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Merlin

Das Schicksal von Camelot
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hey Leute!

Ja, es ist mal wieder verdammt lange her...
Ich will auch gar nicht lange quatschen und euch vom Lesen abhalten.
Nur einen ganz lieben Gruß und ein dickes Dankeschön an Hino_Kuraiko und Stefnato. Danke für eure Nachrichten (auch wenn sie schon ein wenig her sind ^^')
Ansonsten wünsche ich viel Spaß! Komplett anzeigen

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Endlich wieder leben

 

 

Passende Musik für das Kapitel

 

 

"Now We Are Free" - Gladiator theme - 

 

https://www.youtube.com/watch?v=mm-sbOH-nEc

 

 

 

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Kapitel 30 – Endlich wieder leben

 

 

 

„Endlich! Da seid Ihr ja wieder, Prinzessin! Wir haben uns schon Sorgen - “

Mitten im Satz hielt Gwaine inne, als er sich umdrehte, um seinen König entgegen zu sehen, als er diesen durch das Unterholz herannahen hörte. Wie sehr hoffte er, dass es Arthur nun etwas besser ging und er ihn wieder necken konnte.

Gwaine verstand seinen Freund und König. Wahrscheinlich, abgesehen von Gwen, am besten. Es war nicht leicht, so nah an dem Ort zu sein, an welchem Merlin gestorben war. Merlin war einer seiner besten Freunde. Sein kleiner Bruder. Auch Gwaine selbst hatte dessen Tod in ein tiefes Loch gestürzt, welches er eigentlich mit Alkohol füllen wollte. Er saß auch bereits in der Taverne und hatte einen Krug Met in der Hand, bereit, ihn mit einem Zug zu leeren und weitere folgen zu lassen.

Aber der Gedanke an Merlin, welcher sein Leben gab, um sie zu retten und eine strahlende Zukunft einzuläuten, hielt ihn davon ab. Wenn Gwaine sich immer zu betrinken würde und nicht in der Lage, ein Schwert vernünftig zu halten, dann würde er das Königreich, welches Merlin so wichtig war, in Gefahr bringen. Und das war das Letzte, was Gwaine wollte. Er würde Merlins Andenken niemals so beschmutzen. Manchmal fiel es dem sonst so starken Ritter aber unsagbar schwer, diesem Drang zu widerstehen, seine Sorgen und seine Trauer einfach fort zu spülen.

Gwaine konnte sich nur durch den Gedanken an Merlin zusammenreißen.

Wie gerne der Ritter sich mit Merlin und seinen Freunden an einen Tisch gesetzte hätte, einen Krug Met in der Hand und Merlin ihnen allen erzählen konnte, wer er wirklich war. Was er all die Jahre für Camelot getan hatte. Auch wenn er es ihnen nicht mehr erzählen konnte, so wollte Gwaine doch gerne noch letzte Worte an Merlin richten und ihm danken. Für alles.

Arthur hatte allerdings Vorrang und war alleine beim See. Gwaine würde am nächsten Tag die Gelegenheit nutzen und alleine ein paar Worte seinem kleinen Bruder widmen.

Als er die nahenden Schritte von Arthur hörte, schlich sich ein Lächeln auf  seine Lippen, während er innerlich angespannt war.

Er hoffte stark, dass auch Arthur dazu in der Lage wäre, nachdem er den See von Avalon besucht hatte.

 

Wie konnte man das am besten herausfinden, als den König ein wenig zu necken? So drehte sich Gwaine, natürlich mit einem lockeren Spruch auf den Lippen, zu seinem König herum.

Doch dieser war nicht so alleine zu ihnen zurückgekommen, wie er gegangen war. Er hatte jemanden bei sich.

Jemand, den sie alle nur zu gut kannten.

 

 

„Mer… Merlin?“, fragte der sonst so kecke Ritter nun völlig sprachlos und starrte einen seiner besten Freunde mit aufgerissenen Augen an. Er wurde blass, als hätte er ein Gespenst gesehen. Was durchaus zuzutreffen schien.

Leon, Elyan, welcher sich leise mit seiner Schwester unterhalten hatte, und auch Gwen zuckten zusammen. Sie drehten sich ruckartig zu ihrem König und dem Angesprochenen herum. Die Ritter sprangen auf, als sie Merlin erblickten. Für einen Moment schien die Zeit still zu stehen.

Gwen stieß einen lauten Schrei aus, bevor sie sich ihre Hände auf den Mund schlug. Percival, welcher die Umgebung kontrolliert hatte, kam mit einem Schwert in der Hand auf die Lichtung gelaufen. Er hatte die Befürchtung etwas war geschehen.

Als er Merlin sah, wurde auch er blass und sein Schwert fiel mit einem Klirren zu Boden. Sie alle starrten ihn an. Voller Unglaube.

Merlin erriet ihre Gedanken.

„Es tut mir Leid, euch widersprechen zu müssen, doch ihr habt Unrecht“, erklärte er. „Ich bin kein Geist. Ich bin ebenso aus Fleisch und Blut wie auch ihr alle. Und ich bin endlich zurück.“

Breit grinste der Zauberer und breitete seine Arme aus, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.

Arthur, welcher neben Merlin stand, lächelte und legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter.

 

 

Es vergingen einige Momente, bevor sich die Ritter regten. Gwaine stand langsam auf, seine Beine schienen zu zittern. Mit wackeligen Schritten trat er langsam auf Merlin zu.

Er war sich sicher. Absolut. Dieses Grinsen gab es nur einmal.

Nur eine Sekunde später wurde es auf der Lichtung laut. Gwaine war plötzlich direkt neben Merlin, zog ihn an sich und presste ihm die Luft aus den Lungen. Seine Schultern bebten. Merlin wollte ihm über den Rücken streichen, versuchen ihn zu beruhigen, doch dann war plötzlich Elyan da und riss ihn aus Gwaines Armen, welcher fröhlich und laut lachte, nur um in selber mit seinen Armen zu umfangen. Merlin konnte gar nicht so schnell reagieren, wie er plötzlich in die Luft gehoben wurde, als Percival zu ihnen trat und Merlin samt Elyan an seine breite Brust presste. Dabei hatte Merlin das Gefühl, seine Rippen hätten protestierend geknackt. Als der Zauberer endlich wieder festen Boden unter den Füßen spürte, stand Leon bereits neben ihm. Seine Augen leuchteten und er strahlte, als er ihm freundschaftlich auf die Schulter klopfte. Merlin wusste, Leon war ebenso wie Arthur kein Mann großer Gefühlsregungen, aber diese Geste sagte schon mehr, als sich Merlin je von dem hochrangigen Ritter erhofft hatte.

Sein Blick begegnete Arthurs, der lächelte und die Situation beobachtete. Merlin lächelte zurück. Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, in der die Umgebung von lautem Lachen erfüllt wurde. Sie alle berührten ihn, sprachen hunderte von Fragen aus, wollten sicher gehen, dass sie nicht träumten.
 

Merlins Aufmerksamkeit wurde jedoch in dem Moment von Gwen beansprucht, welche an den durcheinander redenden Rittern vorbei schlüpfte und auf ihn zu trat.

Ihre großen, braunen Augen sahen ihn ununterbrochen an. Tränen liefen über ihre Wangen. Eine Hand hatte sie sich an ihr Herz gepresst.

„Merlin…“, hauchte sie leise, ihre Stimme klang gebrochen.

Obwohl Merlin Augen schimmerten, lächelte er seiner besten Freundin voller Wärme zu und breitete seine Arme aus. Gwen zögerte keine Sekunde, sondern ließ sich sofort in die Umarmung ihres besten Freundes fallen. Sie klammerte sich an sein Hemd, ihre Schultern bebten und sie schluchzte.

Merlin drückte sie an sich und strich ihr beruhigend über den Rücken. Nebenbei bemerkte er, dass Arthur und seine Freunde verstummt waren und sie beide ansahen.

„Oh Merlin…“, schluchzte die Königin „Du bist es wirklich… ich habe dich so vermisst…“ Noch fester umarmte die junge Frau ihren Freund, als ob sie nicht glauben könnte, dass er wieder da war.

Merlin lächelte. Er wusste, dass Gwen ihn vermisst hatte, ebenso wie Arthur und die Anderen, doch es zu hören, erwärmte sein Innerstes.

„Ich habe dich auch vermisst, Gwen“, sagte Merlin leise und drückte Gwen noch einmal fest an sich, bevor er sich leicht von ihr löste.

Ihre Augen schwammen in Tränen und doch lächelte sie so glücklich, wie Merlin es selten gesehen hatte. Und dass es ihm galt, erfreute ihn umso mehr.

Merlin sah auf und begegnete den Blicken seiner Freunde, welche ihn mit ebenso glücklichen Gesichtern und Wärme in den Augen ansahen.

Ein Blick zu Arthur, dessen Freude ihm deutlich anzusehen war und dessen Lächeln, war für Merlin alles, was er brauchte.

Merlin war wieder dort, wo er hingehörte.

Bei seinen Freunden.

 

 

 

 

„Es war wie Schlafen“, versuchte Merlin zu erklären.

Sie hatten sich um das Lagerfeuer versammelt, welches noch mal ordentlich geschürt wurde. Seine Freunde brannten natürlich darauf zu erfahren, was Merlin passiert war. Es geschah schließlich nicht täglich, dass ein Freund von den Toten zurückkehrte. So sehr sie es sich alle gewünscht hatten, so übertraf es doch ihre wildesten Vorstellungen.

„Ich war in Schwärze getaucht. Schwerelosigkeit ließ mich treiben. Ich fühlte nichts und dachte an nichts. Als ich langsam erwachte, schien ich weiterhin zu schweben. Meine Sinne funktionierten nur langsam und nur schwer kam ich wieder richtig zur Besinnung. Als ich bewusst einen Atemzug nehmen wollte, merkte ich, dass ich unter Wasser trieb. Schnell sah ich mich um und schwamm nach oben, wo ich Licht ausmachen konnte.

Jetzt, wo ich hier sitze, kann ich es am Ehesten mit Schlafen vergleichen. Ein langer, traumloser Schlaf.“

Seine Freunde sahen ihn an und nickten als Zeichen, dass sie verstanden hatten. Noch immer schien es für sie unglaublich, dass Merlin nach einem Jahr wieder neben ihnen saß.

Lebendig.

Umso mehr waren sie bereit seinen Geschichten zu lauschen und zu versuchen, dieses Wunder zu verstehen. Und es war faszinierend, dass mussten sie zugeben.

 

Doch einen Teil der Geschehnisse verschwieg Merlin.

Die Worte von vertrauten und geliebten Menschen, welche zu ihm sprachen.

Die neckische Stimme von Will, welcher ihm keine Schuld an seinem eigenen Tod gab und sagte, dass er froh war, dass es Merlin in Camelot so gut ging.

Die tiefe Stimme seines Vaters, der ihm sagte, dass er über alle Maßen stolz auf ihn war und ihm gratulierte, ein solch mächtiger Zauberer und Drachenmeister geworden zu sein.

Die freundliche Stimme von Lancelot, der ihm für seine Taten dankte und ihn bat, Arthur und ganz besonders Gwen zu beschützen.

Und vor allem verschwieg Merlin etwas, was nur für ihn selbst bestimmt war.

Die sanfte Stimme, welche ihn aufforderte, aufzuwachen.

Die Wärme einer Hand, welche über seine Wange strich.

Die verschwommene Gestalt, welche er sah, bevor er völlig aus dem Nichts auftauchte.

Merlin wusste, dass es nur eine Person gewesen sein konnte.

Sein Herz klopfte.

 

Vielleicht würde Merlin es seinen Freunden eines Tages erzählen. Eigentlich wollte er keine Geheimnisse mehr vor seinen Freunden haben, aber es erschien ihm im Moment richtig. Dieses Erlebnis war etwas, was Merlin erst mal selber in seinem Herzen bewahren wollte, bevor er es mit anderen teilte.

„Na ja“, ließ Arthur verlauten, worauf sich seine Begleiter zu ihm drehten und Merlin aus seinen Gedanken riss. „Es wundert mich nicht, dass du geschlafen hast. Selbst in Camelot warst du morgens kaum aus dem Bett zu bekommen. Es wundert mich, dass du überhaupt etwas anderes kannst als Schlafen.“

 

Laut lachten Gwen und die Ritter auf. Es erschien ihnen allen wie eine Ewigkeit, als sie das letzte Mal so befreit und ehrlich lachen konnten.

Merlin hingegen zog eine Schnute, bevor er ebenfalls grinste. „Wenn Ihr wüsstet, was ich alles kann, dann würden Euch wahrscheinlich die Augen raus fallen!“

Es dauerte nicht lange nach diesem Satz, bis das Lachen verstummten. Denn jeder von ihnen wusste, dass dieser Satz mehr als nur der Wahrheit entsprach.

Sie alle hatten gesehen, wozu Merlin in der Lage war. Sie alle konnten nur vermuten, zu was er noch fähig war.

Und jeder von ihnen brannte darauf, mehr zu sehen.

„Würdest du es uns zeigen?“

 

Überrascht schaute Merlin auf, wusste nicht, ob er es richtig verstanden hatte, direkt in die Augen seines besten Freundes. Und darin sah er etwas, was er sich all die Jahre erhofft hatte.

Akzeptanz. Neugier. Erwartung.

Es kam Merlin wie ein Traum vor. Der Traum, den Merlin schon seit Jahren hegte.

Und der allem Anschein nach endlich in Erfüllung gehen konnte.

Leicht schluckte er.

„Dann seht her“, sagte Merlin und wandte den Blick von Arthur ab, bevor er seine Hand ausstreckte und in Richtung Feuer hielt. Die neugierigen Augen seiner Freunde verfolgten jede Bewegung.

 

Arthur beobachtete den Schwarzhaarigen bei seinem Tun.

Der König horchte in sein Herz. Nicht ein Funken Wut oder das Gefühl von Verrat konnte er noch spüren.

Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.

Nein, nur noch Neugierde und tausende von Fragen waren übrig geblieben, doch das war nur natürlich. Doch so wie es aussah, hatten sie nun alle Zeit der Welt, jegliche Fragen zu beantworten. Denn Merlin war wieder bei ihnen. Er lebte.

Und noch etwas anderes fand Arthur in seinem Herzen.

Freude.

Unendliche Freude darüber, diesen verrückten Kerl wieder bei sich zu haben.

 

Merlin konzentrierte sich. Seine Augen glühten, während er seine Hand in Richtung Feuer hielt.

„Styla Dracan!“

Aus den Flammen stieg ein Drache hervor, bestehend aus Glut und Funken. Er schlug mit den Flügeln und tanzte ums Feuer, spendete ihnen allen noch mehr Wärme. Und egal, wie nahe der Drache bestehend aus Glut ihnen kam, er verbrannte sie nicht. Er kletterte sogar einmal auf Gwaines Schulter, um sich von dort abzustoßen.

Ein weiteres Glühen seiner Augen und einmal durch die Erde zu seinen Füßen gestrichen und vor Merlins Füßen saß ein kleiner Hase aus Erde und Staub. Fröhlich hoppelte er um die verwunderten Anwesenden herum, bis er bei Gwen verharrte. Er stellte sich auf seine Hinterläufe und seine Nase zuckte. Mit erstauntem Blick senkte Gwen die Hand, um den Hasen zu berühren. Dessen Ohren zuckten und leicht stupste er ihre Hand an, bevor er zurück zu Merlin sprang. Dort wurde er auch schon von dem Drachen erwartet. Der Drache und der Hase spielten scheinbar vergnügt miteinander, stupsten sich gegenseitig an und schienen umeinander her zu laufen.

 

Arthur stand der Mund leicht offen, ebenso allen anderen. Solch eine warme, unschuldige Art der Magie hatte keiner von ihnen je gesehen. Nie hätten sie gedacht, dass man mit solcher Macht solch ein schönes Schauspiel zustande bringen konnte.

Völlige Stille herrschte während diesem Schauspiel. Zu gebannt waren alle, um es mit Worten zu zerstören.

 

Tief holte Merlin Luft, ehe sich seine Augen nochmals golden verfärbten und er eine Kugel in der Hand hielt.

Eine Kugel aus blauem Licht. Sie schwebte über das Feuer, wo sie vom Drachen und dem Hasen bemerkt wurde. Die Kugel zog ihre Kreise und wurde von beiden Wesen verfolgt. Wie ein helles Licht, welches die Tiere zu führen schien, zog sie ihre Kreise.

 

Seine Freunde sahen fasziniert und voller Ehrfurcht zu, doch Arthur starrte das blaue Licht mit großen Augen an.

Er erinnerte sich. Es war das gleiche Licht, welches ihn damals aus dieser Höhle rettete. Aus der Höhle, um das Gegengift für Merlin zu holen.

„Du warst es…“, hauchte Arthur ehrfürchtig.

Die Anderen sahen ihn verwirrt an, Merlin lächelte leicht. Wusste er immerhin, wovon sein König sprach. Schließlich hatte er nur deswegen das gleiche Licht wie damals beschworen.

„Ich weiß selbst nicht, wie es möglich war, doch unsere Verbindung schien bereits damals so stark gewesen zu sein, dass selbst mein nahender Tod und mein Delirium meine Magie und mein Unterbewusstsein nicht davon abhalten konnten, Euch zu beschützen. Ja, ich habe Euch dieses Licht geschickt, welches Euch aus der Höhle herausführte.“

 

Arthur sah sprachlos zu seinem Freund.

Damals hatte Arthur sich aufgemacht, um Merlin zu retten. Ihm etwas zurück zu geben, da auch er sein Leben riskiert hatte, um Arthur zu schützen.

Nun musste Arthur sich eingestehen, dass er ohne dieses Licht damals wohl in dieser Höhle gestorben wäre. Und wieder war es Merlin, welcher ihn aus dieser schier ausweglosen Situation rettete.

Der Mann, den Arthur eigentlich retten wollte. Er hatte ihm aus dieser Höhle geholfen.

Und dabei riskierte Merlin sein Leben. Denn es war sehr knapp, als er endlich die Medizin bekommen hatte.

Immer und immer wieder riskierte Merlin sein Leben für ihn. Und hatte es einmal auch wirklich verloren.

Wie konnte Arthur auch nur einen Moment glauben, dass Merlin, sein verrückter, liebenswürdiger Freund ihnen je etwas Böses wollen würde?

 

 

Irgendwann siegten die Erschöpfung und die überwältigende Mischung an Gefühlen, welche die Freunde die letzten Tage durchmachen mussten. Nach und nach schliefen sie alle ein. Natürlich nicht, ohne immer wieder Blicke zu Merlin zu werfen oder ihn zu berühren. Nicht, ohne ihm immer wieder zu zeigen, wie froh sie sind, dass er wieder da war.

Dieses Wunder zu akzeptieren.

 

 

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Merlin schürte das Feuer, welches leise in der Nacht knisterte.

Immer wieder warf er verstohlene Blicke zu seinen Freunden.

Arthur und Gwen, welche eng umschlungen zusammen lagen. Arthur schien einen Arm um sie gelegt zu haben. Als wolle er sie vor allem beschützen.

Elyan lag in der Nähe der beiden, ebenso Leon. Sie sahen es als ihre Pflicht an, nahe des Königspaares zu bleiben und sie im Ernstfall beschützen zu können.

Percival lag an einen Baum gelehnt. Sein Umhang über ihm ausgebreitet.

Gwaine lag Arme und Beine von sich gestreckt auf dem Rücken und schnarchte so laut, als wolle er den ganzen Wald abholzen. Merlin lachte leise. Er war froh, dass seine Freunde sich ein wenig Ruhe gönnen konnten.

 

Ein wenig hatte Merlin allerdings nachhelfen müssen. Natürlich freute er sich ungemein, wieder seine Freunde um sich zu haben, doch er sah jedem von ihnen die Erschöpfung an. Also hatte er sich für die Nachtwache angeboten. Und mit einem Schlenker seiner Hand und einem leichten Aufglühen seiner Augen hatten sich dann doch endlich alle zur Ruhe begeben.

Ein wenig schlecht fühlte sich Merlin diesbezüglich. Einen Zauber auf seine Freunde zu wirken, ohne, dass sie davon etwas mitbekamen, erschien ihm nicht ganz richtig. Doch sie waren alle zu aufgewühlt, als dass sie es einfach so akzeptiert hätten.

Morgen, wenn sie alle ausgeruht waren, würde Merlin es ihnen erklären. Dann konnten auch sie erzählen, was er in dem letzten Jahr alles so verpasst hatte.

 

Merlin sah hinab auf seine Hände.

Ein Jahr.

Ein ganzes Jahr war vergangen, seit er in der entscheidenden Schlacht gegen Morgana gestorben war.

War es ein friedliches Jahr? Wurde die Magie endlich in Camelot akzeptiert? Hatte sein Tod den erhofften Wandel ausgelöst? Unendliche Fragen, die Merlin auf der Seele brannten, die allerdings bis zum nächsten Tag warten mussten.

Für Merlin selbst bestand dieses Jahr nur aus Schwärze. Schwerelosigkeit und Nichts.

Es war so, wie er es seinen Freunden geschildert hatte. Als er langsam erwachte, schien er zu schweben. Seine Sinne funktionierten nur langsam. Als er einen Atemzug tätigen wollte, merkte er, dass er unter Wasser trieb. Schnell schwamm er nach oben, wo er Licht ausmachen konnte.

Und als er endlich an der Oberfläche trieb konnte Merlin sich kaum Gedanken über irgendetwas machen. Denn er spürte, dass er nicht alleine am See war.

Im Kreis drehte er sich umher und sah sich um, bevor er endlich wieder in die strahlenden Augen von Arthur sehen konnte.

Und da begriff auch Merlin etwas.

Er war zurück.

Lebend.

 

 

Einem Gefühl folgend stand Merlin auf. Er war nicht müde. Nicht wirklich. Ein Jahr lang war er tot. Merlin selbst kam es so vor, als wenn er nur für eine sehr lange Nacht geschlafen hätte. Dementsprechend war er auch nicht müde. Und zudem war er viel zu glücklich und aufgewühlt, um jetzt zu schlafen.

 

Seine Augen glühten auf, als er die Umgebung ins Auge nahm. Seine Magie tastete alles im näheren Umfeld ab, doch er konnte nichts Ungewöhnliches oder Beunruhigendes entdecken.

Nein, seinen Freunden drohte keine Gefahr.

Er konnte sie für einen Augenblick alleine lassen.

 

Schließlich… wollte er noch etwas erledigen.

 

 

 

 

Merlin machte sich auf den Weg zurück zum See. Dieser lag nun wieder ruhig vor ihm. Nichts zeichnete noch davon, dass vor wenigen Stunden hier noch ein Wunder widerfahren war.

Ein Wunder, von dem er ein Teil war.

Merlin wusste nicht, wie es möglich war.

Aber vielleicht kannte er jemanden, der eine Antwort dafür hatte.

 

Merlin reckte den Kopf über den Himmel und rief leise „Oh drakon…“

Es war ein gutes Gefühl, die Macht, welche ihn mit einem anderen Wesen verband, wieder spüren zu können. Die Magie, welche ihn als Drachenmeister und die Drachen miteinander verband, war ein Gefühl, welches kaum zu beschreiben war. Es gehörte zu ihm wie seine Magie oder die Luft zum Atmen. Jahrelang hatte er dieses Gefühl in sich getragen, doch vor dem Tod seines Vaters nie wirklich greifen können.

Anfangs war es wie eine Kette, welche Kilgarrah an ihn fesselte. Doch mit der Zeit hatte es sich verändert, wurde immer stärker und immer mehr zu einem festen Band, welche sich um sie schlang. Kilgarrah und ihn zu einer Einheit machte.

Zu Freunden.

Zu Brüdern.

Doch jetzt war es anders.

Es dauerte auch nur wenige Momente, bis er die bekannten Flügelschläge hörte, auch wenn sie definitiv leiser und irgendwie geschmeidiger wirkten, als er es kannte. Wie ein Stern am schwarzen Nachthimmel sah er sie kommen.

Langsam landete ein schneeweißer Drache vor dem jungen Zauberer. Eine kurze Zeit sahen sich die beiden einfach nur an, blau traf auf blau, bis sich der weiße Drache vor seinem Meister verneigte. Merlin lächelte glücklich. „Aithusa…“, sagte Merlin sanft.

Das Band, welches er zwischen sich und Aithusa spürte, war noch dünn und schwach, doch der Zauberer war sich sicher, dass es wachsen und stärker werden würde. So wie es einst zwischen ihm und Kilgarrah geschah.

 

Als sich der Drache aufrichtete, konnte Merlin es sehen.

Ein glückliches und erfreutes Lächeln lag auf Aithusas Schnauze. Nichts erinnerte mehr an die einsame, verkrüppelte Gestalt mit den gebrochenen Augen. So strahlend hatte Merlin die Drachendame seid ihrer Geburt nicht mehr gesehen.

„Ich bin froh, dich endlich wieder sehen zu können, Merlin.“ Eine wunderschöne klare Stimme erklang und ließ Merlin warm ums Herz werden. In ihrem letzten Leben konnte Aithusa nicht sprechen, sich kaum verständigen. Nun hatte sie diese Gabe gefunden.

„Es ist viel zu lange her.“

Merlin nickte. „Es freut mich, dass es dir nun so gut zu gehen scheint, Aithusa.“

Der Drache nickte. „Ja. Es geht mir sehr gut. Das habe ich dir zu verdanken.“

Merlin ließ seinen Blick langsam über seine Gegenüber gleiten. Ein wunderschöner Drache, der nichts mehr mit dem Wesen gemein hatte, welches damals an Morganas Seite verweilte.

„Du bist wirklich wunderschön.“

 

Aithusa lächelte und ihre Augen funkelten.

Ja, das war sie wirklich.

Wunderschön.

Und nicht nur das.

Kräftig, wendig, stark. Alle Eigenschaften eines Drachen vereinten sich in ihr.

Und das hatte sie nur ihm zu verdanken.

Kurz vor ihrem Tod… als Aithusa schon dabei war aufzugeben und an das Licht zu glauben… da spürte sie seine Wärme… die Geborgenheit, welche nur Merlin ihr geben konnte.

Und sie hörte seine Worte.

Die Worte, welche alles ändern sollte.

 

 

Flashback

 

Und plötzlich hörte Aithusa sie.

Merlins Stimme.

Er flüsterte ihr leise Dinge ins Ohr, in der alten Sprache der Drachen. Sie hörte zu und ihre Augen weiteten sich.

 

„Du wirst sterben. Doch nicht ewig. Du wirst wiederkehren.

Voller Licht. Voller Macht. Voller Leben.

Und ich bitte dich um eines. Bitte beschütze Arthur an meiner Stelle.“

 

Und langsam begann Aithusa zu begreifen, was Merlin vorhatte.

 

 

Flashback Ende

 

 

Ja, Aithusa hatte begriffen.

Merlin nutzte seine unglaubliche Macht, seine Macht als Drachenmeister, um ihr ein neues Leben zu schenken.

Nie hätte die Drachin auch nur geahnt, dass so etwas möglich wäre.

Doch Merlin macht das Unmögliche möglich. Durch seine unglaubliche Macht und seine reine Seele.

Und trotzdem durchzog ein Stich der Trauer ihr Herz, welchen sie damals nicht verspüren konnte, während sie die letzten Momente ihres Lebens durchlief.

Merlin wusste, dass er sterben würde.

Er hatte nicht damit gerechnet, dass Schlachtfeld lebend zu verlassen.

Und deshalb bat er sie, dass sie an seiner Stelle Arthur beschützen möge.

Es war eine Bitte. Kein Befehl.

Merlin hätte es ihr durchaus befehlen können, doch das konnte er nicht. Das wollte er nicht, dass wurde Aithusa mit der Zeit klar.

Nach allem, was Merlin für sie getan hatte, erschien es für sie das einzig Richtige.

Und so hatte Aithusa in dem letzten Jahr ein Auge auf den König, hätte ihn beschützt, wenn es wirklich nötig gewesen wäre, auch wenn sie nie in Erscheinung getreten war.

Denn dies war Merlins Platz.

Direkt neben dem König.

Als sein Berater.

Als sein Beschützer.

Als sein Freund.

 

 

Eine Stille herrschte zwischen Meister und Drache, wobei beide in ihren Gedanken versunken waren. Doch ein Gedanke huschte durch Merlins Kopf.

Etwas, was sein Lächeln verblassen ließ.

Er war froh, dass Aithusa zu ihm kam.

Das Aithusa seinem Ruf gefolgt war, hatte aber auch einen bitteren Beigeschmack. Schon zuvor hatte er ein bestimmtes Gefühl verloren. Nur noch ein Nachhall der einstigen Verbindung zum ehemaligen letzten seiner Art herrschte in ihm. Das konnte nur eines heißen.

„Kilgarrah ist tot, nicht wahr?“

Schmerz huschte über das Gesicht der Drachendame, als sie diese Frage hörte. Ihr Lächeln fiel in sich zusammen und sie seufzte.

„Ja. Es dauerte nur wenige Tage, nachdem du von uns gegangen warst. Dann war auch sein Ende gekommen.“

Merlin seufzte. Schuld machte sich in ihm breit.

Wäre er nur früher für Kilgarrah da gewesen oder hätte ihn früher befreit, dann hätte der alte Drache noch viel mehr die Welt und seine Freiheit genießen können. Immer wieder hatte er den alten Drachen vertröstet und ihm somit kostbare Zeit in Freiheit genommen.

 

Aithusa schüttelte ihren schuppigen Kopf. Sie schien zu wissen, was ihr Gegenüber dachte.

„Nein, Merlin. Kilgarrah war dir dankbar. Durch deine Hilfe konnte er frei sein und musste nicht in Gefangenschaft sterben. Das wäre für ihn unerträglich gewesen.

Mit seinem letzten Worten wollte er, dass ich dir sage, dass er dir dafür mehr als dankbar war. Er hatte nie den Glauben in dich verloren und war sich sicher, dass du die Welt verändern wirst.“

 

Aithusa selbst konnte kaum beschreiben, wie viel es ihr bedeutet hatte, dass Merlin sie vor ihrem Tod von den Ketten Morganas befreit hatte. Sie konnte nicht in Worte fassen, wie frei sie sich fühlte.

Aber sie konnte nach empfinden, wie große die Dankbarkeit von Kilgarrah war. Ihr Artgenosse, den sie in seinen letzten Stunden begleitet hatte.

 

 

Flashback

 

Es dauerte scheinbar nur einen Tag, nachdem Aithusa starb. Da öffnete sie wieder ihre Augen.

Zusammen gerollt lag sie auf einer Lichtung.

Bedachtsam streckte sie sich. Und es war ein ungewohnt gutes Gefühl. Keine Schmerzen in den Gliedern, kein Knirschen oder Knacken der Knochen. Keine Schiefstellungen oder Missbildungen. Sie konnte ihren gesamten Körper bewegen.

Langsam stand sie auf und besah sich ihre Beine. Weiße Schuppen glänzten im Licht der aufgehenden Sonne, welche über die Lichtung schien. Sie bewegte ihre Krallen, Eine nach der Anderen. Sie schwang ihren Schweif umher. Alles war mit weißen Schuppen bedeckt.

Ihre Flügel breiteten sich aus. Ohne Schmerzen. Vorsichtig schlug sie mit ihnen. Aithusa spürte den Wind an ihrer Membran. Immer kräftiger wurden die Schläge, bis der Drache tatsächlich abhob. Meter für Meter schwebte Aithusa praktisch über dem Boden.

Sie spürte ihre Muskeln, die Sehnen, das Blut durch ihre Adern pumpen, doch eines spürte sie nicht.

Schmerzen.

Zum ersten Mal, seit sie in Gefangenschaft war, spürte sie keine Schmerzen.

Aithusa lächelte.

 

Aithusa kostete noch ein wenig das Gefühl ihres neuen Lebens aus, bevor sie sich auf den Weg machte. Sie wollte wissen, wie der Kampf ausgegangen war und was aus Merlin und Morgana geworden war.

Aithusa konnte keinen der beiden spüren. Verwunderlich war es nicht. Merlin hatte das Band oder vielmehr die Kette zu Morgana zerstört. Sie wurde aus Aithusas Seele entfernt. Und zu Merlin hatte sie keinen Kontakt nach ihrer Geburt. Zwischen ihnen konnte kein richtiges  Band entstehen.

Doch irgendetwas störte Aithusa daran. Sie war zu viele Jahre an Morganas Seite, als dass sie so plötzlich völlig verschwinden würde und Aithusa sie nicht mehr spüren würde. Und Merlin war der letzte Drachemeister und der Mann, der sie auf die Welt geholt hatte. Zwei Mal. Eine Verbindung war da, so schwach und klein sie auch sein mochte.

Das Aithusa keinen von beiden spürte konnte eigentlich nur eines bedeuten.

 

Sie überflog die Schlucht, in der die Schlacht stattfand, doch sie konnte niemanden sehen. Nach Camelot wagte sie sich nicht. Dort würde man sie vielleicht töten wollen. Immerhin wusste Aithusa nicht, wie viel Zeit vergangen war und wie die Menschen auf einen der beiden letzten lebenden Drachen reagieren würden.

Ohne Anhaltspunkte konnte Aithusa nichts tun und würde auch nichts erfahren.

Also tat sie das Einzige, was sie konnte.

Sie flog zu Kilgarrah.

 

Drachen spürten einander. Wenn sie nah genug beieinander waren konnten sie ihre Präsenz spüren. Wenn sie verbunden waren, dann spielte auch die Entfernung keine Rolle.

Aithusa konnte keine Verbindung zu Kilgarrah aufbauen, doch er war nah. So nah, dass sie ihn fand.

Ihr Weg führte sie in die Berge.

Die Berge.

Wo sonst könnte ein Drache wie Kilgarrah leben, wenn er von Menschen nicht gefunden werden will?

Die Menschen waren noch nicht so weit, dass sie Berge erobern und für sich beanspruchen wollten. Hier konnten Tiere und magische Wesen noch ein friedliches Leben führen.

Ein Leben sollte allerdings schon bald enden.

 

Kilgarrah sah furchtbar aus.

Aithusa hatte den Großen Drachen nur wenige Male gesehen. So selten, man konnte es an einer Hand abzählen. Und doch war ihr klar, dass er nicht so aussehen sollte, wie er es tat.

Kilgarrah lag am Boden. Die Flügel schlaff neben seinem Körper, bedeckten diesen halb. Seine sonst so goldenen Schuppen wirkten glanzlos.

Aithusa trat näher. Langsam, beinahe bedächtig ging sie um den Leib ihres Artgenossen herum und blieb vor seinem Kopf stehen. Diesen hatte Kilgarrah zwischen seinen Vorderbeinen gelegt.

Sein Atem war für eine Kreatur seiner Größe leise, zu leise. Und zu flach.

Kilgarrahs Augen öffneten sich, als er ihre Anwesenheit spürte.

Aithusas Herz schmerzte, als sich ihre Blicke trafen.

Das Gold in diesen Augen, dass so viel von der Welt gesehen hatte und so viel Gräueltaten beobachten musste, war verblasst. Matt. Sein Blick müde und leer.

Kilgarrah, der Große Drache, vor Aithusa letzter seiner Art, eine der mächtigsten magischen Wesen dieser Welt, lag im Sterben.

So wenig sie sich kannten und auch nie kennenlernen würden, so sehr schmerzte es Aithusa doch tief in ihrem Inneren, einen Artgenossen sterben zu sehen. Ihren letzten Artgenossen. Ihr kamen die Tränen.

Doch plötzlich blitzte Überraschung in Kilgarrahs Augen auf, gefolgt von Freude. Die gewaltige Schnauze des Drachen verbog sich zu einem Grinsen. Minimal und schwach. Und doch da.

„Also hat es Merlin wirklich geschafft“, sagte er mit leiser Stimme.

Es war keine Frage, eher eine Feststellung. Kilgarrah schien gewusst zu haben, dass sie wiederkehren würde.

Woher dieses Wissen kam, konnte Aithusa nicht sagen. Es gab Vieles, was sie nicht verstand, doch im Moment wollte sie nur Eines wissen.

 

„Sag mir, Kilgarrah. Was ist geschehen? Was ist mit Merlin passiert?“ Kurz überlegte Aithusa, die nächste Frage einfach herunter zu schlucken, doch das ging nicht.

Das konnte sie nicht.

„Und mit Morgana?“

 

Kurz huschte etwas wie Wut über die Mimik des alten Drachen, als er Morganas Namen vernahm. Doch so schnell wie sie kam, war sie auch wieder verschwunden.

Tief holte er Luft.

„Merlin hat es geschafft, die Hexe zu töten.“

Ein schmerzhafter Stich. Die Präsenz Morganas wurde mit Aithusas neuem Leben aus ihrer Seele verbannt. Doch ein Nachhall existierte noch in ihr und würde es auch immer. Morgana war der erste Mensch, der Aithusa etwas bedeutet hatte.

Aithusa schluckte. Kilgarrah seufzte.

„Diese Heldentat bezahlte er allerdings mit seinem Leben.“

Ein weiterer Stich. Noch schmerzhafter. Der Mann, der sie auf diese Welt geholt, sie von der Dunkelheit befreit und ihr ein weiteres Leben im Licht geschenkt hatte, war fort. Sie keuchte.

Zwei Menschen. Aithusa hatte zwei Menschen verloren, die ihr etwas bedeutet hatten.

Und nun sollte auch noch Kilgarrah sie verlassen. Aithusa biss die Zähne zusammen.

Was sollte sie noch auf dieser Welt? Warum hatte Merlin sie zurückkehren lassen? Als letzter Drache auf der Welt, verlassen von jedem, der ihr etwas bedeutete. Dazu verdammt, ein Leben in Einsamkeit zu verbringen. 

Sie konnte nun ein Leben in Freiheit führen, doch was brachte ihr das? Für das junge und doch zugleich alte Wesen Aithusa war das kein Leben, welches sie führen wollte.

Die Tränen, welche sich in ihren Augen gesammelt hatten, liefen über.

 

Kilgarrah schien zu wissen, was seine Artgenossin dachte. Er wollte trotz der Geschehnisse in der Vergangenheit und seiner eigenen Erfahrung nicht, dass sie solche Gedanken hegte. Man musste das Leben schätzen, ganz gleich, wie schlimm es manchmal aussah. Außerdem... er wollte sie nicht traurig sehen. Aber seine nächsten Worte würden sie wieder aufmuntern und ihr Hoffnung geben.

„Merlin wird zurückkehren.“

Aithusa sah überrascht auf, die Tränen liefen ihr über die schuppigen Wangen.

„War es Arthurs Bestimmung gewesen, zurück zu kommen, wenn er am Meisten gebraucht wird, so ist es nun Merlin, der ins Leben zurückkommen wird. Nicht nur du trauerst, Aithusa. Auch Merlins Freunde sind gefangen in Trauer und Verzweiflung. Es wird lange dauern, bis sie wieder ihr gewohntes Leben aufnehmen können. Ganz besonders Arthur.“

Kilgarrah atmete tief ein und aus. Das Reden strengte ihn an.

„Das Königreich kann nicht in der Form erblühen, wie wir es uns erträumen. Nicht, solange Merlin fort ist.“

 

Kilgarrah sah sie plötzlich an. Lange. Als könne er nicht glauben, dass Aithusa zurück war. Obwohl er es vorher wusste, schien es auch ihm wie ein Wunder.

Er lächelte.

„Du bist wirklich ein vollkommen anderes Wesen als zuvor. Reiner und mit Sicherheit mächtiger, als ich es mir bei deiner Geburt hätte vorstellen können.“

Beinahe verlegen zog Aithusa den Kopf ein. Bisher hatte sie kaum Komplimente bekommen. Welche von Morgana, doch diese konnte Aithusa an einer Klaue abzählen. Nach ihrer gemeinsamen Gefangenschaft und ihrer Entstellungen waren auch diese so seltenen Worte ihrer ehemaligen Gefährtin vollkommen verstummt.

 

„Der junge Zauberer ist wirklich mächtig geworden. Mächtiger, als er wahrscheinlich selber ahnt. Wie gerne würde ich die Zeit erleben, wenn er seine Magie völlig ausschöpfen kann. Doch das wirst du für mich übernehmen müssen, Aithusa.“

Die Drachendame nickte. Etwas anderes konnte sie im Moment nicht tun.

 

Sie legte sich neben seinen Kopf, schenkte ihm ein wenig Wärme für seinen auskühlenden Körper. Die mächtige Flamme in seinem Inneren schien immer weiter zu erlöschen.

So wie das Leben in ihm.

Mit leiser Stimme erzählte Kilgarrah ihr Geschichten. Erzählungen aus der Vergangenheit und Erwartungen für die Zukunft. Er wollte dem letzten Drachen noch so viel wie möglich von seinem Wissen vermitteln, bevor es mit ihm zu Ende ging.

Aithusa hörte gespannt zu, versuchte alles, was Kilgarrah ihr erzählte, in ihrem Kopf zu verankern, damit sie es niemals vergaß. Eine Sache allerdings widmete sie ihre gesamte Aufmerksamkeit.

Wie sie dazu beitragen konnte, dass Merlin zurückkehren könnte.

 

Es schienen Stunden zu vergehen, während Aithusa den Worten von Kilgarrah lauschte. Doch irgendwann wurde seine Stimme leise und krächzender, die Luft wurde angestrengt in die Lungen gezogen.

Bis Kilgarrah verstummte.

Angestrengt zog er die Luft ein und krächzte sie fast wieder aus. Immer größere werdende Abstände bemerkte Aithusa zwischen den Atemzügen.

Sie beide wussten, dass es soweit war.

Aithusa schmiegte sich an seine Schnauze. Ihre Augen schimmerten. Ein letztes Mal tauschten die beiden Drachen einen Blick, bevor Kilgarrah seine Augen langsam schloss.

Das Gefühl, welches Aithusa ergriff, als das Leben Kilgarrah verließ, war so mächtig, so gewaltig... Es schien sie fast selbst zu packen und mit sich zu ziehen.

Langsam... ganz langsam änderte sich alles.

Der Kopf von Kilgarrah sank noch ein wenig tiefer auf den Boden. Sein Körper entspannte sich.

Tief und beinahe grollend atmete Kilgarrah aus, sein warmer Atem umschmeichelte Aithusa, die letzten Flammen seiner selbst fanden den Weg durch seine Kehle hinaus, als glühende Funken. Wie Glühwürmchen flogen sie um die Drachen herum, bis sie verglüht waren.

Ein Schauspiel, welches Sekunden dauerte, bevor Aithusa sich wieder besann und zu ihrem Artgenossen wendete.

Kilgarrah atmete nicht wieder ein.

Es sah aus, als ob er schlafen würde. Endlich ruhen würde, um bald wieder die Augen aufzuschlagen und sich wieder in die Lüfte zu erheben.

Doch er schlief nicht.

Kilgarrah war gegangen.

Für immer.

 

Tränen liefen Aithusa erneut über die Wangen. Sie schluchzte. 

Ein weiterer schmerzhafter Stich in ihr Herz, diesmal völlig bewusst und spürbar. Der erste Tod von einer ihr wichtigen Person, den sie selbst mit erlebt hatte. Ihres letzten Artgenossen. Der Einzige, der im Moment für sie da war. Ein grausames Gefühl.

Aithusa schmiegte sich an den immer kälter werdenden Leib von Kilgarrah.

Noch lange blieb sie an seiner Seite, bevor sie sich auf den Weg machte, um zu lernen und sich zu überlegen, was sie tun konnte.

Aithusa wollte Kilgarrah seinen Traum erfüllen.

Ein gerechtes Königreich, in dem sich magische Geschöpfe, Druiden und Zauberer nicht verstecken mussten. Ein Ort, der wie ein Zuhause für sie werden konnte.

Und dafür... brauchten sie Merlin.

 

Flashback Ende

 

 

 

Ja.

Merlin war der Schlüssel.

Ohne Merlin verheilten die Wunden seiner Freunde nur schwer und das Vertrauen zwischen Menschen und Zauberern wuchs nur langsam.

Wenn jeder erfahren würde, dass Merlin... das Emrys für Camelot kämpfte und es sich zur Aufgabe gemacht hatte, König Arthur zu beschützen...

Und wenn Arthur dann auch selbst die Magie wieder willkommen hieß und keine Zauberer oder Druiden mehr voller Vorurteilen begegnete...

Wenn ein mächtiger König und ein mächtiger Zauberer zusammen für den Frieden kämpften...

Wer sollte sich dann noch dagegen sträuben und Angst haben müssen?

Und endlich war es wahr geworden.

Merlin war zurück.

Das war alles, was im Augenblick für Aithusa zählte.

 

„Kilgarrah war froh, dass er dich getroffen hatte. Das du ihn befreit hast. Das du so sehr für dein Schicksal gekämpft hast. Das du es geschafft hast, die Dunkelheit zu besiegen. Er war dir sehr dankbar. Und ich bin es auch. Und für noch so viel mehr.“

 

Merlin lächelte, wusste er doch genau, was seine Gegenüber meinte.

Er nickte Aithusa dankend zu, bevor sein Gesicht wieder ernst wurde.

„Auch wenn es dir gut geht. Du vermisst sie, habe ich Recht?“

Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.

Das Lächeln der Drachin erlosch wieder. Trauer war in ihren Augen zu sehen. Obwohl sie verglichen so wenig Zeit miteinander verbracht hatten, wusste Merlin dennoch, was in ihr vorging. Manchmal war er scharfsinniger, als manch einer ihm zutrauen würde. Sie seufzte.

„Ich bin glücklich. Und doch vermisse ich sie, so unglaublich es auch klingen mag“, gab Aithusa zu. „Ich erinnere mich noch genau, wie ich sie getroffen habe. Alleine und verlassen im Wald. Am Ende ihrer Kräfte und dem Tode nah. Ich sah ihr Herz. Ich sah ihr Innerstes. Sie war verletzt. Einsam. Von der Welt im Stich gelassen.“

Hart schluckte Merlin. Natürlich war ihm bewusst, dass er einen großen Teil der Schuld auf sich geladen hatte. Wenn er früher zu Morgana gegangen und ihr gesagt hätte, dass er ebenfalls zaubern konnte, ihr gesagt hätte, wer er war... vielleicht hätte dann alles gut werden können.

Aber hätte es wirklich etwas gebracht? Wäre sie nicht trotz allem den Worten ihrer Schwester Morgause verfallen? Hätte Camelot nicht noch schlimmeren Angriffen trotzen müssen, wenn sie gewusst hätten, dass er Emrys war? Vielleicht wären seine Freunde dann in noch größerer Gefahr gewesen.

Merlin seufzte.

Es brachte nichts, sich darüber Gedanken zu machen, was hätte sein können. Passiert war passiert und er konnte es nicht mehr ändern. So sehr Merlin es sich teils wünschte, so war er doch froh, dass der Kampf endlich vorbei war.

„Ich hatte Mitleid mit ihr und beschloss, ihr zu helfen“, fuhr Aithusa fort. „Ein Band fesselte mich an sie. Selbst, wenn ich gewollt hätte, ich hätte sie nicht verlassen können. Auch, als ich es wirklich wollte.“

Traurige Augen blickten zu Merlin hoch.

„So schlau ich auch sein mag, ich bin noch immer ein Tier, Merlin. Mein Überlebensinstinkt war stark, ich wollte gehen. Ich wusste, dass sie es zu weit getrieben hatte, als sie eine Kreatur wie den Roch beschworen hatte. Ich wollte gehen und mich in Sicherheit bringen. Gehen, solange ich noch konnte. Doch die Zeit, welche sie und ich zusammen in Gefangenschaft verbringen mussten, hat mich geschwächt, mich noch mehr an sie gekettet und ich wurde dieses… dieses Gebilde, welches du kanntest.“

Ein Schauer rann der jungen Drachin über den Rücken, ebenso wie Merlin. Ihm war, als könne er den Schmerz, welchen Aithusa damals verspürt haben musste, ebenso fühlen.

„Sie wird immer eine Lücke in meinem Herzen hinterlassen. Auch wenn ich sie nie vergessen werde, ich bin bereit, diese Lücke zu füllen. Meine Loyalität sollte jemandem gehören, der sie auch wirklich verdient hat.“

Aithusa blickte in die Richtung, in welcher das Lager lag. Und Merlin schien zu wissen, wen die junge Drachin nun im Blick hatte.

„Ein großes Herz, Gutmütigkeit und so unglaublich weise. Camelot und auch Arthur hätten keine bessere Königin finden können. Und solch eine großartige Person sollte beschützt werden.“

Aithusa lächelte wieder, ein glückliches Lächeln und Merlin tat es ihr nach. Es freute ihn ungemein, dass Aithusa eine Person gefunden hat, welche sie beschützen wollte. Es gab für ihn keinen Grund, etwas dagegen zu sagen. Natürlich konnte und würde Aithusa weiterhin ihre Freiheit genießen, aber in Camelot, bei Gwen... dort wäre ihr Aufgabe. Ihre Zuflucht.

Ihr Zuhause.

Eine solche feste Konstante in ihrem Leben zu haben... das wünschte sich Merlin für Aithusa.

 

Wieder herrschte Stille zwischen den beiden Geschwistern.

„Du wusstest es, nicht wahr?“, fragte Merlin und sah seine Schwester erwartungsvoll an. „Du wusstest, dass Arthur die Macht hatte, mich zurückzuholen.“

Aithusa lächelte.

 

 

Natürlich wusste sie es. Hatte Kilgarrah es sich doch zur Aufgabe gemacht, ihr gerade dieses Wissen in seinen letzten Stunden zu vermitteln.

Merlin würde zurückkommen.

Durch Arthurs Hilfe.

Aithusa musste nur warten.

Auch wenn es schwierig war und sie voller Ungeduld diesen Tag herbei gesehnt hatte, kam ihre Chance schneller, als sie erwartet hatte.

Der Tag von Merlins Tod war ein Jahr her. Und Aithusa spürte, dass es an der Zeit war.

Sie hatte den Wandel der Welt bemerkt, als Arthur die Magie in seinem Königreich wieder erlaubte und Zauberer wieder ihren Fuß nach Camelot setzten.

Es war langsam und noch immer herrschte Vorsicht, aber es war ein Anfang.

Doch Aithusa reichte es noch nicht.

Sie wollte wie Kilgarrah auch eine Welt, die nicht solch eine Dunkelheit hervorrief, wie sie selbst erfahren musste.

Aithusa schauderte.

Der Hass zwischen Menschen und Zauberern musste enden und dem Licht Platz machen.

Dafür benötigten sie Merlin.

Oder eher... dafür benötigte ihn Arthur.

 

Nur Arthur war dazu in der Lage, seine zweite Hälfte zurück zu fordern.

Wenn er zeigte, dass er sich geändert hatte...

Das er in der Lage war, die Welt zu verändern und niemanden mehr ausschließen würde...

Das er die Chance, diese Welt in Licht erstrahlen zu lassen, annehmen würde...

Dann könnte Arthur etwas bewirken, was sonst nicht möglich wäre.

Und genau daran glaubte Aithusa, als sie Arthur nach diesem Jahr sah.

 

Es waren viele Gedanken, die Aithusa im Kopf umher schwirrten. Dinge der Vergangenheit.

Sie wollte nicht mehr in der Vergangenheit leben. Im Moment war es so, wie es sein sollte.

 

„Nur mit dem Beistand seines Beschützers und Freundes kann das Königreich unter der Herrschaft von Arthur Pendragon erblühen und zum Mittelpunkt der jetzigen Welt werden. Obwohl du diese Worte wahrscheinlich schon überdrüssig bist, aber du und Arthur, ihr seid zwei Seiten ein und derselben Medaille. Und ohne die eine Seite kann die Andere nicht bestehen.“

Merlin nickte.

Schon unendlich viele Male hatte er die Worte gehört, sie toleriert und mit der Zeit auch akzeptiert, aber niemals hatte er wirklich verstanden, wie weitreichend diese Verbindung zwischen Arthur und ihm wirklich war. Wie mächtig sie war.

Ein warmes Gefühl stieg in Merlin auf.

 

„Außerdem…“, erklang plötzlich eine warme und sanfte Stimme vom See aus. Merlin und Aithusa drehten sich verwundert zu dem See. „Es war nicht dein Schicksal, an diesem Tag zu sterben.“

Merlin erschauderte. Er kannte diese Stimme. Hatte sie ihm doch vor ein paar Stunden noch darum gebeten, aufzuwachen.

Langsamen Schrittes begab er sich zum See.

Aithusa folgte ihm mit kleinem Abstand. Sie wusste nicht, wem die Stimme gehörte, aber sie wusste, dass von ihr keine Gefahr ausging. Dennoch wollte sie an Merlins Seite sein.

Am Ufer angekommen sah Merlin in den See. Erst erkannte er nur sein eigenes Spiegelbild, doch schon im nächsten Moment spiegelte sich das Gesicht einer Frau im Wasser.

Seine Augen weiteten sich. Sein Herz raste. Ungläubig blickte er sie an. Ohne den Blick von ihr abzuwenden ließ Merlin sich auf die Knie fallen und stützte sich mit seinen Händen vom Boden ab.

Sie sah noch genauso aus wie damals und doch war sie in seinen Augen wunderschön.

„Freya…“, hauchte Merlin atemlos.

 

 

Freya lächelte.

Es war eine Wohltat, Merlin wiederzusehen und mit ihm zu sprechen. Auch, wenn es nur von kurzer Dauer sein sollte.

Ihr war immer bewusst, dass es nicht Merlins Schicksal sein konnte, in Avalon zu ruhen. Sein Platz war an Arthurs Seite. In Camelot.

Und als Calest und auch Caillach zu ihr sprachen, wusste sie, dass nur eine Person Merlin wieder zurückholen konnte.

Sobald sich Arthur als würdig erwies wäre es ihr möglich, Merlin wieder nach Hause zu schicken.

Und das hatte er.

So schmerzhaft es für Freya auch war, Merlin so nah zu sein und ihn dennoch nicht bei sich haben zu können, so sehr freute es die Herrin vom See, dass Merlin endlich wieder zu seinen Freunden konnte.

 

„Du hast mit Arthur gesprochen, oder? Durch deine Worte hatte er erkannt, dass er mehr bewirken kann, wenn er nur er selbst ist.“

Es erschien Merlin nur logisch. Nicht Aithusa musste Arthur sich beweisen. Der Alten Religion musste er zeigen, dass er wahrhaftig der König war, auf den sie alle gewartet hatten. Und somit auch Freya, welche als Hüterin des Tores zu Avalon Merlin zurück schicken konnte.

Freya schüttelte ihren Kopf.

„Ich habe ihm nur das gesagt, was auch du ihm gesagt hättest. Er hat großes Vertrauen in dich, Merlin. Deinen Worten würde er immer Glauben schenken und nach ihnen handeln.“

Merlins Augen glänzten vor Freude, als er ihre Worte hörte und sie ansah. Auch Freya lächelte glücklich.

 

Einem Impuls folgend streckte Merlin seinen Arm in den See und ergriff ihre Hand, welche sie ihm entgegenstreckte. Sie war kalt, wahrscheinlich vom Wasser, doch es schien ihm, als könne er noch immer die Wärme spüren, welche sie damals bereits in ihm hinterlassen hatte.

Es war die gleiche Wärme wie zuvor.

„Du hast mich aufgeweckt. Dank dir kam ich wieder ins Leben zurück.“

Freya lächelte nur sanft, sagte jedoch nichts. Für Merlin war es allerdings Antwort genug und auch er lächelte sie an.

Freya hatte ihn wieder zurück geschickt. Nur deswegen war er wieder am Leben.

Doch mit diesem Gedanken kam auch die Ernüchterung.

Merlin war am Leben.

Freya nicht.

Verzweiflung und Wut begann in ihm aufzusteigen. Er wollte, dass Freya leben konnte.

Merlin hatte die letzte Begegnung mit Calest nicht vergessen. Es sollte möglich sein, dass Freya wieder leben konnte. Auch, wenn es seine Unsterblichkeit gekostet hätte, dass wäre Merlin gleich gewesen. Er wollte der Frau, die er liebte, diese Chance nicht verwehren. Irgendwann, da war er sich sicher, hätten sie sich wieder gesehen.

Aber so wie es aussah, war es nicht möglich.

Freya würde nicht leben. Nicht außerhalb des Sees.

Nicht an seiner Seite...

Diese Aussicht ließ Merlin das Lächeln verlieren.

 

Als wenn Freya seine Gefühle gespürt und seine Gedanken erraten hätte strich sie ihm beruhigend über den Handrücken und sagte leise „Nicht…“

Ihre Augen blickten traurig. Auch sie wollte nichts mehr, als ein Leben an Merlins Seite.

Doch noch war ihre Zeit im See nicht abgelaufen.

 

Wie eine Ewigkeit kniete er da und hielt ihre Hand fest. Ihre Augen verließen niemals das Gesicht des Gegenübers. Merlins Knie und sein Rücken protestierten bereits, doch das war ihm gleich. Er wollte sie berühren, sie spüren, solange er es konnte.

Langsam jedoch zog sie sich zurück.

Nein, wollte Merlin sagen, doch es hätte nichts gebracht. Sie konnte den See nicht verlassen, egal, wie sehr er es sich wünschte.

„Wann…?“, Er konnte seine Frage nicht beenden. Seine Kehle schnürte sich zu. Er räusperte sich.

Merlin musste es wissen.

„Wann werde ich dich wiedersehen?“

Freyas Augen glänzten, als sie ihn ein letztes Mal anlächelte.

„An dem Tag, wenn der See mich aus meinen Pflichten entlässt.“

Merlins Augen weiteten sich. Sollte das heißen - ?!

„Eines Tages?“

„Eines Tages bestimmt…“, sagte Freya noch, ein seltsames, geheimnisvolles Lächeln auf ihren Lippen, bevor das Bild verblasste und sie ihren Arm zurückzog. Merlin hielt sie fest, solange er konnte. Sein gesamter rechter Arm tauchte in das Wasser ein. Er spürte ihre kalte Hand in seiner. Langsam entglitt sie ihm, sanft fuhren ihre Finger über seine. Solange, bis sie verschwand.

Noch immer in derselben Position verharrend kniete Merlin da uns starrte in das Wasser.

Ließ das Geschehene nochmal Review passieren.

„Eines Tages...“, murmelte er, als er sich wieder aufrichtete und sich auf dem Boden niederließ. Er betrachtete seinen nassen Arm.

Eines Tages würde Merlin Freya wieder in den Armen halten und ihre Wärme spüren können.

Ein Leben zusammen führen. Da war er sich ganz sicher. Sie hatte nicht gesagt, wenn er zu ihr zurückkehren würde.

Nein. Eines Tages würden sie sich wieder sehen.

Und Merlin würde Freya endlich das sagen, was er ihr schon vor langer Zeit hätte sagen sollen.

 

Aithusa kam näher.

Die Zeit des Gespräches über hatte sie sich im Hintergrund gehalten, wollte das Wiedersehen nicht stören, doch jetzt merkte sie, dass Merlin Gesellschaft und Nähe brauchte.

Langsam trat Aithusa neben Merlin und setzte sich neben ihren Meister.

Nein.

Ihren Freund.

Vorsichtig schmiegte sie ihren Kopf an ihn, bevor sie ihn auf seinen Schoß ablegte. „Es tut mir Leid.“

Kurz war der Schwarzhaarige überrascht. Seine trauernde Miene wandelte sich in eine selig lächelnde.

„Schon gut“, sagte Merlin und er schien es auch wirklich so zu meinen. „Eines Tages werde ich sie wieder sehen.“

Merlin setzte er sich in eine bequemere Position auf den Boden, die Beine ausgestreckt. Vorsichtig und sanft streichelte der Drachenmeister seiner Schwester über den Kopf, worauf diese die Augen schloss und leise anfing wohlig zu schnurren.

So verbrachten die beiden die Nacht an dem See und genossen den Beginn des Lebens, welches sie nun führen konnten.

Ein Leben im Licht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hino_Kuraiko
2018-01-31T12:46:55+00:00 31.01.2018 13:46
Schade, dass das Kapitel schon vorbei ist 😣. Es war wirklich wundervoll! Ich freu mich jetzt schon voll darauf, wenn Merlin und Freya zusammen sein können und die anderen die Geschichte der beiden erfahren. Tolles Kapitel! Ich liebe es ja, wenn Leute von Tod zurück kommen und die Angehörigen und Freunde ihren Augen nicht trauen XD. Glg Hino


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