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Lokis Strafe

von

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Gefahr im Anzug

Thor fand Coulsons Fürsorge geradezu rührend. Der Agent hatte darauf bestanden, dass er die beste der noch freien Schlafkojen im ‘Bus’ bekam – sogar mit eigener, direkt angrenzender Toilette. Obwohl der blonde Riese dem Mann versichert hatte, dass er kein WC benötige, da Asgardianer (und Frostriesen) im Gegensatz zu Menschen keine Körperausscheidungen kannten, bestand Coulson darauf, dass er die Koje behielt. Sie war im Gegensatz zu allen anderen sehr viel grösser und, wie der Agent meinte, die einzige angemessene Unterkunft für einen ‘Gott’.
 

Thor gab es schliesslich auf, mit Coulson diskutieren zu wollen, und richtete sich ein. Die Koje war mit allem ausgestattet, was man so brauchte, unter anderem der nötigen Technik. Der Donnergott starrte allerdings etwas verloren auf den Computer. Loki würde wissen, wie man das Ding bediente.... Ihm selbst verschloss sich der Zugang allerdings.
 

Wo Loki wohl stecken mochte? Seit gestern, seit er hier angekommen war, hatte Thor ihn nicht mehr gesehen. Zumindest hatten die SHIELD-Agenten seinem Bruder auch eine Koje gegeben und ihn nicht mehr unten in diese Kapsel gesperrt. Wenngleich sie auch darauf bestanden hatten, Lokis Räumlichkeiten von aussen abzuschliessen – trotz des Wissens, dass dies den schwarzhaarigen Asgardianer nicht aufhalten würde, sollte er wirklich raus wollen. Jetzt, am Morgen, ging Thor als erstes zu ihm rüber, doch die Tür stand offen, der Raum war leer.
 

«Gut geschlafen?» Die Stimme des Wissenschaftlers Leopold Fitz riss Thor aus seinen Gedanken. Als Thor dankend bejahte, lud ihn der junge Mann zum gemeinsamen Frühstück ein. Erst da realisierte der blonde Riese seinen knurrenden Magen. Gerne folgte er der Aufforderung.
 

Die Agenten sassen alle an der gemütlichen Bar, hinter der sich auch eine geräumige Küche befand. Coulson war ebenfalls anwesend und begrüsste Thor freundlich – er sah allerdings ziemlich abgeschlagen aus. Thor wunderte es nicht im Geringsten, schliesslich hatte der arme Mann, wie er wusste, mieserabel geschlafen.
 

«Wo ist Loki?» wagte er schliesslich zu fragen, während er mit Genuss in eines der Brötchen biss, das Leopold ihm hingeschoben hatte.
 

«Im Labor. Mit Jemma.» gab Mack nicht eben erfreut zurück. Auch Fitz sah aus, als habe er in eine Zitrone gebissen, schwieg jedoch dazu. Thor warf einen fragenden Blick auf Coulson, doch es war Daisy, die antwortete: «Jemma hat ihn um Hilfe bei all ihren offenen Projekten gebeten. Und so wie’s aussieht...» Sie schnappte sich ebenfalls ein Brötchen und versuchte, ihren Unmut durch gespielte Leichtigkeit zu überdecken, «...kommen die zwei gut voran.»
 

«Das wundert mich nicht.» Thor lachte. «Wenn einer was von Wissenschaft versteht, ist es Loki.»
 

«Ach ja?» Coulson neigte sich zu ihm hinüber. «Wie das?»
 

«Loki war schon immer einer der klügsten Köpfe Asgards.» gab Thor zurück und versuchte, den Stolz in seiner Stimme nicht allzu deutlich durchklingen zu lassen. Es gelang ihm jedoch nur schlecht. «Wenn nicht sogar der klügste überhaupt. Es gibt wenig, wovon er nichts versteht.»
 

«Ausser von solch unwichtigen Dingen wie Nächstenliebe und Güte.» versetzte Mack bitter. Die dunkelhaarige Südamerikanerin neben ihm, die alle nur ‘Yo-Yo’ nannten, nickte zu seinen Worten.

Um von der plötzlichen Spannung im Raum abzulenken, fragte Thor hastig: «Konnten sie den Rest der Nacht wenigstens etwas besser schlafen, Sohn von Col?»
 

Coulson lächelte dünn. «Ja, danke.» Er nahm einen Schluck Kaffee und bat Thor dann, ihn nachher unter vier Augen sprechen zu können. «Und ihren Bruder hätte ich auch gerne dabei,» setzte er etwas zögernd hinzu.
 

Thor war überrascht, willigte aber natürlich sofort ein.
 

Als sie gut zwanzig Minuten später zu dritt in Coulsons Büro sassen, schien dieser sichtlich nicht zu wissen, wie er beginnen sollte. Loki, der ahnte, was in ihm vorging (in Coulsons Kopf hinein zu schauen verbot er sich jedoch), liess ihm Zeit, seine Gedanken zu sammeln. Nur Thor besass nicht ganz so viel Taktgefühl. «Was ist denn los?» fragte er, und seine Körperhaltung drückte aus, dass er bereit war, sofort loszustürmen und zu kämpfen, sollte das denn von ihm verlangt werden. Loki grinste in sich hinein. Sein Bruder – der ewige Krieger! «Weshalb wollten sie uns sprechen?»
 

Coulson, der bis eben noch im Raum auf- und abgegangen war, verhielt seinen Schritt und fixierte Loki. «Ich möchte wissen, warum es zwischen uns diese... Verbindung gibt.» stiess er schliesslich hervor. Es kostete ihn sichtlich Mühe, es überhaupt anzusprechen. «Warum ich Dinge über sie weiss, die ich eigentlich nicht wissen kann. Ich meine... andersrum kann ich es mir erklären. Sie sind ein Magier, darum muss es mich wohl nicht überraschen, dass sie in mir lesen können wie in einem offenen Buch. Aber ich..?»
 

«Ich habe ihnen meine Gedanken freiwillig offenbart,» erwiderte Loki ruhig. «Schon vergessen?»
 

«Ich bin sicher, dass sie genau wissen, dass es nicht das ist, wovon ich rede!» schnappte Coulson. «Ich habe... von ihnen geträumt.» Das kam ganz leise, als müsse er die Worte herauswürgen.
 

«Wirklich?» Thor sprang auf und musterte Loki scharf. «Bruder, was bedeutet das..?»
 

Loki seufzte und biss sich auf die Lippen. Das hatte er befürchtet... Was sollte er bloss antworten? Würde eine gnädige Lüge genügen?
 

Auf einen Versuch konnte er es ja mal ankommen lassen.
 

«Es sieht so aus, als ob in dem Moment, als ich sie... erstochen habe...» Auch ihm bereitete das Sprechen jetzt sichtlich Mühe, «...eine Verbindung zwischen uns geschaffen wurde.»
 

Das erste Mal in seinem Leben war sich Thor sicher, eine von Lokis Lügen auf Anhieb durchschaut zu haben. Er wollte zwar von ganzem Herzen glauben, dass Loki gute Gründe dafür hatte, die Wahrheit zu verschweigen, doch er konnte nicht verhindern, dass das altbekannte Misstrauen wieder in ihm aufstieg. «Loki, was willst du damit sagen?»
 

«Offen gestanden: ich weiss es selbst nicht. Sowas ist mir auch... neu.» Loki sah sofort, dass Thor ihm kein Wort glaubte. Und das jetzt wieder in den Augen seines Bruders aufflammende Misstrauen schmerzte ihn mehr, als er je für möglich gehalten hätte.
 

Auch Coulsons Gesicht war eine eisige Maske aus Unglauben und Abwehr. «Ich will eine Antwort von ihnen. Eine wahre Antwort!»
 

«Ja, Bruder.» Thors Stimme klang ganz leise. «Ich auch. Nenn uns bitte den wirklichen Grund dafür.»
 

Loki senkte den Blick und stützte den Kopf in die linke Hand. Was sollte er darauf erwidern? Er hatte Coulson das eigentlich ersparen wollen – aber ihn im Ungewissen zu lassen oder ihn weiterhin zu belügen war ganz offensichtlich die noch schlechtere Variante.
 

«Loki.» Thor trat vor ihn und berührte seinen Arm. In seinen Augen schwang wieder etwas weniger Misstrauen mit. Dafür las der Schwarzhaarige eine eindringliche Bitte darin.
 

Also gut: tief Luft holen und durch!
 

Und so enthüllte Loki dem Agenten nun doch, aus welchem Grund es zwischen ihnen diese Verbindung gab. Dass es sein – Lokis – Blut gewesen war, das den Regenerationsprozess in Coulsons Körper ausgelöst und ihm somit das Leben gerettet hatte. «Aber in einem Punkt habe ich die Wahrheit gesagt,» schloss er seinen Bericht. «Sowas ist mir wirklich auch neu.»
 

Coulson hatte sich schwer atmend in seinen Stuhl gesetzt. «Dann sind wir ja schon zwei.»
 

Loki musterte ihn einen Moment schweigend, dann zog er sich langsam hoch. Er fühlte sich auf einmal ziemlich erschlagen. «Ich schätze, sie können jetzt auf meine weitere Anwesenheit verzichten. Darum lasse ich sie mal besser mit meinem Bruder allein.»
 

Der Agent starrte ihm schweigend nach. Als er draussen war, sagte Thor erschüttert: «Das wusste ich nicht, ich schwöre es. Ich meine, dass Lokis Blut, weil es eine Mischung aus asgardianischem und jotunnischem Blut ist, so etwas kann. Unsere Heilungskräfte sind normalerweise nicht übertragbar.»
 

«Naja, ich sollte wohl froh drüber sein,» versuchte Coulson zu scherzen. «Wäre es anders, wäre ich jetzt wirklich tot.»
 

«Aber kommen sie denn damit klar, dass ausgerechnet Loki...»
 

«Ehrlich gesagt: keine Ahnung.» unterbrach ihn Coulson. «Aber ich muss es ja wohl.» Er räusperte sich und kam Thor, der noch etwas anfügen wollte, zuvor: «Das ist allerdings nur einer der Gründe, warum ich sie sprechen wollte. Wobei ich dankbar bin, dass ihr Bruder von alleine gegangen ist – denn bei meiner zweiten Frage hätte ich ihn nicht dabei haben wollen.» Er brach ab, schien einen Moment zu zögern und fragte dann unvermittelt: «Haben sie schon mal von einem Buch namens ‘Darkhold’ gehört?»
 

Thor, vom überraschenden Themenwechsel etwas überfordert, schüttelte wahrheitsgetreu den Kopf. «Nein. Wieso?»
 

«Weil dieses Buch im Moment unser grösstes Problem darstellt,» erwiderte Coulson ernst. «Genauer gesagt: die Jagd danach. Denn der Inhalt stellt eine grosse Gefahr für uns alle dar... und leider sieht es ganz danach aus, dass das Buch in die falschen Hände geraten ist. In die Hände von Leuten, die das Wissen darin für ihre dunklen Machenschaften verwenden werden.»
 

Thor war sekundenlang versucht, die Sache auf die leichte Schulter zu nehmen. «Ein Buch? Bei allem Respekt: aber wie könnte der Inhalt eines Buches denn derart gefährlich sein?»
 

Coulson blieb todernst. «Es ist kein gewöhnliches Buch. Nach allem, was wir wissen, ist es nicht nur uralt... sondern auch ausserirdischen Ursprungs. Und der Inhalt ist teilweise...» Er holte tief Luft, «...magisch.»
 

Thors Augen wurden gross, und er begriff schlagartig, dass hier eine echte Gefahr im Anzug war.



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