vor mir muss dir nichts unangenehm sein.“, sage ich ehrlich. Ich dachte, das wüsste er bereits.

„Es ist nur...“, setzt er an, sichtlich um Worte bemüht. „Mein Körper...“

„Was stimmt denn damit nicht?“

„Er... er...reagiert auf... dich.“

Ich blinzele verwirrt, während er sich vor mir immer kleiner macht.

„Er reagiert...?“, wiederhole ich leise und nachdenklich. Mein Augen wandern seinen Körper hinunter, über seine Brust, weiter zu seinem Bauch und...

Ich ziehe scharf die Luft ein, als ich verstehe, was er mir zu sagen versucht.

„Du bist scharf auf mich?!“, rufe ich begeistert und Asahi schlägt die Hände vors Gesicht.

„Noya! Sag sowas nicht... Und schon gar nicht so laut...“

Ich beginne zu lachen und klopfe ihm auf die Schulter. „Das braucht dir doch nicht unangenehm zu sein. Ehrlich. Ich finde das toll.“ Ich grinse breit während Asahi so aussieht als würde er am liebsten im Erdboden versinken.

Übermannt (Asahi)

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Übermannt (Nishinoya)

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Zwischenspiel (Tanaka)

Heute duschen wir gemeinsam, nach dem Training. Ich betrete den gefliesten Raum und mir tritt augenblicklich der dichte Wasserdampf entgegen. Die Gemeinschaftsdusche ist ein langer Raum mit Duschen auf der einen Seite und Waschbecken auf der anderen. Ich sehe Daichi und Sugawara, die sich in die rechte Ecke zurückgezogen haben und nun an benachbarten Duschen stehen und sich unterhalten. Das rauschende Wasser lässt es nicht zu, dass ich etwas verstehe. Ich verstehe ja nicht mal Asahi und Hinata, die kaum zwei Meter vor mir duschen und quatschen. Ich drehe meinen Kopf und entdecke in der hintersten linken Ecke Nishinoya. Wenn wir hier zusammen duschen, geht er immer ganz nach links. Ich weiß auch wieso.

„Hey, Noya.“, sage ich lächelnd und stelle das Wasser der Dusche rechts neben seiner an.

„Hallo, Ryu.“ Er lächelt mir zu.

„Wie geht es dir?“ Ich lege meinen Kopf zur Seite und zeige auf meine linken Rippen. Er versteht sofort, was ich meine und dreht mir seine Verletzung zu. Der Bluterguss ist schon heller geworden, sieht aber immer noch so aus, als würde jede Berührung höllisch weh tun.

„Weg ist er noch nicht.“ Das wird wohl auch noch eine Weile dauern. „Aber es geht mir gut.“ Er grinst mich breit an. Ich bewundere ihn, wirklich. Er ist so stark und lebensfroh. Als könnte ihn nichts aus der Bahn werfen. Ich beobachte ihn. Mein Blick wandert zu seinen Schultern, als er sich die Haare wäscht. Seine Arme kann er wieder nach oben bewegen, anscheinend ohne Schmerzen. Ich lächle erfreut. Dann fällt mir eine dunkelblauer Fleck an seinem Hals auf. Noya hat eigentlich immer überall kleinere blaue Flecken, dass es fast schon nichts ungewöhnliches ist. Doch dieser Fleck sieht anders aus. Ich beuge mich zu ihm rüber und sehe mir den lilafarbenen Punkt an.

„Was ist?“, fragt Noya überrascht, als er bemerkt, wie nah ich ihm gekommen bin.

„Da ist ein blauer Fleck an deinem Hals.“ „Wo?“ Ich zeige auf den Fleck und Noya verrenkt sich fast den Nacken, zieht an seiner Haut, um ihn auch zu sehen. Schließlich schafft er es wohl, denn er fährt mit dem Finger darüber und überlegt. Dann lacht er auf, scheint sich wohl zu erinnern.

„Und?“, frage ich irritiert, will auch wissen warum er lacht.

„Das ist kein blauer Fleck.“, sagt er und stemmt mit stolz geschwellter Brust die Hände in die Hüfte. Ich blinzele ihn an. „Das ist ein Knutschfleck.“ Er zwinkert mir zu und ich spüre, wie sich ein breites Grinsen über mein Gesicht zieht.

„Echt?!“, sage ich begeistert. Dann schlage ich ihm auf die Schulter und er nickt anerkennend. „Seit wann bist du denn in einer Beziehung? Und warum erzählst du mir sowas nicht?“ Ich wuschel ihm durch die Haare. Er lacht, dann senkt er verträumt den Blick.

„Wir sind noch nicht lange zusammen. Es ist noch ganz frisch.“

„Mhm.“, mache ich verstehend und sehe ihm ins Gesicht. Er sieht verliebt aus. Ich freue mich sehr für ihn. „Cool.“ Er sieht zu mir auf und ich grinse. Er lacht. „Und...?, frage ich zögerlich, während ich mein Duschgel aufschäume. „Habt ihr euch schon geküsst?“

Er nickt. Hätte ich mir denken können, schon allein wegen des Knutschflecks. „So richtig?“ Er sieht mich fragend an. Ich werde ein wenig rot. „Ich meine mit Zunge und so...“, sage ich zögerlich.

„Ja.“ Er grinst breit und ich sehe ihn mit großen begeisterten Augen an.

„Wow. Wie ist das so?“ Ich habe noch nie ein Mädchen geküsst. Ich hoffe Noya teilt seine Erfahrung mit mir, damit ich nicht blöd dastehe, wenn es mal dazu kommt. Und das wird es sicher!

Er überlegt, sieht auf und legt dabei eine Hand an sein Kinn. „Lecker.“

„Lecker wie Nudelsuppe oder lecker wie Eis?“, frage ich nach und Noya dreht mir den Kopf zu.

„Eher wie Honig. Nur in warm und weich.“

Ich sehe ihn überrascht an. „Klingt lecker.“

„Genau.“ Er grinst. „Ein Kuss schmeckt richtig gut.“

„Und was ist dann passiert?“ Ich lege eine Hand an meine Brust. „Hat dein Herz ganz schnell geschlagen?“ Ich denke an die süße Kyoko und spüre sofort, wie mein Herz gegen den Brustkorb hämmert.

„Oh ja.“ Er faltet die Hände vor der Brust. „Es ist sehr schön, jemand anderes so nahe zu sein.“

Ich sehe ihn an, wie er da steht und träumt. Ich bin ein wenig neidisch, aber ich gönne es ihm.

„Verrätst du mir ihren Namen?“, frage ich vorsichtig und Noya sieht mich überrascht an. „Du musst nicht, wenn du nicht willst.“ Ich sehe verschämt zu Boden.

„Doch, tue ich. Aber sag es keinem, ok? Es ist noch nichts offizielles.“ Er lächelt mich an und ich fühle mich geehrt. Er will mir tatsächlich ein Geheimnis anvertrauen.

„Klar, ich werde schweigen, wie ein Grab.“ Ich nicke. Er sieht an mir vorbei. Ich lege verwirrt den Kopf schief. Seine Wangen sind gerötet, als er weiterspricht.

„Es ist Asahi.“

Erschrocken mache ich einen Schritt rückwärts. Ich habe fest mit einem hübschen Mädchen gerechnet. Jedes süße weibliche Wesen passt für mich perfekt zu ihm. Aber Noya hat.. Er hat einen Jungen gewählt?

„A..aber...“ Ich finde keine richtigen Worte. „Ich.. Ich dachte du magst Kyoko.. also...“ Ich blinzele, dann werde ich ganz ruhig und sehe ihn fragend an. „Dann.. stehst du auf Kerle?“

„Hm...“, macht er nachdenklich. „Nein, eigentlich nicht.“ Hä?! „Ich stehe auf Asahi. Nur auf ihn.“

Sein Lächeln ist ehrlich und seine roten Wangen wirken total verliebt. Ich atme durch und nicke schließlich. „Ok. Was immer dich glücklich macht.“ Ich zucke mit den Schultern. Als ich auch beginne zu lächeln, freut sich Noya und sieht mich mit glänzenden Augen an.

„Du denkst das ist ok?“, fragt er erfreut.

„Na, natürlich.“ Ich grinse und werfe einen Blick über meine Schulter zu Asahi. Er lächelt Hinata an, der ihm gerade aufgeregt gestikulierend irgendwas zu erklären scheint. Zusammen mit Daichi ist Asahi wohl derjenige, dessen Körper am männlichsten erscheint. Doch dieses raue und grobe Aussehen, steht bei ihm allerdings im kompletten Gegensatz zur Mentalität. Er ist sehr sanft und unsicher. Ich sehe seinen Mund an. Mit diesen Lippen hat er Noya.... Ich werde rot und drehe mich wieder Noya zu, der verliebt an mir vorbei sieht. Soweit ich weiß, sind die beiden schon lange befreundet.

„Ich hätte ihm sowas wie einen Knutschfleck gar nicht zugetraut...“, gebe ich zu.

Noya legt lächelnd den Kopf zur Seite. „Sags keinem, aber... wenn wir uns küssen, dann kommt er richtig in Fahrt.“ Er grinst und ich werde rot. Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Allerdings gibt es noch mehr, dass ich mir nicht vorstellen kann...

„Habt ihr...?“, frage ich und senke verlegen den Kopf.

„Hm?“ Jetzt sieht Noya mich wieder an, den Kopf fragend geneigt.

Ich blinzele nervös. Noya ist mein bester Freund. Mit ihm sollte ich über sowas reden können.

„Habt ihr es schon getan?“ Ich spüre die Wärme auf meinen Wangen.

Noya sieht mich überrascht an, dann lächelt er sanft und sieht zu Boden. „Nein.“

Ich nicke und sehe ihn an.

„Aber ich möchte es gerne mit ihm tun.“

Ich merke, dass mir der Mund offen steht und klappe ihn mit der Hand wieder zu. Ich bin beeindruckt, dass Noya so genau weiß, was er will. Ich wäre wohl vor allem sehr nervös.

„Aber...“ Ein trauriges Lächeln formt sich auf seinen Lippen. „Asahi hat Angst davor.“

„Wieso?“ Ich blinzele irritiert.

„Er will mir nicht wehtun.“

„Natürlich will er das nicht.“ Er sieht zu mir auf. „Er macht sich Sorgen um dich. Das ist doch gut so, oder?“ Ich lächle sanft und schließlich nickt Noya. Ich klopfe ihm auf die Schulter. „Mach dir keine Gedanken deswegen. Kommt Zeit, kommt... ähm...“ Ich überlege, wie das Sprichwort weitergeht und Noya beginnt zu lachen.

„Du hast Recht. Ich habe einfach noch etwas Geduld. Lange kann er mir eh nicht mehr widerstehen.“ Er lacht und dreht das Duschwasser ab.

„Da hast du wahrscheinlich Recht.“ Ich sehe ihn grinsend an und er tut es mir gleich.

Zerrissen (Tanaka)

Ich kaue auf meinem Bleistift, lasse mein Bein auf und ab wippen und starre den leeren Stuhl neben meinem an. Noya ist heute nicht zur Schule gekommen. Ich spinze immer wieder unter meinen Tisch, auf mein Handy. Ich habe ihm dreimal geschrieben und ihn letzte Pause versucht anzurufen. Kein Lebenszeichen. Nervös gleitet mein Blick zur Uhr. Noch 30 Minuten, dann ist Unterrichtsschluss. Ich bohre meine Zähne in das schmale Holz. Los Zeiger, beweg dich schneller...
 

Als endlich die Schulglocke ertönt, springe ich auf und renne nach draußen. Im Tor begegne ich Asahi und Daichi.

„Daichi, Asahi...“, sage ich und schnappe nach Luft als sie sich zu mir umdrehen. „Habt ihr was von Noya gehört?“ Sie sehen mich entgeistert an.

„Was? Nein... Wieso?“, fragt Daichi und Asahi sieht auf sein Handy.

„Heute noch nicht.“, gibt er zu, wirkt traurig.

Ich seufze. „Ich auch nicht. Er war nicht im Unterricht.“ Asahi sieht mich erschrocken an. „Ich werde bei ihm vorbeigehen. Kommst du mit?“ Asahi nickt zögerlich. Ich schlage ihm auf die Schulter und gehe los.
 

Es ist nicht weit bis zum Haus der Nishinoyas. Ich presche vor, klingel an der Tür und stelle mich ordentlich hin. Noyas Vater ist ein angesehener Anwalt und ich weiß, das er respektvollen Umgang begrüßt. Asahi folgt mir und sieht mit gesenktem Kopf auf. Wie erwartet, öffnet Noyas Vater die Tür. Er trägt noch seinen Anzug von der Arbeit, ist also wohl auch gerade erst nach Hause gekommen.

„Guten Tag.“, sage ich höflich und Asahi tut es mir gleich. Er nickt mir zugewandt und wirft Asahi dann einen Blick zu, den ich nicht einschätzen kann. „Ist Yu zu Hause?“, hake ich nach.

„Ja.“, sagt er knapp. Was soll das? Muss ich ihm jetzt alles aus der Nase ziehen? Er zwingt mich genauer zu fragen...

„Er war nicht in der Schule. Ist er krank?“, frage ich angestrengt freundlich. Ich kann seinen Vater nicht besonders leiden, doch das darf mir jetzt nicht im Weg stehen. Ich brauche Informationen.

„Nein, er ist gerade... unpässlich. Er wird auch morgen nicht kommen, ihr seht ihn dann am Montag.“ Wie´unpässlich`? Und was sollte die Pause vor dem komischen Wort bedeuten?

„Können wir ihn kurz sprechen? Er geht nicht an sein Handy.“, sage ich schnell, als er dabei ist die Türe zu schließen.

„Lasst ihn besser in Ruhe und geht nach Hause.“ Er drückt die Tür ins Schloss. Wütend beiße ich auf meine Unterlippe und drehe mich dann zu Asahi um. Dieser sieht mich hilflos an.

„Ich glaube ihm nicht.“, sage ich fest und gehe um das Haus herum. Asahi kommt mir unsicher nach. „Was hast du vor?“ „Ich gehe hier nicht weg, ehe ich ihn gesehen habe.“ „A-Aber...“ „Ich will nur sicher sein, dass es ihm gut geht.“ Ich nehme einen kleinen Stein und werfe ihn hoch an Noyas Fenster.

Asahi sieht mich erschrocken an. „Was... Was machst du denn? Wenn die Scheibe zerbricht...“

Ich schmeiße einen zweiten Stein. „Ist doch egal.“ Ich werfe ihm einen entschlossenen Blick zu. „Du machst dir doch auch Sorgen oder?“ Er schluckt, dann nickt er mit festem Blick. Ich lächle schief und nicke zurück.

Da öffnet sich das Fenster. Ich spanne die Schultern an, bin aufgeregt, was sich mir nun offenbart.

„Ryu...“, flüstert Noya laut und neigt sich ein Stück zu uns nach draußen. Seine Haare sind nicht hochgegelt und fallen ihm weich ins Gesicht. So sieht er jünger aus.

„Noya.“, sage ich erleichtert ihn zu sehen. „Warum gehst du nicht ans Handy?“

Er zieht, soweit ich es bis zum ersten Stock erkennen kann, eine Schnute. „Ich habe Hausarrest.“ Dann hat er ihm das Handy wohl abgenommen. Ich schnaube verächtlich.

„Geht es dir gut?“, ruft Asahi leise und ich meine ein Lächeln zu sehen.

„Ja, macht euch keine Sorgen.“ Asahi legt erleichtert eine Hand auf die Brust. Ich bin immer noch nicht zufrieden.

„Warum kommst du nicht zur Schule?“ Er dreht den Kopf weg. Muss er etwa überlegen, was er antwortet? Ich ziehe die Augenbrauen zusammen.

„Ich soll zu Hause bleiben.“, sagt er bedrückt.

„Wieso?“ „Hausarrest.“ Seine Stimme ist leise. „Quatsch.“, sage ich und er zuckt zusammen. Ertappt.

„Ihr geht jetzt besser. Wenn mein Vater euch erwischt, gibt es Ärger.“, meint er plötzlich.

„Ist mir egal.“, kontere ich und Asahi legt den Kopf zur Seite. „Du lügst. Es geht dir nicht gut.“

„Ryu... Es ist wirklich ok.“, gibt er vor, doch ich bin nicht überzeugt.

Ich steige über die Hecke und klettere an der Hauswand hinauf.

„Was hast du vor?“, ruft Asahi leise und kommt zu mir.

„Los, mach eine Räuberleiter.“, fordere ich ihn auf und er sieht mich entgeistert an. „Ich gehe da jetzt hoch und sehe ihm in die Augen. Wenn er dann sagt, es ist alles gut, dann können wir wieder gehen.“ Asahi betrachtet meinen entschlossenen Blick. Schließlich nickt er und hilft mir hoch.

„Leute. Das ist gefährlich.“, zischt Noya von oben, doch ich ignoriere ihn. Ich greife zwischen die Regenrinne und stütze mich auf Asahi ab, bis ich Halt auf einen kleinen Vorsprung habe. Dann strecke ich mich und greife durch das offene Fenster. „Geh sofort wieder nach unten! Wenn du hinunterfällst, brichst du dir das Genick!“, meint Noya halblaut.

„Nix da.“, sage ich knapp und will mich hochziehen, da rutscht mein Fuß ab und ich verliere den Halt.

„Ryu!“ Noya schnellt nach vorne und packt meinen Oberarm. Ich strauchele in der Luft, er stöhnt angestrengt. „Halt dich fest, du bist zu schwer...“, sagt er widerwillig und ich drücke mich an der Fensterbank ab, während er mich in sein Zimmer zieht.

Keuchend sitzen wir auf dem Boden und ich lache leicht.

„Das war knapp.“, sage ich und er schüttelt mit dem Kopf. „Du bist echt der Wahnsinn.“ „Das wusstest du doch.“ Wir sehen uns an und er lacht auf. Sein Lachen beruhigt mich und mein noch aufgeregt schlagendes Herz. Dann dreht er den Kopf weg und senkt den Blick.

„Das war nicht nötig, es ist alles in Ordnung, wie du siehst.“, sagt er mit ernster Stimme.

Meine Augen werden schmal. „Sieh mir in de Augen und sag das nochmal. Dann gehe ich auf der Stelle.“ Er zögert. „Noya, sieh mich an.“ Seine Finger krallen sich in sein Shirt. Meine Brust schnürt sich zu. „Komm schon, bitte.“

Er atmet sichtbar durch, dann dreht er langsam und gesenkt den Kopf zu mir. Ich lege die Hand an sein Kinn und hebe es an. Ich kann zusehen wie der Schatten seiner Haare höher wandert, als er den Kopf in den Nacken legt. Er hält den Blick gen Boden gerichtet, als ich sein Gesicht sehen kann und auch den dunkelroten Schatten auf seiner rechten Wange. Ich halte erschrocken die Luft an, als sein Blick plötzlich meinen trifft. Ich starre ihn an, den Bluterguss unter seinem Auge.

„Was zum...?“, dringt es erstickt aus meinem Mund. Seine Augen glänzen, er beißt sich auf die Lippe. Ich starre ihn fassungslos an.

„Er... Er hat es erfahren...“ Meine Augen weiten sich, als seine brüchige Stimme erklingt. „Das... mit Asahi. Das wir... jetzt ein Paar sind.“ Mein ganzer Körper ist erstarrt. „Es hat ihm nicht gefallen... wie du sehen kannst...“ Ich spüre einen Stich in der Brust. „Er... hat sich direkt entschuldigt.... also...“ Ich merke, wie sich ein Schalter in meinem Kopf umlegt und stehe mechanisch auf. „Ryu...?“ Ich gehe mit strammen Schritten zur Tür. „Ryu!“ Noya packt mein Handgelenk und zieht mich nach hinten. Ich stemme mich gegen sein Gewicht nach vorne. „Ryu, was hast du vor?“

„Ich weiß es nicht.“ Meine Stimme ist ein tiefes Grollen. Ich sehe rot. Nichts anderes mehr... Er hat es getan. Sein Vater hat es tatsächlich getan. Dafür wird er büßen. Niemand...Einfach niemand darf Noya weh tun!

„Ryu, lass das. Bitte. Du machst es nur schlimmer...“ Er schnappt nach Luft, was mich zurück in die Situation ruft. Ich drehe mich um und fasse ihn an den Schultern.

„Noya, er hat dich geschlagen!“, sage ich wütend, versuche seinen aufgeregt umher schwirrenden Blick zu treffen. „Er ist zu weit gegangen!“

„Ja, das stimmt. Das weiß er auch.“ Noyas glänzende Augen verraten, wie aufgewühlt er ist.

„Und jetzt versteckt er dich hier, damit niemand davon erfährt!“, zische ich wütend.

„Nein.“ „Doch!“ Er schüttelt den Kopf, kneift die Augen zusammen. „Wenn es das wäre, wäre ich längst ausgebrochen.“ Ich lasse meine Arme sinken und sehe ihn fragend an. Mein Herz schlägt aufgebracht in meiner Brust. Ich bin so wütend, es fühlt sich an als würde ich jeden Moment explodieren. Er hält mich an beiden Handgelenken fest.

„Ich verstecke mich wegen meiner Mutter.“, sagt er schließlich und ich sehe ihn überrascht an. Dann gehe ich einen Schritt zurück und er lässt mich los. „Als sie mich gesehen hat, nachdem mein Vater...“ Er ballt die Hände zu Fäusten. Ich senke den Kopf, beobachte ihn aufmerksam. „Sie hat mich angesehen und geweint.“ Seine Stimme bricht und ich sehe zur Seite. „Sie glaubt meinem Vater, dass er die Beherrschung verloren hat. Er hat versprochen, dass es nie wieder passiert und sich entschuldigt.“ Ich ziehe die Augenbrauen zusammen.

„Glaubst du ihm auch?“, frage ich mit angestrengt ruhiger Stimme. Er nickt. Ich seufze.

„Ich habe Mutter angeboten zu Hause zu bleiben. Heute ist Donnerstag. Bis Montag wird man nichts mehr von dem blauen Auge sehen.“ Ich schüttele den Kopf. Noya greift nach meinem Arm und ich hebe den Blick. Er sieht mich bittend an. „Die Leute reden, Ryu...“ Ich sehe ihm in die Augen, blicke mich durch die Nuancen seiner feucht glänzenden braunen Iris. So warm und freundlich. Wie kann man einem solchen Wesen nur Leid zufügen? Ich nehme seine Hand und drücke sie. Er sieht mich überrascht an.

„Verstehe...“, sage ich leise und er atmet erleichtert durch.

Dann schiebe ich mich an ihm vorbei und öffne die Türe. Entgeistert sieht Noya zu mir auf. „Was....?“ Ich gehe die Treppe hinunter. „Ryu... Was hast du vor?“ Ich höre seine blanken Füße auf der Treppe, wie er mir folgt. Entschlossen betrete ich das Wohnzimmer. Noyas Mutter und sein Vater drehen sich gleichzeitig erschrocken zu mir um. Noya bleibt hinter mir stehen, fasst mich am Bund meines Hemdes, als wollte er mich zurückhalten.

„Was... wie bist du hier reingekommen?“, sagt sein Vater plötzlich irritiert und sieht mich wütend an. Ich entgegne seinem Blick ebenfalls zornig.

„Lassen Sie Noya zur Schule gehen.“, fordere ich mit festem Blick. Er wirkt irritiert.

„Das geht nicht.“, sagt er schließlich und macht einen Schritt auf uns zu. Ich spüre, wie Noya sich an meine Seite drückt. Als würde er Schutz suchen... Sicher eine unterbewusste Reaktion. Ich lege den Arm um seine Hüfte und sein Vater schreckt zurück. Anscheinend hat er begriffen, dass er seinem Sohn Angst macht. „Es... Es tut mir leid, Yu.“, sagt er bedrückt.

„Ich weiß, Papa.“, gibt er kleinlaut zurück. Ich drücke ihn an mich.

„Nur... die Folgen meines Fehlers sind sichtbar....“, gibt er widerwillig zu. Ich nicke. Er scheint es ehrlich zu bereuen, was mich sehr erleichtert.

„Ich war es.“ Seine Eltern sehen mich irritiert an und auch Noya bewegt den Kopf spürbar zu mir. „Ich werde sagen, dass ich Noya verletzt habe. Unabsichtlich natürlich.“ Sie blinzeln überwältigt. „Sie werden mir glauben.“ „Ryu...“, höre ich Noya hauchen. Ich sehe zu ihm runter und lächle ihn an. „Das ist ok für mich. Dann kannst du zur Schule gehen und zum Training kommen.“ Er senkt den Kopf und drückt seine Stirn an meinen Arm. Ich lächle und sehe dann ernst zu seinen Eltern rüber.

„Danke, Ryunosuke.“, sagt seine Mutter erleichtert. Sein Vater schweigt. Sie stößt ihn in die Seite. „Von mir aus.“, grummelt er.

„Gut.“, sage ich. Dann gehe ich auf ihn zu, entgleite Noyas Griff.

„Ryu...“, sagt er überrascht, doch ich gehe weiter, bis ich dicht vor seinem Vater stehe. Ich sehe ihm fest in die Augen.

„Das war das erste und letzte Mal, dass Sie Ihre Hand gegen Ihren Sohn erhoben haben. Lernen Sie ihn so zu akzeptieren, wie er ist und nicht, wie Sie ihn gerne hätten. Er ist ein anständiger junger Mann mit Mut und Ehre und wird es weit in seinem Leben bringen. Kommen Sie damit klar oder Sie lernen mich von einer anderen Seite kennen.“ Ich funkele ihn entschlossen an. Sein Blick ist erst überrascht, dann verärgert. Damit hätte ich rechen können.

„Verlass mein Haus. Auf der Stelle.“, sagt er mit festem Blick.

Ich verneige mich zum Abschied, dann drehe ich mich nochmal zu Noya um. Das Grummeln seines Vaters wird von mir ignoriert. Ich fasse Noya an den Schultern, der verdutzt zu mir aufsieht. Eindringlich sehe ich in seinen braunen Augen.

„Du bist stark.“, sage ich voller Ernst und er blinzelt. Die Schultern unter meinen Händen beginnen sich tief abzusenken, als er ausatmet. Tränen glitzern in seinen Augen. „Du bist der stärkste, aufrichtigste und mutigste Mensch den ich kenne.“ Sein Blinzeln lässt zwei kleine Wassertropfen seine Wangen hinablaufen. „Lass dir von keinem etwas anderes sagen.“ Ich lächle, als er die Nase hochzieht. „Ja?“

Er nickt. „Ja.“ Ein breites Grinsen formt sich auf den Lippen.

Ich nicke und verlasse durch die Vordertüre das Haus.

Draußen steht Asahi und läuft mit verängstigtem Blick zu mir.

„Tanaka, ist alles in Ordnung?“ „Ja.“, sage ich knapp und wir führen unseren Heimweg fort.

Wir legen ein ganzes Stück zurück, bevor Asahi nochmal das Wort ergreift.

„Was war denn los? Geht es Noya wirklich gut?“ Ich habe mich schon gewundert, warum er so lange geschwiegen hat.

„Alles ist geregelt.“ Ich lächle ihm zu. „Er wird morgen wieder zur Schule kommen.“

Asahis Augen funkeln erfreut. Dann nickt er lächelnd. „Schön.“
 

Als ich zu Hause ankomme, rennt mir Saeko aufgebracht entgegen. Sie hält den Hörer des Telefons fest in der Hand, als sie auf mich zu stürmt. Oh oh.

„Ryu! Was zum Teufel ist in dich gefahren?!“, brüllt sie und ich ducke mich als sie mit dem Hörer ausholt. „Herr Nishinoya hat gerade angerufen. Er sagt, du bist in ihr Haus eingebrochen und hast ihn bedroht!“ Wow. Er muss direkt angerufen haben, als ich weg war. Ts. Hätte ich mir ja denken können, dass er meine Eltern einschalten will.

„Das stimmt.“, sage ich leise.

„Hast du einen Vogel?!“, schreit sie. „Sei froh das unsere Eltern nicht da sind! Mutter hätte dir einen Einlauf verpasst, dass du drei Tage nicht sitzen könntest!“

Ich beuge mich entschuldigend tiefer runter.

„Ich musste ihm versprechen, dass ich mich drum kümmere und er hat es mir dann am Ende geglaubt.“, zischt sie und stemmt die Hände in die Hüften.

„Tut mir leid, dass du wegen mir Ärger hast, Schwester.“, sage ich ehrlich und sie lehnt sich zurück. Langsam beruhigt sie sich wieder.

„Was ist denn passiert?“, fragt sie schließlich und ich sehe auf. Wie soll ich ihr mein Verhalten erklären?

„Kann ich dich was fragen?“, sage ich nachdenklich und sie legt den Kopf zur Seite.

„Klar.“, meint sie sofort. Man merkt ihr den Gefühlsausbruch schon nicht mehr an.

Ich atme durch, meine Gedanken sortierend. „Wenn du ein Unrecht beobachtest...“, fange ich an und sie sieht mich erstaunt an. „...Du weißt genau, dass darf so nicht weiter gehen. Aber eigentlich geht es dich nichts an, weil du nicht Teil des Ganzen bist. Und du weißt auch, dass du dich in Gefahr begibst, wenn du dich einmischst...“ Ich spüre Noyas betäubende Hilflosigkeit und es schnürt mir die Brust zu.

„Ryu...“, haucht sie leise und ich sehe ihr in die Augen. Mein Blick ist leicht getrübt.

„Saeko, sag mir...“ Ich hole tief Luft. „Was würdest du tun? Wie weit würdest du gehen, für jemanden, den du liebst?“

Ihre Haltung entspannt sich. Meine Nase läuft und ich muss schniefen, halte aber den Blick zu ihr aufrecht. Sie macht einen Schritt auf mich zu, legt die Hand auf meine Schulter und sieht mich vollkommen ernst an. „Ich würde einfach alles tun.“

Ich atme erleichtert aus.

„Du hast Yu verteidigt?“, schlussfolgert sie und ich nicke. Sie lächelt und reibt meinen Arm. „Das hast du gut gemacht. Lass dir nichts anderes erzählen.“

Ich lächle ihr nach, als sie sich umdreht und im Hausflur verschwindet.

Zerrissen (Nishinoya)

Wir stehen vor unserer Haustür. Asahi hat mich nach Hause begleitet. Es ist nicht nötig, das habe ich ihm auch schon oft gesagt, doch er besteht darauf und das finde ich toll.

Ich werfe meine Arme nach oben und verschränke die Hände in seinem Nacken, während ich mich auf die Zehenspitzen stelle. Ich strecke meinen Körper und erreiche so gerade seine Kinnhöhe. Er neigt sich zu mir runter, küsst mich zärtlich und ich fahre mit den Fingern sanft über seinen Wange, als ich mich wieder auf die Fersen absenke.

„Mach´s gut. Bis Morgen.“, sage ich mit weicher Stimme und er küsst meine Stirn, als wolle er sich noch nicht verabschieden.

„Bis Morgen nach der Schule.“, entgegnet er lächelnd, dreht sich um und geht winkend die Straße entlang. Sehnsüchtig sehe ich ihm nach bis er um die Ecke biegt. Breit grinsend gehe ich durch den Vorgarten und öffne die Haustür. Mein Herz klopft immer noch etwas zu schnell. Es ist so schön mit Asahi, ich kann es mir gar nicht besser wünschen.

„Ich bin zuhause.“, sage ich fröhlich und ziehe meine Schuhe aus. Als ich aufsehe, steht mein Vater vor mir, die Arme in die Hüfte gestemmt. Ich sehe ihn unsicher an, sein Blick ist verurteilend. Meine Brust zieht sich zusammen. Was ist? Warum guckt er so, als will er schimpfen?

„Ich habe nicht richtig gesehen oder?“, sagt er mit zornig tiefer Stimme.

„Was meinst du?“. entgegne ich, verlagere mein Gewicht auf den hinteren Fuß.

„Dort gerade. Vor der Tür unseres Hauses.“ Er sieht mich auffordernd an, sein Blick durchbohrt mich förmlich.

„Was? Meinst du Asahi?“, frage ich und ziehe die Augenbrauen zusammen.

„Yu.“ Reflexartig stelle ich mich gerade hin. So starten seine Schimpftiraden. „Yu, hat dieser Junge...“ Ich sehe ihm fest in die Augen, es fällt ihm wohl schwer weiter zu sprechen, doch er schafft es schließlich. „Hat dieser Junge dich geküsst? Hier, direkt vor unserem Haus?“

Mein Herz klopft aufgeregt. Er hätte es sowieso irgendwann erfahren. Dann eben jetzt.

„Ja.“, sage ich trocken und kann sehen, wie der Schock ihm in die Glieder fährt. „Asahi ist mein Freund, mein fester Freund. Wir sind ein Paar.“

Einen Moment lang starren wir uns an, dann merke ich, wie die Wut in ihm aufsteigt und presse eingeschüchtert die Arme an meine Seiten.

„Was zum...“ Er ringt offensichtlich nach Worten. Er ist wirklich wütend. „Ist das dein ernst?“

Ich zucke zusammen, balle die Hände zu Fäusten. „Ja.“, sage ich so fest ich kann.

Plötzlich macht er einen schnellen Schritt auf mich zu, ich weiche zurück. „Was ist nur verkehrt bei dir?“, ruft er zornig, dass sich mir die Nackenhaare aufstellen. „Ich habe immer versucht, das Beste für dich zu ermöglichen. Und so dankst du es mir?“ Ich sehe überfordert zu ihm hoch. „Du bringst Schande über mein Haus.“

Seine Worte treffen mich wie Messer. Es tut weh, ihn offensichtlich zu enttäuschen. Doch ich werde mich nicht einfach unterwerfen.

„Indem ich glücklich bin?“, frage ich provokant. „Das entehrt dich?“ Er schnaubt verächtlich.

„Er ist ein Mann!“, entgegnet er, als wäre es ein Konter zu meinen Worten. Meine Fingernägel bohren sich schmerzhaft in die Handinnenflächen. „Na und?“ „Du bist verwirrt, mein Sohn. Er nutzt dich nur aus.“

Was fällt ihm ein so über Asahi zu sprechen?! „Du hast doch keine Ahnung!“, schnauze ich ihn an. Er blickt mich entsetzt an. Dann stürmt er auf mich zu. Ich bleibe angespannt stehen, sehe zu ihm auf.„Ich liebe ihn, Papa. Er ist gut zu mir.“

„Du bist ein Narr!“ Er holt aus, dann geht alles zu schnell.

Ich spüre einen harten Schlag auf die rechte Wange, direkt unter meinem Auge. Perplex reißt mich der Schwung seiner Hand mit und ich stürze zur Seite, falle unsanft auf meinen linken Arm. Mir stockt der Atem, während ich meine Hand langsam anhebe und über meine pochende Wange lege. Er hat... Er hat... Ich hätte ihm einiges zugetraut, aber nicht das. Er hat mich ins Gesicht geschlagen...

„Yu.“, höre ich seine aufgeregte Stimme. Ich sehe zu ihm auf, meine Augen sind tränengefüllt. Er sieht mich erschrocken an. „Ich... Ich wollte nicht...“ Verunsicherung schwankt in seiner Stimme mit. Mein Hals fühlt sich an, als würde ihn jemand zudrücken. „Es tut mir leid.“ Seine Stimme ist bedrückt leise.

Ich sehe ihn an mit zitternder Unterlippe, unfähig etwas zu sagen.

„Es war nie meine Absicht dir wehzutun.“ Er neigt sich zu mir runter, ich sehe weg. „Bitte vergebe mir. Meine Wut hat mich kontrolliert. Das hätte nie geschehen dürfen.“ Seine Stimme zittert, woraufhin ich ihn ansehe. Er wirkt aufgewühlt, als würde es ihm ehrlich leid tun. So erschüttert wie ich auch bin, ich glaube ihm. Er muss sich schrecklich fühlen. Das würde ich ihm zumindest raten. Ich schlucke und stehe wieder auf. „Ist schon ok, Papa.“, sage ich leise.

„Ich bin so enttäuscht von dir, Yu, dass mich schon meine Sinne verlassen.“ Ich spüre deutlich den Schmerz in meinem Herzen, den seine Worte verursachen. Ich sehe zu Boden. „Gib mir dein Handy.“ Mechanisch greife ich in meine Hosentasche und überreiche es ihm. Ich fühle mich gebrochen, habe keine Kraft mehr gegen zu argumentieren. „Du hast Hausarrest.“ Damit habe ich schon gerechnet. „Geh auf dein Zimmer.“ Ich spüre die Tränen in meinen Augen ansteigen. Schnell drehe ich mich um und laufe los zur Treppe. Gerade als ich die ersten Stufen hoch renne, höre ich wie sich die Haustüre öffnet und meine Mutter hinein kommt. Ich laufe schluchzend weiter, bis in mein Zimmer und werfe mich auf das Bett.

Es ist so ungerecht. Warum kann mein Vater mich nicht einfach in Ruhe lassen? Immer muss er sich einmischen und macht es nur noch schlimmer. Ein brennender Schmerz macht sich in mir breit. Ich ersticke mein Wimmern im Kopfkissen.
 

Es dauert nicht lange, bis es an meiner Zimmertüre klopft.

„Yu, mein Schatz.“, dringt die Stimme meiner Mutter sanft durch die Türe. „Darf ich zu dir rein kommen?“

Ich hebe den Kopf aus dem Kissen und überlege kurz. „Ja, Mama.“, sage ich mit gebrochener Stimme. Ich höre ihre Schritte und wie sie zu mir zum Bett kommt. Die Matratze gibt nach, sie hat sich wohl neben mich gesetzt. Ich richte mich auf, setze mich neben sie, halte den Kopf gesenkt.

„Was ist denn nur passiert?“, sagt sie besorgt und reibt mir fürsorglich den Rücken. „Papa ist so außer sich, er bringt kein Wort heraus. Er hat nur geknurrt, als ich ihn gefragt habe.“

Ich schniefe. Da habe ich ihn wohl ziemlich aus dem Konzept gebracht. „Wir haben uns gestritten.“

„Und worüber?“ Ich schlucke, bin unsicher wie Mutter reagieren wird.

„Weil ich mich in Asahi verliebt habe.“ Ich drücke meine Hände im Schoß zusammen.

„Ich hatte befürchtet, dass er so reagiert...“ „Du wusstest es?“, frage ich überrascht, starre meine Finger an. „Natürlich.“, sagt sie und ein Lächeln schwingt in ihrer Stimme mit. „Eine Mutter weiß immer, wie es ihrem Kind geht.“ „Und für dich ist das ok?“ „Selbstverständlich.“ Ich schlucke, reibe mir Tränen aus den Augen. Ihre Zuneigung erfüllt mich erleichternd. Sie drückt mich an sich.

„Ach, Yu.“ Sie reibt stärker über meinen Rücken. „Papa kommt aus einer sehr traditionellen Familie, das weißt du.“ Ich nicke schluchzend. „Gib ihm ein bisschen Zeit. Dann wird er erkennen, dass Asahi eine gute Wahl ist.“ Sie lacht auf. „So ein anständiger junger Mann.“ Ich sehe Asahi vor meinem inneren Auge und ein Lächeln zieht sich über meine Lippen. „Ok?“, fragt sie schließlich und drückt mich kurz, bevor sie mich loslässt.

„Ok.“, sage ich mit wackliger Stimme.

Sie legt die Hand an meine linke Wange und dreht mein Gesicht zu sich. Ich sehe sie an, als sie mir ein paar Haare aus der Stirn streicht. Sie lächelt liebevoll. Dann wandert ihr Blick zu meiner rechten Wange und sie erstarrt. Mit weit aufgerissenen Augen sieht sie mich an.

„Was...?“, sagt sie geschockt und dreht meinen Kopf zwischen ihren Händen, fokussiert mein Gesicht. Als sie mit dem Daumen über meine Wange streicht, durchfährt mich ein glühender Schmerz und die Stelle, die sie berührt hat beginnt zu pochen. Ich kneife ein Auge zu. „Wie... wie ist das denn passiert?“, fragt sie aufgebracht.

Ich senke den Blick. „Papa ist vollkommen ausgerastet als er von Asahi erfahren hat.“ Ein geschockter Laut entsteigt Mutters Kehle und sie schlägt die Hand vor den Mund. „Er hat sich direkt entschuldigt.“, sage ich schnell, doch ihr Blick bleibt eingefroren.

„Oh nein... Yu... Mein Schatz...“ Sie wirft sich nach vorne und drückt meinen Kopf an ihre Brust. Dann höre ich ein Schluchzen, dass mir das Blut in den Adern gefrieren lässt. „Mein Baby...“ Mir schießen Tränen in die Augen. Meine Mutter weint.

„Mama, bitte hör auf zu weinen...“, sage ich erstickt, doch sie drückt mich nur an sich. „Bitte... Es ist wirklich nicht so schlimm. Papa sagt, es tut ihm leid... Ich glaube ihm.“

Sie streichelt über meinen Kopf und lockert schließlich ihren Griff. Besorgt sieht sie mich an, während sie die Tränen aus ihrem Gesicht wischt.

„Ich werde mit deinem Vater sprechen.“, sagt sie ernst. „So geht das nicht.“

Ich nicke etwas überfordert. Ja, sie soll ihm ruhig die Meinung geigen. Ich sehe sie an, wie sie meine Wange anstarrt. Plötzlich sieht sie erschrocken aus.

„Was hast du?“, frage ich besorgt und sie legt die Hand über meine Wange, die spürbar angeschwollen ist.

„Was werden sie wohl sagen...“, sagt sie, wie unter Schock mit starrem Blick. Sie schluchzt. „Sie werden sagen, die Nishinoyas schlagen ihre Kinder.“ Sie keucht entsetzt auf, schlägt die Hände vors Gesicht, während es mir kalt den Rücken hinunter läuft. Oh nein. Ich will nicht, dass man über Mutter tratscht. Das hat sie nicht verdient.

„Nein, Mama.“, sage ich schnell und umfasse ihre Handgelenke. „Es... Es muss ja keiner erfahren.“

„Yu, aber sie haben doch Augen. Wenn sie dich sehen...“ Ich schüttele den Kopf.

„Werden sie nicht.“ Mutter sieht fragend zu mir auf. „Ich... Wir werden einfach sagen, ich sei krank. Morgen ist Donnerstag, dann ist schon Freitag... und am Montag wird man nichts mehr von dem blauen Auge sehen. Ich bleibe einfach zu Hause.“ Sie sieht mich mit großen Augen an und ich versuche mich an einem beruhigenden Lächeln. „Das ist schon ok.“

„Ach, Schatz.“, haucht sie und umarmt mich. Ich lege meinen Kopf auf ihre Schulter, lasse mich halten. Ja... Es ist schon ok...

***

Ohne mein Handy ist es mir nicht möglich Asahi oder Ryu zu kontaktieren und so kommt es, wie es eigentlich zu erwarten war. Sie besuchen mich nach der Schule. Natürlich haben sie mich vermisst, habe ich mich schließlich nicht mal abgemeldet. Ich höre das Klingeln, setze mich aufs Bett und drücke mein Kopfkissen an mich. Unten erklingt die Stimme meines Vaters, auch Ryu kann ich hören. Ich würde jetzt so gerne mit ihm reden. Ich kann nicht verstehen, was Papa sagt, doch er schickt ihn fort. Deprimiert lasse ich den Kopf hängen.

Wenige Sekunden später höre ich ein Klacken an der Fensterscheibe. Hab ich mir das eingebildet? Ich sehe hin und kann einen kleinen Stein erkennen, der gegen mein Fenster schlägt. Ryu! Ich springe auf und schiebe das Glas nach oben, um mich nach draußen zu lehnen. „Ryu...“, hauche ich und meine Haare fallen mir in die Stirn. Unten steht Ryu und auch Asahi ist da. Mein Herz macht einen Freudensprung, Es ist schön, sie zu sehen.

„Noya.“, sagt er mit erleichtertem Tonfall. Er hat sich sicher Sorgen gemacht. „Warum gehst du nicht ans Handy?“ „Ich habe Hausarrest.“ Ryu weiß, dass das bedeutet, dass Vater mein Handy einkassiert hat. Er stöhnt genervt. Ich kann ihn verstehen. So fühle ich mich auch.

„Geht es dir gut?“, ruft Asahi leise und ein Lächeln zieht sich über meine Lippen. Seine Stimme verursacht eine wohlige Wärme in meinem Bauch.

„Ja, macht euch keine Sorgen.“ Asahi legt erleichtert eine Hand auf die Brust, während Ryu skeptisch zu mir hoch sieht.

„Warum kommst du nicht zur Schule?“

„Ich soll zu Hause bleiben.“, sage ich spontan, in der Hoffnung, mein Hausarrest genügt ihm als Grund für meine Abwesenheit. Offenbar glaubt er mir nicht.

„Quatsch.“ Ich zucke zusammen. Vor Ryu kann ich nichts verbergen. Er liest mich wie ein Buch. Ich bin beeindruckt und gleichermaßen stolz, ihn zum Freund zu haben. Ich bedeute ihm etwas. Sonst würde er sich nicht solche Mühe für mich geben. Aber ich brocke ihm nur Ärger ein, wenn er bleibt.

„Ihr geht jetzt besser. Wenn mein Vater euch erwischt, gibt es Ärger.“

„Ist mir egal.“ Natürlich ist es das, ich habe nichts anderes erwartet. „Du lügst. Es geht dir nicht gut.“ Warum versuche ich es überhaupt, natürlich merkt er es...

„Ryu... Es ist wirklich ok.“, lenke ich ein.

Dann sehe ich, wie er in den Vorgarten steigt und sich an der Hauswand zu schaffen macht. Will er etwa zu mir hoch klettern?! Er fordert Asahi auf, ihm zu helfen. Oh nein!

„Leute. Das ist gefährlich.“, rufe ich halblaut, wären Ryu die Wand hinauf klettert. „Geh sofort wieder nach unten! Wenn du hinunterfällst, brichst du dir das Genick!“

„Nix da.“, knurrt Ryu und greift durch mein Fenster. Gleich ist er drinnen.

Plötzlich bewegt er sich ruckartig nach unten. Er hat den Halt verloren!

„Ryu!“, rufe ich erschrocken und werfe mich nach vorne. Mit festem Griff packe ich seinen Oberarm. Ich versuche ihn hochzuziehen, doch er ist viel zu schwer für mich. Ich stöhne angestrengt. „Halt dich fest, du bist zu schwer...“, gebe ich widerwillig zu. Schließlich kann er sich am Fensterrahmen abdrücken und ich kann ihn zu mir ziehen. Gemeinsam stürzen wir über die Fensterbank zurück in mein Zimmer. Keuchend sitzen wir auf dem Boden, als Ryu auflacht.

„Das war knapp.“, sagt er grinsend und ich sehe ihn entsetzt an. „Du bist echt der Wahnsinn.“ „Das wusstest du doch.“ Wir sehen uns an und ich muss auch lachen. Auch wenn er nicht hier sein sollte, so freue ich mich gerade unendlich, dass er da ist. Doch leider, ist es besser, wenn er wieder geht. Ich senke den Kopf tief, will meine Verletzung verstecken, die er offenbar noch nicht bemerkt hat.

„Das war nicht nötig, es ist alles in Ordnung, wie du siehst.“ Ich versuche so ernst wie möglich zu sprechen, um ihn zu überzeugen, doch sein Tonfall verrät mir schon, es ist vergebens.

„Sieh mir in de Augen und sag das nochmal. Dann gehe ich auf der Stelle.“, fordert er und ich drehe den Kopf weg. „Noya, sieh mich an.“ Ich balle die Hände zu Fäusten, muss mit aller Kraft dagegen ankämpfen, ihn anzusehen „Komm schon, bitte.“ Seine Stimme ist so zart, fast flehend. Ich kann das nicht ertragen, kann ihn nicht weiter belügen. Doch den Mund bekomme ich auch nicht auf. Ein fester Kloß hat sich in meinen Hals gebildet. Ich versuche durchzuatmen, dann gebe ich auf, drehe langsam meinen Kopf zu ihm und sehe ihm auf die Knie. Ich beobachte, wie sich seine Hand an mein Kinn legt und spüre, den Druck, mir dem er meinen Kopf anhebt. Ich gebe nach, neige den Kopf in den Nacken, weiche aber weiterhin seinem Blick aus. Jetzt kann er es sehen, das Ausmaß meiner Schande... Wie er wohl reagiert? Ich hebe den Blick, um meine Frage zu beantworten und wir sehen uns kurz in die Augen. Er starrt auf meine pochende Wange.

„Was zum...?“, dringt es erstickt aus seinem Mund. Der Schock ist ihm ins Gesicht geschrieben. Ich muss es ihm sagen, ich kann nicht anders.

„Er... Er hat es erfahren...“, meine Stimme ist kratzig, mein Blick trübt sich. „Das... mit Asahi. Das wir... jetzt ein Paar sind.“ Ich will nicht weinen, doch ich kann es auch nicht verhindern. Ich fühle mich so zerrissen. „Es hat ihm nicht gefallen... wie du sehen kannst...“ Ryu sieht mich entsetzt an, sein Mund leicht geöffnet, doch ich bin mir nicht sicher, ob er überhaupt atmet. „Er... hat sich direkt entschuldigt.... also...“

Plötzlich verschwindet der Ausdruck in seinen Augen und er steht ruckartig auf.

„Ryu...?“, frage ich überrascht und richte mich ebenfalls auf. Er geht auf die Zimmertür zu. Was hat er vor? Er will doch nicht etwa zu meinem Vater gehen? „Ryu!“ Ich greife sein Handgelenk und versuche ihn zurückzuhalten, doch er stemmt sich gegen mein Gewicht. Er ist stärker als ich. „Ryu, was hast du vor?“

„Ich weiß es nicht.“ Seine Stimme klingt bedrohlich tief, wie ein Raubtier. Ich erschrecke. Ich muss ihn aufhalten!

„Ryu, lass das. Bitte. Du machst es nur schlimmer...“ Ich spüre die Tränen in mir aufsteigen und schnappe nach Luft. Er fährt herum, fasst mich an den Schultern.

„Noya, er hat dich geschlagen!“ Ich weiß. Doch was soll ich darauf antworten? „Er ist zu weit gegangen!“ Ja, da hast du Recht.

„Ja, das stimmt. Das weiß er auch.“, bringe ich erstickt hervor.

„Und jetzt versteckt er dich hier, damit niemand davon erfährt!“ Ryus wütende Stimme ist furchteinflößend. „Nein.“ Entgegne ich fast panisch. „Doch!“ Wie soll ich ihn nur aufhalten? Mir fällt nicht besseres als die Wahrheit ein. „Wenn es das wäre, wäre ich längst ausgebrochen.“

Anscheinend dringen meine Wort auch durch all seine Wut zu ihm durch, denn seine Haltung entspannt sich ein wenig. Ich lege die Finger um seine Handgelenke. Er hält still.

„Ich verstecke mich wegen meiner Mutter.“, gebe ich zu und lasse ihn los. Ich erzähle ihm von ihren Tränen, schlucke schwer gegen den Kloß in meinem Hals. Mich an ihr Schluchzen zu erinnern, bricht mir das Herz. „Sie glaubt meinem Vater, dass er die Beherrschung verloren hat. Er hat versprochen, dass es nie wieder passiert und sich entschuldigt.“ Ich hole tief Luft. Es tut tatsächlich ein bisschen gut, dass Ryu es jetzt weiß. Ich finde es schrecklich ihn zu belügen.

„Glaubst du ihm auch?“, fragt er mit angestrengt ruhiger Stimme. Ich nicke, erkläre ihm, dass ich zu Hause bleiben werde, bis meine Wange wieder abgeheilt ist. Er schüttelt nur ablehnend den Kopf. Ryu, ich brauche jetzt deine Unterstützung. „Die Leute reden, Ryu...“

Er sieht mir tief in die Augen, dass mir fast schwindelig wird. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie fest und durchdringend sein Blick sein kann. Als würde er direkt in meine Seele blicken.

Plötzlich nimmt er meine Hand. „Verstehe...“

Dann steht er auf und geht zur Türe. Entgeistert folge ich ihm, versuche ihn aufzuhalten, indem ich seinen Namen rufe, doch es ist als würde oder besser wolle er mich nicht hören. Er geht die Treppe hinunter ins Wohnzimmer. Ich fasse den Bund seiner Hemdes, als er vor meinen Eltern stehen bleibt, die sich ihm und mir überrascht zuwenden. Vater sieht wütend aus. Ich drücke den Stoff zwischen meinen Fingern zusammen.

„Lassen Sie Noya zur Schule gehen.“ Was? Ich habe doch eben gerade erklärt, dass das nicht geht. Was verspricht er sich von meinem Vater?

Mein Vater verneint, macht einen Schritt auf uns zu. Ich stelle mich dicht hinter Ryu und er legt den Arm um mich. Sofort fühle ich mich geborgen. Ryu wird nicht zulassen, dass mir etwas passiert. Doch gerade habe ich Sorge, dass ich ihn nicht beschützen könnte. Wenn Vater jetzt noch einmal ausrastet und ihn angreift...

Plötzlich sieht Vater mich bedauernd an. „Es... Es tut mir leid, Yu.“, sagt er bedrückt.

„Ich weiß, Papa.“, gebe ich kleinlaut zurück. Ryu festigt seinen Griff an meiner Hüfte. Er steht mir zur Seite. Ich halte mich an ihm fest.

„Nur... die Folgen meines Fehlers sind sichtbar....“, gibt Vater widerwillig zu. Dann sagt Ryu etwas, dass ich nicht erwartet habe.

„Ich war es.“ Ich sehe überrascht zu ihm auf. „Ich werde sagen, dass ich Noya verletzt habe. Unabsichtlich natürlich. Sie werden mir glauben.“ „Ryu...“, sage ich überwältigt und er lächelt mich an. „Das ist ok für mich. Dann kannst du zur Schule gehen und zum Training kommen.“

Ach, Ryu... Wie kann ein Mensch so gutherzig sein? Überfordert drücke ich mein Gesicht an seine Arm, kämpfe dagegen an in Tränen auszubrechen.

„Danke, Ryunosuke.“, sagt Mutter erleichtert. „Von mir aus.“, grummelt Vater.

Ryu macht einen Schritt nach vorne, wodurch sein Arm aus meinem Klammergriff rutscht. Überrascht sehe ich zu ihm auf, wie er sich vor meinem Vater aufbaut. Was...

„Das war das erste und letzte Mal, dass Sie Ihre Hand gegen Ihren Sohn erhoben haben. Lernen Sie ihn so zu akzeptieren, wie er ist und nicht, wie Sie ihn gerne hätten. Er ist ein anständiger junger Mann mit Mut und Ehre und wird es weit in seinem Leben bringen. Kommen Sie damit klar oder Sie lernen mich von einer anderen Seite kennen.“ Geschockt starre ich Ryu an und kann sehen, wie Vater wütend wird. Er hat sich einiges raus genommen, so respektlos zu sein. Ich habe ein wenig Angst, doch ich bin auch sehr stolz auf ihn.

„Verlass mein Haus. Auf der Stelle.“, sagt Vater mit festem Blick.

Ryu ist sogar so anständig sich zum Abschied zu verneigen. Doch bevor er geht, dreht es sich noch einmal zu mir um, packt mich fest an den Schultern, dass ich zusammenschrecke.

„Du bist stark.“, sagt er und es ist ein unerschütterlicher Ernst in seiner Stimme, dass mein Herz schneller zu schlagen beginnt. Es sagt mir liebe Wort, macht mir Komplimente, dass mir die Tränen kommen. „Lass dir von niemandem etwas anderes erzählen.“ Danke, Ryu.

„Ja.“

Er verlässt das Haus und ich sehe ihm mit großen Augen nach.

„Was fällt ihm ein?“, beginnt mein Vater zu schimpfen. „Dieser freche...“

Wütend balle ich die Hände zu Fäusten. Ich werde ihn nicht so über Ryu reden lassen. Doch bevor ich etwas sage kann, ergreift meine Mutter das Wort.

„Jetzt reicht es aber, Yosuke.“ Ihre Stimme ist so fest, dass sich mein Vater und ich gleichermaßen erschrecken. „Man könnte ja meinen, sein bester Freund würde deinen Sohn mehr lieben als du es tust.“ Er blinzelt irritiert und ich spüre Wärme in meiner Brust. Ich bin wirklich froh, dass ich Ryu habe.

Unsichtbar (Nishinoya)

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Abkühlung (Asahi)

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Krach (Tanaka)

Ich reibe mir mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn und fokussiere den Ball. Wir befinden uns im zweiten Satz gegen Aoba Josai. Leider haben wir den ersten knapp abgegeben, doch jetzt haben wir den Satzball. Oikawa hat Aufschlag und dreht den Ball in seiner Hand.

Kurz huschen meine Augen durch unsere Reihen. Alle sind furchtbar angespannt und bis aufs Äußerste konzentriert. Noya, Asahi und Daichi haben die Knie tief gebeugt und erwarten die Angabe fokussiert. Da ich gerade hinten stehe, gehe auch ich in die Hocke.

Der Aufschlag kommt schnell, doch Daichi kann ihn annehmen. Ich richte mich auf, mache mich für einen Synchronangriff bereit. Kageyama spielt Hinata zu, ein Schnellangriff! Geräuschvoll schlägt der Ball gegen die Arme des gegnerischen Libero. Oikawa stellt, Iwaizumi läuft an. Ich habe keine Ahnung wo er hinschlagen wird, doch der Ball ist super zugespielt und er kann kraftvoll schlagen. Kageyama berührt ihn, als er blockt und der Ball fliegt halbhoch in die Mitte unseres Spielfeldes. Ich höre Sportschuhe auf dem Hallenboden quietschen und senke den Blick, der bis gerade auf den Ball gerichtet war. Alle starren nach oben. Asahi und Noya sind mit Schwung angelaufen. Etwas in mir zuckt zusammen, als ich bemerke, dass sie mit Vollgas auf einander zu stürmen. ´Vorsicht!´, hallt es durch meine Gedanken, doch ich schaffe es nicht rechtzeitig Worte in meinem Kopf zu artikulieren und es geschieht, ohne dass ich es aufhalten kann. Noya und Asahi knallen mit Schwung gegeneinander. Ich ziehe erschrocken die Schultern hoch, als Noya regelrecht weggeschleudert wird. Das sah aus, als hätte es echt weh getan. So muss es sich wohl anfühlen, wenn man von einem Auto angefahren wird. Asahi geht gerade, bäuchlings zu Boden, Noya rollt ein ganzes Stück nach rechts und bleibt dann regungslos auf der Seite liegen.

„Scheiße!“, sage ich zischend und renne zu ihm. Ich werfe mich auf die Knie und stoppe meinen Schwung mit den Schuhen, komme direkt neben ihm sitzend zum Halten. „Noya.“, sage ich besorgt und fasse ihn an der Schulter. Er kippt auf den Rücken, seine Augen geschlossen. Ich erschrecke. Er ist bewusstlos. Ich lege eine Hand in seinen Nacken und hebe seinen Kopf leicht an, schüttele mit der anderen Hand seine Schulter. „Komm schon, Noya. Noya!“, rufe ich, doch keine Reaktion. Ich höre, dass die anderen sich auch in Bewegung versetzen, doch ich sehe nicht von Noyas Gesicht auf. Dann zuckt er. Ich sage seinen Namen. Keine Reaktion. Stattdessen zuckte er wiederholt und ein gurgelndes Geräusch dringt zu mir hoch. Er wird blass und seine Lippen werden dunkler. Er erstickt! Ohne Nachzudenken öffne ich Noyas Mund und schiebe mit meinen Fingern seine Zunge aus dem Rachen. Bewusstlose können an ihrer Zunge ersticken, das weiß ich. Dennoch macht er keine Anstalten zu atmen. Ich spüre wie mein Herz aufgeregt gegen meine Brust schlägt. Noyas Lippen färben sich blau. Nein...

Mein Körper bewegt sich von alleine. Ich hebe Noyas Nacken an, wodurch sein Kopf nach hinten kippt. Mein linke Hand fährt an seinen Kiefer und hält seinen Mund geöffnet, gleitet dann hoch zu seinem Gesicht und drückt seine Nase zu. Ich atme ruckartig ein, neige mich tief zu ihm runter und verschließe seinen Mund mit meinem. Kontrolliert presse ich die Luft aus meiner Lunge in seine. Noyas Brustkorb hebt sich sichtbar. Es klappt! Ich atme nochmal tief ein und beatme ihn ein zweites Mal. Ein Glucksen, dann beginnt er zu husten. Ich richte ihn leicht auf und sein Kopf lehnt gegen meine Brust. Er schnappt nach Luft. Erleichtert reibe ich seinen Arm. „Noya, hey.“ Meine Stimme ist sanft. Er brummt, es sieht aus als käme sein Bewusstsein zurück. „Mh...“, macht er schwach, liegt schwer in meinem Arm. „Noya, sieh mich an.“, fordere ich und neige mich zu ihm runter. Schwerfällig hebt er den Kopf und sieht mich mit glasigen, halb geöffneten Augen an. Sag was. Komm schon, sag etwas. Ich muss wissen, wie es um dich steht!

„Ryu...“ Sein Blick fokussiert mich und ich beginne zu lächeln. Er erkennt mich. Erleichtert atme ich aus.

„Das hat ganz schön geknallt.“, höre ich Daichi sagen, der sich zu uns runter hockt.

„Weißt du noch, was passiert ist?“, frage ich und stütze Noyas Rücken mit meinem rechten Arm, stemme dabei meinen Ellbogen in meine Hüfte. Er überlegt, dann sieht er mich an und ich kann beobachten wie sein Blick mit jedem Wort klarer wird.

„Ich bin... mit Asahi zusammengestoßen!“, sagt er aufgebracht und sieht sich um. Asahi sitzt an seiner rechten Seite auf dem Boden, hat sich zwischen seinen Beinen auf die Arme nach vorne gestützt. Er sieht Noya mit tränengefüllten Augen an. Als sich ihre Blicke treffen, beginnt er zu weinen.

„Hey...“ Noyas Stimme ist samtweich. Er streckt seinen Arm aus und legt die Hand an Asahis Wange. „Du kannst nichts dafür. Sowas kann passieren.“

Asahi schluchzt geräuschvoll und legt beide Hände über Noyas Hand, drückt sie an sich.

„Nishinoya...“, ergreift Coach Ukai das Wort und Noya und ich sehen ihn an. „Du bist weggetreten. Yamaguchi holt die Sanitäter. Die kommen gleich und werden dich mitnehmen.“

Noya senkt bedrückt den Blick. Er würde wohl lieber weiterspielen, doch sieht wohl auch ein, dass dies nicht sinnvoll ist. „Ok.“

„Wo hast du Schmerzen?“, fragt er und Noya bewegt die linke Hand. Dann schnellt sie an die Rippen der linken Seite.

„Es geht schon. Ich spüre den Aufprall noch, aber es tut nicht über die Maßen weh.“, sagt Noya nachdenklich.

„Wir sind mit den Köpfen zusammengestoßen.“, erhebt Asahi mit gebrochener Stimme das Wort. Er fasst sich an sie rechte Stirnseite und kneift ein Auge zusammen. „Ich bekomme wohl eine Beule.“

Noyas Augen weiten sich kurz überrascht, dann legt er die linke Hand an seinen Hinterkopf.

„Ah..“, dringt es schmerzverzerrt aus seinem Mund. Er nimmt die Hand zurück vor die Brust und wir zucken gemeinsam zusammen. Seine Handfläche ist voller Blut. „Das ist nicht gut, oder?“, sagt er und sein Blick trübt sich. Im nächsten Moment kippt er gegen mich und sackt in sich zusammen.

„Noya!“, rufen Asahi und ich gleichzeitig.

In diesem Moment kommt Yamaguchi mit den Sanitätern. Sie legen eine Trage neben Noya ab. Ich übergebe Noya mit zittrigen Händen an einen der Sanitäter und rutsche ein Stück zurück. Beunruhigt kratze ich mich am Arm, sehe zu wie sie ihn versorgen, als sich Sugawara zu mir runter hockt.

„Tanaka, das war echt der Wahnsinn...“, haucht er überfordert. Ich sehe fragend zu ihm hoch. Er lächelt mich an. „Wie du Erste-Hilfe geleistet hast.“

„Ah. Oh...“ Ich lege nachdenklich den Kopf zur Seite. „Ja. Ich habe vor kurzem den Erste-Hilfe-Kurs mit meiner Schwester belegt, den sie für den Führerschein gemacht hat. Sie hat mich einfach mit geschleppt. Hätte nicht gedacht, dass ich ihr mal dafür dankbar sein würde.“ Ja, das bin ich wirklich. Saeko. Vielen Dank.

„Aber, dass du einfach loslegst. Total krass.“ Ich sehe ihn erstaunt an. „Ich war vollkommen geschockt, konnte nur dastehen wie angewurzelt. Und du... du hast Nishinoya einfach... gerettet.“ Ich blinzele ihn an und er klopft mir auf die Schulter. „Ich bin stolz auf dich.“

Überfordert kann ich nur nicken, dann sehe ich wie sie Noya wegtragen und stehe auf.

„Ich werde mitgehen.“, sagt Takeda und folgt den Sanitätern.

Ich gehe zu Asahi, der zitternd dasteht, den Kopf gesenkt. Ich stelle mich vor ihn,lege meine Hand auf seine Schulter. „Das wird schon wieder. Noya ist hart im Nehmen und in sehr guten Händen.“, versuche ich ihn zu trösten, doch kann nur beobachten, wie Tränen seine Wangen hinunter laufen. Ich weiß, dass ich nichts sagen kann, was ihn jetzt entlastet. Also lege ich meine Hand in seinen Nacken und ziehe seinen Kopf runter, bis er auf meiner Schulter liegt. Asahi beginnt zu weinen und ich lege die Arme um ihn. Er krallt sich in mein Shirt und schluchzt herzergreifend.

Einen Moment bleiben wir so stehen, dann richtet er sich auf, reibt sich durch die Augen. Ukai ergreift das Wort. „Das Spiel wird erst mal unterbrochen. Es ist noch nicht klar, ob wir heute weiter spielen.“ Ich senke den Blick. „Tanaka.“ Ich sehe wieder auf. „Du hast mich überrascht. Ich bin beeindruckt. Du hast wirklich vorbildlich gehandelt.“ Ich nicke nur, mache mir zu viele Sorgen, um mich über sein Lob zu freuen. „Geh dich jetzt waschen, nur für den Fall, das es gleich weitergeht. Hast du dein Wechseltrikot dabei?“ Ich blinzele überrascht, dann sehe ich an mir herab. Meine rechte Hand und auch der Unterarm sind voller Blut. Geschockt ziehe ich an meinem Shirt und muss feststellen, dass der orange Streifen an meiner rechten Seite, rot durchzogen ist. Das.. ist ganz schön viel Blut... Ich schlucke schwer, dann nicke ich geistesabwesend, mache mich auf den Weg zum Waschraum.

Dort angekommen drehe ich den Wasserhahn auf und halte mein rechtes Handgelenk unter den Wasserstrahl. Sofort fließen dunkelgelbe Schlieren in den Abfluss. Ich beobachte wie sich das weiße Becken mit orangen Sprenkeln überzieht.

Erst jetzt, in diesem Moment der Ruhe, beginne ich zu realisieren, was gerade geschehen ist.

Noya hat bei dem Zusammenprall einen so harten Schlag abbekommen, dass er das Bewusstsein verloren hat. Um ein Haar wäre er gerade in meinen Armen erstickt. Ich schlucke, erinnere mich an den Druck, den ich hatte ausüben müssen, um die Luft in seine Lunge zu pressen. Mein Atem stockt und ich stütze mich mit den Händen am Waschbeckenrand ab. Ich sehe vor mir, wie seine Hand mit Blut bedeckt ist, spüre, wie er schwer in meine Arme fällt und regungslos liegen bleibt. Ich reibe mir mit dem linken Handrücken durch die Augen, meine Sicht ist getrübt. Ich muss mich beruhigen. Mein Team wartet auf mich. Ich wische mir über den blutverschmierten Arm. Es dauert unangenehm lange, bis sich das Wasser nicht mehr verfärbt.

Dann eile ich in die Umkleidekabine und ziehe mein Shirt aus. Zu sehen, wie wenig von dem Orange in dem Streifen übrig geblieben ist, bereitet mir große Sorgen. Wie es Noya wohl geht? Ob er eine Gehirnerschütterung hat? Ich ziehe mein Ersatztrikot an und laufe zurück in die Sporthalle. Die Teams stehen bei ihren Trainern, ich stelle mich zwischen Daichi und Asahi dazu. Als Daichi mich bemerkt, klopft er mir auf die Schulter ohne mich anzusehen. Ich senke den Blick.

„Das Spiel wird vertagt.“ Wir sehen auf, als Ukai das Wort ergreift. „Aufgrund der Schwere der Verletzung, die sich in diesem Spiel gerade ereignet hat, ist es nicht ratsam, dass wir jetzt weitermachen.“

Ich sehe zu Asahi, dessen Knie zittern und fasse ihn an der Schulter. Hinata und Kageyama sehen beide betroffen zu Boden, während Yamaguchi an seinen Fingernägeln knibbelt und Tsukishima in Ukais Richtung blickt. Alle schweigen, sind wohl mit den Gedanken weit weg. Ich nicke. Es ist mir Recht, könnte ich sowieso jetzt an nichts anderes mehr denken, als den Wunsch bei Noya zu sein.

„Geht duschen, zieht euch um. Wir werden mit dem Bus zum Krankenhaus fahren. Wer möchte, kann gerne mitkommen, es kann allerdings sein, dass wir nicht zu ihm dürfen.“

Ich höre, wie Asahi den Stoff seines Trikos in der Faust zusammendrückt. Meine Hand, die bisher auf seiner Schulter geruht hat, gleitet an seinen Rücken und ich bewege sie fürsorglich auf und ab. Er muss sich furchtbar fühlen, als wäre es seine Schuld. Doch es hätte jeden treffen können. Ich bin auch schon mit Daichi zusammengestoßen und habe ihn dabei verletzt. Keine schöne Erinnerung.

„Komm.“, sage ich leise und drücke ihn leicht nach vorne. Sichtbar widerwillig bewegen sich seine Beine. Ich lege den Arm um ihn und schiebe ihn neben mir her.

„Hey.“, höre ich Oikawas Stimme und drehe im Gehen den Kopf in seine Richtung. Er läuft zu Daichi. „Alles Gute für euren Libero. Bitte sagt uns Bescheid, wenn ihr was wisst.“ Er klingt ernsthaft besorgt. Daichi nickt ihm zu. „Vielen Dank. Das werden wir tun.“

Ich gehe mit Asahi in die Umkleidekabine und setze ihn auf die Bank. Sugawara kommt zu uns. „Asahi, wie geht es dir?“, fragt er und legt die Hand an seinen Arm. Asahi senkt nur den Blick. „Hast du auch was abbekommen?“ Er schüttelt den Kopf.

„Ich bekomme nur eine Beule.“ Seine Stimme ist wacklig und leise.

„Nichts angeknackst oder tut weh?“ Er schüttelt wieder den Kopf. „Gut, da bin ich erleichtert.“ Er atmet durch. „Ich bin froh, dass dir nichts ernstes passiert ist. Das war echt heftig.“ Ich reibe Asahi über den Rücken.

„Komm, wir gehen duschen.“, ermuntere ich ihn, doch er sieht nur seine Hände an. „Du willst doch zu ihm, oder?“ Er nickt. „Dann ab unter die Dusche, dann können wir los.“ Jetzt dringen meine Worte anscheinend zu ihm durch, denn er versetzt sich in Bewegung. Gut.

***

Wir sitzen im Wartebereich der Notaufnahme, Daichi, Asahi und ich, als Nishinoyas Mutter durch den Haupteingang den Raum betritt. Sie eilt zu uns, eine Hand beunruhigt zur Brust gezogen. Wir stehen auf. „Daichi, Asahi, Ryunosuke...Wo ist mein Junge?“ Ein Kloß bildet sich in meinem Hals. Ich deute auf das Zimmer zu unserer Linken.

Ich fühle mich schlecht. Was sagt man einer Mutter, die gerade erfahren hat, dass ihr Sohn ins Krankenhaus eingeliefert wurde? Und was, wenn man bei dem Unfall dabei war und ihn nicht hatte verhindert können? „Der Coach und Herr Takeda sind gerade drinnen und sprechen mit dem Arzt.“, sage ich bedrückt. Sie legt die Hand auf meine Schulter und geht los. Ich sehe ihr erstaunt nach. Im Vorbeigehen legt sie ihre Hand auch auf Daichis und Asahis Schulter. Eine Trost spendende Geste, wie man sie einer Mutter zuschreibt. Sie ist nicht wütend oder möchte uns Vorwürfe machen. Sie ist besorgt. Und zwar um uns alle.

Sie klopft an und betritt das Zimmer. Ich möchte ihr so gerne folgen.

Krach (Asahi)

Gerade will ich den Ball annehmen, habe meine Hände bereits nach ihm ausgestreckt, da spüre ich, wie meine schwungvolle Bewegung abrupt unterbrochen wird. Mein Kopf, die Schulter und auch der Oberkörper prallen mit schmerzhafter Wucht wie gegen eine Wand. Da dort wo ich hingelaufen bin, mitten auf dem Spielfeld, keine Wand ist, muss es ein Mitspieler sein. Noch während wir kollidieren, bewegen sich meine Augen zu ihm und erkenne, dass ich mit Noya zusammengestoßen bin. Da ich viel schwerer als er bin, wird er mit ebenso hoher Geschwindigkeit weggedrückt, wie die, mit der wir zusammengeprallt sind. Ich falle gerade runter, lande erst auf meinem linken Knie und falle dann auf den Bauch. Meine Schulter und der Kopf schmerzen und ich brauche einen Moment, bis ich mich mit den Armen hochstemmen kann. Ich kneife ein Auge zu und drehe den Kopf in Noyas Richtung. Er liegt am Boden, Tanaka sitzt neben ihm. Erschrocken ziehe ich Luft ein, als ich realisiere, dass ihn die selbe Wucht getroffen hat, wie mich. Nur, für ihn war ich die Wand. Ich drücke mich hoch, stolpere zu ihm und setze mich zu seiner rechten Seite auf den Boden. Mein Körper beginnt zu zittern, als ich sehe, wie Noya regungslos in Tanakas Arm liegt. Er hat das Bewusstsein verloren. Mein Atem stockt. Noya... Das ist meine Schuld...

Mein Körper fühlt sich taub an. Hilflos sehe ich zu, wie Tanaka Noyas Schulter schüttelt, ihn anspricht, doch er reagiert nicht. Bitte, Noya, schlag die Augen auf...Bitte... Bitte beweg dich... Bitte... mach irgendwas! Ich spüre, dass sich Tränen in meinen Augen sammeln. Ich kann rein gar nichts tun.

Ich sehe auf in Tanakas Gesicht. Er ist konzentriert. Dann erschrickt er und greift in Noyas Mund. Was ist denn jetzt? Wie es aussieht, steht es noch schlimmer um Noya als ich befürchtet hatte. Er ist nicht einfach nur bewusstlos... Es ist ernst. Meine Brust zieht sich schmerzhaft zusammen und ich balle die Hände zu Fäusten. Dann beugt sich Tanaka zu ihm runter und legt seinen Mund über den von Noya. Mein Herz setzt einen Schlag aus. Er... Tanaka reanimiert Noya. Leere breitet sich in mir aus.

Ein Husten dringt an mein Ohr und meine Sicht klärt sich wieder. Tanaka richtet Noya ein wenig auf, dieser hustet und öffnet dann die Augen. Regungslos starre ich Noya an. Dann dreht er den Kopf zu mir, sieht mich besorgt an. Noya... Noya ist... er ist hier und sieht mich an. Dann streckt er den Arm nach mir aus und berührt meine Wange. Seine zierlichen Finger sind kühl und brennen auf meiner heißen Haut. Meine Gefühle übermannen mich. Es fühlt sich an wie eine schwere Wand, die über mir zusammenbricht und ich beginne zu schluchzen, drücke seine Hand mit beiden Händen gegen meine Wange.

„Du kannst nichts dafür.“, dringt seine Stimme an mein Ohr. Doch. Doch, das ist meine Schuld. Ich habe nicht aufgepasst und das ist ihm fast zum Verhängnis geworden.

Plötzlich bemerke ich, das Coach Ukai neben mir steht und sich zu uns hinunter neigt. Er erklärt Noya, dass er zum Arzt muss. Ja, das wird das Beste sein. Als er ihn nach seinen Schmerzen fragt, lässt er den Zusammenstoß unserer Köpfe aus. Ob er sich nicht daran erinnert? Vielleicht ist aber auch der Adrenalinrausch zu groß und er spürt es gar nicht.

„Wir sind mit den Köpfen zusammengestoßen.“, sage ich mit kratziger Stimme. Als mich alle ansehen, deute ich auf die Beule an meiner Stirn.

Noya greift sich an den Hinterkopf. Als er die Hand zurück nimmt, ist sie mit Blut bedeckt. Ich erschrecke und schlage die Hand vor den Mund.

„Das ist nicht gut, oder?“, sagt Noya benommen und kippt gegen Tanaka, die Augen geschlossen.

„Noya!“, rufe ich überfordert. Dann kommen die Sanitäter.

Ich rutsche auf Seite, stehe dann mit wackligen Beinen auf und sehe zu, wie sie sich um Noya kümmern. Ich wünschte, ich könnte etwas tun... Doch ich bin vollkommen nutzlos. Ich senke den Kopf, sehe zu Boden als sie Noya wegbringen. Plötzlich spüre ich einen Druck auf meiner Schulter. Tanaka steht vor mir, redet beruhigend auf mich ein, meint dass Noya stark ist. Ja, das stimmt. Umso schlimmer ist es ihn so zu sehen. So schwach und zerbrechlich. Ich beginne zu weinen, da drückt mich Tanaka an sich. Ich bin ihm dankbar für den Halt. Den kann ich jetzt wirklich brauchen. Ich klammere mich an ihn und kann spüren, wie er meinen Rücken streichelt. Ich will zu Noya. Ich will unbedingt wissen, wie es ihm geht. Ich will ihm in die Augen sehen. Ich will mich bei ihm entschuldigen. Ich will ihn lächeln sehen. Oh, bitte, ich will sein Lächeln wiedersehen...

***

Das Spiel wird abgebrochen. Wir gehen duschen und ich fahre zusammen mit Coach Ukai, Daichi und Tanaka ins Krankenhaus. Herr Takeda ist gleich mit den Sanitätern gegangen und kommt uns in der Notaufnahme entgegen. Er nimmt den Coach wortlos mit, deutet uns an, dass wir warten sollen und verschwindet mit ihm in einem Behandlungsraum. Ich sehe die Tür an, die sich vor uns schließt. Dahinter ist Noya. Ich falte die Hände, beginne zu beten.
 

Es dauert nicht lange, da betritt Nishinoyas Mutter den Raum. Ich stehe von meinem Stuhl auf und sehe sie an. Sie sieht besorgt aus, natürlich. Ich habe auch ihr Kummer bereitet. Das tut mir furchtbar leid.

Tanaka erklärt ihr, wo Noya ist und sie geht an uns vorbei. Als sie neben mir ankommt, legt sie die Hand auf meine Schulter, drückt ihre Finger sanft gegen mich. Als wollte sie sagen ´Keine Sorge. Alles wird gut.´. Das hoffe ich. Sie verschwindet hinter der Tür und ich setze mich wieder hin.
 

Kurz darauf kommt Sugawara rein und ich sehe auf. Er geht mit gesenktem Blick an mir vorbei und stellt sich zu Daichi. „Gibt es schon was Neues?“ Daichi schüttelt betrübt den Kopf, woraufhin sich Suga auf die Armlehne seines Stuhls setzt und den Arm um seine Schulter legt. „Das wird schon wieder...“, sagt er leise und Daichi lehnt seinen Kopf gegen ihn. „Unser Noya ist eine Kämpfernatur. Du wirst schon sehen.“

Ich sehe meine Hände an, hoffe von Herzen, dass er Recht behält.

***

Eine unangenehm lange Zeit vergeht, bis sich die Türe wieder öffnet. Reflexartig stehe ich auf und halte inne, als alle das Zimmer verlassen. Die Stille, die sich aufgebaut hat, ist nahezu unerträglich. Bitte, jemand muss etwas sagen!

„Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen.“, ergreift Ukai das Wort und ich starre ihn an. „Nishinoya hat eine Gehirnerschütterung, aber er wird wieder vollkommen gesund werden.“

Erleichtert atme ich aus, merke jetzt erst, dass ich die Luft angehalten hatte.

„Nicht zuletzt verdankt er das der Reaktion seines Teamkameraden.“, sagt der Arzt und sieht Tanaka an. „Hättest du dich nicht so schnell, vollkommen richtig verhalten, wäre es vielleicht nicht so glimpflich ausgegangen.“ Daichi klopft Tanaka auf die Schulter und dieser reibt sich eine Träne aus den Augen. „Ich bin nur froh, dass er wieder gesund wird.“, sagt er lächelnd.

„Er ist wach, braucht aber Ruhe.“, sagt Noyas Mutter und lächelt uns zu.

„Dann... dürfen wir nicht zu ihm?“, fragt Daichi nach und senkt den Kopf.

„Nicht alle auf einmal.“, sagt sie lächelnd.

„Dann geh du.“ Ich spüre wie Tanaka mich an der Schulter packt und sehe ihn überrascht an. „Du willst ihn doch sicher am meisten sehen.“ Er grinst mich an und ich senke den Kopf, muss mich anstrengen, um nicht wieder in Tränen auszubrechen. Ich nicke zurückhaltend.

„Ja, geh du, Asahi.“, sagt Noyas Mutter und ich sehe sie an. „Yu freut sich sicher, seinen Liebsten zu sehen.“ Meine Augen werden groß und sie lacht mich an. Ich hatte keine Ahnung, dass sie das von uns... „Los, geh schon.“

„Danke.“, sage ich eilig und laufe zu der Tür. Ich bin angespannt, weiß nicht, wie ich Noya unter die Augen treten soll.

„Geh endlich!“, ruft mir Tanaka zu und Daichi haut ihn auf den Kopf.

„Brüll hier nicht so rum, das ist ein Krankenhaus.“ „Tut mir leid.“

Ich nicke und betrete den Raum.

Alles ist weiß, ich muss an Schränken vorbei gehen, um das Zimmer zu betreten. Das Licht der untergehenden Sonne dringt durch das geöffnete Fenster und der Wind lässt die Vorhänge flattern. Ich gehe zögerlich vorwärts, bis ich das Bett sehe. Füße wackeln unter der Bettdecke. Ich trete um die Ecke und sehe Noya, der im Bett sitzt. Er hat einen schmalen Verbandsstreifen um dem Kopf und trägt ein weißes Shirt, das ihm viel zu groß ist.

„Noya...“, hauche ich und sehe ihm in die Augen. Als er mich erkennt, zieht sich ein breites Grinsen über sein Gesicht.

„Asahi!“ Er lacht. Mein Atem stockt. Er lacht. Tränen laufen meine Wangen hinunter. Es geht ihm gut. Ich bin so erleichtert. „Komm her.“, fordert er mich auf und breitet die Arme aus. Ich beginne zu weinen und werfe mich an seine Brust, schlinge die Arme um seinen Oberkörper. „Ist ja gut. Alles wird wieder gut.“ Er streichelt über meinen Rücken und ich schluchze bitterlich. „Da hab ich dich wohl ziemlich erschreckt.“, höre ich Noya sagen. Ich nicke und er streichelt meinen Kopf. Wir verharren einen Moment, dann drücke ich meine Wange an seine Brust.

„Ich bin so froh, dass es dir gut geht...“, flüstere ich. Zu mehr ist meine Stimme gerade nicht fähig.

„Der Arzt sagt, es ist eine Gehirnerschütterung. Wir sind echt heftig zusammen geknallt.“ Ich höre das er lächelt, während er spricht und ich genieße seine Hand zu spüren, die mir weiterhin über die Haare streichelt.

„Es tut mir so leid.“, bricht es aus mir heraus und ich schnappe nach Luft. Mein Hals ist wie zugeschnürt.

„Ich habe dir doch schon gesagt, dass es nicht deine Schuld ist. Sowas kann passieren. Berufsrisiko quasi.“ Er legt seinen Kopf auf meinem ab, kuschelt sich an mich. „Hast du dir wehgetan?“

Ich schüttele den Kopf. „Ich bekomme nur eine Beule.“ „Wo denn?“ Ich lehne mich zurück. Er neigt sich vor, sucht mit den Augen meine Stirn ab. Sein Gesicht ist meinem so nah, ich kann seinen Atem spüren. Als er sich hochstützt, sind seine Lippen direkt vor meinen Augen. Ich werde rot.

„Ah. Da.“ Er legt die Hand an meinen Kopf und küsst meine Stirn auf der rechten Seite. Seine Lippen sind so weich, es fühlt sich richtig schön an. „Tut dir sonst noch was weh?“ Ich schüttele den Kopf, sehe ihn verlegen an.

„Und dir? Hast du Schmerzen?“, frage ich zögerlich.

„Ich habe Kopfschmerzen, aber sonst ist alles ok.“ Ich nicke. „Ich habe eine Platzwunde am Hinterkopf.“

Ich schlucke schwer. „Ja. Das hat ganz schön geblutet.“

„Der Arzt sagt, das ist normal. Da ist die Haut wohl sehr dünn oder so.“ Ich senke den Blick. „Das ist genäht worden, mit sechs Stichen.“ Er blinzelt mich an, als ich zu ihm aufschaue. „Willst du mal sehen?“ Er beugt sich vor und fasst sich an den Kopf. Ich hebe abwehrend die Hände.

„N... Nein, Danke.“

„Das war gruselig, oder?“ Ich lege den Kopf zur Seite. „Ich habe gesehen, wie mein Trikot ausgesehen hat.“ „Du meinst das Blut?“ Er nickt. „Das ist in den Kragen und dann meinen Rücken hinunter gelaufen.“ Er schüttelt sich.

„Ja, sehr gruselig.“ Ich senke den Kopf, erinnere mich auch an Tanakas Trikot.

Noya legt seine Hand an mein Kinn und hebt es leicht an, bis wir uns in die Augen sehen. „Denk nicht mehr daran, ok?“ Ich sehe ihn mit großen Augen an. Das wird mir schwer fallen. „Es geht mir gut. Ich bin da. Genau da, wo ich sein möchte. Bei dir.“ Seine sanfte Stimme läuft mir warm den Rücken hinunter.

„Noya...“, hauche ich und erwidere seinen verliebten Blick.

Er neigt sich vor und küsst mich zärtlich. Ich atme durch, spüre wie langsam Entspannung in mich einkehrt. Sanft erwidere ich seinen Kuss.

Ich höre die Türklinke und öffne die Augen. Noya lehnt sich langsam zurück und lässt seine Hand sinken. Er lächelt mich an. Ich lächle zurück und setze mich auf den Stuhl neben seinem Bett. Wir sehen beide in Richtung Tür und Tanaka kommt um die Ecke.

„Hallo.“, sagt er lächelnd und tritt neben Noyas Bett.

„Ryu...“ Noya zieht die Augenbrauen zusammen und lächelt ihn an. Tanaka fällt es schwer sein Lächeln aufrecht zu erhalten. Er schnieft, dann setzt er sich auf den Stuhl zu Noyas linken Seite. „Ich freue mich, dass es dir wieder gut geht.“, sagt er mit wackliger Stimme. Noya streckt die Arme zu ihm aus und Tanaka springt auf, drückt ihn an sich. „Ich hatte Angst.“, sagt Tanaka mit bebender Stimme, während eine Träne sein Gesicht herunterläuft. Ich sehe mit großen Augen zu ihnen rüber. Den mutigen, starken Tanaka weinen zu sehen, macht mich wieder betroffen. Ich weiß, dass Noya sein bester Freund ist. Natürlich hat er sich Sorgen gemacht.

„Tanaka hat dir das Leben gerettet.“, sage ich und sehe, wie Noya sich zurücklehnt, um ihn anzusehen.

„Ja. Das hat der Arzt auch gesagt.“, sagt Noya begeistert und lächelt ihn an. „Danke.“

Tanaka lächelt stumm und legt die Hand auf Noyas Schulter.

„Danke.“, sage ich und er sieht an Noya vorbei zu mir. „Du hast mein Leben gleich mit gerettet.“

Tanaka sieht mich überrascht an. Ich lächle sanft. Dann grinst er.

„Gern geschehen.“

Zustellung (Nishinoya)

Hastig packe ich meine Trainingssachen zusammen. Ich bin spät dran. Warum habe ich die zweite Folge der Serien noch angefangen? War doch klar, dass ich sie zu Ende gucken würde... Polternd laufe ich die Treppe hinunter. „Ich bin weg!“, rufe ich in den Flur, schlüpfe gerade in meine Schuhe, als ich die Stimme meines Vaters hinter mir höre.

„Yu, warte einen Moment.“ Ich halte inne und drehe mich zu ihm um. Mit verschränkten Armen und strengem Blick sieht er zu mir runter. Was habe ich jetzt wieder falsch gemacht? Ich richte mich auf und sehe mit gesenktem Kopf zu ihm hoch. „Wie lange soll das noch gehen?“ Ich sehe ihn fragend an. „Wie lange geht es jetzt schon?“

„Was meinst du?“ Ein mulmiges Gefühl breitet sich in meiner Brust aus.

Er schnaubt. „Na deine Phase. Mit diesem Jungen.“

Meine Augen werden groß. „Phase? Meinst du etwa Asahi?“ Sofort verengen sich meine Augen zu schmalen Schlitzen. Was erdreistet er sich, ihn eine Phase zu nennen?! „Wir sind seit drei Monaten zusammen. Wir sind ein Paar.“, sage ich mit Nachdruck.

„Ich denke das ist lange genug, um sich auszuprobieren. Findest du nicht?“

Ausprobieren?! Ich balle die Hände neben meiner Hüfte zu Fäusten. „Ich habe nicht vor mich von ihm zu trennen.“, zische ich. „Ich liebe ihn.“

„Jetzt sei doch bitte nicht albern, Yu.“ Er zieht eine Augenbraue hoch, während sich mein Blick verfinstert. „Denkst du nicht, es wäre an der Zeit, dass du die Sache beendest, bevor er dich abserviert?“

Es zieht in meiner Brust. „Asahi wird mich nicht verlassen.“ Ich sehe ihn fest an. „Du redest Unsinn.“, zische ich wütend und drehe mich um, um das Haus zu verlassen. Da packt er mein Handgelenk und dreht mich zurück in seine Richtung. Sein Griff ist so fest, dass ich fühlen kann, wie sich die Knochen verschieben. Ich kneife kurz ein Auge zu, blicke dann zu ihm hoch, versuche mir keinen Schmerz anmerken zu lassen.

„Was war das gerade?“ Ein tiefes Grollen liegt in seiner Stimme.

„Nur weil du es nicht verstehst, musst du nicht auf mir rum hacken.“, protestiere ich, spanne meine Hand an, um dass umklammerte Gelenk zu stabilisieren. Meine Finger werden langsam taub.

„Jetzt sei mal nicht so frech. Solange du unter meinem Dach lebst, gelten meine Regeln. Haben wir uns verstanden?“ Er dreht seine Hand, was ein fieses Stechen durch meinen Arm jagt.

„Ist ja gut, tut mir leid.“, sage ich schnell, habe Angst, dass ich vielleicht nicht zum Training gehen darf, wenn ich weiter Widerworte gebe. Er lässt mich los und ich ziehe schnell meine Hand zur Brust, damit er sie nicht wieder greifen kann. „Ich muss los...“, sage ich kleinlaut.

„Geh.“, sagt er und wendet sich ab, ich nehme meine Tasche und öffne die Türe. „Aber komm nicht auf die Idee ihn mit nach Hause zu bringen.“ Erschrocken halte ich inne. „Ich dulde solch abstoßendes Verhalten hier nicht.“ Ich höre, wie er weggeht und verlasse schnell das Haus. Seine Worte tun weh. Ich... sollte sie nicht zu nah an mich ran kommen lassen. Er hat doch keine Ahnung.

Ich schlucke schwer und reibe mir das Handgelenk, während ich schnellen Schrittes zur Schule laufe.
 

Als ich die Halle betrete, sind schon alle da und haben bereits mit dem Aufwärmen begonnen.

„Noya.“ Asahi kommt aufgeregt zu mir gelaufen. Als er vor mir steht, sieht er besorgt zu mir runter. „Warum bist du so spät?“ „Ja, wir haben dich schon vermisst.“, schaltet sich Daichi ein.

„Ach, ich bin einfach zu spät losgegangen.“, winke ich ab und spüre ein Pochen im Handgelenk. Schon als ich mich umgezogen habe, bemerkte ich, dass jede Bewegung von leichtem Schmerz begleitet wird. Doch davon werde ich mich sicher nicht aufhalten lassen.

Ich steige bei den Aufwärmübungen ein und nehme Schmetterbälle an. Alles klappt prima, bis ich mich etwas zu ruppig abrolle. Meine Hand schlägt unsanft auf den Boden. Sofort schießt brennender Schmerz durch meine Handgelenk und ich ziehe es zur Brust. Statt mich auf dem Bauch liegend nach vorne zu schieben, ziehe ich die Beine unter die Hüfte und stehe wieder auf.

„Nishinoya.“, ruft Daichi und kommt sofort zu mir. Er hat es gemerkt. Natürlich. „Du bist auf die Hand gefallen, oder?“ Er greift nach meinem Arm und ich erschrecke, spanne alle Muskeln an, in der Erwartung, dass er Schmerzen auslösen wird. Zu meiner Überraschung ist seine Berührung sehr sanft. Vorsichtig hält er meinen Unterarm und dreht sich selbst mein Handgelenk zu. Ich schlucke. Natürlich tut mir Daichi nicht weh, was denke ich denn...? „Es ist ganz rot...“, sagt er leise, fährt sachte mit dem Daumen über die gerötete Haut.

„Aber nur, weil ich dran gerieben habe...“, versuche ich abzulenken.

Asahi tritt an meine Seite. „Tut das weh?“

Ich lache leicht. „Ich habe mich nur erschrocken. Es ist schon in Ordnung.“ Ich bewege die Finger, obwohl es ein leichtes Stechen auslöst.

„Sag unbedingt, wenn du eine Pause brauchst.“, meint Daichi eindringlich. „Das hier ist nur Training. Wir können nicht in einem richtigen Match auf dich verzichten, nur weil du im Training übertrieben hast. Verstanden?“

Ich nicke. Er hat Recht.

Ich halte mich ein wenig zurück, auch wenn es mich ärgert. Es ist einfach nicht meins, nicht 100 % zu geben. Ich hole einen tieffliegenden Ball, direkt neben Asahi hoch. Während alle dem Ball hinterher sehen, hält er mir die Hand hin, um mir auf zu helfen. Ich lächle und lege meine Hand in seine. Sein Schwung bringt mich ein wenig ins Straucheln und er hält mich fest. Dabei streift sein Arm mein linkes Handgelenk und ich ziehe zischend Luft ein. Autsch. Es ist wohl doch mehr in Mitleidenschaft gezogen worden, als es mir lieb ist.

„Alles ok?“, dringt Asahis besorgte Stimme an mein Ohr.

„Ja, schon gut.“, sage ich schnell und lächle ihn an. Er sieht mich beunruhigt an und ich wende schnell den Kopf ab, laufe zu Ryu.

„Ok, hört mal.“, unterbricht der Coach das Spiel. „Trinkt was, dann besprechen wir die neue Verteidigung.“

Ich gehe zu den Wasserflaschen und nehme meine in die Hand. Als ich den Stopfen öffnen möchte, sehe ich das mein Handgelenk geschwollen ist. Ach, verdammt.

„Noya, du siehst nicht glücklich aus.“ Ich wende den Kopf. Ryu steht neben mir und beobachtet mich skeptisch.

„Nein.“, knurre ich und betrachte meine Hand.

„Oh je. Mach lieber eine Pause.“ Er sieht mich besorgt an. Ich nicke, obwohl es mir überhaupt nicht in den Kram passt. „Vielleicht hilft ein bisschen kühles Wasser.“ Mein Blick steigt zu seinem Gesicht auf. Er lächelt mutmachend.

„Ok.“, sage ich leise und er begleitet mich in die Toilette, die an unsere Umkleidekabine angrenzt.

Quietschend fällt die Türe hinter uns ins Schloss.

„Sicher, dass du es nicht richtig kühlen willst?“ Ryu neigt sich über meinen Arm und betrachtet meine Hand kritisch.

„Ja, es ist wirklich halb so wild.“, seufze ich und drehe den Wasserhahn auf. Die Kälte ist tatsächlich angenehm. Das war eine gute Idee von ihm.

Eine kurze Weile stehen wir einfach schweigend da, dann ergreift Ryu zögerlich das Wort. „Sag mal...“ Seine Stimme ist ungewohnt leise und ich sehe ihn erwartungsvoll an. Was will er mir mitteilen? Offenbar fällt es ihm nicht leicht. „Meinst du nicht, du solltest es ihm langsam sagen? Er gibt sich echt Mühe, Noya. Ist so besorgt um dich...“

„Hm?“ Mache ich verständnislos. Wovon redet er?

„Na ja...“ Er kratzt sich verlegen am Hinterkopf, „Denkst du nicht, er sollte es wissen? Dass dein blaues Auge nicht von mir stammte.“ Ich sehe Ryu überrascht an. Er spricht von Asahi. „Dass dein Vater dich geschlagen hat, weil du mit ihm zusammen bist?“

Ich sehe betroffen in das Waschbecken, starre den Wasserstrahl an. Das hätte er nicht nochmal so direkt sagen brauchen. Der Gedanke schnürt mir die Brust zu. Wieso kommt er jetzt plötzlich damit um die Ecke? Ob... Er sich vielleicht bisher nicht getraut hat, mich darauf anzusprechen? Ryu nimmt immer Rücksicht auf meine Gefühle und auch jetzt, ist es sicher nicht sein Anliegen mich zu verletzen. Er macht sich Sorgen um mich. Dennoch. Wenn ich Asahi von meinem Vater erzähle, dann... wird er sich schreckliche Vorwürfe machen. Das hat er nicht verdient.

„Nein.“, sage ich entschlossen.

„Asahi sollte die Wahrheit erfahren.“, lenkt Tanaka ein und ich sehe ihm in die Augen. Sein Blick ist eindringlich, doch ich halte ihm Stand. Mein Entschluss steht fest.

„Nein. Ich werde es ihm nicht sagen. Und du wirst das auch nicht.“ Seine Augen werden groß und er blinzelt überrascht. Mein Blick ist fest. Ich kann sehen wie er schluckt.

„Okay...“, kommt es seufzend über seine Lippen. Er ist nicht zufrieden mit meiner Antwort, doch er wird sich auch nicht gegen mich stellen. Ich lächle schief, bin aber erleichtert über seine Loyalität.

„Komm.“ Ich drehe den Wasserhahn zu und lege die Hand an seinen Rücken. Ryu nickt mir zu und wir gehen zurück zu den anderen.

Ich mache eine Pause und beobachte eine Weile die Spielzüge von der Bank aus. Von hier hat man gleich einen ganz anderen Überblick. Mir fallen Schrittfehler auf und Ungenauigkeiten in der Haltung. All das sieht man vom Spielfeld aus gar nicht. Mein Blick gleitet durch unsere Reihen, da fällt mir auf, dass Asahi und Suga gar nicht da sind.

„Wo sind denn Suga und Asahi?“, frage ich Daichi, als er sich neben mich setzt, um etwas zu trinken.

„Suga hat immer noch Bauchschmerzen...“ Stimmt, er war gestern während Coach Ukais Ansprache aus dem Raum gelaufen, erinnere ich mich. Bestimmt ein Rückschlag. Unterbewusst wandert meine rechte Hand zu meinen linken Rippen. Es ist echt unangenehm mit Bauchschmerzen zu trainieren, weiß ich. „Er wollte nach Schmerztabletten suchen.“ Ich nicke.

„Und Asahi?“ Ich habe gerade ausgeredet, da kommen die beiden in die Halle getrottet. Ich winke Asahi zu mir und er tritt zögerlich an mich heran, hält einen kleinen Abstand zwischen uns. „Ist alles ok?“ Ich betrachte sein Gesicht, seine Augen wirken gerötet.

„Ich hatte einen Hustenanfall. Suga hat mir den Rücken geklopft, bis es wieder ging.“ Er sieht verlegen lächelnd zu Boden.

Ich lächele schief. „Du machst ja Sachen...“ Wüsste ich nicht besser, dass mich Asahi nicht anlügen würde, hätte ich gedacht, er hätte geweint.

***

Ich sehe auf mein Handy. Eine Nachricht von Asahi. „Geh schon mal nach Hause, ich muss das Klassenzimmer putzen.“, lese ich leise vor. Seufzend hüpfe ich von der kleinen Mauer vor dem Schulgebäude, auf der ich bis gerade gewartet habe. Mit schlurfenden Schritten mache ich mich auf den Heimweg. Das ist jetzt schon das dritte Mal, dass mich Asahi versetzt. Gestern wollte er nicht, dass ich mit zu ihm nach Hause komme, weil er lernen wollte und vorgestern, musste er mit seinen Eltern einkaufen. Ich seufze. Geküsst hat er mich auch schon lange nicht mehr, fällt mir auf. Ob er mir ausweicht? „So ein Quatsch.“, sage ich zu mir selbst und schüttel den Kopf. Ich schreibe Asahi zwei Nachrichten, frage ihn belanglose Dinge.

Erst als ich nach dem Abendessen im Bett liege, antwortet er mir. Immerhin scheint er mich nicht zu ignorieren. Wahrscheinlich hat er wirklich viel um die Ohren. Es ist ja auch sein letztes Jahr an der Oberschule, da kann man schon mal ein wenig Stress haben... oder?

***

Aufgeregt hüpfe ich die Stufen zu Asahis Klassenzimmer hinauf. Heute läuft endlich der Actionfilm im Kino an, auf den ich mich schon seit Wochen freue. Ich kann es gar nicht erwarten, mit Asahi ins Kino zu gehen und ihn zu sehen. Es wird viel `Bang!´und `Kabumm!´geben, genau nach meinem Geschmack.

„Hey, Asahi!“ Mit flinken Schritten gehe ich zu ihm an seinen Platz. Er sieht überrascht zu mir auf. Ich grinse ihn an, drücke meine Hände auf seine. „Weißt du noch, der Actionfilm, von dem ich dir erzählt habe?“, frage ich erwartungsvoll. Ich weiß noch, dass er mir zugesichert hatte, dass wir ihn zusammen gucken. Meine Augen funkeln ihn an, doch er blinzelt nur.

„Tut mir leid. Ich weiß nicht wovon du redest.“, gibt er verlegen zu und ich sehe ihn überrascht an. Das er sich daran nicht erinnert. Wir haben eine ganze Weile darüber gesprochen, immer wieder. Hm. Vielleicht hat er mir auch gar nicht richtig zugehört. Ich senke den Blick. Vielleicht hat er auch nur vorgegeben, dass ihn der Film interessiert, weil er wusste, dass ich ihn mag. Unsinn. Er kann sich eben nicht alles merken, was ich sage, ich rede schließlich sehr viel.

„Nicht schlimm.“ Ich lächle ihn beruhigend an. Er darf ruhig auch mal was vergessen. „Ich meine den mit dem riesigen Roboter, wo...“, erkläre ich und führe ihm die Handlung des Trailers nochmal vor Augen. „Jedenfalls... Gehst du mit mir ins Kino?“, beende ich meinen Redefluss und sehe ihn in freudiger Erwartung an. Mein Griff um seine Hand wird etwas fester. Ich würde den Film so gerne mit ihm sehen. Hoffentlich findet er Zeit dafür.

„Ach, weißt du... so was interessiert mich nicht wirklich.“ Ich sehe ihn überrascht an. Was? Er... Er will den Film gar nicht gucken? Das erstaunt mich dann doch.

„Oh, das wusste ich nicht.“, kommt es leise über meine Lippen, während ich zum Tisch hinunter sehe.

Er entzieht mir seine Hände und ich sehe enttäuscht auf. „Ich habe auch keine Lust auf Kino.“, fügt er hinzu und nimmt seine Tasche. Will er etwa einfach gehen? „Aber, geh doch mit Tanaka. Der mag doch sowas.“ Da hat er Recht. Dennoch hätte ich den Film gerne mit Asahi gesehen. Dann wäre es auch sowas wie ein Date. Der Gedanke mit ihm zusammen im Dunkeln zu sitzen, lässt mein Herz schon höher schlagen. Doch ich kann ihn ja auch nicht zwingen.

„Ok.“ Mit Ryu wird es sicher auch lustig. Ein kleines Lachen kommt über meine Lippen. Ich sehe die Tasche in Asahis Händen an. Dann will er wohl jetzt los. Da ich noch Unterricht habe, müssen wir uns verabschieden. Ich neige mich zu ihm, um ihn zu küssen. Gerade als ich meine Augen schließe, höre ich seinen Stuhl über den Boden kratzen. Überrascht sehe ich zu ihm auf, er hat mir bereits den Rücken zugewandt.

„Gut, bis dann.“, sagt er hastig und eilt aus dem Raum ohne sich nochmal umzudrehen. Er hat... er hat mich gerade einfach stehen gelassen. Ich sehe ihm bedrückt nach. Irgendwas stimmt doch nicht. Es ist fast, als würde er mir mit Absicht aus dem Weg gehen.

Ich beiße mir auf die Lippe und trotte zurück in meinen Klassenraum. Es dauert nicht lange, da kommt Ryu zu mir.

„Hey, Noya.“ Er sieht nachdenklich in seine Hand, während er spricht. Was hat er da? „Asahi hat mir gerade Kinotickets gegeben.“

Ich sehe ihn mit weit aufgerissenen Augen an als er mir die Karten hinhält. Es sind tatsächlich Eintrittskarten für den Actionfilm, für heute Abend. „Das.. kann doch...“, tritt es holperig aus meinem Mund. „Er... Er hat mir gesagt, er wüsste nichts von dem Film.“ Ich ziehe an Ryus Hand, betrachte die Karten genauer. „Wieso hat er dann Karten?“ Hat er mich etwa angelogen?

„Ich denke, das war nicht die Wahrheit.“, spricht Ryu meine Gedanken bedrückt aus. „Sieh doch. Das Kaufdatum ist vor fünf Tagen gewesen.“ Ich schlucke. „Er hat geplant mit dir in diese Vorstellung zu gehen.“ Das ist mir jetzt auch klar.

„Warum hat er sich umentschieden?“, frage ich Ryu angespannt und er sieht mich traurig an.

„Das weiß ich nicht. Mir hat er gesagt, ihm sei etwas dazwischen gekommen.“ Ich seufze getroffen und drücke die Karten zwischen den Fingern zusammen. Ryu legt die Hand an meine Schulter und reibt sie mitleidig. „Tut mir leid.“

Was stimmt denn nur nicht? Und warum redet er nicht mit mir? Das muss alles ein furchtbares Missverständnis sein. „Vielleicht wollte er mich nicht enttäuschen. Wenn ihm wirklich was dazwischen gekommen ist.“ Ich schlucke und sehe Ryu an, der mich anblinzelt. „Er hat so getan als ob er den Film vergessen hat, damit ich nicht traurig bin, dass er ihn nicht mit mir gucken kann.“

„Vielleicht war es wirklich so.“, stimmt mir Ryu zu und ich nicke. Ja, anders kann es gar nicht sein.
 

An diesem Abend schreibe ich Asahi mehrere Nachrichten. Vor dem Film, nach dem Film und als Ryu mich zu Hause abgeliefert hat. Als ich im Bett liege antwortet er mir. Sein Ton ist ganz normal, er schreibt wie immer. Wahrscheinlich habe ich mir das alles wirklich nur eingebildet.
 

Beim Abendessen spricht mich meine Mutter plötzlich an, dass ich aus einer Träumerei aufschrecke. „Möchtest du noch etwas Makrele, Yu?“

Ich schüttel den Kopf. „Nein, Danke Mama. Ich habe morgen früh Training und sollte nicht mehr so viel essen.“ Sie nickt verständnisvoll und ich trinke einen Schluck Saft.

„Wie geht es Asahi?“, meint sie plötzlich und ich sehe sie überrascht an. „Er hat dich die letzten Tage nicht nach Hause gebracht.“ Es ist ihr also auch aufgefallen. „Ist er krank?“

Ich senke den Blick. Gerade will ich etwas sagen, da kommt mir mein Vater zuvor. „Er hat sicher eingesehen, dass du nicht der richtige Umgang für ihn bist.“ Seine Worte fahren wie Messer durch meine Brust.

„Yosuke.“, ermahnt ihn meine Mutter.

„Er... Er hat viel um die Ohren im Moment.“, sage ich leise. „Er macht doch bald seinen Abschluss...“

„Noch ein Grund mehr zur Vernunft zu kommen.“, sagt Vater schnippisch. Ich balle die Hände zu Fäusten.

Mutter schüttelt den Kopf, dann sieht sie mich an. „Du solltest Verständnis zeigen, Yu. Er braucht jetzt deine Unterstützung.“ Ich nicke ihr zu.

„Ich falle ihm nicht zur Last.“, sage ich bedrückt.

„Das meinte ich auch nicht.“ Mutter lächelt leicht. „Biete ihm doch an, mit ihm zu lernen.“

Ich nicke schnell und trinke mein Glas aus. Tatsächlich habe ich dies bereits getan, doch Asahi wollte es nicht...
 

In der Nacht schlafe ich unruhig, also mache ich mich ungewohnt früh auf den Weg zum Morgentraining. Als ich an der Halle ankomme, brennt bereits das Licht. Daichi ist wohl schon hier. Ich betrete die Umkleide und entdecke, zu meiner Freude, dass auch Asahi schon da ist. Er steht alleine im Raum und zieht gerade sein Shirt an.

„Asahi!“, rufe ich freudig und umarme ihn. Sofort legen sich seine Arme um mich und mein Herz schlägt schneller. Es tut unendlich gut, ihn so nah bei mir zu haben. Er ist so schön warm und seine starken Arme halten mich angenehm fest. Ich lächle, lehne mich zurück und stelle mich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Mit geschlossenen Augen ziehe ich mich an seinen Schultern hoch, als mich plötzlich seine Hände fest an den Oberarmen packen. Erschrocken öffne ich die Augen und blinzel ihn an. Er hält mich fest, dass ich ihm nicht näher kommen kann. Er... Er will mich nicht küssen. Was hat das zu bedeuten? Ich sehe ihm besorgt in die Augen. „Asahi...“ Er senkt den Kopf und der Griff seiner Finger lockert sich, bis ich wieder flach auf meinen Füßen stehe. „Was... Was ist denn los?“, tritt es unsicher über meine Lippen.

Er schweigt.

„Ich....“ Ich sehe ihn traurig an. „Ich habe gemerkt, dass du dich komisch verhältst. Du gehst mir aus dem Weg...“ Unsere Blicke treffen sich. Ich muss ihn konfrontieren, muss wissen, warum er mich angelogen hat. „Die Kinotickets... Das Kaufdatum war vor fünf Tagen...“ Er weicht mir nicht aus, hält auch meinem Blick stand. Mein Herz schlägt aufgeregt schneller. „Ich wollte es nur nicht erkennen, habe gehofft, dass...“ Ich schlucke. Meine Brust zieht sich unangenehm zusammen. „Dass du mir schon sagen würdest, wenn wirklich was ist.“

Er schweigt weiter. Warum sagt er nichts?

„Asahi, rede mit mir.“ Ich fasse seinen Arm, da dreht er den Kopf weg. Nein. Ich will nicht, dass er sich vor mir verschließt. „Bitte.“ Er sieht mich wieder an. In seinem Blick liegt ein tiefes Unbehagen, dass mir fast die Luft zum Atmen nimmt.

Er hebt seine Hand und legt sie an meine Wange. Seine zärtliche Berührung beruhigt mein Herz. Sanft lehne ich meinen Kopf in seine Handfläche, genieße seine Wärme.

Sein Blick wirkt nachdenklich, dann schließt er die Augen. Ich gebe ihm einen Moment, warte still auf seine Antwort.

„Ich...“ Als er die Augen aufschlägt ist sein Blick so durchdringend, dass ich nervös werde. Doch was er dann sagt, hätte ich nie erwartet. „Ich will nicht mehr mit dir zusammen sein.“

… „Was...?“ Ich sehe ihn geschockt an, während sich seine Hand wieder senkt. Er... Er macht Schluss mit mir?! Mein Atem stockt als ich einen Schritt nach hinten mache. Er will nicht mehr mit mir zusammen sein? Was bedeutet das? Tränen steigen in meine Augen. Das kann doch nicht sein Ernst sein. „Warum?“ Meine Lippen zittern. Sofort erinnere ich die Worte meines Vaters. Hat er mich wirklich satt? Mein Herz tut weh. Das kann nicht wahr sein. „Warum?“, wiederhole ich ungläubig. „Was hab ich falsch gemacht?“ Ich presse meine Hand an die Brust. Was habe ich getan, dass er mich verlassen will? Ich weiß es nicht. Und das macht es unerträglich.

„Nichts.“, vernehme ich seine leise Stimme.

„Warum willst du mich nicht?“, dringt es gequält aus meinem Mund. Der Gedanke, das Gefühl der Ablehnung brennt wie Feuer in meiner Brust. „Liebst du mich nicht mehr?“, spreche ich meine dunkelste Angst aus und spüre sofort, wie mich Schwindel überkommt. Es fühlt sich an, als würde meine Seele von Rissen durchzogen. Ein Wort von ihm wird genügen, um mich in Tausend Splitter zu zerbersten.

Angespannt schüttelt er den Kopf. Es ist also wahr. Es ist aus...

Nur am Rande bekomme ich mit, wie heiße Tränen über meine Wangen fließen. Taumelnd fahre ich herum und stürme aus dem Raum. Er will mich nicht. Er... will mich nicht....

Stolpernd laufe ich, so schnell ich kann, einfach davon. Ohne Ziel. Ich will einfach nur weg. Weg von ihm. Weg von allem.

Es dauert nicht lange, bis meine Füße mich nicht mehr tragen wollen. Keuchend lehne ich mich an die Wand neben mir. Mein Atem geht stockend, Tränen trüben seine Sicht. Der Kies raschelt hinter mir, ich höre Schritte auf mich zukommen. Er ist mir also gefolgt. Warum? Ich dachte, ich sei ihm egal. Ist das etwas nicht so? Aus welchen Grund hat er mich dann verlassen?

„Warum...?“ Meine Stimme ist ein kraftloses Flüstern. Ich spüre, wie mein Herz aufgeregt schnell in der Brust schlägt. Diese ganze Situation ist so unwirklich. Das kann einfach nicht richtig sein. Ich kann das nicht akzeptieren, solange ich den Grund nicht verstehe. Ich drehe mich zu ihm um und presse die Hand an meine Brust. „Warum?!“, schreie ich ihn an.

Seine Augenbrauen sind mitleidig zusammen gezogen und er sieht mich bedrückt an. Dann ballen sich seine Hände zu Fäusten und er senkt den Kopf. „Weil ich nicht gut für dich bin!“ Seine Stimme wackelt vor Erschütterung.

Ich sehe ihn mit großen Augen an. Was? Er... Er sieht den Grund bei sich? Überrascht mache ich einen Schritt auf ihn zu, beuge mich ein Stück runter, um ihm ins Gesicht zu sehen. „Aber...“ Das ist doch Quatsch. Er ist toll. Was bringt ihn dazu etwas anderes zu denken? „Wie meinst du das...?“, fragt ich vorsichtig nach.

„Wir können kein Paar sein.“ Seine Stimme zittert.

Ich schüttel den Kopf. „Aber, ich liebe dich.“, sage ich mit warmer Stimme.

Seine Augen werden größer. Es wirkt fast als wäre er überrascht. Wieso ist das so? Zeige ich ihm das etwa nicht genug? Ich kann beobachten, wie er mit sich hadert.

„Ich weiß, woher dein blaues Auge stammte.“, sagt er plötzlich und ich zucke zusammen. Er weiß es also. Das wollte ich eigentlich vermeiden. Ich sehe auf in seinen enttäuschten Blick, der mir den Hals zuschnürt. „Wie konntest du mir das verschweigen?“

Wie erwartet hat es ihn verletzt, die Wahrheit zu erfahren. Dann werde ich mich nicht mehr zurückhalten. Ich balle die Hände zu Fäusten. „Weil... Weil mein Vater mir einfach immer alles kaputt macht.“ Bitter presse ich die Zähne zusammen, bin wütend, dass es ihm gelungen ist, Asahi gegen mich aufzubringen und mich zu verunsichern. „Er sollte mir nicht auch noch wegnehmen, was mir am meisten auf der Welt bedeutet. Dich.“ Bedrückt hebe ich meinen Blick und sehe ihm in die Augen. „Ich weiß, dass dich verletzen würde, zu sehen wozu mein Vater in der Lage ist. Ich weiß, dass du versuchen würdest mich zu beschützen, selbst wenn das heißt, dass du... dass du mich verlässt....“ Ein Schluchzen verschluckt meine Stimme und ich fühle, wie zwei Tränen meine Wangen hinab laufen.

„Noya...“ Wie er meinen Namen haucht, läuft mir warm den Rücken hinunter. Sein erstaunter Blick haftet an mir und ich wünsche mir nichts mehr, als dass er mich in den Arm nimmt.

„Asahi...“ Ich strecke die Arme nach vorne, mache einen Schritt auf ihn zu. „Verlass mich nicht...“, bitte ich ihn aus tiefstem Herzen. Ich will ihn nicht verlieren, auf keinen Fall.

Er kommt mir entgegen, schließt mich in die Arme. Ich drücke ihn an mich, so fest ich kann, gewillt ihn nie wieder loszulassen. „Ich brauche dich.“, seufze ich. „Mehr als du dir vorstellen kannst...“

Er streichelt mir über den Kopf, zieht mich mit dem anderen Arm zu sich. Es tut so gut, von ihm gehalten zu werden.

„Ich liebe dich.“, dringt seine Stimme warm in mein Ohr.

Erstaunt öffne ich meine Augen. Dann war es also nur eine Lüge, dass er mich nicht mehr will? Er liebt mich noch? „Dann... bleibst du bei mir? Wir... sind noch ein Paar?“, frage ich mit aufgeregt zittriger Stimme, während sich meine Finger in sein Shirt bohren. Ich habe Angst vor der Antwort.

„Das wäre schön. Ich wünsche mir nichts mehr als das.“ Seine Stimme geht mir direkt unter die Haut, erleichtert mein Herz um Tonnen, dass ich leicht auflache. Alles ist gut. Ich bin so froh. „Bist du dir denn sicher? Es wird nicht einfach für uns.“, spricht er seine Zweifel aus.

Ich drücke mich an ihn, komme ihm so nah, wie es mir möglich ist. „Ja.“ Ich war mir bei nichts in meinem Leben je mehr sicher als damit.

Er atmet erleichtert durch, drückt mich an sich. „Es tut mir leid...“, flüstert er in meine Haare. „Ich habe zu viel in alles hinein interpretiert, statt einfach mit dir zu reden.“ Ich bin froh, dass er das einsieht. Ich weiß, dass er dazu neigt sich Dinge zu Herzen zu nehmen. „Als ich gehört habe, dass du mich angelogen hast... Da habe ich entschieden, dass ich nicht gut genug für dich bin. Und ich habe begonnen, dich auch anzulügen...“ Und zu erfahren, dass ich ihn anlüge, hat ihn sicher verletzt. Dabei wollte ich ihn doch nur schützen. Und mich auch.

„Die Gründe, dass du mich nicht treffen kannst... dass mit den Kinokarten... dass du mich nicht mehr geküsst hast... und ewig brauchst, um mir zu antworten... War, um mich auf Abstand zu halten? Mich zu vergraulen?“, frage ich leise.

„Ja....“ Er seufzt und ich nicke leicht. „Ich habe versucht dich in Tanakas Arme zu treiben. Mit Tanaka wärest du besser dran.“

Was? Ist das sein Ernst? Er wollte mich mit Ryu zusammenbringen? „Nein!“, sage ich laut und kralle mich in sein Shirt. „Ich will nur mit dir zusammen sein!“ Ich will keinen anderen!

„Wieso ich?“, fragt er nach einem Moment der Stille. „Was kann ich dir schon bieten...?“

Ich seufze innerlich. Warum ist er nur so unsicher? Dafür gibt es doch überhaupt keinen Grund. „Genau das hier.“ , sage ich und kuschel mich an ihn. Mein Fels in der Brandung...mein sicherer Hafen. Seine Wärme umgibt mich, dass ich mich nicht wohler fühlen könnte. Ich tätschle seine Brust. „Du bist... du.“ Ich lächle sanft. „Das ist was ich will.“

Er verharrt kurz, dann drückt er seinen Kopf gegen meinen, schmiegt sich an mich, „Verzeihst du mir, dass ich dich angelogen... und zum Weinen gebracht habe? Es tut mir wirklich leid....“ Seine Stimme ist bedrückt. Ich nicke sofort. Solange er nichts davon erst gemeint hat und mich noch liebt, ist mir alles egal. „Wenn du mir das selbe auch vergibst, ist das schon ok. Solange du mich noch willst, ist alles gut.“, murmele ich an seine Brust gedrückt.

„Ich habe nie aufgehört, dich zu wollen.“

Erleichterung nimmt mich angenehm ein. Es tut gut, das zu hören. „Gut.“, sage ich lächelnd und genieße seine zärtliche Berührung, wie er mir über Kopf und Rücken streicht. Ich liebe ihn so sehr.

Zustellung (Asahi)

Ich sitze in einer Kabine der Toilette, die an unsere Umkleidekabine grenzt und rutsche unruhig auf dem geschlossenen Deckel herum. Ich atme tief durch, versuche mich zu entspannen. Ich muss mich beruhigen. Meine Hände fahren über die Oberschenkel, ich spüre, wie kalt meine Finger sind. Es hat mich mehr mitgenommen als ich erwartet hatte, Noya verletzt zu sehen. Er hat aber auch einfach kein Glück im Moment. Gerade ist seine Gehirnerschütterung auskuriert, da schlägt er bei der Ballannahme, während des Aufwärmens, ungünstig auf den Boden. Ich habe genau gesehen, wie er sich das Handgelenk gerieben hat. Und als ich seine Hand eben gestreift habe, bin ich mir sicher, seinen Schmerz gehört zu haben. Zischend hatte er eingeatmet. So als hätte es weh getan. Ich schließe die Augen, versuche mich auf meinen Atem zu konzentrieren. Langsam kommt mein Herz ein wenig zur Ruhe. Gut, denn ich sollte langsam mal zu den anderen in die Halle gehen, das Training hat sicher bereits begonnen. Ich stehe auf und lege die Hand an das Schloss der Türe. Gerade als es klackend entriegelt, höre ich die Eingangstüre quietschen und zwei Stimmen betreten den Raum, sprechen mit einander.

„Sicher, dass du es nicht richtig kühlen willst?“ Das ist Tanaka. Er klingt besorgt. Ich schlucke und lasse meine Hand sinken, bleibe mit gesenktem Blick hinter der geschlossenen Türe stehen.

„Ja, es ist wirklich halb so wild.“ Noya... tapfer, wie immer.

Ich höre das Wasser in einem Waschbecken rauschen. „Sag mal...“, setzt Tanaka ungewohnt zögerlich an. „Meinst du nicht, du solltest es ihm langsam sagen? Er gibt sich echt Mühe, Noya. Ist so besorgt um dich...“ „Hm?“ Ich sehe auf. Wovon redet er?

„Na ja...“ Es klingt als würde sich Tanaka am Kopf kratzen. „Denkst du nicht, er sollte es wissen. Dass dein blaues Auge nicht von mir stammte.“ Ich erschrecke. „Dass dein Vater dich geschlagen hat, weil du mit ihm zusammen bist?“

Mein Körper erstarrt. Was...? Das... Das kann doch nicht... Mein Atem stockt und ich halte mir den Mund zu, um nicht aufzukeuchen.

„Nein.“ Ich erschrecke wieder als Noyas Stimme entschlossen und fest erklingt.

„Asahi sollte die Wahrheit erfahren.“, lenkt Tanaka ein. Ich kann spüren, wie sich meine Brust zusammenzieht und es immer schwerer wird zu atmen.

„Nein. Ich werde es ihm nicht sagen. Und du wirst das auch nicht.“

„Okay...“, seufzt Tanaka.

Warum...? Ich presse meine Hand gegen die Brust, verschließe mit der anderen weiterhin meinen Mund.

„Komm.“, sagt Noya knapp und ich höre seine Schuhe auf den Fliesen quietschen. Das andere Paar Füße setzt sich auch in Bewegung und die Türe schlägt zu. Stille.

Meine Ohren beginnen zu rauschen, mein Herz schlägt unregelmäßig, während es mir nicht möglich ist einen klaren Gedanken zu fassen. Ich muss atmen, sonst falle ich um. Ich öffne den Mund, doch die Luft will nicht in meine Lunge strömen. Alles was meine Gedanken erfüllt ist Noya. Das blaue Auge... Sein Vater... hat ihn geschlagen? Wegen mir?!

Meine Kehle gibt ein gepresstes Ächzen von sich als ich auf die Knie sinke. Mir ist schwindelig. Noch immer kann ich nicht atmen. Was hat das alles zu bedeuten? Warum...? Warum... lügt er? Warum will er mir nicht die Wahrheit sagen? Ich... Ich verstehe das nicht.

Ich kralle meine Finger in die Oberschenkel als sich ein Atemzug schmerzhaft in meine Brust zwingt. Der Schmerz, der sich durch meinen Körper zieht, wird von einem Gefühl der Taubheit abgelöst und meine Brust gibt endlich meine Lunge frei, lässt mich nach Luft schnappen. Keuchend beuge ich mich nach vorne, sehe unfokussiert zu Boden. Noya... wieso...?

Mühsam stemme ich mich auf die zitternden Beine hoch. Mein Körper bewegt sich mechanisch, während mein Kopf ausschaltet. Ich verlasse die Kabine. Gedankenlos tragen mich meine Beine zum Clubraum, ohne mein Zutun. Die Dunkelheit des Raumes hüllt mich ein und ich merke, wie sich mein Blick trübt. Ich krümme mich vor, presse meine geballten Fäuste gegen die Brust, spüre heiße Tränen meine Wangen entlang fließen. Noya...

Ich schluchze und reibe mir durch die Augen.

Plötzlich höre ich, wie das Schloss der Türe hinter mir in den Rahmen gedrückt wird. Jemand ist hier. Ich halte die Luft an, obwohl es mit Sicherheit zu spät ist, um zu verheimlichen, warum ich hier bin.

„Asahi...“, dringt Sugas sanfte Stimme an mein Ohr. Obwohl ich erleichtert bin, dass es Suga ist, reibe ich mir schnell die Tränen von den Wangen. Er kommt zu mir, berührt meinen Arm. „Hey...“ Ich wende mich ab. Es ist mir unangenehm, vor ihm zu weinen. „Was ist denn los?“ Da ist so viel Gefühl in seiner Stimme. Es ist kein leeres Interesse, keine einfache tröstende Geste. Es bedrückt ihn wirklich, dass es mir nicht gut geht. Suga ist ein guter Freund, dessen bin ich mir bewusst. Vielleicht sollte ich mich ihm wirklich anvertrauen... Ich beiße auf meine Unterlippe. Dann spüre ich den Druck seiner Hand an meinem Rücken. Er schiebt mich sachte zu den Stühlen am Ende des Raumes und ehe ich mich versehe, sitzen wir beide dort und seine Hand ruht auf meinem Knie.

Er sagt nichts, ich sage nichts. Ruhe nimmt den Raum ein. Er wartet, geduldig.

Die aufkommende Stille holt meine Erinnerungen in den Vordergrund. Ich höre Noyas Stimme. Wie er klar und deutlich „Nein“ zu mir sagt. Ich senke den Kopf, spüre neue Tränen fließen.

„Hm?“, macht Suga ermutigend und reibt mein Knie. „Was ist passiert?“

Ich seufze nachdenklich, reibe mir Tränen aus dem Gesicht. Es ist Suga. „Ich...Ich habe gehört, wie Nishinoya und Tanaka über mich geredet haben...“, gebe ich zu und spüre, wie sich Druck in meiner Brust aufbaut.

„Was?“, dringt seine Stimme erschüttert an mein Ohr. „Wieso sollten sie das tun?“ Seine Überraschung kann ich gut nachvollziehen. Das klingt überhaupt nicht nach Noya und Tanaka. Das ist nicht ihre Art, das ist mir auch klar.

„Sie..“ Ich schniefe. „Sie haben nicht gemerkt, dass ich auch in der Toilette der Umkleide war...“ Sonst hätten sie sicher nicht darüber gesprochen.

„Was haben sie denn gesagt?“, fragt Suga mit leiser Stimme.

Sofort hallen ihre Stimmen durch meinen Kopf und ich sacke unwillkürlich ein wenig zusammen. „Tanaka ist nicht für Noyas blaues Auge verantwortlich... und es war auch kein Unfall...“, sprudelt es aus mir heraus. Meine Brust krampft sich zusammen. Allein der Gedanke, wie Noyas Vater ihn schlägt... ihn anschreit... weil er mit mir...

„Wie... ist es dann passiert?“, unterbricht Sugas leiser Tonfall meine Gedanken. Ich presse die Lippen zusammen, es tut weh darüber nachzudenken. „Noyas Vater hat ihn geschlagen...“ Ich verliere den Kampf gegen neue Tränen. Egal... Das ist jetzt nicht wichtig. „Er hat ihn geschlagen, weil... weil wir zusammen sind...“ Weinend krümme ich mich nach vorne. Das überfordert mich, ich verstehe es nicht. „Warum...?“ Widerwillig treten Laute über meine Lippen. „Warum hat er mir das nicht gesagt?“ Mein Körper beginnt zu zittern. „Noya hat zu Tanaka gesagt, dass er mir das nicht sagen will... Warum?“ Schmerzvoll zieht sich meine Brust zusammen, doch dieses Mal treibt es nur weitere Tränen meine Wangen herab und nimmt mir nicht die Luft zum Atmen. Es ist fast ein wenig erlösend, diese Gedanken auszusprechen.

„Nun ja.“ Sugas Stimme klingt nachdenklich und ich sehe ihn überrascht an. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er mir antwortet. „Vielleicht...“, sagt er mit sanfter Stimme. „ ...hatte er Sorge, dass du...“ Unsere Blicke treffen sich, sein Blick ist genauso warm wie seine Stimme. „...du genau so reagierst, wie du es gerade tust.“ Was...? Ich spüre, wie sich meine Augen überrascht weiten. Er blinzelt langsam, lässt seine Hand fürsorglich über mein Knie streichen. „Das Noyas Vater nicht mit eurer Beziehung einverstanden ist, ist ein ziemlicher Schock.“ Das ist wahr. „Und Noya weiß genau, dass du dir sowas sehr zu Herzen nehmen würdest.“ Das ist auch wahr... „Sicher wollte er dir diese Qual einfach ersparen...“

Ersparen? Was denn ersparen? Er hat mich angelogen! Er hat alle angelogen! Er und Tanaka. Tanaka... Es ist immer das selbe... „Aber...“, sage ich bestimmt. „Aber sowas geht mich etwas an.“ Warum schließt er mich aus? Das kann doch nicht richtig sein. „Warum muss immer Tanaka ihn retten...?“, tritt es über meine Lippen, das, was mein Herz wirklich belastet. „Als Noya nicht zur Schule gekommen ist, ist Tanaka es gewesen, der in sein Haus eingebrochen ist, um nach ihm zu sehen... Und auf dem Spielfeld, nach unserem Zusammenstoß... hat Tanaka ihm das Leben gerettet...“ Es ist als hätte man einen Schleier von meinen Augen genommen. Plötzlich ist alles so klar. „Immer ist Tanaka sein Held, dabei bin ich doch sein fester Freund... Ich sollte sein Held sein....“ Ich kralle die Finger in meine Trainingsshorts. Es ist nicht fair. So sollte es nicht sein. Ich... Ich will so vieles für ihn sein, doch... das bin ich nicht... und das alles sieht er auch nicht in mir. Ich... bin ein Feigling. Ein kleines gläsernes Herz, dass man beschützen muss... Aber er... er braucht jemanden, der auch in der Lage ist, ihn zu beschützen...

Ich schließe die Augen und spüre einen dumpfen Stich in der Brust. „Noya sollte mit Tanaka zusammen sein und nicht mit mir...“, spreche ich den Gedanken aus, der mir das Herz zerreißt. Es ist nur logisch...

„Was redest du denn?“, sagt Suga, kaum habe ich ausgesprochen. Ich sehe zu ihm auf. „Das ist doch Quatsch.“ Ein leichtes Lächeln zieht sich über seine Lippen. „Noya und Tanaka sind wie Brüder. Da ist keine Romantik.“ Brüder? Meine Gedanken verwirbeln und ich sehe zu Boden. Einen Moment ist es still. Dann spüre ich, wie seine Hand zur Ruhe kommt. „Weißt du...“ Sugas Stimme klingt bedrückt. „Ich bin jetzt seit zwei Jahren mit Daichi zusammen.“ Ich blicke auf und sehe ihn erstaunt an. Ich weiß, dass sie ein Paar sind, dass haben sie mir direkt gesagt als sie zusammen gekommen sind. Und ich habe mich für sie gefreut. Sie passen so gut zusammen. Aber... warum sagt er das so traurig? „Letztes Jahr sind wir in unsere gemeinsame Wohnung gezogen.“ Das weiß ich. Ich sehe ihn aufmerksam an, beobachte wie er seufzt. „Meine Mutter...“ Mein Blick fokussiert ihn, während er zur Decke hinauf sieht. „Sie glaubt bis heute, dass Daichi und ich einfach nur gute Freunde sind.“

Meine Augen weiten sich erstaunt. „Was...?“, dringt es überrascht aus meinem Mund. „Du hast es ihr nie erzählt?“ Er schüttelt angespannt den Kopf. „Warum?“

Er blinzelt langsam, fährt mit den Fingern die Kordel seiner Shorts entlang, während er zur Decke starrt. „Sie... Sie wünscht sich so sehr Enkelkinder...“ Seine Stimme bricht. Oh, Suga... „Und ich... werde ihr nie welche schenken...“ Ich seufze, erkennend, was er mir sagen will. „Wenn ich ihr das sage, bricht es ihr das Herz.“ Er sieht mich mit feuchten Augen an, woraufhin ich mitleidig die Augenbrauen zusammen ziehe. „Das kann ich nicht. Das kann ich ihr einfach nicht antun.“ Sein Atem vibriert. „Ich... kann Noya also sehr gut verstehen, dass er es dir nicht erzählen möchte...“

Als der Schmerz in seinem Blick mich zu überwältigen droht, sehe ich nachdenklich zu Boden. Kann es sein? Ist das...?

Ein Moment der Stille entsteht.

„Komm, lass uns zum Training gehen.“, sagt Suga mit einem leichten Lächeln und fängt meinen Blick ein. „Bestimmt vermissen uns die anderen schon.“ Er hat sicher Recht. Ich nickte zaghaft, auch wenn ich mich nicht danach fühle zu den anderen zu gehen. Ich reibe mir durch die Augen, da legt er die Hände an meine und drückt sie runter in meinen Schoß. „Nicht reiben. Davon werden deine Augen nur rot.“ Sein Lächeln ist warm. So warm, dass ich mich tatsächlich ein bisschen besser fühle.

„Ok.“, sage ich obwohl ich es nicht so meine und wir gehen zurück zum Training.

***

Ich beginne damit Nishinoya auszuweichen. Ich erfinde Ausreden, warum ich ihn nicht nach Hause bringe, gebe Verpflichtungen vor, wenn er sich treffen will. Er ist enttäuscht, doch akzeptiert alle meine Worte. Er hat ja auch keinen Grund mir nicht zu glauben. Warum sollte ich ihn schließlich anlügen?

Ich denke viel nach, noch mehr als sonst schon. Irgendwann weiß ich gar nicht mehr, was Noya an mir findet. Als er mich damals geküsst hat, als wir ein Paar wurden, nachdem er mir seine Verletzung anvertraut hatte... Was hat ihn dazu gebracht? Warum hat er mich geküsst? Ich bin schon so lange in ihn verliebt. Er ist immer da gewesen, um mir den Rücken zu stärken, hat mich unterstützt und akzeptiert. Ich habe schon immer viel an ihn gedacht und seit ich weiß, dass meine Gefühle mehr als Freundschaft sind, habe ich oft fantasiert ihn zu küssen. Doch ich hätte nie gedacht, dass es soweit kommt. Er hat mir gesagt, dass er mich auch liebt. Doch seit wann ist das so? Als er mich im Schulflur geküsst hat, habe ich das erste mal Leidenschaft von ihm erlebt. War es nur eine Laune? Hat er einem spontanen Trieb nachgegeben? Und dann als es ernst wurde zwischen uns... Hat er nur mitgespielt? Hat er das alles nur getan aus Lust... und ist er nur mit mir zusammen, um mich nicht zu verletzen?

Ich denke an Sugas Worte. Vielleicht hat er Recht...

„Hey, Asahi!“ Ich sehe von meinem Tisch auf als Noya grinsend in meinen Klassenraum gestürmt kommt. An meinem Pult bleibt er stehen, drückt seine Hände auf meine und beugt sich mit einem breiten Lächeln zu mir runter. „Weißt du noch, der Actionfilm, von dem ich dir erzählt habe?“ Ich erinnere mich gut daran, wie er mir schwärmerisch von dem Film berichtet hatte, wie seine Augen gefunkelt hatten als es hieß, dass er bald ins Kino kommt. Ich erinnere mich, dass er heute anläuft, weiß sogar, wann die Vorstellungen sind. „Tut mir leid. Ich weiß nicht wovon du redest.“ Ich lächle schief und er blinzelt mich überrascht an.

„Nicht schlimm.“ Er lächelt und ich spüre ein Stich im Herzen. „Ich meine den mit dem riesigen Roboter, wo...“ Er erzählt mir von der Handlung, die ich mir schon durchgelesen habe als er mir das erste mal davon erzählt hat. Ich erinnere den Text auf dem Kinoflyer, den ich gelesen habe. „Jedenfalls... Gehst du mit mir ins Kino?“ Er drückt meine Hand in seiner aufgeregt zusammen. Mit ihm ausgehen, das wäre schön. Seine Euphorie in der Dunkelheit des Kinosaals zu beobachten. Ich würde nichts lieber tun.

„Ach, weißt du... so was interessiert mich nicht wirklich.“

Er sieht nachdenklich zu meinem Tisch runter. „Oh, das wusste ich nicht.“ Weil es nicht so ist.

„Ich habe auch keine Lust auf Kino.“ Ich ziehe meine Hände unter seinen heraus und nehme meine Tasche hoch, stehe auf. Er sieht mich mit großen Augen an. Sein Blick ist enttäuscht. „Aber, geh doch mit Tanaka. Der mag doch sowas.“ Ein brennender Schmerz umhüllt mein Herz.

Er nickt zögerlich, dann lächelt er mich an. „Ok.“ Er lacht auf, beugt sie zu mir vor. Mein Blick haftet sofort auf seinen Lippen. Er will mich küssen, ich weiß es. Mein Herz schlägt schneller, ich muss mich zwingen, den Kopf abzuwenden.

„Gut, bis dann.“, sage ich schnell und drehe mich weg. Ich kneife die Augen zusammen, dann verlasse ich den Raum, ohne mich nochmals umzudrehen.

Ich gehe den Gang entlang bis zu den Schuhen. Weiter hinten durch, entdecke ich Tanaka. Als hätte das Schicksal ihn in meinen Weg gestellt. Ich gehe zu ihm rüber. „Hey.“ Er sieht sofort zu mir auf.

„Hallo, Asahi.“ Er nickt mir zu.

Ich greife in meine Tasche und angle nach meinem Portmonee. „Hast du heute Abend Zeit?“

Er sieht mich irritiert an. „Ähm...ja. Ich habe noch nichts vor. Wieso?“

Ich öffne mein Portmonee und greife in das hinterste Fach. „Nishinoya wird dich nachher fragen ob du mit ihm ins Kino gehst.“ Er blinzelt verwirrt. „Eigentlich wollte ich mit ihm gehen, aber...“

Ich drücke ihm die beiden Papierstreifen in die Hand. „Mir ist etwas dazwischen gekommen.“

Er blinzelt mich an, dann blickt er runter in seiner Hände, sieht sie an, die beiden Kinotickets.

„Ich wünsche euch viel Spaß.“ Ich lächle ihn angestrengt an.

„Asahi... Bist du dir sicher?“ Er tätschelt das Papier in seinen Händen.

„Ja.“, sage ich schnell und drehe mich um, gehe zügig von ihm weg.
 

Noya schreibt mir über den Tag verteilt mehrere Nachrichten. Ich muss mich zusammenreißen, stelle mir eine Frist, dass ich ihm erst nach einer Stunde antworte. Er soll nicht denken, dass ich auf seine Nachrichten warte, aber auch nicht, das ich ihn ignoriere. Er soll sich langsam von mir lösen... Er soll merken, dass er es besser haben kann...
 

Ein paar Tage vergehen. Ich kann schlecht schlafen, sehe ständig auf mein Handy, lese alte Nachrichten von ihm. Ich vermisse ihn.

Doch es ist besser so.
 

Ich betrete die Umkleidekabine vor dem Morgentraining, bin als erster da, nach Daichi, der schon in der Halle ist. Die Unruhe hat mich auch diese Nacht schlecht schlafen lassen, was wohl erklärt, warum ich so früh an der Schule bin. Ich wusste einfach nichts mit mir anzufangen.

Gerade streife ich mir mein Trainingsshirt über, da betritt Noya den Raum. Ich beiße die Zähne zusammen als er zu mir rüber gelaufen kommt.

„Asahi!“ Er grinst mich an und umarmt mich. Im Reflex lege ich die Arme um ihn und sofort durchströmt mich eine wohlige Wärme. Es fühlt sich so schön an, ihn bei mir zu haben. Nein. Das ist nicht richtig. Ich nehme die Hände von seinen Schultern. Er beugt sich zurück und lächelt. Dann schließt er die Augen und stellt sich auf seine Zehenspitzen, zieht sich zu mir hoch. Ich halte den Atem an, dann packe ich ihn an den Oberarmen, was seine Aufwärtsbewegung abrupt unterbricht. Erschrocken öffnet er die Augen und sieht mich überrascht an. Ich erstarre, bewege mich keinen Millimeter, während wir uns in die Augen sehen. Meine Finger drücken sich gegen seine Armmuskeln. Ich halte ihn auf Abstand, dass ist ihm wohl jetzt auch klar.

„Asahi...“ Sein besorgter Blick verrät mir, dass ich mich nicht mehr verstecken kann. Ich senke den Kopf und lasse ihn los. „Was... Was ist denn los?“

Oh nein. Was soll ich sagen? Ich beiße mir auf die Lippe und schweige.

„Ich....“ Ich sehe unsicher zu ihm runter als seine Stimme erklingt. Seine Augenbrauen sind traurig zusammen gezogen. „Ich habe gemerkt, dass du dich komisch verhältst. Du gehst mir aus dem Weg...“ Er sieht mich fest an. „Die Kinotickets... Das Kaufdatum war vor fünf Tagen...“ Ich seufze innerlich, während das Bedauern in seinen Blick einkehrt. „Ich wollte es nur nicht erkennen, habe gehofft, dass...“ Er schluckt. „Dass du mir schon sagen würdest, wenn wirklich was ist.“

Meine Brust verengt sich. Es tut weh, ihn so traurig zu sehen. Dennoch kann ich nichts sagen.

„Asahi, rede mit mir.“ Er legt die Hand an meinen Arm, ich wende den Kopf ab. „Bitte.“ Seine Stimme ist ruhig und einfühlsam. Es ist annähernd unerträglich. Ohne mein Zutun wandert mein Blick zu ihm und ich sehe ihm wieder in die Augen. Er beobachtet mich mit großen Augen, seinen wunderschönen braunen Augen. Ich weiß, ich sollte wegsehen, doch ich kann nicht. Ich muss mich von ihm lösen, doch ich... Noch nie ist mir etwas so schwer gefallen. Ich lege die Hand an seine Wange und er blinzelt langsam, drückt sich leicht gegen meine Handfläche. Seine Haut ist so weich und er ist so angenehm warm. Ich schließe die Augen einen Moment, genieße alles was ich von ihm wahrnehme, wissend, es ist das letzte Mal.

„Ich...“ Ich schlage die Augen auf und sehe ihn so fest an, wie es mir möglich ist. „Ich will nicht mehr mit dir zusammen sein.“

Seine Augen weiten sich geschockt, während ich meine Hand sinken lasse. „Was...?“, haucht er fast tonlos. Ich beiße die Zähne fest auf einander, um seinem Blick stand zu halten. Ich beobachte seine Reaktion, wie seine weit aufgerissenen Augen zwischen meinen hin und her wechseln, bis sie langsam kleiner werden und sich mit Tränen füllen. Ich halte die Luft an als seine Unterlippe zu zittern beginnt. Er... Er weint...

„Warum?“, kommt es gepresst über seine Lippen und seine verletzte Stimme sticht mir mitten ins Herz. Ich hatte erwartet, dass er mit mir reden will, dass er diskutieren wird, vielleicht sogar versucht es mir auszureden, doch dass er sofort in Tränen ausbricht... damit habe ich nicht gerechnet. Er zieht die Nase hoch. „Warum?“ Seine Stimme bricht und ich muss wieder die Luft anhalten, um nicht mit zu weinen. „Was hab ich falsch gemacht?“ Sein Körper beginnt zu zittern.

Ich schüttele den Kopf. „Nichts.“, hauche ich.

„Warum willst du mich nicht?“, dringt es gequält aus seinem Mund. „Liebst du mich nicht mehr?“

Beißender Schmerz schießt durch meine Brust und verteilt sich augenblicklich in meinem Körper. Ich balle die Hände zu Fäusten und schüttele den Kopf.

Er blinzelt und Tränen laufen über sein Gesicht. Dann dreh er sich ruckartig weg und läuft auf die Türe zu.

„Noya...“ Ich strecke meine Hand nach ihm aus, doch greife ins Leere. Er ergreift die Flucht? Das passt überhaupt nicht zu ihm. Ich... Ich kann ihn nicht so gehen lassen. Meine Füße bewegen sich von alleine und ich laufe ihm nach. Erst hinter der Turnhalle, kommt er keuchend zum Stehen und stützt sich an der Wand ab. Langsam gehe ich auf ihn zu, bis uns noch etwa drei Meter trennen. Sein Atem geht so stockend und gepresst, dass es mir Angst macht.

„Warum...?“ Seine Stimme ist kaum mehr als ein Hauchen. Ich presse die Lippen gegeneinander. „Warum?!“, ruft er schmerzerfüllt und dreht sich zu mir um, drückt die Hand gegen die Brust.

Noya...ich habe dir Leid zugefügt. Das ist alles meine Schuld.

„Weil ich nicht gut für dich bin!“, bricht es aus mir heraus. „Ich..“ Ich senke den Kopf, doch kann ich beobachten, wie er einen zaghaften Schritt auf mich zu macht.

„Aber...“ Er sieht mich irritiert an. „Wie meinst du das...?“, fragt er leise und sieht ratlos zu mir hoch.

„Wir können kein Paar sein.“ Meine Stimme zittert.

„Aber, ich liebe dich.“ Wärme liegt in jedem seiner Worte.

Seine Stimme trifft mich tief, dass mein Herz schneller schlägt. Ich will ihn loslassen, doch... Ihn so zu sehen... Es tut zu weh. Ich kann das nicht. „Ich weiß, woher dein blaues Auge stammte.“, gebe ich zu und er erschrickt. Ich sehe ihm bedrückt in die Augen. „Wie konntest du mir das verschweigen?“

Er ballt die Hände zu Fäusten. „Weil... Weil mein Vater mir einfach immer alles kaputt macht.“ Ich sehe ihn erstaunt an. „Er sollte mir nicht auch noch wegnehmen, was mir am meisten auf der Welt bedeutet. Dich.“ Ich atme überwältigt aus. Er sieht bedrückt zu mir auf. „Ich weiß, dass dich verletzen würde, zu sehen wozu mein Vater in der Lage ist. Ich weiß, dass du versuchen würdest mich zu beschützen, selbst wenn das heißt, dass du... dass du mich verlässt....“ Seine Stimme bricht und Tränen laufen über seine Wangen.

„Noya...“ Ich starre ihn überwältigt an, während sich meine Sicht trübt. Er hat es mir nicht verschwiegen, um mich zu schützen. Er hat mir nichts gesagt, weil er sicher war, dass ich ihn beschützen werde. Koste es, was es wolle...Er... Er kennt mich so gut... er hat alles vorausgesehen... wusste genau, was ich fühlen und tun würde.

„Asahi...“ Er streckt die Arme nach mir aus, macht einen Schritt auf mich zu. „Verlass mich nicht...“

Ich kneife die Augen zusammen, dann werfe ich mich nach vorne und schließe ihn in die Arme. Er drückt sich fest an mich. „Ich brauche dich.“, wimmert er. „Mehr als du dir vorstellen kannst...“

Ich tätschle seine Haare und sein süßer Duft strömt durch meinen Körper, dass meine Hände zu zittern beginnen. Ich kann kaum glauben, dass ich ihn in den Armen halten darf. Es tut so gut. „Ich liebe dich.“, hauche ich in sein Haar.

„Dann... bleibst du bei mir? Wir... sind noch ein Paar?“, fragt er mit zittriger Stimme während sich seine Finger in mein Shirt krallen.

„Das wäre schön. Ich wünsche mir nichts mehr als das.“, gebe ich zu und spüre warme Tränen auf meinen Wangen. Er lacht erleichtert auf. „Bist du dir denn sicher? Es wird nicht einfach für uns.“

Er bewegt sich an meiner Brust, schmiegt die Wange an mein Shirt.

„Ja.“ Seine Stimme ist klar und fest. Als wäre noch nie in seinem Leben etwas so gewiss gewesen. Ich atme erleichtert durch, halte ihn an mich gedrückt.

„Es tut mir leid...“, hauche ich zu ziehe reumütig die Augenbrauen zusammen. „Ich habe zu viel in alles hinein interpretiert, statt einfach mit dir zu reden.“ Ich fahre ihm durchs Haar. „Als ich gehört habe, dass du mich angelogen hast... Da habe ich entschieden, dass ich nicht gut genug für dich bin. Und ich habe begonnen, dich auch anzulügen...“

„Die Gründe, dass du mich nicht treffen kannst... dass mit den Kinokarten... dass du mich nicht mehr geküsst hast... und ewig brauchst, um mir zu antworten... War, um mich auf Abstand zu halten? Mich zu vergraulen?“, fragt Noya leise.

„Ja....“ Ich seufze leise. „Ich habe versucht dich in Tanakas Arme zu treiben. Mit Tanaka wärest du besser dran.“

„Nein!“, sagt er entschlossen und krallt sich in mein Shirt. „Ich will nur mit dir zusammen sein!“

Ich schlucke. Er kann das immer noch sagen, nachdem ich ihn so sehr verletzt habe? Das ist mir ein Rätsel.

„Wieso ich?“, frage ich schließlich. „Was kann ich dir schon bieten...?“

„Genau das hier.“ Er drückt sich an mich, ich kann hören wie er durchatmet. Dann legt er die Hand an meine Brust, bewegt zärtlich die Finger. „Du bist... du.“ Meine Augen weiten sich überrascht, während ich beginne seine sanfte Berührung zu genießen. „Das ist was ich will.“ Seine weiche Stimme läuft mir angenehm warm den Rücken runter.

„Verzeihst du mir, dass ich dich angelogen... und zum Weinen gebracht habe? Es tut mir wirklich leid....“ Ich ärgere mich über mein Verhalten. Dass ich Noya verletzt habe, schnürt mir den Hals zu.

Keine Sekunde vergeht, da spüre ich Noyas Nicken an meiner Brust. „Wenn du mir das selbe auch vergibst, ist das schon ok. Solange du mich noch willst, ist alles gut.“, murmelt er in mein Shirt, kuschelt sich an mich. Ich schmiege mein Gesicht in seine Haare, spüre wie die Erleichterung mich angenehm einnimmt. „Ich habe nie aufgehört, dich zu wollen.“

„Gut.“ Ich kann das Lächeln in seiner Stimme hören. Er liebt mich, ich kann es spüren. Er will mit mir zusammen sein, koste es was es wolle. Ich habe so wahnsinniges Glück. Ich bin froh, froh dass ich es nicht durch meine Finger hab gleiten lassen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das wars^^
Vielen Dank, dass ihr meine Fanfiction gelesen habt *cheer* Das freut mich sehr^^
Ich hoffe sehr, dass sie euch gefallen hat!

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Kommentare zu dieser Fanfic (15)
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Von:  Hypsilon
2021-10-23T04:56:59+00:00 23.10.2021 06:56
Hach, das war ja ein wildes auf und ab der Gefühle. Das letzte Asahi Kapitel hat das nochmal so richtig unterstrichen.
Ich fand die ganze Geschichte echt toll, du hast dieses traurige Thema der häuslichen Gewalt aufgeschnappt und hast es hier sehr realistisch verpackt. Das mit Sugas Mutter ist auch mega traurig... kann ich verstehen, meine will auch Enkelkinder 😒

Ich bin so froh, dass Asahi dann nicht stur geblieben ist und sie zusammen bleiben 🥰

Tolle Fanfiction, hat sich echt gelohnt, zu lesen ^^

Grüße Hyps
Antwort von:  Scharon
26.10.2021 23:27
Wow, ich bin gerade total baff ^^° Erst mal vielen lieben Dank für deine Kommentare. Ich freue mich sehr, dass du dir die Zeit genommen hast, jedes Kapitel (auch noch so ausführlich) zu kommentieren. Ich bin sprachlos. Du hast die Fanfic ja verschlungen, wenn ich die Zeitpunkte der Kommis ansehe. Das ehrt mich sehr und ich bin verdammt glücklich, dass sie dir gefallen hat. Ich habe hier einige Dramaelemente eingebaut, hatte schon Sorge, dass es zu viel ist. Jedenfalls schlägt mein Herz jetzt ganz doll, denn ich mag die beiden sehr und habe mich bemüht ihnen einen Raum zu geben^^
Ja, hier geht es etwas schneller zur Sache, ich wollte mal ausprobieren, was das mit den Charas macht. Freut mich, dass es dir dennoch gefallen hat. In meiner Kagehina geht es deutlich langsamer, da liegt der Schwerpunkt auf Romantik :)
Danke nochmal. Du hast mich sehr glücklich gemacht und motiviert, weiter an mir zu arbeiten und zu schreiben ^^
Die Scharon
Antwort von:  Hypsilon
27.10.2021 07:16
Guten Morgen =)
Aber gerne doch. Verschlungen triffts wirklich gut. Du hast es mir mit der Länge der Kapitel auch recht einfach gemacht, sie auch mal in ne Zugfahrt oder die Mittagspause zu quetschen.
Die Dramaelemente sind meiner Meinung nach genau on Point ;)

Freut mich sehr, wie du dich über die Kommi freust, ich kenn das ja, das gibt einem oft gleich mal so viel Motivation - deswegen nehme ich mir beim Lesen auch wirklich immer die Zeit, auch zu kommentieren. Man freut sich als Schreiberling einfach total 🥰

Mit Kagehina kann ich witzigerweise (noch) genau garnichts anfangen x'D
Vielleicht aber magst du ja ab 1.12. in meinen Adventskalender gucken, den ich gerade mit Nachdruck schreibe (hoffe, der wird rechtzeitig fertig, jetzt, wo ich den erwähnt habe *pfeiff*)

Also ja sehr gerne, vielleicht lass ich mich auf Kagehina doch noch ein - du wirst es im Falle merken ;)

LG Hyps
Von:  Hypsilon
2021-10-22T18:41:00+00:00 22.10.2021 20:41
Also anfangs war ich ja fast schon wütend auf Asahi aber er wollte Noya ja nur beschützen, das sieht ihn ähnlich und ist natürlich wahnsinnig süß.
Ich bin sehr froh, dass Noya nicht locker gelassen hat und dass Asahi dann ehrlich war.
Hach, es kann ja so kompliziert sein =(
Von:  Hypsilon
2021-10-22T14:54:56+00:00 22.10.2021 16:54
Auch hier wieder genau richtig portioniert, was den Detailgrad des zuvor beschriebenen angeht und Asahis Gedanken hast du hier schön verfasst, der Arme ist komplett durch, kein Wunder.
Und Noya ist so aufgeweckt wie eh und je.
Schön, dass Tanaka am Schluss noch dazu kommt ^^

Grüße Hyps
Von:  Hypsilon
2021-10-22T14:46:55+00:00 22.10.2021 16:46
Na nicht schlecht, da hats ja richtig krass geknallt, ob das realistisch ist so? Für deine Geschichte wirds aber wichtig sein, somit bin ich mal gespannt, was du draus machst.

Tolle Aktion von Tanaka.
Asahi muss sich ja wirklich elend fühlen...

Grüße Hyps
Von:  Hypsilon
2021-10-22T14:37:29+00:00 22.10.2021 16:37
Da will man nur hoffen, dass es für Noya auch wirklich natürlich war und er nicht doch dazu überredet hat, aber so hatte er wirklich mehr die Führung und konnte Asahi noch etwas lenken, ehe sie dann richtig zur Sache gingen.
Fand ich gut geschrieben und aber hallo, direkt in der Gemeinschaftsdusche? Hat sich ja gut angeboten ^^

Gruß Hyps
Von:  Hypsilon
2021-10-22T05:26:51+00:00 22.10.2021 07:26
Daichi ist schon richtig aufmerksam. Grade bei jemanden wie Noya, der wahrscheinlich ohne Rücksicht auf Verluste mal nackt durch die Umkleide läuft um einen Witz oder Gag anzubringen, ist es dann aber wohl auch nicht soooo schwer zu erkennen, dass er sich zurück zieht.
Wie sich Noya dann Nachts zu Asahi kuschelt war wirklich mega süß, dass der sanfte Riese ihn dann überrumpelt fand ich schon schade, dachte, sie würden sich eher romantisch und kitschig die Sterne ansehen ^^
Aber ja, die Erklärung ist schon plausibel, umso besser für ihn, dass er ihn nicht drängt und Noya sich eingesteht, dass er doch noch nicht soweit ist.

Grüße Hyps
Von:  Hypsilon
2021-10-22T05:07:21+00:00 22.10.2021 07:07
Das war eine richtig gute Idee, dieses Kapitel so zu beginnen und es dennoch als zweites dieser Passage zu setzen. Das hat vorhergehende viel spannender gemacht.
Und hier fühlt man echt die Emotionen mit. Das Noya so denkt und seinem Vater glaubt, ist naheliegend. Allerdings wird es wohl leichter sein, ein zweites Mal die Hand auskommen zu lassen, wie beim ersten Mal und irgendwann... wird es dann zur Gewohnheit. Schlimmes Thema, das du da aufgreifst, aber es liest sich sehr echt und ich bin gespannt, was du noch damit machst.

Grüße Hyps
Von:  Hypsilon
2021-10-21T20:28:53+00:00 21.10.2021 22:28
Ach Gottchen, das bricht einem ja das Herz 😭
Irgebdwie war davon auszugehen, dass Noyas Dad damit alles andere als glücklich ist und dass es wohl auch knallen wird, aber wie sich Tanaka für ihn einsetzt, hach... und dann der Schluss des Kapitels, oh Mann... Asahi hätte ruhig auch mal den Mund aufmachen können, also wirklich.

Bin schon gespannt, was ich morgen hier lesen werde ^^
Grüße Hyps
Von:  Hypsilon
2021-10-21T20:17:25+00:00 21.10.2021 22:17
Ok, also dieses Kapitel gefällt mir bis jetzt am besten. Das ist so unschuldig süß und entzückend, dass ich ne Gänsehaut hab. Küsse sind wie Honig, nur warm und weich - wie toll ist denn bitte diese Beschreibung?
Und Himmel, als Noya meinte Asahi käme so richtig in Fahrt, so ausgesprochen ehrlich und pur.
Und Tanaka ist sich etwas unsicher wie er reagieren soll, reagiert aber genau richtig. Sehr putzig. Love it

Grüße Hyps
Von:  Hypsilon
2021-10-21T14:02:34+00:00 21.10.2021 16:02
Da wurde ja fast schon Asahis größte Befürchtung wahr, Noya hat sich da gerade noch rausgeschält, so bereit, wie er dachte, ist er dann wohl doch nicht und das ist ja auch gut so. Man muss nicht immer sofort all in gehen. Hoffe, sie lassen das Schritt für Schritt auf sich zukommen.

Sie sind ja wirklich herzallerliebst zusammen ❤

Grüße Hyps


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