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Blut_Linie

von

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Streiten müssen

„Nein, Daniel, nein! Das kommt überhaupt nicht in Frage!“, fauchte Jakob und funkelte seinen Bruder zornig an. „Wie kannst du nur auf eine solche Idee kommen!“

Daniel seufzte.

„Hörmal, Bruder, mir gefällt das doch auch nicht. Aber ich habe keine andere Wahl.“

„Nein! Ohne mich!“

Jakob knallte wütend und entschlossen die Hand auf den Tisch.

Die beiden Brüder standen sich in der Küche der WG gegenüber. Daniel war am frühen Vormittag hier aufgetaucht und hatte gebeten, seinen Bruder alleine sprechen zu dürfen. Die Freunde hatten sie alleine gelassen und waren schon mal ins Krankenhaus aufgebrochen, nachdem sie erfahren hatten, was los war.
 

„Jakob, ich...“

„Nein! Daniel, du kannst nicht einfach hier auftauchen und mir erzählen, dass du vorhast, Steve zu … beißen! Und zwar auf die Art und Weise zu beißen, dass er sich direkt in einen Vampir verwandelt! Nein, verdammt noch mal, da spiele ich nicht mit!“

„Jetzt lass mich ausreden, verdammt!“ Langsam war Daniel sauer. Sein Bruder tat ja so, als würde er aus purer Lust am grausam sein diese Pläne verfolgen. Dabei konnte sich niemand auch nur im Ansatz vorstellen, wie verzweifelt Daniel in diesem Moment war.
 

„Glaubst du vielleicht, ich bin davon begeistert? Aber es geht hier um Larissa. Wenn Steve das nicht überlebt, dann stirbt sie. Wenn Steve zu lange im Koma liegt, dann stirbt sie! Willst du das?“

„Nein“, grummelte Jakob. „Natürlich nicht.“

„Gut. Also bleibt uns nur eine Wahl. Wir müssen Steve retten. Ich beiße ihn, er wird zum Vampir, stirbt nicht und kommt mit mir. Glaubst du, ich weiß nicht, wie Scheiße das ist? Zumal wir ja noch nicht einmal hundert prozentig wissen, dass das wirklich funktioniert, wenn beide Vampire sind ...“

Jakob sah ihn entsetzt an. Daran hatte er noch gar nicht gedacht!

„Der Vers redet nur davon, dass, ich zitiere, 'Und wenn du dann erwachst, wird deine wahre Liebe dich erkennen. ' Da sagt keiner was davon, ob die wahre Liebe ein Mensch sein muss oder auch ein Vampir sein kann oder was auch immer für ein Wesen. Wir wissen es nicht. Aber wir haben keine Möglichkeit, als es auszuprobieren und das beste zu hoffen.“
 

„Verdammt noch mal, es ist trotzdem nicht richtig. Wenn wir Steve um seine Einverständnis bitten könnten, würde er wahrscheinlich alles für Larissa tun. Aber ohne seine Zustimmung? Das ist ein Verbrechen und das weißt du auch!“

„Ja, Jakob, das weiß ich! Ich bin ein Vampir, aber glaub mir, mich kotzt das genau so an, wie dich! Steve ist unser Freund! Und abgesehen davon. Ja, ich bin ein Blutsauger, und ja, ich muss einmal im Monat Blut trinken. Aber ich beschränke mich schon seit ich denken kann auf das absolute Minimum, ich suche mir die Alten, die Kranken, die sowieso nicht mehr lange leben werden. Und trotzdem habe ich jedes mal ein verdammt schlechtes Gewissen und es geht mir dreckig damit. Und das, lieber Bruder, sind wildfremde Menschen. Da kannst du dir sicher vorstellen, dass es mir nicht gerade Freude macht, einen guten Freund zu beißen und zu verwandeln? Aber ich weiß keine andere Lösung. Hast du vielleicht eine bessere Idee? Dann raus damit, ich bin ganz Ohr!“
 

Jakob ließ den Kopf hängen. Nein, natürlich wusste er auch nicht, wie man es anders lösen könnte.

„Tut mir leid“, sagte er. „Ich wollte ich nicht anschreien. Aber ...“

Sie schwiegen.
 

Daniel seufzte. Er hatte ziemliche Bauchschmerzen bei der Sache.

Und auch bei dem, was er jetzt von Jakob verlangen würde.

„Das ... ist noch nicht alles ...“ sagte er leise und kniff dann die Lippen zusammen.

Jakob sah ihn fragend an.

„Ich ...“ stotterte Daniel, dem überhaupt nicht wohl in seiner Haut war, „ich muss so viel wie möglich Zeit an Steves Krankenbett verbringen. Das verstehst du doch, oder?“

Jakob nickte.

„Also ... brauche ich eine gute Begründung, damit man mich bei ihm lässt.“

Okay, dachte Jakob, was verdammt noch mal, kommt denn jetzt?

„Das beste wäre, wenn ich mich ... als Steves Lebensgefährte ausgebe ...behaupte, dass wir schon lange heimlich zusammen sind ...“

„Was?!“ Die guten Vorsätze, das ganze etwas sachlicher anzugehen, waren dahin. Jakob schrie wieder. „Bist du denn völlig irre?!“
 

Daniel atmete tief durch.

„Ich muss. Damit die Ärzte mich bei ihm sitzen lassen, und mich nicht aus dem Zimmer scheuchen.“

„Aber ... die Freunde? Marti?!“

„Sie dürfen die Wahrheit nicht erfahren. Sie würden mich sonst an ... dem Biss hindern wollen.“
 

Jakob war fassungslos.

„Du willst die Freunde anlügen? Du willst Marti anlügen? Weißt du, was du dem damit antust? Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, Marti liebt dich! Und außerdem ... alle wissen, das Steve auf Larissa steht! Du spinnst ja komplett!“
 

„Von wollen, lieber Bruder, kann hier überhaupt keine Rede sein! Wenn ich ich eine andere Lösung hätte ... aber ich habe keine! Ich will Marti nicht so weh tun, ich liebe ihn nämlich auch! So, nun hab ich es endlich einmal ausgesprochen. Mich wird es umbringen, ihm ins Gesicht zusehen und zu belügen, ihm zu sagen, ich liebe einen anderen. Aber verdammt noch mal, es geht hier um nicht mehr und nicht weniger als Larissas Leben. Und die ist mir wie eine Schwester ans Herz gewachsen!“

Er schniefte. Ihm war zum Heulen zumute.
 

„Und du solltest auch ein bisschen was für sie übrig haben. Wenn wir sie nicht kennengelernt hätten, dann wärst du jetzt tot, ich wäre im Verlies als dein Mörder und Friedrich vom Schlossberge würde möglicherweise jetzt auf dem Thron sitzen und das Reich regieren! Ihr kleiner Hund hat uns nämlich allen den Arsch gerettet, nur falls du das vergessen hast!“

„Ich mag die kleine ja auch“, sagte Jakob. „Aber sie alle belügen? Die Freunde? Marti? Und auch Felix?“

„Also“, knurrte Daniel, „hilfst du mir jetzt?“

Jakob stöhnte.

Dann nickte er langsam, mit tränenglänzenden Augen.

„Du bist mein Bruder“, sagte er. „Und auch wenn ich mit der ganzen Sache nicht glücklich bin, sehe ich doch, dass du recht hast. Trotzdem ...“

„... ist es riesen Scheiße, verdammt, ich weiß“, fuhr Daniel fort und nahm ihn in eine brüderliche Umarmung.
 

Eine ganze Weile standen sie so.

Schließlich lösten sie sich voneinander und machten sich auf den Weg zum Krankenhaus.
 

Das wird nicht gut gehen, dachte Jakob.

Selbst wenn es uns gelingt, auf diese Weise Larissa zu retten. Freundschaften werden daran zerbrechen. Daniel wird Marti verlieren.

Und ich ... dachte er und schauderte bei dem Gedanken, ich ... werde womöglich Felix verlieren, denn wie soll der mir eine solche Lüge verzeihen.

Tränen schossen ihm in die Augen, während er neben seinem Bruder die Straße entlang in Richtung U-Bahn Station trabte.



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