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Eine erbarmungslose Entscheidung

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Einen schönen guten Abend,

es tut mir leid, dass ich letzten Sonntag nichts hochladen konnte, aber ich bin heute zum ersten Mal seit ca. einer Woche an meinem Computer und hatte daher das ein oder andere zu tun.
Ich kann leider nicht versprechen, dass die nächsten Wochen regelmäßiger werden, aber diese Geschichte wird weitergehen und ich bin euch für euer Verständnis und eure Unterstützung sehr dankbar.

Liebe Grüße

Sharry Komplett anzeigen

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Kapitel 32 - Familie

Kapitel 32 - Familie

 

-Zorro-

Yaone hatte ihn nicht verraten.

Vielleicht lag es an dem glücklichen Zufall, dass noch am gleichen Tag Comil angereist war und Zorro mehr oder weniger aus seiner brenzligen Lage befreit hatte, aber die Soldatin mit den blutroten Haaren hatte entschieden, ihn zunächst einmal – wie sie es betont hatte – zu verschonen und Zorro war das nur Recht.

War ja nicht so als hätte er mit Eizen nicht bereits genug Probleme am Hut.

Ebendieser stand nun in seiner Zimmertüre, wie immer ein schmuckes Lächeln auf den faltigen Lippen und eine blickdichte Sonnenbrille auf der Nase.

„Sie haben sich heute gut angestellt“, lobte der Politiker und schloss die Türe hinter sich.

Zorro missfiel die gesamte Situation. Immer wenn der andere ihn in seinen privaten Zimmern aufsuchte konnte das nur eines bedeuten.

Wie auf Kommando zog Eizen seine Brille hinunter und sah ihn schmunzelnd an.

Dann blitzten seine Augen rot auf.

„Und wie Sie das mit der jungen Soldatin angestellt haben, hat mich wirklich beeindruckt. Was auch immer Sie ihr gesagt haben, sie hat Sie tatsächlich nicht verraten und das obwohl Sie sie beinahe umgebracht hätten. Bravo.“

Er setze die Brille wieder auf und klatschte Zorro leise Beifall.

„Das hat mir eine menge Arbeit erspart. Soldaten sind immer so umständlich, wenn es um Geheimnisse geht, die meisten nehmen kein Schweigegeld oder dergleichen an und meine Alternativen sind begrenzt.“

„Hören Sie mit diesem Unsinn auf“, widersprach Zorro und wandte sich von ihm ab.

Nie würde er vor dem anderen zugeben, was Eizen hören wollte.

Eizen wusste die Wahrheit, aber das hieß noch lange nicht, dass Zorro dies eingestehen musste.

Entschuldigend hob der Politiker beide Arme.

„Es tut mir leid. Mir ist bewusst, dass Sie dieses leidige Thema vermeiden möchten und natürlich ist es überaus müßig an einem so beeindruckenden Ort über diese dunkle Vergangenheit zu sprechen.“

„Möchten Sie mir nicht einfach erklären, warum Sie mich mit Ihrem Besuch beehren?“

Zorro war müde. Morgen würden sie endlich abreisen.

Die Sitzung war überraschend kurz gewesen, keine zwei Stunden und die anschließende Verkündung hatte auch nur wenige Minuten gebraucht.

Das Hauptquartier der Marine, welches im großen Krieg beinahe vollkommen zerstört worden war, sollte in die neue Welt verlegt werden.

Der Vorschlag war einstimmig angenommen worden.

Der Politiker lachte leise.

„Ihre Geduld ist heute nicht so ausdauernd wie sonst, kann es sein?“

Wie sollte Zorro ehrlich darauf antworten, ohne den anderen im gleichen Moment zu beleidigen?

„Da mögen Sie Recht haben“, knickte er ein.

Eizen lächelte breit, ehe seine Miene ernst wurde.

„Nun gut, dann komme ich halt direkt zum Grund meines Besuches.“

Innerlich atmete Zorro auf, aber äußerlich bemühte er sich, sein Pokerface aufrechtzuerhalten.

„Ich wollte mit Ihnen noch einmal über den heutigen Tag sprechen.“

Das überraschte Zorro nun doch.

Vor weniger als einer Stunde hatte er noch mit dem Politiker und seiner Assistentin in dessen Gemeinschaftsraum gesessen und eben dieses Thema besprochen.

„Ich dachte wir hätten das bereits zur Genüge“, entgegnete Zorro kühl und ließ sich auf dem Stuhl an seinem Schreibtisch nieder.

Seine Füße brannten, seit dem frühen Morgen schon rannte er in diesen hohen Hacken herum; so lange hatte er Absätze schon seit Monaten nicht mehr aushalten müssen.

„Das stimmt, ich möchte Sie nur auf eine kleine aber wichtige Sache hinweisen. Ist Ihnen aufgefallen wie die Stimmung im Sitzungssaal gekippt ist, nachdem Frau Rihaku ihre Rede vorgetragen hat?“

Zorro nickte.

Natürlich, Rihaku war die letzte Vortragende gewesen und bis zu ihrer Rede waren die Meinungen gespalten und feindselig gewesen.

Danach hatte es bei der Abstimmung noch nicht einmal Enthaltungen gegeben, geschweige denn Gegenstimmen.

„Worte haben Macht, Liebes, das sollte Ihnen mittlerweile bewusst sein. Frau Rihaku hat ein ausgesprochenes Talent, wenn es dazu kommt diese Macht zu nutzen, aber selbst sie kann nicht mit Ihrer Gabe mithalten.“

Zorro entgegnete nichts. Er war es leid immer und immer wieder darüber reden zu müssen. Schließlich hatte er sich das alles hier nicht ausgesucht.

„Und doch, Ihre Gabe allein wird nicht ausreichen. Ich kann Ihnen noch so viele Worte in den Mund legen. Dies alles ist unnütz, wenn Sie nicht in der Lage sind der Meinung anderer stand zu halten und zu entkräften.“

„Wie meinen Sie das?“

Hatte der andere denn noch nicht kapiert, wer Zorro war?

Er war selbstbewusst genug, um sich eine eigene Meinung zu bilden und würde die nicht wegen einer kleinen Rede einfach so umwerfen. Erst recht nicht, wenn es Eizens Rede war.

„Viele der Anwesenden heute hatten einen starken Willen, mit Ihrem vergleichbar möchte ich meinen, und doch reichten ein paar klug gewählte Worte, um sie umzustimmen.“

Zorro sah den anderen direkt an. Er wollte sich davon nicht einschüchtern lassen.

„Es kommt nicht nur auf den Willen an, auf die eigene Meinung. Ich verspreche Ihnen, mit den richtigen Worten können Sie Ihren Willen durchsetzen und den anderen auch noch in dem Glauben lassen, dass er gewonnen hätte. Es ist einfach die eigenen Absichten zu verlieren. Wenn man feilscht, vergisst man schnell, dass es nicht um den Preis geht.“

Zorro hatte keine Ahnung wovon der andere sprach.

„Wissen Sie was mein Ziel auf diesem Kongress war, Liebes?“

„Darüber haben wir doch gesprochen“, antwortete der Schwertkämpfer missmutig. „Sie wollten, dass das Hauptquartier der Marine auf den Stützpunkt der G1 verlegt wird.“

„Oh nein.“ Nun lachte Eizen erneut und schüttelte leicht den Kopf, als wäre Zorros Antwort überaus naiv. „Das ist nur das, was ich mit Ihnen und Frau Rihaku besprochen habe, damit sie ihre Rede auf die Vorteile eines Tausches der beiden Stützpunkte konzentrieren würde. Mein Ziel war ein ganz anderes.“

Der Politiker grinste breit während Zorro sich fragte, wie Eizen sein eigentliches Ziel denn erreicht haben konnte, wenn der Politiker eben nicht wollte, dass das Hauptquartier verlegt werden sollte.

„Alles, was ich erreichen wollte war, dass das Hauptquartier nahe der Red Line bleibt, nahe Mary Joa, um genau zu sein.“

Zorro konnte nicht verleugnen überrascht zu sein.

Der Stützpunkt der G1 lag zwar in der neuen Welt, war aber nicht wirklich weiter entfernt als die Insel des derzeitigen Hauptquartiers.

„Sie sehen es ging mir nie darum, wo genau sich das Hauptquartier befindet und deshalb konnte ich Zugeständnisse machen, Zugeständnisse, die für mich unwichtig waren. Doch meine Gegner glauben, dass meine Zugeständnisse einer Kapitulation gleichkamen. Sie wollten das Marinehauptquartier verlegen und sie haben gewonnen. Aber genau dorthin, wo ich es wollte. Sehen Sie, was der Unterschied ist?“

Die viel größere Frage war doch, warum der andere ihm das alles erzählte.

„Es ist wichtig das wahre Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, Liebes. Unsere Kontrahenten haben sich selbst so sehr darin verloren die Verlegung zu erreichen, dass sie über die Hintergründe nicht einmal mehr nachgedacht haben.“

Zorro schwieg als der andere sich umdrehte und zur Türe ging.

„Ich gestehe, dass dies vermutlich viel für Sie ist. Denken Sie in Ruhe über meine Worte nach. Mit der Zeit werden Sie verstehen.“

Der Politiker öffnete die Türe.

„Eizen.“ Nachdenklich betrachtete Zorro seine Finger, ehe er aufsah.

Der andere zeigte wie immer sein höfliches Lächeln.

„Warum wollten Sie, dass das Hauptquartier nahe der Red Line bleibt?“

Kopfschüttelnd schloss der Ältere wieder die Türe.

„Eine gute Frage, Liebes. Sehr gut. Die Antwort ist ganz einfach. Kontrolle fällt deutlich einfacher, wenn das Hauptquartier der Exekutive nicht am anderen Ende der Welt liegt.“

Diese Antwort genügte Zorro nicht.

„Es geht Ihnen nicht nur um Kontrolle, oder?“, sprach er seine Gedanken laut aus. „Wollen Sie eine Konzentration aller Mächte erreichen?“

„Aber Liebes“, gespielt entrüstet lachte der Politiker auf. „Ich bin doch nur ein Vertreter der Weltregierung, in keiner Machtposition. Warum also sollte ich so etwas unbedacht Gefährliches tun?“

Es ging ihm also genau darum.

„Nun gut, ich empfehle mich und wünsche Ihnen eine angenehme Nachtruhe.“

Die Türe viel hinter Eizen zu.

Was sollte dieser Besuch? Wollte er Zorro einfach nur in seinen Plan einweihen? Oder ging es ihm am Ende wirklich darum, ihm die Taschenspielereien der Politik beizubringen?

Aber warum hatte er es dann hinter Rihakus Rücken gemacht.

Oder… oder… worum ging es hier?

Um eine reine Machtdemonstration?

Zorro war verwirrt.

Aber während er durch den Raum schritt und abschloss wurde ihm etwas anderes bewusst.

Sich verlieren.

Für eine Sekunde glitt sein Blick zu seinem Schwert hinüber, das wie unschuldige Dekoration über dem Schreibtisch hing.

Endlich wusste er was der Samurai gemeint hatte.

Zorro verstand nun, davor hatte er also Angst und nun musste er entscheiden, ob er bereit war diese Furcht zu überwinden.

 

-Mihawk-

Hände in den Schoß oder auf die Armlehnen?

Sollte er stehen oder doch besser sitzen?

Oder vielleicht erst sitzen und dann aufstehen?

Kopfschüttelnd ließ Dulacre sich auf den Sessel, der fast einem Thron glich, fallen und starrte die drei Stufen hinab, den leeren Saal entlang zur großen Schiebetür.

Er wusste selbst nicht, warum er so nervös war, warum er sich beweisen musste.

Eigentlich war ihm doch schon immer egal gewesen was andere von ihm dachten.

Nein, so etwas interessierte ihn eigentlich selten.

Trotzdem, selbst Dulacre war nun einmal nur ein Mensch und konnte sich nicht ganz von diesen menschlichen Eigenschaften freisprechen. Es gab ein paar wenige Personen, deren Meinung ihm wichtig war, die er nicht enttäuschen wollte.

Der sich ankündigende Besuch gehörte jedoch nicht dazu!

Dulacre wusste genau, dass er dem Neuankömmling gegenüber sich nur beweisen wollte, nur etwas prahlen wollte. Kindisch gewiss, aber dennoch ein kleiner Wunsch auf dessen Erfüllung er sich schon seit Jahren freute.

Dumpf hallte das Schließen der schweren Eingangstore durchs kalte Schloss.

Der Besuch war also angekommen, von Perona in Empfang genommen worden.

Tief atmete der Samurai ein, endlich war es soweit.

Laut konnte er seinen Herzschlag hören, beinahe so nervig wie das Ticken einer Uhr während sich die wenigen Sekunden zu dehnen schienen und dann ging endlich die torähnliche Schiebetür auf.

Die Beine übereinanderwerfend breitete Dulacre beide Arme leicht aus, als wollte er den Besuch Willkommen heißen, oder aber nur darbieten was er sein Eigen nannte.

„Dulacre, ich freue mich dich wiederzusehen“, sprach der Neuankömmling und schritt selbstbewusst durch den großen Saal.

Nun erhob er sich doch.

„Nataku“, grüßte Drucale kühl, „ich würde dich gerne willkommen heißen, aber leider ist mir dein Besuch alles andere als willkommen.“

Homura Nataku, Vizeadmiral der Marine und drittbester Schwertkämpfer der Welt, schmunzelte leicht und blieb vor Dulacre stehen, musste dank der drei kleinen Stufen zu ihm hinaufblicken, was ihn jedoch nicht einzuschüchtern schien.

„Direkt wie eh und je, Dulacre“, entgegnete der Ältere immer noch lächelnd, ehe er sich abwandte und einen ausladenden Moment nahm, um den Thronsaal zu begutachten.

„Ein beeindruckendes Heim hast du dir hier ausgesucht.“

Ha! Selbst er konnte es nicht verleugnen. Ja, dieses Schloss war schon etwas prunkvoller als nur ein kleines Anwesen, nicht wahr?

„Allerdings ist es doch recht trostlos, so viele Räume, die niemand nutzt. Bist du nicht einsam, so ganz allein auf einer verlassenen Insel?“

Tze, was erlaubte dieser dahergelaufene Schmarotzer sich?

„Ich schätze meine Ruhe“, murrte Dulacre kühl und bedeutete dem anderen Platz zu nehmen während er sich selbst ebenfalls wieder auf seinem Stuhl niederließ, „und allein lebe ich hier auch nicht.“

Der Soldat folgte seiner Aufforderung und setzte sich auf den hölzernen Stuhl aus der Küche.

„Sprichst du von dieser Magd da drüben?“, fragte Nataku und nickte zum Geistermädchen hinüber, die noch im Türrahmen stand. „Oder meinst du etwa Lady Loreen, die gerade mit Rishou Eizen verreist ist?“

Der Stuhl knarzte leicht als der Soldat die Arme verschränkte und süffisant lächelte.

„Wir sollten etwas trinken. Magd, bring uns bitte einen...“

„Ihr Name ist Perona und sie ist zu Gast hier auf Kuraigana“, unterbrach Dulacre ihn, „und du hast hier keinerlei Befugnisse.“

Dann nickte er Perona zu, die daraufhin schnell das Zimmer verließ und die Türe hinter sich schloss.

„Und natürlich hat mein Schützling die Freiheit auch eigene Vorhaben zu verfolgen, ohne meine Anwesenheit. Ich wüsste im Übrigen nicht, was Lady Loreens Aktivitäten dich angehen.“

Natakus Lächeln wurde nur einen Hauch schmaler.

„Du bist wie immer gereizt, wenn ich auf dich treffe, Dulacre.“

„Ich bin nun mal kein Freund des unnötigen Zeitvertreibs, Nataku, also sei so gut nun endlich den Grund deiner Anwesenheit anzuschneiden und höre auf meine Zeit weiter zu verschwenden.“

Das Lächeln des Soldaten verschwand, stattdessen sah er beinahe bedrückt zu Boden.

„Dich scheint die Thematik nicht wirklich zu berühren, Dulacre.“

„Es scheint nicht nur so.“

Nun starrte Nataku ihn mit weit aufgerissenen Augen an, seine Unterlippe zitterte leicht.

„Wir sprechen hier von deinem Vater und anstatt die Beine in die Hand zu nehmen um zu ihm zu eilen, lässt du mich hier ankommen und behandelst mich wie einen unbedeutenden Boten.“

Dulacre schüttelte den Kopf.

„Bist du hier um mir Vorwürfe an den Kopf zu werfen oder um deinen Auftrag zu erfüllen?“, fragte er unbeeindruckt.

„Ist es dir wirklich egal?!“

Zu seiner Überraschung war Nataku aufgesprungen.

Die kalte Klinge der Gerechtigkeit schien heute äußerst leicht reizbar zu sein. Dieses Spiel hatte Dulacre so gut wie gewonnen.

„Oder verstehst du es nur nicht? Gat ist schwer krank, es könnte gut sein, dass er...“

„Das interessiert mich nicht“, entgegnete Dulacre kühl. „Nur ein Dummkopf frönt solchen Mengen an Alkohol und wundert sich dann, wenn der Körper kapituliert.“

„Sprich nicht so respektlos von...“

„Von wem? Meinem Vater? Ich bitte dich, dieser Mann ist mir so wichtig wie ein Staubkorn auf einem Bilderrahmen. Ob er lebt oder stirbt ist für mein Leben nicht von Bedeutung.“

Der Vizeadmiral zitterte vor Zorn. Bebend presste er seine Fäuste zusammen.

Es musste frustrierend sein jemandem Vernunft einprügeln zu wollen und doch so viel schwächer zu sein.

Selbstgefällig stützte Dulacre seinen rechten Ellenbogen auf der Armlehne ab und strich sich über seinen Bart. Er fand fast schon Gefallen daran den anderen so außer sich zu sehen, endlich mal so hilflos – machtlos - vor sich zu sehen.

Kopfschüttelnd starrte Nataku zu Boden.

„Ich kann kaum glauben was ich dich da sagen höre. Ich hätte nie geglaubt, dass du diese Familie...“

„Welche Familie, Nataku?“, unterbrach er ihn nun wieder eiskalt. „Die Familie Mihawk existiert schon lange nicht mehr.“

„Und was ist mit deinem Vater, Dulacre? Was ist mit mir?“

„Wage es ja nicht dich als mein Familienmitglied aufzuspielen!“, zischte er hart. „Du bist nicht mehr als ein gieriger Schmarotzer, ein Nichts.“

Nataku wollte etwas erwidern, doch Dulacre sprach weiter.

„Und was meinen Vater angeht: Er hat diese Familie schon vor langer Zeit verraten, er hat die Inseln im Stich gelassen, die Pflichten des Namen Mihawks und seine Kinder; alles was seiner Frau je wichtig gewesen war.“

Der Soldat ließ sich auf den Stuhl fallen.

„Er hat seine Fehler gemacht, Dulacre, aber er hatte seine Frau und Tochter verloren, kannst du das nicht verstehen? Jetzt liegt er vielleicht im Sterben und du willst ihm noch nicht einmal Lebewohl sagen?“

„Tze.“ Kalt lachte der Samurai auf und erhob sich. Das hier war ja beinahe lächerlich.

Immer noch höhnisch lachend ging er um seinen Thron herum und ergriff dann mit beiden Händen die Rückenlehne.

„Jetzt wo ihm wohl der Lebenssaft ausgeht braucht er plötzlich die Gewissheit, dass ihm alles verziehen ist, dass ich um ihn trauern werde?“

Dulacre bemühte sich ernst zu bleiben, aber wie sollte er einer solchen Lächerlichkeit ohne Sarkasmus gegenübertreten? Nicht nur, dass sein Vater nun einen auf Blutsverwandten machen wollte, nun spielte sich auch noch Nataku als Familienmitglied auf?

Dem Samurai blieb kaum etwas anderes übrig, als es mit Humor zu nehmen, sonst würde der ungebetene Gast seinen Zorn wohl kaum überstehen.

„Du hast Recht“, sprach Dulacre schließlich weiter, nun jedoch todernst. „Ich weiß nicht was es bedeutet Frau und Kind zu verlieren. Aber weißt du was, ich habe an jenem Tag meine Mutter und meine Schwester verloren und was macht mein Vater? Er verschwindet ans Ende der Welt, lässt mich - einen zwölfjährigen Bengel - in der Verantwortung der fünf Inseln. Er war nicht da als ich der Marine meine Treue schwor und auch nicht als ich diesen Schwur brach, noch nicht einmal als ich zum Samurai wurde.“

„Er hat getrauert, Dulacre, aber er hat dich nie verstoßen.“

Warum musste er sich vor diesem Kerl rechtfertigen, vor diesem Parasiten?

„Nein, verstoßen hat er mich nicht. Verlassen hat er mich, zum Sterben ausgesetzt, wie Vieh im Stall während der Waldbrand näher rückt. Also nein, ich werde jetzt nicht zu ihm kommen. Ich habe fast dreißig Jahre ohne einen Vater überlebt, dann kann er auch jetzt ohne einen Sohn sterben.“

So hatte das ganze hier nicht laufen sollen. Dulacre war doch diesem Taugenichts überlegen, warum also überkam ihn nun dieses Bedürfnis ihn eigenhändig rauszuwerfen?

„Du bist so egoistisch“, murmelte Nataku und sah zu ihm auf, blieb jedoch sitzen. „Ich sage nicht, dass Gat ein Heiliger gewesen war. Natürlich ist er von Verfehlungen nicht verschont geblieben, aber du tust ja geradeso als hätte er dich in die Gosse geworfen. Nach dem Tod deiner Mutter hat dein Vater sich in die Arbeit gestürzt, aber du warst in guten Händen, Kanan und Tenkai standen dir als Berater und Vorbilder zur Seite.“

„Tze.“

„Du sagst dein Vater hätte dich zurückgelassen, aber er war da nachdem du ihn verraten hattest und der Marine den Rücken gekehrt hast, nur seinem Wort hast du es zu verdanken, dass du Samurai wurdest und Jiroushin und dieser Arzt ihr Leben behalten durften.“

Nun war es der Soldat, der weitersprach und Dulacre nicht zu Wort kommen ließ.

„Du sagst Gat hätte dich zum Sterben ausgesetzt und doch musstest du nicht einen Tag in deinem Leben Hunger leiden oder dich um Geld sorgen. Dein Name allein ist mehr wert als das Leben vieler. Selbst jetzt, als Verbrecher, gehst du bei den Reichen und Mächtigen ein und aus wie bei einem öffentlichen Bad.“

Für eine ewige Sekunde sahen sie einander an.

„Glaubst du darum geht es mir“, fragte Dulacre nun und entschied die Waagschale wieder zu seinen Gunsten zu kippen. „Um den Namen Mihawk, um das Geld und den Wohlstand? Tze, wie zu erwarten von einem Habenichts wie dir. Aber du irrst dich. Wenn mein Erbe verlangt, dass ich meinen Vater verzeihen soll, dann will ich es nicht haben.“

Er blieb ruhig als er nun die Unterarme auf der Rückenlehne abstützte und sich nach vorne lehnte.

„Du kannst meinetwegen alles an dich reißen, Nataku. Es ist mir egal. Eine Last weniger, Sasaki ist eh schon lange nicht mehr meine Heimat und außerdem hat mein Vater dich doch immer in der Rolle des Sohnes mir gegenüber bevorzugt.“

„Jetzt reicht es!“

Erneut stand der andere auf und setzte einen Fuß auf die unterste Stufe.

„Ich bin dein Getue leid, Dulacre. Du bist immer noch der kleine Bengel von damals, der sich selbst leid tut und der Welt die Schuld gibt.“

Seine Worte beeindruckten den Samurai nicht im Mindesten.

„In deiner verklärten Wahrnehmung tust du so als wärest du der Außenseiter in deiner Familie gewesen, das unliebsame Anhängsel, aber wir wissen beide, dass du dir diesen Platz selbst ausgesucht hast. Deine Eltern haben dir alles zukommen lassen was sich ein Kind nur wünschen könnte und du...“

„Glaubst du, dass du in der Position bist meine Kindheit beurteilen zu dürfen? Du bist nichts weiter als...“

„Tu nicht so als wärest du das Opfer in dieser Geschichte!“

Nun standen sie sich direkt gegenüber, nur der Thron zwischen ihnen.

„Wir alle haben viel an jenem Tag verloren, weißt du? Es waren nicht nur deine Schwester und Mutter, Taruchie war auch Gat‘s Frau, Sharak war auch seine Tochter und meine...“

„Wag es nicht diesen Satz zu beenden!“

Dulacre fegte den Stuhl zur Seite.

„Wag es nicht dich mit mir auf eine Stufe zu stellen, Nataku! Du hast sie nur benutzt, sie war für dich nichts außer dein Weg in eine Welt aus Lichtern und Gold, aus Macht und Ehre. Sie war für dich nie viel mehr als eine Stufe auf der Karriereleiter. Wie mein Vater bei meiner Mutter wolltest du nicht mehr als ihren Namen und ihr Geld. Also wage es nicht...“

„Ich habe sie geliebt.“

Für einen Moment gefror die Welt. Aber nur für den Bruchteil einer Sekunde.

„Lügner. Du hast sie ausgenutzt, hast sie in dein Spinnennetz aus Schmeicheleien und Ammenmärchen eingeflochten. Du hast sie verändert, sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Das war keine Liebe, das war...“

„Du hast dich nicht verändert, das ist das Problem! Trotz deiner Größe, trotz deines Alters bist du kein bisschen reifer geworden, Dulacre! Schon immer warst du so besessen von ihr, hast Sharak umschwirrt wie eine Motte das Licht. Nein, du hast sie eher bewacht wie ein Drache seinen Schatz; du hattest so Angst darum, dass jemand kommen könnte und dir auch nur eine Münze stehlen könnte, dabei hat sie nie dir gehört.“

„Hörst du dir überhaupt beim...“

„Für dich war Sharak immer nur deine Schwester, aber du hast sie nie als das gesehen was sie war. Eine junge Frau mit Träumen und Ideen, eine Kriegerin mit einem einzigartigen Sinn für Gerechtigkeit und auch eine...“

„Erzähl mir nichts über ihre Träume! Ich kenne alle ihre Träume, sie wollte die Welt sehen, Kulturen ergründen, doch dann tauchtest du auf und nahmst ihr all das. Plötzlich sollte sie sesshaft werden, eine Familie gründen, alles aufgeben was sie je ausgemacht hat.“

„Sie hat nichts aufgegeben!“

Nataku packte ihn am Kragen, Tränen drohten ihn zu verraten.

„Sie ist älter geworden, verdammt nochmal! Ihre Sicht auf die Welt hat sich verändert. Sie war kein Kind mehr und so haben sich auch ihre Träume verändert. Aber du hast so an deiner jungen Schwester festgehalten, dass du gar nicht sehen konntest, dass sie erwachsen geworden ist. Du wolltest einfach nicht sehen, wie glücklich sie war.“

Dulacre schwieg, er würde sich von diesen Lügen nicht gefangen nehmen lassen.

„Irgendwann wird man erwachsen Dulacre und dann sehnt man sich vielleicht nach anderen Dingen als den großen Abenteuern. Ich hätte sie nie gezwungen irgendetwas zu tun, was sie nicht wollte. Ich hätte sie nie darum gebeten die Marine zu verlassen, um Kinder großzuziehen. Aber sie hat über diese Möglichkeit nachgedacht.“

„Nein.“

„Doch, ich weiß du willst es nicht wahrhaben, Dulacre. Aber Sharak war glücklich mit mir und ich habe sie geliebt.“

„Nein!“

Dulacre schlug die Hände des anderen weg.

„Es reicht“, knurrte er und wandte sich ab, doch Nataku sprach einfach weiter: „Die Wahrheit ist, weder hat dein Vater dich verlassen, noch habe ich dir deine Schwester genommen. Du warst besessen von ihr und wolltest nicht, dass sich etwas verändert, wolltest für immer dieser kleine Junge bleiben, auf den die große Schwester Acht gab. Aber sie hat sich verändert, hat sich weiterentwickelt und darüber bist du nie hinweggekommen.“

„Du hast meine Geduld überstrapaziert, Nataku. Es reicht!“

„Aber die Sache ist doch, du hast der ganzen Welt die Schuld gegeben, dass du deine Schwester verloren hast, der Marine, den Piraten, deinem Vater, mir. Doch in Wahrheit, der einzige Grund, warum Sharak an jenem Tag auf diesem Schiff war, warst du. Sie hat deinen Platz eingenommen, weil du zu faul warst deine Pflichten als Sohn zu erfüllen, weil sie eure Mutter nicht allein reisen lassen wollte. Also spiel hier ruhig das Opfer, Dulacre, aber wir beide wissen, dass die Schuld ganz allein bei dir...Uff!“

Nataku krachte gegen die hintere Wand, nur einen halben Meter neben die große Schiebetüre, nur wenige Zentimeter neben eine alte Büste.

„Ich sagte, es reicht!“

Schwer atmend stand Dulacre am Rande der drei Stufen und sah zu dem Mann hinab, der es wagte ihm Schuld am Tod seiner Schwester zu geben. Der Frau, für die er alles getan hatte, für die er gelebt hatte, die sein Leben gewesen war.

Plötzlich lachte Nataku laut auf und hielt sich den Kiefer.

„Der ach so mächtige Falkenauge.“

Der Samurai ballte die zitternden Fäuste.

„Du solltest dich sehen, wie du versuchst der Wahrheit davonzulaufen. Es ist schon erbärmlich.“ Mühsam erhob sich der Soldat, sich mit einer Hand an der Wand abstützend. „Immer gibst du dich so vornehm, so gut erzogen und so gelassen. Aber das ist alles nur Show. Das hier ist dein wahres Ich, aufbrausend, mehr schlecht als recht kontrolliert und so voller Zorn und Bitterkeit. All das nur weil es dir einfacher fällt die Welt um dich herum zu verfluchen als mit deiner eigenen Schuld zu leben.“

Langsam ging Dulacre die Stufen hinab. Es wäre ein einfaches jetzt aus der Haut zu fahren, aber das war gar nicht mehr nötig, anstatt unkontrollierter Wut erfüllte ihn nun tödlicher Zorn, kläre seinen Geist, schärfte seine Sinne.

„Ist das der Grund, warum du dich immer gegen mich gestellt hast, Nataku, damit ich für meine Schuld sühne?“

„Ganz recht. Ich war es, der deine Crew verraten hatte und ich habe auch diesen Schwächling aus dem East Blue getötet. Ich wollte, dass du dafür bezahlst was du getan hast. Ich wollte, dass du alles verlierst, was dir je wichtig gewesen ist, so wie du mir alles genommen hast.“

„Und deswegen bist du auch hinter Lady Loreen her.“

„Oh nein. Das hat tatsächlich nicht einen so niederträchtigen Beweggrund wie Rache.“

Nataku bewegte seinen Kiefer leicht, als wollte er prüfen, ob noch alles funktionierte, dann verschränkte er die Arme und kam Dulacre entgegen.

„Ich will nur verhindern, dass du ihr dasselbe antust wie Sharak. Schon jetzt ist es offensichtlich wie besessen du von diesem Mädchen bist. Du bewachst sie als wäre sie dein Eigentum, als hättest du irgendein Mitspracherecht in ihrem Leben.“

„Du solltest deine nächsten Worte mit Vorsicht wählen, Nataku.“

„Oh, ich war lange genug vorsichtig mit dir, Dulacre. Es war mir immer egal, was du mit deinem Leben angestellt hast. Sharak hat dich geliebt, aber du hattest sie nicht verdient und nun ist dir erneut ein unschuldiges Wesen in Fänge geraten und ich werde nicht dabei zusehen, wie du noch ein Leben zerstörst.“

„Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst.“

Wieder standen sie einander gegenüber.

„Doch, das weiß ich. Du bist gestört, Dulacre. Du denkst, dass du jemanden liebst, aber in Wahrheit willst du diese Person beherrschen, kontrollieren, besitzen. Das hat nichts mit Liebe zu tun und irgendwann wird Loreen - genauso wie Sharak damals - aufwachen und ihren Weg gehen und dich zurücklassen und das wirst du nicht zulassen können. Denn brauchst sie so sehr, dass du ohne sie nicht leben kannst. Aber sie braucht dich nicht in ihrem Leben, du schränkst sie ein und hältst sie zurück. Du bist wie ein Gift was jede Pflanze abtötet. Aber glaub mir, dieses Mädchen wird blühen, nur nicht solange sie in deinem Garten gefangen ist.“

Für gefühlte Minuten schwiegen sie.

„Bist du jetzt fertig?“, fragte Dulacre kühl und kniff die Augen leicht zusammen. Jedes Wort war bedacht gewählt und sorgsam ausgesprochen.

„Du kannst jetzt gehen. Deine Dienste werden nicht länger benötigt. Richte meinem Vater aus, dass ich nicht im Traum daran denke auch nur einen Atemzug an ihn zu verschwenden, und wenn es sein letzter sein sollte, ganz gleich was mit meinem Erbe geschieht.“

„Ist das alles was du dazu zu sagen hast?“

„Ich habe dich nicht in mein Haus kommen lassen um mich von dir beschuldigen und beleidigen zu lassen, also gehe jetzt und bete, dass wir uns nie wieder über den Weg laufen, Nataku. Denn wenn schon nicht für meine Schwester, so wirst du doch für Lorenor Zorros Tod die Konsequenzen tragen müssen.“

Für eine Sekunde schien es, als würde der andere etwas in Dulacres Augen suchen.

„Besessen“, murmelte er. „Dein obsessiver Wahn wird dich eines Tages zu Fall bringen, Dulacre. Diese Besessenheit könnte dein Todesurteil sein, glaubst du wirklich, dass Sharak das gewollt hätte?“

„Zumindest wird es dein Todesurteil sein, wenn du jetzt nicht gehst, das kann ich dir versichern.“

„Wie du willst. Dann lebe wohl, Dulacre.“

Nataku drehte sich um und schritt davon. An der Türe blieb er stehen.

„Weißt du, ich hatte damals wirklich versucht dir wie ein großer Bruder zu sein. Ich hatte mich wirklich bemüht dich liebzugewinnen, deiner Schwester zur Liebe. Sie würde über das heutige Gespräch Tränen vergießen. Sie würde trauern um den Mann, der du hättest sein können, wenn du dich nicht entschieden hättest ein Monster zu werden. Sie hätte nicht gewollt, dass du - ihr Bruder - alles verrätst was ihr je wichtig gewesen war.“

Die Tür fiel zu.

Schwer atmend stand Dulacre inmitten des kargen Raumes.

Er hatte...verloren.

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: RuffysKreationen
2019-06-11T15:00:37+00:00 11.06.2019 17:00
Also, ich muss sagen, Nataku hat Eier aus Stahl :'D
Sehr spannend das Wortgefecht X3
Antwort von:  Sharry
16.06.2019 11:03
Hey,
ich danke dir.
Oh ja, ich glaube der hatte so langsam die Faxen dicke und Mihawk ist ja auch nicht gerade um eine Antwort verlegen ;-)

Liebe Grüße
Von:  lula-chan
2019-06-10T07:07:36+00:00 10.06.2019 09:07
Ein tolles Kapitel. Sehr gut geschrieben.
Na da geht's ja hoch her. Oh Mann. Das kann noch was werden. Ich bin gespannt.

LG
Antwort von:  Sharry
16.06.2019 11:02
Hey,
ich danke dir für deinen Kommentar^^

LG


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