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Liebe macht blind

Die & Kaoru
von

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Das Gegenteil von gut, ist gut gemeint.

Kommentar:

Diesesmal fällt der Kommentar etwas länger aus. Zu viele Gedanken in meinem Kopf.

Zu allererst: Herzlich Willkommen zu meinem Out Of Character Kapitel! XD Oder so ähnlich.

Mäh, ich mag es nicht Beschreibungssätze in fetzige Dialoge einbauen zu müssen. Erwähnte ich das nicht bereits im vorherigen Kapitel? Egal. Ich mag es nicht. Also hab ich es mir dieses Mal bei einigen Stellen gespart. Sinn ergibt es immer noch, denk ich. ...hoffe ich XD;

Und dann muss ich sagen, dass Kapitel 5 und 6 im Grunde als ein Kapitel geplant waren, aber es dehnt sich immer alles so in die Lääängeee.

Was noch? Ach ja. Es belustigt mich ungemein irgendwie... ich hatte viele Dinge für dieses Kapitel schon vor Monaten vorgeschrieben und auch einige der Dinge aufgeschrieben, die ich für die nächsten Kapitel vorgesehen habe. Für dieses eben ein Meet-and-Greet für die Fans und was machten Dir en grey nun auf ihrer Tour durch Nordamerika? Richtig, sie machten Meet-and-Greets. Ich kann hellsehen. Ich wusste es schon immer.

Dieses Mal bin ich übrigens auch sehr zufrieden mit mir selbst! Was lässt sich nun aber wirklich über #5 sagen? Es ist ein seltsames Kapitel mit einem Die, der langsam, aber sicher und zurecht, komplett seinen Verstand verliert. Das reicht als Zusammenfassung. In diesem Sinne viel Spaß beim Lesen! <3;
 


 


 


 

Es gibt Tage, da steht man einfach mit dem völlig falschen Fuß auf. Wirklich alles scheint komplett schiefzugehen und jede noch so kleine Kleinigkeit kann zu dem schweren Tropfen werden, der das Fass zum Überlaufen bringt. Heute scheint einer dieser Tage zu sein.

Nach dem ganzen Dilemma bei den Proben heute Mit- und Nachmittag, folgt nun das von den Fans lang ersehnte Meet-and-Greet.

Auch ich freue mich schon darauf. Es ist ein kleiner Lichtblick. Ein gewisser Jemand neben mir jedoch sehnt sich bereits, bevor es angefangen hat, nach dem Ende und schmiedet leise Fluchtpläne vor sich hin. Doch es gibt heute kein Entkommen für Kyo, denn wir sind vertraglich gebunden und das hier ist Pflichtprogramm für uns. Für mich eher weniger, denn wie erwähnt, fiebere ich dem Ganzen entgegen.

Mein mit Füßen getretenes Ego braucht einen Putsch und das hier kommt mir sehr gelegen.

Noch jemand scheint heute partout keine Nerven für Händeschütteln, Sachen signieren, Fotos machen und Dauergrinsen zu haben: Kaoru natürlich.

Während ich mir einen Doughnut mit roter Glasur und bunten Streuseln in den Mund stopfe, verfolge ich ganz genau jeden seiner Schritt. Nebenbei schlürfe ich meinen Kaffee, an dem ich mich erst vor ein paar Minuten unglücklich verbrannt habe. Die kurze Pause um etwas zu essen und zu trinken, ist beinahe vorbei, langsam werden wir uns bereit machen müssen, um in den für das Meet-and-Greet vorgesehenen Raum zu wechseln.

Ich beäuge Kaoru nachdenklich von der Seite. Unruhig bewegen sich seine Finger auf seinen tätowierten Armen, die er vor der Brust verschränkt hat, fast so, als würden sie einer Melodie folgen, die nur er hören kann. Plagen tut mich die Frage, ob ich es hier mit einem Lästergockel zu tun habe, der sich über mich auslässt, sobald ich nicht körperlich anwesend bin oder ob ich mich mit meinen Gedanken auf dem Holzweg befinde.

Ein tiefer Seufzer entweicht mir und ich schüttle das Haar in meine Stirn, verdecke mein Gesicht damit. Ich muss nachdenken. Dafür habe ich aber keine Zeit. Das Tourleben nagt auch an mir, das kann ich nicht abstreiten. Heute spielen wir hier, morgen da. Allein das ist manchmal so viel Stress, das mir die ganze Sache mehr als nur ungelegen kommt. Um 180 Grad hat er meinen Kopf verdreht. Selten kann ich klare Gedanken fassen. Ich kann mich selbst nicht mehr ausstehen. Und ich werde wieder undankbar. Ja, ich sollte dankbar dafür sein, dass ich überhaupt auf der Bühne stehen darf, dass ich dieses Leben führen darf, das ich immer führen wollte. Und ich sollte dankbar sein, überhaupt in Kaorus Nahe sein zu dürfen. Ein paar Zentimeter von ihm entfernt.

Das Positive sehen... Manchmal fällt es mir so schwer. Ich betrachte diesen Mann neben mir und es scheint mir mal wieder so, als müsste ich nur meine Finger ausstrecken, um ihn zu berühren, doch klafft zwischen uns nicht nur ein tiefer Abgrund.

Weh tut es mir auch, wenn er kühl bleibt. Die Kühle schmerzt mehr, als jeder dumme Spruch.

Okay, mir den Kopf zu zerbrechen, bringt genauso wenig wie ein Buch anzustarren und darauf zu warten, dass es sich selbst vorliest. Letztlich entschließe ich mich nun dazu ihn direkt zu fragen. Gerade heraus ist manchmal die beste Lösung.

Trotzdem bleibt eine gewisse Unsicherheit an mir heften, als ich die Stimme erhebe. "Kaoru...?"

Mit den eigenen Gedanken anscheinend bis eben auch ganz woanders, schaut er langsam zu mir herüber, legt den Kopf schief. "Mh?"

"Kann ich dich mal was fragen?"

"Ich weiß nicht, ob du das kannst."

"Ja oder nein?"

"Schieß los."

"Also okay... Sag mal, lästerst du eigentlich über mich?"

Eine von seinen dunklen Augenbrauen verschwindet gänzlich unter dem dichten Haar seines Ponys. "Natürlich", schnieft er und hebt die Schultern.

"Ist das... dein Ernst?"

"Ja?"

"Und... über was lästerst du so?" Mann, bin ich selten dämlich.

"Darüber, dass du mich nervst. Und mir lauter unsinnige Fragen stellst."

Ich verziehe das Gesicht. "Und über was sonst noch?"

"Nichts sonst."

"Auch nicht darüber, dass..." Ich muss nach den richtigen Worten suchen. "Über meine außerbändlichen Aktivitäten?"

"Wassen das für 'ne Frage?"

Mit den Achseln zuckend gucke ich ihn an.

"Lästern ist eine völlig menschliche Eigenschaft. Eklig wird's erst dann, wenn man es abstreitet."

"Also spielen wir mit offenen Karten?"

"Wir spielen mit offenen Karten."

"Und wann... hast du das letzte Mal über mich gelästert?"

"Als du dir deine Schnauze am Kaffee verbrannt hast, als ich sagte, dass es mich nicht interessiert, wo du deinen Schwanz hinsteckst."

Autsch, der ging schon wieder unter die Gürtellinie. "Du wusstest, dass ich da war?"

"Ich bitte dich, ich rieche dein Parfüm drei Meilen gegen den Wind. Natürlich wusste ich, dass du da warst." Kaoru ist unverschämt, aber zumindest ist er ehrlich.

Natürlich kann ich mir davon auch nichts kaufen. Außer Gewissheit.

Mit den Augen rollend stiere die Decke an, vergrabe die Hände in den Taschen meiner kaputten Hose und schmolle vor mich hin. "Na besten Dank auch."

Kaoru hebt nur die Schultern. Aus dem Augenwinkel sehe ich wie er seine Sonnenbrille hervorkramt und sie aufsetzt, bevor er sich wieder in sich selbst zurückzieht.

Er macht es sich einfach, nicht wahr? Immer auf Distanz gehen, immer ungehobelt, direkt sein. Nun gut, was komme ich auch mit so behämmerten Fragen um die Ecke? Im Grunde genommen, könnte ich mir auch gleich eine Zielscheibe auf die Stirn malen. Angriffsfläche scheine ich so oder so genug zu bilden.

Egal jetzt. Weg mit dem Thema. Ich muss gleich arbeiten, Geld verdienen. Und ich eigne mir jetzt einfach wieder positives Denken an, zwinge mich dazu hyper zu werden. Ja, genau.

Und ach ja, da war sowieso noch etwas, was ich unbedingt vor dem Treffen mit den Fans erledigen muss. Erstmal muss ich noch mal für kleine Dies und dann muss ich mir natürlich auch die Hände waschen. Nein, das war es nicht, was ich machen wollte. Ahhh... Eeeh... Hose, genau.

Leise die letzten Doughnut-Reste aus meinen Zähnen schmatzend, mit dem letzten Schluck Kaffee nachspülend, verlasse ich Kaorus Seite, wandere rüber zum Buffet, stelle die Tasse weg und wende mich dann mit einem halben Lächeln an jemanden von unserem Staff und bitte ihn höflich mir eine neue Hose aus dem Tourbus zu holen. Mit dem kaputten Ding hier kann ich unmöglich weiter rumlaufen. Außerdem ist es viel zu warm draußen und mit dem Pulli schwitzte ich mich noch tot.
 

~*~*~
 

Knappe zehn Minuten später treten wir in den provisorisch vorbereiteten Raum der Konzerthalle. Noch ist niemand hier. Nur ein paar bullige Securitymänner und neben mir wuselt Nora geschäftig herum. Sie drückt mir einen schwarzen Stift in die Hand, mit dem ich gleich meine hübsche Unterschrift auf Papier und CDs oder was auch immer kritzeln darf.

Ich rücke meine Sonnenbrille zurecht und fummle etwas aufgeregt an meinem Haar.

Gegenüber der Türen wurden Tische aneinander gerückt und Stühle stehen mit den Lehnen einen halben Meter von der Wand entfernt dahinter. Weitere Stifte und Papier liegen bereit und an jedem der fünf Plätze steht ein Getränk. Quer durch den Raum ist so etwas wie eine Absperrung aufgebaut, die wohl Warteschlange von Ausweg trennen soll. Fotografieren ist erlaubt, lässt ein selbstgemaltes Schild im Eingangsbereich wissen.

Man geleitet uns zu unseren Sitzplätzen und ich strahle mit neugewonnener Zuversicht vor mich hin, als ich mich neben Kaoru setzen darf. Allerdings erstirbt mein Grinsen auch gleich wieder, als ich mich zu ihm rüber beuge und ihn anlächlen will und er mir nur einen gewitterbösen Blick an den Kopf wirft, der wohl so viel heißen soll wie Zu nah, Daisuke. Na schön. Wenn er meint. Klebe ich halt nicht so nah an seinem Gesicht und halte ihm meine Beißerchen in die Netzhaut. Aber die positive Einstellung werde ich mir mit Sicherheit nicht mehr von ihm verderben lassen. Ich bleibe hart! Ich bleibe standhaft! Und das Positive ist: Er hat mich an der Backe. Oh, und vielleicht kann ich ihn durch meine bloße strahlende Präsenz auch etwas erheitern, so wie ich mich auch selbst erheitert habe, so dass er nicht mehr so grimmig dreinstarrt wie Drölfzigbillonarden Tage Regenwetter.

Ich grinse freudig weiter. Kaoru rückt nur etwas mit dem Stuhl weg.

Seufzend wirble ich mal in die andere Richtung, doch der nicht minder schlecht gelaunte Kyo hält mir nur die Hand vor die Nase. "Denk nicht mal dran."

"Was ist bloß mit euch allen los? Heute ist ein schöner Tag!"

"Seit wann das denn? Warum hab ich davon noch nichts mitbekommen?"

"Weil du dich hinter deiner düsteren Fliegenbrille versteckst, Kaoru."

"Aha."

"Kaoru kriegt keinen Sonnenschein mehr mit, weil die Gewitterwolke über seinem Kopf zu gewaltig ist", meint Kyo und kritzelt ein Blatt mit wirren Linien voll.

"Und dabei scheint die Sonne doch so schööön!"

Kaoru hängt halb über dem Tisch und spießt mich mit seinen finsteren Augen auf, die vor Wolkenbruch und Sturm nur so schreien. "Falls das nun eine dumme Metapher war, mit der du dich selbst umschreiben wolltest..."

"Wollte ich nicht!"

"Auch gut so."

"Hm." Ich beuge mich zu ihm runter und schiebe pseudo-grüblerisch eine Augenbraue hoch. "Aber was wenn doch?"

"Denk nicht mal dran."

Kyo wirft den Stift in sein Glas. "Ich habe ein Déjà-vu."

"..."

Nachdem wir beide Kyo gekonnt ignorieren, rücke ich Kaoru noch ein weiteres Stückchen näher auf die Pelle. Böse treten diese mandelförmigen Augen vor mir aus ihren Höhlen, verengen sich dann zu düsteren Schlitzen, als meine Nasenspitze mit der von ihm Bekanntschaft macht.

"Zu nah. Daisuke."

Eine Kopfnuss und ein Aufjaulen später, zische ich: "Nenn mich nicht Daisuke in aller Öffentlichkeit."

"Und warum? Hast du Angst, deine wahre Identität könnte auffliegen?" Spott-Kaoru ist wieder da.

"Nein, das hört sich so... distanziert an."

"Na, dann stimmt's ja so."

Mittlerweile hat Kyo seinen Stift wieder aus dem Wasser gezogen, welches sich nun schwarz gefärbt hat. "Ich finde... es hört sich eher sehr vertraut an."

"Soll es aber nicht."

"Diese Unterhaltung ist so sinnlos, ich liebe es." Meine Augen beginnen zu funkeln und glänzen.

"Dann passt sie ja zu dir."

"Du kannst mir meine gute Laune nicht verderben. Du kannst mir meine gute Laune nicht verderben. Du kannst mir meine gute Laune nicht verderben. Du kannst mir-"

Nur schwach bemerke ich Kyos teils besorgten, teils verschreckten Gesichtsausdruck. "Was zum Henker ist eigentlich plötzlich mit ihm los?!"

"Ich nehme an, da war was in seinem Doughnut. Einfach ignorieren."

"Hmm, Zuckerrausch bestimmt."

"Scheißegal. Ich sehe viele aufgeregte Fans...!" Und da habe ich Recht. Draußen drücken und drängeln die Massen bereits durch eine Tür. Wartend fummle ich immer nervöser an meinem Haar herum, während ich das Drauf und Drüber beobachte. Ich sollte nicht so starren. Gibt denen nur den falschen Eindruck. Was für einen kann ich auch nicht sagen. Panik sieht nun mal bescheuert aus.

"Oh nein. Ich will nach Hause", nuschelt Kyo und vergräbt das Gesicht in den Händen.

Ich will mich in tröstenden Worten versuchen, aber herauskommt nur: "Ach, jetzt stell dich nicht so an."

"Sagt ja grad der Richtige."

"Wolltest du mich nicht ignorieren?"

"Ich hab's ja versucht, aber es ist so verdammt schwer deine schrille Stimme zu überhören." Kaoru zieht eine unansehnliche Grimasse.

"Meine Stimme ist nicht schrill."

"Was auch immer."

Ich ziehe eine Schmolllippe wie ein Kamel. "Du bist nur so pissig, weil... weil..."

"Na? Weil?"

"Weil... weil halt!"

"Ach so. Na dann."

"Ach, geh doch weg, du. Ich sehe Fans und ich bin ganz kribblig. Heute ist ein schöner Tag."

"Redest du dir das nur ein oder bist du wirklich so bescheuert?"

"Ist das 'ne Fangfrage?", wirft Kyo ein.

"Jetzt hört doch mal auf mich von zwei Seiten anzugiften. Gründet doch 'nen Klub, wenn ihr mich so schrecklich findet."

"Anti-Die Klub."

"Der Wir-HASSEN-Die-Zirkel."

"Oh jaaa."

"Ihr seid widerlich. Besonders du, Kyo. Gerade von dir hätte ich ein bisschen mehr Rückendeckung erwartet."

Nur die Schultern hebend bei meiner Bemerkung, faltet er einen Papierflieger. "Du nervst nun mal. Soll ich etwa lügen, oder wie?"

"Ja."

"Oooh, Daaaai. Du könntest mich wirklich niiiiemaaals nerven! ...und jetzt halt die Klappe."

"Amen."

"Ihr seid nur neidisch."

Beinahe verschluckt Kaoru sich an seinem Wasser und verspritzt es über den gesamten Tisch. "Worauf?"

"Dass mein Horoskop für heute besser aussieht als eures!"

"Was stand denn drin? 'Der Riss einer Hose führt Sie zurück auf ein nie da gewesenes Stimmungshoch', oder was?"

"Die ist die Hose gerissen?!"

"Was auch immeeeer. Das interessiert hier doch keinen."

"Doch, das will ich hören."

"Zu spät. Da vorne kommt bereits die erste Gruppe." Wir alle folgen Shinyas Finger, der just in diesem Moment genau auf eine Horde junger Mädchen zeigt.

"Hurra!"

"Ich will nach Hause..."

"Ich will, dass ihr eure Klappen haltet."
 

~*~*~
 

Hach ja. Fans. Freude kommt auf. Irgendwie verschwindet diese Freude dann aber nach der hundertsten Person. Meine Hand fühlt sich abgestorben an und ich hab fürs Erste genug von Kontakt mit wildfremden Menschen. Außerdem spüre ich meine Mundwinkel vom Dauergrinsen nicht mehr. Mein Gesicht ist ganz taub.

Und dann auch noch das hier. Ich glaub's hackt.

Mit Bestimmtheit drücke ich Toshiya beiseite, der sich wie aus heiterem Himmel aus seiner Ecke und von seinem Platz gestohlen hat, um sich dreist wie er ist, zwischen mich und Kaoru zu drängeln.

"Was zur Hölle wird das denn bitte, wenn es fertig ist?", nuschel ich ihm brummend von der Seite zu, als er sein Hinterteil mit auf meinen Stuhl quetscht.

"Neben Kyo hat man keine Chance zur Geltung zu kommen."

"Das ist mir egal. Pflanz dich woanders hin, das hier ist mein Sitzplatz."

"Jetzt jammer nicht so rum. Kaoru guckt eh nicht zu dir."

"Was soll das denn bitte heißen?!" Im Augenblick fällt es mir schwer meine Stimme leise und gedämpft und dazu noch in einem freundlichen Ton zu halten, bin ich doch eher entsetzt über dieses hundsmiese Verhalten. Wäre aber eher weniger prickelnd, wenn die Fans Wind davon bekommen würden, dass ich mich hier mit Toshiya käbbel. Nachher denkt noch wer, ich will was von dem. Igitt. Ich steh nicht auf Bassisten. Und auf Sänger auch nicht!! Aber das sei hier nur mal so am Rande erwähnt...

Wo war ich? Ach ja, Mr. Zahnspange.

"Gehst du wohl weg!"

Jetzt klaut der mir schon meine Fans. Ich komm nicht mal mehr zum Händeschütteln.

Drei sind einer zu viel und außerdem stinkt Toshiya nach Nivea-Creme. Ich will wieder das schöne, scharfe Aftershave von meinem Kaoru riechen. Och manno!

Von hinten drücken immer mehr Fans nach, halten bei Shinya an, kommen rüber zu Kaoru, landen dann bei der Flachpfeife hier neben mir und stürmen dann direkt weiter zu Kyo. Und was ist mit mir? Ich hab auch Gefühle! Hey, ich bin sogar der Einzige, der diesen Kram hier wirklich gerne macht. Also was zum-?!

Auffällig unauffällig versuche ich den ungebetenen Gast mit dem Po wegzudrücken. Doch Toshiya ist einfach ein stures Biest und Kaoru neben ihm verdreht auch schon merklich die Augen, während die Fans vor uns tuscheln und kichern, bei meiner aussichtslosen Aktion.

Da hilft nur eines. Meine Geheimwaffe! Ich lege mein allerschönstes Strahlen auf und kann einige der Mädchen und sogar ein paar Kerle abwerben, in dem ich ganz einfach beginne vor Energie, Freude und Liebe nur so zu sprühen und zu glitzern und die Fans auf Englisch anzuquatschen. HA, da guckste, ne!

Moment, hat Toshiya da eben die Hand von dem einen Mädchen da gestreichelt und ein Herzchen auf die Autogrammkarte gekrakelt?!

Die Ader an meiner Stirn zuckt gefährlich, als ich meine Empörung kund tun will, weil der ganz offensichtlich mit miesen Tricks arbeitet, um mich auszustechen. Aber Kyo kommt mir zuvor und schneidet mir meine höchstwahrscheinlich sowieso unzusammenhängenden Worte ab, ehe sie meine Lippen verlassen können. "Ein Wettstreit zwischen Idioten kann keinen Gewinner hervor bringen."

"Na besten Dank auch!", motzt Toshiya, grinst dabei aber wie ein Gummihuhn und drückt sich an Kaoru, als gerade eben von einem Fan ein Foto geschossen wird. Das hätte meines sein können!

"Do you want a picture with me and Kaoru too?" Mann, bin ich heute abgebrüht. Nichtmal Nein sagen kann Kaoru da, sonst ist er wieder der böse, griesgrämige Kerl, der Fans Gefallen abschlägt.

"Oh yes! Please!!" Und so eben habe ich ein Fanherz aufblühen lassen, als ich mich vom Stuhl erhebe, neben Kaoru quetsche, mich Wange an Wange an ihn drücke und dabei dämlich fröhlich in die Kamera grinse. Selbst er kann sich irgendwie ein Lächeln abringen und das Mädchen scheint ihr Glück noch gar nicht fassen zu können.

Im gleichen Augenblick kann ich mein Unglück nicht fassen, denn als ich aufstand, hat Toshiya doch wirklich allen Ernstes meinen Stuhl vollkommen beschlagnahmt!

"Hey!"

"Tja, Wegegangen, Platz vergangen."

"Wir sind hier doch nicht im Kindergarten. Da saß ich!"

"Tja."

Boah, hab ich grad Lust unseriös zu sein und ihn mit unfairen Mitteln wegzuekeln. Aber ich bin 34 und keine 13, und außerdem auf einem Meet-and-Greet und darf mich nicht lächerlich machen und auch nicht das Management verärgern. Was ist bloß aus dem guten, alten Rock'n'Roll Business geworden? Bis jetzt hab ich meinen Tonfall immer freundlich gehalten und stets das Lächeln auf meine Lippen gemeißelt, so dass uns auch ja niemand, der nicht Japanisch kann, anmerkt, was hier abgeht.

"Toshiya, bitte. Du sitzt neben Kyo und ich neben Kaoru, das ist so vorgesehen und hatte sicherlich auch wichtige PR-Gründe. Der schüchternde, lieb guckende Drummer am Anfang, die beiden gut aussehenden, coolen Gitarristen neben einander, dann der lebenswichtige Sänger und zum Schluss... der Bassist eben. Und jetzt geh weg!"

"Ihr könnt euch gleich beide vom Acker machen, wenn ihr nicht endlich aufhört, euch um ein dummes Stück Holz mit Beinen zu streiten." Kaoru nickt einem männlichen Fan zu und signiert schwungvoll seine CD.

"Ich will aber nicht am Ende sitzen. Da geh ich völlig unter."

"Aber ich, oder was? Ich bin der Bandschönling, ich muss neben dem coolen Kerl sitzen!"

"Seit wann bist du der Bandschönling?!"

"Boah. Himmel, Arsch und Zwirn. Mach'n Abgang. Spielt Verstecken und findet euch nicht." So wild wie Kaoru mit dem Stift rumfuchtelt, malt er mir auch erstmal schön eine lange schwarze Linie auf meinen Arm - gerade in dem Moment, als ich in eine Handykamera lächele.

"Ach Kaoru!" Ich wende mich zu ihm und sehe ihn beinahe flehend, dabei aber auch schmollend an, lege meinen Hündchenblick auf. "Jetzt komm schon! Was gibt es schöneres als neben mir zu sitzen?"

"Mit einer Nagelpfeile in deinem Herzen rumzustochern."

Zu dumm, dass ich genau jetzt total geistig umnachtet ausschauen muss, als diese Worte seinen Mund verlassen, denn schon wieder blitzt es und ich werde fotografiert. Toll. Heute ist ein schöner Tag. Ironie Ende.

"Schön. Dann geh ich eben, wenn du mich nicht bei dir haben willst." Reden und gleichzeitig meinen Namen schreiben ist kompliziert. Obwohl er nur drei Buchstaben hat... Ahem.

Bewaffnet mit dem Stift in meiner Hand ziehe ich von Dannen, um mich ans Ende der Nahrungskette zu verkrümmeln. Wenigstens sitzt hier jemand auf den ich mich verlassen kann, jemand, der mich auch mag!

"Was willst du denn hier?"

"Auch schön dich zu sehen, Kyo."

Und so verbringe ich die nächste volle Stunde auf dem letzten Platz, lächle, schüttel jede Hand, die mir zu nahe kommt, halte Pläuschchen mit Fans, kriege ein paar schöne Geschenke und sehe einfach nur gut aus für die Kameras.

Kaoru kann mich mal.
 

~*~*~
 

Heute ist ein Auf und Ab Tag. Meine Stimmungsschwankungen sind gruseliger als die einer Schwangeren. Moment, ich bin doch wohl nicht... Nein, geht ja nicht. Bin ja ein Mann.

Was zum Geier-?! Ich werde jetzt nicht wieder davon anfangen, dass ich nur Unsinn denke, weil ich dann zwangsweise nur noch mehr Unsinn denke.

Wirklich, obwohl ich nun sehr geschlaucht bin und leichte bis mittelschwere Hirnüberladung habe von den vielen Eindrücken, hat mir das sehr gut getan. Und allzu lang ist es nun auch nicht mehr hin, bis zum Konzert, bei dem ich meine Seele wieder baumeln lassen kann. Auf das freue ich mich erst recht. Das Highlight meines sonst eher turbulenten Tages. Ich kann es gar nicht mehr erwarten auf der Bühne zu stehen. Ginge es nach mir, könnte es jetzt sofort losgehen.

Und dann würde ich auch mal wieder zu Kaorus Seite schlendern, um ihn noch mehr zu nerven, als ich es heute eh schon getan habe. Man möge es kranke Rache nennen, vielleicht bin ich aber auch einfach nur zu blöde.

Nun hab ich aber Durst. Diesen Backstage-Bereich mag ich nicht; die Wände sind so vollgemalt mit wirren Zeichnungen, dass mir davon ganz schwindlig und schlecht wird. Ich besorge mir eine Flasche Wasser und während ich so daran nippe, verfolge ich das Herumwuseln unserer Vorband, die sich zur Zeit auf ihren Auftritt in einer halben Stunde vorbereitet. In einem Spiegel beäuge ich mein Gesicht, zupfe das lange Haar zurecht. An meine Ohren dringen Fetzen eines Gespräches und amüsiertes Lachen, und als ich mich in den Nachbarraum bewege, finde ich den Bassisten der Vorband, unseren Übersetzer und Kaoru vor. Lässig lehne ich mich an den Türrahmen und lausche; in der Hoffnung vielleicht ein bisschen Englisch aus Kaorus Mund aufschnappen zu können. Seine Aussprache finde ich mehr als nur bezaubernd. Er sollte mal mit mir zusammen üben, dann könnte er bestimmt mehr als nur drei Sätze. Und wenn ich schon mal dabei bin, könnte ich auch gleich noch ein wenig mit meinen Französischkenntnissen prahlen. Okay, ich weiß. Kalauer. Ich höre auf.

"Sänk yuu sooo matsch!"

Jetzt ist erstmal der Tagespunkt an der Reihe, der besagt: zu einer wertlosen Pfütze dahin schmelzen. Da geht mir das kleine Herzchen auf, ich fange an rumzuseufzen wie ein Schulmädchen und beim Klang seiner Stimme die Augen zu schließen. Selbst dafür bleibt keine Zeit. In der Sekunde strömen bereits alle drei Personen aus dem Zimmer heraus und ich muss mich noch beeilen meinen Lieblingsgitarristen am Ärmel seines dunklen T-Shirts zu packen zu kriegen.

"Aaw Kaoru, dein Englisch ist so zuckersüß, dass es kaum auszuhalten ist", klatsche ich ihm meine Kitschstimmung an den Latz und er guckt nur total verdattert, als hätte ich ihm gerade gesagt, dass ich beim MIB arbeite.

"Was?!"

"Dein-"

"Ich hab's gehört."

"Warum fragst du dann?"

"Ist doch egal."

"Warum plötzlich so knatschig?" Verwundert dreinblickend löse ich den Griff um den Stoff seines Shirts, aber lasse ihn dennoch nicht an mir vorbei.

"Ich- Was? Ich bin nicht knatschig."

"Hab ich etwa was Falsches gesagt?" War er nicht noch vor einer Sekunde gut gelaunt? Warum wirkt er jetzt komplett überfordert und als würde er gleich einen Schweißausbruch kriegen?

"Ich... ich werd' gefährlich, wenn ich es will!"

Muss ich nun Angst haben oder darf ich laut los lachen? Ich steh auf dem Schlauch und muss jetzt wirklich lachen. "Ich hab doch nur gesagt, dass ich dein Englisch zuckersüß finde."

Scharf zieht er die Luft durch die Zähne ein und als ich ihn auf den Arm tätscheln will, glotzt er mich schon wieder so bitterböse an, dass sich meine Nackenhaare vor Schreck aufstellen. Da mache ich lieber achselzuckend Platz.

"See you at the show, Kaoru!", rufe ich aber doch noch grinsend hinterher und schlürfe was von meinem Getränk.

"Was auch immer, Die, was auch immer." Und dann ist er verschwunden.

Eigenartiger Kaoru ist eigenartig. Aber ich lasse mir von ihm nicht meine positive Haltung verderben! Somit schlendere ich, von seinem Verhalten nicht im geringsten beeindruckt, herüber zu meinen Bandgefährten.

Mich neben Toshiya an die Wand drückend, klopfe im dem Gitarristen der Vorband kurz auf die Schulter, als ich mich zurücklehne, um der netten Unterhaltung hier beizuwohnen. Nora sieht nur kurz zu mir herüber, übersetzt gleichzeitig etwas für Kyo.

Ich halte nach einer Uhr Ausschau und überlege, ob ich nicht vielleicht noch mal kurz nach draußen gehen sollte, um ein wenig frische Luft zu schnappen. Eigentlich habe ich dazu nicht wirklich so große Lust, weil ich dafür zuerst jemanden finden müsste, der mit mir geht, aber die stickige Luft in den engen Gängen des Backstage-Bereiches macht mich noch ganz plem-plem. Es könnte auch an der Hitze liegen. Das hier ist bereits meine fünfte Flasche, die ich in wenigen Stunden geleert habe. Mein Körper schreit nur so nach Flüssigkeit, wenn es draußen so schwül und heiß ist.

"Sorry wegen vorhin, übrigens", dringt es von der Seite an meine Ohren und ich riskiere einen Blick.

"Hm? Das ist doch jetzt nicht dein Ernst, oder?"

"Schon irgendwie. Ich hab mich kindisch benommen."

"Wow, Toshiya. Gratulation."

"Jetzt fang du nicht auch schon so an!"

Ich blinzele. "Wie fange ich denn an?"

"Na, wie Kaoru."

"Was zum? Hör ich mich etwa-"

"Ja."

"Jetzt hör aber auf. Ich bin nicht so eklig sarkastisch wie Kaoru."

"Stimmt, du bist viel schlimmer."

"Also bitte, ja. Sowas muss ich mir von jemandem mit nur 3 Gehirnzellen mehr als 'ne Scheibe Toast nicht sagen lassen."

"Da!"

"Was?!"

"Du bist sarkastisch."

"Ach, mach 'n Abgan-" Der Rest meines Satzes bleibt mir schmerzvoll in der Kehle hängen. Meine Zunge war zur falschen Zeit am falschen Ort und meine Zähne raspeln hart über sie. Aber das ist mir gerade sowas von egal, denn: Heilige Scheiße! Ich bin wirklich genauso wie Kaoru! Wahre Bände muss mein Gesicht in dieser Sekunde sprechen, denn Toshiya sieht mich nur mit einem 'Ich habs dir doch gesagt'-Stieren an und verzieht seine Lippen zu einer schmalen Linie.

"Sein Verhalten färbt halt ab", protestiere ich. Was für ein erbärmlicher Versuch der Selbstverteidigung.

"Du warst schon immer so."

Während ich noch scharf die Luft durch die Zähne ziehe und händeringend nach Worten suche, rempelt mich Kyo an. ...was wohl einen weiteren blauen Fleck auf meiner makellos-Haut geben wird.

"Huch. 'tschuldigung. Was'n hier schon wieder los?"

"Ich habe Die eben gesagt, dass er auch keinen Deut besser ist als sein verhasster Kaoru."

"Was heißt denn hier bitteschön verhasst? Geht's eigentlich noch?"

Von beiden Seiten werde ich bestarrt, so dass es mir eklig kalt den Rücken runter läuft.

"Jaaa. Schon gut! Dann bin ich eben wie Kaoru. Ist mir doch auch Schnuppe! Ich lass mir nicht die gute Laune verderben. Hier, seht ihr?" Mit dem Zeigefinger deute ich auf das strahlende Supernova-Lächeln in meinem Gesicht. "Eure blöden Sticheleien können mir gar nichts, denn heute ist ein schöner Tag!"

"Ich weiß wirklich nicht, was er nimmt, aber er nimmt eindeutig zu viel davon." Das Kyo es vorzieht mich nicht ernst zu nehmen, ist auch keine Neuigkeit mehr. Mir aber Schnurz, denn ich habe beschlossen, dass alles gut wird, solange ich nur optimistisch denke und mir meine Sonnenscheineinstellung bewahre.

Toshiya zuckt nur mit den Achseln, wobei seine Augen beiläufig verfolgen wie unsere Gesprächsrunde von zwei Leuten verlassen wird. Als sie wieder auf mir ruhen, zieht er eine Schnute. "Schöner Tag also? Na, dann erzähl doch mal was. Du erzählst doch sonst immer so viel." Grinsend boxt er mir in den Oberarm.

Sofort muss ich auch anfangen zu glucksen, denn mir fällt wirklich auf die Schnelle eine lustige Geschichte ein. "Ha, dann sperrt mal eure Lauscher auf! Denn was ihr jetzt hört, ist ulkig. Ihr werdet es mir nicht glauben. Heute Morgen ist so eine komische Hotelfrau vor Kaorus Zimmer in mich hinein gerannt. Keine Ahnung, ob die zu ihm wollte. Jedenfalls hatte sie einen Strauß Blumen mit, den sie mir dann aus irgendeinem unerdenklichen Grund auch gleich in die Hände gedrückt hat. Das war schon wirklich ulkig. Was soll Kaoru denn schon mit Blumen, nicht wahr?" Dümmlich lache ich vor mich hin. Doch dann bleibt es mir regelrecht im Halse stecken.

"Waren bestimmt für Kaorus Freundin."

"Was?" Jetzt hätte ich mir doch haarscharf den Nacken gezerrt, so heftig reiße ich meinen Kopf herum, damit sich meine Augen tief in die eines Roadies bohren können, der wie aus dem Nichts aufgetaucht auf einmal neben uns steht, mich angafft wie ein Auto und dabei grinst wie komplett geistig verstört. Allerdings nicht mehr, als Kyo ihm erbarmungslos den Ellenbogen in die Seite rammt. Danach verlässt nur ein Winseln seinen Mund. Begriffen scheint er trotzallem nichts zu haben. "Na, die Blumen."

"Was? Nein. Moment." Eine Sekunde, in der mir fast mein Herz aus dem Hosenbein kullert, verstreicht qualvoll langsam dahin, und ich versuche Wörter hochzuwürgen, die mir quer in der Kehle hängen geblieben sind. "Was... was für eine Freundin?"

"Na, seine Geliebte halt. Oder... wie war das noch? Sein 'Zuckermäuschen'." Ein zweiter fieser Haken zwischen die Rippen gibt ihm schließlich unmissverständlich zu verstehen, dass er jetzt endlich seine Klappe zu halten hat. Und bevor er noch einen weiteren kassiert, flüchtet er lieber leise fluchend vor Kyo.

Nur am Rande nehme ich das wahr, schlucke schwer. "Freundin..."

Kyo und Toshiya sind plötzlich ganz still geworden. Zugenähte Münder und betretene Blicke, die die meinen scheuen. Ziellos wandert mein Augenpaar im Raum umher. Drohe Orientierung und Gleichgewichtssinn zu verlieren; mir ist ganz schwummrig. "Freundin...", krächze ich nur wieder als würde ich eine Zauberformel murmeln. Dabei erreicht das Wort nichtmals mein Hirn. Die Gehirnströme zucken nur, sprühen kleine leuchtende Funken. Dann, endlich, erwache ich aus meinem Trance ähnlichen Zustand. Zum Leidwesen von Kyo und Toshiya und ihren dazugehörigen Ohren.

"Kaoru hat eine Freundin?!", platzt es aus mir heraus. Mein Herz, wie ein Vulkan vor dem Ausbruch, beginnt zu zittern. Und ich wünschte wirklich sehr, ich könnte meine Stimme kontrollieren. Wenigstens nur ein bisschen. Doch ich kann mich einfach nicht beherrschen. Wie automatisch werde ich laut. Als hätte man einen Schalter in meinem Kopf umgelegt. Wie als hätte man einen Knopf gedrückt. Den Selbstzerstörungsknopf. Am liebsten würde ich laut losbrüllen, meine Lungen wund schreien, so sehr ist es in mir am brodeln und kochen. Regelrecht in Flammen gehe ich auf. In mir staut sich Gewaltiges auf, türmt sich hoch und immer höher.

"Ähm, ja", erwidert Toshiya.

Kyo schweigt bloß.

"Was zum? Und wann zum Henker hattet ihr vor mir das zu sagen?!" Meine Wut brennt sich lodernd durch meine Venen. Mit jedem Lidschlag werde ich umso wütender. Aus meinen Ohren pfeift bestimmt schon der Dampf. Ich muss mich so zurückhalten, um dem Zorn, der durch mich strömt wie glühendes Magma, am ausbrechen zu hindern. Alle Sicherungen drohen mit brachialem Getöse einfach rauszuspringen.

"...nie?", fließt das Wort über Kyos Lippen.

Dem Ausraster so nahe, sprudelt alles, was sich seit Tagen in mir aufgestaut hat, mit ungeheurer Kraft, die ich selbst, wenn ich es wollte, nicht beherrschen könnte, heraus. "Das ist ja wohl die absolute Höhe! Was zum Teufel?! Ich glaub's nicht! Meine eigenen Freunde kriegen das verfluchte Maul nicht auf und verweigern mir sogar die kleinste Information!"

"Jetzt komm mal wieder runter."

"Runterkommen? Ich soll runterkommen?!"

"Ja, Gott verdammt nochmal. Du führst dich auf wie ein Kleinkind."

Die Arme rumschleudernd, schenke ich der Umwelt überhaupt keine Beachtung mehr. "Ich check's nicht! Wie zur Hölle konntet ihr mir das nur verschweigen? Wieso habt ihr mir das nicht gesagt? Ihr seid meine Freunde, verdammt. Und ich erfahre das dann von irgendsoeinem Kasper, der zum Staff gehört. Woher weiß der das überhaupt?! Und... Was zum verfickten Teufel?!"

Wie Toshiya nur unglaublich ruhig bleiben kann, während ich ihm am liebsten meine geballte Faust ins Gesicht donnern will, ist mir ein Rätsel. "Ach, jetzt tu nicht so, als würde das irgendwas an der Tatsache ändern, dass Kaoru sich 'nen Scheißdreck darum schert, was du fühlst. Außerdem macht das hier schon seit 'ner Weile die Runde und mittlerweile haben das alle gehört, selbst die, die für den Merch-Bereich zuständig sind."

Hart zerbeiße ich meine Unterlippe und fauche ihn fuchsteufelswild an. "Es ändert aber was an der Tatsache, dass ich die ganze Zeit dachte, er wäre wieder solo!"

"Die..."

"Nichts 'Die'! Ich begreif das einfach nicht! Wie könnt ihr bloß so herzlos sein? Dass ihr nicht einmal ein Sterbenswörtchen von euch gegeben habt! Dass ihr euch nicht was schämt! Und sowas schimpft sich meine Freunde."

"Wir haben es dir nicht gesagt, weil es dich nur noch unglücklicher gemacht hätte."

"Und weil wir uns keinen Gitarristen leisten können, der permanent geistig abwesend ist."

Funkelnd stiere ich Toshiya an, als könnte ihn mein Blick allein erwürgen. "Willst du mir damit etwa unterstellen, ich wäre nicht professionell genug, um mein privates Leben und meine Arbeit von einander zu trennen?"

"Ich sage ja nur, dass du dich nicht davon ablenken lassen solltest, was sich zwischen dir und Kaoru abspielt. Oder eben nicht abspielt."

"Die... Wir haben es doch nur gut gemeint." Beschwichtigend will mir Kyo die Hand auf die Schulter legen, doch ich weiche einen Schritt zurück und beiße weiter auf meine bereits ganz blutige Lippe. In dieser Sekunde weiß ich, er meint es so, meint es nur gut. Und ich weiß ebenfalls wie bescheuert und unvernünftig ich mich verhalte. Aber mein Herz kann es nicht akzeptieren, kann das nicht dulden, will es nicht verstehen, weigert sich. Es kommt mir vor wie Verrat. Es ist Verrat. Der Zorn kreischt es in mir in meine Ohren, bis ich ganz taub davon bin und nur noch schwanke.

"Diese ganze... Diskussion ist mir im Grunde reichlich egal...", presse ich hervor, benebelt von meinen Gefühlen, die mich übermannen. Ich reagiere unlogisch. Das ist mir bewusst. Es ist mir egal. "Viel mehr beschäftigt mich die Sache mit seiner Freundin und... ich glaube..." Mir ist so kotzelend auf einmal, ich kann es nicht erklären. "Ich muss das jetzt erst einmal verdauen... Entschuldigt mich bitte."

Hier will ich keinen Moment länger stehen. Weg. Nur weg hier. Bevor ich noch mehr sage, was ich später nur bereue. Ich wirble herum, bin bereits einige Meter davon getaumelt, da drehe mich noch einmal um. Bitterer Unterton klingt in meiner Stimme mit. "Und Toshiya. Keine Sorge, das wird sich nicht auf meine Arbeit auswirken."
 

~*~*~
 

Liebes Universum, ich hasse dich.

Gaga. Lungenbedürfnis. Muss eine rauchen. Suche Kippen in meinen Taschen, finde keine.

Bordcomputer überlastet.

Mein Körper fühlt sich an, als würde er der Belastung, die ich ihm tagein, tagaus zumute, nicht mehr lange standhalten.

Es ist bloß ein kleiner Tropfen, doch er platscht scheppernd in das bis zum Rand gefüllte Fass und bringt alles zum Überschwappen. Würde mich nicht wundern, wenn ich jetzt gleich hier im Gang zusammenbreche.

Geht aber nicht. Das Konzert ist in weniger Zeit. Und da vorne bei den Aufzügen steht Kaoru.

Niemanden will ich jetzt weniger sehen. Als unsere Blicke sich treffen, schlägt ein Blitz in meinen Schädel ein, der mich für einen Augenaufschlag nur noch schwarz sehen lässt. Für eine verfluchte Sekunde wünschte ich sogar, er würde nicht existieren. Eine weitere hasse ich mich dafür, sowas überhaupt zu denken. Ohrfeigen will ich mich. Mir selber wehtun. Der Eisenpflock in meiner Seele... ich ertrag ihn nicht mehr. Alles tut weh.

Was ist nur los mit mir?

Wo ist meine positive Einstellung?

Wo ist die gute Laune?

Wo ist das Lächeln?

Gelogen. Alles davon.

Vorgegaukelt, erfunden, Spinnerei.

Freundin.

Freundin... War ja klar, dass einer wie Kaoru nicht Dauersingel bleibt.

Und jetzt springt auch der riesiger Scheinwerfer über meinem Haupt an und alles erstrahlt urplötzlich in glasklarem, blendenden Licht. Deswegen ist er so durch den Wind. Da hängt wohl der Haussegen schief. Und seinen Unmut lässt er tagtäglich an mir aus.

Ich sollte jetzt Mitleid haben, nicht wahr? Aber nein, es freut mich. Je mehr Krach da ist, je verzweifelter Kaoru ist, je mehr es an ihm nagt, desto höher die Chance, dass es auseinander bricht. Und nein, es trifft nicht auf mich zu, dass ich sagen kann 'Wenn er glücklich ist, bin ich es auch.' Ich bin nun mal so egoistisch. Ich will ihn. Niemand anderes soll ihn haben. Und er soll sich nicht zu einer anderen Person hingezogen fühlen.

Nur, weil da plötzlich noch eine Frau im Spiel aufgetaucht ist, werde ich jetzt keinen Rückzieher machen. Nein, niemals. Nicht nach all der Zeit, die ich investiert habe! Nicht nach all der Folter, die ich durchlitten habe.

Doch wenn ich so nach ihm in den Aufzug steige - da meine Füße mich gegen meinen Willen hinterher gezwungen haben - wenn ich so neben ihm hier stehe und wir nach oben fahren, dann habe ich nichtmals den blassesten Schimmer wie ich mich überhaupt verhalten soll. Ganz normal, du Hohlbirne, höre ich wie mein Verstand sich aus dem Urlaub zurückmeldet. Leichter gedacht, als in die Tat umgesetzt.

"Wir gehen doch heute Abend alle gemeinsam einen Trinken." Ungefragt bewegen sich meine Lippen, ohne dass ich es verhindern kann. Jemand anderes steuert meinen Körper, als hinge ich an dünnen, unsichtbaren Fäden. "Ich hoffe doch sehr, du kommst auch mit."

"Sicherlich."

"Und dann lässte dich mal so richtig volllaufen!" Das sollte wohl fröhlich, optimistisch klingen, doch mein Zorn verseucht selbst diesen Satz mit Bitterkeit.

"Hab ich denn einen Grund dazu?"

"Na, natürlich. Du hast doch Krach mit deiner Liebsten." Oh Gott. Hab ich das gerade wirklich gesagt? Ist das wirklich aus meinem Mund gekommen? Das war meine Stimme. Es hörte sich dennoch nicht nach mir an. Oh mein Gott. Nein. Nein! Zurückspulen. Mach, dass ich das nicht gesagt hab. NEIN.

"Du weißt es also?"

"Aaach, das weiß doch jeder." Ich bin so dumm. Ich will sterben. Ich will nicht so dumm sein. Ich will das nicht. Was mache ich hier?!

"Jeder also?"

"Ja, jeder." Meine Grimasse ist so fürchterlich. Was ist denn bloß in mich gefahren? "Aber falls dich das nun denken lässt, dass du mich auf diese Weise loswerden kannst, dann hast du dich geschnitten. Ganz tief!" Ich beuge mich zu ihm und bohre ihm meinen Zeigefinger ins Schulterblatt. "Ganz tief, Kaoru!"

"Die... Da fährt dein Bus nach Halt's Maul." Er schlägt meine Hand weg und ich winke ab.

"Ist ja schon gut."

Mehr als einen zweifelnden Blick ernte ich dennoch nicht.

"Auf alle Fälle gehen wir heute Nacht nach dem letzten Konzert mal so richtig einen heben, okay?"

"Wenn ich ja sage, hörst du dann damit auf mich so verstörend anzuglotzen?"

Derjenige, der meine Handlungen und Mimik steuert, lässt mich einen Schmollmund ziehen und ich merke wie ich mich langsam in Richtung Türen zu drehen scheine.

"Dann ja", bestätigt Kaoru, als sich der Aufzug öffnet, rückt seine Sonnenbrille zurecht und schreitet ohne zurückzublicken auf und davon. Kühl, gelassen und doch wie als wollte er vor mir fliehen.

Kaum, dass sich die Türen wieder rappelnd geschlossen haben, zerspringt der dunkle Bann, der über mir lag, in tausend Teile und mir reißt es die Beine weg. Meine Faust schlägt hart gegen die Metallwand. Ich keuche, berühre meine Stirn. Sie glüht. Fast verbrenne ich mir meine Finger daran. Wie wild dröhnt der Wasserfall aus Blut gegen mein Trommelfell.

Ja, auf meinem Herzen, da ist ein Knopf. Darauf steht in dicken, leuchten Buchstaben geschrieben: Bitte drücken Sie hier zur Selbstzerstörung.'

Ich habe gerade selbst mit voller Wucht draufgeschlagen.
 


 


 


 

____________

To be (or not to be) continued.



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Kommentare zu diesem Kapitel (14)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  _Anna_Lisa_
2010-01-21T17:18:30+00:00 21.01.2010 18:18
Oh je... Dieses Kappi hat mich meinem Emodasein einen Schritt näher gebracht...xD Meine Fresse, so wie du Dies Gedankengänge beschreibst werd ich total malle im Kopf, so gut kann ich mich in ihn hineinversetzen...^^ Ich mag den Sarkasmus zwischendrinn.=) Aber Kaoru mag ich garnicht...xD Die dafür umso mehr...^^ Und ich beende immer noch jeden Satz mit drei Punkten...@.@ xD
Von: abgemeldet
2010-01-15T03:11:35+00:00 15.01.2010 04:11
DIE!!!!*sterb*
Oh Gott der tut mir ja so leid.
X_X'''
Ja ja, das leist du hier sicherlich in jedem Comment, aber... DIE!!!!
Oh man ich steiger mich da grad voll rein.
Und eigentlich muss ich morgen/heute (in 2 stunden) früh raus.-__-''
Aber ich kann nicht aufhören!!!
Von:  Elena_Jenkins
2009-01-02T22:27:25+00:00 02.01.2009 23:27
*gleich heulen muss*
Oh man, Dai tut mir ja sooo unendlich leid, is schon hat die Liebe was?!
Und das verhalten Kaos is ja auch echt voll Laterne oder?! Ich find das einfach nur fies, könnte ja ruhig etwas netter sein, in meinen Augen echt ein A********, ganz ehrlich mal.
Ich bin schon voll gespannt aufs nächste Kapi, also schön weiter schreiben

gvlG
Dai
Von:  Katha007
2009-01-02T17:26:06+00:00 02.01.2009 18:26
Ich bin total geknickt!
Armer Dai...
Ständig versucht er glücklich zu sein und bekommt ständig einen verbraten... außerdem kommt es so rüber als wenn er ganz alleine wäre und auch seine Bandkollegen ihn für den letzten Idioten halten, für den er sich ja selbst auch schon hält!
Bewundernswert wie er nicht depressiv wird.... obwohl er glaube ich gut dabei ist!
Gemeinheit dass die anderen ihm verschwiegen haben dass Kaoru liiert ist, auch Kaoru selbst...
*pfft*
Gemeinheit!
Von: abgemeldet
2008-12-30T12:02:50+00:00 30.12.2008 13:02
Der Anfang war total traurig, wie Dai seine Sicht der Dinge so genau beschreibt und schildert.
Da tat er mir so unheimlich Leid~
T____T
*Dai pattet*

Kyo ist auch so genial,beim Meet-and-Greet!
xD
Ich mag den Kleinen und seine Kommentare!!
*g*
Und Kao ist halt so wie immer:
Einfach nur der Beste~
Aber das er eine Freundin hat...ach~
Armer Dai~
uu

Naja~
Hoffentlich kommt das Neue Kap. bald~
ich freu mich schon sehr darauf!
Lg Magic-Pie~

Von:  Li-chi
2008-12-29T20:03:19+00:00 29.12.2008 21:03
Ach Die~ XD
An Kao beißt er sich echt die zähne aus~
Ich liebe deinen Humor XD Sarkasmus und Ironie lebe hoch~ XDD
°__°d supa~ XD *bleibt auf dem laufenden*
Von:  GacktJR
2008-12-28T16:10:07+00:00 28.12.2008 17:10
määääh *zappel+
dieses mal nich so lange warten lassen
Von:  Bones86
2008-12-27T21:01:53+00:00 27.12.2008 22:01
och gottchen das arme die
*dröppel*
der gute kann einem wirklich leid tun
ich bin schon gespannt wie es weiter geht, hoffentlich muss man nicht wieder so lange warten XD
das kapitel war auch schön lang, fand ich sehr gut XD
Von:  Angel_of_Thursday
2008-12-27T20:34:42+00:00 27.12.2008 21:34
Oooh...der arme Die... Das Kapi is voll fies...
Aber..
Mir gefällts!!xD
Geilo geschrieben wie immer!!^^
WEITER SOU!!<3
Von: abgemeldet
2008-12-27T20:07:32+00:00 27.12.2008 21:07
der arme Dai
er tut mir wirklich leid
Kao is wirklich n kleines Arsch >,<

aber trotzdem liebe ich diese FF<333
Die Kindergartensituation zwischen Dai und Toshi war einfach zu lustig
*kicher*

bin gespannt wies weitergeht^^


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