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Loki: the fallen Prince - der gefallene Prinz

von

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Ich habe keinen Bruder!

Überraschenderweise fand Runya zurück zu ihren Gemächern. Vor der Tür stand eine besorgte Frigga, die erleichtert aufatmete, als die junge Frau in ihrem Blickfeld erschien.
 

«Runya, mein Kind, ich habe mir schon Sorgen gemacht.» sagte die Königin von Asgard und trat der Prinzessin mit ausgestreckten Armen entgegen. «Wo warst du denn?»
 

«Ein wenig im Palast spazieren.» gab Runya zerstreut zurück. «Bitte verzeihen sie…» Sie korrigierte sich, «…verzeih mir, wenn ich dir Unbehagen bereitet habe.»
 

«Das hast du nicht, ich war nur besorgt. Hier drin kann man sich schnell verlaufen.» Frigga musterte sie nachdenklich. Ihre zukünftige Schwiegertochter sah auf einmal sehr blass und aufgewühlt aus. «Ist etwas geschehen?»
 

«Nein, nein, alles ist gut.» erwiderte Runya. Sie war eine schlechte Lügnerin und hoffte, dass man ihr den Schwindel nicht allzu deutlich anmerkte. Zu gerne hätte sie Frigga nach allem, was sie soeben erlebt hatte, befragt. Aber etwas verschloss ihr den Mund.
 

Ausserdem kannte sie die Königin noch nicht gut genug, um zu wissen, ob sie ihr wirklich vertrauen konnte…
 

Was für ein seltsamer Gedanke – aber Runya fühlte sich derart unbehaglich hier, dass sie nicht mehr wusste, was sie denken und empfinden sollte. Also sagte sie nur: «Ich bin bloss etwas ausser Atem, weil ich den Weg kaum mehr gefunden habe.» Sie zwang sich zu einem Lächeln. «Du hast Recht: hier kann man sich wirklich verlaufen.»
 

«Loki hätte vor deiner Tür warten sollen.» entgegnete Frigga, und eine leichte Falte erschien auf ihrer Stirn. «Er ist angewiesen worden, zu deiner Verfügung zu stehen. Ich werde…»
 

«Loki?» Der Name war nun doch gefallen – aber Runya gelang es, so zu tun, als wisse sie nicht, was die Königin damit meinte. «Sie meinen, den zweitgeborenen Prinzen? Er ist auch hier?» Sie sprach so schnell und hastig, dass sie sich sicher war, dass Frigga merkte, dass sie etwas vortäuschte. Trotzdem versuchte sie es. «Warum war er dann gestern nicht beim Bankett? Ich hätte ihn sehr gerne ebenfall kennen gelernt.»
 

Frigga, die selbst sehr aufgewühlt war, bemerkte Runyas Erregung allerdings nicht. Sie starrte die junge Frau verblüfft an und fragte verwirrt: «Du hast ihn doch kennen gelernt. Er war da…» Ihre Stimme wurde plötzlich sehr leise. «Der… Sklave, der dir zugewiesen wurde.» Dann schien sie auf einmal zu verstehen, und fügte – noch leiser – hinzu: «Aha… er hat dir seinen Namen also nicht genannt.»
 

«Nein, das hat er nicht.» gelang es Runya einzuwerfen. Sie begann zu zittern und kämpfte mit sich… sollte sie jetzt doch die Fragen stellen, die in ihr brannten?
 

«Nun, es ist üblich, dass die Sklaven keine Namen haben,» fuhr Frigga da jedoch bereits fort. «Aber Loki… ich hatte angenommen, er würde…» Sie brach ab, rang kurz die Hände und lächelte dann krampfhaft. «Wie auch immer, mein Kind: wo ist er? Wenn er seine Pflichten vernachlässigt hat, dann…»
 

Üblich, dass die Sklaven keine Namen haben..? Runya meinte, sich verhört zu haben. Das konnte doch wohl nicht wahr sein!
 

Doch ehe sie etwas sagen konnte, polterte plötzlich eine laute Stimme hinter ihnen: «Wer hat seine Pflichten vernachlässigt? Etwa Loki? Wenn ja, dann kann er was erleben! Dünkt sich wohl zu fein, um meiner zukünftigen Braut zu dienen! Aber dem werd’ ich zeigen, was es heisst, sich Befehlen zu widersetzen. Ich werde ihm ein für alle Mal klar machen, was er jetzt ist! Und dass ein Stück Dreck wie er aufs Wort zu gehorchen hat!»
 

«Thor!» Friggas Blick ging an Runya vorbei zu ihrem ältesten Sohn. «Komm erst einmal her und sag deiner zukünftigen Frau guten Tag.»
 

Runya hatte bei Thors schrecklichen Worten noch mehr zu zittern begonnen, und das verstärkte sich zusehends, als sie sich jetzt umwandte und den blonden Donnergott hinter sich stehen sah. Thor kam ihr noch grösser und muskulöser vor als gestern, vor allem in dem masslosen Zorn, den er deutlich ausstrahlte.
 

Ausserdem… Sie mochte diese Art Mann nicht wirklich, fand sie auch nicht attraktiv. Andere Frauen mochten auf Muskelpakete und blondhaarige Schönlinge stehen… Sie, Runya, konnte nicht viel mit diesen Typen anfangen. Schon gar nicht, wenn sie dazu noch so laut, arrogant und ungeschliffen waren wie Thor.
 

Und so offensichtlich unbarmherzig!
 

«Natürlich, Mutter.» Thors Antwort auf Friggas Worte riss Runya aus ihren Überlegungen. Er wandte sich seiner jungen Braut zu, grüsste knapp und meinte ohne ein Lächeln auf dem Gesicht: «Ich bin hier, um dich zu einem Ausritt abzuholen. Will dir Asgard zeigen. Aber erst werde ich mich wohl mit Loki beschäftigen müssen. Der wird jetzt eine ordentliche Tracht Prügel kriegen dafür, dass er es gewagt hat, nicht auf seinem Posten zu sein.»
 

Runya erstarrte. Das konnte er doch wohl nicht ernst meinen? Doch ein Blick in das aufgebrachte Gesicht ihres zukünftigen Gatten verriet ihr, dass er es sehr wohl ernst meinte.
 

Einer plötzlichen Eingebung folgend stotterte sie: «A… aber er war hier! Genau so, wie ihm befohlen war. I… ich habe ihn weggeschickt.»
 

«Ach ja?» Thor betrachtete sie misstrauisch. «Weshalb denn?»
 

Eine Ausrede. Ihr musste dringend etwas einfallen..!
 

«Hast du ihn deine restlichen Sachen holen lassen, Runya?» hörte sie da Frigga sagen. Sie wirbelte herum und starrte die Königin an. In deren Augen las sie eine eindeutige, dringliche Bitte.
 

Runya nickte benommen. «J… ja. Da sind noch eine Menge Kleider von mir im Gepäckwagen. Es war gestern Abend schon spät, und darum wollte ich die Dienerinnen nicht mehr hinausschicken.» Sie staunte selbst, wie leicht ihr diese Lüge von den Lippen ging.
 

«Das war sehr lieb von dir, mein Kind.» half Frigga ihr weiter. «Die Dienerinnen hätten bis spät in die Nacht arbeiten müssen. Es ist gut, dass du bis heute Morgen gewartet hast.» Dann, zu ihrem Sohn gewandt: «Du siehst, Thor, dein Bruder hat nichts Unrechtes getan, sondern kommt seinen Pflichten nach. Genau wie es ihm befohlen war.»
 

«Mutter, ich habe dir schon hundertmal gesagt: NENN IHN NICHT MEINEN BRUDER!» Auf Thors Stirn schwoll eine Ader an, und seine Stimme klang donnernd. «Ich habe keinen Bruder!»
 

Frigga seufzte vernehmlich, liess das Thema aber augenblicklich fallen. «Wolltest du nicht deiner jungen Braut Asgard zeigen?»
 

«Ja.» Thor wandte sich wieder Runya zu. «Komm mit, die Pferde sind schon gesattelt.»
 

Es klang, als vollführe er eine lästige Pflicht. Runya warf der Königin einen bettelnden Blick zu, doch diese lächelte nur ermunternd.
 

Da fügte sie sich in ihr Schicksal und folgte dem blonden Donnergott.
 

Doch wäre sie nicht eine so pflichtbewusste Tochter gewesen, hätte sie sich in die andere Richtung aufgemacht... und wäre umgehend nach Hause zurück gerannt! Denn auch wenn sie schon gestern keinen allzu guten Eindruck von ihrem zukünftigen Ehemann gehabt hatte: seit diesem Morgen war Thor in ihrer Achtung noch einmal um einiges gesunken.
 

Aber da war noch etwas anderes... Schlimmeres...
 

Sie begann, ihn zu fürchten!
 

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Der Tag wurde in jeder Hinsicht unerfreulich für Runya. Nicht, dass ihr Asgard nicht gefallen hätte – oh nein! Man konnte schwerlich bezauberndere Landschaften, schmuckere Häuser und grösseren Wohlstand in allen neun Welten finden. An den meisten Orten wurde die junge Prinzessin auch sehr freudig und beinahe überschwänglich begrüsst.
 

Es lag also eindeutig nicht an Asgard oder seinen Bewohnern, dass Runya sich immer verlassener vorkam. Und dass ihre Stimmung genauso sank wie die untergehende Sonne...
 

Nein, der Grund dafür war eindeutig Thor. Er war einigermassen höflich (mit Betonung auf einigermassen!), doch mehr auch nicht. Runya kam es vor, als ob er sie nur herumfühte, weil es seine Pflicht war. Und weil er mit seiner Braut angeben wollte.
 

Denn sie war schön. Sie wusste es, auch wenn es ihr eigentlich gleichgültig war. Innere Werte zählten für sie weitaus mehr als Äusserlichkeiten. Trotzdem konnte sie nicht umhin, zuzugeben, dass sie mit ihrer makellosen Haut, der schlanken, schöngewachsenen Figur, dem ebenmässigen Gesicht und den langen, rotgelockten Haaren eine Schönheit war. Und selbst wenn es ihr der Spiegel nicht verraten hätte: die begehrlichen Blicke der Männer, die sie seit ihrer Jugend verfolgten, wären Beweis genug gewesen.
 

Doch noch nie hatte sich Runya dermassen auf ihr Äusseres reduziert gefühlt wie an diesem Tag mit Thor. Er machte ihr kaum einmal ein Kompliment – doch wenn, dann pries er einzig ihre Schönheit. Auch wenn er sie noch nicht gut kannte... Jeder aufmerksame Mann hätte längst festgestellt, dass sie auch freundlich, sanftmütig und interessiert an allem war.
 

Doch Thor schien kaum mehr als ein hübsches Schmuckstück in ihr zu sehen.
 

Oder war sie ihm gegenüber unfair? Urteilte sie zu früh... zu hart über ihn?
 

In jedem Fall war Runya froh, als der grosse Palast wieder vor ihnen auftauchte und Thor sie vor ihren Gemächern ablieferte. «Bis nacher, beim Abendessen,» sagte er kurzangebunden und verschwand.
 

Runya fühlte sich unendlich traurig, als sie ihre Räume betrat. Doch dann tat ihr Herz einen überraschten und freudigen Sprung, denn vor ihr stand Loki.
 

Warum hob sich ihre Stimmung bloss dermassen bei seinem Anblick?
 

«Ich hoffe, sie hatten einen schönen Tag, Herrin?» fragte er. Ganz flüchtig sah er sie dabei an, und sie war sich sicher, ehrliches Interesse in seinen Augen zu lesen. Und – täuschte sie sich? – leise Zweifel...
 

«Es war anstrengend.» erwiderte sie ausweichend. Sie mochte ihn nicht anlügen, aber die Wahrheit sagen konnte sie auch nicht. Das hier stimmte zumindest teilweise.
 

«Soll ich die Dienerinnen rufen, damit sie ihnen ein Bad bereiten?»
 

«Nein, ich... muss mich nur einen Moment hinsetzen.» Sie wies auf einen der anderen Stühle. «Und ich wäre dankbar, wenn du dich zu mir setzen würdest.»
 

«Herrin, das wäre kaum...»
 

Sie unterbrach ihn. «Auch nicht, wenn ich dich darum bitte?»
 

Er zuckte zusammen. Schon glaubte sie, er würde wieder ablehnen – doch dann erschien ein flüchtiges Lächeln auf seinem Gesicht. «Ich habe ihnen doch schon gesagt, dass sie mir befehlen sollten.»
 

Runya erwiderte das Lächeln. «Schön: dann befehle ich dir eben, dich zu mir zu setzen.»
 

Da tat er es.
 

Einen Moment lang musterte die junge Frau ihn schweigend, einen Moment, in dem sie mit sich kämpfte. Dann atmete sie tief durch und sagte: «Ich kenne deinen Namen jetzt. Du bist Loki, nicht wahr?» Hoffentlich merkte er nicht, wie sehr ihre Hände, die sie im Schoss gefaltet hatten, zitterten.
 

Ein Schatten huschte über sein Gesicht. «So hiess ich früher mal, ja.»
 

«Was soll das bedeuten?» Runyas Stimme klang heiser.
 

Lokis Gesicht blieb eine ausdruckslose Maske, als er erwiderte: «Wie ich gestern schon sagte: ich bin nur ein Sklave. Und Sklaven haben hier keine Namen.»
 

«Keine Namen... Du hast das also ernst gemeint! Und wie ruft man euch denn dann?» Runya konnte schon wieder kaum glauben, was sie hörte. An welch schrecklichen Ort war sie hier nur hingeraten?
 

Sein trostloser Blick traf sie wie ein Faustschlag. «Wenn sie höflich sein wollen, nennen sie mich ‘Sklave’. Aber weitaus häufiger bekomme ich Ausdrücke wie ‘Schuft’, ‘Abschaum’, ‘Dreck’ oder ähnlich nette Bezeichnungen zu hören.» Er senkte die Augen wieder. «Suchen sie sich aus, was ihnen gefällt.»
 

Runya straffte sich und versuchte, ihrer Stimme Festigkeit zu verleihen. «Mir gefällt Loki!»
 

Er starrte sie an. Sekundenlang so überrascht, dass er – endlich! – vergass, dass ein Sklave seiner Herrin nicht so unverblümt ins Gesicht blicken durfte.
 

Doch der Augenblick verging so schnell, wie er gekommen war, und sein Gesicht wurde wieder ausdruckslos. «Wie sie wünschen, Herrin.»
 

«Hör bitte auf damit.» entfuhr es Runya leise. «Bitte. Du bist Thors Bruder, wie ich jetzt weiss. Also bedeutet das, dass du mein Schwager sein wirst. Und ein Schwager braucht sich seiner Schwägerin gegenüber nun wirklich nicht so... unterwürfig zu verhalten.»
 

«Thor hat keinen Bruder.» gab er leise zurück. «Womit sie auch keinen Schwager bekommen.»
 

Sie sah ihn erschrocken an. Ganz ähnlich hatte Thor gesprochen! ‘ICH HABE KEINEN BRUDER!’ Der Satz fiel ihr wieder ein – der Satz, den der blonde Donnergott seiner Mutter beinahe ins Gesicht geschrien hatte.
 

Runyas Herz schien in Stücke brechen zu wollen, doch sie kam nicht mehr dazu, etwas zu sagen. Die Tür schwang urplötzlich auf, und Thor polterte herein.
 

«Runya, ich vergass noch zu erwähnen, dass...» Mitten im Satz brach er ab. Sein Blick traf Loki – erst überrascht, dann zusehends wütender. Schliesslich sagte er schneidend scharf: «Du wagst es, dich hier auf einen Stuhl zu setzen?»
 

Loki, der schon längst nicht mehr sass, sondern sofort aufgesprungen war, wurde leichenblass. Runya merkte, dass er zu zittern begann.
 

«Warte draussen auf mich!» herrschte Thor ihn an.
 

«Thor, bitte...» Runya hatte den Eindruck, dass sie sich kaum Gehör verschaffen konnte. «Ich habe ihn gebe...» Im letzten Moment korrigierte sie sich, «...ihm befohlen, sich zu mir zu setzen.»
 

«Ein Sklave hat zu stehen und nicht wie die Herrschaft zu sitzen.» antwortete Thor heftig. Seine Augen sprühten Funken. «Es wird Zeit, dass du ein paar Regeln lernst, Runya. Ich schicke dir die Dienerinnen, die werden dir erklären, wie man mit solchem Abschaum wie ihm umgeht.»
 

Abschaum wie ihm? Du meine Güte... er sprach von seinem Bruder!
 

In Runyas Ohren begann es zu rauschen, und sie hörte kaum noch, wie Thor das sagte, weshalb er eigentlich hergekommen war. «Wir treffen uns heute in den Privatgemächern meines Vaters zum Essen. Hatte ich vorhin vergessen zu erwähnen. Mach dich bereit, in einer Stunde wirst du abgeholt.»
 

Dann rauschte er ohne ein weiteres Wort nach draussen. Ehe er die Tür hinter sich zuschlug, sah Runya noch, wie er Loki grob am Arm packte und mit sich zog.
 

Zitternd und schwer atmend liess sie sich in den Stuhl zurückfallen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Puma_Ace
2019-11-30T22:04:26+00:00 30.11.2019 23:04
HMMM ... ich könnte heulen...
Thor ist eigentlich nicht sooo fies, aufbrausend ja aber nicht so... egal... mir tut Loki einfach nur mächtig Leid...
Antwort von:  uk
08.01.2020 21:08
Hast absolut Recht - so ist Thor eigentlich nicht (hmm, was das wohl bedeuten mag ^^^)


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