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Ein unverhofftes Familientreffen

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ja, Überraschung, ich lebe noch und ich habe ein neues Kapitel für euch. Wie immer hatte ich mal wieder mehr Ideen für neue Geschichten und OS anstatt für das eigentliche Kapitel, aber zumindest habe ich dadurch einiges für später. Wahrscheinlich wird es echt lange dauern, bis endlich mal alles abgearbeitet ist. XD
Manche Stellen wurden hier mehrmals überarbeitet, daher kann es durchaus mal passieren, dass mir Fehler entgangen sind bzw. manche Formulierungen mal öfter vorkommen. Ich wollte es euch aber nicht länger vorenthalten, wenn ihr etwas findet, sagt gern Bescheid. ^^
Auf jeden Fall viel Spaß. :) Komplett anzeigen

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Bittere Wahrheit

Azazel hatte in seiner Zeit als Dämonenkönig bereits so einiges erlebt und war daran gewöhnt, dass manche Seelen gerne mal Dinge in Bewegung setzten, mit denen er nicht rechnete. Daher sollte man meinen, dass ihn nichts mehr überraschen konnte. Er hatte regelmäßig mit Geistern und Seelen zu tun, er wusste daher genau, wie sie tickten und wozu sie im Stande waren, nicht wahr? Offenbar nicht, niemals im Leben hätte er damit gerechnet, jemals auf den Geist seiner eigenen Mutter zu treffen. Es sollte nicht möglich sein, wer einmal drüben war, kam nicht zurück, es war eines der obersten Gesetze und dennoch hatte sie dem getrotzt und war hier. Im ersten Moment rechnete er mit einem grausamen Scherz oder einer Täuschung, doch es wurde schnell klar, dass dem nicht so war. Die Frau vor ihm war tatsächlich seine Mutter, so surreal es wirken mochte. Ihre Erklärung für ihre Anwesenheit klang teilweise logisch, eine Kombination spiritueller Energie konnte vieles bewirken, aber für gewöhnlich fand dies im Reiche der Lebenden statt, nicht in dem der Toten. Egal ob es nun an Liliths Chaos lag oder nicht, es würde sich sicherlich lohnen, mehr darüber in Erfahrung zu bringen. Natürlich musste die Welt der Toten und die Welten der Lebenden weiterhin getrennt bleiben, aber es interessierte ihn sehr, was es da an Möglichkeiten gab. Nachdem Rin und Christina gegangen waren, wandte er erneut seine ganze Aufmerksamkeit an seine Mutter, welche sich neugierig im Raum umsah. „Assiah hat sich wirklich verändert seit ich zum letzten Mal hier war. Die Sterblichen überraschen mich immer wieder.“, kommentierte sie, während sie sich einige Bildschirme ansah. Azazel antwortete nicht und starrte sie an, noch immer nicht sicher, was er tun und sagen sollte. Wie reagierte man am besten, wenn deine seit so langer Zeit verstorbene Mutter, die einen brutalen Tod gestorben war, während du zusehen musstest, plötzlich bei dir im Krankenzimmer stand und sich technische Geräte und Drehstühle anschaute? „Es tut mir leid.“, wiederholte er schließlich leise. „Wenn ich dir hätte helfen können, hätte ich es getan.“ Ruha hielt inne, dann seufzte sie, wandte sich wieder ihm zu und setzte sich neben ihn auf das Bett. „Azazel, hör auf, dir deswegen Vorwürfe zu machen. Du warst ein Kind.“, sagte sie sanft und griff nach seiner Hand. Er unterdrückte ein Schaudern. Zwar konnte seine Mutter ihn und andere Dinge berühren, aber sie war immer noch tot und ihre Hand war kalt wie der einer Leiche. „Unsere gemeinsame Zeit ist begrenzt, also grübeln wir nicht zu lange über die schlechten Dinge. Denken wir lieber an die Gegenwart und unsere schönen Erinnerungen.“, schlug sie vor. „Ich habe so viel von deinem Leben verpasst und von deinen Brüdern. Wie ich hörte, hast du inzwischen so einige.“

 

„Ja, neun Stück, wobei ich den letzten nicht direkt dazu zählen würde. Er ist ein Mensch und nicht wirklich gut auf uns zu sprechen.“, nickte der Geisterdämon. „Rin bist du ja begegnet, den Rest triffst du, wenn sie wieder da sind.“

 

„Ich freue mich darauf.“, erwiderte sie. „Vor allem bin ich auf Lucifer und Samael gespannt. Hat Lucifer immer noch Angst im Dunkeln und Samael vor Heilern, wenn sie an seine Zähne wollen?“ Unwillkürlich musste Azazel grinsen. „Lu hat es mehr oder weniger unter Kontrolle und Sammy behauptet von sich dasselbe, aber immer wenn es heißt, dass eine Untersuchung ansteht, hat er plötzlich ganz viel in Assiah zu tun.“ Die Geisterdämonin lachte und sofort breitete sich in dem Baal ein wohliges Gefühl aus. Wie er dieses Lachen vermisst hatte…

 

„Nun, wir haben eine Menge Zeit für uns, also würde ich vorschlagen, dass wir die Gelegenheit nutzen, um darüber zu reden, was ich alles verpasst habe. Oh, und du musst mir etwas von Ankou und Vaya erzählen. Ich hoffe doch, ihr seid immer noch befreundet?“

 

„Ankou ist zusammen mit Shax meine rechte Hand und Vaya arbeitet als Bedienstete.“, erklärte der jüngere Dämon. „Tatsächlich? Es freut mich, dass es ihnen und Shax gut geht.“, seufzte die ehemalige Königin Gehennas erleichtert. „Aber fangen wir ganz von vorne an. Erzähl mir erst einmal etwas von deinen Brüdern, ich bin wirklich neugierig. Außerdem haben die anderen mich darum gebeten, ihnen Bericht zu erstatten.“ Richtig, die restlichen Mütter seiner Brüder hatten die Möglichkeit, mehr über ihre Kinder zu hören, sobald Ruha zurückkehrte, natürlich würde sie dann nach ihnen fragen. „Klar, mache ich gern.“ Sie hatten eine lange Nacht vor sich und der Geisterdämon plante, jede Sekunde auszunutzen.

 

 

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„Ich habˈ ja schon einiges erlebt, aber dass ich jemals mit einem Dämonenkönig in einem Abstellschrank hocken würde, hätte ich nicht gedacht.“, kommentiere Khara, was ihm ein scharfes „Shhhhh!“ von Egyn einbrachte. „Sei still! Willst du erwischt werden?“, knurrte er den Gestaltwandler an. „Vielleicht würden sie das sogar falsch verstehen, wenn sie uns finden.“, schlug dieser vor. „Ich meine…zwei Typen aneinander gepresst im Schrank, wollen offenbar nicht erwischt werden…ich meine, abgeneigt wäre ich nicht.“ Egyn ignorierte die Andeutung und lauschte stattdessen angestrengt, ob die Luft rein war. Zu seiner Erleichterung war nichts zu hören. Sie waren bisher auf niemanden gestoßen, doch in diesem Flur hatte sie ihr Glück verlassen und sie waren gezwungen gewesen, sich in dem Schrank zu verstecken, was für ein unschönes Déjà-vu auf der Seite des Wasserdämons sorgte. Irgendwie hatte er es in den letzten Wochen wirklich mit Schränken und engen Orten, aber zumindest war dieses Mal nicht Izumo bei ihm. „Komm, sie scheinen weg zu sein.“, flüsterte er, öffnete langsam die Tür und spähte auf den Gang hinaus. Keiner war zu sehen, daher ging er langsam nach draußen, dicht gefolgt von Khara. „Gut, wie müssen wir noch?“, fragte der Baal ungeduldig. „Wir sind gleich da, zehn Minuten, wenn alles gut geht.“, informierte der Rakshasa ihn und sah sich ebenfalls um. „Aber ehrlich gesagt glaube ich, dass es nicht so einfach werden wird. Die Aveira werden sicher auch mitmischen und Superbia scheint mich irgendwie nicht leiden zu können, kann also sehr gut sein, dass sie mich raus pickt, falls wir ihr begegnen sollten…“

 

„…Du machst Witze.“, antwortete Egyn dumpf. „Bitte.“

 

„Nö, anscheinend teilt sie meinen Sinn für Humor nicht.“, kam die für Egyn äußerst frustrierende Antwort. Der Dämonenkönig stöhnte auf. „Was hast du getan?“

 

„Na ja, da war dieses komisches Vieh in dem Gemach von irgendeinem deiner Brüder, das hat sie angegriffen und ich habe sie ausgelacht…sie ist aber auch empfindlich.“ Wunderbar. Dieser Trottel hatte die Verkörperung des Hochmutes ausgelacht. Damit bettelte er geradezu um Ärger. „Na schön, darüber machen wir uns Gedanken, wenn es so weit ist.“, beschloss der Wasserdämon kopfschüttelnd. „Immerhin dürften sie momentan vom Angriff abgelenkt sein. Gehen wir weiter, wir verschenken hier nur Zeit-“ Khara nickte zustimmend und setzte sich in Bewegung. Egyn traute ihm zwar noch immer nicht vollkommen, aber fürs erste würde er mitspielen.

 

 

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Unterdessen hatten Jahi und Ankou mehr Glück, sie trafen auf niemanden und wenn doch, waren diese mit anderen Dingen beschäftigt und beeilten sich, um die Stellung gegen Satans Truppen zu halten. Dennoch war das für Ankou kein Grund zur Beruhigung. Seit sie das Schloss betreten hatten, war sie angespannt gewesen, nicht zuletzt, weile es eine vollkommen fremde Umgebung war und sie diesen übertriebenen Prunk als extrem ablenkend empfand. Wenn sie sich korrekt erinnerte, gab es hier laut Iblis sogar einen Spiegelsaal, was erst recht für Paranoia sorgte. Sie konnte Spiegel noch nie leiden, verwendete sie den in ihrem Zimmer nicht, hängte sie ihn stets zu. „Wenn wir diesen Gang hier nehmen, können wir abkürzen.“, hörte sie Jahi sagen und sah die Feuerdämonen daraufhin zweifelnd an. „Sicher?“, hakte sie nach und gab sich keine Mühe, ihren misstrauischen Tonfall zu verbergen. Jahi ließ sich nicht davon beirren und nickte. „Ja, hier in der Nähe war ich untergebracht, also kenne ich die Wege ganz gut.“

 

„Also gut, dann geh vor.“, stimmte die Geisterdämonin widerwillig zu. „Du solltest besser richtig liegen, sonst könnten wir Probleme bekommen.“

 

„Zumindest hat Iblis den Spiegel, also wäre nicht alles verloren, falls wir erwischt werden.“

„Na, das beruhigt mich weniger, aber stimmt wohl. Solange wir diesen Spiegel zu Satan schaffen, ist alles gut.“ Sie gingen eine Weile schweigend weiter, bis sie um eine Ecke bogen und direkt in eine Patrouille rein liefen. ‚Scheiße, wie haben wir die nicht bemerkt?!′, fluchte Ankou im Stillen, aber ließ sich äußerlich nichts anmerken, ebenso wenig wie Jahi. „Was soll das? Wir haben’s eilig, also geht uns aus dem Weg.“, sagte sie schroff, während die Geisterdämonin sich schnell einen Überblick verschaffte. Es waren insgesamt vier Dämonen, alle männlich, keiner gehörte zu Liliths Sippe, aber das Element war nicht erkennbar. Sie zu überwältigen würde eventuell nicht einfach sein, daher war dies in jedem Fall der letzte Ausweg. „Wir haben die Meldung bekommen, dass sich Eindringlinge hier eingeschlichen haben und sollen jeden überprüfen, also macht die Gesichter frei, sagt eure Namen und zeigt eure Münzen vor, wenn ihr welche habt.“

 

„Die sollten mein Gesicht nicht kennen und deines eigentlich auch nicht, riskieren wir’s?“, fragte Jahi telepathisch. „Es ist besser, als direkt anzugreifen.“, argumentierte Ankou. „Also versuchen wir es.“ Beide Frauen kamen langsam der Aufforderung nach und machten die Gesichter frei. Einer der Dämonen pfiff und sie widerstand dem Drang, ihm eine reinzuhauen. „Hey, nicht schlecht. Habt ihr beiden Süßen schon heute Nacht was vor?“

 

„Dich im Schlaf ermorden und dein Blut trinken, wenn du noch so einen Spruch bringst.“, zischte die Geisterdämonin gefährlich und löste damit Gelächter von den restlichen Dämonen aus. Der Dämon, der sie angegraben hatte, schnaubte nur. „Pff, ich will es mit einem Geistervieh wie dir sowieso nicht treiben und zu klapprig bist du obendrauf.“ Charmant. Wie manche Typen wirklich direkt zu Beleidigungen griffen, wenn sie gekorbt wurden, war absolut erbärmlich. „Ok, scheint alles in Ordnung zu sein. Namen und Clans?“ Jetzt kam der interessante Teil. Lügen war das naheliegendste, aber da sie nicht wussten, wie sie die Patrouillen genau überprüften, wäre es ein großes Risiko. „Komm schon, wir haben es eilig. Satans Angriff ist in vollem Gange. Reichen die Münzen nicht?“, versuchte Jahi ihr Glück, stieß dabei aber auf taube Ohren. „Nein, tun sie nicht. Jetzt sagt schon-“ Weiter kam er nicht, denn Jahi hatte blitzschnell ihren Dolch hervorgezogen und ihm damit die Kehle durchtrennt. Ankou hatte gleichzeitig ihren Fächer gezogen und damit den Dämon neben ihm erledigt. Da er derjenige gewesen war, der sie auch angegraben und beleidigt hatte, war es umso befriedigender. Dummerweise erholten sich die anderen beiden schnell von ihrem Schock und setzten zum Gegenangriff an. Einer stellte sich als Verwesungsdämon heraus, der andere war ein Insektendämon. Folglich machte Jahi mit dem ersten kurzen Prozess, Ankou erledigte schnell den zweiten. „Das hätte besser laufen können.“, kommentierte die Feuerdämonin seufzend, während sie das Blut von ihrem Dolch wischte. „Das kannst du laut sagen, aber immerhin haben wir sie ganz schön überschätzt. So schnell sollten sie nicht zu Boden gehen.“, murmelte Ankou kopfschüttelnd. „Verstecken wir sie, dann nichts wie weg. Früher oder später wird jemand merken, dass sie fehlen-“ Genau in diesem Moment kam eine weitere Dämonengruppe um die Ecke und wie es der Zufall wollte, kamen sie genau auf sie zu. Es war zu spät sich zu verstecken, nur Sekunden später waren sie entdeckt worden. Die Dämonen erstarrten, sahen zuerst auf die Leichen, dann zu Ankou und Jahi, welche sich ebenfalls in einer Schockstarre befanden. ‚Das darf doch nicht wahr sein. Warum ausgerechnet jetzt?’ Ihre letzte verzweifelte Idee so zu tun, als wären sie gerade erst selbst dazu kommen, verabschiedete sich schnell, als einer der Dämonen Jahi ansah und ihm der Mund aufklappte. „Jahi?!“ Damit waren sie wohl aufgeflogen.

 

 

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„All dieser ganze Stress und Aufwand wegen eines verdammten Handspiegels. Hoffentlich kann Vater da wirklich was mit anfangen oder ich drehe durch…“, grummelte Iblis verärgert vor sich hin. Während die anderen recht gut voran kamen, liefen sie von einer Patrouille in die nächste. Bisher hatten sie sich stets verstecken können, aber der Baal war sich ziemlich sicher, dass sie das Glück bald verlassen würde. Es lag schlicht und ergreifend in der Familie, dass früher oder später Gehenna über sie hereinbrechen würde. „Hey, wenn sich jemand mit sowas auskennt, ist er es.“, beruhigte Halphas ihn. „Das Seelenteil ist auf jeden Fall da drin, immerhin haben wir’s alles gespürt.“

 

„Ja, aber ich wette, es gibt ˈnen Haken. Diese Spiegelfallen und der ganze andere Kram sind schon kompliziert genug, da dürfte das hier nicht einfacher sein.“, gab der Baal zu Bedenken und sah sich um. „Wie weit ist es noch? Das dauert ewig…“ Die Wegbeschreibung hatte wirklich wesentlich kürzer geklungen, aber da sie sich nicht auskannten, wollten sie keine Abkürzung riskieren. Plötzlich waren schnelle Schritte und Rufen zu hören, was beide inne halten und Blicke wechseln ließ. Sie hatten nur Wortfetzen davon verstehen können, ein Wort war "Eindringlinge" gewesen, weswegen sie sofort den gleichen Gedanken hatten: War jemand von den anderen erwischt worden? „Geh weiter und verschwinde, du hast den Spiegel. Ich gehe nachsehen, was mit den anderen ist.“, drängte Halphas, Iblis schüttelte jedoch den Kopf. „Vergiss es, ohne Egyn, Ankou und dich gehe ich nicht.“

 

„Musst du aber. Wenn wir erwischt werden, war die ganze Aktion umsonst.“, argumentierte Halphas ungeduldig. „Also geh schon, wir kommen so schnell wie möglich nach.“ Der Baal zögerte. Zwar hatte Halphas nicht ganz unrecht, aber wollte sie nicht einfach zurückzulassen. Schlussendlich siegte allerdings die Vernunft und er nickte. „Ok, einverstanden. Aber ihr schafft es besser zurück oder ich werde sauer.“

 

„Im Gegensatz zu dir ziehe ich nicht ständig Ärger an, also sei mal still, Ibi.“, grinste der Feuerdämon und ließ Iblis schnauben. „Wären wir woanders würde ich dir für diesen dämlichen Spitznamen den Schweif anzünden. Viel Glück.“

 

„Ebenfalls. Wir sehen uns nachher.“ Damit trennten sie sich und der Dämonenkönig setzte seinen Weg allein fort. ‚Sie schaffen das schon…bringe einfach diesen Spiegel weg und alles wird gut.′, redete er sich ein. Zügig lief er durch die Gänge, bis er sein Ziel erreicht hatte. Auf dem Weg dorthin tötete er mehrere Dämonen, einer wäre ihm sogar beinahe entkommen und hätte Alarm geschlagen, doch glücklicherweise hatte er ihn schnell einholen und erledigen können. Nun stand er zwar in dem gesuchten Raum, nur um festzustellen, dass sie eine entscheidende Sache vergessen hatten: Zwar wusste er, dass der Eingang zu den Tunneln irgendwo hinter einer Wand lag, aber er hatte absolut keine Ahnung, wie er den öffnen musste.

 

 

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Auch Egyn und Khara hatten mitbekommen, dass zwei ihrer Leute in Schwierigkeiten steckten, wussten aber nicht, wer es war. Die Rufe der anderen Patrouillen waren recht undeutlich gewesen, aber Egyn hoffte wirklich, dass es nicht Iblis und Halphas waren, da sie den Spiegel hatten. „Ich gehe und helfe ihnen.”, beschloss er sofort, wurde aber von Khara aufgehalten. „Sicher, dass das eine gute Idee ist?“, fragte er zweifelnd. „Du bist ein Dämonenkönig, wenn du gefangen genommen wirst-“

 

„Ich bin mitgekommen, weil ich mächtig genug bin, gegen die meisten Dämonen zu bestehen, da werde ich nicht abhauen, wenn es Ärger gibt.“, antwortete Egyn scharf und funkelte sein Gegenüber wütend an. „Wow, das war einschüchternd. Schätze man sollte sich wirklich vor den netten in Acht nehmen…“, kommentierte dieser ungerührt. „Ich lasse ja ungern die Traumblase platzen, aber du weißt schon, dass du mit jedem Tag an Stärke verlierst? Lilith wird sich hier sicher irgendwo rumtreiben und ich bezweifle, dass du momentan eine Chance gegen sie hast. Die kleine Blamage im Kampf um den Vatikan sollte eigentlich genügt haben.“ Der Wasserdämon zuckte zusammen, als er an diesen Zwischenfall erinnert wurde, schüttelte dann aber energisch den Kopf. „Beim letzten Krieg konnten wir es uns nicht leisten, dass einer von uns gefangen oder getötet wird, weil wir alle für die Versiegelung brauchten, aber dieses Mal-“

 

„Dieses Mal brauchen wir genauso starke Dämonen, zu denen du nun mal dazu zählst.“, wurde er unterbrochen. „Du bist nützlicher, wenn du gehst und verschwindest. Der Rest von uns folgt.“ Egyn wollte erneut protestieren, gab aber schlussendlich nach, da er einsah, dass der andere Dämon recht hatte. Er durfte nicht wieder den gleichen Fehler machen und sich von seinen Emotionen leiten lassen. Natürlich war er mitgekommen, um falls nötig zu kämpfen, aber es war niemals geplant gewesen, einen zu provozieren. „Was wenn es Iblis erwischt hat? Er hat den Spiegel.“, gab er zu bedenken, woraufhin der Rakshasa mit dem Kopf schüttelte. „Halphas und er haben eine andere Route genommen, das können nur Jahi und diese Geisterdämonin sein.“

 

„…Na gut. Ich gehe.“, murmelte Egyn widerwillig. „Aber sage mir nochmal den Weg, damit nichts schief geht.“ Khara nickte und tat ihm den Gefallen, zudem verriet er, wie man den Geheimgang öffnete. Damit machte sich der Baal schnell auf dem Weg und betete, dass der Rakshasa sie nicht gerade komplett über den Tisch zog.

 

 

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‚Von allen, auf die wir hätten treffen können, erwischen wir natürlich den Typen, der Jahi erkennt. Das war so klar, kann nicht mal was einfach sein?!′, fluchte Ankou im Stillen, während sie einen ihren Gegner aufschlitzte. Leider kamen mit jedem Toten gefühlt zwei neue hinzu, es würde nicht mehr lange dauern, bis man sie überwältigt hätte. Damit sollte sie Recht behalten, denn gerade mal Sekunden später war sie am Boden festgesetzt und aus dem Augenwinkel sah sie, dass es der Feuerdämonin nicht anders erging. Sie fluchte und zappelte, leider schafften Liliths Leute es dennoch, sie zu fesseln. „Du verräterisches Miststück! Dafür wirst du bezahlen.“, zischte einer Jahi an, schlug ihr ins Gesicht und spuckte sie obendrein noch an. „Was machen wir jetzt mit ihnen? Töten wir sie direkt?“

 

„Hier könnten noch mehr Eindringlinge sein, wir sollten sie befragen.“, erwiderte der vermutliche Anführer. „Sperren wir sie ein und dann-“

 

„Übernehme ich.“, wurde er von einer neuen Stimme unterbrochen und Ankous Zuversicht sank auf einen Nullpunkt. Ira kam in Begleitung eines weiteren Dämonen auf sie zugestapft, auf den Lippen lag ein böses Grinsen. „Na schau mal einer an, wen haben wir denn da? Es hat ja lange genug gedauert, Jahi. Ich hätte wirklich erwartet, dass du sie schneller herschaffst.“ Bitte was? Beide Dämoninnen sahen die Todsünde verständnislos an, welche schnaubte und genervt die Augen verdrehte. „Jetzt lass es gut sein, es gibt keinen Grund mehr sich zu verstellen. Sie sind drauf rein gefallen.“ Sie wandte sich an die restlichen Dämonen, welche nicht intelligenter als ihre Gefangenen drein schauten. „Macht sie los.“, befahl sie. „Wir haben ihren Seitenwechsel vorgetäuscht, damit wir an Satan, den Nephilim und die Baal kommen.“, erklärte sie gelassen. Verblüfft kamen die Dämonen der Aufforderung nach. Derweil grinste die Aveira in Richtung Ankou. „Und es hat super funktioniert. Wie fühlt es sich an, hm? Als Samael das im ersten Krieg abgezogen hat, war es sicherlich angenehmer, was?~“ Endlich hatte das, was sie sagte, das Hirn der Schwarzhaarigen erreicht und sie schaute zu Jahi, welche sich die Handgelenke rieb und aufstand. „Ich wusste es! Du hast uns angelogen!“, fauchte sie und blanker Hass machte sich in ihr breit. Wie konnte sie es wagen?! Erst ihr Verrat, dann kam sie an, tat als würde sie es bereuen, nur ihm sie wieder zu verraten. Damit war es beschlossen: Wenn sie die Gelegenheit bekam, würde sie diese Dämonin umbringen. Jahi sagte nichts und starrte stattdessen Ira an. „…Tut mir leid, ich wollte sie eher her locken, aber es gab einige Probleme. Der Rest wird sicherlich schnell zu fassen sein.“, sagte sie schließlich. Ankou achtete allerdings nicht mehr auf sie, denn ihr Blick galt nun Ira und dem Dämonen neben ihr. ‚Sekunde mal…das ist doch…sag mir nicht…!′ Ihre Augen weiteten sich, doch sie überspielte es schnell. ‚Verstehe…sehr clever.′

 

„Worauf wartet ihr Idioten? Geht, sucht sie und bringt sie her. Tot oder lebendig, es spielt keine allzu große Rolle mehr.“, wies Ira die Dämonen an, welche sich allerdings nicht von der Stelle rührten. „Seid Ihr sicher, dass-„, setzte einer an, nur um unterbrochen zu werden. „Natürlich bin ich das, du dämlicher Amateur!“, fauchte die Schwarzhaarige und trat einige drohende Schritte nach vorn. „Willst du etwa meine Anweisungen hinterfragen?!“

 

„N-Nein, aber wollt Ihr wirklich allein-“ Innerhalb von Sekunden stand Ira vor ihm und hatte dem Dämonen einen Dolch an den Hals gepresst. „Erst hinterfragst du mich und jetzt unterstellst du mir Schwäche? Denkst du wirklich, dass ich nicht allein mit einer gefesselten Gefangenen klar komme?“, zischte sie gefährlich und übte leichten Druck auf die Klinge aus, woraufhin die ersten Blutstropfen flossen. „Nein, bitte vergebt mir! Ich habe einen Fehler gemacht.“, erwiderte der Dämon panisch. Ira musterte ihn abfällig, dann schnaubte sie abfällig. „Vorlaut und ein Feigling…würden wir nicht jeden brauchen, würde ich dich töten. Geh mir aus den Augen, bevor ich es mir anders überlege, verstanden?“

 

„J-Ja, ich danke Euch!“

 

„Gut, jetzt geht oder ich verfüttere euch alle an die Nachtmahre! NA LOS!” Endlich zog die Gruppe ab, sichtlich eingeschüchtert. Iras genervter Blick wich schnell einem Grinsen und auch Jahi konnte sich das Lachen nicht mehr verkneifen. „Du Arsch! Hast du eine Ahnung, was du mir für einen Schrecken eingejagt hast? Ich dachte echt, das wäre es gewesen!“, schimpfte sie, wirkte aber nicht wirklich wütend. „Khara?“, hinterfragte nun Ankou, obwohl sie die Antwort bereits kannte. „Japp.~ Freut mich, dass es geklappt hat, ich war mir nicht sicher, ob sie’s schlucken.“, gestand der Gestaltwandler, während er wieder sein normales Aussehen annahm. „Und was treibst du hier, Halphas?“, erkundigte sich Jahi bei seinem Begleiter. „Ich wollte euch helfen und bin auf dem Weg Khara begegnet, also haben wir uns diesen Plan überlegt. Ich bin eigentlich nur mit, falls was schief geht.“, erklärte er schulterzuckend. „Das ist ja alles schön und gut, aber könnte mich dann jemand befreien?“, fuhr Ankou dazwischen, die noch immer gefesselt war. „Oh, richtig!“ Hastig befreite Halphas sie, während ihr Blick erneut zu Jahi wanderte. „Tut mir leid, dass ich dachte wirklich, du hättest uns hintergangen.“, sagte sie ein wenig widerwillig. Vielleicht hatte die Feuerdämonin aufgrund ihrer vorherigen Taten die Entschuldigung nicht verdient, aber wenn sie sich irrte, entschuldigte sie sich nun mal. „Schon gut.“, antwortete diese seufzend. „Hatte ich wohl verdient und es hat es wohl noch überzeugender gemacht.“

 

„Übrigens habe ich Iblis schon mal vorgeschickt, weil er den Spiegel hat.“, mischte sich Halphas ein. „Um ihn müssen wir uns also erst mal keine Sorgen machen.“

 

„Ich habe Egyn ebenfalls weggeschickt, hoffen wir, dass er den Weg gefunden hat.“, ergänzte Khara. „Aber wir sollten uns jetzt wirklich beeilen, die anderen werden nicht lange brauchen, bis sie den Trick durchschauen.“ Er hielt inne. „Vielleicht sollte ich versuchen, sie von der Spur abzubringen…nur für den Fall.“ Ankou runzelte die Stirn. Tatsächlich könnten sie die Extra Zeit gut gebrauchen, aber es klang nicht ungefährlich. Jahi schien diese Einstellung zu teilen. „Sicher, dass das eine gute Idee ist?“, fragte sie besorgt. „Wenn sie herausfinden, dass du uns geholfen hast, töten sie dich oder schlimmeres.“

 

„Woher sollen sie es wissen?“, argumentierte er schulterzuckend. „Sie haben keinen Grund mich zu verdächtigen und ich kann mich notfalls schnell davon schleichen. Mach dir keine Sorgen, das wird schon.“

 

„Ich bin nicht sicher, ob das wirklich eine gute Idee ist…“, warf Halphas ein. „Je länger wir hier rumstehen und darüber diskutieren, desto geringer unsere Chancen. Geht vor, ich komme nach.“, drängelte Khara ein wenig ungehalten. Es war offensichtlich, dass er keine Widerworte dulden würde. „Na gut.“, gab Jahi widerwillig nach. „Aber du kommst danach besser direkt hinter her, kapiert?“

 

„Ich habe nicht mein Leben riskiert, um euch zu helfen und dann zu sterben, also klar.“ Ankou hatte ein schlechtes Gefühl bei der Sache, doch nickte wie der Rest widerwillig. Sie hatten es beinahe geschafft, sie mussten nur in Bewegung bleiben.

 

 

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Rin war sich inzwischen sicher, einen Rekord für die meisten Krankenzimmer Besuche innerhalb eines Jahres aufgestellt zu haben. Seit dem Tag seines Erwachen war er am laufenden Band verletzt und zusammengeflickt worden, von gefühlt ständigen Ohnmachtsfällen mal ganz abgesehen. Er hatte wirklich gehofft, zumindest dieses Mal schnell der Krankenstation zu entkommen, natürlich wurde er enttäuscht. Zwar war er stabil und das Gift aus seinem Körper, aber er sollte trotzdem die Nacht hier verbringen, falls er rückfällig wurde. Einerseits nervte es ihn tierisch, andererseits verstand er es irgendwo. Sicherlich wäre es für jeden Heiler fatal, seinem Vater erklären zu müssen, dass ihm etwas passiert war, weil sie nicht vorsichtig genug gewesen waren. Immerhin kam zur Abwechslung keine Langweile auf. Zwar waren seine Freunde bereits gegangen, aber Alastor würde jeden Moment eintreffen und zum ersten Mal freute er sich irgendwie darauf, ihm zu reden. Nur wenige Minuten später traf der ältere Dämon ein und zu Rins Erleichterung sah ihn keine der Verletzungen mehr an. „Du bist echt nicht tot zu bekommen, wie?“, wurde er begrüßt. „Ich dachte für 'ne Sekunde, ich müsste Satan beibringen, dass er 'ne Göre weniger hat.“

 

„Freut mich auch, dich zu sehen.“, grummelte Rin augenverdrehend. „Das könnte ich aber von dir genauso sagen. Du warst ganz schön in Bedrängnis.“ Vermutlich war es nicht die beste Idee, den Feuerdämonen damit zu reizen, doch zur Verblüffung Rins verdrehte der ältere Mann ebenfalls die Augen und schnaubte. „Das war Pech.“, grollte er. „Dieses Miststück hätte mich normalerweise nicht mal treffen können, aber du hast mir echt den Arsch gerettet, so dämlich es klingt. Anscheinend lag ich doch falsch und du bist nicht ganz so nutzlos und nervig wie erwartet.“ Zwar sagte er es nicht laut, aber der Halbdämon war ziemlich sicher, dass dies ein umschriebenes Danke war. „Gern geschehen. Du hast mich ebenfalls gerettet, damit sind wir wohl quitt.“, warf er ein. „Ist eigentlich noch etwas nennenswertes passiert, nachdem ich bewusstlos geworden bin?“

 

„Nicht wirklich. Deine Menschen Freunde dürften dir bereits das meiste erzählt haben. Ich habˈ mir den Dolch genommen und dich zum Krankenzimmer gebracht Du hattest echt Glück, dass Gula kein stärkeres Gift genommen hat. Ziemlicher Anfängerfehler, wenn du mich fragst, wobei es Glück für dich war.“ Als Rin schwieg, verdrehte er die Augen. „Erzähl mir nicht, dass du dich schlecht fühlst, weil du sie getötet hast.“

 

„Ja, ja, das war nötig und Notwehr und so weiter, aber-“, setzte der Halbdämon an, nur um unterbrochen zu werden. „Es gibt kein aber. Sie hatte ihre Chance, hat sie nicht genutzt und das war’s. Ende der Geschichte. Lilith hat nie erwartet, dass sie es schafft.“ Überrascht sah Rin ihn an. „Warum würde sie sie dann schicken?“

 

„Kamikaze oder wie auch immer das in Assiah heißt.“ , erklärte Alastor schulterzuckend. „Sie hatte keinen Nutzen mehr, aber anstatt sie zu erledigen und wieder in sich aufzunehmen, hat Lilith ihr eine letzte "Chance" gegeben. Entweder sie erfüllt den Auftrag erfolgreich und verpasst uns damit nochmal ˈnen Schlag oder sie versagt, was aber auch keinen großen Unterschied mehr macht. So oder so wette ich, dass Lilith dafür gesorgt hat, dass ihr Seelenteil in Gula zu ihr zurückgekommen ist und nicht zerstört wurde.“

 

„Ist das so wichtig?“

 

„Die Seele zu spalten allein kann schon risikoreich sein, aber wenn das abgespaltene Seelenteil zerstört wird, merkt man das. Es schwächt dich und kann viele unangenehme Folgen haben. Allerdings bin ich kein Experte und da Lilith die erste ist, die es jemals geschafft hat, aus einem Seelenteil ein Lebewesen zu schaffen, weiß man auf dem Gebiet ohnehin kaum was.“

 

„Also sind die Aveira die einzigen Dämonen, die aus einem Seelenteil geschaffen worden? Es gibt keine anderen?“, erkundigte sich Rin neugierig, woraufhin Alastor erneut mit den Schultern zuckte. „Soweit ich weiß nein. Allerdings ist Lilith nicht wie andere Dämonen, sie und Satan sind…Besonderheiten.“

 

„Inwiefern?“, hakte der Nephilim nach und ließ Alastor eine Braue heben. „Gibt es ˈnen bestimmen Grund, dass du ausgerechnet mich damit löcherst? Mit sowas wendest du dich besser an Shax, Paymon oder deinen Vater.“ Nun war es Rin, der ungerührt mit den Schultern zuckte. „Momentan habe ich nicht wirklich besseres zu tun, ich sitze bis morgen fest und da du hier bist, geht es dir bestimmt ähnlich.“ Das war keine Lüge, er war über jede Gesellschaft dankbar und wenn er dabei noch etwas halbwegs Produktives tun konnte, dann umso besser. „…Gut, kann ich akzeptieren.“, gab der ältere Dämon nach kurzem Zögern nach. „Du weißt, dass Satan das Gleichgewicht Gehennas ist, während Lilith das Chaos ist?“

 

„Ähm…ja?“, sagte (oder fragte) Rin unsicher. „Ich dachte eigentlich, dass sagt man nur so…“ Ein Augenrollen informierte ihn, dass er falsch lag. „Als erstgeborene Dämonen sind sie auf besondere Weise miteinander verbunden und auch ihre Kräfte und Eigenschaften sind anders als die eines gewöhnlichen Dämons. Wie Satan hat Lilith neben den acht Elementen ebenfalls Zugriff auf andere Fähigkeiten. Beispielsweise kann sie wie Luxuria Illusionen erschaffen und wie Superbia schwächeren Dämonen ihren Willen aufzwingen. Sie kann bestimmte Emotionen manipulieren und sich daran nähren. Es gibt neben den Aveira und ihr noch weitere Dämonen, die das können, Satan eingeschlossen, aber bei Lilith läuft es wohl anders ab, besonders wenn es um Lust geht. Das geht wohl sogar so weit, dass sie jemanden ganz schnell in den Wahnsinn treiben kann, wenn sie mächtig genug ist. Frag nicht wie, ich habe keinen Plan, wo der genaue Unterschied liegt und wie das abläuft oder was nötig ist. Jetzt kommt aber das wichtige: Im Gegensatz zu Satan liegt es ihr als Verkörperung des Chaos in der Natur eben dieses zu verbreiten. Jegliche Instabilität macht sie stärker und schwächt somit Satan und alle ihm zugehörigen Dämonen, deine Brüder und dich eingeschlossen. Der Laufpass und ihr Sturz vom Thron waren sicher die Hauptgründe für ihre Rebellion, aber der Drang Chaos zu stiften, dürfte eine weitere Rolle gespielt haben. Und wo gibt es mehr Instabilität, Chaos und negative Gefühle als in einem Krieg?“ Auf erschreckende Art und Weise klang seine Vermutung logisch. Darum auch diese ganzen Grausamkeiten in Gehenna und Assiah. Sie tat es nicht nur aus Hass und Bosheit, sondern auch, weil es für mehr Panik und Angst sorgte und sie damit stärkte. Jetzt verstand er endlich, warum sie so häufig im Vorteil war. „Kann man sie überhaupt noch besiegen? Und falls ja, wäre das nicht schlecht für Vater? Ich meine, sie ist ihr Gegenstück. Assiah und Gehenna sind es ebenfalls und wenn da eine Welt vernichtet wird…“ Er hielt inne, er konnte nicht weitersprechen. Was wenn die Verbindung zwischen seinem Vater und Lilith wirklich so tief war, dass er starb, wenn sie es tat? Damit würde dann zusätzlich Gehenna und schlussendlich Assiah mitsterben. „Es würde ihn wohl…erschüttern.“, erwiderte Alastor ungewohnt vorsichtig. „Wahrscheinlich hätte es Einfluss auf alle Dämonen Gehennas, insbesondere die von Lilith geschaffenen, aber schlussendlich ist sie nicht wie Satan. Sie hat nicht seine Flammen und ist auf andere Weise geboren worden. Sollte es hart auf hart kommen, müssen wir wohl einen Ersatz für sie suchen, aber dafür kämen wohl nur du oder deine Brüder in Frage, mit Glück vielleicht ein Erzdämon, aber der würde niemals Liliths Stärke haben.“ Rin war noch nicht beruhigt, fast machte er sich sogar noch mehr Sorgen als zuvor. Was wann sie doch falsch lagen und Liliths Tod alle anderen mit in den Abgrund reißen würde? In diesem Fall blieb als einzige Möglichkeit, sie erneut zu versiegeln, aber dann würde sie wohl früher oder später zurückkommen und alles von vorne beginnen. Damit steckten sie dann in einem ewigen Kreislauf der Zerstörung fest. „Jetzt guck nicht so, es wird nicht das Ende der Welten auslösen.“, holte Alastor ihn in die Gegenwart zurück. „Gehenna hat die letzten Jahrtausende ohne Lilith überstanden, das wird sich nicht ändern, wenn die Irre endlich tot ist. Dann haben wir eine Sorge weniger, bis der nächste größenwahnsinnige Dämon kommt, aber mit dem dürfte Satan kurzen Prozess machen.“ Seine Worte sollten ihn eigentlich aufbauen, aber der Halbdämon fühlte sich nicht ansatzweise besser und konnte nichts anders, als sich die schlimmsten Szenarien auszumalen. Beide zuckten zusammen, als sie hörten wie die Türen aufflogen, gefolgt von lautem rufen und schnellen Schritten. Sie hatten noch Zeit sich anzusehen, dann sprang plötzlich etwas auf Rins Bett. Alastor, welcher bereits nach seinem Schwert gegriffen hatte, erstarrte, dann verdrehte er die Augen und verschränkte die Arme. „Sollte Vaya nicht auf euch aufpassen?“, knurrte er Mergi, Vritra und Lilu an, welche für einen Moment von seiner Anwesenheit überrascht wirkten dann zuckte Vritra mit den Schultern. „Wir wollten Rin besuchen. Mama hat gesagt, dass ihm jemand weh getan hat.“ Rin wollte zu einer Antwort ansetzen, wurde allerdings von weiteren hastigen Schritten und der erneut aufschwingen Tür unterbrochen. Vaya war dazu gekommen und schien bisher keinen einfachen Tag zu haben, wenn man ihre zerzausten Haare und das gerötete Gesicht beachtete. „Ich habe euch doch gesagt, dass ihr warten sollt!“, schnaufte sie verärgert. „Ihr könnt nicht einfach los rennen, was wenn ihr euch verlauft?!“

 

„Haben wir aber nicht!“, verkündigte Mergi grinsend. „Und du bist viel zu laaaangsaaaam. Also sind wir vorgegangen!“ Vaya rang sichtlich um Beherrschung, Alastor verdrehte nur die Augen. „Das ist mein Stichwort abzuhauen.“ Er wandte sich an Rin. „Tu uns allen 'nen Gefallen und lasse dich zumindest für einen Tag nicht in irgendwelche Fallen locken oder töten, kapiert? Es wird nicht immer jemand da sein, um dir den Arsch zu retten.“

 

„Das A-Wort darfst du nicht sagen, das ist ein böses Wort!“, rief plötzlich Mergi und sah ihn böse an. „Wenn du zu viele benutzt, fällt dir irgendwann die Zunge ab. Das sagen meine Mama und mein Papa immer.“ Sowohl Rin als auch Vaya mussten sich wegen Alastors Gesichtsausdruck das Lachen verkneifen. Zunächst schien er etwas sagen zu wollen, dann schüttelte er jedoch nur den Kopf. „Ja, ja...man sieht sich.“ Damit stapfte er davon, wobei er irgendetwas vor sich grummelt, was nicht sonderlich nett klang. Offenbar konnte er mit Kindern nicht sonderlich viel anfangen. Diese wandten sich nun an Rin und begannen ihn mit Fragen zu bombardieren, was Vaya schnell einschreiten ließ. „Jetzt lasst ihn Luft holen und kommt wieder runter. Rin soll sich eigentlich ausruhen und das kann er nicht, wenn ihr auf seinem Bett rumspringt.“, warf sie ein und setzte sich auf einen Stuhl. Daraufhin hörten die Kinder mit ihrem herumhibbeln auf und setzten sich stattdessen nur auf die Bettkannte, wobei sie Rin nach wie vor erwartungsvoll anstarrten. „Tut mir wirklich leid, sie wollten unbedingt zu dir.“, entschuldigte sich derweil Vaya bei ihm. „Agash ist sehr mit Jestan und Forcas beschäftigt, also hat sie mich gefragt, ob ich auf die drei hier aufpassen kann und dann waren sie plötzlich weg.“

 

„Schon ok.“, winkte Rin ab. Er fand es wirklich süß, dass die drei nach ihm sehen wollten. In den letzten Monaten hatte er öfter mit den Kindern zu tun gehabt und tatsächlich mochten sie ihn von Anfang an. „Ist denn alles wieder gut?“, fragte Lilu, während sie ihn mit großen Augen ansah. „Ja, klar. Alles in Ordnung.“, antwortete er schnell, während sein Blick erneut zu Vaya wanderte, die ihn nicht weniger besorgt ansah. Er ignorierte es jedoch und wandte schnell seinen Blick zurück zu den Kindern. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Vritra ein Buch unter dem Arm geklemmt hatte. „Wenn du willst, können wir dir was vorlesen. Das machen Mama und Papa immer, wenn wir krank sind.“, bot diese unerwartet an. Ziemlich überrumpelt geriet der Halbdämon daraufhin ins Stottern. „Danke, ist schon ok-„

 

„Wie wäre es, wenn ich etwas vorlese?“, mischte sich plötzlich Vaya ein. „Bestimmt geht es Rin dann bald besser und ihr könnt sogar die Geschichte aussuchen.“ Sie warf Rin einen Blick zu, welcher keiner Telepathie bedurfte: Bitte sag ja, dann sind sie beschäftigt. Zögerlich nickte der Nephilim, woraufhin die Kinder freudig auf und ab wippten. „Kannst du bitte "Die Sirene und die Harpyie" vorlesen?“, bat Lilu. „Ich möchte lieber "Der Wald der hängenden Leichen" hören!“, widersprach Mergi, was Rin einen Schauer über den Rücken jagte. Um was für Geschichten ging es hier genau? „Und ich "Spiegelschatten" und "Die schwarzen Augen"!“, fügte Vritra hinzu. „Wie wäre es, wenn wir alle drei lesen? Wir haben genug Zeit und Rin hat sicher nichts dagegen, oder?“ Natürlich schüttelte der Nephilim den Kopf, woraufhin die Kinder zufrieden wirkten und nickten. „Gut, dann fangen wir mit "Die Sirene und die Harpyie" an.“, legte die Dämonin fest, schlug das Buch auf und begann zu lesen. Hoffentlich waren die Geschichten kinderfreundlicher als sie klangen.

 

 

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„Das dauert zu lange…irgendwas muss passiert sein!“, murmelte Iblis nervös, während er auf und ab ging. Unsicher schaute er zu seinem Bruder, welcher ihm schräg gegenüber an der Wand lehnte und wie erwartet mit seinen Haaren spielte. Er schien in Gedanken versunken, da er im Gegensatz zu sonst nicht am laufenden Band plapperte und nicht auf Iblis reagierte. „Hey, Egyn!“, zischte dieser scharf und ließ den blauhaarigen zusammenzucken. „Da stimmt was nicht!“, wiederholte er und blieb ruckartig stehen. „Irgendwas ist schief gegangen!“

 

„Geben wir ihnen noch ein paar Minuten, dann verschwinden wir. Wir gehen schon ein Risiko ein, indem wir in diesen Tunneln warten, wir sollten es nicht noch schlimmer machen.”, warf Egyn widerwillig ein. Offenbar wollte er genauso helfen, aber beide wussten, dass sie nicht durften, andernfalls würden sie ihren Auftrag gefährden. „Der Angriff hat bereits begonnen, bei dem Chaos werden sie gute Chancen haben.“

 

„Hoffen wir’s.“ Es war wirklich ein Glücksfall gewesen, dass nur kurz nachdem er in dem Zimmer angekommen war, auch Egyn dazu kam und wusste, wie man den Geheimgang öffnete, andernfalls würde er momentan festsitzen. Besser fühlte er sich deswegen aber nicht. Beide von einer gewaltigen Erschütterung aus den Gedanken gerissen, welche sie zusammenzucken und mehrere Steinchen von der Decke rieseln ließ. „Ok, allerspätestens das sollte ihnen genug Zeit geben.“, stellte Iblis fest und starrte in die Richtung, aus der der Rest ihre Gruppe hoffentlich bald zu ihnen stoßen würde. ‚Kommt schon, Leute. ˈNe bessere Gelegenheit kommt nicht mehr.′

 

 

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Halphas rappelte sich fluchend vom Boden auf und sah sich nach dem Rest der Gruppe um. Genau wie er waren sie durch die Erschütterung umgeworfen worden und versuchten ebenfalls wieder auf die Beine zu kommen. Zwar hatten sie gewusst, dass der Angriff bereits lief, aber mit einer derartigen Erschütterung hatten sie nicht gerechnet. Beschweren würden sie sich natürlich nicht. Die Gänge waren voller Dämonen, die in verschiedene Richtungen liefen und Befehle brüllten. Ohne große Wahl ließen sie sich vom Strom mitreißen, bis es ihnen schließlich gelang, in einen leeren Gang auszuweichen und ihren Weg fortzusetzten. Inzwischen waren sie guter Dinge, keiner würde jetzt noch auf sie achten. Umso überraschender war es, als sie auf eine einzelne Person trafen, mit der Halphas dummerweise auch noch zusammenstieß. Der erschrockene Laut des anderen Dämonen verriet, dass eine Frau war, doch das Geschlecht war momentan ihre geringste Sorge. Erschrocken starrten sie die Dämonin, welche sie dank der verhüllten Gesichter noch nicht erkannt hatte, an. Schock war die erste Empfindung, die sie durchfuhr, dicht gefolgt von grimmiger Entschlossenheit notfalls das zu tun, was nötig war. So ging es zumindest Ankou, Halphas hatte jedoch aus verständlichen Gründen eine Kurzschlussreaktion und sprach die Dämonin mit heiserer Stimme an. „Kaliya?“ Seine Stimme zitterte, als er den Namen seiner ehemaligen Geliebten aussprach. Er hatte sie seit ihrem Verrat und damit seit der ersten Rebellion nicht mehr gesehen, jeglicher Versuch sie zu finden oder Kontakt aufzunehmen war gescheitert, daher war ihr plötzliches Aufeinandertreffen umso schwieriger. Für einen Moment hoffte er, sie würde seine Stimme nicht erkennen und sie konnten weitergehen ohne dass sie jemals erfuhr, in wen sie gerannt war, doch natürlich war das Wunschdenken. „Halphas?“, krächzte die Weißhaarige hervor und schaute ihn nicht weniger überrascht an. Für einige Sekunden sagte keiner etwas, dann wandte sich die Dämonin überraschenderweise ab. „Geht einfach. Ich habe euch nicht gesehen.“, sagte sie dumpf und lief davon, ohne sich noch einmal umzusehen. Natürlich wollte der Feuerdämon ihr folgen, aber seine beiden Begleiterinnen hielten ihn zurück. „Keine Zeit, wir haben das Glück schon genug herausgefordert.“, zischte Ankou. „Also Bewegung.“ Unsicher schaute der Feuerdämonin ein letztes Mal in die Richtung, in die Kaliya verschwunden war, dann nickte er und folgte ihnen wortlos. Der Rest des Weges verlief ereignislos, bis sie beinahe an ihrem Ziel angekommen waren. Offenbar waren inzwischen die ersten in das Schloss eingedrungen, denn der Kampfeslärm war nun auf den Gängen zu hören. Zwar war es noch nicht allzu laut, aber laut genug, dass sie nicht sofort das schwere Atmen hörten. Erst als sie die Ecke bogen, hörten sie es und sahen, woher es kam. An einer Wand lehnte Khara, beiden Hände auf den Unterkörper gepresst, wo langsam Blut durch seine Finger sickerte. „Khara!“, rief Jahi erschrocken und wollte zu ihnen, doch der Rakshasa machte einige Schritte von ihr weg und stolperte dabei zu Boden. „Nicht herkommen, das ist-“

 

„Hey, nicht vorsagen, du versaust mir meinen Auftritt.“, wurde er von der selbstgefälligen Stimme Invidias unterbrochen. Diese kam grinsend auf einer der Türen hervor, neben ihr stand Avaritia, die im Gegensatz zu der Grünhaarigen nur noch genervt wirkte. „Vidia, bringen wir’s hinter uns und hör auf mit deinem Drama, ich kann’s nicht mehr hören.“, knurrte sie und wandte sich an die drei Dämonen vor ihr. „Wo ist der Spiegel?“, fragte sie ohne Umschweife. „Weg. Iblis hat ihn und er ist längst aus dem Gebäude raus. Wahrscheinlich hat Satan ihn schon.“, erwiderte Ankou mit einer gewissen Genugtuung. „Ihr habt immer noch nicht gelernt, wie man mit Infiltrationen umgeht.“

 

„Große Töne. Dennoch war es nicht schwer sich in Satans Palast zu schleichen und das Hauptquartier der Exorzisten war auch kein Problem.“, höhnte Invidia. „Was soll das heißen?“, fragte Halphas scharf. Wann hatten sie sich denn in das Exorzistenhauptquartier geschlichen? „Während ihr weg wart, haben sich Gula und einige unserer Leute durch einen der alten Tunnel eingeschlichen und die Vorräte vergiftet. Für eure Leute ist es gelaufen, genau wie für den Nephilim und Azazel.“, verkündete Invidia ausgelassen und grinste breit. „Selbst wenn ihr hier gewinnt, ihr fangt wieder komplett bei null an.~“

„Du lügst doch, sobald du den Mund öffnest.“, konterte Jahi kalt. „Warum sollten wir etwas auf dein Wort geben?!“ Die Gestaltwandlerin zuckte mit den Schultern. „Das ist mir ziemlich egal, ihr werdet sowieso sterben.“ Ihr Blick wanderte zu Jahi und ihr Gesicht verdüsterte sich sofort. „Nur du nicht. Dich lassen wir für deinen Verrat leiden.“, sagte mit kalter, beinahe emotionsloser Stimme, welche jedoch schnell wieder fröhlich wurde, ebenso wie ihr Gesichtsausdruck. „Ich habˈ da nämlich vor einer Weile was in diesem Fernding der Vergänglichen gesehen, was ich gerne mal ausprobieren würde.~ Bisher hatte ich noch nie die Gelegenheit, jemanden langsam den Brustkorb aufzureißen.~“

 

„Woher wusstest du überhaupt, dass Khara uns geholfen hat?“, mischte sich Ankou ein, woraufhin Avaritia mit den Schultern zuckte. „Glück. Uns kamen einige Dämonen entgegen, die meinten, Ira hätte ihnen neue Befehle gegeben, dabei war sie ganz woanders und andere haben gesehen, wie Khara auf dem Weg dort hin war. Es braucht kein Genie, um eins und eins zusammenzuzählen.“ Das erklärte wohl einiges. Halphas verfluchte sich selbst, weil sie nicht daran gedacht hatten, aber jetzt war es zu spät. „Der Angriff ist bereits in vollem Gange und Satan dürfte jede Minute eintreffen. Tut euch selbst einen Gefallen und kapituliert.“, versuchte Ankou unterdessen ihr Glück, doch natürlich lachte die Grünhaarige lachte nur. „Wir sollen aufgeben? Nur wegen ein paar Verlusten? Ihr scheint zu vergessen, dass wir nach wie vor ganz Gehenna unter Kontrolle haben und damit über wesentlich mehr Ressourcen verfügen.“

 

„Dafür werdet ihr von allen gehasst und sie warten nur auf eine Gelegenheit euch los zu werden. Ohne die Bevölkerung Gehennas seid ihr gar nichts.“, hielt Halphas dagegen und erwischte damit einen Nerv. „Wir haben zu lange auf diesen Moment gewartet und dieses Mal kommt ihr uns nicht in die Quere!“, fauchte Invidia, ließ einige ihrer Finger zu Klingen werden und presste sie Khara an den Hals. „Fangen wir gleich mit diesem Verräter an. Ich würde ihn ja ebenfalls foltern, aber ehrlich gesagt, ist er meine Zeit nicht wert.“

 

„Wage es ja nicht!“, fauchte Jahi und trat einige Schritte nach vorne, alle wussten allerdings, dass sie nie rechtzeitig ankommen würde oder eine Chance hatte. „Sonst was?“, kam die höhnende Antwort. „Du konntest nicht mal deine Geschwister retten, was willst du da schon tun?“

 

„Schon gut, Jahi. Das war meine Schuld.“, presste Khara hervor. „Sie will dich nur reizen, das ist es nicht wert-“

„Klappe!”, zischte die Aveira gereizt. „Beenden wir es.” Khara warf Jahi einen letzten Blick zu. „Danke, für alles.“, waren seine letzten Worte, dann schlitzte Invidia ihrem Gefangenen den Hals auf und ließ ihn zu Boden fallen. Jahi schrie auf und stürmte nach vorne, doch die Todsünde war schneller und bevor jemand wusste, was passiert war, lag die Feuerdämonin am Boden und umklammerte ihr Bein. Halphas erkannte schnell, dass ihre Achillessehne durchtrennt war, folglich würde sie die für die nächsten Minuten nirgends hingehen. Dummerweise bedeute das auch, dass er und Ankou den beiden Todsünden allein gegenüber standen und keine Chance hatten, außer sie hatten verdammt viel Glück. Ihr einziger Vorteil war, dass allgemein bekannt war, wie sehr Invidia (und auch einige ihrer Schwestern) Feuer verabscheutem nachdem sie bei der ersten Rebellion schwer verbrannt worden waren. Egal wie gut die Selbstgeneration war, der Schmerz blieb stets gleich schlimm. Daher zögerte Halphas nicht lange mit seinem Angriff, aber natürlich rechneten sie bereits damit und wichen aus. Ankou zog ebenfalls ihre Waffe und hielt auf Avaritia zu, welche sofort konterte. Halphas versuchte erneut sein Glück bei Invidia, nur war sie wesentlich flinker und wendiger als er, weswegen es schwer war, sie zu treffen. Beinahe verfluchte er sich dafür, Iblis und Egyn weggeschickt zu haben, er könnte sie momentan wirklich gut gebrauchen. Theoretisch mussten sie nur durchhalten, bis ihre Truppen hier ankommen, allerdings hatte er bereits den schleichenden Verdacht, dass ihnen dies nicht gelingen würde. Am Rande sah er, wie Jahi versuchte, sich aufzurichten, allerdings sofort wieder zusammensackte. Dennoch versuchte auch sie, die beiden Todsünden mit Feuer anzugreifen, was sie tatsächlich im kalten erwischte, jedoch nur für wenige Sekunden. Erst als Halphas ihnen eine Feuerwand entgegenschickte, landete er endlich einen Treffer, leider hielt der Triumph nur wenige Sekunden an. Der nächste Angriff ließ ihn durch die Wand krachen und in dem Saal dahinter landen. Dabei durchfuhr ein fürchterlich Schmerz seinen Körper und er spürte, wie Blut seinen Rücken hinunter lief. Avaritia hatte die Struktur des Boden verändert und mehrere scharfe Steinspitzen erzeugt, auf denen er gelandet war und irgendwie seine Rüstung und ihn zum Teil mit durchbohrt hatten. Wahrscheinlich hatte sie es während ihres kurzen Schlagaustausches irgendwie geschafft, ihn zu berühren und das Material seiner Rüstung manipuliert. Er konnte nicht einschätzen, wie tief die Spitze genau in seinem Körper war, aber es war zweifellos tief, denn er konnte sich nicht befreien und damit nicht die Wunde heilen. Ankou war ihm ebenfalls in den Saal gefolgt, um zu helfen, geriet allerdings sichtlich in Bedrängnis und war an der Schulter verletzt. Dennoch weigerte sie sich aufzugeben und kämpfte verbissen. Inzwischen war es Jahi endlich gelungen, aufzustehen und sich am Kampf zu beteiligten, auch wenn sie immer noch ein wenig hinkte. Weswegen ausgerechnet die Achillessehne so verdammt lange zur Regeneration brauchte, hatte er noch nie begriffen. Dennoch wurde schnell klar, dass sie unterlegen waren und ohne baldige Hilfe besiegt werden würden. Halphas freundete sich bereits mit dem Gedanken an, hier sein Leben zu lassen, als das Schicksal ein weiteres Mal Mitleid hatte. Plötzlich schrie Invidia auf, als sie von einem Angriff von hinten verbrannt wurde. „Macht wohl keinen Spaß, wenn man es selbst ist, der von hinten angegriffen wird, was?”, ertönte Iblis Stimme, der die grünhaarige Sünde selbstgefällig anstarrte. Neben ihm standen Egyn und einige weitere Dämonen, welche alle in Kampfposition gingen. „Tut uns leid, dass es so lange gedauert hat, aber es hat ˈne Weile gedauert den Spiegel abzuliefern, zurückzukommen und sich dann hier her durchzukämpfen, der Geheimgang war dann ja zu.”, fuhr er fort, dieses Mal in Richtung Jahi, Ankou und Halphas. Avaritia war derweil wie vom Erdboden verschwunden und hatte ihre Schwester zurückgelassen. Überraschend war es nicht, immerhin schien sie bereits von vorneherein keine Lust auf diesen Kampf gehabt zu haben. Damit dürfte der Kampf hoffentlich vorbei sein.

 

 

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„Gib auf, Invidia. Du bist allein und die restlichen Truppen werden jeden Moment hier sein.”, sprach Egyn die Gestaltwandlerin an. Er war wirklich erleichtert, rechtzeitig angekommen zu sein, zumindest zum Großteil. Kharas Leiche hatten sie bereits gesehen, aber darum würden sie sich nachher Gedanken machen. Invidia schnaubte abfällig. „Träum weiter, du dämlicher Wasserlurch.”, zischte sie und richtete sich wieder auf. Mehrere von Liliths Leuten waren zu ihrer Unterstützung gekommen, allerdings wirkten die wenigsten motiviert genug, um gegen zwei Dämonenkönige zu kämpfen. „Wie eine Enttäuschung wie du Dämonenkönig werden konntest, ist mir ein Rätsel. Du bist genauso schwach wie deine Mutter.”, spottete sie und ließ den Wasserdämonen damit zusammenzucken. Sogar nach all diesen Jahren tat es immer noch weh, darüber zu sprechen oder nachzudenken. Es war natürlich klar, dass Invidia darauf zurückgreifen würde, aber was dann kam, ließ den Baal um Fassung ringen. „Ich frage mich, ob du sich auch so leicht verschleppen und brechen lässt wie sie. Bisher hatte ich nie so viel Spaß mit jemanden gehabt.~”

 

„Halt den Mund.”, knurrte Egyn, konnte aber bereits spüren wie seine Dämonenmale langsam hervor kamen. So ruhig er auch normalerweise war, dieses Thema war für ihn etwas, dass ihn in Sekunden auf 180 brachte. „Du weißt gar nichts über meine Mutter.”

 

„Oh, doch.~”, säuselte Invidia und lehnte sich grinsend ein Stück nach vorne. „Ich war es nämlich, die sie abgefangen und Lilith übergeben hat. Und zusammen mit Lux und Acedia war ich es auch, die ihren Verstand zerstört hat. Hast du dich niemals gewundert, warum sie immer dachte, ihr wärt alle nicht echt? Die arme wusste irgendwann nicht mehr, was Illusion und was real war, es war wirklich witzig mit anzusehen. Es muss wirklich schlimm gewesen sein, wenn man nicht mehr von der eigenen Mutter erkannt wird. Leider hat sie so schnell nachgegeben. Sie war so verzweifelt, hat immer nach deinem Vater, ihrer Schwester und ihren Eltern geschrien…zu schade, dass du das nicht mit ansehen konntest und zu schade, dass ich nicht mit ansehen konnte, wie sie am Ende ganz durchgedreht ist.” Erneut lachte sie und Egyn riss endgültig der Geduldsfaden. „DU!”, fauchte er hasserfüllt und machte sich nicht länger die Mühe, die Kontrolle zu behalten. Er spürte, wie seine Zähne und Ohren länger wurden, seine Hörner hervortraten und sogar die Flügel standen kurz davor, herauszubrechen, aber es kümmerte ihn nicht länger. Es war ihm egal, wenn er jetzt die Kontrolle verlor, so lange er dabei Invidia töten konnte. „Nein, der Tod ist nicht gut genug für sie. Sie sollte leiden, um sie ist es nicht schade. Lass sie schreien.~”, flüstert sein Dämoneninstinkt ihm zu und zum ersten Mal seit so vielen Jahren widersprach er nicht. Niemand würde dieses Monster vermissen, er täte beiden Welten einen Gefallen, wenn er die Todsünde vernichten würde. Jemand griff ihn am Arm und versuchte ihn zurückzuziehen, doch er fauchte nur abfällig und schüttelte die Hand ab. Wenn sich jemand ihm in den Weg stellen wollte, würde er denjenigen ebenfalls beseitigen. „Egyn, nicht!”, hörte er Iblis Stimme. „Sie will dich nur reizen und hinhalten. Jetzt ist nicht die Zeit!” Für den Bruchteil einer Sekunde hielt der Wasserdämon inne, aber dann ging er weiter, als wäre nichts passiert. Mehrere Dämonen stellten sich ihm in den Weg, doch sie starben schnell. Er benutzte nicht einmal mehr seine Waffen, seine Krallen und notfalls die Zähne reichten vollkommen aus. Wieder wurde am Arm gegriffen, dieses Mal wesentlich fester als zuvor. „Egyn, es reicht, du verlierst die Kontrolle!”, wurde er angefaucht. „Glaubst du etwa, deine Mutter hätte das gewollt?! Das ist es nicht wert.” Zunächst wollte Egyn protestieren, es war den Kontrollverlust mehr als wert, doch noch im selben Moment kamen Zweifel hoch. Wenn er wirklich die Kontrolle verlor, würde er vielleicht auch seine eigenen Leute, Freunde und Familienmitglieder anfallen. Vielleicht sollte er-

 

Ein scharfer Schmerz in seiner Wange holte ihn in die Gegenwart zurück. „Ankou, wirklich?”, hörte er Halphas fragen. „Was denn? Es hat ja offensichtlich funktioniert.”, kam die schnippische Antwort. Egyn blinzelte verwirrt, sein Verstand wurde langsam wieder klar und die Umgebung wieder deutlicher. Endlich wurde ihm bewusst, dass Invidia längst verschwunden und er selbst von einem Haufen Leichen umgeben war. Offenbar war er in einen wesentlich tieferen Blutrausch gefallen, als er bemerkt hatte. Vereinzelt wurden noch Kämpfe ausgetragen, aber diese kamen langsam zum Ende. „Egyn, ist alles klar?”, hörte er Iblis besorgt fragen. Noch immer ein wenig verwirrt schaute er zu seinem Bruder, der ihn mit einem seltsamen Blick betrachtete. „…Was…ist passiert?”, murmelte der blauhaarige matt. „Du hast fast komplett die Kontrolle verloren und wolltest Invidia angreifen, aber mehrere ihrer Leute haben sich dir in den Weg gestellt. Du hast sie dann erledigt und in der Zeit ist sie abgehauen.”, erklärte Iblis zerknirscht. „Wir sind ihr nicht gefolgt, weil wir dachten, dass sie das wahrscheinlich plant und uns nur in eine Falle locken will.”, fügte Ankou hinzu, während Halphas zustimmend nickte. Egyn sagte nichts und rieb sich den schmerzenden Kopf. So schnell hatte er noch nie die Kontrolle verloren, er konnte von Glück reden, dass sie ihn so leicht daraus zurückholen konnten. Trotzdem fühlte er sich seltsam leer. Er hatte niemals erfahren, wer genau seine Mutter hatte verschwinden lassen und wieso sie ihn nicht mehr hatte erkennen können, aber dank Invidia war es nun mehr als deutlich geworden. Damit war sein nächstes Ziel jedoch klar: Er würde sie zahlen lassen. Nicht nur wegen seiner Mutter, sondern wegen jedem, dem sie geschadet hatte.

 

 

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Der Angriff auf Versailles ging schleppend voran. Zwar hatten Iblis und Egyn inzwischen den Spiegel stehlen können, aber Liliths Leute leisteten dennoch erbitterten Widerstand. Zudem hatten sie durch die Kämpfe in Paris viel Zeit gehabt, sich vorzubereiten und das machte sich bemerkbar. Das war allerdings nicht das größte Ärgernis, denn wie Satan hatte feststellen müssen, waren Lilith und der größte Teil ihrer Armee nicht anwesend. Die Dämonin hatte wahrhaftig ein unbestreitbares Talent darin, ihren Hals aus der Schlinge zu ziehen. Ob nun Zufall oder Absicht, sie hatte ihre Hauptstreitmacht rechtzeitig abgezogen und war ebenfalls spurlos verschwunden, trieb sich jedoch noch immer in Assiah herum. Warum konnte er nur erraten, möglicherweise traf sie sich mit Politikern in den Ländern unter ihrer Kontrolle oder anderen Verbündeten. Umso verwirrter war er, weswegen sie den Spiegel mit Azazels Seelenteil so einfach holen konnten. Es war sehr unwahrscheinlich, dass Lilith einen derart wertvollen Gegenstand zurückließ, egal wie eilig sie es gehabt hatte. Damit würde er sich allerdings beschäftigen, wenn es vorbei wäre. Dieser Kampf wandelte sich zu einem Sieg für sie, doch so oder so lief es wohl darauf hinaus, dass der Endkampf in Gehenna stattfinden würde. Wahrhaftig nicht, was sich der Dämonengott erhofft hatte, doch er musste es akzeptieren. Nur kurz darauf waren sie endlich durchgebrochen und drangen in das Schloss ein. Die Aveira waren offenbar ebenfalls geflohen, zusammen mit weiteren hochrangigen Dämonen aus Liliths Reihen. War Lilith klug und ließ sich nicht von ihrem Stolz blenden, würde sie Assiah vorerst aufgeben und sich nach Gehenna zurückziehen. Damit stellte sich jedoch das nächste Problem ein: Damit hätte sie direkten Zugang zu den Urflammen und Satan traute es ihr durchaus zu, diese zum Erlöschen zu bringen und damit beide Welten zu zerstören, wenn eine Niederlage nicht länger abwendbar war. In die Ecke gedrängte waren immer die gefährlichsten und die Dämonengöttin war da keine Ausnahme. Ihre Leute waren inzwischen zu reinen Verzweiflungstaten übergegangen. Mehrere Dämonen versuchten den König Gehennas anzugreifen, dieser äscherte sie sein, ohne sie auch nur anzusehen. Ihm war jetzt wichtiger, diesen Kampf zu beenden und Iblis und Egyn zu finden. Diese hatten darauf bestanden, direkt zurückzugehen und ihren Freunden zu helfen, sollten diese es nötig haben. „Tötet jeden, der sich nicht ergibt und nehmt möglichst viele hochrangige gefangen. Sollten Kult- oder Zirkelmitglieder hier sein, tötet sie direkt.”, erinnerte der Herrscher Gehennas seine Truppen, bevor er seinen Weg fort setzte. Die Exorzisten sah er momentan nicht und es war ihm ohnehin egal. Er traf auf Lucifer und Amaimon, welche ihm berichteten, dass alle anderen ebenfalls durchgebrochen waren und Liliths Leute überrannten. Kurz darauf kamen Paymon und Tap hinzu, welche berichteten, mehrere dutzende gefangene Menschen gefunden zu haben. Allesamt waren sehr schwach auf den Beinen und ziemlich abgemagert, sogar mehrere Jugendliche und Kinder waren dabei. Offenbar hatte man sie als Blutquelle für die Alukah verwendet. Es bestand kein Zweifel, dass sie schon bald jede Menge blutleere Leiche finden würden. Das zeigte nur, dass Lilith ruchloser wurde. Früher hätte sie keine Kinder den Alukah vorgeworfen, eine der wenigen halbwegs guten Dinge, die man über sie sagen konnte. Langsam kamen die Kämpfe zum erliegen und man einigte sich darauf, die Menschen durch Exorzisten und Mitglieder der Illuminati möglichst schnell von hier wegzubringen, damit sie versorgt werden konnten. Schlussendlich war es endgültig vorbei und ihre Gegner waren entweder tot oder gefangen. Inzwischen war er auf seine restlichen Kinder gestoßen, auch Ankou, Halphas und Jahi waren dabei, wobei letztere sichtlich aufgelöst wirkte und offenbar geweint hatte. Damit war sie allerdings nicht die einzige, zusätzlich war Egyn sichtlich neben der Spur. Er hatte kein Wort gesprochen und sein Gesicht wirkte leer. Natürlich machte er sich sofort Sorgen, aber bevor er nachfragen konnte, was passiert war, trat der Paladin an ihn heran. „Versailles ist gesichert, Liliths Leute sind besiegt und wir konnten die Gefangenen befreien und behandeln sie momentan. Lilith selbst war aber nirgends aufzufinden.”, verkündete Angel erschöpft klingend und bestätigte damit, was Satan bereits gespürt hatte. „Ja, das dachte ich mir bereits.”, erwiderte er ruhig, auch wenn er das unterdrückte Missfallen des blonden Exorzisten teilte. „Sie kann sich aber nicht ewig verstecken, nach dieser Niederlage wird sie sich nach Gehenna zurückzuziehen, alles andere wäre Wahnsinn.”

 

„Nun, dann haben wir Glück, dass wir es nicht mit einer wahnsinnigen, sadistischen, manipulativen Dämonengöttin zu tun haben.”, antwortete der Paladin mit unerwartet trockenem Sarkasmus und überraschte den Dämonengott damit. Er hätte nicht gedacht, dass der Mann dazu in der Lage war. Immerhin verstand er es so gut wie nie, wenn andere es taten. „Ich kenne Lilith. Sie wird gerade wegen ihre Stolzes im Dreieck springen und alles Mögliche in Erwägung ziehen, aber sie weiß, dass ihr nichts anderes übrig bleibt. Sie ist arrogant, aber nicht dumm.” Angel schnaubte nur, verschränkte die Armen und ergriff nach einigen Sekunden erneut das Wort. Interessanterweise sah er dabei überall hin, nur nicht in das Gesicht Satans. „Du hast vorhin mehreren meiner Leute und mir das Leben gerettet. Ich sage es nicht gerne, aber Ehre wem Ehre gebührt. Ohne dich, wären wir vermutlich nicht so weit gekommen. Danke.” Für einen Moment meinte Satan, sich verhört zu haben und dem Rest ging es dabei nicht anders. Hatte sich der dämonenhassende Paladin soeben bei ihm bedankt, wenn auch sehr hervorgepresst klingend? Natürlich wusste der Herrscher Gehennas worum es ging, immerhin war es nicht lange her. Kurz vor ihrem Durchbruch waren der Paladin und mehrere Exorzisten eingekesselt worden und dadurch in eine missliche Lage geraten, aus denen ihnen ausgerechnet Satan geholfen hatte, indem er einen großen Teil ihrer Angreifer aus dem Weg geräumt hatte. Zugegebenermaßen war ihm im ersten Moment gar nicht klar gewesen, wie sie tief sie in der Patsche saßen, er war zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt gewesen. „Ich bin überrascht, dass du das zugibst und dich oben drauf noch bedankst, vor allem bei mir.”, kommentierte er daher, mehr als gespannt auf Angels Reaktion. „Es gefällt mir nicht.”, gab dieser missmutig zu. „Aber es ist, wie ich gesagt habe. Bis wir Lilith los geworden sind, werde ich unseren Konflikt beiseitelegen, das Wohl Assiahs und seiner Bewohner hat Priorität. Du hast mehrere meiner Leute gerettet, also bedanke ich mich. Gewöhne dich aber nicht zu sehr dran, wir sind deswegen keine Freunde.”

 

„Na, hört, hört!”, ertönte plötzlich Shuras Stimme. Scheinbar aus dem Nichts war die Exorzistin aufgetaucht und ging breit grinsend auf Angel zu. „Der Glatzkopf ist doch anständiger als gedacht und verträgt sich sogar mit Satan. Wenn das nicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft ist.~” Es war mehr als offensichtlich, dass sie den Paladin nur auf die Palme bringen wollte, aber dieser lief sofort röter als jede Tomate an. „Mach dich nicht lächerlich Shura!”, fauchte er wild gestikulierend. „Wir arbeiten wegen gemeinsamer Interessen zusammen, mehr nicht! Ich bin immer noch dein Vorgesetzter, also solltest du wirklich aufpassen, was du sagst!“ Shura interessierte das herzlich wenig, sie lachte weiter. „Getroffene Hunde bellen.~“, verkündete sie und ließ den Paladin noch mehr erröten, ob nun aus Scham oder Zorn war nicht länger erkennbar. Ruckartig drehte er sich und stapfte davon. „Ich werde sehen, wie es um die Versorgung der Geretteten steht und ob sie uns helfen können. Mach du dich besser auch mal nützlich.”, knurrte er, dann war er verschwunden. „Er lässt sich trotz allem genauso gut reizen wie sonst.”, stellte die Exorzistin zufrieden fest und wandte sich an Satan, der sie nur stumm anstarrte. „Ist was?” Der Dämonengott schüttelte langsam den Kopf. „Nein…du erinnert mich nur oft an jemanden, das ist alles.” Shura hob fragend eine Braue, doch Satan ging nicht weiter darauf ein. Er wollte nicht darüber reden und glücklicherweise verstand sie es. „Wenn das alles ist, möchte ich jetzt einen Moment allein mit meinen Söhnen.” Ein wenig überrascht nickte die Exorzistin und verschwand ebenfalls. „Egyn, was ist los?”, erkundigte er sich sofort und sah den Wasserdämonen durchdringend an. Als Egyn schwieg, stieß Iblis ihn mit dem Ellbogen in die Seite. „Nun sag schon.”, flüsterte er ihm matt zu. Der Wasserdämon zögerte, dann begann er mit sprechen. „Es war Invidia, die Mutter verschleppt hat und sie war mit schuld, dass sie den Verstand verloren hat. Wegen ihr, dachte sie immer, wir wären nicht echt.”, erwiderte er mit untypischer Kälte in der Stimme. „Wenn ich sie das nächste Mal sehe, töte ich sie.”

 

„Egyn, du solltest nichts überstützen-”, setzte Lucifer an, aber Egyn schüttelte den Kopf und unterbrach ihn. „Sie hat meine Mutter verspottet und auch so viele andere Leben ruiniert, ich lasse das nicht mehr zu! Das nächste Mal entkommt sie mir nicht mehr.” Satan und seine restlichen Söhne wechselten vielsagende Blicke. Natürlich war auch der Dämonenherrscher zornig darüber und er würde in jedem Fall zusehen, dass die Sünde dafür zahlte, aber es kam nicht alle Tage vor, dass Egyn jegliche Skrupel über Bord warf und schwor, jemanden zu töten. Er wusste wie derartige Rachefeldzüge enden konnte, er hatte es am eigenen Leibe erfahren und er wünschte es keinem seiner Kinder. „Wir werden uns um sie kümmern, wenn es so weit ist. Zuerst müssen wir diesen Krieg gewinnen.”, versuchte er daher die Situation zu entschärfen. „Wir haben den Spiegel, damit sollten wir Azazel befreien können. Ob er am nächsten Kampf teilnehmen kann, ist zweifelhaft, aber zumindest kann er sich dann wieder erholen.” Egyn sagte nichts, aber nickte zumindest langsam, ebenso wie der Rest. „Findet es niemand seltsam, dass sie den Spiegel zurückgelassen hat?”, warf Samael ein. „Sie hat sich offenbar zurückgezogen, warum sollte sie ihn zurücklassen?” Damit sprach er aus, was der Rest bereits dachte. „Das werden wir noch herausfinden, jetzt beeilen wir uns erst mal, alles hier in Ordnung zu bringen und zur Basis zurückzukehren.” Trotz seiner Worte konnte er nicht anders, als die ganze Zeit darüber nachzudenken. ‚Was hast du geplant, Lilith?′

 

 

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Lilith spürte die Erschütterung noch bevor ihre Leibwachen in den Raum stürmten und von dem Angriff auf Versailles berichteten. Sie war gerade in einem Treffen mit mehreren Politikern der ihr unterstehenden Nationen, um neue Anweisungen zu geben und sie an die Folgen im Falle von Versagen zu erinnern, daher hätte das Timing wirklich besser sein können, aber schlussendlich änderte es nichts. Vier eingeäscherte Menschen später (sie hatten immer noch nicht begriffen, dass Dämonen Gedanken lesen und damit verräterische Ideen mitbekommen konnten) schickte sie die Gruppe von dannen. Ihr blieb keine Wahl mehr, sie musste sich nach Gehenna zurückziehen und dort neu planen. Damit würde sie zwar ihren Griff in Assiah verlieren, doch darum würde sie sich kümmern, wenn Satan und seine Söhne nicht länger ein Problem darstellten. Dennoch hatte sie es sich natürlich nicht nehmen lassen, ihnen einige Abschiedsgeschenke da zu lassen. Immerhin musste sie ihrem Beinamen als Göttin des Chaos gerecht werden. „Haben sie den Spiegel gefunden?”, fragte sie Luxuria, welche bisher neben Ira still in einer Ecke des Raumes gestanden hatte. Diese nickte. „Laut Invidia ja. Wäre es nicht einfacher gewesen, ihn zu zerstören?”

 

„Damit hätte ich mir selbst geschadet.”, erwiderte die Dämonin schnippisch. „Auf diese Weise habe ich ein Problem weniger. Ist alles für den Rückzug nach Gehenna bereit?” Dieses Mal war die Frage an Ira gerichtet. „Ja, aber ich bin nicht sicher, ob die Menschen auf Euch hören werden.”, kam die Antwort. „Ihr verlangt, dass sie Teile ihrer eigenen Nation vernichten. Sie sind dumm, sie fürchten das Chaos.” Lilith schnaubte abfällig. „Chaos ist willkommen, wenn die Ordnung versagt und das hat sie unzählige Male. Aus Chaos entsteht neues und wenn ich die ganze Welt niederbrennen muss, um das goldene Zeitalter einzuleiten, dann sei es so.” Ira und Luxuria wechselten Blicke, die sie gekonnt ignorierte. „Ihr könnt gehen.”, entließ die rothaarige sie schließlich, was sie wortlos taten. ‚Dann wollen wir doch mal sehen, was Satan von meinen Überraschungen hält…′

 

 

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„Azazel, hör auf, auf und ab zu gehen. Das bringt niemanden etwas und du solltest dich wirklich ausruhen.” Ruha klang besorgt und meinte es natürlich nur gut, aber der Geisterkönig schüttelte den Kopf. „Hätte nicht gedacht, dass ich das mal sage, aber ich habe genug vom rumliegen. Diese Warterei macht mich krank. Vater, meine Brüder, meine Freunde, meine Untertanen…die kämpfen alle oder machen sich sonst nützlich und ich hocke hier und drehe Däumchen. Finde den Fehler.”, knurrte er frustriert. „Mir sagt keiner irgendwas, also weiß ich nicht mal, ob es Neuigkeiten gibt.”

 

„Vielleicht sind keine Neuigkeiten sogar gute. Habe ein wenig Vertrauen, ich bin sicher, dass es nicht mehr lange dauert.”, versuchte die Dämonin ihn zu beruhigen. „Versuche, zu schlafen. Du brauchst es.” Azazel wollte widersprechen, wurde aber von der aufgehenden Tür unterbrochen. Zu seiner Erleichterung war es nur Christina, die ihm sein Essen vorbei brachte. Er hatte sie seitdem sie Rin hier erwischt hatte, nicht mehr gesehen, weswegen er umso überraschter war. „Tut mir leid, ich war anderweitig beschäftigt.”, beantwortete sie die unausgesprochene Frage. „Aber ich habe gute Nachrichten: Lord Satan und die Dämonenkönige haben gewonnen und kehren zurück, leider ist Lilith mit dem Großteil ihrer Armee entkommen.” Azazel atmete erleichtert auf, auch wenn er enttäuscht war, dass die Dämonengöttin wieder einmal davon gekommen war. „Verstehe…sonst noch was?”

 

„Nein, ich wollte nur Bescheid geben. Nach dem was ich gehört habe, konnten sie sogar den Spiegel bekommen. Ihr werdet also bald frei sein.”

 

„So schnell freue ich mich nicht. Ich glaub erst dran, wenn es funktioniert hat.” So wie er Lilith kannte, hatte sie sich zweifellos irgendwelche Gemeinheiten ausgedacht, um ihnen das Leben schwer zu machen. „Und sag ihnen bitte, dass sie sofort herkommen wollen.”, fügte Ruha hinzu. „Ich brauche Satans Hilfe, um mich hier fest zu verankern. Ich möchte möglichst lange hier bleiben und versuchen zu helfen.” Die Hexe nickte, stellte das Essen ab und wandte ich zum gehen. „Schon unterwegs.” Damit war sie schon wieder verschwunden und Azazel wandte sich an seine Mutter. „Es kann nicht so einfach sein, oder?”, fragte er zweifelnd. Ruha zuckte mit den Schultern und seufzte. „Schwer zu sagen, wir müssen jetzt abwarten.”

 

 

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Die Rückreise zum Vatikan verlief ereignislos wie erwartet. Satan war mehr als dankbar dafür, einen Moment der Ruhe zu haben und zudem endlich zu Rin und Azazel zurückzukehren. Zum einen um nach Rin zu sehen und zum anderen, weil der Geisterdämon immer schwächer wurde und inzwischen jeder Tag zählte. Keiner protestierte, als er verlangte, Rin zu sehen und somit machte er sich mit seinen restlichen Söhnen auf den Weg zur Krankenstation, wo sie den Nephilim zusammen mit Vaya und Amons Kinder vorfanden. Diese entschuldigten sich, damit sie unter sich waren. Kaum waren sie aus dem Zimmer, umarmte er seinen jüngsten Sohn. „H-Hey Luft!”, versuchte dieser zu protestieren, doch so leicht, kam er nicht davon. Auch vom Rest musste er Umarmungen und Sorge über sich ergehen lassen. Diese hatten erst auf dem Rückweg von dem Zwischenfall erfahren und waren entsprechend angespannt gewesen. Nachdem sich endlich alle beruhigt hatten, erzählte Rin, was passiert war und wie er Gula getötet hatte. Satan konnte nicht anders, als einen gewissen Stolz zu empfinden, doch sagte nichts weiter dazu, da er ganz genau wusste, wie schwierig es für Rin gewesen sein musste. Jemanden zu töten ging nicht spurlos an einem vorbei, zumindest wenn man in Rins Alter und halbwegs normal war. Sicher, er hatte schon niedere Dämonen mit seinen Flammen getötet, aber das war eben doch etwas anders, als jemanden mit einer Waffe eigenhändig zu töten. Derweil freute sich Iblis, dass Rin sich mit dem von ihm geschenkten Dolch hatte zur Wehr setzen können, doch war immerhin taktvoll genug, es nicht zu sehr breit zu treten. Allerdings war es nicht das einzige, was Rin auf der Seele brannte, das spürte Satan. Als dieser fragte, zögerte der Nephilim, sichtlich nervös. „…Ich…habe jemanden getroffen. Einen Geist. Sie ist plötzlich aufgetaucht und ich bin ihr gefolgt.”, begann er langsam. „Du bist einem fremden Geist gefolgt. Allein. Obwohl du wusstest, dass Lilith es immer noch auf dich abgesehen hat.”, fasste Satan zusammen und gab sich nicht die Mühe, die Strenge zu verbergen. „Ja, ja, man soll nicht mit fremden mitgehen und bla bla. Ich weiß, aber das ist egal.”, antwortete Rin. „Irgendwie wusste ich, dass ich ihr vertrauen kann und sie wollte zu Azazel-”

 

„Er ist für Geister verantwortlich, natürlich will sie dann zu ihm.”, unterbrach Samael ihn. „Ich hoffe doch, du warst nicht so naiv, rein zu gehen?” Rins Schweigen und verlegener Blick sagte alles. „Rin Okumura, ich hoffe, diese Geschichte nimmt eine Wendung.”, knurrte Satan. Der Nephilim schrumpfte ein wenig zusammen, bevor er nickte. „Sie ist Ruha.”, presste er schnell hervor. Stille folgte, wurde dann aber plötzlich von zerbrechendem Glas unterbrochen. Lucifer hatte gerade etwas getrunken, vor Überraschung das Glas fallen gelassen und hustete nun heftig. Der Rest war ebenfalls zu überrumpelt, um zu reagieren. Derweil arbeitete es in Satans Gedanken. ‚Ruha…unmöglich. Sie ist zu lange tot, das kann nicht sein…′ Er würde wirklich gerne glauben, dass die Geisterdämonin hier war, aber es war schlicht und ergreifend Wunschdenken. „Rin, du täuschst dich-”, setzte er an, nur um unterbrochen zu werden. „Sie ist es wirklich! Azazel hat sie sofort erkannt und sie hat uns auch erklärt, warum sie hier ist! Sie und die anderen haben sprit…sprite…elle…Energie...?”

 

„Spirituelle Energie?”, half Satan aus und Rin nickte. „Genau! Das haben sie benutzt, damit sie herkommen kann!”

 

„Er sagt die Wahrheit.”, meldete sich plötzlich eine weitere Stimme. Es war eine Hexe, irgendeine Hohepriesterin von Samael, deren Namen er allerdings nicht kannte. „Was soll das heißen, Christina?”, fragte der besagte Baal nach. „Ich habe sie auch gesehen. Um genau zu sein, war ich gerade bei Lord Azazel und sie ist immer noch da. Sie hat mich gebeten, Euch so schnell wie möglich zu holen, weil sie nicht mehr lange im Reich der Lebenden bleiben kann.” Satan brauchte einige Sekunden, bis ihm klar wurde, dass wie sein Mund leicht offen stand, was schon seit einiger Zeit nicht mehr passiert war. Auch seine restlichen Söhne sahen mit der Ausnahme Rins mehr als verblüfft aus. Lucifer erholte sich von ihnen am schnellsten. „Wenn das stimmt, sollten wir keine Zeit verlieren. Wir müssen sowieso schauen, was wir bezüglich des Spiegels tun können.” Zwar gab er sich Mühe, neutral zu klingen, aber alles wussten, dass er sich Hoffnungen machte. Ruha war nicht für Azazel sondern auch für Lucifer und Samael die erste richtige Mutter gewesen, folglich hatten sie genauso an ihr gehangen. Samael schien derweil ausnahmsweise die Worte zu fehlen. „Gut, dann lasst uns endlich gehen.”, verlangte Rin und kletterte aus seinem Bett. „Und ja, ich komme mit. Ich lag hier schon den ganzen Kampf lang rum, dabei ging’s mir super.” Satan beschloss, dieses Mal nicht zu diskutieren und nickte stattdessen nur. Dem Halbdämonen schien es gut genug zu gehen, um zu laufen und er war wirklich nicht in Stimmung sich mit ihn zu zanken. Abgesehen davon war es nur fair, wenn er mithören dürfte. „Wissen die Exorzisten oder sonst jemand davon?”, fragte er, woraufhin Rin etwas verlegen wirkte. „Na ja, Christina, Alastor, Yukio, Shima, Bon, Izumo, Shiemi und Konekomaru.”

 

„…Wow, wirklich?”, fragte Astaroth trocken. „Das konntest du nicht für dich behalten?”

 

„Sie haben versprochen, niemanden was zu sagen!”

 

„Und Verheiratete haben sich mal versprochen sich immer zu lieben und zusammen zu bleiben, aber Scheidungen und Mord gibt’s trotzdem.”

 

„Das kannst du nicht vergleichen!”

 

Satan verdrehte nur die Augen und setzte sich in Bewegung, in der Erwartung, dass der Rest folgen würde. Niemand hielt sie auf oder hinterfragte, warum Rin nicht im Bett lag, mit der Ausnahme eines Heilers. Satan versicherte ihm, dass Rin anschließend sofort zurückkommen würde und ging weiter, ohne eine Antwort abzuwarten. Auf dem Weg zu Azazel sagte keiner ein Wort, was Satan nur recht war. Er war zu beschäftigt damit, darüber zu grübeln, wie man sich am besten einer toten Ex-Frau verhielt, die plötzlich aus dem Reich der Toten zurückgekehrt war. Was um alles in der Welt sollte er zu ihr sagen? „Oh, hallo, Liebling. Lange nicht gesehen, tut mir leid, ich habe übrigens inzwischen sieben weitere Kinder und sechs weitere Frauen gehabt. Und was gibt’s bei dir neues?” Tatsächlich hatte keiner seiner Frauen ein Problem damit gehabt, wenn er sich einen neuen Partner genommen hätte, es war in der gehennischen Kultur normal, aber es würde dennoch sicher nicht angenehm werden. Sie standen nun endlich vor der Tür zu Azazels Unterkunft. Er atmete kurz durch, dann öffnete er mit einem flauen Gefühl in der Magengegend die Türen.

 

 

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Das Zimmer war genau wie Rin es verlassen hatte und doch war dieses Mal alles anders. Azazel schien bereits gewartet zu haben, denn er hielt mitten im auf- und ab gehen inne. Er wirkte angespannt und erschöpft, gleichzeitig aber erleichtert. „Christina hat euch Bescheid gegeben?”, fragte er, worauf Satan nickte, welcher genauso angespannt wirkte. Vermutlich ging es ihm ähnlich wie Rin, als er Shiro zum letzten Mal gesehen hatte, nur mit dem Unterschied, dass Ruha schon wesentlich länger tot war. „Stimmt es?” Azazel antwortete nicht, stattdessen war es Ruha, die nun aus den Schatten hervortrat. Sie war transparenter als zuvor, doch lächelte den Dämonenherrscher dennoch sanft an. „Ich habe dich vermisst.”, sagte sie leise. Wie erwartet waren sowohl Satan als auch die anderen Dämonenkönige geschockt. Es dauerte einige Sekunden, bis Rin klar wurde, dass die Baal gerade zum ersten Mal in ihrem Leben einen Geist sahen und für Lucifer und Samael war es noch dazu jemand, den sie kannten. Satan war der erste, der sich erholte. Ohne ein Wort zu sagen, stand er plötzlich vor der Geisterdämonin und zog sie in eine Umarmung. Diese stieß zunächst einen kurzen, erschrockenen Laut aus, erwiderte sie dann aber. „Es tut mir so leid, ich hätte dich niemals allein lassen sollen.”, hörte der Nephilim ihn mit leiser, erstickter Stimme sagen. „Du konntest nicht wissen, was passieren würde.”, erwiderte Ruha. „Ich bin nur froh, dass du trotzdem mit den Kindern klar gekommen bist. Du warst zu Beginn recht…ungeschickt.” Satan antwortete nicht und zog sie nur noch näher heran. Unterdessen näherten sich zögerlich Lucifer und Samael, wobei der Rest zurück blieb und sich offenbar nicht sicher war, was sie tun oder denken sollten. „Mutter?”, fragte nun Lucifer leise. Ruha löste sich aus der Umarmung mit Satan und wandte sich nun an die beiden Baal. „Meine Güte, ihr seid alle verboten groß geworden…”, kommentierte sie. „Ich-” Weiter kam sie nicht, denn erneut wurde sie umarmt, dieses Mal von ihnen. Beide rangen sichtlich um Beherrschung, was Rin bisher noch nie gesehen hatte und ihn umso mehr überraschte, aber im Angesicht der Umstände war es mehr als verständlich Keiner sprach ein Wort, bis sie sich wieder aus der Umarmung lösten. „Wie bist du hergekommen?”, fragte Lucifer, noch immer ziemlich überwältigend wirkend. „Ich erkläre gleich alles, aber zuerst…” Sie wandte sich an Samael und zu ihrer aller Überraschung griff sie plötzlich nach seinem Ohr und zog daran. „Aua!”, entfuhr es dem sichtlich überrumpelten Zeitkönig. „Was soll das denn?!”, jammerte er. „Das solle ich fragen!”, antwortete Ruha, plötzlich ziemlich streng. „Was dachtest du dir dabei, zwei deiner Brüder bei Exorzisten zu lassen und niemanden etwas zu sagen?! Und dann ziehst du einen weiteren rein, damit er Rin ärgert und später noch fast einen Wald niederbrennt! Ich kann mich nicht erinnern, dich so erzogen zu haben!” Die Gesichter aller Anwesenden waren oscarreif, selbst Satan schien nicht damit gerechnet zu haben und schaute verblüfft zu. „Ja, es tut mir leid-”, setzte Samael schnell an, doch Ruha ließ es so schnell nicht gut sein. „Oh, nein! Dieses Mal windest du dich nicht mit "Es tut mir leid! " raus! Läge es bei mir, würdest du die nächsten 100 Jahre Hausarrest und Assiahverbot haben, mindestens!” Rin konnte sich nun nicht länger zusammenreißen und lachte laut los. Wer hätte gedacht, dass er jemals Zeuge sein würde, wie ausgerechnet Samael wie ein Häufchen Elend dahockte, während ihm jemand eine Strafpredigt hielt? Ruha erbarmte sich daraufhin und ließ ihn mit einem Seufzen los, woraufhin er sich leise grummelnd das Ohr hielt. „Manche Dinge ändern sich wohl nie.”, stellte sie resigniert fest. Damit wandte sie sich an die restlichen Dämonenkönige, welche anscheinend überall sein wollten, nur nicht hier. „Es freut mich, euch kennen zu lernen. Ich bin Ruha, aber das wisst ihr sicherlich schon.” Stellte sie sich vor, als hätte sie nicht soeben Samaels Ohr lang gezogen. Das riss die restlichen Baal aus ihrer Starre und sie stellten sich der Reihe nach vor. Noch immer war die Stimmung angespannt, keiner wusste wirklich, wie man mit der Situation umgehen sollte. Ruha verschwendete derweil keine Zeit und erzählte, weswegen sie hier war und wie es überhaupt möglich war, während Satan sicher stellte, dass sie sich fest in dieser Welt verankern konnte. Zwar war sie nach wie vor an diesen Raum gebunden, aber es war besser als nichts. Es war offensichtlich, dass die Dämonenkönige gerne nach ihren Müttern gefragt hätten, doch da momentan die Zeit drängte, sagten sie vorerst nichts. Stattdessen berichteten sie von dem Angriff auf Versailles und holten den Spiegel hervor, welchen Azazel misstrauisch beäugte. „Wenn das vorbei ist, benutzte ich nie wieder Spiegel.”, murmelte er grimmig. „Ich spüre da drin…keine Ahnung, es ist seltsam und unangenehm.”

 

„Ich weiß.”, antwortete Satan. „Momentan stehe ich der Sache ohnehin kritisch gegenüber, es macht keinen Sinn, dass sie den Spiegel zurück lässt. Azazel, weißt du etwas?” Leider zuckte der Geisterdämon mit den Schultern. „Keine Ahnung, sonst hat sie das Ding nie aus der Hand gegeben. Allerdings habe ich mal gesehen, wie sie irgendein Ritual damit gemacht hat.”

„Ritual?”, echoten Satan und Ruha gleichzeitig, woraufhin Azazel mit den Schultern zuckte. „Sie hat das Ding öfter für alles Mögliche benutzt, darum habe ich mir nichts weiter dabei gedacht. Aber ich weiß noch, wie der Ritualkries aussah.” Mehr musste er nicht sagen, Astaroth nahm Stift und Papier von einem der Tische und reichte es dem Dämonen, welcher sofort mit Zeichnen begann. „Sie hat dabei noch was in Henochisch gemurmelt, aber das konnte ich nicht verstehen, nur irgendwas mit "Auslöser".”, fügte er hinzu und schob seinem Vater die fertige Zeichnung hin, welcher sie sofort näher betrachtete. Im ersten Moment wirkte er verwirrt, dann wich ihm plötzlich sämtliche Farbe aus dem Gesicht und wandte sich erneut an Azazel. „Und du bist sicher, dass es wirklich so aussah?”

 

„Ja, es sah genauso aus.”, bestätigte dieser, während sich die restlichen Baal, Ruha und Rin um Satan drängten, um ebenfalls auf das Papier schauen zu können. Natürlich konnte Rin damit wenig anfangen, für ihn waren das ein Haufen Kreise, Linien und seltsame Symbole, allerdings schien der Rest selbst nicht wirklich schlau daraus zu werden. „Also, das habe ich noch nie gesehen…weder in einem Buch noch sonst wo, wobei Sigillenkunde nie meins war…”, überlegte Beelzebub laut. „Ich kenne es ebenfalls nicht.”, warf Lucifer sichtlich verwirrt ein und der Rest nickte, während Ruha genauso ratlos wirkte. „Das sollte auch so sein.”, antwortete Satan grimmig. „Das dazugehörige Ritual habe ich mir damals ausgedacht und eigentlich alle Aufzeichnungen vernichtet. Darum verstehe ich nicht, woher um alles in der Welt Lilith das kennt.”

 

„Aber dann weißt du doch, was es tut und wie man es rückgängig macht. Also alles gut, oder?”, fragte Iblis, woraufhin Satan humorlos auflachte. „Falsch. Das Ritual ist dazu ausgelegt, unumkehrbar zu sein, es sei denn derjenige, der es durchgeführt hat, lässt es enden und Lilith wird uns den Gefallen kaum tun.”

 

„Und was tut es nun?”, hakte Amaimon nach, welcher bisher den Zettel angestarrt hatte und nun zu seinem Vater schaute. „…Es reißt einem die Seele raus und lässt den Körper in einem vegetativen Zustand zurück, während der Seele für alle Ewigkeit im Limbo gefangen ist.”, kam die zerknirschte Antwort. Allen ging der Mund auf. „Ähm…was?!”, entfuhr es Egyn entsetzt und sah den Spiegel mit neu gewonnenem Misstrauen an. Satan seufzte, offenbar wütend auf sich selbst. „Als ich damals König von Gehenna wurde, hatte ich genug davon mich ständig mit Rebellen und Herausforderern rumschlagen zu müssen, also habe ich mir überlegt, wie ich sie besser unter Kontrolle halten kann. Ich habe mich viel mit Seelenverbindungen und Pakten beschäftigt und daraus ist dann irgendwann dieses Ritual entstanden. Das sollte dann eine zusätzliche Absicherung bei Verträgen sein, bis mir klar geworden ist, dass es auch bei Seelenverbindungen funktioniert.”

 

„Warum konntest du sie nicht einfach einsperren oder los werden, so wie es normale Personen tun?!”, empörte sich Egyn, weswegen Satan ein wenig peinlich berührt wirkte. Rin konnte da nur zustimmen. Warum sollte er so etwas tun?! „Ich war jung und dumm, damals schien es eine gute Idee zu sein, zumal nur ich dieses Ritual kannte. Der Sinn dahinter war, dass ich meine Gegner unter meiner Kontrolle und in meiner Nähe behalten kann. Lilith hat dieses Ritual vorbereitet für den Fall, dass wir Azazel irgendwie retten können und als er dann weg war, hat sie es durchgeführt. Darum hat sie den Spiegel so offen liegen lassen. Sie wollte, dass wir den Spiegel mitnehmen, weil das Ritual erst dann in Kraft tritt, wenn Azazel in der Nähe ist. Wahrscheinlich hat sie darauf gehofft, dass wir direkt versuchen, das Seelenteil zu befreien. Man hat nur einen Versuch dafür und wenn man dann einen Fehler macht, ist es vorbei. Leider habe ich mich nie damit beschäftigt, wie man es als Außenstehender rückgängig machen kann.”

 

„Wenn nur du es kanntest, wie hat Lilith davon gewusst?”, fragte Ruha unsicher. „Keine Ahnung.”, erwiderte Satan düster. „Ich habe sämtliche Aufzeichnungen vernichtet, als mir klar wurde, wie gefährlich und risikoreich dieses Ritual ist. Die einzige Erklärung wäre, dass sie meine Aufzeichnungen gefunden hat, bevor sie vernichtet wurden und es nie gesagt hat. Allerdings lagen die nicht einfach herum, es wäre sehr verwunderlich, wenn sie zufällig darüber gestolpert ist.’

 

„Vielleicht hat sie das Ritual wiederentdeckt, indem sie selbst rumexperimentiert hat.”, schlug Rin langsam vor. „Ich meine, wenn sie es schafft, als einzige Dämonin aus einem Seelenteil andere Lebewesen zu machen, wird sie sie mit Seelen und Pakten und so gearbeitet haben.”

 

„Ich befürchte eher, dass sie auch da vieles aus meinen Aufzeichnungen hat. Ich hatte eine Theorie bezüglich der Erschaffung von Lebewesen aus der eigenen Seele, habe es aber niemals ausprobiert.”, gab Satan zu und bestärkte damit nur die schlimmsten Vermutungen. „Und wenn wir sie töten? Dann ist das Problem gelöst, oder?”, schlug Amaimon vor. Damit waren sie nun an dem Punkt angekommen, welcher Rin noch immer Kopfschmerzen bereitete. Was wenn genau das ein fataler Fehler wäre? „Ich weiß es nicht.”, gab Satan zu. „Vielleicht, aber wenn wir Pech haben, macht es das nur schlimmer.”

 

„Was wenn es uns gelingt, eine der Aveira gefangen zu nehmen?”, mischte sich nun Samael ein uns ließ damit alle aufhorchen. „Sie sind Teile von Lilith, vielleicht können sie das Ritual ebenso abbrechen.” Satan hielt inne und überlegte, dann nickte er langsam. „Das wäre einen Versuch wert. So oder so wird Azazel wohl nicht an den nächsten Kämpfen teilnehmen können.” Er griff nach dem Spiegel und betrachte ihn kurz, bevor er fortfuhr. „Den hier werde ich fürs erste einschließen und verstecken, damit niemand auf dumme Ideen kommt. Keiner fasst ihn an, bis wir uns wirklich sicher sind, wie wir das in Ordnung bringen können.”

 

„Was sagen wir den Exorzisten? Die Wahrheit?”, fragte Astaroth, woraufhin Satan nickte. „Ja. Sie anzulügen wäre dumm und sie können uns mit dem Wissen nicht wirklich schaden.” Erneut wandte er sich an Azazel, welcher bisher kein Wort verloren hatte. Er sah hundeelend aus und starrte auf den Boden, mit den Gedanken war er vollkommen woanders. „Wir schaffen das.”, redete Ruha leise auf ihn ein. „Es wird alles gut.“ Falls der Geisterdämon sie hörte, ließ er es sich nicht anmerken. Für einige Sekunden sagte keiner etwas, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, bis Satan sich räusperte. „Wir müssen jetzt zu einem Treffen, danach kommen wir direkt zurück und können genauer über alles reden, in Ordnung?“ Ruha nickte stumm, ohne den Blick von Azazel abzuwenden. „Beeilt euch bitte.“, sagte sie leise und strich ihrem Sohn langsam über den Rücken. Zwar schienen sowohl Satan als auch die Baal mehr als widerwillig zu gehen, aber die Zeit drängte. Derweil wurde Rin zurück zur Krankenstation geschickt, egal wie sehr er deswegen schimpfte. Allerdings gab ihm dies zumindest die Zeit über alles nachzudenken. Azazel würde an keinen weiteren Kämpfen teilnehmen können, aber die Verbindung musste dennoch schnell getrennt werden, obwohl er beim kleinsten Fehler tot sein würde. Wie um alles in der Welt sollten sie das hinbekommen? Die Aveira würden sicherlich nicht helfen, wahrscheinlich fanden sie es sogar noch lustig. Die einzigen halbwegs normalen waren Luxuria und Avaritia, sie waren sogar halbwegs nett zu ihm gewesen, aber er bezweifelte, dass sie ja sagen würden. Richtig? Er beschloss, bei nächster Gelegenheit seinen Vater oder einen seiner Brüder darauf hinzuweisen. Die Chancen waren klein, aber zumindest waren diese beiden nicht ganz so schlimm wie der Rest und würden sich eventuell überzeugen lassen. ‚Oder ich schätze sie ganz falsch an und ich mache mir unnötig Hoffnung…′, dachte er und schloss seufzend er die Augen. Sie hatten in letzter Zeit so viel geschafft, sie durften jetzt nicht gewinnen und dafür Azazel verlieren, das war nicht fair! Irgendeine Möglichkeit musste es geben und er war entschlossen, diese zu finden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Yuna_musume_satan
2020-09-09T18:38:47+00:00 09.09.2020 20:38
Ok ich bin wirklich sauer auf liliht. Kann die dumme putte nicht einmal ein kleines bisschen normal sein bei der bekomme ich Nord Lust vom feinsten
Antwort von:  Yuna_musume_satan
09.09.2020 20:39
Ps. Ich fand das Kapitel wieder wunderbar gelungen
Antwort von:  Himikko
09.09.2020 23:30
Leider nicht, du wirst wohl weiterhin Mordlust verspüren. :D
Aber dankeschön ^^


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