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Liebe macht blind

Die & Kaoru
von

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Genauer betrachtet.

Kommentar: Okay, ich hab eigentlich nicht viel vorab zu sagen, außer: Viel Spaß beim Lesen!
 


 


 

Wenn der Tag anbricht, dann werde ich erwachen. Im selben Körper, in dem ich am Vorabend eingeschlafen bin.

Ich kehre sicherlich hierhin zurück. An den einzigen Ausgang des Traumes.
 

Der Morgen hängt noch müde über der Stadt, als ich die frische Luft von draußen in mein Hotelzimmer lasse. Ein heller Dunstschleier schwebt wie ein farbloses Seidentuch über den Gebäuden, schlängelt sich durch die Gassen.

Ich kenne den Namen dieser Stadt nicht. Er wurde mir gesagt, doch ich habe vergessen wie man ihn ausspricht.

Vom grellen Sonnenlicht geblendet, blinzele ich von meinem geöffneten Fenster aus hinunter über die Szenerie, die sich mir in dieser Frühe darbietet. Obwohl die Sonnenstrahlen jede einzelne Kontur der Gemäuer und Vegetation nachziehen wie die Linien eines wertvollen Gemäldes, so wirkt das Gesamtbild doch kahl und trostlos, trüb und düster. Wie eine obskure Welt...

Genau hier, vor meinen noch schlaftrunkenen Augen, bemerke ich es zum allerersten Mal.

Wenn er es wünscht, dann werden die Zeiger dieser verstaubten Uhr wieder zu ticken beginnen.

Er kennt bestimmt alle Arten von Gefühlen... Auch meine kennt er. Er hat sie gesehen, ich hab sie ihm gezeigt. Nicht nur einmal, aber stets vergebens. Er schließt seine Augen und wendet sich ab. Ja, er kennt sie, doch erkennen kann er sie nicht. Und seine Lippen bleiben geschlossen, seine Kehle bringt kein Wort hervor und sein Herz bleibt auf ewig stumm.

Mal scheint es, als würde er sein Herz aufschließen, jedoch nur, um mir kurz darauf wieder einmal die Tür vor der Nase zuzuschlagen und sich über mich lustig zu machen. Vielleicht ist das aber auch seine Weise damit umzugehen? Mit mir. Mich zu umgehen.

Obwohl... aus dem Weg geht er mir nicht, es ist vielmehr seine verdammte Nähe, die mich langsam aber sicher um den Verstand bringt. Er ist überall, er umgibt mich. Ich kann ihm einfach nicht entkommen. Es ist ganz egal, wohin ich renne. Am Ende jeder Straße ist doch immer wieder er.

Er zieht keine Grenze, aber macht sie dennoch unübersehbar klar. Bis hier hin und nicht weiter. Und genau das meine ich mit 'Tür'.
 

Oh Mann, es ist noch viel zu früh, um seine Zeit wieder mit sinnlosem Nachdenken zu vergeuden. Erneut darüber zu brüten, in was ich mich bloß in meinem Leben hineinbucksiert habe. Meine wirren Gedankengänge versteht ohnehin gerade niemand, oder? Das Hirn zu betäuben wäre eine gute Lösung, doch auch für Alkohol ist es bei Weitem noch zu früh. Obwohl... Nein. Lieber nicht. Ich wollte doch weniger trinken. Okay, ich wollte auch schon seit Jahren aufhören zu rauchen und hab es dann doch nicht mal versucht, aber... Rede ich mich hier um Kopf und Kragen?

Ist ja auch egal.

Fakt ist, ich bin in aller Herrgottsfrühe aufgestanden und stehe nun an meinem sperrangelweit geöffneten Hotelfenster und starre nahezu Löcher in die Atmosphäre, weiß nicht recht, was ich mit mir anfangen soll.

Wohl jeder kennt dieses Gefühl: Man wacht zu den bescheuertsten Zeiten einfach grundlos auf und kann partout kein Auge mehr zudrücken. Und dann ist es eigentlich auch schon viel zu spät, um sich noch mal schlafen zu legen, aber im Grunde auch viel zu früh, um schon auf den Beinen zu sein. Was macht man dann? Was Lesen, Videospiele spielen, Fernseh gucken. Auf nichts davon hab ich auch nur den leisten Funken an Lust.

Auf Kuscheln hätte ich jetzt Lust. Aber nicht mit dem Kissen, das riecht nach ungewaschenen Haaren. Was anderes bietet sich aber leider nicht an. Ich könnte beim Zimmerservice anrufen und mich dann an das Zimmermädchen kleben, wenn es reinkommt. Vorausgesetzt sie ist hübsch.

Hah, das ist doch mal die Idee! Ich wende mich vom Fensterbrett und dem milchigen Sonnenaufgang ab, tippel zum Bett und werfe mich mit dem Bauch zuerst auf die Matratze. Bauchklatscher! Aber es spritzt nicht, sondern das Lattenrost knatscht nur unter der Last meines Körpergewichts ächzend auf. Mit den Fingerspitzen angle ich das Telefon vom kleinen Nachttischschränkchen - beinahe wäre es mir noch runtergefallen - und die komische Karte, die daneben liegt, gleich mit.

Mal schauen... Drücken Sie bitte die 1, wenn Sie ärztliche Hilfe brauchen. ...HAHA. Ich lach später. Drücken Sie bitte die 2, wenn Sie mit dem Zimmerservice verbunden werden wollen. Ja, genau, das will ich. ZWEI!! Mein Finger bohrt sich quasi in die wehrlose Taste hinein, dann halte ich schnell den Hörer an mein Ohr und lausche eine Weile dem unerhört nervtötenden Tuten. Geh ran, geh ran, geh ran, geh ran! Bin ich hyper? Bin ich hibbelig? Neeein, ich doch nicht.

Ach Manno, warum geht da denn jetzt niemand ran? Ich mach jetzt Telefonterror. Irgendwann muss da doch mal jemand abnehmen. Hier in dem Heft steht 24-Stunden-Service. Ist wohl grad die 25. Stunde.

Oh, es klackt und knistert auf der anderen Seite und das Gespräch wird angenommen. Ich freu mich! Gleich kommt mein Zimmermädchen! Was sag ich denn nur? 'Hallo Zimmerservice, einmal heißes Zimmermädchen zum hier Vernaschen, bitte. Hrhrhr.'?

Seltsam, warum meldet sich denn keiner? Nur ein genervtes Brummen dringt aus dem Hörer. An irgendetwas erinnert mich das. "Hallo? Ist da der Zimmerservice?"

"Nein. Ist da das Irrenhaus?"

War das da gerade Kaorus Stimme? Ich träum doch noch, oder? Das ist doch im Grunde unmöglich. Was macht Kaoru beim Hotelpersonal? Gab es da Eiscreme umsonst? Hat der sich einen Nebenjob gesucht? Aber um die Zeit? Nee. Häh?

Oh.

Scheiße.

Ich halte ja gar nicht das Hoteltelefon in meiner Hand. Wie zum Henker kommt denn mein Handy in meiner Finger?! Wo kommt das her?! Hilfe, mein Handy kann sich teleportieren.

"Die...", faucht es mir nuschelnd vom anderen Ende der Leitung entgegen. "Wenn du nicht einen verdammt guten Grund hast... um mich mitten in der Nacht aus meinem wohlverdienten Schlaf zu reißen... kannst du was erleben...!"

Selbst im Halbschlaf klingt diese Drohung furchteinflößend und mir gefriert das Blut buchstäblich in den Adern. Er denkt doch bestimmt, dies ist bloß ein Telefonstreich. Aber ich bin doch keine 16 mehr. Dass ich mich im Telefon vergriffen habe, glaubt der mir nie.

"Sorry. Ich... ich hab mich verwählt." Der dicke, eklige Kloß in meinem Hals lässt sich nur mit Mühe herunterwürgen.

Ein Röcheln kommt aus dem Hörer. Seine Stimme gleicht mehr und mehr der des Paten. "Mach das noch einmal... und du wachst mit einem Schlauch in der Nase wieder auf."

Es klackt wieder, es tutet. Aufgelegt.

Ja, ich verdiene den Award für Debilität. Jedes Jahr wieder aufs Neue. Aber... ich lebe noch!

Vorsichtig lege ich das Handy wieder beiseite. Gerade noch mal Glück gehabt. Man sollte sich davor hüten, Kaoru morgens auf dem falschen Fuß zu erwischen. Blöd geweckt kann der einem den ganzen Morgen zu muffeln. Und einem grummeligen Kaoru will niemand wirklich über den Weg laufen. Es war aber wirklich nur ein Versehen, dass ich mit einem Mal ihn an der Strippe hatte. Ich war so besessen von dem Gedanken gleich jemanden zum Kuscheln zu kriegen.

Naja, wo ich Kaoru schon mal am Apparat hatte, hätte ich ihn ja auch mal fragen können, ob ich zu ihm rüber und unter seine Decke schlüpfen darf, mit ihm in seiner Penntüte kuscheln, in die er sich nachts immer einrollt.

Aber dann hätte ich jetzt wirklich einen Schlauch in der Nase.

Ich seufze schwer. Ich mache alles falsch. So läuft das die ganze Zeit. Langsam frage ich mich wirklich, ob ich nicht vielleicht verflucht bin. Jedenfalls wäre das für alle meine Missgeschicke die logische Erklärung, die mir bis jetzt immer noch fehlt.

Ich schnippe das Handy an. Es macht eine halbe Drehung auf der Bettdecke. Ich greife es wieder ganz, nehme es in die Hand und drücke wieder die Zwei. Kaorus Nummer ist dort eingespeichert. Was für ein Zufall. Warum er nur auf der Zwei ist? Nummer Eins ist bereits vergeben, da ist meine Mama.

Meine Fingerkuppen streichen über das kalte Display, über die Lettern, seinen Namen. Kaoru.

Ich seufze erneut. Seinetwegen bin ich zum Hyper-Emo mutiert. (Oder digitiert?) Ja, das ist alles nur seine Schuld! Soll bloß weggehen, der. Der macht mich noch mal ganz meschugge mit seinem abweisendem Verhalten.

Es ist wirklich schwer zu übersehen, dass ich Hals über Kopf verliebt bin. Leider kann ich diese Gefühle nur schwer zurückhalten und sie in mir verstecken. Obwohl genau das angebracht wäre. Doch sie drängen immer wieder aus mir heraus, besonders, wenn ich unentwegt die kalte Schulter zu spüren kriege. Kaoru ist ein Stein. Ich beiße mir die Zähne an ihm aus. Ich will nicht sagen, dass er gefühlskalt ist - nein, das ist er ganz bestimmt nicht - aber er hat diese spezielle Art, die mich gnadenlos wissen lässt, dass ich keine Chance bei ihm hab. Selbst seine bitterbösen Bemerkungen sind nicht wirklich ernst gemeint, dienen nur seinem eigenen Schutz, so dass er nicht daran denken muss, was ich für ihn empfinde. Trotzdem tut es weh, wenn er mir diese abwertenden Bemerkungen ins Gesicht wirft.

Auch wenn ich gelernt habe es hinzunehmen, wie es ist, habe ich noch nicht aufgegeben. Ich stürze oft, schlage mir die Knie auf, kriege blaue Flecken, manchmal Prellungen und Knochenbrüche, doch ich stehe immer wieder auf.

Da sind Momente, da kann ich in seinen Augen lesen. Da sehe ich etwas, etwas das glitzert, wenn er mit mir redet, wenn wir alleine sind, gemeinsam lachen, seine Hand wie zufällig auf meiner Schulter landet. Es sind diese Sekunden in meinem Leben, in denen ich Hoffnung schöpfe, neue Kräfte mobilisiere, wieder weiß, warum ich noch nicht aufgegeben habe. Ich weiß, da ist etwas tief in ihm, das sagt 'Ja'. Es ist ein leises, kleines, unsichereres "Ja", das noch nicht so recht weiß, was es von sich selbst halten soll. Doch es ist da und ich will, dass es lauter wird, bis es schließlich frei von Zweifeln ist.

Dass der Weg so lang und steinig sein würde, konnte ich nicht ahnen. Dass es so schwierig ist unter seine harte Schale zu blicken. Dass es so mühselig ist, bis er auftaut.

Ich rolle mich auf die Seite und schließe die Augen. Wie lang geht das jetzt schon so? Zu lang.

Habe mit angesehen, wie Freundinnen kamen und wieder gingen, wie Beziehungen anfingen und oftmals unter Tränen endeten, wie er sich aus Frust in kurze Unmöglichkeiten geflüchtet hat.

Aber was zermatere ich mir hier schon wieder mein Gehirn? Ich muss versuchen noch ein wenig zu schlafen. Auf Tour zu sein ist stressig und Schlaf ist doch gerade an diesen Tagen so wichtig.

Halbherzig ziehe ich die Decke über meinen Kopf. Mir egal, dass ich quer übers ganze Bett liege und meine nackten Füße in der Luft baumeln. Vor meinem Gesicht liegt noch immer das Handy. Wieder drücke ich die Taste. Soll ich ihn noch mal anrufen? Das Risiko ist zu groß, dass er dann wirklich sauer ist. Nur seine Stimme zu hören, würde mir schon genügen...

Vielleicht rufe ich mir doch ein Zimmermädchen. Frust begraben. Oder ich lasse es lieber bleiben. Mal wieder.

Dass ich jemand anderen liebe, heißt nicht, dass ich nicht auch Spaß haben darf. Ohne Sex, ohne Zärtlichkeiten kann ich gar nicht leben. Insofern ist es kein Betrug. Mich in andere Dinge zu stürzen, mich anderen hinzugeben, meine unerwiderten Gefühle auf eine andere Person zu lenken, zu projizieren, nur um zu vermeiden, dass ich irgendwann kaputt gehe von der Ablehnung, die ich erleide... das ist nicht wirklich ein Betrug, oder? Macht es mich unglaubwürdig?

Der kühle Sommerwind weht durch das Fenster herein und kitzelt an meinen Zehen. Ich drücke die Anzeige weg und beiße ins Handy. Blödes Teil. Schmecken tut es auch nicht.
 

~*~*~
 

Ich muss tatsächlich noch einmal eingeschlafen sein, ziemlich fest sogar, denn plötzlich werde ich doch recht harsch aus dem Schlaf gerissen, als ein lautes Schrillen wie das einer Alarmglocke mein Gehör unter Strom setzt. Ich zucke hoch, purzel vor Schreck aus dem Bett und lande unsanft halb auf dem Boden, halb auf meinem Koffer.

"Guten Morgen, Prinzessin."

Kaum, dass ich die Augen aufgerissen habe, verdunkelt sich meine Sicht auch schon wieder. Nach Zigaretten riechender Stoff bedeckt meinen Kopf. Es is meine Jacke, die mir rücksichtslos ins Gesicht geschleudert wird.

Murmelnd, gleichzeitig murrend, klaube ich das von meinem Kopf, was mein Haar noch mehr zerzaust als es ohnehin ist. Muss man mich eigentlich so unsanft wecken? Da steht der doch allen Ernstes um 8 Uhr vor meinem Bett und hält mir sein Handy mit dem Weckton auf voller Lautstärke ans Ohr. Krank?! Ein Wunder, dass ich jetzt nicht taub bin.

Meine Hand grapscht nach seinem Hosenbein, erwischt die Jeans und schafft es sogar ihn näher zu ziehen und ihn ein bisschen ins Schwanken zu bringen. Viel rutscht seine Hose dabei aber leider nicht herunter. Er schnürrt sie immer so fest mit dem Gürtel zu.

"Hey! Loslassen!" Unbarmherzig packt seine Hand meine und zerrt sie wieder weg, was ich glatt mit einem weiteren Murren quittiere. "Aufstehen jetzt oder willst du den ganzen Tag da auf dem Boden liegen?"

Fiesling. Ich wünsche mir zwar oft, dass er das erste ist, was ich sehe, wenn ich aufwache, aber SO hab ich das doch nicht gemeint! Höchstwahrscheinlich ist das hier nun auch meine Strafe dafür, dass ich ihn vorhin aus purem Versehen aus dem Schlaf geklingelt hab.

"Manno... Kaoru, es ist 8 Uhr! Unser Bus fährt erst in 'ner Stunde." Ich krabble zurück aufs Bett. Ist unbequem da unten.

"Du musst aber noch dein Zeug einpacken und dich fertig machen. So dreckig, stinkig und ungeduscht kommst du mir nicht in den Tourbus."

"Dann setz dich halt woanders hin." Unverschämtheit mich dreckig zu nennen. Nur meine Haare sehen leicht angeklatscht aus, aber ich war halt gestern nach dem Konzert einfach zu platt, um mir auch noch die Haare zu waschen und sie dann zu föhnen.

"Aufs Dach kann ich mich schlecht setzen." Er scheint in meinem Zimmer auf und ab zu gehen, schließt nebenbei das Fenster. Sehen kann ich das nicht, weil ich meine Augenlider schon wieder an meine Wangen getackert habe.

"Jetzt steh auf und geh duschen!" Versucht der gerade meine Füße zu kitzeln?

"Nur, wenn du mitkommst!"

"Friss Seife."

"Dann geh ich nicht."

Ein frustrierter und entnervter Seufzer dringt aus seinem Mund, während er am Bettende Platz nimmt. Das Bett senkt sich leicht und ich drehe mich herum, schlage die Augen wieder auf, weil er genau in dieser Sekunde etwas sagt, was meine Welt von innen nach außen krempelt. "Okay, Die. Ich geh mit dir duschen."

Spinn ich jetzt? Dreh ich völlig ab? Schlaf ich immer noch? Bin ich auf Drogen? Oder schlimmer noch, meint er das ernst?!

Ich huste, ersticke fast. Hab vergessen zu atmen. Mein Herz schlägt schief und versucht meinen Brustkorb zu zertrümmern, indem es immer wieder hart, heftig und schnell dagegen kracht. Ich weiß grad gar nicht, wohin mit mir und was ich zuerst denken soll, da steht er schon auf und grinst mich an mit einem der schönsten Grinsen, die ich je bei ihm gesehen habe. Ich träume. Ich muss träumen.

"...warum hast du deine Klamotten noch an?"

Weil ich mich heute in der Frühe wieder vollständig angekleidet hab?! dsa;hmsqnajk?

"Gut, ich zähle jetzt bis 3 und dann bist du ausgezogen."

Was zum Teufel? Wirklich jetzt? Im Ernst? Oh Gott. Ich kann mich nicht bewegen. Perplex. Paralysiert. Körper! Reagiere! Ausziehen! Entkleiden! Nackig machen! Das kannst du doch sonst so gut!! Klamotten von Leibern reißen in Weltrekordszeit.

"Eins."

Warum ist das gottverdammte T-Shirt so eng, dass es nicht über meine Schultern passt?

"Zwei."

Wo geht die dumme Hose auf?!

"Drei."

Warum klemmt der beknackte Reißverschluss?! Argh!

"Tja, zu spät."

Wie jetzt?!

"Tut mir leid."

Warum macht er jetzt kehrt? Wo geht er hin? Wo will er hin, verdammt! Ich häng hier doch noch so halb in der Hose zwar, aber ich... ich... kann auch so...! In die Dusche mein ich... Ich...!

"Ich geh dann mal. Tschüss."

"Kao...!" Doch er verschwindet aus dem Zimmer, verschwindet hinter der verschlossen Tür, die laut ins Schloss gekracht ist, und lässt mich taumelnd mit einem Bein in der Hose, einer halbherzig runtergezogenen Boxershorts einfach zurück. "...ru."

Ich fühl mich blöd. Verarscht. Er hat mich reingelegt. Er hat mich tatsächlich aufs Korn genommen. Und ich habe es nicht mal gemerkt. Ich bin voll drauf reingefallen. So eine verfluchte...! Hnnn.

Wütend schüttel ich die Jeans von meinem Fuß. In den Arsch könnte ich mir beißen. Dass ich auch noch so zurückgeblieben bin, so leichtgläubig, dass er wirklich mit mir duschen gehen würde, dass er einen so plötzlichen Sinneswandel hat. Bin ich eigentlich wirklich so hohl?

Ja, verdammt.

Schnaufend stapfe ich im Zimmer herum. Komme mir vor wie Falschgeld. Das ging eben alles so furchtbar schnell, so Schlag auf Schlag, dass es mir vollkommen surreal vorkommt. Keine Ahnung, warum ich überhaupt auf seine Worte reagiert habe. Sowas nennt man in Fachkreisen wohl Kurzschlussreaktion. Ausgelöst wohl von meinem ungestillten Drang nach Zuwendung.

Nachdem ich zwanzigmal kreuz und quer durchs Zimmer gelatscht bin, mir dabei nur die nackten Füße am Teppich aufgescheuert habe, bleibe ich an der Wand stehen und schlage mir die Stirn daran ein. Hilft auch nicht das ungeschehen zu machen, was sich hier eben abgespielt hat.

Toll, ganz toll. Ich hab mich zum Affen gemacht. Und Kaoru? Der lacht sich jetzt eins ins Fäustchen. Ja, alles wie immer. Er lehnt mich ab, spielt alles herunter, schubst mich immer wieder weg. So langsam hat er höchstwahrscheinlich Gefallen daran gefunden. Es ist ja auch einfach. Er macht es sich einfach, denn schließlich muss er ja nicht über richtig oder falsch entscheiden. Seiner Ansicht zufolge gibt es nicht mal die Frage, warum sollte es also ein Ja oder ein Nein geben? Ganz egal, ob ich genau eben dieses kleine "Ja" manchmal in seinen Augen sehen kann. Für ihn gibt es sie schlichtweg einfach nicht.

Natürlich, um auf meine alter Leier zurückzukommen, setze ich keinen von uns unter Druck. Überzeugen will ich ihn nicht, ich möchte, dass er von allein zu mir kommt. Und vielleicht ist genau das der springende Punkt. Er kommt nicht von allein. Also mache ich Anspielungen. Was ich dann zurückkriege, ist eben das hier. Er lockt mich an und bamm, krieg ich wieder einen vor den Latz geknallt. Schon irgendwie ernüchternd.

Voller Missmut schleppe ich mich eben wie immer allein unter die Dusche. Denke einfach nicht darüber nach, dass ich einmal mehr blindlings ins Fettnäpfchen gestolpert bin. Bin und bleibe eben ein blauäugiger Trottel.
 

~*~*~
 

Es ist kalt in der Lobby des Hotels. Die Eingangshalle ist gut klimatisiert. Das muss sie auch sein, denn es ist Hochsommer und so abartig heiß draußen, dass man glaubt zu verbrühen unter der sengenden Sonne. Hurra, Erderwärmung. Der Schweiß steht einem nach ein paar Sekunden schon auf der Stirn, man fühlt sich wie in der Sahara; und Gnade dem, der kein Deo hat. Oder dem, der neben einem im Tourbus sitzen muss, der kein Deo kennt. Trotzdem stört es mich zur Zeit, dass es hier so kühl ist. Frisch und zugig. Ich stehe auch viel zu dicht an der Tür, wo die Luftströme am schlimmsten sind.

Warum warte ich mich hier jetzt dumm und dämlich?

Da beeile ich mich schon so, dass ich fertig und gestriegelt bin und nur noch in den Bus hüpfen muss und dann passiert einfach nichts. Wie bestellt und nicht abgeholt stehe ich mir die Fußsohlen platt. Nicht mal die Haare hab ich mir geföhnt, weil mir sonst die Zeit davongelaufen wäre. Wehe, ich kriege jetzt für nichts und wieder nichts eine Erkältung. Die würde mir zu allem Überfluss gerade noch fehlen.

Kyo trödelt natürlich mal wieder rum. Den interessiert es eh nicht, ob Kaoru wieder den Motzkeks raushängen lässt und sich erst mal minutenlang über Unpünktlichkeit auslässt und rummeckert wie eine angestochene Bergziege. Bin ja nur ich, der neben ihm sitzt. Beinahe hätte ich gesagt 'neben ihm sitzen muss', aber ich mag es ja gerne neben ihm zu sein. Und manchmal, wenn ich Glück habe und wir noch mitten in der Nacht unterwegs sind, da landet sein Kopf auch mal auf meiner Schulter. Leider brabbelt er dabei meistens nur irgendwas von Eiscreme, anstatt meinen Namen zu nuscheln. Dennoch kann ich mich dann nicht bewegen, bin nahezu erstarrt. Bis er wieder aufwacht, verschlafen dreinblickt und alles wieder so ist wie vorher. Als wäre nie was gewesen. Ich glaube, er kriegt das selber gar nicht mit, was er da eigentlich anstellt.

Ich schweife schamlos ab.

Während ich etwas verloren vor mich hindümple, frage ich mich, ob das heute noch mal was wird oder nicht. Meine Sachen befinden sich schon längst im Tourbus, so wie Toshiya und Shinya, die bereits vor mir nun endlos lang her erscheinenden Minuten ebenfalls in diesem verschwunden sind. Einzig und allein Kaoru habe ich seit dem brutalen Weckruf nicht mehr zu Gesicht bekommen. Erst dachte ich, er wäre schon im Bus, als ich meinen Koffer neben den seinen in den Stauraum des Fahrzeugs verfrachtet habe. Aber keine Spur von ihm. Zum Suchen bin ich doch viel zu faul und genau jetzt übermannt mich ein wenig die Müdigkeit, als ich etwas zu frösteln beginne. Ist wirklich recht frisch hier.

Plötzlich höre ich jemanden meinen Namen rufen. Er schallt mehrmals laut durch die große Halle und reißt mich aus meinen ohnehin wirren Gedanken. Ich blicke auf und erspähe den verschollenen Kaoru an den Aufzügen wie er mit einer Hand seltsame winkende Bewegungen macht, die mir wohl signalisieren sollen, näher zu kommen.

Seinen anderen Arm bewegt er überhaupt nicht. Heute Morgen, so hat mir Toshiya vorhin schon lang und breit erklärt, wäre Kaoru aufgewacht und konnte von der Schulter an seinen Arm nicht mehr spüren. Muss sich im Schlaf mal wieder völlig verknotet haben. Als er bei mir war, hat er sich jedoch nichts anmerken lassen. Oder vielleicht hab ich auch einfach nicht so sehr darauf geachtet, weil ich gerade etwas abgelenkt war.

Wie auch immer.

Weil ich ja brav bin, trotte ich rüber zu ihm. Hab eh nichts Besseres zu tun, insofern...

"Was gibt's?", frage ich und schiebe die Hände tief in die Taschen meiner dunklen Jeans.

"Trägst du meine Tasche?"

"Eeh? Warum machst du's nicht selbst?"

"Ich hab Angst, ich zerr mir was." Er sieht zu mir hoch. Die Spitze seines Schuhs wippt. Den Arm hält er immer noch komisch. Die Tätowierungen darauf sehen seltsam verschwommen aus. Oder sehe ich alles verschwommen? Liegt vielleicht an den Pollen. Scheiß Allergie.

"Ich dachte, deinem Arm geht's soweit wieder gut."

"Najaaa... aber sicher ist sicher."

Schweigend betrachte ich ihn. Vielleicht hat er Recht. Ist nur eine Vorsichtsmaßnahme. Also kann ich meinen faulen Hintern theoretisch auch nach oben schleppen und ihm beim Tragen helfen, sonst dauert es wohl noch Tage bis wir abfahren. "Okay."

"Danke." Das klingt, als hätte er es tatsächlich hervorwürgen müssen, weil es ihn so viel Überwindung gekostet hat mich um einen Gefallen zu bitten. Zur Zeit sind wir zwei nämlich eigentlich wieder auf Kriegspfad. Lange Geschichte und im Grunde macht es unsere ganze Situation auch nicht einfacher. Unser Gezanke ist vorgrundschulisch. Wir verhalten uns kindisch, das ist uns beiden klar. Aber diese Sticheleien lenken gut vom Wesentlichen ab, das nach wie vor immer noch wie eine dunkle Wolke über unseren Köpfen schwebt.

Nachdem ich mit ihm in den Fahrstuhl eingestiegen bin und dort an den Etagenknöpfen auf die 5 gedrückt habe, lehne ich mich an die Wand und mustere ihn wieder. Diese hellen Jeans, die er heute wieder trägt, mochte ich schon immer sehr gern an ihm. Sie machen einen schönen Hintern. Aber leider wird der von dem viel zu großen Band T-shirt verdeckt, das er trägt. Die große Sonnenbrille klemmt am Halsausschnitt, seine Ketten fallen leicht darüber. Das dunkle Haar ist brav glatt gebürstet, umrahmt sein Gesicht sanft, glänzt dank seines Shampoos. Einen Schritt näher an ihn heran und ich könnte auch die Sorte anhand des süßen Duft bestimmen, der mir dann in die Nase steigen würde. Doch von hier aus rieche ich nur sein Aftershave. Aber auch das genügt bereits, um meine Sinne zu vernebeln.

"Sag mal..."

"Ja?"

"Was hast du denn gestern noch nach dem Konzert so gemacht?" Es ist der verzweifelte Versuch eine Unterhaltung zu beginnen.

Eine seiner Augenbrauen wandert in die Höhe, sein Blick streift mich nur flüchtig, während er mir halb zugewandt steht. "Bin sofort ins Bett."

"Hmm." Natürlich nicht die Antwort, die ich hören wollte. Geschickt lässt er aus, dass er mindestens noch duschen war. Wie soll ich denn da was erfahren, wenn er mir nichts erzählt? Aber auch Pech, Kaoru, desto weniger du mir erzählst, desto mehr füllt meine Fantasie all die Lücken aus, die du mir lässt. Oder ist das etwa genau seine Absicht? Ich bin paranoid...

Auf mehr Konversation legt er anscheinend weniger Wert. Und irgendwie bin ich mit meinen Gedanken auch immer noch ganz woanders. Doch werden sie glücklicherweise einmal mehr unterbrochen, als der Fahrstuhl kurz ruckelnd zum Stillstand kommt und sich die Türen mit einem klingenden Ton, der die Ankunft verkündet, öffnet.

"Welches Zimmer ist deins?", frage ich knapp, während ich neben ihm herschreite, den Gang entlang.

"57. Das da." Mit einem Finger deutet er auf die Tür am Ende des Korridors. Das ist ein ganzes Stück bis zum Fahrstuhl. So wie er sich seinen Arm hält, sieht es nicht danach aus, als ob er uns gleich die Tür aufmacht.

Macht er dann aber doch.

Endlich in Kaorus Hotelzimmer angelangt, schnappe ich mir gleich mal seine schwarze Reisetasche, die fertig gepackt neben dem Bett steht und darauf wartet abgeholt zu werden. Um nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln, schwinge ich sie mir über meinen Arm und drohe direkt unter dem unerwarteten Gewicht zusammenzubrechen.

"Scheiße, ist diese blöde Tasche schwer. Was hast du da drin? Steine?!" Nur mit Mühe schaffe ich es die Tür nach draußen wieder aufzustoßen, die Kaoru freundlicherweise wieder zugemacht hat und gerade keinen einzigen Finger mehr zu rühren scheint, und mich dann auch noch gleichzeitig hindurch zu quetschen mit der Horrortasche über meiner Schulter. Warum zum Teufel trag ich überhaupt Kaorus Klamotten? Bin ich ein Packesel?

"Hättest mir ja wenigstens mal die Tür aufmachen können."

"Oh Die, ich würde dir ja so gern helfen, aber ich hab grad wirklich überhaupt keine Lust." Da steht er und hält sich demonstrativ den Arm, nachdem er die Tür hinter uns ins Schloss hat fallen lassen.

Ich hör wohl nicht recht! Wenigstens aus dem Weg gehen könnte er mir, wenn ich hier schon seinen Sklaven spiele. Ist ja schlimmer als sonst, wenn er sich wieder an mir rächen will, weil ich mich so dumm anstelle. Langsam beschleicht mich das Gefühl, dass er mich absichtlich provoziert.

Kaoru marschiert vor mir her. Zum Glück hat er sich nicht eines seiner Stummelbeinchen gezerrt, sonst müsste ich ihn nun höchstwahrscheinlich ebenfalls tragen.

Manno, ich will nicht hier sein und mir den Rücken kaputt machen, nur weil Kaoru mit Beton im Gepäck reisen muss. Viel lieber will ich jetzt mit ihm im Bus sitzen, ihm auf die Nerven gehen und mich noch mal entschuldigen für die Sache mit dem nächtlichen Anruf. Stattdessen spüre ich meine Muskeln, Sehnen und Knochen langsam absterben.

Noch zwei Gänge, Die. Noch zwei. Gleich hast du es geschafft!

Ächzend lasse ich die Tasche von meinem schmerzenden Schulterblatt vor mir auf den Boden gleiten.

Ich bemerke seinen blöden Blick, der mich von der Seite her piekst. Gehässig oder schadenfroh oder einfach nur tierisch spöttisch. "Solltest vielleicht mal wieder ein bisschen Sport machen, hm?"

Wie ein empörter Frosch plustere ich die Backen auf. "Waaas?"

Doch zurück kommt nur ein Schulterzucken und dazu noch ein einseitiges Grinsen. Kampffussel im Klugscheißmodus.

"Prahl halt mit deinen Wackelpudding-Oberarmen rum und drück ich dich nur vorm Tragen." Zu wummernd ist der Drang, als dass ich diese Worte runterschlucken könnte. Beinahe schon bissig verlassen sie meine Lippen.

"Willst du etwa, dass ich mir die Schulter auskugel? Ich bin schließlich der Lead-Gitarrist."

"Und was ist mit meiner Schulter? Ah ja, ich vergaß, es ist ja gar nicht so schlimm, wenn der Rhythmus-Gitarrist seinen Arm nicht mehr bewegen kann. Muss er ja nicht. Wozu auch?"

"Hör auf mich anzugiften."

"Ich gifte soviel rum wie ich will."

"Ich hab dich um 'nen Gefallen gebeten und du hast eingewilligt zu helfen, also tu jetzt nicht so, als würde ich dich zu irgendwas zwingen."

"Pff."

"Selber pff."

Wie die Grundschulkinder, sag ich doch.

Innerhalb der nächsten Minute, in der wir uns per Aufzug nach unten befördern lassen, herrscht Stillschweigen. Nur Kaoru macht einen auf theatralisch, zupft an seinem Arm rum, hält ihn weiterhin so seltsam angewinkelt. Hat wohl Phantomschmerzen.

Klingend öffnen sich wieder die Fahrstuhltüren, als wir im Erdgeschoss und im Lobbybereich ankommen. Ohne eine Sekunde verstreichen zu lassen, greift meine Hand wieder seine dämliche Tasche, schmeißt die Griffe zurück über meine Schulter. Mit unterschwelligem Missmut im Bauch stiefele ich hinaus. Schließlich bin ich kein Unmensch. Natürlich trage ich sie, selbst wenn ich dafür trotzdem noch 'nen hohlen Spruch reingedrückt bekomme. So ist das eben im kalten Krieg.

Der Weg durch die Halle ist ebenfalls lang. Meine Schritte hallen von dem Marmor zurück in meine Ohren. Die Schnürsenkel meiner Chucks werden nur so hin und her geschleudert bei meinem flotten Tempo, von dem ich mir erhoffe ihn abzuhängen.

Am Bus verbanne ich die Qual aus Stoff in den Stauraum, in dem es sich zur Zeit auch Kyo bequem gemacht hat. Keine Ahnung, ob der nun auf diese Weise mitreisen will. Mir auch egal. Ich wirrbel wieder herum, um meinen Hintern nun endlich in meinen gemütlichen Sitz in dem Bus zu pflanzen, der Gott sei Dank klimatisiert ist. Doch ich stoße mir meine Nase nur an der harten Stirn von Kaoru, der sich unbemerkt von hinten an mich rangeschlichen haben muss. Alte Schleichkatze. Ich hab mich beinahe zu Tode erschreckt. Was wird das?

Genau die gleiche Frage stellt er im gleichen Moment auch mir. "Sag mal... Was wird das, wenn es fertig ist?"

"Was?", werfe ich irritiert zurück, muss einen Schritt zurückweichen, damit meine Augen die seinen besser fixieren können. Hier draußen im grellen Licht der Morgensonne funkeln sie richtig.

Er beugt sich zu mir. Wie ein Vater, der seinen Sohn verhört, der gerade etwas Schlimmes angestellt hat. "Hast du gestern die Geldbox im Tourbus offen gelassen?"

Stück für Stück weiten sich meine Augen. "Was?"

"Der ganze Bus meckert schon rum, weil die dumme Box heute Morgen offen stand. Wenn da jemand eingebrochen wäre, wäre jetzt unser ganzes Bargeld weg."

Wovon redet er da so plötzlich? Irgendwie check ich's gerade total nicht. Da kommen Worte aus seinem Mund, aber ich versteh kein einziges von ihnen. "Warum... zum Teufel werde ich denn eigentlich immer verdächtigt, wenn hier irgendwas Bescheuertes passiert?"

"Weil du es für gewöhnlich auch warst."

"Na besten Dank auch für euer Vertrauen."

"Die, ich will doch nur wissen, ob du gestern noch an der Box warst und vergessen hast sie wieder abzuschließen."

"Was zum? Du beschuldigst mich doch hier bereits schon!"

"Ja oder nein?"

"..." Ich vergesse gerade, wo mir der Kopf steht. "Frag sie doch selbst!" Irgendwie bin ich heute leicht gereizt.

"Oh, haha."

Ich zerwühle mein Haar, damit meine Hände was zu tun haben und nicht rumhibbeln. Keine Ahnung, warum ich so aufgewühlt bin. Es muss an der Hitze liegen. Die Sonne knallt mir nur so auf den Schädel und macht mein Gehirn ganz matschig.

"Hast du jetzt oder nicht?" Der Ton signalisiert mir, dass er mich nicht noch ein weiteres Mal so freundlich fragen wird.

"Nein, verdammt noch mal. Für wie hohl haltet ihr mich eigentlich?!"

"Für sehr hohl."

"Ach, halt die Schnauze, Kyo."

Der findet es wohl äußerst spannend da im offenen Laderaum des Busses zu sitzen und zu lauschen.

Kaoru ignoriert es einfach gekonnt, dass unser Gespräch noch andere Zuhörer hat. "Okay. Dann war es wohl jemand anders."

"Ich auf jeden Fall nicht. Ich war nicht mehr an der Box."

"Na, wenn du das sagst...", muss Kyo wieder seinen Senf dazu geben.

Ich werfe ihm einen grimmigen Blick zu. "Hast du eigentlich nichts Besseres zu tun?"

Doch er schaut nur wieder weg, schaltet auf Durchzug, lässt die Frage unbeantwortet und ich lenke meine Aufmerksamkeit zurück auf Kaoru, der abermals an seiner Schulter und seinem Arm fummelt und nachdenklich wirkt.

"Ist gut. Ich glaube dir. Wer auch immer es war, war bestimmt einfach nur komplett gedankenlos. Zum Glück ist ja nichts passiert."

Geht es nur mir so oder ist diese Unterhaltung einfach nur belanglos? Und warum kann ich sein Verhalten im Moment überhaupt nicht deuten? Ist er jetzt immer noch böse auf mich oder gleichgültig oder in was für einer Stimmung? Warum hat er keine Anzeige auf der Stirn, wo drauf steht, wie er gerade drauf ist. Das wäre doch mal hilfreich. Die Erfindung überhaupt!

"Nichtsdestotrotz, beeilt euch jetzt mal und ab in den Bus! Sonst fahren wir ohne euch los. Wir sind schon viel zu spät dran." Damit klatscht er in die Hände, so dass ich aufschrecke, und wendet sich ab.

"Ah, Moment! Warte! Mir fällt da noch was ein. Ich hab mich vorhin so beeilt mit Fertigmachen und Duschen, dass ich gar nicht mehr daran gedacht habe. Ich muss noch mal kurz für kleine Tiger!"

"Uuh..." Anzeige: Genervt. "Geh halt im Bus."

Ich weiß, er findet es grässlich, wenn ich mich so pingelig anstelle und rumjammer, aber ich kann es nun mal nicht ändern. "Neiiin, ich geh da nicht so gern. Es ist so verdammt eng da drin und alles ruckelt so eklig während der Fahrt und dann muss ich mich doch wieder hinsetzen und darauf habe ich keine Lust, weil wenn ich mich nämlich nicht hinsetze, meckert mich Nora wieder an und ich hasse im Sitzen pinkeln, aber sie hält mir dann wieder stundenlange Vorträge über Hygiene und-"

"Herr Gott nochmal, dann geh eben im Hotel. Aber leg 'nen Zahn zu, wir haben nicht ewig Zeit."
 

~*~*~
 

Ich mache wirklich so schnell wie ich kann. Weltmeister-Tempo, Sauseschritt. Selbst noch mit Händewaschsen lieg ich gut in der Zeit. Dass ich dabei alles - Spiegel, Ablage, Boden - mit Wasser vollgespritzt habe, interessiert ja hier keinen.

Hände abtrocknen, Haare noch mal kurz checken - ja, sieht gut aus! - und dann wieder den ganzen langen Weg zurück. Jetzt aber Beine in die Hände genommen und lösgedüst mit Lichtgeschwindigkeit und Überschall! Ich flitze durch die hellen Gänge wie der Worldchampion im Sprint, schlittere durch die große Eingangshalle, sodass meine Schuhe sogar quietschten wie Kaorus Badespaß-Quietscheentchen, erreiche den Ausgang, stoße die schwere Tür nach draußen auf und...

...

Wo ist der Bus?

Zwei Schritte nach vorn an den Rand des Bürgersteigs.

Ein Blick nach links die Straße herunter. Nichts.

Ein Blick nach rechts Richtung Autobahn. Auch nichts.

Kein Scheiß jetzt... WO IST DER VERDAMMTE ROTE BUS HIN, DER HIER NOCH VOR EINER GOTTVERDAMMTEN MINUTE STAND?!

Sind die jetzt etwa ohne mich...?

Fahren die einfach ohne Die los?

Sind die nicht mehr ganz dicht?

Haben die nicht mehr alle Gurken im Glas?!

Das ist doch jetzt hier der falsche Film. Die können mich doch nicht einfach hier lassen!

"Ich bin ja auch nur der verdammte Rhythmusgitarrist!!"
 

~*~*~
 

Kyo wandert durch den Bus. Die Straße ist schlecht und es ist wirklich abenteuerlich während der Fahrt herumzulaufen, doch der Durst treibt ihn zum Kühlschrank. Ein kühles Getränk an heißen Tagen ist wichtig.

Cola soll es sein und so greift er direkt nach einer eisgekühlten Flasche aus der Minibar und schließt die Tür wieder. Während er sich zurück auf seinen Platz gegenüber von Kaoru setzt und den nun zischenden Schraubverschluss der eiskalten Flasche aufdreht, wandert eine seiner dunklen Augenbrauen in die Höhe und verschwindet unter dem blondierten Haar, das ihm ins Gesicht fällt.

"Wo ist denn eigentlich Die?"

Auch die zweite Augenbraue schraubt sich in die Höhe, als Kaoru urplötzlich zu husten beginnt und dabei die Augen auf die andere Seite rollt und sie irgendwo draußen an der vorbeifliegenden Landschaft festklebt. "Auf dem Klo."
 


 


 

____________

To be (or not to be) continued.



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Kommentare zu diesem Kapitel (20)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  motti
2019-06-29T09:46:36+00:00 29.06.2019 11:46
Fortsetzung?
Antwort von:  peri
29.06.2019 17:24
Ich kann nichts versprechen, aber ich versuche mein Bestes!
Antwort von:  motti
30.08.2019 16:22
Dumdidum... schon ein neues Kapitel in Sicht?
Von:  _Anna_Lisa_
2010-01-21T17:33:05+00:00 21.01.2010 18:33
So, das ist das letzte Kommi...^^ Ich weiß nicht warum ich beim letzen angefangen habe und nicht beim ersten, aber es war ja so dass ich mit Lesen grade fertig war und dann sofort gedacht hab: "Die muss ich kommentieren!" =) Dann halt von hinten nach vorne. Ich liebe Dies innere Monologe, die ganzen Fettnäpfe die er mitnimmt machen ihn nur noch sympatischer...^^ Weiter so! =D
Von: abgemeldet
2010-01-15T01:07:23+00:00 15.01.2010 02:07
Ich hab eben das erste Kapi gelesen: WOW! Ich mag deine Art zu Schreiben total. Du beschreibst sehr gut und deine Worte sind locker aber gut gewählt!*love it*
DaixKao is jetzt nciht mein Favo-pair, aber ich muss sagen: DAS gefällt mir!!!!XDD

*weiterlesen geh*
Von:  KatzeMorle
2008-06-18T17:52:51+00:00 18.06.2008 19:52
Auf jeden Fall weiterschreiben, damit geklärt ist ober der arme Rhythmusgitarrist doch noch beim Konzert auftaucht. Oder ob Kao dann einen Phantom Die hinstellen will. ^^
LG Morle
Von: abgemeldet
2008-06-18T15:18:33+00:00 18.06.2008 17:18
Gefällt mir super!
xD
Ich finde es toll,wie sich die beiden Zanken,ärger als ein altes Ehepaar!!
Und am besten: Die wird absichtlich vergessen!!*lol*
Musste so lachen!
^^
Ich hoffe,du schreibst schon an einem neuen Kapitel~
Ich bin schon so neugiereig,wie es weitergeht!
*Die FF zu den Favo's gib*

Von:  Angel_of_Thursday
2008-06-15T00:23:19+00:00 15.06.2008 02:23
Nee, ne?!._., ..Armes DaiDai...+pattpatt+ ...+nach links guck+..+nach rechts guck+ ..Alsou wenn Kao dich net will....+ Die schnapp und mit ihm wegrennt+ x3

..Wirklich seeeehr toll geschriebn!!!^-^ Gefält mir!!+in Favos pack+
Weiter sou!!<333
Von: abgemeldet
2008-06-10T10:58:44+00:00 10.06.2008 12:58
ich liebe es <3
wirklich sehr lustig, ich stell mir Die jetzt als sehr sehr verwirrten menschen vor, der aus noch nicht erfindlichen Gründen übelst von kaoru verarscht wird... und ich mag es, dass es umgangssprachlich formuliert ist, wäre es zu hochgestochen, würde es nicht zu Die passen,

Ich warte gespannt auf das nächste kapitel?!

(und danke noch für die ENS, habs erst heut gesehn...)
Von:  -Kaoru-
2008-06-09T10:23:39+00:00 09.06.2008 12:23
Sehr geil ^^ armes DaiDai *ihn pat*
Ich bin gespannt wies weiter geht |D ich hoffe daher, dass du weietr schreibst T_T *nod*
Also ich hoffe bald wieder von dir zu lesen ^^~
Von: abgemeldet
2008-06-08T14:41:49+00:00 08.06.2008 16:41
awwww wieder was neues von dir, find ich toll
h glaube du weisst, dass ich deinen Schreibstil liebe, der is wirklich super zu lesen

mensch ich weiss nich wirklich was ich schreiben soll, nur dass ich mir Dies Geskicht bei der letzten Szene gut vorstellen kann!!
guckt sicher doof aus der Wäsche

hat mir jedenfalls sehr gut gefallen und will mehr davon xDD

baibai
dat shi
Von:  Yudinea
2008-06-07T22:59:58+00:00 08.06.2008 00:59
hui^^
horrorvorstellung
irgendwo alleine, ohne bekannte, ohne geld, ohne irgendwas Q.Q
maah
das war... geil XDXD
an diesem moment war ich dann richtig drinne in der geschichte XD
schade, dass es da dann aufgehört hat ._.

kao ist irgendwie... schwierig zu verstehen für mich @.@
der hat sich den arm doch nicht wirklich verletzt, oder?
ich glaube ich erinnere mich da an eine stelle vor dem tourbus, wo er mit den armen herumgefuchtelt hat
und dass er 'vergessen' hat, dass die auf die toilette ist...
eiskalt der kaoru, eiskalt... @.@
aber vlt interpretier ich da auch schon wieder zu viel XD

im gegensatz zu Ne-Ku mag ich einen umgangssprachlichen stil^^
das ist locker und luftig zu lesen, gefällt mir sehr :3
das geht runter wie butter XD
mir gefallen eher so stile wie die am anfang nicht
natürlich,
sehr schön geschrieben und alles, aber ich lese einfach lieber die einfachen stile ohne viel schnick schnack XD
kommt persönlicher rüber;)

Den Satz mit den Phantomschmerzen fand ich auch super XD
und das gezicke war auch nett
nicht zu wenig aber auch keine endlosen dialoge ;)

PS: rechtschreibfehler behalt ich alle noch nicht genannten:P


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