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Ein unverhofftes Familientreffen

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Einen schönen vierten Advent euch allen! :3
Ich hoffe, ihr habt schon alle Weihnachtsbesorgungen erledigt. :D Ich bin sehr glücklich, dass ich es doch noch geschafft habe, das Kapitel zu beenden. Dieses und das nächste werden sich wohl vorwiegend mit Rins Erholung befassen, aber ich denke, er hat sich ein wenig Ruhe verdient. Damit wünsche ich euch allen schöne Weihnachten und falls wir uns nicht nochmal lesen sollten, einen guten Rutsch ins neue Jahr!~
Viel Spaß! Komplett anzeigen

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In Sicherheit?

Astaroth war absolut nicht klar, was sich ihr Vater von einem weiteren Besuch bei Azazel erhoffte. Sie wussten nun, was damals geschehen war und sollten so schnell wie möglich den anderen Bescheid geben, sowie eine Möglichkeit finden, die Verbindung zwischen Lilith und dem Geisterdämonen zu trennen. Trotzdem bestand der Dämonengott darauf, erneut mit ihm zu reden und weitere Fragen zu stellen, obwohl er diese dank des Vertrages nicht beantworten konnte. Erst nach einigem Nachdenken begriff er, was das sollte. Azazel durfte ihnen nichts von der Abmachung erzählen, aber da sie es nun selbst herausgefunden hatten, war damit eine wichtige Lücke offenbart worden: Solange sie die richtigen Fragen stellten, konnte er die Antwort darauf geben. Eigentlich war es für Lilith untypisch einen derart groben Fehler zu begehen, andererseits hatte sie nicht wirklich die Zeit gehabt, sich einen möglichst sicheren Vertrag auszudenken. Pech für sie, Glück für Satan und die Baal. Die Exorzistin hatten sie underdessen fort geschickt, damit sie Bericht erstatten konnte. Außerdem ging sie der Rest vorerst nichts an. Als sie das Zimmer betraten, sahen Azazel und Shax, der neben ihm kniete, überrascht auf. Das Gesicht und die Augen des Baals waren gerötet, offenbar hatte er geweint. Sofort schämte Astaroth sich, immerhin trug er eine große Schuld daran. Frustration hin oder her, er hätte seinem Bruder nicht diese Dinge an den Kopf werfen sollen, vor allem wenn er sich in einem solchen Zustand befand. Ehrlich gesagt, war er überrascht den Älteren weinen zu sehen, das letzte Mal musste Ewigkeiten her gewesen sein und dass er eine Mitschuld daran trug, machte es nicht besser. „Soll ich euch nochmal alleine lasse oder-”, bot Shax an, nur um von Satan unterbrochen zu werden. „Nein, du kannst bleiben. Es wird nicht schaden, wenn du das hier hörst.” Er wandte sich an Azazel. „Wir wissen von deiner Abmachung mit Lilith und der Seelenverbindung.” Dem Geisterdämonen klappte der Mund auf und er sah verwirrt zwischen seinem Vater und seinen Geschwistern hin und her, bis sein Blick auf Samael fiel. Endlich schien es ihm zu dämmern. „Ihr habt die Zeit zurückgedreht.”, stellte er nüchtern fest und lehnte sich mit einem Seufzen gegen die Wand. „Ihr hättet es einfach gut sein lassen sollen.” Sie wechselten einen kurzen Blick, Shax begriff derweil gar nichts. „Abmachung? Seelenverbindung? Azazel, was beim Styx hast du getan?” Der Geisterdämon schaute betreten zu Boden, daher antworte Samael. „Als Lilith damals auf ihn, Egyn und Astaroth getroffen ist, hat sie die beiden besiegt und war dabei sie zu töten. Azazel hat sie davon abgehalten, indem er einen Vertrag mit ihr geschlossen hat. Sie lässt uns in Ruhe, dafür dient er ihr und um sicher zu stellen, dass er sich an alles hält, sind sie eine einseitige Seelenverbindung eingegangen.”, erklärte er und verschränkte mit einem bitteren Grinsen die Arme. „Rückblickend betrachtet, macht alles Sinn. Wirklich peinlich, dass wir nicht eher darauf gekommen sind. Lilith wird uns wahrscheinlich ausgelacht haben.”
 

„Ich hatte keine andere Wahl.”, flüsterte Azazel leise und sah überall hin, nur nicht in die Richtung seiner Familie. „Sie hätte euch getötet und ich-” Weiter kam nicht, Egyn ließ ihn nicht zu Wort kommen, sondern kniete neben ihn und zog ihn in eine Umarmung. Azazel, der offenbar nicht damit gerechnet hatte, erstarrte und schluckte schwer, als müsse er einen Schluchzer unterdrücken. „Wage es nicht dir Vorwürfe zu machen, du Idiot!”, sagte der Jüngere mit leicht zitternder Stimme. „Wenn sich hier jemand entschuldigen sollte, bin ich es. Es war meine Schuld, dass wir in diesem Tunnel waren und wenn wir besser aufgepasst hätten, als es dir immer schlechter ging, wären wir wahrscheinlich von selbst drauf gekommen. Es tut mir leid.” Das nutzt Astaroth als Stichwort und er tritt einen Schritt nach vorn. „Und mir tut es leid wegen dem, was ich vorhin gesagt habe.”, sagte er beschämt. „Ich war frustriert, aber ich hätte es nicht an dir auslassen sollen. Das ist eine miese Angewohnheit von mir, Entschuldigung.” Der Geisterdämon schien gar nichts mehr zu begreifen und sah sie verwirrt an. „I-Ihr hasst mich nicht?”, fragte er ungläubig. „Es ist meine Schuld, dass Lilith draußen ist und Rin am Ende ist! Mal ganz zu schweigen von den ganzen Toten-” Iblis' Schnauben unterbrach ihn. „Jetzt hör auf, herumzuspinnen. Das war zwar verdammt dämlich von dir, aber ich hätt's genauso gemacht und wenn das die anderen nicht einsehen, sollen die sich in den Hades scheren. Ansonsten müssen die erst mal an uns vorbei und gegen uns alle kommen sie nicht an. Scheiß auf den Rat und Scheiß auf die Exorzisten , was wissen die schon?! Wenn hier jemand Schuld ist, dann dieses rothaarige Biest!” Azazel antwortete nicht, sondern hatte erneut zu zittern begonnen und Astaroth war sich ziemlich sicher, dass er gerade dabei war, wieder in Tränen auszubrechen, aber Vorwürfe konnte man ihm wirklich nicht machen. Zum Glück hatten sie die Exorzistin weggeschickt, sonst wäre das ganze wesentlich unangenehmer. Unterdessen trat Satan wortlos nach vorne, kniete sich hin und zog Azazel ebenfalls in eine Umarmung. Die restlichen Dämonenkönige versammelten sich um sie herum und redeten zusammen mit Shax ebenfalls auf den Geisterkönig ein, der sich nicht mehr länger hatte zusammenreißen können und leise schluchzte, während er sich an seinen Vater krallte. Nach einer Weile hatte er sich wieder beruhigt und Satan ließ ihn wieder los, um aufzustehen. „Ich weiß, dass du Angst vor den Konsequenzen hast, aber wir kriegen das hin und lösen die Verbindung auf.”, ermutigte er den Jüngeren. „Er hat recht.”, sprang Shax ein. „Jeder in Gehenna weiß, was ein derartiger Vertrag und eine Seelenverbindung bedeuten. Wenn sie halbwegs Verstand haben, werden sie dir nicht die Schuld geben.”
 

„Und falls doch, können wir sie immer noch aus dem Weg räumen.”, warf Amaimon hilfsbereit ein. „Hoffen wir, dass es nicht so weit kommt.”, antwortete Lucifer hastig. Azazel zögerte zunächst, dann nickte er langsam. „Trotzdem habe ich noch eine Frage und ich möchte, dass du sie ehrlich beantwortest nichts schön redest.”, sagte Satan eindringlich, woraufhin der Geisterdämon erneut nickte, offenbar etwas nervös. „Hat dir Lilith etwas von ihrem Blut gegeben? Also nicht nur bei der Schaffung des Vertrags und der Seelenverbindung?” Astaroth hatte mit allem gerechnet, aber nicht hiermit. Mit offenen Mund starrten er und seine Brüder erst den Dämonengott, dann Azazel an, welcher erblasst war. Einige Sekunden vergingen, dann nickte er zum Entsetzen aller langsam. Satan und Shax erblassten und wechselten entsetzte Blicke, eh sich der Weißhaarige wieder an seinen Sohn wandte. „Wie oft?”, fragte er, sichtlich um Fassung ringend. Die Temperatur im Raum schien zu sinken, das erste Anzeichen für einen Wutausbruch, der auch kurz darauf folgte, da Azazel schwieg. „WIE OFT?!”, donnerte er, was alle Anwesenden zusammenzucken lassen. Einige Flammen leuchteten auf und verschwanden vorerst wieder, dennoch traten alle ein wenig beiseite, bevor ein Unfall passierte. Die Antwort schockierte sie gleichermaßen. „Seit ich bei ihr gelandet bin. Mindestens einmal am Tag.”, flüsterte der Schwarzhaarige kleinlaut und allen Dämonen wich die restliche Farbe aus dem Gesicht. „Ich weiß, das ist schlecht-”, setzte er hastig an, aber wurde von einem wütendem Aufschrei seines Vaters unterbrochen. Dieses Mal machte er sich nicht die Mühe seine Flammen zurückzuhalten und schleuderte sie in eine Ecke, wo er einen Stuhl einäscherte und einen großen Brandfleck auf der Wand hinterließ. „SCHLECHT?! SCHLECHT?! Es ist ein Wunder, dass du überhaupt noch einen eigenen Willen hat!”, fauchte er und schien kurz davor zu stehen, weitere Möbel zu zerlegen, wovon ihn keiner abhalten würde. Wenn das wirklich stimmte, hatte sie ein weiteres großes Problem. „Darum hast du dir die Schlagadern aufgekratzt...”, stellte plötzlich Amaimon fest, woraufhin sie ihn alle ansehen. Astaroth brauchte einige Sekunden, bis er begriff, was der Erdkönig meinte und mussten einsehen, dass es Sinn machte. Unter normalen Umständen war es kein Problem jemanden dämonisches Blut zu geben, immerhin nahmen sie so Hexen und Hexer in ihre Zirkel auf und verliehen ihnen ihre Kräfte. Auch wurden einige Rituale und Verträge sowohl mit einem Menschen als auch mit anderen Dämonen damit abgeschlossen, aber verabreichte man jemanden regelmäßig sein Blut, wirkte es wie eine Droge, die fatale Folgen mit sich brachte. Es kettete einen nicht nur an die Person, von der man das Blut bekam, sondern machte vollkommen abhängig und ließ langsam den eigenen Willen verschwinden. Wahrscheinlich war Azazel nur wegen seiner Abstammung noch keine willenlose Marionette. Wer hätte gedacht, dass er Lilith sogar noch mehr hassen konnte? Wie konnte man so tief sinken? „Ja, das stimmt.”, bestätigte Azazel die Vermutung des Erddämonen. „Sie wollte sicherstellen, dass ich von ihr abhängig bin, in ihrer Nähe bleibe und schlussendlich meinen Willen verliere. Später hat sie mir immer seltener was gegeben, um mich verzweifelt genug zu machen, sie drum anzubetteln und es hat funktioniert.”, murmelte er beschämt. „Du hattest wieder Blut gebraucht, aber weil Lilith nicht da war, hast du dir die Schlagadern aufgekratzt, um dein eigenes zu trinken, was aber natürlich nicht den Durst gestillt hat.”, murmelte Beelzebub und wandte sich an seinen Vater. „Was passiert jetzt?” Dieser seufzte und wechselte einen kurzen Blick mit Shax, bevor er mit sprechen begann. „Der Durst wird immer schlimmer werden, bis er nur noch daran denken kann, an Liliths Blut zu kommen. Er wird wieder alles aufkratzen und trinken ohne dass es hilft, bis er irgendwann einfach alles und jeden angreift, was Blut hat.”
 

„Was bedeutet, dass er langsam aber sicher den Verstand verlieren und sich wie ein tollwütiges Tier verhalten wird. Das können wir dann nicht mehr rückgängig machen.”, ergänzte Shax düster. „Hey, ich sitze immer noch hier. Ein paar aufbauende Wort wären toll.”, grummelte Azazel, aber wurde ignoriert. „Alles was wir tun können, ist ihm jegliches Blut vorzuenthalten und darauf zu hoffen, dass er bald alles, was noch in seinem Körper ist, wieder erbricht.”, fuhr Shax fort. „Hast du nicht gerade gesagt, dass er wahnsinnig wird, wenn das weiter so geht?”, unterbrach Egyn ihn nervös, woraufhin Satan den Kopf schüttelte. „Nein, es wird nur schlimmer, wenn er weiterhin Blut trinkt, egal ob von sich selbst, einem anderen Dämonen oder einem Menschen. Solange wir ihm das vorenthalten, sollte er sich erholen. Außerdem müssen wir irgendwie die Verbindung zu Lilith trennen.”
 

„Ist das überhaupt möglich?”, sagte Astaroth zweifelnd, woraufhin Samael die Augen verdrehte und theatralisch seufzte. „Du hast wirklich nie im Unterrich oder den Privatstunden aufgepasst, wie? Da sie den Vertrag und die Seelenverbindung gleichzeitig geschlossen haben, kann man sie auch nicht einzeln auflösen. Erlischt einer der Verträge, ist der andere automatisch ebenfalls nichtig. Wir müssen nur den Gegenstand, in dem Lilith Azazels Seelenteil gebannt hat, finden und zerstören, dann wird er sofort frei von ihr sein.” Jetzt wo er es erwähnte, fiel es dem Verwesungsdämonen tatsächlich wieder ein, aber einfacher machte es das nicht. Iblis sprach sogar sofort das Problem an. „Und woher sollen wir bitte wissen, wo sie das Seelenteil gebannt hat? Das kann überall sein! Theoretisch könnte das 'ne verdammte Haarbürste sein!” Lucifer nickte langsam. „Na ja, das stimmt zwar, aber es muss schon etwas gewesen sein, was sie bei sich hatte, als sie die Seelenverbindung geschafft hat und es ist wahrscheinlich leicht zu transportieren. Sie hat doch diesen Oberarmreif in Form einer Schlange, das könnte es sein...”
 

„Oder ihr Amulett.”, warf Beelzebub ein, aber Satan schüttelte den Kopf. „Das wäre zu gefährlich. Einen Seelenteil in einen so mächtigen Gegenstand zu bannen, ist eine sehr schlechte Idee. Azazel, weißt du irgendetwas?” Leider schüttelte der Dämon den Kopf. „Ich bin bewusstlos geworden, nachdem wir den Schwur gesprochen haben, also habe ich nichts davon mitbekommen.” Kurz herrschte Stille, die schließlich von Amaimon unterbrochen wurde. „Was ist mit diesem Handspiegel, den sie immer mit sich rumträgt? Den lässt sie fast noch weniger aus den Augen als ihr Amulett.” Da hatte der Erdkönig in der Tat ein Argument, vor allem da Spiegel besonders gut für derartige Dinge geeignet waren. Jetzt mussten sie da nur noch ran kommen, was alles andere als einfach werden würde. „Ich denke, es ist das beste, sich nochmal mit dem Rat und den Exorzisten zusammenzusetzen.”, schlug Lucifer vor und Satan nickte ein wenig widerwillig. „Das denke ich auch. Momentan können wir nicht viel tun außer uns neu zu formieren und darauf zu warten, dass Rin aufwacht. Mal sehen, was er uns noch sagen kann. Hat Lilith ihm auch Blut gegeben?” Azazel schüttelte glücklicherweise den Kopf und schien diesbezüglich etwas sagen zu wollen, begann allerdings ohne Vorwarnung erneut Blut hervorzuhusten und schließlich zu würgen. Gleichzeitig lief Blut aus seiner Nase und wollte nicht mehr aufhören. Sofort knieten sich Shax und Satan neben ihm, während die restlichen Baal auf Abstand gingen. Die beiden Dämonen halfen dem Geisterkönig dabei sich richtig hinzusetzen, sodass er sich nicht verschluckte und besser Luft bekam. Endlich war alles draußen und setzte lehnte sich zitternd gegen die Wand, wo er sofort das Bewusstsein verlor. „Ich denke, ihr könnt hier erst mal nichts mehr tun. Azazel sollte sich weiterhin ausruhen. Ich werde Ankou fragen, ob wir uns abwechseln können, damit immer jemand bei ihm ist und er sich nicht wieder selbst verletzt. ”, schlug Shax vor, woraufhin Satan dankbar nickte. Sie standen auf und verließen gemeinsam das Zimmer.
 

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Die Nacht kam und ging, Satan bemerkte es jedoch kaum. Er war erleichtert endlich seine Kinder wieder zu haben, auch wenn zwei von ihnen eine lange Zeit zum erholen benötigen würden. Erneut war eine Versammlung einberufen worden, in der sie schilderten, was der Geisterdämon erzählt hatte. Das Entsetzten war auf beiden Seiten groß, wobei natürlich nur die Dämonen das Ausmaß einer derartigen Abmachung verstanden. Der Großteil der Menschen war ziemlich wütend, doch zur Überraschung Satans waren ein paar Exorzisten tatsächlich der Überzeugung, dass Azazel keine Schuld traf. Wer hätte gedacht, dass er wirklich jemals auf intelligente und vernünftige Exorzisten treffen würde? Manche Dämonen waren dagegen offenbar unsicher, aber zumindest die Führer der großen Häuser in Azazels Reich standen geschlossen hinter ihm. Schlussendlich würde die Entscheidung erst gefällt werden, wenn alles vorbei war. Für Satan spielte es allerdings so oder so keine Rolle mehr, was sie dachten. Wenn irgendjemand versuchen sollte, seinen Sohn hinzurichten oder zu verletzen, würde er es mit ihm zu tun bekommen. Es war ihm egal, was andere davon hielten, er würde jeden vernichten, der versuchte seiner Familie zu schaden, verdammt seien die Konsequenzen. Er hatte genug davon, ihnen nicht helfen zu können. Vorerst musste er sich allerdings auf andere Sachen konzentrieren. Die Vatikanstadt gehörte wieder ganz ihnen, nur vereinzelt gab es einige Kämpfe, aber dennoch hatte Lilith einen Großteil Assiahs nach wie vor unter ihrer Kontrolle. Vorerst konnten sie dagegen leider nichts tun. Es hatte im letzten Kampf eine Menge Tote und viele Verletzte gegeben, wovon sie sich eine Weile erholen mussten. Zudem stand die Frage im Raum, was sie mit den Gefangenen machten. Dafür hatte Satan bereits mit den restlichen Dämonenkönigen neue Barrieren errichtet, was relativ gut lief, wenn man von einigen kleineren Zwischenfällen absah. Die Exorzisten hatten nämlich ebenfalls Bannkreise aufgespannt und dabei versehentlich die Dämonen eingekesselt, sodass Lucifer und Beelzebub aus heiterem Himmel gegen eine unsichtbare Wand gelaufen waren. Daher durften die Exorzisten alles nieder reißen und von vorne anfangen. Die restlichen Zwischenfälle waren nicht weiter erwähnenswert, aber teilweise immerhin amüsant. Der Dämonengott war gerade in einem Gespräch mit Shax und seinen Söhnen vertieft, als Agares angerannt kam. „Ihr müsst schnell kommen, Rin ist aufgewacht!”, berichtete sie atemlos und offensichtlich besorgt, weswegen sie sofort mit dem Schlimmsten rechneten. „Was ist los?”, fragte Satan scharf. „Er ist komplett desorientiert und verängstigt. Er hat mich fast mit seinen Flammen verbrannt und will mit niemanden reden. Ich habe zwei Heiler und bei paar Wachen bei ihm gelassen, aber die werden ihn nicht lange bändigen können. Ich befürchte, dass er anfängt Amok zu laufen, wenn wir ihn nicht aufhalten! Vielleicht beruhigt er sich, wenn ihr mit ihm redet.”, erwiderte die Wasserdämonin, während sie nervös ihre Hände wrang. Das waren in der Tat schlechte Nachrichten, zumal sich Rin einen Kontrollverlust momentan nicht leisten konnte. Nachdem er bewusstlos geworden war, hatten sie sofort Kurikara an sich genommen und dabei festgestellt, dass die Klinge angebrochen war. Normalerweise müssten sie die Schwertklinge komplett neu schmieden, aber da sich Rins Dämonenherz darin befand, stand dies außer Frage. Vorerst konnten sie es nur notdürftig reparieren und Rin würde sich mit seinen Flammen sehr zurückhalten müssen. Früher oder später würde die Klinge allerdings zerbrechen und sein Dämonenherz freisetzen, ewig herauszögen konnten sie es nicht mehr. Danach konnten sie nur noch hoffen, dass er bereit war, sein Herz wieder aufzunehmen. Satan hatte die Befürchtung, dass es erhebliche Probleme mit seiner menschlichen und dämonischen Seite geben könnte. Vollwertige Dämonen mussten ihre Grundinstinkte im Zaun halten, da sie sonst der Raserei verfallen könnten, doch in Rins Fall war es ein wenig komplizierter. Er hatte in gewisser Weise zwei Persönlichkeiten in sich und es konnte durchaus passieren, dass sein innerer Dämon versuchen würde, die menschliche Hälfte zu vernichten, anstatt sich mit ihr zu vereinen. In diesem Fall würde von Rin ein Wesen übrig bleiben, dass nur noch von seinen Instinkten getrieben wurde und damit eine Gefahr für alle war und zurückholen konnte ihn dann keiner mehr. Schweigend folgten sie der Wasserdämonin zu dem Krankenzimmer, wo sie bereits im Flur lautes Gekreische und Fluchen hören konnten. Agares zögerte nicht lange und riss die Tür auf. Der Anblick, der sie begrüßte, ließ ihre Sorge nur noch wachsen. Rin hockte schwer atmend in der Mitte des Raumes, die Knie angezogen und das Gesicht in den Händen vergraben, während seine Flammen unkontrollierbar wüteten. Zwar hatte er damit scheinbar niemanden verletzt, der Raum lag allerdings in Schutt und Asche. Die beiden Heiler und die Wachen hielten möglichst viel Abstand von dem Nephilim und verließen, nun da Satan und die Baal da waren, zügig den Raum. „Rin, jetzt beruhige dich, es ist alles in Ordnung!”, versuchte Agares auf den Halbdämon einzureden und trat langsam näher. Dieser hob ruckartig den Kopf und schaute sie verwirrt an, dann wanderte sein Blick jedoch zu Satan und seinen Geschwistern. Zu deren Überraschung weiteten sich seine Augen und blanke Panik stand ihm ins Gesicht geschrieben. „NEIN!”, schrie er und wich schnell zurück bis er an die Wand stieß. Er zog erneut die Knie an und presste sich die Hände gegen seine Ohren. „Bitte, ich kann nicht mehr! Nicht schon wieder! Es tut weh, hört auf!”, kreischte er hysterisch und begann zu schluchzen. „Bitte, ich tu, was ihr wollt, aber lasst mich in Ruhe! Wenn ihr mich hasst, dann tötet mich doch einfach! Ich will so nicht leben!” Sie tauschten entsetzte Blicke aus, wagten es jedoch nicht, sich ihm zu nähren, da er hysterisch schluchzte, Tränen seine Wangen hinunter liefen und er noch stärker zitterte als zuvor. „Warum hasst ihr mich? Was hab ich euch getan? Bitte hört auf...Bitte...”, flüsterte er. „Ich will hier weg...Ich kann nicht mehr! Ich hab Angst! Bitte lasst mich gehen...” Er murmelte weiterhin leise vor sich hin und bettelte bis sie ihn kaum noch verstehen konnten. Offenbar halluzinierte er oder Lilith hatte irgendetwas getan, um seine Erinnerungen zu manipulieren. Er spürte, wie Zorn in ihm hochkochte und seine Flammen langsam hervor kamen, was Rin dummerwiese nur noch mehr zu verängstigen schien, daher zwang er sie schnell wieder zurück. Auch seine restlichen Söhne waren überfordert und starrten ihren kleinen Bruder hilflos an. Selbst Samael fehlten die Worte, was selten genug vorkam. Shax ergriff derweil die Initiative und schob sie wieder hinaus, dann schloss er die Tür. Endlich rissen sie sich aus ihrer Starre. „Shax, was soll das?!”, fauchte Satan ihn an, doch der Silberhaarige hob eine Hand. „Bitte beruhige dich-”
 

„NEIN, ICH BERUHIGE MICH NICHT!”, donnerte der Dämonengott. „Mein Sohn ist dort drin und hat Angst vor uns, weil Lilith ihm irgendwas angetan hat und du willst, dass ich mich beruhige?!”
 

„Das stimmt, Rin braucht uns!”, pflichtete Egyn bei, aber Shax schüttelte den Kopf. „Jetzt hört bitte mal zu! Ich weiß, dass ihr helfen wollt, aber wenn er euch sieht, bekommt er noch mehr Panik. Ihr werdet es nur schlimmer machen.”
 

„Ach und was dann?! Sollen wir uns hier hin stellen und durch die Tür schreien oder 'ne Papiertüte auf den Kopf setzten, wenn wir reingehen?!”, fauchte Astaroth ihn an. Der Geisterdämon ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Es ist verständlich, dass ihr helfen wollt, aber zuerst muss er sich beruhigen. So wie es aussieht, hat Lilith seine Erinnerungen manipuliert und Invidia und Luxuria dürften ihr übriges getan haben. Wir müssen jemanden rein schicken an den er sich normal erinnern kann.” So sehr er wieder zu Rin wollte, Satan musste eingestehen, dass Shax recht hatte. „Und wen sollen wir holen? Diese Adepten?”, fragte Amaimon zweifelnd. „Nein, ich wette, da wird er nicht anders reagieren. Sie stehen ihm zu nah. Das gleiche gilt wahrscheinlich für unsere Stellvertreter.”, antwortete Lucifer. „Schicken wir Vaya.”, schlug Samael plötzlich vor, woraufhin sich alle Augen auf ihn richten. „Sie ist mit Rin befreundet, sie weiß wie man jemanden beruhigt und ich bin ziemlich sicher, dass Lilith nicht daran denken würde, Erinnerungen an eine Palastbedienstete zu ändern. Sie hat sich nie mit dem gemeinen Volk abgegeben, also wird sie kaum daran gedacht haben.” Shax nickte zustimmend. „Das war auch mein Gedanke. Allerdings werde ich mit rein gehen, falls Rin nochmal die Nerven verliert und sie angreift.” Weder Satan noch die Dämonenkönige waren begeistert davon sich rauszuhalten, wenn es Rin schlecht ging, aber da keine andere Möglichkeit blieb und sie ihn nicht weiter verschrecken wollten, stimmten sie zu. Beelzebub machte sich auf den Weg, um die Dämonin zu holen und kehrte bereits nach wenigen Minuten zurück. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich das wirklich schaffe. Was wenn ich es schlimmer mache?”, fragte sie, als sie vor ihnen stand. „Irgendwie glaube ich nicht, dass du es schlimmer machen kannst.”, antwortete Astaroth grimmig. „Ich gehe mit dir rein, dir kann nichts passieren.”, beruhigte Shax die Dämonin, woraufhin sie den Kopf schüttelte. „Ich mache mir keine Sorgen um mich, ich will nur nicht, dass es Rin noch schlechter geht.” Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte sie sich um und wollte die Tür öffnen, aber Samael hielt sie auf. „Bevor ihr geht, solltet ihr das hier nehmen.” Er schnippte mit den Fingern und ein Buch erschien in seiner Hand, welches Satan sofort erkannte. Es war das Fotoalbum, das der Nephilim damals mit nach Gehenna genommen hatte. Seine anderen Söhnen hatte es durch Zufall vor einigen Monaten gefunden und natürlich wissen wollen, was es war. Schlussendlich hatte sich Rin dazu breit schlagen lassen, die Fotos zu zeigen. Später hatte er sich weitere Fotos von seiner Zeit an der Heiligkreuz-Akademie und Gehenna ausgedruckt und ebenfalls eingeklebt. „Zeigt ihm das, das sollte seinen Erinnerungen hoffentlich auf die Sprünge helfen.”, erklärte Samael und gab das Buch an Shax weiter. Die beiden Dämonen nickten und betraten das Zimmer.
 

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Rin presste sich zitternd gegen die Wand, das Gesicht in den Knien vergraben und die Beine mit den Armen umschlingend. Seinen Schweif hatte er zwischen die Beine geklemmt. Er wusste nicht, wo er war, er war in einer fremden Umgebung aufgewacht. Es gab keine Ketten, keine Siegel oder Bannkreise und Licht kam durch die Fenster, aber er war überzeugt davon, dass das nur wieder ein Trick war. Er sah einige bekannte Gesichter, doch wusste, dass das nicht echt war. Es gab keine Hoffnung auf Flucht, er war auf sich allein gestellt. Verschiedene Stimmen redeten auf ihn ein, ohne das etwas zusammenpasste oder Sinn ergeben wollte. Fühlte sich so sterben an? Inzwischen war er von seinen Flammen umgeben, dabei sollten die eigentlich nicht herauskommen. Er hörte Schreie und Fluchen, manches davon schien sogar von ihm selbst zu kommen. Es kümmerte ihn nicht, er wollte einfach nur weg. Er wollte, dass es aufhörte. „Rin, jetzt beruhige dich, es ist alles in Ordnung!”, hörte er plötzlich eine weitere vertraute Stimme, woraufhin er ruckartig den Kopf hob. Er kannte die Dämonin vor ihm von irgendwoher, wusste allerdings nicht mehr, von woher genau. Verwirrt starrte er sie an, eh sein Blick weiterwanderte und sofort lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Dort standen sein Vater und seine Brüder, die seinen Blick erwiderten. Seine Augen weiteten sich und er spürte, wie sein Körper zu zittern begann, dann nahm die Panik Überhand. „NEIN!”, kreischte er verzweifelt, während er Richtung Wand zurückwich. Es war ihm gleich, was er sagen oder tun musste, dieser Albtraum sollte endlich enden! „Bitte, ich kann nicht mehr! Nicht schon wieder! Es tut weh, hört auf!”, flehte er hysterisch. „Bitte, ich tu, was ihr wollt, aber lasst mich in Ruhe! Wenn ihr mich hasst, dann tötet mich doch einfach! Ich will so nicht leben!”, schluchzte er und gab sich keine Mühe die Tränen zurückzuhalten. Er saß zusammengesunken an der Wand und weinte bitterlich, wissend, dass er gleich erneut diese Hölle durchleben musste. „Warum hasst ihr mich? Was hab ich euch getan? Bitte hört auf...Bitte...”, flüsterte er leise vor sich hin. „Ich will hier weg...Ich kann nicht mehr! Ich hab Angst! Bitte lasst mich gehen...”, wimmerte er, obwohl es zwecklos war. Warum taten sie ihm das an? Wenn sie ihn nicht wollten, hätten sie einfach seine Existenz ignorieren oder ihn zumindest schnell töten können. Dann würde es keine Schmerzen mehr geben, keine Stimmen, die ihn verspotteten und Dinge einflüsterten. Vielleicht hätte er nie geboren werden sollen, er war ohnehin nichts wert. Niemand würde ihn vermissen, wenn er verschwand, also warum sollte er noch weiter machen? Er krallte seine Fingernägel immer tiefer in seine Arme und spürte, wie warmes Blut hinunterlief. Die Zeit tickte langsam vor sich hin, vielleicht saß er einige Minuten da , vielleicht sogar Stunden, er wusste es nicht mehr. „Rin?”, fragte ein sanfte Stimme und er sah erschrocken auf. Vor ihm hockte ein Mädchen, er kannte sie, aber er konnte sich nicht mehr erinnern, wer sie war. Dennoch zuckte er zusammen und wich vor ihr zurück, die Augen weit aufgerissen. Panisch sah er sich nach einem Fluchtweg um, leider erfolglos. „Es ist in Ordnung, ich tu dir nichts.”, fuhr die Dämonin leise fort. „Weißt du, wer ich bin?” Am Rande bemerkte er, dass noch jemand neben ihr kniete, aber er achtete nicht darauf und schüttelte nur langsam den Kopf, dann legte er ihn wieder auf die Knie. Er kam ohnehin nicht weg, dann konnte er genauso gut bleiben und es über sich ergehen lassen. Vielleicht waren sie hier, um ihn zu erlösen, begrüßen würde er es. „Rin, wir wissen, dass du verwirrt bist und Angst hast, aber du musst uns bitte zuhören.”, ergänzte eine männliche Stimme. Der Nephilim sagte nichts und leistete auch keinen Widerstand, als der Dämon vorsichtig seine verkrampften Hände löste und beiseite zog. Sofort begann sich seine Haut wieder zusammenzusetzten, dennoch zeigte er noch immer keine Reaktion. Die beiden Dämonen wechselten Blicke, dann begann das Mädchen erneut zu sprechen. „Hör uns einfach zu, ja? Wahrscheinlich denkst du, dass das hier nicht echt ist, aber da täuschst du dich. Du bist in Sicherheit, Lilith kommt nicht an dich heran und-” Sie hielt kurz inne, da Rin bei dem Namen der Dämonengöttin heftig zusammengezuckt war und fuhr erst fort, nachdem er sich wieder etwas beruhigt hatte. „Sie kann dir nicht mehr schaden, sie wird nicht mal in deine Nähe kommen!”
 

„Sie hat recht.”, kam die Bestätigung. „Dein Vater und deine Brüder stehen alle hinter dir und wir passen ebenfalls auf dich auf. Wir wollen dir helfen, aber können es nicht, wenn du es nicht zulässt.” Rin schluckte, während ihm langsam bewusst wurde, was sie ihm erzählten. Sofort schüttelte er den Kopf. „Sie hassen mich, sie wollen mich sterben sehen. Sie haben es mir selbst gesagt, ich gehöre nicht zu ihnen.”, brachte er hervor und konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken. „Das ist nicht wahr!”, protestierte Vaya sofort. Endlich war ihm der Name eingefallen. „Vergiss, was man dir gesagt hat, vergiss, was du gesehen hast! Lilith hat dich reingelegt, diese Erinnerungen sind nicht echt!”
 

„Sie würden dir niemals schaden wollen. Im Gegenteil, sie machen sich große Sorgen um dich.”, fuhr Shax leise fort. Rin glaubte ihnen nicht. „Azazel hat mich angegriffen...er hat gesagt, sie würden mich hassen-” Bevor er wieder Tränen ausbrach, wurde er von dem Geisterdämonen unterbrochen. „Das war nicht Azazel.”, sagte er ruhig. „Erinnerst du dich, wie ihr nach Gehenna gegangen seid, um deinen Vater zu retten? Azazel wurde dort besiegt und von Invidia ersetzt. Sie war es, die dich angegriffen hat und sie war es auch, die dir diese Dinge eingeredet hat.” Der Nephilim blinzelte überrascht und hob endlich den Kopf. Sie schienen nicht zu lügen, doch er traute ihnen immer noch nicht, am Ende war es nur wieder eine Halluzination. „Wenn du wirklich glaubst, dass sich niemand für dich interessiert, sieh dir das hier an.‘, bat Vaya ihn, nahm das Buch von Shax und hielt es dem Nephilim entgegen, der es zögerlich annahm. Für einige Sekunden starrte er ratlos den Buchdeckel an, dann schlug er es langsam auf und schaute wortlos auf die erste Seite. Er sah zwei Fotos einer Frau, in einem saß sie auf einer Wiese, in dem anderen lagen in ihren Armen zwei Kinder. Auf einem weiteren Bild sah er die Kinder erneut, dieses Mal hatte jedoch ein Mann sie auf dem Arm. ‚Das sind Shiro, Yukio und ich...das davor war meine Mutter...Samael hatte mir die Bilder gegeben.‘, stellte er verwundert fest und blätterte weiter. Es folgten Bilder von ihnen beim spielen, beim Ausflügen, der Einschulung und so vielen mehr. Schließlich war er bei Bildern angekommen, die relativ neu waren. Dieses Mal sah er nicht nur seinen Bruder und sich, sondern auch die übrigen Adepten. Sie saßen beim Mittag, in den Klassenzimmern, beim Lernen (wo er sicher nicht freiwillig gelandet war) und sogar beim Campen. ‚Das war dieses Trainingslager, wo ich gegen Amaimon gekämpft habe.‘ Seine Hand zitterte leicht, längst hatte er die beiden anderen Dämonen im Raum vergessen. Ein Teil von ihm glaubte nicht daran, dass nun noch weitere Bilder kamen, immerhin hatten sie ihn von diesem Moment an gehasst. Das Schlimmste befürchtend, blätterte er die Seite um, wo es zu seiner Verwunderung weiter ging. Weitere Fotos seiner Freunde zierten die Seiten und ließ ihn erstarren. Sie hassten ihn nicht? Aber sie hatten ihn doch danach verlassen, er konnte sich genau erinnern! Oder etwa nicht? Er blätterte weiter, während sich Shax und Vaya hoffnungsvolle Blicke zuwarfen. Erneut stockte der Nephilim und starrte fassungslos die Seite an. Auf den Fotos waren er und seine restlichen Geschwister zu sehen, aber sie wirkten glücklich. Warum? Sie hassten ihn, sie hatten Spaß daran, ihn zu quälen, also woher kamen diese Fotos? Das machte keinen Sinn, es sei denn, Shax und Vaya sprachen wirklich die Wahrheit. „Bitte, du musst dich erinnern. Lass Lilith nicht gewinnen.”, bat die Dämonin leise. „Wir wissen, dass die Erinnerungen noch da sind. Lass uns dir helfen. Wir wollen dich nicht so sehen.” Ohne Vorwarnung beugte sie sich nach vorne und umarmte ihn. Rin verspannte augenblicklich und für den Bruchteil einer Sekunde wollte er sie wegstoßen, aber tat dann nichts dergleichen. Zum ersten Wahl nach so langer Zeit verspürte er Wärme, dabei ließen die Illusionen sonst Kälte zurück. Sagten sie wirklich die Wahrheit? War das hier echt und er war endlich in Sicherheit, weit weg von den Stimmen, den Schmerzen und der Angst? Verwirrung machte sich bemerkbar, als er spürte wie etwas auf seine Hand topfte und er brauchte einige Sekunden bis er endlich erkannte, dass es seine Tränen waren. Seine Augen weiteten sich. „V-Vaya? Shax?”, krächzte er unsicher hervor und die Dämonin umarmte ihn zur Antwort noch fester. Auch Shax war näher an ihn herangerückt und strich ihm über den Rücken. „Ja. Wir sind hier und werden dich nicht alleine lassen.” Rin antwortete nicht sofort, sondern schaute erneut auf die Bilder, während langsam die Erinnerungen zurück kamen. ‚Dort waren wir im Palastgarten schwimmen, weil es extrem heiß war...da waren wir bei Amon bei Besuch...das ist in Egyns Reich, als er mich mal mitgenommen hat...und das war an dem Tag, als wir versehentlich einen von Samaels Manga ruiniert haben und einen neuen besorgen mussten, bevor er es merkt. Ob er das inzwischen mitbekommen hat?‘ Je länger er darüber nachdachte, umso mehr Erinnerungen kehrten zurück. „Aber was ist mit Lilith?”, fragte er angespannt. Zumindest dort musste es einen Haken geben, sie konnte nicht einfach weg sein. „Lilith hat eine verheerende Niederlage erlitten und musste sich zurückziehen. Azazel ist wieder bei uns, wir haben vorerst gewonnen.”, antwortete Shax, woraufhin Rin wieder ein wenig entspannte, allerdings konnte er sich nicht wirklich sicher fühlen. Die beiden redeten eine ganze Weile auf ihn ein, bis er sich endlich so weit beruhigt hatte, dass er nicht mehr hyperventilierte, sobald er an seinen Vater oder seine Brüder dachte. Allerdings blieb dennoch ein bitterer Beigeschmack zurück. Er wollte wirklich glauben, dass diese Erinnerungen nicht echt waren, aber er konnte diese Bilder und Eindrücke nicht so schnell vergessen. Immer wenn er die Augen schloss, sah er es vor sich und hörte das grausame Gelächter. Andererseits bewies das Album das eindeutige Gegenteil. Sie hassten ihn nicht, sie hatten ihn nie verletzt. „Ist es in Ordnung, wenn wir deinen Vater rein holen?”, fragte Shax plötzlich und ließ den Nephilim zusammenzucken. Ein Teil von ihm schämte sich, weil er so unsicher war, aber konnte man ihm das wirklich verdenken? „Schon in Ordnung, du musst nicht-”, setzte Vaya an, Rin schüttelte jedoch den Kopf. „Nein, holt ihn bitte her.”
 

„Sicher?”
 

„Ganz sicher.”, bestätigte er. ‚Er wird mich nicht verletzen, kein Grund für Panik.‘ Shax stand auf, um die Tür zu öffnen, während Vaya ein Stück beiseite ging. Rin schloss die Augen und holte tief Luft. ‚Es ist ok, er wird mich nicht verletzen. Es ist ok, er wird mich nicht verletzten. Es ist ok, er wird mich nicht verletzen.‘, wiederholte er gedanklich immer wieder und zwang sich zur Ruhe. Die Tür öffnete sich und der Dämonengott betrat in Shax' Begleitung den Raum. Sofort versteifte er, sodass er sich schnell seine Worte in Erinnerung rief. ‚Es ist ok, er wird mich nicht verletzten.‘ Eh er sich versah, kniete der Dämonengott bereits vor ihm. „Rin, geht es dir gut?”, fragte dieser sofort und legte dem Jüngeren eine Hand auf die Schulter, woraufhin er erschrocken zusammenzuckte und zurückweichen wollte, riss sich allerdings im letzten Moment zusammen. Stumm nickte er und wurde in eine Umarmung gezogen. „Es tut mir so leid, ich hätte euch niemals nach Assiah schicken sollen.”, redete Satan weiter, doch Rin schüttelte den Kopf. „Keiner konnte wissen, was passieren würde.”, sagte er leise und schloss die Augen, sich langsam an die Anwesenheit seines Vaters gewöhnend. „Mag sein, aber es entschuldigt nichts. Wir haben gesagt, dass wir auf dich aufpassen und stattdessen wurdest du gefangen. Das ist nicht verzeihlich-”
 

„Jetzt hör mal auf, solchen Mist zu reden, alter Mann. Du klingst schon wie Egyn.”, murmelte Rin, konnte sich ein müdes Lächeln jedoch nicht verkneifen. „Ich bin nur froh, dass wir dich wieder haben.”, antwortete Satan ohne auf den Kommentar zu seinem Alter einzugehen. Schließlich ließ er Rin wieder los und sie berichteten gemeinsam, was sich in den letzten Wochen zugetragen hatte und was vor allem mit Azazel passiert war. Ein Teil von ihm war erleichtert, dass der Geisterkönig sie nicht aus freien Stücken hintergangen hatte, aber dafür machte er sich jetzt große Sorgen um ihn. Er wollte ihn besuchen, was Satan ihm schnell wieder ausredete. Zunächst sollte er sich erholen und würde vorerst keinen Besuch von seinen Brüdern oder Freunden bekommen, damit sie nicht versehentlich weitere falsche Erinnerungen oder gar Panikattacken auslösten. Zu Beginn war der Nephilim alles andere als begeistert und ließ sich erst nach langem Einreden überzeugen. Immerhin versprachen sie, dass er sie sehen konnte, sobald es ihm besser ging. Schließlich wurde Rin klar, dass Vaya und Shax recht gehabt hatten: Er würde sich immer auf seine Familie und Freunde verlassen können.
 

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„G-Gebieterin, bitte vergebt uns, es war nicht unsere Schuld-”, versuchte sich Luxuria zu verteidigen, doch Lilith wollte nichts davon hören und ließ die Schmerzen nur noch intensiver werden. Die Aveira lagen allesamt am Boden, hielten sich die Köpfe und wanden sich vor Schmerz. Invidia hasste Liliths Strafen, vor allem da die rothaarige Dämonen in letzter Zeit wesentlich schneller an der Decke war als sonst. Dieses Mal war der Ausbruch zwar gerechtfertigt, aber warum musste sie es immer an ihnen auslassen?! „Ach, und wessen Schuld war es dann?”, fauchte die Dämonengöttin. „Ihr hattet eine simple Aufgabe: Ihr solltet die Baal gefangen nehmen, ihr hattet sogar Azazel, der euch hilft, aber stattdessen verliert ihr und lasst noch dazu ein paar Sterbliche Satan befreien!”
 

„Wir wissen auch nicht, wie das passieren konnte! Dort waren überall Wachen, sie können nicht einfach durchgekommen sein! Sie hätten gar nicht erst-”, begann Ira, aber wurde unterbrochen. „Hätte, hätte, hätte...ES IST MIR EGAL! Sie haben Satan befreit und sowohl der Nephilim als auch Azazel sind weg und ich kann keinen von beiden mehr erreichen. Sie haben nicht nur gewonnen, sie haben uns gedemütigt!”, schrie sie und warf ein Glas an die Wand. „Aber wir haben doch noch den Rest Assiahs!”, versuchte Gula ihr Glück und Acedia nickte schnell. „Ja und wir haben auch Gehenna. Das holen sie sich nicht so schnell wieder!”, bestätige sie die Aussage, woraufhin Lilith schnaubte. „Mag sein, aber das wir die Exorzisten so schnell überwältigen konnten, lag vor allem an dem Nephilim. Ohne ihn wird es wesentlich länger dauern die Verteidigungen niederzureißen.” Sie hielt kurz inne, dann begann sie auf und ab zu gehen. Die Todsünden ließen sie dabei nicht aus den Augen, immerhin schwankte ihre Stimmung momentan mehr als sonst. „Ich hasse es das zuzugeben, aber ich bin zu leichtsinnig geworden. Ich hätte die Dämonenkönige töten sollen, als sich die Gelegenheit geboten hat und Azazel gleich mit...der Nephilim wäre ein ausreichendes Druckmittel für Satan gewesen.”, murmelte sie und fuhr herum, als ein Klopfen von der Tür kam. „WAS?!”, fauchte sie, als Aulak und Berith dazukamen. Invidia unterdrückte ein Schnauben. Berith hatte ihr gerade noch gefehlt. Dieser Arsch machte kein Geheimnis daraus, wie sehr er ihre Stelle haben wollte. Informationsbeschaffung, Spionage, Sabotage und Unterweltgeschäfte waren immer noch ihr Spezialgebiet! Dummerweise hatte er Lilith während ihrer Versieglung einige Dienste erwiesen, daher konnte sie ihn vorerst nicht los werden, auch wenn Lilith bereits deutlich gemacht hatte, dass sie sich beide besser weiterhin nützlich machten. Vorerst würde sie sich auf ihren Sieg konzentrieren, dann konnte sie diesen lästigen Zeitdämonen los werden. „Tut uns leid, aber wir haben Neuigkeiten. Meine Schwester hat eine Gruppe Menschen getroffen, die sich uns anschließen wollen. Sie sind scheinbar irgendeine Sekte oder ein Kult...wie auch immer, sie reden von irgendwelchen Prophezeiungen.”‚ sagte Aulak. „Außerdem muss ich leider mitteilen, dass wir nichts über den unreinen König in Erfahrung bringen konnten, außer dass es wohl zwei Dinge gibt, die benötigt werden, damit er wieder auferstehen kann.”, fügte Berith hinzu, während er Invidia einen hämischen Blick zuwarf. Diese erwiderte seinen Blick mit einem hasserfüllten Starren. War ja klar, dass ausgerechnet er zuerst etwas dazu erfuhr, aber glücklicherweise machte Lilith eine wegwerfende Handbewegung. „Das hilft uns momentan nicht weiter, komm wieder, wenn du genaueres weißt.” Sie wandte sich an Aulak. „Ich kümmere mich darum. Sage ihr, dass sie die Menschen herbringen soll. Vielleicht sind uns diese Narren noch nützlich.” Sie wandte sich erneut an die Aveira. „Um euch kümmere ich mich später.” Damit stürmte sie aus dem Zimmer und Luxuria atmete auf. „Sobald ich herausfinde, wer uns verraten hat und den Exorzisten geholfen hat, Satan zu befreien, wird sich derjenige wünschen, nie geboren zu sein.”, hörte sie Ira murmeln und konnte nur zustimmen. Irgendjemand hatte sie verraten und sie würden herausfinden wer.
 

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Eine Woche später ging es Rin bereits wesentlich besser und dank eines Schlafmittels, das ihm verschrieben worden war, hatte er ruhige, albtraumlose Nächte verbringen können. Dennoch würde es noch Weile dauern, bis er sich wirklich wieder an seine Familie gewöhnen konnte. Bei Satans Besuchen an den ersten Tagen, zog sich sein Magen oft schmerzhaft zusammen, doch glücklicherweise riss er sich meist schnell zusammen und nachdem die Woche rum war, konnte er sich beinahe wieder normal mit ihm unterhalten. Von ihm erfuhr er unter anderem, dass es leider nicht ganz so gut bei Azazel lief. Er konnte weder essen noch trinken, da er es beinahe sofort wieder erbrach. Zudem wurde der Blutdurst immer schlimmer, sodass sie langsam darüber nachdachten, ihn irgendwie zu paralysieren, damit er nicht sich selbst oder andere verletzte. Das einzig Positive war wohl, dass Lilith dank der ganzen Siegel und Bannkreise vorerst keinen Kontakt zu dem Geisterdämonen aufnehmen konnte. Dennoch fiel ein Besuch vorerst ins Wasser. Dafür bestand der Nephilim darauf, sich endlich mit seinen restlichen Geschwistern und Freunden zu treffen. Außerdem wollte er aus diesem Krankenzimmer raus! Kuro war zwar seit dem ersten Tag bei ihm geblieben, um ihm Gesellschaft zu leisten, aber schlussendlich siegte dennoch die Langeweile. Satan zögerte zunächst, aber stimmte zu, nachdem Rin ihn gefühlte Stunden mit seinem besten Welpenblick angebettelt hatte. Nachdem sich der Nephilim angezogen und gegessen hatte, durften endlich seine Brüder ins Zimmer. Er hatte nicht mal die Gelegenheit "Hallo" zu sagen, da wurde er bereits von Egyn mit einer Umarmung überfallen. „Oh mein Gehenna, es geht dir gut! Wir haben schon mit dem Schlimmsten gerechnet, nachdem du so durchgedreht bist! Vater hat uns nicht zu dir gelassen und Shax hat sich genauso stur gestellt! Und dass obwohl du so ewig alleine warst!” Er brabbelte weiter, Rin achtete eher weniger darauf, er war einfach nur froh, wieder mit ihnen reden zu können, auch wenn die Anspannung noch da war. „Egyn, jetzt lass ihn mal Luft holen und gib ihm Freiraum. Du redest schon wieder viel zu viel.”, seufzte Beelzebub, woraufhin ihn der Wasserdämon streng ansah, aber den Nephilim zumindest los ließ. „Er war wochenlang gefangen, also tu nicht so, als ob du dir keine Sorgen gemacht hast! Das mindeste was wir tun können, nachdem wir ihn verloren haben, ist es ja wohl ihn zu fragen, ob es ihm gut geht!” Iblis verdrehte die Augen. „Wenn du mal Kinder haben solltest, beneide ich die nicht...aber schön dich wieder zu haben, Kleiner.”, fügte er hinzu und wuschelte Rin kurz durch die Haare. Auch die anderen freuten sich sichtlich ihn wieder zu haben, Amaimon bot ihm sogar einen seiner Lutscher an, den er gerne annahm. „Ich muss leider nochmal los.”, mischte sich plötzlich Satan ein. „Ich muss mich um einige Angelegenheiten kümmern. Denkt daran, dass ihr ihm nicht gleich zu viel abverlangt.”
 

„Ich bin nicht aus Glas.”, antwortete Rin ein wenig genervt, aber der Dämonengott hatte bereits den Raum verlassen. Rin setzte sich zusammen mit Amaimon und Beelzebub auf das Bett, während sich der Rest auf Stühlen und dem Boden verteilte. Nur Samael musste sich natürlich extra einen schicken Sessel heraufbeschwören. „Also gibt es irgendwas neues?”, fragte Rin und strich Kuro, der schnurrend auf seinem Schoss lag, über den Kopf. „Nicht wirklich.”, antwortete Amaimon. „Wir bauen Bannkreise auf und erneuern sie, treffen uns mit irgendwelchen Exorzisten...Menschen sind echt seltsam.”, fügte er hinzu und zuckte mit den Schultern. „Momentan sind wir vor allem damit beschäftigt Streitereien zu schlichten und die Stadt zu halten. Wir haben genug Vorräte, um einige Wochen zu überstehen und haben hier auch einige gefunden, von denen aber die Sterbliche nichts essen können. Danach wird es allerdings interessiert. Da Lilith einen großen Teil der Welt besetzt hat, sind viele Verbindungen zwischen den Hauptstellen zusammengebrochen und dass inzwischen fast alle Menschen Dämonen sehen können, macht es nicht einfacher für uns.”, berichtete Samael seufzend. „Japp, die Exorzisten haben schon erzählt, dass ihre Sprechstunden total überlaufen sind. Die ganzen Sterblichen kommen jetzt wegen jedem Kohletierchen angerannt.”, brummte Astaroth. „Wenn das hier alles vorbei ist, beneide ich die Exorzisten nicht. Die werden ein riesiges Chaos zu beseitigen haben.”
 

„Ich mache mir eher Sorgen, dass die Menschen wie damals reagieren, als die Angst vor Dämonen entstand.”, warf Lucifer ein. „Zuvor hatte die Ritterschaft erhebliche Nachwuchssorgen wegen der blauen Nacht und dem schwindenden Glauben an Dämonen, aber jetzt sieht die Sache anders aus. Wenn wir Pech haben, werden die Menschen anfangen uns erneut zu jagen. Gewinnen würden sie wohl nicht, aber es gäbe eine Menge Tote auf beiden Seiten.” Daran hatte Rin bisher mit keiner Silbe gedacht, jedoch machte es Sinn. Die Menschen hatten bereits mehrmals bewiesen, dass sie nicht viel von Dingen hielten, die sie nicht verstanden. Unwillkürlich musste er an Christina denken, die ihre ganze Familie dank der damaligen Hexenjagden verloren hatte. Genauso würde es den Dämonen gehen, auch wenn er sich ziemlich sicher war, dass Gehenna Assiah sogar in seinem geschwächten Zustand schlagen könnte. „Reden wir doch mal über was positiveres!”, mischte sich Egyn ein. „Darüber können wir uns immer noch Sorgen machen, wenn es so weit ist.” Alle stimmten zu und sie begannen, über erfreulichere Themen zu reden. Unter anderem berichteten die Dämonenkönige von alten Schul- und Militärkameraden, die sie getroffen hatten, sowie einigen Ausbilder und sogar alte Lehrer. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass du Befana getroffen hast, Samael.”, murmelte Iblis mürrisch, woraufhin der Zeitdämon mit den Schultern zuckte. „Ich war genauso überrascht.” Rin schaute nur verwirrt drein. „Frage: Wer ist Befana? Eine Ex?” Astaroth, der gerade einen Schluck Wasser getrunken hatte, verschluckte sich und spuckte es beinahe aus. „EINE EX?!”, fragte er entsetzt. „Scheiße, nein! Sie war eine Lehrerin für Mathe, Altgriechisch und Latein. Die hat uns alle gehasst, außer Egyn.”
 

„Wahrscheinlich nur, weil er später ihr König sein würde.”, grummelte Iblis. „Ich wette, wenn sie sich mal mit Lilith treffen würde, wären sie sofort beste Freunde. Dann könnten sie gleich zusammen Pläne schmieden, wie sie uns los werden.”
 

„Na komm, so schlimm ist sie dann doch nicht. Nur weil sie uns nicht leiden konnte, heißt das lange nicht, dass sie uns gleich umbringen würde, wenn sich die Gelegenheit bietet.”, mischte sich Beelzebub ein und Astaroth verdrehte die Augen. „Wenn wir vergiftet wären und sie hätte das Gegenmittel, würde sie damit Pflanzen gießen.” Anhand der Blicke der übrigen Baal schienen sie seine Meinung zu teilen. „War sie wirklich so schlimm?”, fragte der Nephilim vorsichtig. „Oh ja. Warum diese Frau Lehrerin geworden ist, werde ich nie kapieren.”, knurrte Astaroth. „Sie war unmöglich. Lucifer hat sie mal wegen Lateinhausaufgaben nachsitzen lassen, mit der Begründung, er hätte die nicht selbst gemacht, weil die zu gut sind. Samael hat sie zur Schulleitung geschickt, weil er niesen musste, bei einem Ausflug hat sie Beel vergessen und einmal hat sie meine ganze Klasse nachsitzen lassen, weil wir angeblich alle die Hausaufgaben vergessen hatten. Das Problem: Sie hat vergessen, uns die aufzugeben, also war es ihre Schuld. Oh, und dann hat sie mir einmal mit Absicht falsche Noten eingetragen, weswegen ich fast durchgerasselt bin, also durfte ich 'ne Extraprüfung schreiben.” Das klang wirklich mehr als unschön. So ging es eine Weile hin und her, bis sie irgendwann ganz vom Thema weg waren und sich stattdessen über alle anderen möglichen Dinge zankten. „Was soll das heißen, ich habe kein Verantwortungsbewusstsein?! Ich kümmere mich genau wie ihr um ein ganzes Reich!”, entrüstete Astaroth sich inzwischen. „Na ja, immer funktioniert das auch nicht. Muss ich dich an das Pharmazie Projekt damals erinnern? Du weißt schon, das mit der Pflanze?”, erwiderte Lucifer seufzend, doch der Verwesungsdämon wollte nichts davon hören. „Das war nicht so einfach, ok?!”
 

„Er war ein Kaktus, um den musstest du dich nur einen Monat lang kümmern. Sogar Amaimon hat das geschafft.”, erinnerte Beelzebub ihn trocken, was der Jüngere mit „Er ist ja auch ein verdammter Erddämon, die kommen mit Pflanzen klar!”, konterte. Rins Anspannung war inzwischen vollkommen verschwunden und er musste sich ab und zu sogar ein Grinsen verkneifen. Dennoch fühlte er sich immer noch erschöpft und ein seltsames taubes Gefühl wollte einfach nicht verschwinden. Er redete nicht viel und beschränkte sich eher aufs Zuhören. Endlich waren die Streitereien beendet und sie erzählten ihm, was er sonst noch verpasst hatte. Gelegentlich stellte er einige Zwischenfragen bezüglich seiner Freunde und erfuhr dabei, dass es allen den Umständen entsprechend gut ging. Sie hatten sich sogar allmählich an die ganzen Dämonen gewöhnt und halfen öfter sowohl bei den Exorzisten als auch den Dämonen aus. In den meisten Fällen bedeutete dies, sich um Verletzte zu kümmern oder Essen zu verteilen, aber es war schön, dass sie sich den Bewohnern Gehennas nicht verschlossen. Izumo hatte sogar Vaya und Galatea gezeigt, wie man mit Stäbchen aß, da sie dies nicht aus Gehenna kannten und stattdessen damit Mikado gespielt hatten. Sie war sogar überraschend geduldig gewesen, was man von ihr immerhin eher weniger gewohnt war. Bevor er sich versah, war bereits eine Stunde vergangen und noch immer war Satan nicht zurückgekehrt. Offenbar hatte er mehr zu tun als angenommen. Der Nephilim beschloss daher die Gelegenheit zu nutzen und bat darum, auch Yukio und seine Freunde sehen zu dürfen. Zunächst versuchten sie es ihm auszureden, aber schlussendlich gaben sie nach. „Gut, ich gebe ihnen Bescheid, dass sie herkommen sollen.”, seufzte Iblis und zog sein Hand hervor. „Du hast ihre Nummer?”, fragte Beelzebub überrascht, woraufhin der Feuerdämon mit den Schultern zuckte. „Ich hatte die Schnauze voll davon, sie jedes Mal suchen zu müssen, wenn man mit ihnen reden will. Also hab ich mit Suguro Nummern ausgetauscht.”
 

„Tatsächlich? Wie rührend!~”, säuselte Samael sofort. „Wenn das weiter so geht, verabredet ihr euch am Ende noch zum Essen.~” Er erhielt seine Antwort in Form eines geworfenen Pflanzentopfes, der ihn knapp verfehlte. Es dauerte nicht lange, bis abgenommen wurde und Iblis zu reden begann. „Ich bin's. Ich rufe nur an, weil Rin euch sehen will, habt ihr Zeit?...Ne, ihm geht's ganz gut...Ja, er auch...Ach, und wo ist er?...Na super...Ja, ok. Dann ist es eben so, er kann immer noch später kommen. Wir sind in einem Krankenzimmer, Nummer 243, glaube ich....Ja, genau dort. Gut, bis gleich.”, er legte auf und wandte sich an Rin. „Kirigakure und der Rest deiner Bande sind unterwegs, aber Yukio kann nicht. Er ist grad wohl auf irgendeinem Einsatz, aber ich denke mal, er wird kommen, sobald er wieder da ist. Er hat öfter nach dir gefragt.” Erleichtert nickte der Nephilim, beruhigt, dass sein Bruder wirklich zu ihm hielt. Sein Zwilling hatte immerhin ebenfalls des Öfteren unschöne Auftritte in seinen Visionen und falschen Erinnerungen gehabt. „Gut, wenn das geklärt ist, müsste leider ich direkt weiter.”, meldete sich Lucifer zu Wort. „Ich muss mich Paymon treffen.”
 

„Und ich muss noch einiges mit meinen Truppen abklären. Es wurden einige Insektenzüchtungen am Rande der Stadt gesichtet, die Terror machen, darunter wohl auch einige Riesenspinnen.”, warf Beelzebub ein, woraufhin die anderen Baal erschauderten. „Von diesen Dingen habe ich erst mal genug.”, antwortete Egyn. „Ich treffe mich gleich mit einigen Sirenen, es gibt mal wieder irgendwelche Streitereien.”
 

„Da würde ich glatt die Spinnen nehmen.”, murmelte Astaroth. Es stellte sich heraus, dass auch Samael noch etwas zu erledigen hatte. Amaimon, Iblis und Astaroth würden vorerst noch bleiben, da sie momentan nichts dringendes zu erledigen hatten und Satan sie darum gebeten hatte, in Rins Nähe zu bleiben. Der Nephilim war etwas genervt daneben, sagte allerdings nichts. Immerhin versprachen die drei, sich auf die andere Seite des Raumes zu setzten, sodass er in Ruhe mit seinen Freunden reden konnte. „Ich hoffe, ihr drei könnt euch so lange benehmen.”, warnte Lucifer sie dennoch. Amaimon zuckte nur mit den Schultern, während die anderen beiden die Augen verdrehten. „Ja doch, nun tut mal nicht so, als würden wir die Menschen fressen, wenn ihr nicht da seid.”, antwortete Astaroth gereizt. Die älteren Baal verabschiedeten sich schließlich, sodass er mit den restlichen Dämonen zurück blieb. Nach einigen Minuten trafen bereits die anderen Adepten ein und dieses Mal fiel es ihm wesentlich leichter, seinen zusammenziehenden Magen zu ignorieren. Er stand auf und fand sich in einer Umarmung mit Shiemi wieder und als sie ihn los ließ, in einer von Izumo. Im ersten Moment war er extrem überrascht, ebenso wie die anderen. Erst jetzt schien ihr bewusst zu sein, was sie getan hatte und errötete leicht. „B-Bilde dir ja nichts da drauf ein! Ich hatte ein paar anstrengende Tage!” Rin verdrehte die Augen, doch konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. „Was auch immer du sagst, Augenbraue.”
 

„NENN MICH NICHT SO!”, fauchte sie sofort, während Shima unglücklich drein blickte. „Du bist grausam Izumo-chan.”, schmollte er. „Ihn umarmst du, aber mich lässt du abblitzen. So gemein.” Die angehende Tamerin schnaubte. „Er kann sich immerhin benehmen und behält seine Griffel bei sich!” Shima seufzte niedergeschlagen und murmelte etwas vor sich hin, wahrscheinlich bedauerte er sich selbst. „Shura kommt übrigens später, sie hat noch etwas mit Paladin Angel zu bereden.”, erklärte Konekomaru und setzte sich auf einen der Stühle. „Er ist wieder Paladin?”, fragte Rin überrascht. „Ja, sie haben ihn wieder eingesetzt, nachdem sich die Ritterschaft offiziell mit den Dämonenkönigen verbündet hat.”, erklärte Bon und setzte sich neben Konekomaru. Auch die anderen setzten sich, während Shiemi sich neben Rin auf dem Bett nieder ließ. „Wie geht es dir?”, fragte sie besorgt. „Die Dämonenkönige haben uns erzählt, dass du einen Zusammenbruch hattest.” Ohne, dass er es wollte, versteifte Rin und wich ihrem Blick aus. „Ich will nicht drüber reden. Mir geht es inzwischen sowieso besser.”, sagte er schnell. „Schon gut, wir wollen dich nicht drängen.”, beruhigte Koneko ihn und sein Blick wanderte kurz zu den Baal, die auf der anderen Seite des Raumes waren und sich leise unterhielten, offenbar alles andere vollkommen ignorierend. „Sie sind also auch noch hier.”
 

„Angeblich sollen sie mich nicht allein lassen.”, erwiderte Rin ein wenig bitter. „Anscheinend denken sie jetzt wirklich, dass ich nichts alleine schaffe.” Shiemi legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Sie meinen es doch nur gut. Sie machen sich Sorgen um dich.” Rin schwieg, daher ergriff Izumo das Wort. „Sie hat recht, sie wollen nur sicher gehen, dass dir nicht passiert. Nach allem, was geschehen ist, hätte es mich gewundert, wenn sie anders reagiert hätten. Wer weiß, hier könnten noch mehr Verräter unterwegs sein. Das hat nichts damit zu tun, dass sie dich für hilflos halten.” Der Nephilim schüttelte düster den Kopf. „Mag sein, dass sie sich Sorgen machen, aber ändert nichts daran, dass ich bisher immer nutzlos war und sie mir jedes Mal den Hintern retten mussten.”, murmelte er niederschlagen. „Sie haben mich vor den Spinnen gerettet, vor Aulak, zwei Mal vor Lilith...und sogar davor habe ich nie irgendwas allein geschafft. Yukio hat mich vor Neuhaus gerettet, der Alte damals vor den ganzen Dämonen-”
 

„Dafür hast du mich vor dem Leaper gerettet.”, unterbrach Bon ihn. „Und mir hast du auch damals in Omas Garten geholfen.”, warf Shiemi ein. Rin schnaubte jedoch. Es war nett von ihnen, ihm gut zuzureden, aber er wusste es besser. Seit er in Gehenna gelandet war, schien er einfach nichts alleine hinbekommen zu haben und alles was er erreicht hatte, schien unbedeutend, nachdem er sich einfach so von Lilith hatte benutzen lassen. Sämtliches Selbstvertrauen, das er in den letzten Monaten aufgebaut hatte, war zusammengefallen wie eine Ruine. „Ein Riesenfrosch und eine Riesenblume, toll. Wenn es aber wirklich drauf ankommt, bin ich absolut nutzlos.” Die Adepten wechselten einen kurzen Blick, dann ergriff Izumo das Wort. „Jetzt hör auf, dich deswegen fertig zu machen. Du bist nun mal ein Anfänger, die Dämonenkönige werden nicht anders angefangen haben. Und wenn man bedenkt, dass du nur ein halbes Jahr dort warst, hast du doch inzwischen ganz gute Kontrolle über deine Kräfte zögerte kurz, als würde sie überlegen, ob sie das nächste wirklich sagen sollte, doch entschloss sich schlussendlich dazu. „Sieh dir nur mal Azazel an. Er, Astaroth und Egyn haben gemeinsam gegen Lilith gekämpft und verloren. Azazel konnte nichts tun, außer die Abmachung zu treffen, obwohl er der drittstärkste Baal ist.”
 

„Lilith konnte außerdem Satan besiegen.”, erinnerte Shima. „Und wenn sogar der schlapp macht, will das was heißen.” Izumo nickte. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich das je sage, aber Shima hat recht. Jeder hat mal seine Probleme, sogar jemand wie Satan. Und falls du uns jetzt mit "Ich habe ja auch gegen schwächere Dämonen verloren" denke dran, dass sie einfach mehr Erfahrung haben.” Der Nephilim zögerte, eh er erneut sprach. „Wie läuft es sonst bei euch? Ich habe gehört, dass ihr viel ausgeholfen habt.”, wechselte er das Thema und glücklicherweise gingen sie darauf ein. Er wollte wirklich nicht mehr darüber reden. „Ja, das meiste ist nichts besonderes, aber wir haben eine Menge gelernt. Ich habe vor einigen Tagen einen Heiler kennen gelernt, der Englisch spricht, also konnte ich mich ein wenig mit ihm unterhalten und habe ein paar tolle neue Heilmethoden gelernt! Wusstest du, dass Herr Sancho..ähm Aloe meine ich, nicht nur bei Masho und Verbrennungen durch einen Ghul oder Naberius hilft?”, berichtete Shiemi aufgeregt. Sie erzählte noch eine Weile weiter und auch wenn Rin kaum verstand, wovon sie sprach, fühlte er sich dennoch wesentlich wohler. „Ehrlich gesagt bin ich inzwischen der Meinung, dass wir alle unsere Ausbildung fast komplett von vorne anfangen müssten.”, hörte er Koneko plötzlich sagen. „Wir haben so viele neue Dinge erfahren, die unserem bisherigen Wissen zu einem sehr großen Teil widersprechen. Viele der Schwächen treffen gar nicht zu, manche Dämonen sind falsch klassifiziert, unbekannt oder scheinen nicht mal zu existieren, sondern bereits bekannte zu sein, die wir für neue Arten gehalten haben.”
 

„Ist es so schlimm?”, fragte Rin verwundert. Er hatte in seiner Zeit in Gehenna einiges über Dämonen gelernt, aber war noch lange kein Experte. Dämonen wie er, die Baal oder Satan waren tatsächlich nur ein kleiner Bruchteil der Bewohner Gehennas. Die meisten Dämonen hatten ein nicht menschliches Aussehen, daher fiel es ihm schwer zu erfassen, wie viele es überhaupt gab, zumal diese Dämonen in der Regel nicht in Städten lebten, sondern sich anderswo rumtreiben. „So ziemlich.”, bestätigte Bon. „Da wären einmal die Rakshasa. Sie sind Gestaltwandler, allerdings kennen wir bisher nur Gestaltwandler, die zu Azazel gehören und gerade mal die untere bis mittlere Ordnung einnehmen. Sie ergreifen Besitz von halbfesten Körpern und können dabei eine beliebige Form annehmen. Sind sie und die Rakshasas dasselbe oder etwas anderes? Und dann kommen zum Beispiel Götterboten wie Uke und Mike dazu...wo gehören die hin? Eigentlich könnten wir alles komplett neu einsortieren und einordnen.”
 

„Ich frage mich, ob sie trotzdem die Exorzistenprüfung durchführen werden.”, überlegte Shima, aber Rin achtete nicht darauf. Es machte natürlich Sinn, dass die Exorzisten jetzt so einiges neues lernten und war sich nicht sicher, ob das wirklich so gut war. Immerhin würden sie bald wieder auf verschiedenen Seiten stehen. Sofort schob er den Gedanken beiseite, denn er wollte nicht daran denken, dass er sich wohl früher oder später für eine Seite entscheiden musste. Vorerst würde er einfach die Zeit mit seinen Freunden genießen.
 

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Während Rin sich mit seinen Freunden austauschte, unterhielten sich die drei Baal leise in einer Ecke. „Immerhin scheint er sich langsam zu erholen und hat bei ihrem Anblick nicht gleich den nächsten Schreikrampf bekommen.”, murmelte Iblis und warf einen flüchtigen Blick in die Richtung seines jüngeren Bruders. Dieser war im Vergleich zum Anfang immerhin etwas besser drauf, auch wenn es wohl eine ganze Weile dauern würde, bis er sich vollkommen erholt hatte. Falls er sich jemals vollkommen erholen würde. Unwillkürlich musste daran denken, was Egyn ihnen gesagt gestern hatte und wenn er sich die Gesichter der anderen ansah, ging es wohl nicht anders. Laut dem Wasserdämonen hatte seine Mutter sich damals wie Rin verhalten, als man sie gefunden hatte und um den Tod gefleht. Keiner wollte sich ausmalen, wie sich der Nephilim verhalten hätte, wenn er auch nur eine Woche länger in Liliths Fängen gewesen wäre. Wahrscheinlich wäre nicht mehr viel von ihm übrig geblieben. „Ist jetzt eigentlich schon raus, was wir wegen Jahi tun sollen?”, fragte Amaimon plötzlich. Überrumpelt von dem unerwarteten Themenwechsel, antworteten sie nicht sofort. Astaroth fing sich als erstes. „Wie kommst du denn jetzt darauf?” Der Erdkönig zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht...Sie hat die Sirenen befreit. Das hat ihr keinen wirklichen Vorteil gebracht, also warum sollte sie das tun?” Iblis schnaubte abfällig. „Sie hat uns jahrelang angelogen und ohne zu zögern Rin ausgeliefert, obwohl er nichts für konnte. Da kann mir keiner erzählen, dass sie 'nen Sinneswandel hatte. Wahrscheinlich ist sie genauso durchgeknallt wie Stihi und Aym. Denen ging es schon gar nicht mehr wirklich um Rache, andernfalls hätten sie nicht bei den Blutjagden mitgemacht. Die hatten inzwischen einfach Spaß dran.”
 

„Abgesehen davon macht eine gute Sache nicht den Rest rückgängig. Sie dürfte sich mittlerweile ein Todesurteil verdient haben.”, warf Astaroth ein. „Aber mich würde trotzdem mal interessieren, was sie mit "Ich kenne jetzt die Wahrheit" meinte.” Überraschenderweise war es Amaimon, der antwortete. „Vielleicht, dass Lilith ihre Mutter umgebracht und nicht Vater.” Die beiden älteren Baal wechselten erstaunte Blicke, dann nickten sie langsam. „Das könnte sein...na egal, meinetwegen soll sie in den Hades gehen.”, knurrte der Feuerdämon und verschränkte die Arme. „Warum muss ich auch mit diesen Irren verwandt sein...da ist mir sogar Azrael lieber!”
 

„Mach dir doch deswegen keinen Kopf. Du hattest nun wirklich nicht viel mit denen zu tun.”, sagte Astaroth schulterzuckend und sein Blick wanderte wieder zu Rin und seinen Freunden. „Die scheinen sich wirklich um ihn zu sorgen, wie?”, murmelte er. „Offensichtlich. Ich bin jetzt zwar nicht grad begeistert, dass sie Exorzisten sind, aber gut, ich gönne es ihm.”, antwortete Iblis nach kurzem Zögern. „Und so schlecht sind sie jetzt nicht.” Zwar gab er das ungern zu, aber je mehr Zeit mit ihnen verbrachte, umso mehr tolerierte er sie. Sie würden wohl keine Freunde werden, aber sie waren mehr oder weniger in Ordnung. „Ich finde Blondie zu anstrengend. Vaya ist zwar auch schüchtern, aber irgendwie auf 'ne andere Art und in letzter Zeit, habe ich das Gefühl, dass sie doch langsam aus ihrer Schale kommt. Ach, und Glatzkopf ist ein Schisser.”, kommentierte Astaroth. „Pinkie ist mit seinen Insekten Panikattacken immerhin unterhaltsam.” Amaimon zuckte mit den Schultern. „Sie sind eben Menschen. Die sind einfach zu schwach. Mit den meisten lohnt es sich nicht mal zu spielen.” Ihr Blick richtete sich auf die Tür, als sich diese plötzlich öffnete, doch es war nur Shura, die sich nun zu der Gruppe gesellte. Sie warf einen kurzen Blick in die Richtung der drei, woraufhin Iblis ihr knapp zunickte. „Nicht alle sind schwach. Sie ist für relativ stark für einen Menschen.”, stellte der Feuerkönig fest. „Japp, aber ich verwette so einiges, dass sie kein reiner Mensch ist. Da steckt irgendwo was dämonisches drin und dann wäre da noch ihr Schwert.”, wies Astaroth hin. „Genau wie das Fuchsmädchen. Sie hat auch Dämonenblut, nur relativ schwach.”, ergänzte Amaimon, während er zusah, wie Shura Rin in den Schwitzkasten nahm. „Bin ich eigentlich der einzige, der das Gefühl hat, dass diese Kamiki auf Rin steht?”, fragte Astaroth und sah die beiden erwartend an. Amaimon starrte ihn nur ausdruckslos an, aber Iblis nickte. „Kann sein, aber warten wir erst mal ab.” Erneut herrschte Stille, bevor Astaroth erneut das Wort ergriff. „Habt ihr eigentlich schon das mit den Hexenzirkeln mitbekommen?”
 

„Das mehrere überlaufen? Oder das manche unter Lilith jetzt angefangen haben, Rituale durchzuführen in denen sie gefangene Menschen und Dämonen als Opfergaben benutzen?”, fragte Amaimon und riss eine Packung Pocky auf, die er seinen Brüdern anbot, doch da sie nicht wirklich in Stimmung für Süßes waren, lehnten sie ab. „Ja, das auch.”, bestätigte Iblis. „Ich bin durch Zufall mit Indra und einem Hohepriester von Beelzebubs ins Gespräch gekommen und sie hatten ein paar interessante Ideen...”
 

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Egal wie oft er die Dämonen sah, Bon hatte sich bisher nur langsam an ihre ständige Gegenwart gewöhnen können. Dämonen schienen stets wie Raubtiere in der Ecke zu hocken und nur darauf zu warten, sich beim kleinsten Anzeichen von Schwäche auf ihre Beute zu stürzen. Natürlich war ihm bewusst, dass sie keine Tiere waren und nicht ohne Sinn und Verstand Menschen anfielen, aber sie etwas an ihnen war dennoch nervenaufreibend. Alleine wie sie manchmal plötzlich hinter einem standen und dann einfach wieder weg waren, erschrak ihn regelmäßig. Die Baal waren keine Ausnahme, doch er musste zugeben, dass er sich an ihre Gegenwart gewöhnt hatte. Ihr Ausflug nach Gehenna und ihre bisherige Zusammenarbeit hatte gezeigt, dass sie nicht so schlecht waren wie es andere immer behaupten. Er musste sogar eingestehen, dass Azazel ihm sehr leid tat und er seine damalige Entscheidung nachvollziehen konnte. Doch nun da sie wieder bei Rin waren, schob er all die negativen Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf den Nephilim, der die Unterstützung mehr als nötig hatte. Die Gefangenschaft hatte ihm offenbar sehr zugesetzt und er erschrak ziemlich, als er den normalerweise so optimistischen und gut gelaunten Halbdämonen vor sich sah. Zwar versuchte Rin das Ganze zu überspielen und so zu tun, als wäre nichts gewesen, aber sie alle bemerkten es. Er warf einen kurzen Blick zu den drei Baal in der Ecke, doch diese schienen in ihr eigenes Gespräch vertieft zu sein. „Weißt du schon, wie lange du noch auf der Krankenstation bleiben musst?”, fragte er schließlich. Rin zuckte mit den Schultern. „Ich kann nachher raus, ich teile mir dann das Zimmer mit einigen meiner Brüder. Hoffentlich lassen sie mich dann auch mal draußen rum laufen.” Zwar versuchte er frustriert zu klingen, aber Suguro war sich ziemlich sicher, dass er sich doch ein wenig davor fürchtete. „Es wäre besser, es langsam angehen zu lassen.”, sagte Shura. „Nach allem, was passiert ist, solltest du nichts überstürzen.” Sofort verschränkte Rin die Arme und schnaubte. „Ich bin kein kleines Kind, das alleine nichts kann.”, protestierte er. „Das hat nichts damit zu tun. Es ist keine Schande, wenn man sich von sowas lange erholen muss.”, beruhigte Shura ihn. Rin sagte nichts, aber alle konnten sich denken, was in ihm vorging. Er schämte sich für das, was passiert war und wollte es so schnell wie möglich wieder hinter sich lassen, was auch bedeutete, schnell auf die Beine zu kommen. „Du solltest aufhören, immer so zu tun, als ob es dir gut geht, wenn das nicht der Fall ist. Irgendwann geht das nicht mehr.”, wies Izumo ihn barsch zu recht. „Du solltest auf deine Freundin hören. Das ist eine wirklich schlechte Angewohnheit von dir.”, bestätigte eine weitere Stimme, die ihnen einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Satan war scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht und stand hinter Shima, welcher ebenfalls zusammenzuckte, herumfuhr und beiseite sprang, während er einen kurzen Schrei ausstieß. Der Dämon achtete nicht auf dessen Reaktion, sondern sah Rin an, welcher nur mit verschränkten Armen zur Seite schaute. Unterdessen fragten sich die Exorzisten wie der Dämonengott so nah an sie heran gekommen war, ohne dass sie es merkten. Er war immerhin ein Stück größer als Mephisto und strahlte eine bedrohliche Aura aus. Bon ballte langsam die Hände zu Fäusten. Obwohl er Satan bereits einmal begegnet war, fehlten ihm erneut die Worte. Vor ihm stand der Mörder seines Großvaters und so vieler weiterer unschuldiger Menschen, inklusive Verwandte seiner Freunde. Unwillkürlich musste er an seinen Schwur denken, aber was konnte er momentan schon ausrichten? Abgesehen davon wäre es sicher nicht allzu gut für ihre Zusammenarbeit, wenn er den Anführer aller Dämonen attackierte. „Du hast ganz schön lange gebraucht. Ist was passiert?”, fragte plötzlich Iblis' Stimme und ließ ihn zusammenzucken. Natürlich standen die drei Baal jetzt neben ihnen. Vielleicht wäre es keine schlechte Idee hinter denen in Deckung zu gehen? „Es gab einige Zwischenfälle und ein Problem mit Azazel, aber es geht ihm schon besser. Ich brauche euch nachher alle bei einen Treffen. Rin, du sollst nochmal zu Shax.” Die drei Baal nickten und Amaimon trat vor. „Ich bring dich hin.”, bot er an, doch der Nephilim zögerte. „Vielleicht sollte ich-”
 

„Wir kommen schon klar, geh ruhig.”, unterbrach Shura ihn. Zwar sah Rin nicht überzeugt aus, aber nickte schlussendlich. „Bis später.”, verabschiedete er sich, dann waren er und Amaimon auch schon weg und ließen Satan und die beiden Baal alleine mit den Adepten. „Ich erkenne euch, ihr wart in meiner Zelle.”, wandte der Dämonengott plötzlich das Wort an die Exorzisten und ließ seinen Blick über sie schweifen, die Arme verschränkt. „Ja. Ist das ein Problem?”, fragte Shura in einem bemüht lässigen Tonfall, aber man konnte ihr die Nervosität ansehen. Der Weißhaarige zuckte mit den Schultern. „Nein. Ich wollte nur sehen, mit was für Leuten Rin sich umgibt. Daran sollte nichts schlimmes sein. Ich war sehr überrascht, dass er sich ausgerechnet mit Exorzisten Adepten angefreundet hat und ihr weiterhin bei ihm geblieben sein, nachdem ihr von seinem Ursprung erfahren habt.” Keiner sagte etwas, sie waren noch immer überrumpelt von seinem plötzlichen Auftauchen und dass er sie einfach ansprach. Shiemi und Shima waren blass wie eine Kalkwand, letzterer schien kurz vor der Ohnmacht zu stehen. Izumo fühlte sich ebenfalls nicht ganz wohl in ihrer Haut, aber wartete ab, was als nächstes passierte, ebenso wie Shura. Bon schwankte derweil zwischen Nervosität, Einschüchterung und Wut. Wie konnte dieser Bastard einfach hier stehen und mit ihnen reden, als wäre alles in bester Ordnung?! „Im Gegensatz zu dir, hat er auch keinen Massenmord begangen!”, brach es schlussendlich aus ihm heraus. Sofort waren die anderen Adepten in bester "Wenn ich ihn nicht sehe, sieht er mich auch nicht!" Manier erstarrt, während Shura nervös zwischen dem Dämonenherrscher und dem Adepten hin und her schaute. Auch die beiden Baal wechselten einen kurzen Blick, eh sie einige Schritte zurücktraten. Satans Gesichtsausdruck verriet nicht, was er dachte und als er sprach, war seine Stimme ruhig, aber kalt. Irgendwie wirkte das noch schlimmer, als wenn er sie angeschrien hätte. „Willst du jetzt wirklich damit anfangen? Wir haben momentan wesentlich größere Probleme, also schlage ich vor, dass du dich nicht wie ein trotziges Kind benimmst.” Kollektives Schlucken seitens der anderen Exorzisten folgte. Sie wünschte sich wirklich Rin herbei. Natürlich lief Suguro sofort rot an und eine Ader an seiner Stirn trat leicht hervor. „Trotziges Kind?!”, presste er unter großer Anstrengung hervor, doch seine Wut stieg dadurch nur. „Mag sein, dass wir größere Probleme haben, aber das heißt nicht, dass wir das einfach ignorieren! Wegen dir sind mein Großvater, Renzos Bruder und Großvater und Konekomarus Eltern tot und die Myōō Dharani fast am Ende, mal ganz abgesehen von vielen anderen Familien, die du zerstörst hast! Was hat dir das Recht gegeben, ein Massaker zu begehen, um drei Person zu retten?! Hättest du dich nicht mit einer Exorzistin eingelassen, wäre sie nie in diese Situation gekommen!” Nun waren ausnahmsweise alle Adepten leichenblass und die beiden Dämonenkönige, welche die ganze Zeit eine abschneidende Handbewegung gemacht hatten, schlugen sich die flache Hand vor die Stirn. Satans Gesichtsausdruck war steinern, aber in seinen Augen schien blaues Feuer zu brennen und jeder bemerkte den plötzlichen Temperaturwechsel im Raum. Zunächst wurde es eiskalt, dann stieg die Temperatur ruckartig nach oben und sie meinte, einige blaue Funken zu sehen. Astaroth und Iblis hatten sich erneut unauffällig einige Schritte zurückgezogen. „Ich würde an deiner Stelle deine Zunge hüten, vor allem wenn du nicht die Hintergründe kennst.”, sagte er und seine Stimme erschien wie eine scharfe Klinge. Gleichzeitig spürten sie, wie sich eine seltsame Schwere auf sie legte und ihnen stetig das atmen erschwerte. „Ich erwarte nicht, dass du mich verstehst und ehrlich gesagt, interessiert ist es mir gleich, was du denkst. Was willst du überhaupt hören? Eine Entschuldigung? Dafür ist es längst zu spät und ich habe auch keinen Grund dafür. Die Exorzisten haben mein Volk genauso abgeschlachtet, allein ihre Jagd auf Nephilim hat weitaus mehr Opfer gefordert als die blaue Nacht. Hör also auf, dich zu beschweren oder dir das Recht herauszunehmen über andere zu richten.”, zischte er, doch Bon gab nicht nach, egal wie einschüchternd Satan war. „Dann erkläre es doch! Du hattest Samael, er hat sie schlussendlich befreit oder nicht?!” Satan zögerte, bevor er antwortete. „Das mag sein, aber ich war zu...aufgewühlt. Niemand kann immer die Kontrolle behalten, nicht mal ich. Familie steht für uns Dämonen an erster Stelle, also habe ich eingegriffen. Ich hätte es anders lösen können, aber was passiert ist passiert und kann nicht mehr rückgängig gemacht werden.”
 

„Dann sollte dir eigentlich auch klar sein, was du uns damit angetan hast. Würdest du es einfach gut sein lassen, wenn jemand deine Söhne tötet und du mit den Mördern zusammenarbeiten musst?!”, hielt Bon dagegen und tatsächlich zögerte der Dämon. „Nein...ich schätze nicht.”, gab er zu, doch klang nicht wütend, sondern viel mehr erschöpft. „Einigen wir fürs erste darauf, dass beide Seiten sich falsch verhalten haben.” Iblis und Astaroth waren wieder näher herangetreten und Iblis ergriff das Wort. „Na ja, die Exorzisten wussten schon, dass sowas passieren könnte. Sammy hat sie sogar vor gewarnt. Was denn?”, fragte er, als er die verdutzen Gesichter der Exorzisten merkte. „Mephisto hat die Ritterschaft gewarnt?”, echote Shura verwirrt und Astaroth nickte. „Japp, sogar mehrmals und er war zur Abwechslung sogar mal ganz deutlich und hat ihnen direkt gesagt, dass Vater alles abfackeln würde, aber die Idioten haben nicht zugehört.” Satan sagte nichts dazu, doch die Raumtemperatur normalisierte sich langsam und das Feuer in seinen Augen erlosch. Außerdem verschwand diese seltsame Schwere. In diesem Moment betrat Samael den Raum, der sich, falls er die Anspannung spürte, nichts anmerken ließ. „Tut mir leid hier einfach reinzuschneien, da ihr euch anscheinend so gut versteht, aber wir haben ein kleines Ärgernis, um das wir uns schnell kümmern sollten.”, verkündete er ausgelassen und erhielt einen genervten Blick von seinem Vater. „Wenn es wieder die Sirenen sind, frage jemand anderen. Selbiges gilt für den Paladin.”, antwortete er dumpf, als hätte er ihnen nicht gerade den Schrecken ihres Lebens eingejagt. „Nein, dieses Mal nicht. Es geht um Seq-” Bevor er den Satz beenden konnte, wurde die Tür erneut aufgerissen und eine Dämonin kam herein gestürmt. Sie war klein, relativ zierlich und wahrscheinlich eine Wasserdämonin, wenn man ihre blauen Haare und Augen in Betracht zog. Interessanterweise erinnerte sie Suguro an jemanden, doch er kam nicht darauf, um wen es sich handelte. Sie schien keine Kämpferin zu sein, doch schritt sichtlich aufgebracht auf Satan zu, welcher ein leises „Oh nicht doch...” murmelte. Iblis und Astaroth traten erneut den Rückzug an, während Satan äußerst unglücklich drein schaute, was die Exorzisten nur noch neugieriger machte. Was sie jedoch endgültig vom Glauben abfallen ließ, war was als nächstes geschah: Die Dämonin verschränkte die Arme, gab dem Dämonengott einen giftigen Blick und begann ihn anzuschreien. Satan versuchte sie mehrmals zu unterbrechen, aber die Dämonin achtete gar nicht darauf, sondern machte einfach weiter. Die Exorzisten tauschten derweil verwirrte Blicke aus und verstanden die Welt nicht mehr. Wer zur Hölle war sie?!
 

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„Oh nicht doch...”, murmelte Satan, während sich Iblis und Astaroth aus dem Staub machten und Samael schnell den Raum verließ. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Warum immer er? Die Dämonin baute sich vor ihm auf und bevor er etwas sagen konnte, zeterte sie auch schon los. „Du! Wie gnädig von dir, dass du noch mit mir sprichst! Was hast du dir dabei gedacht, die Jungs alleine nach Assiah zu schicken?!” Er hatte jetzt schon keine Lust mehr auf diese Diskussion. „Sequana, sie sind volljährig und Dämonenkönige-”, setzte er an, Sequana achtete allerdings nicht darauf. „NA UND?! Sie sind trotzdem ständig in Schwierigkeiten und als ihr Vater ist es deine Aufgabe sie zu schützen, aber stattdessen bist du einfach Zuhause geblieben und hast dich dann auch noch besiegen lassen!”
 

„Sie können auf sich selbst achten! Und tu nicht so, als ob ich das wollte! Ich war geschwächt-”, setzte er erneut an, aber sie unterbrach ihn. „Ach ja, das wieder. Immer das gleiche Theater mit Männern. Plustern sich auf und behaupten, sie könnten es mit jedem aufnehmen, aber wenn es drauf ankommt, machen sie schlapp! Gut, selbst wenn du geschwächt warst und nichts dafür konntest, hättest du wenigstens die richtigen Vorkehrungen treffen können!”, schimpfte die Wasserdämonin weiter. Satan seufzte innerlich. Das konnte dauern, dabei war er gerade absolut nicht in der Stimmung dafür, aber wenn er jetzt versuchte abzuhauen, würde sie ihn später beschimpfen, also konnte er es gleich hinter sich bringen. „Und dann gehst du mir aus dem Weg, obwohl du ganz genau wusstest, dass ich mit dir reden will!”, fuhr Sequana fort und schimpfte noch eine ganze Weile weiter, er ließ es über sich ergehen, etwas anderes würde nicht helfen. „So, ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt! Aber ich bin bei weitem noch nicht fertig, nachher möchte ich nochmal mit dir reden!”, schloss sie aufgebracht und sah ihn mit gefährlich funkelnden Augen an. Satan nickte schnell und sie wandte sich an die versteinerten Exorzisten. „Tut mir leid, ich bin heute wirklich unhöflich, aber ich musste meinem lieben Schwager zurecht rücken. Er ist manchmal einfach unmöglich. Und ihr seid?”, fragte sie mit freundlicher Stimme, die nicht mal ansatzwiese vermuten ließ, dass sie soeben jemanden angeschrien hatte. Vom plötzlichen Stimmungswechsel der Dämonin überrascht, traten sie erschrocken einen Schritt zurück und dass sie Gehennisch sprach, machte es nicht besser. „Ach ja, ihr versteht mich nicht...”, überlegte Sequana und warf einen Blick in Astaroths und Iblis' Richtung. „Wie wäre es, wenn ihr mal herkommt und euch nützlich macht? Ihr braucht euch nicht zu verstecken, mit euch habe ich auch noch ein Wörtchen zu reden!” Ziemlich demotiviert kamen sie rüber und stellten sich neben die Adepten. „Ähm...ohne unhöflich sein zu wollen...aber wer ist sie und was hat sie gesagt?”, fragte der pinkhaarige Adept ein wenig nervös. Astaroth seufzte genervt. „Sequana. Sie ist Egyns Tante.” Er begann zu grinsen. „Und sie hat gesagt, dass sie euch fressen will.” Die blonde Adeptin, sowie der Adept mit der Brille und mit den pinken Haaren erblassten, Shura und das Mädchen mit den Zöpfen verdrehten dagegen die Augen. „Das hat sie nicht gesagt, darauf wette ich.”, schnaubte die Adeptin und Astaroth zuckte mit den Schultern. „Ein Versuch war's wert.” Sie drehten sich um, als sich die Türen erneut öffneten und Egyn den Raum betrat, welcher seine blutende Nase hielt. „Tut mir leid, dass ich erst jetzt komme, es gab neben den Sirenen noch Ärger mit einigen gefangenen Lilith Anhängern. Ein paar Exorzisten haben dann versucht, sie mit rezitieren außer Gefecht zu setzen, aber sie haben dann meinen Todesvers erwischt und ich musste abhauen bevor sie es gemerkt haben-” Weiter kam er nicht, denn Sequana hatte ihn sofort belagert, die Adepten waren offenbar vergessen. „Da bist du ja! Ich habe dich schon gesucht.” Egyn sah sie überrumpelt an. „Oh...Hi. Ist was passiert?”, fragte er überrascht, woraufhin die Dämonin die Nase rümpfte. „Es wird mir doch wohl erlaubt sein, mit meinem Neffen zu reden! Dein Vater hat sein Fett schon weg, also können wir gleich los. Wir reden woanders weiter, hier sind zu viele Leute. Ach, und übrigens habe ich ein paar Mädchen getroffen, die du mal kennen lernen solltest.” Jetzt ging das also wieder los. Warum musste sie immer wieder versuchen, Egyn zu verkuppeln? „Aber ich-”, versuchte sich der Wasserkönig herauszureden, doch Sequana unterbrach ihn. „Kein aber! Was auch immer du zu tun hast, kann sicherlich warten. Also komm jetzt!” Hilfesuchend wandte sich Egyn an seinen Vater, dummerweise stimmte er Sequana zu, damit er endlich seine Ruhe hatte. Er sollte sich wohl ein wenig schlecht fühlen, dass er seinen Sohn vors Loch schob, um der Wasserdämonin zu entkommen, aber er hatte jetzt einfach nicht die Nerven dafür. Zwar meinte Sequana es nie böse, aber sie konnte furchtbar anstrengend sein, was wohl vor allem an ihrem Sirenenblut lag. Kaum waren die beiden verschwunden, ergriff Shura das Wort. „Sie wirkt...stressig.”
 

„Das kannst du laut sagen.”, murmelte Iblis und wandte sich an seinen Vater. „Wir gehen mal hinter her und passen auf, dass sie Egyn nicht zwangsverheiratet.” Satan seufzte nur. „Das ist eher unwahrscheinlich, aber gut.” Die beiden schoben ab und er wollte ebenfalls gehen, aber beschloss, sich ein letztes Mal an die Exorzisten zu wenden. „Ich habe ehrlich gesagt seit Yuris Tod die Hoffnung aufgegeben, dass Dämonen und Exorzisten je wirklich Frieden schließen können. Wahrscheinlich werdet ich mich weiterhin hassen und das könnt ihr auch gerne tun, aber bitte lasst das nicht an Rin aus. Er kann nichts dafür und braucht Freunde jetzt mehr denn je. Vielleicht liege ich ja doch falsch und seine Mutter lag richtig.” Damit verließ er das Zimmer, die verwirrten Blicke ignorierend.
 

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Satans Worte überraschten sie alle, allerdings verschwand er bevor sie ihn fragen konnte, was er genau damit meinte. Shura atmete dennoch erleichtert auf, da sie nicht damit gerechnet hatte, dass der Weißhaarige nach Suguros Ausbruch so ruhig bleiben würde. Derweil schien Shima einen Zusammenbruch zu erleiden, den er nicht länger zurückhalten konnte. „WOLLTEST DU UNS UMBRINGEN?!”, schrie er Bon hysterisch an und wedelte aufgeregt mit den Armen. „D-Du kannst dich doch nicht einfach mit SATAN anlegen!” Suguro schnaubte, aber schien nicht mehr so wütend wie zuvor. „Ich habe Jahre darauf gewartet ihm endlich gegenüber zu stehen, aber inzwischen weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr, was ich will.”, murmelte er. „Ich schätze, er hat recht damit, dass wir Exorzisten nicht wirklich besser sind und genauso töten wie Dämonen, wenn nicht sogar noch mehr.” Shura verstand sein Dilemma, es war nie einfach seinen Feinden recht zu geben, ob sie nun zusammenarbeiteten oder nicht. „Er scheint sich aber wirklich sehr um Rin zu sorgen.”, warf Shiemi zaghaft ein. „Vielleicht können wir doch irgendwann Frieden schließen.” Shima kratze sich verlegen am Kopf. „Na ja, so weit würde ich nicht gleich gehen, aber wir sollten uns zumindest vertragen können. Bisher hat es irgendwie geklappt.”
 

„Ich kann immer noch nicht glauben, dass das wirklich Satan ist.”, brach es plötzlich aus Konekomaru heraus, der sich wohl bisher zurückgehalten hatte und nun nicht länger still bleiben konnte. „Das ist kann einfach nicht sein! Er hat so viele Menschen getötet und im Unterricht wird er auch komplett anders dargestellt! Ihm sollte es egal sein, wie viele er getötet und verletzt hat und er sollte sich für niemanden außer sich selbst interessieren, aber stattdessen wirkt er so...so...” Er brach ab und rang nach den richtigen Worten, was Izumo ihm abnahm. „So menschlich?” Ja, das war das richtige Wort. Überraschen sollte es eigentlich keinen mehr. „Menschlich?”, echote Shima entsetzt, was Izumo sofort konterte. „Ja menschlich! Warum so überrascht? Die Dämonenkönige und andere Dämonen sind genauso. Wir haben gelernt, dass Dämonen nicht zu Gefühlen in der Lage sind, aber das ist offensichtlich Quatsch. Sie haben Emotionen wie wir, sie sorgen sich um andere und sie haben Ängste, Hoffnungen und Wünsche. Klar, sie sind unsterblich und verfügen über Fähigkeiten, die wir nie haben werden, aber man es nicht leugnen: Sie sind uns Menschen ähnlicher als wir es je für möglich gehalten hätten. So gesehen macht es sogar Sinn: Nehmen wir mal an, Dämonen konnten zu Beginn wirklich keine Gefühle empfinden. Satan war lange vor uns da und hat die Dämonen erschaffen, also ist es nicht abwegig, dass sie lange vor uns Emotionen hatten.” Das klang in der Tat gar nicht so abwegig und inzwischen war sie sicher nicht die einzige, die so dachte. Sie wurden aus ihren Grübeleien gerissen, als sich die Tür erneut öffnete und einer der Zweigstellenleiter vor ihnen stand. „Ich suche Satan. Habt ihr ihn gesehen?”, fragte er knapp, woraufhin Shura nickte. „Sie haben ihn gerade verpasst. Was gibt es denn?”
 

„Das würde ich lieber mit ihm besprechen. Sie kommen dennoch besser mit.”, erwiderte der Exorzist knapp und wandte sich an die Adepten. „Und was euch angeht: Wenn ihr nichts zu tun habt, könnt ihr euch gleich auf den Krankenstationen nützlich machen. Sie haben wieder mal alle Hände voll zu tun.” Die Adepten stimmten zu und Shura machte sich gemeinsam mit dem Exorzisten auf den Weg, um Satan zu suchen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Yuna_musume_satan
2019-12-23T06:23:20+00:00 23.12.2019 07:23
Der arme rin man möchte ihn in den annehmen und knuddeln genau wie sein großen Bruder Azazel.
Egin kann einem leid tun bei seiner Tante und Satan auch.
Langsam begibt ein Umschwung unter den Dämonen wie auch bei den Exorsisten wie das wohl weiter geht.

Ich liebe die Story und kann es nicht erwarten wie es weiter geht
Antwort von:  Himikko
23.12.2019 10:55
Die beiden haben auf jeden Fall eine Umarmung verdient. ^^* Ach, Egyns Tante ist schon ok, nur manchmal etwas anstrengend. XD
Das freut mich :)
Von:  Kasumi18
2019-12-23T04:17:53+00:00 23.12.2019 05:17
endlich geht es weiter armer rin-chan azrael tut mir auch mega leid bin gespannt wie es sich alles weiter entwickelt ich hoffe rin bleibt in Gehenna da passt er mehr hin :)

p.s wann kommt denn das nächste kapitel von Fegefeuer :) ?

wünsche noch Frohe Weihnachten und ein guten rutsch ins neue Jahr :)
Antwort von:  Himikko
23.12.2019 10:54
Ja, die beiden habe ich wirklich ziemlich gequält. ^^*
Wo er am Ende landet, wird sich zeigen und wenn er dann volljährig ist, muss er sich dann ja auch nochmal entscheiden. :)
Das nächste Kapitel ist schon angefangen, aber wie gesagt ist die Priorität erstmal noch bei Familientreffen. Außerdem ist ja jetzt erst mal noch Weihnachten und ich habe dann auch noch Besuch. Es ist also leider schwer zu sagen. ^^*

Dankeschön :3


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