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Katzenpapa

Beyblade 2020: März
von

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windstill

Auf dem Weg zur Arbeit – er fährt mit dem Fahrrad, um sich fit zu halten – hält er an einer Ampel und beobachtet, wie eine Reihe von Geschwistern, Müttern, Vätern und Großeltern kleine Schulkinder mit niedlichen Mützen über den Zebrastreifen führen. Im Büro gibt es Kuchen, weil sich eine der Mitarbeiterinnen in die Babypause verabschiedet. Kai wundert sich darüber, wie rund ihr Bauch plötzlich aussieht, hütet sich aber, etwas in diese Richtung zu äußern. Der erste Antrag, den er an diesem Montag unterschreibt, ist ein Antrag für Väterkarenz. Er erinnert die Personalabteilung daran, diesmal rechtzeitig Bewerbungsgespräche anzusetzen.

 

Einen Tag später ist er auf dem Weg zu Takao. Die Nachbarschaft ist ruhig, wie immer, ein Hausbesitzer fegt seine Schwelle, irgendwo weint ein Baby. Kai hat Montag und Dienstag mehr oder minder mit Meetings verbracht und damit, die übers Wochenende liegengebliebenen Emails zu beantworten (ein Wochenende, mehr wollte er nicht, aber selbst das scheint manchmal unmöglich mit der Firma im Nacken). Takaos Nachricht kommt ihm gelegen: Es ist eine willkommene Abwechslung zu Besprechungen, bei denen er den starken Verdacht, man wolle seine Zeit absichtlich verschwenden, immer wieder zurückdrängen muss. Zeit mit Takao fühlt sich nie an wie verschwendete Zeit. Außerdem ist es schön, dass Hiromis Abwesenheit nichts an ihren gemeinsamen Gewohnheiten ändert.

 

Takao erwartet ihn, anders als sonst, schon am Tor zum Dojo. Normalerweise macht er sich nicht die Mühe, zur Tür zu kommen, sondern wartet, bis Kai ihn im Garten ausfindig macht. Takao wirft einen Blick über seine Schulter, wie um zu prüfen, ob er verfolgt wird. Kai registriert dies, ohne es zu kommentieren. „Daichi kümmert sich um Ojii-chan“, erklärt der ehemalige Beyblade-Weltmeister dann und steckt seine Hände in die Hosentaschen. „Lass uns ein Stück gehen“

Also bewegen sie sich vom Dojo weg und in Richtung Fluss, wo sie sich anfangs geprügelt und irgendwann später nachmittags getroffen haben, um zu trainieren. Eine Gruppe Schulkinder, die wohl in der Nachhilfeschule waren, läuft an ihnen vorbei. Sie lachen, einer hält einen Beyblade in der Hand und plappert aufgeregt.

Takao sieht den Kindern lächelnd nach. Erst als Kais Hand seine streift setzt er sich wieder in Bewegung. Sie steigen die Böschung hinunter, auf denselben ausgetretenen Pfaden wie immer. Takao streckt sich, seufzt. Er wirkt irgendwie müde, findet Kai. „Ojii-chan wird langsam ein bisschen unzurechnungsfähig“, sagt Takao und ist seltsam ernst dabei. Kais Hand streift Takaos, die an seiner Seite ruht. „War er das nicht immer?“, gibt Kai halb schmunzelnd zurück. Er erinnert sich gerne an den Trip zum U.S.-Tournament in ihrem ersten Jahr als Team. Damals fand er Kinomiya-san unglaublich seltsam; er war es nicht gewöhnt, einen zugänglichen Großvater vor sich zu haben. Takao lächelt, aber das Lächeln erreicht kaum seine Mundwinkel, die sich gleich wieder senken. Kai schweigt. „Komm“, fordert er ihn schließlich auf. Sie spazieren, beide die Hände in den Hosentaschen, in Richtung Sonnenuntergang. Takao schweigt, beobachtet den Fluss, der momentan viel Wasser führt. Takao ist ernst. Wenn Takao ernst ist, ist es in Kai windstill. Es nimmt ihm den Atem.

Auf einmal bleibt Takao stehen und seufzt abgrundtief. „Er denkt, ich bin Hitoshi-kun und Daichi ist ich und wundert sich über die andere Haarfarbe die wir haben“, führt Takao aus und oh. Kai begreift, fühlt sich als habe ihm ein kräftiger Schlag die Luft aus den Lungen geschlagen, während Takao halbherzig lacht, aber es klingt trocken und falsch. „Erst heute hat er Daichi erklärt, dass Rothaarige Seelen klauen. Daichi war ganz schön eingeschnappt deswegen“

Kai denkt nicht, er handelt. Er fasst nach Takaos Hand und zieht ihn zu sich, sodass sie einen, zwei Herzschläge nur dastehen, Stirn an Stirn, Herzschlag an Herzschlag, die Finger verschränkt. Sie atmen, das ist leichter zu zweit in so einer Situation. Ihre Nasen berühren sich, ehe Kai einen halben Schritt Raum zwischen sie bringt, ohne den Kontakt vollständig zu unterbrechen. Takao scheint wieder etwas leichter atmen zu können, hat etwas mehr Wind im Rücken als sie sich wortlos darauf einigen, weiterzugehen.

Ein paar Meter weiter knüpft Kai wieder an das Gespräch an. „Ich frag mich, was Yura dazu sagen würde“, brummt er und stellt sich vor, wie das aussehen soll, dieser Seelenklau. Vielleicht hockt der Rotschopf jemandem auf der Brust. Kai lacht leise. Takao sieht ihn einen Moment lang verständnislos an, ehe er versteht was Kai meint. Er prustet, diesmal klingt sein Lachen wieder ein bisschen mehr nach ihm. Kai fühlt es wie eine Brise auf der Haut.

Sie gehen bis zum Ramen-Shop der Saien-Familie, wo sie Essen mitnehmen, für sie beide und Daichi und Takaos Großvater. Diesmal laufen sie nur den kurzen Weg zurück zum Dojo, wo sie und vor allem das Essen bereits sehnsüchtig erwartet werden. Kinomiya-san begrüßt Kai als hätte er nicht erst vor zwei Tagen mit ihm gesprochen, fragt nach seinem Großvater. Kai übergeht die Frage. Daichi und Takao wechseln einen Blick. Der Jüngere zuckt mit den Schultern. Takao sieht einen langen Moment nachdenklich auf seine Ramen. Dann ist wieder alles wie immer: Takaos und Daichis Manieren sind noch nicht besser geworden; das wird sich wohl nie ändern. Vielleicht liegt es auch an Kais doch recht westlich angehauchter Erziehung, dass er als einziger nicht laut schlürft und ihm dieser Unterschied auffällt.

 

Später – Kinomiya-san hat sich bereits verabschiedet – bereitet Takao Tee zu. Daichi sitzt am Tisch, aber beachtet sie nicht. Takao legt eine Hand auf Kais, ganz kurz. Der wirft einen Blick zum Jüngeren: Er brütet über Unterlagen mit dem offiziellen Stempel einer Schule und sagt nichts. Kai vergisst gern, dass Daichi runde fünf Jahre jünger ist als Takao und er; er merkt es an Kleinigkeiten wie diesen.

Das Radio läuft leise, eingestellt auf einen Popsender. Takao summt leise mit, schwenkt die Teekanne und schenkt Kai ein. „Rei wird Vater“, Takaos schokoladenbraune Augen richten sich mit einer seltsamen Intensität auf Kai. Der weiß nicht, was Takao von ihm erwartet. (Etwas in seinem Magen flattert nervös.) Er gibt einen unbestimmten Laut von sich und hofft, die Sache hat sich damit.

 

Die Sache hat sich nicht, wird Kai später klar, als sie den Tee getrunken haben und dasitzen, Rücken an Rücken. Takao lehnt sich schwer an Kai, streckt sich, rutscht nach unten, legt seinen Kopf von hinten auf Kais Schulter.

„Rei wird echt Vater“, kommt es wieder von Takao. „Das ist doch krass, oder?“ Er blickt zu Kai auf. Eigentlich will Kai ihm zustimmen, aber irgendwie fehlen ihm in dieser Sache die Worte. Also gibt er wieder ein unbestimmbares Geräusch von sich.

„Was ist daran so krass?“, Daichi scheint genug von seinen Unterlagen zu haben, stützt gelangweilt das Kinn in die Hand. Irgendwie hat er auch recht. Menschen setzen Kinder in die Welt. Irgendwie. Takao richtet sich auf, zuckt ratlos mit den Schultern. Kai vermisst den Körperkontakt jetzt schon. „Irgendwie war es schon klar, dass Rei und Mao sicher als erste aus unserem Freundeskreis heiraten und Kinder kiegen“, meint er, halb an Daichi, halb an sich selbst gewandt. „Aber es ist schon schräg, dass sie jetzt plötzlich Nachwuchs in die Welt setzen. Ich glaub ich glaub’s erst, wenn ich das Kind sehe“

Kai schnaubt amüsiert. „Ich seh‘ vor mir, wie das Kind mit Karate-Kick durch die Gegend springt“, brummt er. Takao lacht. „Rei wird der sein, der die dreckigen Windeln wechselt“, mutmaßt er. „Wetten?“

Kai grinst. Da holt Takao sein Handy hervor und macht mit einem „Bleib so!“ ein Selfie von ihnen beiden. „Es gibt zu wenige Bilder, auf denen du lachst“, erklärt er Kai ernst, während er das Handy wieder einsteckt. Aus den Augenwinkeln sieht er Daichi die Augen verdrehen. „No homo, was?“, trietzt er und streckt Takao die Zunge heraus. Die Provokation wirkt: „Du kleiner-!“, Takao springt auf, um ihn in den Schwitzkasten zu nehmen.

Kai schmunzelt, während er ihnen zusieht. Er fragt sich, ob Daichi nicht doch begriffen hat, wie sie zueinander stehen und nur bei der Scharade mitspielt, um ihnen eine Freude zu machen. Er ist ihm ein wenig dankbar dafür, dass er es nicht anspricht.

Daichi wehrt sich lachend und auch Takao lacht. Über all dem Gezappel wandert der Zettel, über dem der Rotschopf gebrütet hat, in Kais Blickfeld. Kai will eigentlich nicht hinschauen, aber er tut es doch. Es ist ein Karrierefragebogen, wie er ihn auch irgendwann mal ausgefüllt hat, allerdings weiß Kai gerade nicht mehr, was er geschrieben hat.

Daichi befreit sich mühsam aus dem Gerangel, bemerkt, dass Kai den Fragebogen gesehen hat und angelt sich den Zettel schnell wieder zurück. Dabei legt er sich halb über den Tisch und verschüttet fast Tee auf Kais Schoß. Takao verpasst ihm dafür eine Kopfnuss. „Ha, sowas mussten wir auch ausfüllen!“, Takao lehnt sich breit grinsend über Daichis Kopf hinweg und tippt auf eine Stelle auf dem Fragebogen. Daichi sieht aus als würde er sich gleich wieder aufregen, aber Takao ignoriert ihn. „Ich glaube, ich habe ‚Beyblade-Weltmeister‘ da reingeschrieben“, er lacht. Kai verdreht die Augen. „Haben wir das nicht alle?“, gibt er zurück, versucht sich immer noch zu erinnern, was er geschrieben hat. Für ihn gab es irgendwie nie eine Wahl. Takao grinst, Daichi lässt seinen Kopf geräuschvoll auf den Tisch fallen. „Ihr habt es euch ja leicht gemacht“, beschwert er sich.

Takao grinst verschmitzt. „Die einzige Alternative, die ich damals gesehen habe, war Archäologe, so wie mein Vater und Hitoshi-kun“, erzählt er leichtfertig und lehnt sich zurück. „Aber von meiner Familie buddeln schon genug im Dreck herum, finde ich. Das Dojo muss ja auch von wem geschmissen werden, jetzt wo Ojii-chan es nicht mehr immer so ganz drauf hat“

Kai vergisst gern, dass Takao jetzt, wenn er nicht gerade den Nachwuchs der BBA trainiert, Kendo-Unterricht gibt. Takao zwinkert ihm verschmitzt zu. „Und du, Kai?“

„Es war immer vorgesehen, dass ich die Firma übernehme“, brummt Kai unberührt, verschränkt die Arme vor der Brust. Er glaubt es ist eine Lüge, aber die Erinnerung ist weit weg. Es muss im Jahr nach dem Justice-Five-Turnier gewesen sein, als er die Schule abgeschlossen hat und nach London gegangen ist. Damals war viel los.

Daichi sieht sie beide einen Moment lang einfach nur an und lässt seinen Kopf wieder zurück auf die Tischplatte fallen. „Ihr seid mir auch keine Hilfe“, brummt er geschlagen. Dieser Zettel scheint wichtig für ihn zu sein. Takao zwinkert Kai gutmütig zu. „Du sagst doch immer, du willst das machen, was dein Vater gemacht hat“, regt er an. Daichi blickt erneut auf, diesmal wirkt es, als hätte Takao den richtigen Ton angeschlagen. Ein Grinsen zieht sich über sein Gesicht und es ist wohl ein Groschen gefallen, denn er beugt sich über den Fragebogen und beginnt ihn auszufüllen. Takao grinst Kai siegessicher an. „Das schreit nach einem Bier!“, verkündet er. Daichi gibt einen frustrierten Laut von sich als er hinzufügt: „Außer für die, die morgen fit für die Schule sein müssen!“

 

Es ist spät als Kai sich verabschiedet. Er hat halb darauf gewartet, dass Takao ihn bittet, doch zu bleiben wie in alten Zeiten (nur dass es nicht ganz so ist wie in alten Zeiten). Takao begleitet ihn gähnend zur Tür. „Bist du sicher, dass du nach Hause kommst?“, fragt er zum wiederholten Mal. Kai nickt. „Ich muss Siegfried füttern“, erklärt er. Es ist eigentlich eine fadenscheinige Ausrede, die Hriomi prompt durchschauen würde. Aber Takao ist nicht Hiromi. Er sieht ihn einen Moment lang ernst an, und in Kai wird es wieder windstill angesichts der Intensität, mit der er fühlt. Sein Gesicht brennt genauso wie sein Brustkorb. Es schlägt ihm nicht zum Hals; es hält inne.

Und dann überwindet Takao zwischen dem Licht, das vom Eingangsbereich zu ihnen blitzt, und der nächtlichen Dunkelheit den Abstand zwischen ihnen. Er lehnt sich an Kai, schlingt einen Arm halb um seine Hüfte, lässt die andere auf seinem Brustkorb ruhen. Kais Hemd ist geöffnet; Takaos Dreitagebart kratzt an Kais Schlüsselbein, seine Nase ist an seinem Hals. Kai fühlt wie Takao tief einatmet. Er atmet unwillkürlich auch ein, merkt erst jetzt, dass er den Atem angehalten hat.

Sie küssen sich.

Es fällt Kai noch schwerer, sich auf den Heimweg zu machen als ohnehin schon. Bevor er sich wirklich auf sein Rad schwingt schickt er ein Foto von Siegfried in einer lustigen Pose, das er am Morgen geschossen hat, an Hiromi: „Siegfried vermisst dich“

 

Als Kai später wieder Zuhause ist und mit Siegfried auf der Couch sitzt, der sich genüsslich schnurrend an ihn schmiegt, fährt er seinen Laptop hoch, sucht aus seinem Ordner den Kontakt des Pflegedienstes heraus, der sich in den letzten Jahren um seinen Großvater gekümmert hat.Dann schickt er Takao eine Email (er ignoriert die dreißig neuen Mails geflissentlich – wie können so schnell so viele neue Mails reinkommen?). Bevor er die Mail abschickt, hat er noch einen Geistesblitz. Er verlinkt die Details für einen staatlichen Bonus für die Pflege von Angehörigen.

 

Die Woche vergeht viel zu langsam. Kai hat das Gefühl, er ertrinkt in Mails und Meetings und kommt einfach nicht weiter mit den Dingen, die sich auf seiner To-Do-Liste türmen. Takao meldet sich nicht. Kai fragt sich, ob er etwas falsch gemacht hat und schickt ihm am Donnerstag am Morgen ein Bild von Siegfried.

Er ist die meiste Zeit über zu abgelenkt, um einen Blick auf sein Handy zu riskieren, das stumm in seiner Brusttasche von Meeting zu Meeting wandert. Er verbringt seine Zeit mit drei Bewerbungsgesprächen für eine Assistenz der Geschäftsführung, brütet über Vertragsentwürfen und führt ein langes Gespräch mit den Firmenanwältinnen sowie der Vorgesetzten seiner Buchhaltung über seine nächste große Akquise. Sein Kopf schwirrt, aber das mag daran liegen, dass er zu wenig schläft und zu viel Kaffee trinkt; Stress macht das mit ihm. Takao reagiert nicht auf sein Bild. Das ist untypisch und kriecht Kai unter die Haut.

 

Kai fährt fast aus der Haut als am selben Abend nach zehn Uhr noch sein Handy klingelt – sein fucking Privattelefon, das bis vor zwei Momenten noch seine Chill-Playlist gespielt hat. Er erschrickt und fährt so zusammen, dass er Siegfried einen Klaps mit der flachen Hand verpasst. Dieser beißt ihm beleidigt in die Finger. Im Affekt faucht Kai seinen Kater an.

Halb hofft er, es sei Takao als er nach der Lärmquelle greift. Doch es ist nicht Takao und die Enttäuschung brennt kalt in seiner Magengrube. Kai atmet einen Moment lang angespannt aus, dann hebt er ab. „Was?“, blafft er und nimmt sich duster vor, ein Exempel an dem zu statuieren, der es wagt-

„Kai, как дела?“, die Stimme am anderen Ende der Leitung klingt unberührt, beinah unbekümmert. Kai braucht einen Moment. Dann realisiert er, dass jemand Russisch mit ihm spricht. Er blinzelt zuerst sein Handy, dann Siegfried irritiert an, der eine Runde um die Couch gedreht hat und sich nun auf seinem Lieblingsplatz ausstreckt, auf den Rücken rollt und ihm seinen Bauch präsentiert.

„Kai?“, ertönt es erneut aus der Leitung, wohl weil er zu schweigsam war. Kai massiert sich den Nasenrücken. „Vanya“, begrüßt er den anderen schließlich angespannt. „Was verschafft mir die Ehre?“

Ein Lachen klingt zu ihm durch. Kai schielt auf die Uhr an der Wand. Wie spät ist es überhaupt bei Ivan? „Wir haben endlich einen Termin für Seryogas Junggesellenabschied“, verkündet sein Gesprächspartner stolz. „Natalia hält ihn uns frei!“

Kai runzelt die Stirn. Das ist das erste, das er von einem Junggesellenabschied hört. „Ich dachte, er will nichts in die Richtung …?“, hakt er also irritiert nach. Er hat Sergej pflichtschuldig gratuliert als Yuriy ihm unsubtil das Verlobungsfoto der beiden geschickt hat.

„Jah“, macht Ivan gedehnt. Kai kann sich denken, was kommt. „Wir ignorieren das so ein ganz kleines bisschen“

Kai verdreht die Augen. Aber klar doch; Ivan bildet sich etwas ein und muss es durchziehen, egal um welchen Preis. Warum ruft eigentlich ausgerechnet Ivan ihn an und nicht Yuriy, wie sonst? Immerhin ist Yuriy der Trauzeuge. Das stimmt Kai noch etwas skeptischer. „Weiß Yura davon?“, hakt er also nach. Das Schweigen, das folgt, spricht Bände.

„Also nein“, brummt er trocken. Ivan macht ein panisches Geräusch. „Sag‘ ihm bloß nichts!“, beschwört er Kai hektisch. „Borya und ich wissen genau, was wir tun!“

Ivan und Boris also? Oh je, das kann nur schief gehen. Vor allem, da sie Yuriy in dessen Kontrollwahn sabotieren. Für Kai bleibt da eigentlich nur eine Frage offen: Will er sich in dieses Chaos aktiv einbringen? Yuriy wird ihm den Kopf abreißen dafür, dass der die beiden Chaoten nicht verrät.

Kai schweigt noch einen Moment länger. Er krault Siegfrieds Bauch, der wieder zufrieden schnurrt. „Na gut“, meint er dann. „Und wofür braucht ihr da mich?“

„Wen sollten wir sonst einladen?“, retouriert Ivan bevor Kai eine Wette mit sich abschließen kann. Er ist so überrascht, dass er aufhört, Siegfried zu streicheln, der nun aggressiv seinen Kopf an Kais Hand reibt. Kai schnaubt. „Wahr. So viele Freunde habt ihr nicht“, brummt er. Ein bisschen freut er sich auch, ganz für sich. Er glaubt zu hören, wie Ivan die Augen verdreht.

„Du kriegst noch alle Details! Keine Rückzieher!“, mahnt er noch und nennt ein Datum. Kai nickt, ehe er realisiert, dass Ivan ihn nicht sehen kann, und notiert es sich pflichtschuldig auf einem Post-It, das er an seinen Laptop klebt. Er gibt einen Laut von sich, der nach Zustimmung klingt. Sergej ist der erste aus seinem Freundeskreis – wenn er es denn so nennen will, sie sehen sich denkbar selten –, der heiratet. So wie Rei der erste ist, der Nachwuchs in die Welt setzt. Kai blickt Siegfried an, hält den Sprachreceiver zu, damit Ivan seine nächsten Worte nicht hört. „Krasser Scheiß“, murmelt er dann. Was ist nur los mit seinen Freunden in letzter Zeit? Bald kommt noch jemand daher und hält um seine Hand an. Kai schüttelt den Kopf, diesmal über sich selbst.

„Also dann“, meldet er sich nochmal am Telefon. „Wir sehen uns“, sagt Ivan noch, dann legt er auf. Kai hat noch einen Laut des Abschieds auf der Zunge, den er schluckt.

 

Als er wenig später im Bett liegt, schickt er Takao ein „Schlaf gut“. Endlich, endlich antwortet er. Anstatt eines „Gute Nacht“ wie sonst kommt allerdings ein “Hast du Zeit?“. Das alarmiert Kai. Er dreht sich auf die Seite, vergräbt sich in der Decke. Er antwortet nach kurzem Zögern ein „Ja“. Für dich immer.

Den zweiten Teil denkt er nur, er schreibt ihn nicht. Eigentlich sollte er schlafen.

 

Es dauert ein wenig. Dann reißt der schrille Ton der eingehenden Mitteilung Kai aus dem Halbschlaf: „Kannst du kurz runterkommen?“

Das ist höchst untypisch. Takao hat wie Hiromi einen Schlüssel und geht nach Wunsch frei in seinr Wohnung ein und aus. Kai reibt sich übers Gesicht, fühlt seinen Körper wie ein bleischweres Gewicht, aber schwingt sich aus dem Bett. Er streift einen Hoodie über und steigt in ein Paar Jogginghosen und Turnschuhe, ehe er die Wohnungstür hinter sich zufallen lässt.

Takao wartet im Hauseingang, die Hände in den Hosentaschen. Er hat der Eingangstür den Rücken zugedreht und blickt nach oben in den dunklen Himmel. Als die automatische Beleuchtung angeht, dreht er sich halb zu Kai um. Er lächelt nicht wie sonst, wenn er ihn begrüßt, sondern dreht sich um, macht einen halben Schritt auf Kai zu, bleibt stehen. Sein Gesicht ist seltsam ernst. Kai fühlt einen Klumpen in seine Eingeweide sacken; er wiegt kalt und schwer wie Blei. Takao seufzt. Er wendet sich von Kai ab und es fühlt sich seltsam final an, macht zwei Schritte voraus. „Gehen wir ein Stück?“, fragt er dann und es ist eine rhetorische Frage. Kai setzt sich wortlos in Bewegung, fragt sich, was er falsch gemacht haben könnte.

Seine Wohnung ist in einem anderen Teil der Stadt als das Dojo. Es fühlt sich seltsam generisch an, während sie ihre Turnschuhe durch nächtliche Gassen tragen. Es gibt mehrere Hochhäuser mit Wohneinheiten, ein paar Parks, ein Studentenheim. Es hat nichts vom Charme von Takaos Viertel, durch das Kai so gerne stromert. Sie gehen vielleicht fünf Minuten ziellos vor sich hin, dann bleibt Takao stehen. Er atmet tief durch. Kai fühlt etwas in sich flackern, doch begegnet Takaos Blick.

„Was du gemacht hast war nicht okay“, beginnt Takao, immer noch ernst. So ernst hat Kai ihn selten erlebt. Er atmet ungehört aus. Als er wieder einatmen will fühlt es sich an als gäbe es keine Luft mehr um ihn herum. Sein Innerstes zieht sich verkrampft zusammen. Kai verschränkt die Arme vor der Brust, während Takaos Haltung offen bleibt; es ist wie eine Herausforderung. Er macht einen Schritt auf Kai zu, blickt ihn offen an. Er wirkt niedergeschlagen, erschöpft. Es ist als würde er ihm einen Finger auf die Brust setzen. Seine braunen Augen brennen sich in Kais. „Du hast kein Recht, dich in mein Leben einzumischen! Es geht dich nichts, hörst du“, Takao atmet geräuschvoll ein, betonte die nächsten zwei Silben einzeln. „gar nichts an, wie ich mich um Ojii-chan kümmere!“

Kai macht den Mund auf, will ihm widersprechen und sieht im selben Moment ein, dass das Blödsinn ist. Takao hat Recht. Es ist nicht seine Angelegenheit. Egal, dass er merkt, wie müde und abgespannt Takao ist. Egal, dass er merkt, dass Takao sich eigentlich enorme Sorgen macht. Egal, dass er merkt, dass Takao alles alles alles tut was er kann und es wohl nicht genug ist.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis – Kai muss den Gedanken nicht beenden um zu sehen, dass Takao es wohl ähnlich vermeidet, den Gedanken zu Ende zu denken. In seinem Inneren sitzt ein schwerer, kalter Klumpen. Kai drückt seine verschränkten Arme enger an sich, wie um sich zu wärmen. Sie mustern sich einen langen Moment, der vielleicht einen Herzschlag dauert – aber wer zählt Herzschläge, wenn das eigene Herz gerade stehengeblieben ist und sich zusammenzieht als wolle es in sich selbst verschwinden? – ehe Takao seufzt. Die kalte, wütende Energie scheint verschwunden zu sein, verraucht im Nichts. Er wirkt einfach nur erschöpft. „Du hast es sicher nur im besten Interesse getan“, Takao seufzt, fährt sich übers Gesicht, sieht Kai an und Kai erkennt die Augenringe im ungünstigen Licht der Straßenlaterne, die auf sie herabscheint. „Aber das ist nicht okay, ja?“

Kai macht erneut den Mund auf. Was er jetzt sagen muss ist Entschuldige, doch das Wort kommt ihm nicht über die Lippen. Stattdessen zieht sich seine Kehle zusammen und er bringt kein weiteres Wort heraus.

Takao ballt die Hände zu Fäusten, blickt zu Boden. Kai kann sehr deutlich erkennen, welche Stürme in ihm toben müssen. „Ich krieg das hin“, bringt Takao gepresst hervor; es klingt trotzig. „Ich brauch keine Hilfe von irgendwelchen dahergelaufenen Leuten, die Ojii-chan nur ins Altenheim stecken wollen, weil er ein bisschen vergesslich ist!“

Er klingt unterdrückt wütend, aber es ist eine Art von Wut, die Kai nicht kennt. Sie fühlt sich kalt an, müde, falsch für Takao. Kai will nichts lieber als seine Arme um ihn schließen, weil er so so müde aussieht, doch Takaos immer noch ernster Blick hindert ihn daran. Warum hat Kai das nicht früher gesehen?

„Sag‘ doch was!“, braust da Takao auf, ein verzweifelter Lufthauch, der allerdings nicht die übliche Kraft hat, die Kai sonst mitreißt und fortträgt, wenn er nicht aufpasst. Kai will vieles sagen. Er will sagen: Du bist müde. Er will sagen: Du willst keine Hilfe, aber du brauchst sie. Er will sagen: Das weißt du doch selbst auch. Stattdessen zuckt er mit den Schultern. Er sucht nach den richtigen Worten, aber die sind nicht so leicht zu finden, zumindest nicht für ihn.

 

Kai war nie gut mit Worten; deshalb verlegt er sich auf Taten. Er lockert seine Arme, die er so eng an sich gepresst hat, dass es weh tut. Er macht einen halben Schritt auf Takao zu. Dessen Haltung ist wie die eines in die Ecke gedrängten Raubtiers, das bereit ist zum Sprung. Die Schultern hochgezogen, die Fäuste geballt. Kai legt seine Hände auf seine Fäuste und merkt, wie Takao irritiert seine Haltung lockert. „Bleib heut bei mir“, bittet Kai leise, hofft, dass das leise Sehnen in seinem Inneren nicht zu laut nach Außen dringt.

Takao scheint überrumpelt von der Bitte, denn er blinzelt Kai irritiert an, der noch immer seine Hände auf Takaos liegen hat. Dann nickt er, ganz sacht. Kai drückt seine Hände, wartet auf eine schwache Erwiderung. Als diese kommt, führt er Takao zurück in den vertrauten Hauseingang, die Treppe hoch und in die Wohnung hinein. Er muss das Licht nicht anschalten, führt Takao blind durch den schmalen Eingangsbereich, wo sie ihre Turnschuhe lassen. Sie stolpern direkt hinein in seinen Wohn- und Schlafraum. Takao lässt es zu, dass er ihn fahrig entkleidet, lässt es zu als er ihm die Handfläche auf die Brust legt, unter der flatternd ein Herz schlägt, um ihn aufs Bett zu leiten. Takao lässt es zu, dass Kai ihn mit seinem Arm erdet und sich in seinem Rücken zwischen ihn und die Welt schiebt, die Stelle küsst, an der sein Nacken in den Rücken übergeht. Er fühlt die Gänsehaut, die sich über Takaos Schultern und Rücken ausbreitet. Takao bewegt sich nicht. Kai seufzt, atmet gegen Takaos Nacken und schließt die Augen.

 

Als sein Wecker ihn aus einem kurzen, traumlosen Schlaf schreckt, ist er allein. Einen Moment lang glaubt Kai, sich alles nur eingebildet zu haben, weil Takao sich im Schlaf nicht um ihn geschlungen hat wie ein Oktopus und ihn festhält. Stattdessen ist Takao einfach ... nicht da. Aber sein Kissen riecht nach Takao und Siegfried knuspert bereits in der Küche als er sie betritt. Auf ihn wartet sein Thermobecher mit englischem Schwarztee und einem Schuss Milch und eine Nachricht von Takao: „Sorry, ich musste gehen“

Hiromi hat ihm und Takao in ihren gemeinsamen Chat ein paar Bikini-Bilder von sich am Strand geschickt. Kai deutet dieses Lebenszeichen positiv und antwortet mit einem Bild von seinem Bett. „Waiting for you“ schreibt er dazu und meint damit Hiromi und Takao beide.


Nachwort zu diesem Kapitel:
In diesem Kapitel standen Takao und Kai im Vordergrund. Aber Hiromi hat auch noch ihren Auftritt, keine Sorge. <3 Vielen Dank für eure lieben Kommentare! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  kylara_hiku_Lamore
2020-04-25T21:16:45+00:00 25.04.2020 23:16
Also meine Intuition hat mich also im vorherigen kapi nicht ganz im Stich Gassen! Also Beziehung wer mit wem, wie weit?? Hiromi an beide bekini bilder?? Kai schick ein Bild vom Bett an beide, aslo was leuft da eigendlich?!🙄

Puh aslo es ist recht gefühlvoll, etwas erdrückend.... Wie schaffst du es nur dass du mich so mit fühlen lesst?? Die Windstille ist soooo treffend!! Ich versteh genau was du dabei rüber ringen wolltest!
Kai tut mir leid er meinte es ja nur gut. Manchmal würde es wirklich helfen wenn er mal etwas aus sich raus kommen würde. Aber so ist er nun mal! Takao kann ich in diesem Fall auch gut verstehen, man sieht einfach ungern ein dass mann hilfe braucht aber in der Hinsicht sind sie beide einfach nur sturköpfe!
Antwort von:  FreeWolf
29.04.2020 21:50
Nein, deine Intuition hat dich definitiv nicht ganz im Stich gelassen! :) Die drei sind die Lösung für meinen ewigen Struggle, dass ich sowohl Kai und Hiromi als auch Takao und Hiromi und Takao und Kai gerne zusammen sehe. :D

Das ganze Kapitel zwei ist wahnsinnig hart für alle Leserinnen und Leser, das habe ich von den Kommentaren her gemerkt. Zugleich ist es mir beim Schreiben auch sehr schwer gefallen, aber es musste raus. Ich freue mich, dass ich dir all die FÜHLS bescheren konnte, die ich beim Schreiben auch hatte. Ja, Kai meinte es gut, aber es ist ein bisschen nach hinten los gegangen. :/ Die beiden Sturköpfe müssen jetzt da durch!

Danke für deinen Leseeindruck! Ich freue mich sehr und nehme es als Lob, dass ich dich zum Mitfühlen bewegen konnte! <3
Von:  WeißeWölfinLarka
2020-04-10T22:49:17+00:00 11.04.2020 00:49
Ich bin von diesem Kapitel sehr Überbewältigt.
Neben der Wut auf Takao kommt mir dieses ganze Thema um Kinderkriegen viel zu nah und geht mir unter die Haut, auf eine aber schräge, sehr negative Art.
Wütend bin ich auf Takao, weil Kai nichts falsch gemacht hat, und es mir einfach so weh tut, das Kai genau das denkt, weil Takao ihn einfach mal ghostet und ihn dann mitten in der Nacht aus dem Bett holt und ihm solche Vorwürfe macht. Das wäre auch anders gegangen, Junge! Und Takaos Worte sind so hart!!! Es geht Kai nichts an? Geht's noch?! Und dann haut er morgens einfach ab. Darauf komme ich auch nicht klar. Und es ist irgendwie so untypisch für Tyson, dass ich fürchte, das Schlimmste kommt erst noch....
(Dass ich mich so aufrege, zeigt eigentlich nur: du hast alles richtig gemacht XD)
Aber es ist auch sehr verständlich, dass Takao so reagiert. (Ich jubiliere einerseits ein bisschen, dass ich mit der Demenzgeschichte Recht hatte, andererseits ist das sehr, sehr traurig....) Takao scheint mir der Typ zu sein, der es auf eigene Faust lösen will, und sich allein fühlt, obwohl er von allen seinen vaterfiguren verlassen worden ist, bis auf seinen Opa. Und dem will er etwas zurückgeben.

Mir bereitet diese Geheimnistuerei über ihre Zuneigung aber schon irgendwie Kopfschmerzen.
Es ist dennoch sehr spannend und amüsant, aus Kais Perspektive zu überlegen, ob daichi wirklich nur so tut, als würde er das nicht raffen.
Trotzdem ist es irgendwie .... Merkwürdig.

Ich mag deinen ruhigen, in sich gekehrten Kai sehr. Aber manchmal.... Da möchte ich ihn einfach schütteln und sagen "mach den Mund auf!"
Einseitig fehlt hier Hiromi wie ein Puzzlestück oder eine Dolmetscherin, die irgendwie zwischen den beiden vermittelt? Das hab ich so bei den eskapaden der beiden gedacht.
Mir gefällt ebenfalls, dass Kai so analytisch denkt. Und es sind so viele Windmetaphern Brigaden, wenn du Kais und Takaos Interaktion beschreibst, das ist wundervoll. (Besonders in Verbindung mit Atmen, das harmonier sehr gut.)

Wie Elli sagen würde, ich hätte mich mit Takao hier duelliert. Und Kai ein wenig strangukiert!!!
Hoffentlich kommt Hiromi bald, das Elend der beiden die nicht richtig miteinander kommunizieren (können), kann ich mir nicht lange mit ansehen.
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
11.04.2020 00:54
Ach und noch was.... Irgendwie fand ich Takaos Reaktion auf die Babynachricht von Ray schräg. Als ob er irgendwas von Kai wollte. Eine Äußerung, wie Kai zu Eigenen Kindern stand, irgendwas.. aber halt man sich vor Augen, dass sie nicht geoutet sind, dann ist das irgendwie umso merkwürdiger?
Das wühlt mich irgendwie auf, das Takao Der ja sonst eigentlich gerade heraus ist, irgendwie.... Was zurückhält oder nur Andeutungen macht. Vielleicht überinterpretiert ich auch...
Antwort von:  FreeWolf
11.04.2020 01:24
Dieses Kapitel hat mich auch sehr fergit gemacht, als ich es geschrieben habe. Es war unglaublich schwierig. Ich finde es übrigens interessant, dass für Phoenix das Opa-Thema und für dich das Kinderkriege-Thema so im zentrum steht.

Takao handelt hier sehr im Affekt. Er ist überfordert und kann es nicht zugeben, und der Umstand, dass Kai im besten Gewissen handelt und damit genau das Verkehrte tut, macht die Sachte nicht besser. Stattdessen fühlt er sich sehr stark in die Ecke gedrängt - und ein Takao, der sich in die Ecke gedrängt fühlt, teilt aus und ist manchmal sehr unfair zu den Menschen, die er liebt. Und irgendwie hat er dann doch ein Recht darauf, so zu reagieren - wie du es auch beschreibst. Es ist unfair, aber verständlich.
Und Kai - nun, du sagst du möchtest ihn manchmal einfach schütteln und so ging es mir beim Schreiben stellenweise auch. Andererseits kann er einfach nicht aus seiner Haut. Hiromi ist definitiv die in ihrer Beziehung, die in emotionalen Dingen die Stützräder darstellt, weil Takao und Kai beide auf ihre eigene Weise zu stur und zu verkopft sind.

Die Geheimnistuerei über ihre Zuneigung hatte ich tatsächlich nicht so sehr auf dem Schirm beim Schreiben, ich muss darüber nochmal nachdenken und vielleicht noch einen klärenden OS nachschieben. Wie gesagt machen die drei nicht unbedingt ein Geheimnis daraus. :)

Zu Takaos Reaktion auf Reis Nachrichten: Es war nicht intendiert, als wolle er eine Ansage von Kai zum Kinderkriegen bekommen. Er versucht auf seine eigene, etwas unbeholfene Art das Thema nochmal anzuschneiden (und ich muss zugeben, da habe ich ein wenig sehr viel von mir selbst reingebracht, wenn mich etwas beschäftigt und ich keinen Aufhänger finde, um darüber zu reden). :D Es ist ein bisschen awkward aber so ist es manchmal eben, wenn jemand Kinder kriegt und es so dermaßen nicht in der eigenen Lebensrealität steht.
Von: Norrsken
2020-04-05T08:09:23+00:00 05.04.2020 10:09
Der ekelhafte Nachteil daran, Kommentare sehr verspätet zu schreiben ist der, dass man das Fühl vom Lesen nicht mehr so krass spürt. ;; Wenn sich der Kommentar also sehr unbeeindruckt anfühlen sollte liegt es daran! Ich hab jedes Kapitel dieser Fanfiction sehr positiv gefühlt. >^<

Ich hatte ja noch mitbekommen, wie du dir überlegt hast, was Takao eventuell wütend machen könnte und als die Antwort "wenn ihm jemand helfen will" kam, hatte ich da etwas Bauchweh. Was du aus diesem Ansatz gemacht hast, ist allerdings großartig geworden!
Die Situation in der sich Takao befindet, ist keine Schöne und es tut mir im Herzen weh, obwohl er es so gut meistert wie er eben kann und du das Ganze auch nicht als tiefsitzendes Drama aufziehst. Genau genommen ist das etwas, dass ich sehr positiv hervorheben möchte! Solch eine Situation ist aufreibend, strapazierend und kann für Konflikte sorgen, aber sie ist kein Drama. Ich finde es wirklich toll, wie behutsam du damit umgehst und es nicht für eine Stimmung hochpushst. Das hat die FF auch gar nicht nötig. uwu
Jedenfalls: Sowohl Kai als auch Takao sind in ihren Positionen gut nachzuempfinden. Dieses über Ziel hinaus, kann ich mir bei Kai sehr gut vorstellen. Auch dieses Lösungsorientierte. Bei Takao spielt in dieser Situation auch ein wenig japanische Kultur mit rein, die für mich gut zu ihm passt, obwohl er als Charakter sonst wenig traditionell Japanisches hat. Ich weiß nicht, ob das von dir bewusst so angelegt war, ich unterstelle es dir aber und ziehe meinen Hut. uwu
Bezüglich der Windmetapher bin ich auch sehr begeistert wie du sie in diesem Kapitel durchgezogen hast ohne das sie zu viel oder zu aufgesetzt wirkte. :O Mir wird immer sehr schnell zu viel beim Lesen, aber hier gar nicht und sie gefällt mir sehr gut. Wind und Takao ist ja eh so ein Ding, ne?
Auch wenn es ein Kai und Takao Kapitel ist, kann man fühlen, dass Hiromi ein fehlendes Teil ist. Das ist dir sehr gut gelungen.

Bei dem Anruf von Ivan und wie sie über Sergeijs Junggesellenabschied sprechen, zeigst du sehr schön die Dynamik der Borg Jungs, dass mir das Herz aufblüht. ♥ In der Passage ist auch der einzige Haken, den ich an dem Kapitel sehe, weil es mich verwirrt hat. Du schreibst Russisch. Ich das so gedacht, dass Kai, der es nicht sofort merkt, nicht versteht und daher auch dem Leser vorbehalten bleibt, was da gesagt wurde? :O
Antwort von:  FreeWolf
05.04.2020 10:59
Du hast mir ja vorab schon ein, zwei Dinge über deinen Leseeindruck dieses Kapitels verraten und ich bilde mir ein, die Fühls zu erraten. <3 Vielen lieben Dank für deinen Kommentar!

Ich hatte lange Bauchweh angesichts der frage, was Takao wütend machen könnte - und Takao ist hier ja nicht mal richtig wütend, sondern mehr enttäuscht, weil ich ihn mir nicht wütend in dieser Art von wütend vorstellen kann. Macht das Sinn?
Jedenfalls, weiter im Text: Es war mir wichtig, das aufgeplusterte Drama aus der Situation draußen zu lassen. Die FF hat nicht wirklich das Setting für diese Art von Drama und Larka hatte sich ja auch etwas Ernsteres gewünscht - für mich war das keine so kleine Herausforderung. Deswegen freue ich mich, dass du das so positiv hervorhebst!
Takaos recht japanische Position war Absicht - schön, dass auch sie gut zu dir rübergekommen ist! :) Und es war mir wichtig, dass auch Hiromi nicht vergessen wird. Sie gehört ja auch zum Trio dazu und die beiden können nicht ohne sie.

Die kyrillischen Buchstaben sind absichtlich auf Kyrillisch, weil Kai nicht sofort versteht, was gesagt wird. :) (Ivan fragt Kai aber auch nur: "Wie geht's?", um das Mysterium aufzulösen).
Von:  Phoenix-of-Darkness
2020-03-16T12:49:16+00:00 16.03.2020 13:49
Ich habe das Kapitel jetzt ein paar Mal gelesen und ich muss gestehen...ich hatte meine Schwierigkeiten....
Lange wusste ich nicht woran es gelegen habe könnte, denn der Inhalt war so wunderbar umfassend und auch das Thema war spitze.
Irgendwann kam mir der Gedanke, dass es vielleicht daran liegt, dass du in der Gegenwart Form geschrieben hast. Daher habe ich dann auch nochmal einen Blick in das vorherige Kapitel geworfen...doch da war es auch schon so. Ich kann dir also nicht genau sagen, was es mir dieses Mal so schwer gemacht hat.
Eventuell ist es einfach die ganze (Ausnahme-)Situation und die fehlende Ruhe, dass es etwas abgehakt rüber kam. Daher möchte ich darauf gar nicht weiter eingehen sondern mich eher deinem Inhalt widmen.

Ich finde es fantastisch worüber du dir Gedanken gemacht. Die Thematik bezüglich Kinomiya-san...wie bist du darauf gekommen?
Man merkt, dass du dir viele Gedanken gemacht hast und dir gewissenhaft überlegt hast wie die verschiedenen Protagonisten handeln.
Takaos Verzweiflung war sehr real und authentisch. Ich hatte das Gefühl, dass ich ihn in den Arm nehmen möchte und ihm zur Seite stehen will. (Und da ich nicht so der Takao Fan bin, war das echt eine Leistung!!)
Er will alles alleine bewältigen und ich glaube auch zum Teil die Realität am liebsten nicht wahrhaben.
Umso mehr finde ich es beeindruckend wie er sich für seinen Opa stark macht und ihn nicht abschieben will.
Ich denke, dass gerade dieses Abschieben ihm auch sauer aufgestoßen ist bezüglich dem was Kai ihm zukommen lassen hat.
An dieser Stelle verstehe ich beide. Zum einen Takao und zum anderen aber auch Kai.
Letzterer hatte sicher nicht die Absicht Kinomiya vor den Kopf zu stoßen und er wollte ihm sicher nur helfen.
Allerdings hatte ich beim Lesen schon das Gefühl, dass Kai da wohl übers Ziel hinaus geschossen bzw. falsch verstanden wurde.

Takaos Aussage, dass Kai kein Recht dazu hätte...ich habe mir da selbst viele Gedanken gemacht.
Natürlich hat Kai kein Recht irgendwas zu bestimmen...doch...hat er nicht doch das Recht dazu Takao helfen zu wollen / unter die Arme zu greifen!? Ich denke schon.
Allerdings bedarf es da Kommunikation und wie du es so treffend beschrieben hast....daran scheint es zu scheitern....

Dennoch erdrückt die Story einen nicht gänzlich. (Es gab so verdammt viel Herzschmerz ;__;)
Das hast du sehr gut durch Daichi gelöst und den genialen Einfall über den Junggesellenenabschied.
Diese Momente bieten Zeit um Luft zu holen und um eben nicht mit Takao mitgerissen zu werden.

Du lässt mich definitiv nachdenklich zurück (im Bezug aufs eigene Leben) und ich danke dir für dieses Kapitel mit einem bemerkenswertem Thema und ich hoffe, dass du mir meinen Anfang nicht übel nimmst. TTxTT
Ich will dir doch auch Kommiliebäää schenken.
Antwort von:  FreeWolf
17.03.2020 10:09
Vielen Dank für diesen Monster-Kommentar, deine lobenden und auch deine kritischen Worte! (Ich weiß, ich wiederhole mich, aber: Wieso sollte ich es dir krumm nehmen, weil du mir deinen Leseeindruck vermittelst? Das ist für mich wichtiges Feedback!)
Das Kapitel hat einen etwas abgehackten Ton, das mag an den Sprüngen zwischen den einzelnen Situationen liegen und auch ein bisschen an Kai. Ich habe mich dazu angehalten, kurze Sätze zu machen, vielleicht liegt es auch daran - ich bleibe dme auf jeden Fall noch weiter auf der Spur, vielleicht dann mit etwas Abstand. :)

Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wie ich auf Takaos Großvater und seinen nicht mehr so spitzenmäßige Gesundheit gekommen bin: Es hat eigentlich damit begonnen, dass er Takao während des Skype-Dates zwingen wollte, aufzuräumen. Und dann bin ich ein wenig eskaliert, glaube ich.
Für mich stand immer außer Frage, dass Takao die Rolle des pflegenden Angehörigen übernimmt, aber die Situation selbst, die ich beschreibe, hat es mir (und damit Takao) nicht leicht gemacht. Ich habe mir sehr sehr stark Sorgen darüber gemacht, dass Takao out of character rüberkommen könnte.
Ich bin, was Kai angeht, übrigens ganz bei dir: Kai wollte nur helfen, bei Takao ist das nicht so angekommen. Ob Kai ein Recht dazu hat, sich einzumischen, ist dann eine andere Frage. Ich würde auch sagen, dass er durchaus seine Hilfe anbieten darf, aber das muss er eben.. ja, kommunizieren. Das ist ein bisschen schwierig für ihn, wie wir gemerkt haben. :D
Jedenfalls: Die Diskussion ist auch für mich noch nicht abgeschlossen und im nächsten Kapitel werden die beiden auch nochmal darüber sprechen (vielleicht mit Stützrädern, mal sehen).

Es war mir wichtig, zu zeigen, dass das Leben rundum trotzdem weitergeht - auch wenn Takao und Kai es gerade nicht so leicht haben (übrigens freut es mich sehr, dass ich Takao dir hier schmackhaft machen konnte!). Wie es weitergeht - nun, dazu kommt hoffentlich bald noch was von mir. :D
Hab nochmals vielen Dank für diese tolle Kommi-Liebä, die mich sehr, sehr freut! <3
Von:  Mitternachtsblick
2020-03-14T09:24:20+00:00 14.03.2020 10:24
Ich find man bekommt schon mit dem ersten Absatz so ein gewisses Gefühl, dass es hier stark um Familie gehen wird, was ich ziemlich nice finde. Und dann, als Takao auf Kai entgegen seiner Gewohnheiten schon beim Eingang wartet weiß man dann schon so halb, dass da was im Busch ist und argh!!
„ Wenn Takao ernst ist, ist es in Kai windstill. Es nimmt ihm den Atem.“ <- das liebe ich einfach. Ich finde es sagt so viel über ihre Beziehung zueinander aus und was sie miteinander tun, und ich liebe das Bild einfach. Grundsätzlich sind die Windmetaphern für Takaos mentalen Zustand und seine aktuellen Dynamiken mit Kai einfach toll.
Ich lieb natürlich auch den Einschub mit den seelenstehlenden Rothaarigen, das muss einfach sein. XD
Das mit der leichten Panik über die Freunde, die Kinder bekommen, kann ich irgendwie ur gut nachvollziehen, ich kann mich noch erinnern, wie es mir vor ein paar Jahren mit den ersten Verlobungen um mich herum ging... Das gehört halt leider zu diesen Schrecken des Älterwerdens :x
Und hach, der Kuss war so schön - wundervoll intensiv, ich hab ein bisschen den Atem angehalten, weil es so wundervoll aufgeladen war. Da hat viel dringesteckt von beiden Seiten und das hat man auch gemerkt, auch wenn der eigentliche Kuss an sich nur ein einziger Satz ist.
Und fuck, ich liebe einfach diesen Junggesellenabschied, den Ivan und Boris (! Für mich das Chaosduo schlechthin) gegen Yuras Willen organisieren, ich kann mir das SO gut vorstellen und hab nur vor mich hingelacht. 🤣 Aber again, ich kann Kai da sehr gut nachvollziehen, man stockt halt irgendwie, fragt sich unwillkürlich, ob man mehr Gas geben soll in der eigenen Beziehungen, ob man überhaupt die richtige Richtung eingeschlagen hat. Und grad wenn Kai eh grad so ein übles Gefühl im Magen hat, weil Takao sich nicht meldet...
und oida. OIDA. Die Konfrontation zwischen Takao und Kai hat mir den Wind aus den Segeln genommen, wenn man mir das Wortspiel erlaubt. Jfc, ich war angespannt, sobald Takao gemeint hat, dass Kai runterkommen soll. Ich hasse solche Situationen und hatte es SO gut vor Augen. Wir haben ja vorher schon viel drüber gesprochen, aber es war trotzdem schlimm. D: Takaos Schmerz und die Art und Weise, wie Kai eh weiß, was er sagen sollte, es aber nicht rausbekommt, tut einfach weh. Es ist so menschlich und sogar relatable. Kudos an Kai, dass er dann auf seine Weise kommuniziert, was er empfindet und will und dabei so painfully honest ist. Ich hab am Ende richtig aufgeatmet T_T PLS MORE
Antwort von:  FreeWolf
14.03.2020 10:36
Danke für deinen Kommentar! Ich freu mich ein bisschen diebisch in mich hinein, dass mein Plan, euch alle mit FEELS zu erschlagen, hier so gut hingehaut hat. Aber aber aber von vorne:
Takao hat es momentan schwierig und Kai merkt das, aber nicht genug bis er was tut was nicht so ganz funktioniert. Die Windmetaphern für ihn sind mir einfach so gekommen und ich liebe sie ernsthaft sehr.

Ja, die seelenstehlenden Rothaarigen mussten einfach sein, das ist jetzt inzwischen wohl sowas wie guter Ton bei uns. oder? :D

Die leichte Panik angesichts der Tatsache, dass irgendwie alle rundum Nest bauen, kenne ich auch sehr gut, weil vor ein, zwei Jahren das auch in meinen Freundeskreisen begonnen hat. Das bewegt einen, auch wenn man nicht will - ich denke, so ergeht es Kai gerade auch.

Ich freu mich sehr, dass der unspektakuläre Satz "Sie küssen sich" so gut funktioniert hat. Du hast keine Ahnung wie lang ich da an Formulierungen herumgebastelt habe (und meinem Tüp verzweifelte Fragen wie "Wie beschreibe ich Kussis?!" gestellt habe, lmao).
Ich liebe ja die Vorstellung vom Duo Infernal mit diesem Junggesellenabschied, der Yuriy total überrennt und am Ende trinken sie sich gefühlsduselig und singen traurige russische Lieder. <3 Ich sollte das noch auf meine Liste der Dinge setzen, die ich schreiben will.

Die Konfrontation hat mir, wie du weißt, einiges an Gedanken abverlangt. D: Umso mehr freue ich mich, dass das so schön rübergekommen ist.

More to come! Aber davor nochmal: Danke! Ich freue mich riesig über deinen Kommentar!
Von:  lady_j
2020-03-14T07:12:55+00:00 14.03.2020 08:12
Argh <3
Antwort von:  FreeWolf
14.03.2020 09:14
<3 ich liebe deine supereloquenten Kommentare sehr.
Antwort von:  lady_j
14.03.2020 10:56
aaaaaargh!!!!!
Antwort von:  FreeWolf
14.03.2020 11:18
Aber irgendwann musst du sie mir schon auch aufschlüsseln, ja? XD
Von:  -Kai-
2020-03-14T04:17:25+00:00 14.03.2020 05:17
Wow... Ich bin immer wieder fasziniert, wie viele kleine Details du unterbringst. An sich so nebensächliche, eigentlich unwichtige Dinge, die dann doch so viel ausmachen.
Ich kann mich voll in die beiden reinfühlen und habe jedesmal die Stimmung gespürt... So intensiv! So schön geschrieben!!! Wirklich ganz toll umgesetzt. Ich kann auch jicht so gutt mit Worten, aber ich hoffe du verstehst trotzdem ein wenig, wie mich das berührt und wie ich es finde! ❤️
Antwort von:  FreeWolf
14.03.2020 09:14
Vielen vielen Dank für deinen Kommentar! Es ist nicht wichtig, ob du gut mir Worten bist, ich freu mich einfach wahnsinnig dass es dir gefällt und dich berührt! Ich habe mir beim Schreiben sehr sehr viele Sorgen gemacht ob alles so ankommt wie ich es mir wünsche und auch nachvollziehbar ist... Ich freu mich zu sehen dass mein Plan aufgeht!! :)


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