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Lokis Strafe

von

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Du schaffst das, Tony!

Iron Man begann am ganzen Körper zu zittern als er vor dem Auge stand, das den Riss bildete. Wie Loki ihn gewarnt hatte, war es grösser als dasjenige auf der Erde. Viel grösser.
 

Sehr, sehr viel grösser, genau genommen!
 

Eigentlich wirkte es auf ihn weniger wie ein Auge als einfach nur wie ein riesiges Tor. Ein länglich gezogenes riesiges Tor in diesem Fall.
 

Tony erschauerte und musste sich beinahe krampfhaft aus seiner Erstarrung lösen. War Loki sich wirklich sicher, dass er das hinbekommen würde? Alleine?
 

Das Portal vor ihm flimmerte, waberte und glühte in demselben dunklen Schwarz, das er schon kannte. Aber da war noch etwas anderes, etwas ungleich Intensiveres. Er konnte die gähnenden Abgründe dahinter beinahe körperlich fühlen.
 

Genauso wie die unsichtbaren Kräfte, die ihn in Richtung der Öffnung zerren und gleichzeitig zurückstossen wollten...
 

Tony hob beide Hände und fokussierte sich. Er hatte auf der Erde erst einmal mit seiner neuen Schusskraft die Kanonen abgefeuert, und damals hatte es ihn beinahe umgehauen. Wortwörtlich. Loki hatte ihm eingeschärft wie er den Stand halten konnte, aber er war nicht sicher, dass er das auch hinbekommen würde.
 

Sei's drum... Er hatte keine andere Wahl als zu zielen und zu schiessen und das Beste zu hoffen.
 

Gesagt, getan.
 

Der Rückstoss war enorm, noch gewaltiger als bei seinem ersten Versuch. Fairerweise musste er zugeben, dass er da aber auch einfach ins Nichts gefeuert hatte. Nun galt es ernst - und wie es zu erwarten gewesen war, reagierte das Ziel seiner Attacke nicht besonders erfreut.
 

Es reagierte sogar alles andere als erfreut.
 

Das ganze Portal begann zu vibrieren und in einem noch unheimlicheren Schwarz zu brennen. Gleichzeitig glühte es aus dem Inneren des Risses heraus auf einmal feuerrot und Stark war sich absolut sicher, dass er so etwas wie züngelnde Schlangen sah. Oder vielleicht glichen sie eher dem wurmartigen Ding, das die Black Widow mit ihrem gezielten Schuss ausser Gefecht gesetzt hatte.
 

Nur dass Starks Angriff diesen Würmern hier nicht wirklich viel anzuhaben schien – zumindest nicht auf Anhieb.
 

Tony schwankte und schaffte es kaum, an Ort und Stelle zu bleiben. Mehrmals hatte er das Gefühl, dass er zurückdriftete. Vielleicht geschah dies auch tatsächlich. Er wagte nicht, den Blick auch nur um einen Milimeter von seinem Ziel abzuwenden. Seine Kanonen, die ohne Lokis Zutun längst ihre Feuerkraft eingebüsst hätten, trafen nach wie vor mit voller Wucht. Aber es schien nichts zu bewirken.
 

Zumindest eine endlose Ewigkeit lang.
 

Dann, gerade als Tony meinte, dem Reissen, das ihn gleichzeitig nach hinten und nach vorne zog, nicht eine Sekunde länger widerstehen zu können, sah er die Veränderung.
 

Langsam, quälend langsam, wurde der Riss kleiner. Das Flirren und Vibrieren liess nach, das dunkle Glühen aus den Tiefen des Auges schien zu erlöschen.
 

Tony rann der Schweiss in Strömen von der Stirn, aber das realisierte er kaum. Sein Blick war starr und unverwandt auf das Auge gerichtet und aus seinen Handkanonen feuerte er Salve um Salve ab. Seine Arme fühlten sich inzwischen so schwer an wie Blei, doch er schaffte es, sie oben zu halten.
 

Zumindest bis...
 

...das Auge sich zusammenzog, fast so, als ob es blinzeln würde, nur um dann seine geballte Kraft in einer riesigen Schockwelle gegen den Angreifer zu schleudern.
 

Iron Man schrie, als die Welle ihn traf und mehrere Meter nach hinten fliegen liess. In letzter Sekunde schaffte er es, sich in der Luft zu halten und nicht mit voller Wucht auf den Boden zu knallen. Sofort versuchte er seine Kräfte wieder zu sammeln und zum Gegenangriff über zu gehen.
 

Da zog ihn dieselbe unsichtbare Macht, die ihn eben noch von sich geworfen hatte, unerbittlich nach vorne, auf die Öffnung zu. Tony keuchte und stemmte sich dagegen, doch es schien nichts zu nützen. Seine Systeme versagten.
 

Oder war er es selbst, der den Geist aufgab..?
 

Auf einmal war er beseelt von einer immensen, nie zuvor gekannten Angst. Sie floss durch seine Glieder, durch jeden einzelnen Nerv und lähmte ihn völlig. In schierem Horror sah er, wie er unaufhaltsam zum Auge hin gezogen wurde.
 

«Loki!» schrie er in wilder Panik. «Hilf mir!»
 

Die Antwort kam sofort. «Stark, aktivieren Sie das Notfallprogramm.» Die Stimme aus dem Funksystem seines Helms klang eindringlich aber wohltuend ruhig. «JETZT.»
 

Das Notfallprogramm... Natürlich, daran hatte er gar nicht mehr gedacht. Loki hatte es zwar ursprünglich völlig anders bezeichnet, aber in dem Moment, in dem Tony das Wörtchen 'Magie' gehört hatte, hatte er darauf bestanden, es einfach sein neues persönliches Notfallprogramm zu nennen. Mit einem Kopfschütteln hatte Loki schliesslich nachgegeben.
 

Nun betätigte Tony den kleinen Schalter oberhalb seines Arc-Reaktors, den Loki eigens für ihn angebracht hatte. Auch das wäre nicht nötig gewesen, hätte Tony sich bereit erklärt, die Aktivierung mittels Gedankenkontrolle zu lernen.
 

Jetzt, in diesem panischen Moment, war er froh, dass er es Loki nicht abgekauft hatte, dass ein simpler Mensch wie er sowas erlernen könnte. Er zog einen Knopfdruck dem Versuch, seine Gedanken in dieser Situation auch nur halbwegs fokussieren zu können, eindeutig vor.
 

Zumal er auch diese simple Bewegung - seine Hand zum Schalter zu führen – kaum hinbekam. Zu sehr zerrten die unnatürlichen Kräfte der dunklen Dimension an seinem ganzen Körper. Doch es gelang ihm, den Mechanismus zu aktivieren. Und er betete, dass Loki sein Handwerk auch in der Hinsicht verstand.
 

Er hätte sich nicht zu sorgen brauchen: sobald das Programm aktiviert war, strömte etwas aus Starks Rüstung heraus, das eindeutig einem Schutzschild glich. Lokis grüne Magie hüllte Iron Man innerhalb von Sekunden ein und durchtrennte gleichzeitig die Verbindung zwischen den Kräften des Portals und dem ihnen bis eben noch hilflos ausgelieferten Mann.
 

Doch Tony war weit davon entfernt, erleichtert zu sein. Schliesslich wusste er genau, dass er nur eine kurze Atempause geniessen durfte, da er ja nicht hier war, um sich selbst zu schützen, sondern um eine Aufgabe zu erfüllen.
 

Und je länger er brauchte, um sich von dem Angriff zu erholen, desto mehr würde sich der Riss wieder manifestieren.
 

Tony atmete tief durch, schloss die Augen und hob dann die zitternde Hand, um Lokis Magie wieder zu stoppen. Er war nicht sicher, ob er eine erneute Attacke überstehen würde und glaubte noch weitaus weniger daran, dass seine eigene erfolgreich – und stark genug – sein würde, um das Auge tatsächlich zu schliessen, aber er wäre nicht Iron Man gewesen, wenn er einfach aufgegeben hätte.
 

Koste es was es wolle: er würde das hier durchziehen.
 

Doch die Hand, die über dem Schalter lag, zitterte und rührte sich keinen Milimeter.
 

Angst... Diese fürchterliche, grauenhafte Angst!
 

Tony konnte sich nicht dazu überwinden, den Schutzschild zu deaktivieren. Er wollte es mit aller Kraft, aber seine Hand schien auf einmal ihren eigenen Willen zu besitzen und versagte ihm den Dienst.
 

Da hörte er wieder Lokis Stimme: «Du schaffst das, Tony!»
 

Stark schluckte, blinzelte und atmete nochmals scharf ein.
 

«Du schaffst das, Tony!»
 

Nicht: Sie schaffen das, Stark.
 

Und was ihn noch vor wenigen Tagen einfach bloss wütend gemacht hätte, verlieh ihm jetzt plötzlich eine ungeheure, nie gekannte Zuversicht. Lokis vertrauliche Anrede schenkte ihm mehr Kraft als sein offensichtlicher Glaube an ihn.
 

Du schaffst das!
 

Mit einem lauten Schrei kämpfte er die Furcht nieder und betätigte den Knopf.
 

Im selben Moment als der Schutzschild fiel griff er wieder an. Und diesmal gab er alles. Wirklich alles.
 

In Iron Mans Kopf rauschte es und tausend Schreie hallten darin wider. Er brauchte einen Moment um zu erkennen, dass es nicht seine eigenen waren. Dass es das wilde und qualvolle Gekreische war, das aus dem Inneren des Auges stammte und den verzweifelten Versuch seiner Gegenwehr offenbarte.
 

Seiner zusehends sinnlosen und erlahmenden Gegenwehr.
 

Und dann, langsam aber dennoch deutlich schneller als vorhin, schloss sich der Riss. Iron Man schoss und schoss, die Augen schmal wie Schlitze, die Lippen fest aufeinander gepresst, die Ohren fast taub von dem irren Geheul vor ihm. Er feuerte ohne Pause, hielt seine Position ohne zu merken dass er es tat, zitterte wie verrückt und vergass zeitweilig beinahe zu atmen – so versunken war er in diesen Angriff, so fokussiert darauf, dem Biest vor ihm den Garaus zu machen.
 

Koste es was es wolle.
 

So kam es dass er sogar dann nicht aufhörte, das Portal zu attackieren, als es sich mit einem letzten Zucken und Kreischen vor seinen erschöpften Augen schloss.
 

Iron Mans Kanonen schossen weiter. Solange, bis Lokis Stimme in seinem Helm sagte: «Es ist alles gut, Tony. Es ist alles gut. Du hast es geschafft!»
 

Auch jetzt brauchte Stark noch einen Moment, bis er begriff. Dann öffnete er den Mund und sank mit einem leisen «Oh...» wie tot zu Boden.
 


 


 

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Auch Loki konnte einen Moment lang kaum fassen, wie reibungslos das Ganze gelaufen war.
 

Ein wenig zu reibungslos seiner Erfahrung nach...
 

Da sein Zwilling draussen weitestgehend alleine funktionierte und nur hin und wieder seine Steuerung nötig hatte, konnte er Stark am Monitor verfolgen.
 

Und ihn gerade noch rechtzeitig daran erinnern, dass er noch was anderes an seinem Anzug geändert hatte als bloss die Handkanonen.
 

Einen Augenblick lang sah es so aus, als müsste Loki ihm doch persönlich zu Hilfe eilen. Was dem worst-case-scenario gleichgekommen wäre, da dann die Ablenkung in Sachen Chitauri futsch gewesen wäre. Aber Stark schaffte es gerade noch, die Kurve zu kriegen. Bildlich gesprochen.
 

Sein zweiter Angriff ging mit einer solchen Wut und Kraft vonstatten, dass Loki überrascht die Augen aufriss. Ohlala, wenn er diesen Iron Man so betrachtete war er froh, nicht das Ziel seiner Attacke zu sein! Er hatte zwar schon gewusst dass ganz viel Feuer in Tony Stark steckte – doch wie viel genau, das offenbarte sich ihm erst jetzt.
 

Tony war sogar derart in Rage, dass er gar nicht merkte, dass er schliesslich gewonnen hatte.
 

Erst Lokis Worte lösten den Bann.
 

«Es ist alles gut, Tony. Es ist alles gut. Du hast es geschafft!»
 

Als Stark entkräftet zu Boden fiel, wollte Loki sich wieder seinem Ablenkungsmanöver zuwenden. Es wurde Zeit, die Sache zu beenden und von hier zu verschwinden.
 

Doch da ertönte auf einmal eine Stimme über das Bordsystem der Zephyr. Eine Stimme, die Loki augenblicklich erkannte und die er aus Millionen anderer herausgehört hätte. Die eine, einzige Stimme, die sein Blut immer gefrieren lassen würde!
 

«Das war nicht schlecht, mein lieber Freund! Gar nicht schlecht, wirklich! Aber falls du dich noch erinnern kannst... Ich hasse es, wenn man mich hereinlegen will!»



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