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Lokis Strafe

von

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Der Gott der Lügen

Thor rang mit sich. Sollte er seine vier besten Freunde einweihen? Seine Mutter? Würden sie ihm glauben? Ihm überhaupt richtig zuhören?
 

An Odin dachte er gar nicht. Denn dass sein Vater kein Vertrauen haben würde, war klar.
 

Lokis Plan war genial – und verrückt zugleich. Allerdings war es die einzige Chance, die Asgard noch blieb.
 

Vorausgesetzt, sein Bruder sagte die Wahrheit...
 

‘Nein, ich darf nicht zweifeln!’ rief sich Thor zur Ordnung. ‘Loki würde uns niemals in den Rücken fallen.’
 

‘Bist du dir da sicher?’ schien eine leise Stimme in ihm zu flüstern. ‘Immerhin ist er der Gott der Lügen... Und dann denk auch daran, was man hier so alles mit ihm angestellt hat. Glaubst du Dummkopf ernsthaft, dass Loki das vergessen – oder gar vergeben – könnte?’
 

Fast hätte Thor sich umgedreht um zu sehen, wer da sprach, so deutlich hörte er die Worte in seinem Inneren. Aber er wusste natürlich, dass es seine eigene Angst war, die ihm das zuflüsterte.
 

Denn leider stimmte es ja: Loki hatte in Asgard gelitten. Und zwar nicht nur sehr, sondern schrecklich! Er hatte also eine Milliarde Gründe, das Reich zu verdammen... und keinen einzigen, es zu retten.
 

‘Aber dich wird er nicht im Stich lassen.’ flüsterte eine andere Stimme in ihm. ‘Du hast ihm geholfen, auch in Midgard. Er liebt dich, genau so, wie du ihn liebst.’
 

Aber stimmte das auch? Liebte Loki ihn wirklich?
 

Oder liebte er nach wie vor nur sich selbst?
 

Es war zum Haare raufen, und Thor, ungewohnterweise zur Untätigkeit verdammt, wurde von seinen Zweifeln und Ängsten vollends überrollt. Während seiner düsteren Gedanken war ihm daher gar nicht aufgefallen, dass er den Seitenflügel des Palastes verlassen und den noch unzerstörten Hauptteil betreten hatte. Dort fing in Frigga ab.
 

«Thor, du bist zurück!» rief sie erleichtert und zog ihn in ihre Arme. Für eine Frau war ihr Griff überraschend stark.
 

«Mutter.» Der Donnergott kam sich vor, als schreckte er aus einem Traum hoch.
 

Einem Alptraum wohl eher.
 

«Wo warst du?» Frigga musterte ihn von oben bis unten. Angst flackerte in ihren schönen, sanften Augen. «Wir haben uns Sorgen gemacht.»
 

«Jetzt bin ich ja wieder da.» erwiderte Thor ausweichend und beschloss im selben Moment, sich an Lokis strikte Anordnung zu halten.
 

‘Sprich mit niemandem über das, was ich vorhabe!’ hatte sein Bruder ihm eingeschärft. ‘Ihr seid alle ziemlich lausige Schauspieler. Und wir können nicht riskieren, dass alles aufliegt, bloss weil ihr nicht überzeugend lügen könnt.’
 

So sehr Thor ihm auch widersprochen hatte – er wusste tief in seinem Inneren, dass Loki sich nicht irrte.
 

Also verschloss er seinen Mund und folgte Frigga schweigend zum Thronsaal.
 

Dort schaute ihm ein König entgegen, der innert kürzester Zeit um tausend Jahre gealtert schien!
 


 

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Hätte Hela in Loki hineinsehen können so wie er in sie, wäre sie alles andere als siegessicher gewesen. Doch das konnte sie nicht. Und so konnte Loki sein Spiel ungehindert weiter spielen.
 

Loki hoffte nur, dass Thor ihm wirklich vertraute. Obwohl es letzten Endes - so hoffte er wenigstens - nicht wirklich darauf ankam... Aber es würde die Dinge auf alle Fälle schwer vereinfachen, wenn Thor sich ihm zumindest nicht in den Weg stellte.
 

Er hatte ihm zugesichert, dass er ihm glaubte. Aber trotz allem war Loki sehr angespannt – schliesslich wusste er, wie überzeugend er sein konnte! Es war also denkbar, dass Thor zumindest an ihm zu zweifeln begann, wenn er seine Rolle spielte. Wenn er an Helas Seite im Thronsaal einmarschierte und man ihnen beiden dann - wie geplant - Odin vor die Füsse warf.
 

Und wohl auch Thor selbst.
 

Würde Thor es schaffen, ihm wirklich zu glauben, dass er nur etwas vortäuschte? Oder würde er davon ausgehen, dass Loki sich nun doch die Rache holte, die ihm da quasi auf dem Silbertablett präsentiert wurde?
 

'Reiss dich zusammen!' schalt sich der Magier selbst und zwang sich innerlich zur Ruhe. Es brachte nichts, über Dinge nachzugrübeln, die er nicht in der Hand hatte.
 

Schliesslich gab es genügend anderes, worauf er sich nun konzentrieren musste!
 

Und so liess er sich nichts von seiner Anspannung anmerken, als er an Helas Seite das Heer abschritt. Das letzte (und grösste) Bataillon, das Asgard endgültig den Todesschlag versetzen würde. Es waren Tausende von Soldaten, blutrünstige Krieger, die keine Gnade kannten und denen Asgard kaum noch etwas entgegen zu stellen hatte.
 

Ein unbesiegbares Heer, dem Odin sich ergeben würde - ergeben musste, wollte er nicht den Tod aller noch verbliebenen Asgardianer in Kauf nehmen.
 

Das war das Ende von Odins Herrschaft... Das Ende von Asgard!
 

Zumindest sah es so aus... Denn noch war nicht alles verloren. Wenn alles klappte, wie er es sich vorstellte, würde sich das Blatt überraschend wenden.
 

Denn Loki hatte nicht vor, Asgard dem sicheren Untergang auszuliefern.
 

Ein Teil von ihm wunderte sich selbst darüber. Eigentlich hätte er die Füsse hochlegen und das Ganze geniessen sollen... Eigentlich! Aber er konnte es nicht. Und das nicht nur wegen Thor.
 

So sehr er sich selbst auch dafür hasste: Asgard war seine Heimat. Die einzige, die er je gekannt hatte. Und so sehr ihn auch alle Bewohner dieses Reiches verabscheuen mochten: er selbst konnte dieses Gefühl – leider! – nicht erwidern.
 

Nicht mehr.
 

Und darum würde er nun alles tun, um sie zu retten.
 

Während Hela ihren Kriegern mit stolzgeschwellter Brust den bevorstehenden Sieg in den blühendsten Farben ausmalte und ihnen Loki als neuen Verbündeten vorstellte, war der Magier deshalb dabei, die Kämpfer in ganz anderer Weise zu beeinflussen.
 

Bis eben hatte er allerdings nicht gewusst, ob das überhaupt möglich sein würde. Schliesslich befanden sich diese Männer in einem Zwischenstadium aus Leben und Tod, und an solchen hatte er seine Künste noch nie versucht.
 

Doch nun wusste er mit Sicherheit, dass seine manipulativen Fähigkeiten auch bei ihnen Wirkung zeigten. Während er Helas Worten jeweils ein paar eigene, ebenso (scheinbar) siegessichere Floskeln folgen liess, sprach er in Wahrheit etwas ganz anderes aus.
 

Nur dass ausser ihm niemand den eigentlichen Sinn hinter den magischen Formulierungen verstand!
 

Aber sie begannen zu wirken. Loki spürte es sofort.
 

Hela realisierte die Veränderung im Inneren ihrer Soldaten nicht. Sie hatte auch nicht den geringsten Anlass, Loki in irgend einer Weise zu misstrauen. Und was aus seinem Mund kam, klang nicht anders als das, was sie selber so von sich gab, um ihre Leute anzufeuern:
 

«Ihr seid die mutigsten Krieger, die ich je gesehen habe.»
 

«Asgards Armee zittert schon, wenn sie nur an euch denkt.»
 

«Niemand kann sich euch ernsthaft in den Weg stellen.»
 

«Schon heute Abend wird der Sieg unser sein.»
 

«Ihr alle werdet reichlich belohnt werden für euren Einsatz! Asgards Gold und Reichtum wird euch gehören!»
 

Hela war zufrieden. Mehr, als sie je zu hoffen gewagt hätte. Nicht nur, dass sie sich noch bevor der Tag zur Neige ging auf Odins Thron setzen würde: nein, sie würde auch Loki direkt neben sich stehen haben. Und den Moment geniessen, wenn man den Allvater und seinen blonden, dämlichen Sohn in Ketten vor ihrer beider Füsse warf!
 

Odin hatte sowohl sie als auch Loki missbraucht und dann wie Abfall weg geworfen. Er hatte sie beide zuerst in den siebten Himmel gelobt und sie dann in die Tiefe stürzen lassen – im Glauben, sie wären wertlos und unnütz. Es wurde Zeit, dass ihn mal jemand von seinem eigenen hohen Ross runterjagte!
 

Und wer konnte besser dafür geeignet sein als die beiden schwarzen Schafe in Odins ansonsten so perfekten Familie?
 

Hela war sich sicher, dass Loki diesen Augenblick genauso auskosten würde wie sie selbst. Ja, er hatte ihr sogar versprochen, ihn noch köstlicher werden zu lassen.
 

«Wie?» hatte sie gefragt, aber Loki hatte nur gelächelt und gesagt, dass sie sich gedulden solle.
 

«Lass dich überraschen, Hela.» Das dunkle Funkeln in seinen grün-blauen Augen hatte sie beinahe schwindlig werden lassen. Wieder bedauerte sie, dass er ihr Bruder war... «Ich verrate dir nur so viel: du wirst nicht enttäuscht sein!»
 

«Das weiss ich!» Beinahe wäre sie ihm mit dem Finger über die Wange gefahren, aber sie beherrschte sich. Wenn sie nicht aufpasste, würde der schöne Loki sie noch völlig verzaubern! Aber auch wenn er nur ihr Adoptivbruder war: Familie blieb Famile. Also Hände weg.
 

Leider...
 

Loki wusste genau, was in Hela vorging, und zu jedem anderen Zeitpunkt hätte es ihn köstlich amüsiert. Aber dafür war er im Moment viel zu konzentriert. Er richtete seinen gesamten Sinn darauf, die Worte, die er sprach, in Helas Kriegern wirken zu lassen. Sie tief in das Bewusstsein der Männer eindringen und es ganz ausfüllen zu lassen.
 

Und es sah gut aus. Im Gegensatz zu seiner Schwester registrierte er die beginnende, innerliche neue Ausrichtung ihrer Leute sofort. Sie fingen an, Helas Worte zu ignorieren und liessen sich von seinen einlullen.
 

Natürlich nicht von den hörbaren Worten, die er aussprach. Sondern von den dahinter verborgenen, magischen Befehlen.
 

Seine Silberzunge tat ihren Dienst perfekt. Aber da er etwas aus der Übung war, weil es doch einige Zeit her war, dass er sie das letzte Mal benutzt hatte, um einen Bann über jemanden zu legen, wunderte er sich selbst ein wenig darüber, wie leicht ihm das immer noch fiel.
 

Gewisse Dinge verlernte man wohl wirklich nie!
 

Natürlich wusste er, dass die Manipulation der Krieger allein nicht ausreichte, um die Göttin des Todes zu stoppen. Hela war auch ohne ihre Männer immer noch stark genug.
 

Aber es würde diesen einen, flüchtigen Moment geben, wo sie verwundbar war: dann nämlich, wenn sie Odins Macht auf sich übertrug. In diesem Augenblick musste sie ihre eigenen Kräfte für die Zeit der Transformation bannen.
 

Und Loki wusste, dass er sie dann überwältigen konnte.
 

Blieb nur die Frage, ob er die Gelegenheit dazu bekommen würde... Oder ob ihm Thor nicht doch noch einen Strich durch die Rechnung machte!
 

‘Vertrau mir, Bruder!’ dachte er verzweifelt. ‘Nur dieses eine Mal noch. Bitte!’
 

Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte er über sich selbst gelacht... Denn es war ja nicht so, dass Thor ihn hören konnte!
 

Aber erstens war ihm nicht im Mindesten nach Lachen zumute...
 

...und zweitens konnte er nichts dagegen tun, dass diese Sätze immer wieder durch sein Gehirn zuckten.



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