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Lokis Strafe

von

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Erinnerungen an früher

«Loki, da bist du ja endlich!» Thor rannte ihm schwungvoll entgegen und liess sein Schwert durch die Luft sausen. «Du hattest doch heute vor, mal wieder mit uns zu trainieren!»
 

Loki verdrehte die Augen. «Du wolltest, dass ich das tue. Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich Besseres vorhabe.»
 

«Was gibt’s denn Besseres als ein grosser, starker Krieger zu werden?» fragte Volstagg. Er war zwar der jüngste der sechs Kinder, doch gleichzeitig der bulligste – und, nebst Thor, auch der kräftigste.
 

«Genau.» liess sich Fandral vernehmen. Blond wie Thor, aber bei weitem nicht so kräftig wie dieser, liess er keine Gelegenheit aus, seinen Körper zu stählen. Ein schwieriges Unterfangen, glich er im Wuchs doch eher dem gleichaltrigen Loki: gross, aber sehr schlank und mit (zumindest nach Fandrals Meinung) zu wenig Muskeln ausgestattet. Leider besass er weder Lokis Faible für Magie noch die überragende Intelligenz des zweitgeborenen Prinzen. «Wenn du nicht trainierst, wirst du nie ein geübter Kämpfer.» Dies war Fandrals grösstes Ziel: so gut zu werden wie sein Vater... oder gar wie Thors und Lokis Vater Odin! Aber davon war er mit seinen knapp zwölf Jahren - nach irdischen Masstäben gerechnet - noch weit entfernt.
 

«Was du nicht sagst.» Loki lachte auf und musterte Fandral spöttisch. «Dabei bin ich längst besser als ihr alle… Okay, okay,» Er warf einen raschen Blick auf seinen älteren Bruder, «…mit Ausnahme von Thor. Aber den schafft ja auch keiner von euch.»
 

«Du bist nur wegen deiner Magie besser.» meldete sich jetzt auch Hogun zu Wort. Eine Ausnahme, denn normalerweise sagte der ‘Grimmige’ wenig bis gar nichts. Seine Worte klangen bissig. Insgeheim bewunderte er Loki für sein magisches Können, doch das hätte er nie zugegeben.
 

Loki blieb unbeeindruckt. «Na und?»
 

«Bruder, du musst lernen, dich auch mit reiner Muskelkraft behaupten zu können.» Thors Stimme klang bereits so tief und kehlig wie die eines jungen Erwachsenen. Er war der Älteste von ihnen, und so benahm er sich auch.
 

«Ach ja? Und wie steht es in der Hinsicht mit Sif?» Loki grinste dem schlaksigen Mädchen mit den intelligenten Augen flüchtig zu. «Soll kein Angriff sein, Sif. Aber ich glaube, du würdest auch alt aussehen, wenn du nicht die geheimen Kampftechniken der Walküren beherrschen würdest… die weniger mit Kraft als mit Geschick und Geschwindigkeit zu tun haben.»
 

Sif erwiderte das Grinsen unbeschwert. «Genau, Loki.» Sie ging zu ihm, hakte sich bei ihm unter und meinte resolut, zu den anderen Jungs gewandt: «Und deshalb können wir zwei jetzt auch auf eure guten Ratschläge verzichten. Übt ihr ruhig schön weiter – wir gehen uns amüsieren.»
 

«Hey, halt mal!» rief Fandral. «Wenn ihr von amüsieren redet, kommen wir mit.»
 

«Aber klar doch.» Volstagg legte sein Schwert bereits zur Seite. «Ich hoffe doch, das schliesst ein gutes Essen mit ein.»
 

«Und so schnell sind die tapferen Krieger nicht mehr wild aufs Training!» spottete Loki und ging mit Sif voran. Die beiden verstanden sich gut, waren sie doch schliesslich sozusagen ‘Leidensgenossen’: er als der körperlich – zugegeben – schwächste unter den Jungs und sie als Mädchen waren immer wieder Gegenstand der zwar gutmütigen, aber trotzdem nervenden Hänseleien der anderen. Vor allem Thor zog beide immer wieder auf.
 

Doch sobald Sif ihre besondere Kampftechnik einsetzte und Loki seine magischen Finger spielen liess, sahen die anderen meistens ziemlich alt aus.
 

Mit Ausnahme von Thor: es juckte sowohl Sif als auch Loki, dass sie es beide noch nie geschafft hatten, den grossen Blonden mal aufs Kreuz zu legen! Naja, was nicht war, konnte ja eventuell noch werden…
 

Als sie später alle beisammen sassen, wollte Thor nochmals genauer wissen, wo Loki wieder gesteckt hatte. Dieser gab ihm jedoch nur eine ausweichende Antwort. Thor seufzte: vermutlich hatte Loki wieder mit seinen Freunden magische Tricks geübt. Diese Freunde waren dem Blonden ein Dorn im Auge: nur zwei Asgardianer waren darunter, der Rest bestand aus – seiner Meinung nach – eher zwielichtigen Gestalten.
 

Aber Loki tat immer nur das, was er wollte. Und so kam es, dass er in den letzten drei Jahren meistens schon früh am Morgen verschwand und erst spät abends zurückkam. Thor wusste, dass er so gut wie überall herumstreifte: meist mit seinen Freunden, oft aber auch allein. Und das durchaus nicht nur in Asgard. Seine – ungenehmigten – Reisen zu anderen Welten hatten ihm schon öfters einen Rüffel von Odin eingebracht. Doch da Loki geheime Pfade zwischen den neun Welten kannte (die er im übrigen nicht mal mit seinen allerbesten Freunden – oder seinem Bruder – teilte), hatte niemand eine Chance, ihn an seinen Expeditionen zu hindern. Und seit er sogar einen Weg gefunden hatte, Heimdall zu täuschen, wusste nicht einmal der allsehende Wächter immer, wo Loki steckte.
 

Der jüngere Prinz dachte nicht im Traum daran, seinem ‘grossen’ Bruder von seinen Unternehmungen zu berichten, ganz abgesehen davon, dass Thor zum grössten Teil auch gar nicht verstanden hätte, was er die ganze Zeit über so trieb. Aber Loki war einem alten Magier begegnet, der ihn in die wirklich hohen Künste seiner Zunft einweihen konnte. Allerdings arbeitete der Junge noch daran, den Alten zu überreden: dieser fürchtete nämlich den Zorn seines Königs, wenn er dem Prinzen Dinge beibrachte, die so gefährlich waren, dass sie gut und gerne sein Leben kosten konnten.
 

Aber wenn Loki ausser seinem Talent für Magie eines wirklich drauf hatte, dann war es reden: seine Fähigkeit, alle mit Worten um den kleinen Finger zu wickeln, hatte ihm bereits den Spitznamen ‘Silberzunge’ eingebracht. Eine sehr treffende Bezeichnung… Und so war der junge Prinz zuversichtlich, dass der Alte ebenfalls bald seinem Charme erliegen würde.
 

Er musste einfach, denn was er Loki – wenn auch widerstrebend – offenbart hatte, war einfach zu fantastisch, um es nicht lernen zu wollen: die Möglichkeit, sich in mehrere Personen abzuspalten. «Ein gefährliches Wissen,» hatte der Alte sofort gesagt, als ihm die Worte unbedacht rausgerutscht waren. «Und sogar jene, die es kennen, wagen sich selten bis nie an die Ausführung.»
 

Loki seufzte. Thor würde nicht mal verstehen, wovon er überhaupt sprach. Das einzige, das er mitbekommen würde, war das Wort ‘gefährlich’ – und sofort würden bei ihm sämtliche Alarmglocken klingeln. Es war wirklich mühsam, dass der grosse Blonde ständig glaubte, ihn beschützen zu müssen. Loki grinste unbemerkt in sich hinein: wenn Thor (oder sonst jemand!) auch nur die leiseste Ahnung hätte, dass er längst viel besser war, als er durchblicken liess… Sogar, wenn es ums Kämpfen ging. Im Nahkampf mit Messern zumindest war er schon beinahe unschlagbar.
 

Aber er würde sich hüten, das jemandem unter den Nagel zu reiben. Erstens weil es ihm Spass machte, sie alle hinters Licht zu führen, und zweitens, weil eine leise innere Stimme ihm zuflüsterte, dass es nochmal von grossem Nutzen sein würde, dass niemand das wahre Ausmass seiner Fähigkeiten kannte…
 


 

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Damals hatte Loki den Grundstein zu einer höheren Stufe der Magie gelegt. Er war aus der Mittelklasse der Magier aufgestiegen zur Elite - ohne dass jemand etwas davon mitbekommen hatte. Nicht einmal Frigga. Er war stolz darauf gewesen, damals. Auf seine Errungenschaften genauso wie auf die Tatsache, dass niemand wusste, wie gut er wirklich geworden war. Es hatte ihm immer ein heimliches Gefühl der Macht verliehen, vor allem über Thor, den nach aussen ewig strahlenden Gewinner. 'Warte nur', hatte er jeweils gedacht, wenn Thor mal wieder im Mittelpunkt stand. 'Eines Tages kommt der Moment, wo du aus allen Wolken fallen wirst.'
 

War damals der Grundstein für seine Eifersucht auf Thor gelegt worden? Für den Groll, den er jetzt nicht mal mehr ansatzweise nachvollziehen konnte? Er wusste es nicht mehr.
 

Das einzige, was er im Moment wusste, war: es wäre besser gewesen, er hätte gewisse Dinge nie gelernt!
 

Manchmal war der Preis, den man zu zahlen hatte, einfach ein wenig zu gross.
 

Eines war klar: wenn er es nicht möglichst bald schaffen würde, sich wieder mit seiner anderen Hälfte zu vereinen, so konnten die Folgen katastrophal sein. Noch kein Magier hatte es jemals gewagt, so etwas über einen längeren Zeitraum hinweg durchzuziehen. Daher war es gänzlich offen, was geschah, wenn man zu lange gespalten blieb.
 

Doch was Loki im Moment weitaus mehr Sorgen machte war diese immer noch bestehende Verbindung zu seinem anderen Teil. Er konnte sich das nicht erklären. Andererseits hatte er den Vorgang in Anwesenheit von Toten vollzogen - etwas, das seines Wissens nach noch nie jemand getan hatte. Lag darin der Grund? Hatten Geister die Fähigkeit, ihn an sein anderes Selbst zu koppeln, obwohl es von ihm abgespalten sein sollte?
 

Wie auch immer, er merkte, dass es zum Problem wurde. Seit zwei Tagen fühlte er sich immer mal wieder ziemlich schwach, und gestern Abend hatte er einen zweiten Anfall, ähnlich dem ersten, gehabt. Zum Glück hatte diesmal keiner etwas davon mitbekommen. Aber Loki wusste, dass er es schnellstmöglich schaffen musste, seine zweite Hälfte aus den Fängen der Geister zu retten.
 

Ansonsten konnte es geschehen, dass er irgendwann nicht mehr in der Lage dazu sein würde...



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